Jugend und ARGE

Oder: wie man zu moderner „Zwangsarbeit“verpflichtet wird

aus der REVOLUTION-Zeitung Dezember 2010

In den letzten Jahren nahm in Deutschland die Jugendarbeitslosigkeit enorm zu. Gründe hierfür

sind nach „offiziellen“ Angaben hohe Zahlen von Schulabgänger_innen bzw. -abbrecher_innen,

von denen viele nach der Schule entweder nicht wissen was sie machen sollen oder keine

Ausbildungsplätze finden, da es nicht genügend Ausbildungsplätze für alle Schulabgänger_innen gibt. Ein weiterer Grund für die hohe Jugendarbeitslosigkeit ist, dass viele nach ihrer Ausbildung entweder nur für wenige Monate befristet oder erst gar nicht übernommen werden.

Die ARGE

Als letzten Ausweg gibt es somit für Jugendliche nach der Schule nur den Gang zum Arbeitsamt,

auch bekannt als ARGE. Hier müssen die Jugendlichen erst einmal ihre Existenz sichern, in dem sie Hartz IV beantragen. Dies ist ein gewaltiger bürokratischer Akt, da man spezielle Unterlagen

einreichen muss, die zum Teil erst beantragt werden bzw. abgeschlossen werden müssen, wie beispielsweise der Sozialversicherungsausweis oder die Bescheinugung zur Rentenversicherung. Wenn dann Hartz IV bewilligt wurde, dauert es nicht lange (meistens ein paar Wochen) und man muss einen Termin bei der Berufsberatung vereinbaren. Bei diesem Termin wird jeder/jedem nahe gelegt, sich beim Internationalem Bund (IB) „weiterzubilden“. Diese „Weiterbildung“ ist jedoch nichts anderes als prekäre Arbeit abzuleisten, konkret wird man dazu verpflichtet, verschiedene Praktika (meistens über einen Zeitraum von vier Wochen) zu machen. Jedoch ist die „Bezahlung“ so schlecht (in der Regel ein paar Euros),dass man davon nicht leben kann und diese „Vergütung“ somit sogar unter dem Hartz IV-Satz ist, der Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter 25 Jahren monatlich zusteht (287 €).

Alternativen zur „Weiterbildung“

Die Alternativen zu dieser „Weiterbildungsmaßnahme“ sind Zeitarbeit und Arbeitsvermittlung.

Man wird von dem Berufsvermittler, der/die für jeden zuständig ist, zu den unterschiedlichsten Unternehmen vermittelt, in der Regel Zeitarbeitsfirmen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Arbeitsvermittlung ebenfalls Bestandteil der ARGE ist. Bei den in den „Vermittlungsvorschlägen“ genannten Unternehmen muss man sich dann innerhalb von nur drei Tagen bewerben. Wenn man dieser Aufforderung nicht nachkommt, muss man Kürzungen bei seinem Hartz IV-Satz hinnehmen. Die Dauer der Kürzungen ist auf drei Monate festgelegt. Trotz dieser Kürzung muss man sich weiterhin bei Zeitarbeitsfirmen bewerben.

Ein weiterer Bestandteil der Berufsvermittlung sind die so genannten „Eigenbemühungen“. Dabei ist man verpflichtet, mindestens fünf Bewerbungen pro Monat zu verschicken und Kopien an seine/n Arbeitsvermittler/in zu überreichen. Kommt man auch dem nicht nach, so gibt es auch hier wie oben genannt massive Kürzungen beim Hartz IV-Satz. Wie man also an dem

Beschriebenen sehen kann, wird man als jugendlicher Arbeitsloser auf diese Weise zu

moderner „Zwangsarbeit“ verpflichtet.

Was tun?

Auf den ersten Blick erscheint diese Situation aussichtslos. Doch eben nur auf den ersten Blick.

Gegen diese Form der „Zwangsarbeit“ müssen wir uns gerade als Jugendliche organisieren und

Widerstand leisten. Hier sind besonders die Gewerkschaften gefordert, die jugendlichen Arbeitslosen zu unterstützen und ihnen bei Repressionen und Schikanen der ARGE (nicht nur finanziell) zur Seite zu stehen. Für revolutionäre (Jugend-) Organisationen ist es ebenfalls notwendig, sich der Problematik von arbeitslosen Jugendlichen anzunehmen und gemeinsam mit den arbeitslosen Jugendlichen gegen die Ursache zu kämpfen, denn der Kampf gegen die ARGE und ihre Repressionen ist auch ein Kampf gegen den Kapitalismus.

Unsere Forderungen:

– Unterstützung durch die Gewerkschaften im Kampf gegen die ARGE und ihre Repressionen!

– Weg mit der Verpflichtung zu Zeitarbeit und anderer prekärer Arbeit!

– Volle Beschäftigung für alle Arbeitslosen, egal ob Jugendliche oder „Erwachsene“ (auch Migrant_innen!)

– Mindestlohn in Höhe von 1.200 € netto monatlich für alle Jugendlichen, ob arbeitslos oder nicht!




S21: Die Schlichtung ist am Ende

aus der REVOLUTION-Zeitung Dezember 2010

Am 30.11, zwei Monate nach den Angriffen der Polizei auf die Protestbewegung im Stuttgarter Schlosspark, folgte der Schlichterspruch von Heiner Geissler.

Zu der entscheidenden Frage, nämlich „oben“ oder „unten“, blieb Geissler bei den Aussagen von Ministerpräsident Mappus und Bahnchef Grube stehen. Es gebe einen gültigen Vertrag mit der Bahn und es sei nicht möglich, diesen zu ändern, so Geissler.

Zuvor hatte er in schillernden Tönen den demokratischen Prozess der Schlichtung gefeiert, den Fernsehsendern für die Liveübertragungen gedankt und das große Engagement aller Beteiligten für die Demokratie gewürdigt. Im nächsten Moment erfuhren wir aber, dass ein Vertrag zwischen Land/Staat und DB mehr Wert hat, als alle demokratischen Prozedere und Beschwörungen.

Fast schon lächerlich mutete die Begründung für die Ablehnung von K21 an. Zwar hätten die Entwickler beweisen können, dass ihr Konzept wirklich eine „Alternative“ zu S21 darstellt und dadurch auch viele Mängel von S21 nachgewiesen wurden, aber leider fehlt nun mal die endgültige Plankostenfeststellung und natürlich die Baugenehmigung für einen veränderten Kopfbahnhof.

Damit ist K21 abgelehnt, weil Landesregierung, Stadt und Bahn nicht den Auftrag gegeben haben und seltsamerweise derzeit keine Baugenehmigung vorliegt – so viel zum Thema Schlichtung, offener Prozess und Demokratie.

Diese Schlichtung war niemals „ergebnisoffen“, die Position der Bahn war von Beginn an die bestimmende Position, schließlich liegt bei ihr ein Milliardenauftrag und dementsprechende Profitversprechen. Und so war die Stimmung bei der DB auch recht ausgelassen nach der Schlichtung, ihr juristischer Vertrag, inklusive Kapitalinteressen, wird politisch von der Schlichtung anerkannt und gestützt.

Der Schlichter gab sein offizielles Ja-Wort für S21 und nahm gleichzeitig viele Änderungsvorschläge aus dem Konzept von K21 an. So soll die Anzahl der Gleise im Tiefbahnhof  erhöht werden (von 8 auf 10) und an den ICE/S – Bahn Knoten eine „Zweigleisigkeit“ gewährleistet sein, um mögliche Verspätungen auf dem gemeinsamen Netz von Fern -und Nahverkehr zu organisieren. Die Bahn muss jetzt in sog. „Stresstests“ diese Forderungen simulieren, um zu prüfen ob Änderungen realisierbar sind, wie bei Gleisen und Tunneln von K21 gefordert – prüfen tut´s die Bahn, fern von jeder demokratischen Kontrolle und Transparenz.

Was ist die politische Perspektive?

Dieses Vorgehen von Geissler gibt dem K21 Bündnis (die Grünen, BUND, SÖS…) die Möglichkeit, die Schlichtung auch als eigenen Sieg zu feiern. Schließlich gelang es dem K21 Bündnis zu beweisen, dass S21 nicht „vernünftig“ durchdacht sei (was der Bewegung seit zig Monaten auf der Straße und im Park klar ist) und ebenfalls fordert K21 wieder einen Baustopp. Schließlich müsse nun, nach der Schlichtung noch eine erneute Prüfung stattfinden und bis dahin sollte es einen Baustopp geben. Im Endeffekt ist die Bewegung wieder beim Ausgangspunkt der Verhandlungen angekommen. Die Bahn definiert was Baustopp bedeutet und stellt selbst die Gutachten fertig.

Ein Unterschied gibt es aber im Vergleich zum Start der Verhandlungen. Jetzt stehen nicht zehntausende jede Woche auf der Straße, das K21 Bündnis hat viel Protest einschlafen lassen, die Samstagsdemos abgesagt und die letzten Wochen die Bewegung demobilisiert.

Das ist auch der größte Gewinn für Bahn und CDU/FDP. Die Bewegung hat sich nicht verbreitert in den letzten Wochen und ist geschwächt. Dies ist, neben Geißlers Anerkennung von S21, der wichtigste Sieg für Grube und Mappus. K21 hat „stellvertretend“ die Massenbewegung geschwächt und sich damit zum Handlanger für die Gegenseite profiliert.

Diese reformistischen und kleinbürgerlichen Kräfte haben von Beginn an auf die parlamentarische Demokratie gesetzt. Jetzt hat dieses System gezeigt, was wirklich entscheidet: ein bürgerlicher Vertrag. Die Illusion, am Verhandlungstisch S21 zu stoppen, ist zerplatzt. Das K21 Bündnis schwächte die Massenproteste, das war ihr Beitrag für die „demokratische“ Schlichtung – bei Mappus und Grube reichte es schon aus, dass sie überhaupt an der Schlichtung teilnahmen.

Wie weiter?

Hoffnung gibt, dass auch das Verlesen der Schlichtung von Protestierenden begleitet wurde. Ein lautes „Oben bleiben“, „Mappus weg“ und „Lügenpack“ kam via Phönix durch den Äther.

Allerdings wird es jetzt wichtig, dass die Bewegung überprüft, ob der Begriff „Lügenpack“ nicht auch etwas großzügiger die nächsten Tage und Wochen angewandt werden muss. Die Verhandler haben bewusst die Schlichtung vorgeschlagen (Grüne) und die Bewegung erst mal kaltgestellt, just in dem Moment, in dem die Bewegung einen kämpferischen Massencharakter gewann. Die Kämpfe um den Nordflügel und Schlosspark, die Besetzung des Südflügels (als letztes kämpferisches Signal der Bewegung) – all das darf nicht durch diese Schlichtung verunglimpft werden.

Ebenfalls muss die Bewegung offen die Verhandlungen auswerten und darüber abstimmen, wie es jetzt weitergeht. Teile des Widerstands versuchen sich inzwischen gegen die Parkbewohner_innen zu positionieren. So wurde eine Demo von den Parkschützern sabotiert, weil dort Leute aus dem Park sprechen sollten. So beginnt eine Spaltung einer Bewegung und das gleiche steht bevor, wenn es über Sinn und Zweck dieser Schlichtung geht.

Teile des K21- Bündnis werden versuchen, die Tatsache der Schlichtung und die Anerkennung der Kritik schon als „demokratischen“ Erfolg zu verkaufen, während gleichzeitig weitergehende und kämpferische Aktionen abgelehnt und bekämpft werden.

Für die kämpferischen, aktivistischen und antikapitalistischen Gruppen und Aktivist_innen bietet diese Schlichtung aber auch eine große Chance. Das Konzept von Grünen, SÖS und BUND ist geplatzt, am Ende fehlt K21 eine Baugenehmigung und S21 bleibt Vertragsrecht und wird ausgeführt.

Dadurch können wir aufzeigen, dass Parlamente, Schlichtungen oder andere Schauspiele bürgerlicher Demokratie eben nicht geeignet sind, den Willen der Mehrheit und ihren Protest umzusetzen, sondern allein im Interesse der Konzerne und jeweiligen Regierungen agieren!

Der Protest kann zurückkommen und jetzt ist die Möglichkeit, die offenen Fragen anzugehen. Wie können mehr politische Gruppen für weitere Aktionen und weiteren Widerstand gewonnen werden, wie kann sich die Jugendoffensive an den Schulen ausbreiten, wie können wir den Widerstand in die Gewerkschaften hinein tragen und mit ihnen gemeinsam demonstrieren und streiken gegen S21?

Die nächsten Aktionskonferenzen können die Bewegung wieder in Gang setzen!

Diese Schlichtung muss auf der Straße, im Betrieb und in Schule/Uni bekämpft werden!




10 700 € Studiengebühren pro Jahr!

10.Dezember 2010: Studiengebührenerhöhung in Großbritannien beschlossen

Am Donnerstag, den 10.Dezember, hat das britische Parlament über den Gesetzesentwurf der Regierung, die Studiengebühren zu erhöhen, entschieden. Das Gesetz ging mit 21 Ja-Stimmen durch. Damit ist die Zustimmung geringer ausgefallen, als die Regierung gedacht hatte (hätte aber de facto sowieso nichts verändert).

Damit können in GB in Zukunft bis zu 9000 Pounds (10 700 €) Studiengebühren pro Jahr erhoben werden. Wenn bisher bereits die Studiengebühren für die meisten Engländer_innen nicht bezahlbar waren und in einer Schuld von 30 000 Pounds nach dem Studium mündeten, ist das endgültig der Abschuss. Damit zeigt die Regierung, für wen die Bildung in GB gedacht ist: für die Kinder der Bourgeoisie.

Die Regierung zeigt aber noch mehr durch dieses Gesetz. Sie ist, wie die Regierungen überall in Europa, entschlossen, die Arbeiter_innen und die Jugend für die kapitalistische Krise bezahlen zu lassen!

Die Abstimmung ging natürlich nicht ohne massive Proteste vor sich. Seit heute Mittag gab es eine große Demonstration von mehreren Tausend Menschen gegen die Pläne der Regierung. Die Demonstration wurde vor dem Parlament von der Polizei eingekesselt und mehrmals angegriffen. Berittene Einheiten ritten in die Menge und verletzten mehrere Demonstrant_innen. Die Polizei wird nicht müde zu behaupten, die Proteste seien gewalttätig und die Polizei würde angegriffen werden, und deshalb müssten sie reagieren. Während es in Wirklichkeit, wie immer, die Polizei selbst ist, die die Demonstrant_innen angreift. Mehrere Beteiligte haben bezeugt, dass sie gesehen haben, wie Polizisten friedliche Demonstrant_innen ohne Grund geschlagen haben, sogar Kinder, die in der Demonstration waren.

Die Minister der Regierung reagieren zynisch auf die Proteste. Eine gängige Antwort an Journalisten in den letzten Tagen war, dass viele Studierende die Inhalte der Kürzungen einfach nicht verstanden hätten…

Aber die Wut der Studierenden in GB wächst und wächst, besonders auf die Partei „Liberal Democrats“. Diese Partei ist Juniorpartner in der Regierung mit der konservativen Partei und ihre Vertreter_innen haben vor den Wahlen wiederholt versprochen, Studiengebühren nicht zu erhöhen. Ein Student sagte der BBC: “Vor einem halben Jahr war ich hier demonstrieren, um die Liberal Democrats hier rein zu bekommen. Heute bin ich hier, um sie raus zu kriegen. Diese Partei verrät sämtliche Versprechen!“

Derweil gibt es auch in Italien massive Proteste gegen eine aktuelle Schulreform, die von einer Hochschulreform gefolgt werden soll, die ebenfalls die Lasten der Krise massiv auf das Bildungswesen abwälzt. Und Studierende in Griechenland haben in einer nationalen Konferenz eine Resolution verabschiedet, in der sie die Bildungsreform ablehnen und ihren Widerstand dagegen ankündigen (mehrere Universitäten sind momentan in Griechenland bereits besetzt).

Leider finden diese Proteste ein Jahr verschoben mit den Bildungsprotesten in Österreich und Deutschland statt. Die Entwicklung zeigt, dass der Bildungsabbau wie der Sozialabbau kein nationaler Plan, sondern eine europaweite Politik im Dienste des Kapitals ist, und deshalb auch international bekämpft werden muss! Wir treten für eine weitere Vernetzung und Koordinierung der Protestbewegungen ein. Gemeinsam könnten die europäischen Kürzungspläne geschlagen werden!

Mehr über die Proteste in GB könnt ihr auf der Homepage unserer britischen Sektion lesen: http://www.socialistrevolution.org/




Audimax-Besetzung Herbst 09

Vom Bildungsstreik zum Generalstreik!

Wir von REVOLUTION-Freiburg unterstützen die örtlichen Bildungsproteste und die Besetzungen des Audimax der Uni-Freiburg und der PH. Wir treten in den Besetzungen unter anderem für die Verbreiterung der Proteste auch auf andere gesellschaftliche Kämpfe, sowie eine Diskussion über die Perspektiven der Besetzungen ein. Einige wichtige Forderungen die wir für die Disskussion über die Perspektiven vorschlagen sind:

  • Ausweitung der Proteste an den Hochschulen! Keine Beschränkung auf bildungspolitische Themen!

  • Aufbau von Besetzungs- und Streikkomitees, die von den Plena und VVs gewählt werden, diesen verantwortlich und jederzeit abwählbar sind!

  • Einberufung einer Aktionskonferenz aller im Bildungsbereich Kämpfenden, Verknüpfung mit den Anti-Krisenbündnissen, um die Losung „Vom Bildungsstreik zum Generalstreik!“ Realität werden zu lassen!




17. November 2009 – ein kurzer Bericht

17.November 2009 – der internationale Protesttag der Bildungsbewegung

Ein kurzer Bericht

In 30 Städten mit ca. 90 000 Teilnehmer_innen wurde der heiße Herbst der Bildungsproteste in Deutschland eingeläutet. Der internationale Protesttag brachte auch in der Schweiz, in Polen, Österreich, Frankreich, Italien. USA, Serbien, Indonesien, Bangladesh, Ungarn, Mazedonien und Sierra Leone Student_innen und Schüler_innen auf die Straße – während der „education is not for sale“ Aktionswoche gab es Proteste in über 30 Ländern.

In Europa waren Italien (150 000 Teilnehmer_innen) und Deutschland die Schwerpunkte der Aktionen – aufgerüttelt von den Protesten und Uni Besetzungen in Österreich seit Mitte Oktober. Dass in Berlin heute wohl um die 20 000 auf der Straße waren und in ganz Deutschland ca. 90 000 hätten vor einigen Wochen nur große Optimisten erwartet. Erst die Besetzungen in Österreich mobilisierten viele Aktivist_innen an den Universitäten. Dies drückt sich bislang in ca. 50 besetzten Unis aus, aus Solidarität wurden Audimaxe, Hörsäle und studentische Räume besetzt. Allerdings braucht diese Bewegung der Besetzer_innen mehr politische Perspektive als die Solidarität mit Österreich. Zwar stimmten vielerorts mehrere hundert Student_innen in Vollversammlungen für die Besetzungen, doch spiegelt sich das nicht in der Zahl der tatsächlichen Besetzer –und Aktivist_innen wider. Dieser Kreis umfasst meist keine 100 Leute.

Wir von REVOLUTION und der Gruppe Arbeitermacht unterstützten seit Sommer die internationalen Proteste, haben uns in Bildungskonferenzen in Bonn und Leipzig dafür stark gemacht. Dabei gab es zahlreichen Widerspruch bei den Konferenzen und den regionalen Bündnissen – einigen war ein zweiter Bildungsstreik innerhalb eines Jahres zu viel, andere meinten, dass die Student_innen nach den Semesterferien nicht mobilisierbar wären – wiederum andere hatten die Arbeit nach dem Juni eh eingestellt. Dies erklärt auch warum die Zahlen vom 17.11. hinter die des 17.6 (270 000) zurückfallen.

Dass wir die Protestwoche des ISM (International Students Movement) unterstützt und in unseren Bündnissen dafür gekämpft haben, ist der Tatsache geschuldet, das wir diese Internationalisierung der Proteste als Fortschritt und im Gegensatz zu anderen Linken als absolut notwendig ansehen.

Bei allen wichtigen Protesten im Bildungsbereich in Deutschland -24.11 HRK in Leipzig (Hochschulen Rektoren Konferenz) oder der KMK (das gleiche mit Kultusministern) am 10.12 in Bonn – wird es wichtig sein, die internationalen Bildungsproteste der Jugend zusammen zuführen. Dafür brauchen wir mehr als Netzwerke, dafür brauchen wir internationale Strukturen des Bildungsstreiks!




Nieder mit dem Ausnahmezustand in Pakistan!

Nieder mit dem Ausnahmezustand!

Erklärung der „Revolutionären Sozialistischen Bewegung“ vom 3.11.2007 gegen die Verhängung des Ausnahmezustands in Pakistan. Die Revolutionäre Sozialistische Bewegung ist die sympathisierende Sektion der Liga für die 5.Internationale in Pakistan

General Musharraf hat soeben den Ausnahmezustand in Pakistan erklärt. Alle privaten Nachrichtensender wurden geschlossen und Militär patrolliert durch die Straßen von Islamabad. Der oberste Gerichtshof ist unter Kontrolle von Militärpersonal und dem obersten Richter, Chaudhry, der nach großen Protesten erst kürzlich gegen den Willen von Musharraf wieder in Amt gesetzt wurde, wurde gesagt, dass seine Dienste „nicht länger benötigt werden“. Die Verfassung von 1973 wurde außer Kraft gesetzt und Musharraf erlies eine „provisorische konstitutionelle Verordnung“, die alle Macht in seine Hand gibt.

Der Ausnahmezustand wurde erstmals schon im März angedroht, zu Beginn der „Rechtsanwälte“-Bewegung, die seine Herrschaft bedrohte. Die Entscheidung, jetzt den Ausnahmezustand zu erklären, kommt dem Spruch des obersten Gerichts zuvor, der Musharrafs „Wiederwahl“ im Oktober für eine weitere 5-jährige Amtszeit die Legitimation entziehen könnte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Musharraf diesen Schritt tat, da er von einem für ihn negativen Ausgang des Verfahrens erfuhr. Sofort wurde ein neuer oberster Richter ernannt – Abdul Hameed Doggar -, der Chaudry ersetzt und der ohne Zweifel versprochen hat, ein getreuer Diener der Militärdikatur zu sein.

Das Militär hatte gerade diese Woche schwere Niederlagen gegen die islamistischen Militanten in Wazirstan und Swat erlitten. Es wird berichtet, dass in den letzten 2-3 Monaten tausende Soldaten in schwerste Gefechte verwickelt sind, und diese Woche gezwungen waren, einen Waffenstillstand zu akzeptieren. Sogar heute wurde berichtet, dass Militante zwei Polizeistationen gegen das Militär erobert haben und 48 gefangene Paramilitärs vorgeführt haben – was die Zahl der jüngst gefangen genommenen Militärs auf über 300 bringt. Auch wenn wir in keiner Weise die Islamisten politisch unterstützen, so sind wir gegen die reaktionäre militärische Offensive, die dazu dient, die Bevölkerung unter Bedingungen zu zwingen, die der imperialistischen Überausbeutung genüge tun. Dieser Krieg wird von Musharraf stellvertretend für den amerikanischen Imperialismus geführt. Wie der Krieg im Irak und in Afghanistan ist er nicht gewinnbar und kann nur weitere Zerstörung und weiteres Leid hervorbringen – je früher die USA und ihre Verbündeten geschlagen werden, desto besser für die Weltbevölkerung.

Musharraf sieht sich aber auch einer fortgesetzten Welle von Arbeiterwiderstand ausgesetzt. Der Westen kann noch so oft den Widerstand gegen Musharraf einfach als „Islamistisch“ darstellen – die Wahrheit sieht anders aus. Genauso wie Musharraf und sein Regime dem „Krieg gegen den Terror“ gemäß den Befehlen Washingtons durchführen, so setzen sie auch dessen neo-liberale Agenda um. Gerade in dieser Woche haben die Beschäftigten der Pakistan International Airlines gestreikt, in Karachi begannen in den Krankenhäusern unbefristete Streiks und hunderte Arbeiter haben gegen die Ermordung eines Textilarbeiter-Führers protestiert. Sie schließen sich damit den Lehrern, den Unilever-Arbeitern und den Studenten an, die alle dieses Jahr in Protesten gegen die neo-liberale Agenda der Regierung beteiligt waren.

Der Ausnahmezustand ist ein verzweifelter Akt eines Regimes, das die Kontrolle über Pakistan verliert. Bevor es geschlossen wurde, erklärte das oberste Gericht den Ausnahmezustand für „illegal und verfassungswidrig“ und rief öffentlich Beschäftigte und Armeepersonal dazu auf, nicht den „Eid“ auf das neue Regime zu leisten. Der Vorsitzende der Anwältevereinigung beim obersten Gericht, der jetzt verhaftet ist, hat für Montag zu Massendemonstrationen aufgerufen.

Ein Sprecher der PML-N (einer rechts-konservativen Partei) erklärte, „die ganze Nation muss diesen außerparlamentarischen Aktionen Widerstand entgegensetzen“. Bis jetzt hat die PPP (die links-bürgerliche Partei Bhuttos) die Aktionen nur verurteilt, und erklärt: „wir bauen die Institutionen auf, wir zerstören sie nicht“. Tatsächlich hat Musharrafs Ausnahmezustand die reaktionäre Natur der Strategie der PPP ans Tageslicht gebracht: jeder „demokratische Deal“ mit dem pakistanischen Militär ist utopisch und reaktionär. Aber die bürgerlichen Partein scheuen die Massenmobilisierung auf der Straße. Erst diese Woche hat die PML-N, die sich die ganze Zeit als die „Demokraten“ geriert hat, den Generalstab dazu aufgefordert, mit Musharraf zu brechen – aber ist es nicht gerade dieser korrupte Generalstab der zu Fall gebracht werden muss?!

Diese bürgerlichen Parteien fürchten die Mobilisierung der Massen, weil sie wissen, dass ein revolutionärer Sturz des Militärregimes einen großen Druck von unten erzeugen wird für eine anti-neoliberale, anti-imperialistische Regierung.

Musharraf und das Militär sind jetzt extrem isoliert. Aber wir wissen, dass in die Ecke gedrängte Monster besonders gefährlich sind. Sie könnten jetzt zu Massenverhaftungen von Oppositionellen schreiten und das Kriegsrecht auf den Straßen erklären. Es darf jetzt keine Zurückhaltung der demokratischen Kräfte in dieser kritischen Stunde geben. Wir müssen darauf vorbereitet sein, diese Aktionen mit all der Macht und Militanz zurück zu schlagen, die die Bewegung der Rechtsanwälte und der einfachen Leute gezeigt hat, im Widerstand gegen die Massaker in Karachi im Mai.

Wir unterstützen alle Aufrufe zur Niederwerfung des Ausnahmezustands und für Massenaktionen im Widerstand. Aber entscheidend treten wir dafür ein, dass die Organisationen der Arbeiter und Bauern, sowie die demokratischen Kräfte zu einem Generalstreik gegen den Ausnahmezustand aufrufen. Wir müssen bereit sein, unsere Demonstrationen gegen die Angriffe des Militärs zu verteidigen – dafür müssen wir uns sofort vorbereiten. Wir rufen die Arbeiter dazu auf, Fabriks- und Nachbarschaftskomitees zu organisieren und die Bauern sich auf dem Land gegen die Militärregierung zu organisieren.

An die einfachen Soldaten – ausgelaugt und demoralisiert durch den Kampf für die USA -richten wir den Aufruf, die Waffen nicht gegen das Volk zu richten: führt diesen Ausnahmezustand nicht durch!

Wir sagen nicht nur, dass alle Staatsbediensteten nicht dem „PCO Eid“ folgen sollen, sondern dass sie in Taten und nicht bloß Worten jedes Dekret und jede Aktion des Militärregimes boykottieren sollen.

Der Versuch, die pakistanische Opposition zu zerschlagen, kommt zu einer Zeit, da die USA und ihre Alliierten sich darauf vorbereiten, den Nahen Osten in einen neuen schrecklichen Krieg gegen den Iran zu werfen.

Der Kampf gegen das Militärregime in Pakistan ist ein Schlüsselkampf für alle, die den „Krieg gegen den Terror“ Widerstand entgegensetzen wollen. Wir rufen dringend zu internationaler Solidarität mit dem pakistanischen Volk auf. Organisiert Demonstrationen oder Kundgebungen vor den pakistanischen Vertretungen weltweit!

Diese korrupte Militärjunta muss im Ausland an den Pranger gestellt werden und im Inland gestürzt werden. Es ist dieser Kampf, auf den wir – die Revolutionär Sozialistische Bewegung, sympathisierende Sektion der Liga für die fünfte Internationale – nun alle unsere Kräfte werfen.

Wir fordern Wahlen für eine konstitutive Versammlung, mit vollem Wahlrecht für alle Männer und Frauen, in der wir für eine Arbeiter- und Bauernregierung kämpfen werden.

Wir können dieses Militärregime stürzen und den Weg frei machen für eine sozialistische Revolution gegen Kapitalismus und Imperialismus!

* Nieder mit dem Ausnahmezustand!

* Massendemonstrationen sofort gegen den Ausnahmezustand!

* Organisationen der Arbeiter und Bauern, demokratische Kräfte: ruft auf zum Generalstreik bis zum Sturz des Militärregimes! Bildet Basiskomitees um den Widerstand zu koordinieren!

* Soldaten: richtet die Gewehre nicht gegen das Volk, führt den Ausnahmezustand nicht durch, bildet eure eigenen Komitees, unabhängig von den kommandierenden Offizieren!

* Organisiert internationale Solidarität!




Eine kleine Anekdote zum Deutschen Sozialforum

Deutsches Sozialforum 2009: ein reformistisches Trauerspiel

Mitte Oktober 2009 das deutsche Sozialforum 2009 über die Bühne gelaufen, in das ohnehin große Teile der Linken keine allzu großen Hoffnungen mehr setzen. Anlässlich dem diesjährigen Motto des Forums und der Demonstration am Samstag „Die Krise hat einen Namen: Kapitalismus“ bin ich nach Hitzacker mit gespannten Gefühlen gefahren und hatte, wenn auch keine politisch weltbewegenden Überraschungen, so doch eine kämpferische, aufgewühlte Stimmung erwartet. Doch ich wurde eines besseren belehrt.

Was ich in Hitzacker am Samstagnachmittag erlebte, kann ich wohl ohne die geringste Übertreibung die langweiligste und lahmste Demo nennen, die ich jemals erleben durfte. Jeder x-beliebige Samstag Nachmittagspaziergang hat sehr gute Chancen, den kleinen Ausflug an die Elbe, der sich Demonstration schimpfte, an Spannung und Erlebnisreichtum zu überbieten. Die Leute liefen einfach vor sich hin, Mensch konnte den leichten Nieselregen fallen hören. Nach der Hälfte wurde uns die Lethargie einfach zu groß, und wir versuchten, mit ein paar Sprechchören die Leute aus ihrem Halbschlaf zu reißen. Leider vergeblich. Außer zwei Jugendlichen, mit denen wir die Slogans anstimmten, ging absolut niemand darauf ein und die weltverbesserwillige Gemeinde trottete weiter vor sich hin.

Doch der krönende Abschluss der Demo stand ja noch bevor. Für den aktionistischen Höhepunkt des Sozialforums hatten sich die Organisator/innen etwas ganz besonderes ausgedacht. Die Leute sollten „aufstehen“. Aufstehen, für das Erreichen der Milleniumsziele! Dafür wurde eigens ein Flieger angeworben, welcher die bemitleidenswerte Menge beim „Stand-Up“-Ritual fotografieren sollte. Dazu der passende Kommentar von dem einschläfernden Podium: „Stand up – das hat was mit Aufstehen zu tun. Wir stehen auf für das Erreichen der Milleniumsziele.“ Bei so hehren Absichten bekommt selbst die Bundespolizei das Zittern.

Anders verhielt es sich mit der Anti-Atom-Bewegung, welche traditionell das Wendland beherrscht. Aktivist/innen organisierten abends eine Aktion in Gorleben. Während ca. 100 Menschen vor den Toren von der geplanten Endlagerstätte für radioaktiven Abfall protestierten, stach sich ein Trupp von etwa 10 Menschen auf das Gelände, rollte ein Transpi aus und zündete Leuchtfeuer. Eine relativ gelungene Aktion, welche die Aktionsbereitschaft und Entschlossenheit des Sozialforums bei weitem übertrifft. Nur leider unternahmen die Aktivist/innen nichts, um ihren Aktivismus in das Sozialforum hineinzutragen und die dort führenden Quacksalber mit ihrer Tatenlosigkeit zu konfrontieren. Schade. Das Sozialforum hätte aufgefordert werden müssen, die Aktion geschlossen zu unterstützen. Das mindeste wäre gewesen, den Forumsfanatiker/innen am nächsten Tag das Abschlussplenum mit ihrer eigenen Tatenlosigkeit zu versalzen. Das ist leider nicht geschehen.

Gleichzeitig traten aber in den Veranstaltungen und Diskussionen auf dem Forum auch viele Widersprüche offen zu Tage. An der Basis der Gewerkschaften grummelt es, was auch die Forderung nach einer Kampagne zur Arbeitszeitverkürzung, welche diskutiert wurde, zeigt. Viele Teilnehmer/innen waren von der Lahmheit des Forums enttäuscht, und gerade im Wendland rufen nicht wenige nach einer weiter gehenden Perspektive. Und eben da sich das DSF politisch im reformistischen Niedergang befindet, gleicht es einer Kapitulation der radikalen Linken, dass die meisten Gruppen dort gar nicht erst auftauchen und das Feld ohne Widerstand den Reformist/innen überlassen. Auch wenn das Forum bei weitem vor allem bei der Jugend schon lange nicht mehr die einstige Anziehungskraft seiner großen europäischen Schwester, dem Europäischen Sozialforum, besitzt, verbinden nicht wenige Basisaktivist/innen, besonders bei ver.di, weiterhin gewisse Illusionen damit. Dass einige „linke“ Gewerkschaftsbürokraten wie Horst Schmitthenner (IG-Metall) zu dem Sozialforum aufriefen, wurde auch innerhalb der Gewerkschaftslinken als gutes Signal miss interpretiert. Deshalb war es absolut richtig, dort hin zu fahren und für eine radikalere Perspektive einzutreten!

Insgesamt war das Sozialforum sowohl nach der Teilnehmer/Innenzahl, als auch nach dem Inhalt und vor allem nach seiner quälenden Lahmheit eine Enttäuschung. Doch trotz, oder gerade wegen dem Maß an Abstinenz und Quacksalberei auf dem Forum beinhaltet es wieder einmal lehrreiche Schlüsse für uns. Es zeigt uns ein weiteres Mal deutlich, dass nicht nur das kapitalistische System in der Krise ist. Nein, auch die Linke in Deutschland ist es.

Und auch diese Krise hat einen Namen: Reformismus.




Die „Neue Frau“ im Klassenkampf

Alexandra Kollontai und die gesellschaftliche Rolle der Frau

Von Nina Gunic

Alexandra Kollontai, führendes Mitglied der bolschewistischen Partei in der Zeit der russischen Revolution 1917, spielte bei der Diskussion und Weiterentwicklung der marxistischen Theorie und Propaganda in der Frage der Frauenunterdrückung eine zentrale Rolle. Sie widmete sich unter anderem der gesellschaftlichen Rolle der Frau und welche Änderungen hier vom Standpunkt des revolutionären Klassenkampfes notwendig sind.

In ihrem Buch „Die neue Moral und die Arbeiterklasse“ (1920) prägte sie den Begriff der „ledigen Frau“ als den sich neu entwickelten Frauentypus um 1900. Die „ledige Frau“ oder auch „neue Frau“ entsprach der emanzipierten, selbständigen Rolle einer damals neu angebrochenen Generation von Frauen. Seit der Entstehung von Kollontais Werk sind inzwischen 80 Jahre der Frauenbewegungen wie auch des Klassenkampfes allgemein vergangen. Doch der Kampf der „neuen Frau“ um Gleichberechtigung ist noch lange nicht vorbei.

Betrachtet man das gesellschaftliche Bild der Frau im Kapitalismus von heute ergeben sich tiefe, unvereinbar scheinende Widersprüche in ihrem Wesen. Einerseits zeigt sich die Rolle der Frau in der Welt der Werbung als ins Extreme sexualisiertes, allerdings durch und durch passive „Objekt“. Die Frau, oft auch mehrere Frauen, werden der angeworbenen Ware beigefügt, auf die Art wie das konservative Frauenbild die Frau dem Manne als Anhängsel dient. Als Pendant zu der jungen Frau als passiv erduldendes Sexobjekt, gilt die perfekte Mutter und Hausfrau, die oftmals „nebenbei“ arbeitet und in jeder Lebenslage das gesellschaftlich erwartete, gepflegte Äußere wahrt.

Die kapitalistische Werbewelt, wie auch diverse Serien und Filme geben somit den Werdegang der jungen Frau als Lustobjekt hin zur matronenhaften, rigiden, jungen Übermutter oder Karrierefrau vor.

Neben den genannten Stereotypen gibt es auch etliche abgewandelte, im Grundsatz ähnliche Frauenmodelle.

Lebenszweck der spießbürgerlichen Frau: Die Emotion

Ein vereinendes Element jeglicher bürgerlicher Darstellung von Frauen, ist die Frage der zentralen Lebensauffassung der Frau von heute. Die vorgegebene Frau lebt als Geisel, als Sklave ihrer Emotionen. Die hauptsächlichen Lebensfragen, die eine Heldin im Film, in der Serie, im Roman zu haben scheint, drehen sich immer um Gefühle. Gefühle zu einem Mann (oder zu mehreren), Gefühle zu ihrem Kind, Gefühle bezüglich der Ausbildung, des Berufes, etc. beherrschen die Heldin und bestimmen ihr Handeln. Ihre Worte und Taten sind deswegen oft irrational, emotional und „kindlich“.

Doch wie schaut die Realität aus? Kollontai schreibt dazu:

Vorherrschen des Gefühls war einer der typischsten Eigentümlichkeiten der Frau der Vergangenheit, dieses Vorherrschen des Gefühls bedeutete gleichzeitig Schmuck und Mangel der Frau. Die Verschärfung der wirtschaftlichen Gegensätze in der Gegenwart, die die Frau in den aktiven Kampf um die Existenz gezogen haben, verlangen, daß sie ihre Gefühle besiegt, fordern, daß sie nicht nur die vielgestaltigen sozialen Hindernisse zu nehmen lernt, sondern daß sie auch ihren so wenig widerstandsfähigen, leicht nachgebenden erschlaffenden Geist durch ihren Willen stärkt.“ (Alexandra Kollontai: Die neue Moral und die Arbeiterklasse, S. 27)

Glaubt man den bürgerlichen Medien, scheint diese Aufgabe der „neuen Frau“ kläglich gescheitert zu sein. Sie war und bleibt Sklave ihrer Gefühle, bleibt unsicher und wankelmütig, während der Mann seinen Zielen und seinem Ehrgeiz durchaus mit Aggression auch folgt. Und tatsächlich ist es ein durch die patriarchalen Strukturen der kapitalistischen Gesellschaft bedingtes Phänomen, dass eine Mehrheit der Frauen weniger aggressiv, weniger forsch und selbstbewußt agiert. Allein die Art und Weise, sich zu bewegen, ist bei vielen Frauen unsicherer und weniger raumgreifend. Frauen gehen eher zur Seite wenn ihnen ein Mann entgegenkommt, sie drängeln oft weniger, sitzen schmaler, usw. Dieses Verhalten wird auch stark dadurch gefördert durch die typische Frauenkleidung (oftmals feine, dünne Sachen, hochhackige Schuhe, Schminke usw.). „Darin“ muß man einfach mehr darauf achten, wie man sich bewegt, daß man vorsichtig ist, damit nichts zerreißt, verrutscht, die Haare richtig sitzen usw.

Von der Arbeiterin zur Revolutionärin

Der dennoch vorhandene große Bruch zur Vorgabe der bürgerlichen Propaganda ist folgender Kernpunkt: Die nie gezeigte Rolle der Frau als selbstbewußte Arbeiterin. Unabhängig davon, wie selten Frauen im Beruf gezeigt werden, unabhängig davon wie sehr die arbeitende Frau darüber definiert wird, daß sie in dieser Zeit nicht daheim ist, das Faktum der Identität als Arbeiterin bleibt.

Durch die Entwicklung der Arbeiterklasse und der damit einhergegangenen Schaffung eines neuen Frauentypus, der Arbeiterin, schuf das kapitalistische System die ersten Weichen zur Befreiung der Frau: Die Möglichkeit der ökonomischen Unabhängigkeit vom Mann.

Die Arbeiterin wird wie der Arbeiter vom kapitalistischen System unterdrückt. Sie arbeitet wie ihre männlichen Kollegen für den Profit der Kapitalisten, dient sogar oft als billigere, da schlechter bezahlte Alternative. Aber sie lebt nicht mehr als Anhängsel zum Mann. Sie ist kein von dem Willen und den Wünschen des Mannes abhängiges Weibchen, sondern eine zukünftige Mitstreiterin im Kampf gegen den Kapitalismus.

Genauso wie der Sprung der „Frau der Vergangenheit“ hin zur „Neuen Frau“ ein notwendiger Schritt auf dem noch andauernden Weg der Befreiung war und ist, ist dies nun der Sprung von der Arbeiterin hin zur bewußten, zur revolutionären Arbeiterin, zur marxistischen Revolutionärin. In dem Moment, in dem eine Arbeiterin zur Revolutionärin wird, in genau diesem Moment überwindet sie eine weitere Barriere in ihrer Befreiung von der patriarchal-kapitalistischen Unterdrückung. In genau diesem Moment wird sie zur aktiven Kämpferin gegen Kapitalismus. Genauso wie es unsere Schwestern vorgaben, die russischen Arbeiterinnen im Februar 1917, die in Massen durch die Wiborger Straßen schritten und mit donnernden Stimmen ihre Rechte einforderten, genauso müssen auch wir unsere Rechte erkämpfen.

Zusammen mit unseren männlichen Mitstreitern, den Arbeitern, bilden wir die donnernde Stimme der Revolution, das gleißende Schwert der Befreiung. Mögen uns die Kapitalisten heute in ihren Medien als beschränktes Wesen darstellen, schon morgen werden sie vor unserer geballten Faust erzittern. Keine Befreiung der Frau ohne gemeinsamen Kampf gegen Kapitalismus!

ProletarierInnen aller Länder – vereinigt euch!




Die Nazis und das Kapital

In der deutschen Politik der Nachkriegsgeschichte nimmt die Freundschaft zu den USA einen ganz besonderen Stellenwert ein. Ja es war bis zum Irak-Krieg überhaupt ausgeschlossen, die USA zu kritisieren oder sich nicht auf ihre Seite zu stellen. Der Grund hierfür ist klar: die Amerikaner haben uns vor 60 Jahren todesmutig und selbstlos von der faschistischen Diktatur befreit. Doch todesmutig und selbstlos war die Landung in der Normandie allenfalls für die Soldaten der US-Army. Für ihre Generäle und die Politiker war der Einsatz Teil einer politischen Strategie.

Für das US-Kapital kam die Nazi-Diktatur in Deutschland alles andere als unrecht. Lange Zeit setzte man bewusst auf Hitler als „anti-sowjetisches Bollwerk“ in Europa. Doch das war nicht der einzige Grund. Mitte der 20er-Jahre befand sich die komplette Weltwirtschaft in der Krise. Diese Krise war Ausdruck einer gigantischen Überproduktion, welche charakteristisch für den  Kapitalismus ist. Die Gewinne der Unternehmen sanken rapide und die Arbeitslosigkeit schnellte in die Höhe. Wie wir alle wissen war auch das der Grund, warum Hitler in Deutschland an die Macht kam. Durch den Kriegsausbruch in Europa konnten sich die USA sicher sein, dass alle europäischen Staaten auf längere Zeit hin enormen Rüstungsbedarf haben werden. Das Nachfrage-Problem war gelöst. US-Konzerne machten bis weit in den Krieg hinein lukrative Geschäfte in und mit Nazi-Deutschland. Dass die USA dann doch noch auf der alliierten Seite eingriff, lag einerseits daran, dass die militärischen Erfolge von Hitler in Europa der US-Elite dann doch etwas zu weit gingen, aber auch vor allem weil sich das Kriegsgeschäft mit Groß-Britannien als noch gewinnbringender erweisen sollte. Insgesamt kann man feststellen, dass die kapitalistische Wirtschaft ohne den 2.Weltkrieg, der Millionen von Opfern forderte, sich nicht wieder erholt hätte.

Und so sind die gleichen „Corporations“, die damals fröhliche Geschäfte mit Nazi-Deutschland machten, nie zur Rechenschaft gezogen worden und heute noch in der ganzen Welt geliebt und geachtet. (Die folgende Auswahl umfasst natürlich nur einige wenige von vielen Beispielen*)

IBM

IBM ist noch heute einer der größten Software-Konzerne der Welt. Seinerzeit spielte der Konzern für die mörderischen Vorhaben der Nazis eine entscheidende Rolle. Es war die Lochkartentechnologie – Vorläufer des Computers – von IBM, welche die Nazis befähigte, die Verfolgung von Regime-Gegnern und „Untermenschen“ zu automatisieren. Ihre Rechenmaschinen wurden dazu benutzt, um Listen von Juden und sonstigen Opfern zu erstellen, die deportiert werden sollten, und um KZ-Insassen sowie Zwangsarbeiter zu registrieren. Die Geschäfte wurden über das deutsche Tochterunternehmen Dehomag organisiert, dessen Gewinne während des Krieges katapultartig anstiegen. Ohne die fortgeschrittene Technologie von IBM wäre es den Nazis kaum möglich gewesen, den Holocaust derart effektiv auszuführen. (Buchtipp: „IBM und der Holocaust“ von Edwin Black, Propyläen Verlag)

General Motors

General Motors trägt einen großen Anteil daran, dass Nazi-Deutschland im Krieg auf neueste Technologie bauen konnte. Die Nazis tasteten die Besitzverhältnisse von GM nie an. So blieb Opel, die deutsche Tochtergesellschaft von GM, während der gesamten Nazi-Herrschaft in GM-Besitz. Die deutschen Zweigwerke von GM wurden nach einem Treffen von Hitler und Göring mit dem GM-Vertreter Mooney am 19. und 20. September 1939 gänzlich auf Kriegsproduktion umgestellt. Das Berliner Opel-Werk war dabei so erfolgreich, dass die Nazis ihm den ehrenvollen Titel „Kriegsmusterbetrieb“ verliehen. GM setzte Kriegsgefangene vor allem aus Frankreich und der Sowjetunion ein. Die Gestapo sorgte persönlich dafür, dass die sogenannten Fremdarbeiter auch gut arbeiteten. Ihr Einsatz war gekennzeichnet von maximaler Ausbeutung und der Todesstrafe bei kleinsten Vergehen.

GM wurde nach dem Krieg nicht nur nicht bestraft, sondern erhielt sogar eine Entschädigung für Beschädigungen, die ihre Opel-Niederlassungen während der Luftangriffe der Alliierten erlitten, in Höhe von 33 Millionen US-Dollar vom amerikanischen Staat.

Ford

Auch Ford war maßgeblich am Nazi-Kriegserfolg beteiligt. Zu einem gegebenen Zeitpunkt stellten Ford und GM zusammen nicht weniger als die Hälfte der deutschen Gesamtproduktion an Panzern. Henry Ford, der Gründer des Unternehmens, war bekennender Antisemit, der Hitler bewunderte, finanziell unterstützte und sogar mit seinem antisemitischen Buch „The international jew“ inspirierte. Ford lieferte den spektakulärsten Fall von Missbrauch von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen. Das Unternehmen setzte ab 1942 Kriegsgefangene aus Belgien, der Sowjetunion, Frankreich und anderen besetzten Ländern ein, hielt diese Menschen unter unmenschlichen Bedingungen hinter Stacheldraht gefangen, ließ sie jeden Tag außer Sonntag 12 Stunden lang schuften und zahlte ihnen nicht den geringsten Lohn. 1944 wurde Ford von den Nazis Häftlinge aus dem KZ-Buchenwald zur Verfügung gestellt, welche noch schlechter behandelt wurden.

Coca-Cola

Coca-Cola war seit jeher mit von der Partie, wenn es darum ging Arbeitsrechte zu verletzen und von brutaler Repressionspolitik zu profitieren. Die deutschen Zweigwerke von Coca-Cola konnten ihre Gewinne enorm erhöhen, als sie der Wehrmacht in besetzte Länder wie Frankreich und Belgien folgen durfte. Als nach dem Angriff auf Pearl Harbor der Coca-Cola-Sirup nicht mehr aus den USA importiert werden konnte, ging der Verkauf mit einem neuen Getränk namens Fanta weiter, von dem allein im Jahre 1943 nahezu 3 Millionen Kisten verkauft wurden. Diese enorme Produktion konnte nicht zuletzt durch den Einsatz von Kriegsgefangenen bewerkstelligt werden. Das Engagement von Coca-Cola kann wohl kaum mit seinem Image vereinbart werden, welches für „Freiheit und Demokratie“ steht.

*Alle Angaben aus dem Buch „Der Mythos vom guten Krieg“ von Jacques Powels, Papy Rossa Verlag




Was sind Gewerkschaften?

(Und warum brauchen wir sie überhaupt?)

Derzeit beobachten wir, dass viele Arbeiter das Vertrauen in die Gewerkschaften verlieren und die Notwendigkeit gewerkschaftlicher Organisation nicht erkennen. Doch warum sind Gewerkschaften notwendig? Warum sollten sich gerade auch junge AbeiterInnen gewerkschaftlich organisieren?

Warum gibt es Gewerkschaften?

Im Kapitalismus gibt es zwei Hauptklassen. Die Kapitalisten, die Produktionsmittel (Maschinen, Fabriken, Banken etc.) besitzen, und die ArbeiterInnen, die keine Produktionsmittel besitzen. Letztere sind darauf angewiesen, ihre Arbeitskraft zu verkaufen.

Der Kapitalist muss Arbeitskraft kaufen, die seine Maschinen bedient. Der Arbeiter muss – um überleben zu können – seine Arbeitskraft dem Kapitalisten anbieten, d.h. verkaufen. Natürlich liegt es im Interesse des Kapitalisten, dass der Arbeiter möglichst lange zu einem möglichst geringen Lohn arbeitet. Im Gegensatz dazu besteht das Interesse des Arbeiters darin, möglichst wenig zu arbeiten und möglichst viel Lohn dafür zu erhalten. Der Lohnarbeiter ist im Unterschied z.B. zum Sklaven doppelt frei: frei von Eigentum an Produktionsmitteln, aber auch formal-rechtlich frei als Person.

Letztendlich entscheidet der Klassenkampf darüber, wie Löhne, Arbeitszeiten usw. aussehen. Doch früh wurde dem Arbeiter klar, dass er als Individuum recht machtlos gegenüber dem Kapitalisten dasteht. Die beste Waffe der Kapitalisten besteht somit darin, die Konkurrenz unter den ArbeiterInnen zu schüren. Der billigste Arbeiter wird genommen. Daraus folgt, dass die beste Waffe des Arbeiters darin besteht, diese Konkurrenz zu überwinden und gemeinsam mit Gleichgesinnten seine Rechte einzufordern.

Aus dieser Einsicht folgte das Bedürfnis der ArbeiterInnen, sich zu organisieren und schließlich die Gründung von Gewerkschaften. Zunächst sind Gewerkschaften also Instrumente, mit denen die Lohnabhängigen gemeinsam dafür kämpfen, den Preis ihrer Arbeitskraft – die sie ja als Ware dem Kapitalisten verkaufen – möglichst hoch zu halten.

Erfolge der Gewerkschaften

Seit ihrer Entstehung haben die Gewerkschaften bedeutende Fortschritte für die Arbeiterklasse erzielt. Die Sozialversicherungen, welche die Arbeiter vor dem Absturz ins soziale Elend bewahren, sind auf Druck der Arbeiterbewegung eingeführt worden. 35-Stunden Woche, höhere Löhne, Lohnfortzahlung bei Krankheit, mindestens 24 Tage Urlaub im Jahr, Arbeitsschutzbestimmungen, Schichtzuschläge, Verbot von Kinderarbeit, Recht auf Fortbildung, Kündigungsschutz, Recht auf Betriebsräte – all das sind Errungenschaften der organisierten Arbeiterbewegung in Deutschland. Jeder, der schon einmal im Betrieb war, weiß, dass es absolut naiv ist zu glauben, man könnte solche Sachen genauso auf Betriebsebene oder gar individuell aushandeln. Allein deshalb sollte jeder Arbeiter die Gewerkschaften unterstützen.

Arbeiteraristokratie

Heute jedoch stecken die Gewerkschaften in einer Legitimationskrise. Das hängt vor allem damit zusammen, dass sie von hauptamtlichen Funktionären geführt werden, die mit dem täglichen Kampf des einfachen Arbeiters wenig am Hut haben. Auch scheinen sich die Gewerkschaften nur um die Rechte der etwas besser gestellten ArbeiterInnen zu kümmern.

Die privilegierten hauptamtlichen FunktionärInnen (die Arbeiterbürokratie) und ihr bürokratischer Apparat beherrschen und kontrollieren die Gewerkschaften. Sie stützen sich dabei vor allem auf die besser bezahlten ArbeiterInnen                             (die Arbeiteraristokratie).

Das Kapital war von der Gewerkschaftsbewegung und deren Macht beunruhigt. Die Kapitalisten mussten Maßnahmen ergreifen, wenn sie ihre wirtschaftliche und politische Macht nicht an die Arbeiterklasse verlieren wollten. Also zeigten sie sich „wohlwollend“ gegenüber den Gewerkschaften und ihren Führern. Sie gestanden den organisierten ArbeiterInnen einige Rechte zu.

So wurden die Gewerkschaftsführer plötzlich zu „angesehenen“ Leuten. Alle diese Maßnahmen zielten darauf ab, der Arbeiterbewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen und die Arbeiterklasse zu spalten. So wurde z.B. in England 1867 der Reform Act verabschiedet, welcher der oberen Schicht der Arbeiterklasse das Wahlrecht gab, während die meisten männlichen Arbeiter und alle Frauen weiterhin nicht wählen durften. Solche Maßnahmen beeinflussen die Gewerkschaften bis heute. So kämpfen die Gewerkschaftsführer in den Tarifrunden bewusst nur in den Großbetrieben (z.B. bei Daimler& Co.), während sie sich um weniger organisierte Betriebe kaum kümmern.

Die Arbeiterbürokratie genießt eine privilegierte, abgehobene Stellung in der Gesellschaft. Somit verbinden sich ihre Interessen mit denen des Kapitalismus (ihnen geht es ja gut). Heute besteht die Arbeiteraristokratie aus den Herren Sommer & Co. in den Gewerkschaften selbst, sowie aus den Herren Klemm (Betriebsratsvorsitzender bei DaimlerChrysler) & Co. im Betrieb.

Die Gewerkschaftsbürokratie, die Mehrheit der Hauptamtlichen und der Betriebsräte, betreiben eine Politik der Unterordnung der Arbeiterklasse unter die Interessen des Kapitals. Das erfolgt z.B. unter Slogans wie „Standortsicherung“ oder „Kostendämpfung“. Zu dieser Logik gehören Verhandlungen und manchmal – als Druckmittel – auch Streiks. Doch dabei geht es der Bürokratie immer darum, zu verhindern, dass ein Kampf die Grundlagen des Kapitalismus (Privateigentum, Geschäftsgeheimnis usw.) in Gefahr bringt.

Warum wir Gewerkschaften trotzdem brauchen

Die bremsende und verräterische Arbeiterbürokratie und deren Vorstellung von der Alternativlosigkeit der kapitalistischen Marktwirtschaft führen dazu, dass sich die Gewerkschaften heute in einer Krise befinden und die Mitgliederzahlen sinken. Viele Kollegen und Kolleginnen empfinden es als unnötig, der Gewerkschaft beizutreten und auch noch Beitrag zu zahlen (1% vom Brutto-Gehalt).

Doch die Alternative zu den bürokratischen Gewerkschaften und ihrer Führung ist nicht, sich von der Gewerkschaft fern zu halten. Es gibt ein böses Erwachen, wenn das Kapital zum Generalangriff bläst. Letztendlich werden die Löhne gesenkt und ein Rundumschlag auf alle unsere Errungenschaften gestartet, der dann aufgrund der schwachen Organisierung wohl nicht mehr zurückgeschlagen werden kann. Die gewerkschaftliche Organisation ist und bleibt im Kapitalismus ein wichtiges Mittel für Arbeiter, sich gegen Angriffe zu wehren und seinen Lebensstandard zu verteidigen.

Der Kampf für revolutionäre Gewerkschaften

Auch für uns Revolutionäre sind Gewerkschaften wichtig. Wenn wir die Arbeiterklasse zum Kampf gegen den Kapitalismus führen wollen, können wir deren tägliche Kämpfe um bessere Bedingungen nicht ignorieren. Für den Arbeiter ist es enorm wichtig, aus seiner Ohnmacht gegenüber dem Kapital aufzuwachen und seine Stärke zu spüren. Diese Stärke entwickelt er in der Organisation. Wenn alle ArbeiterInnen organisiert wären, könnten wir alle Räder von heute auf morgen lahm legen. Deshalb werden die Gewerkschaften auch logischerweise zur machtvollsten Organisation innerhalb des Kapitalismus. Im täglichen Kampf entwickelt der einfache Arbeiter ein Bewusstsein für diese Gegebenheit. Die Arbeiterklasse braucht kollektive Kampferfahrung. Während so für den Arbeiter die Gewerkschaften ein Mittel darstellen, um seine Lebensverhältnisse zu verbessern, sind sie für uns Revolutionäre „Kriegsschulen der Arbeiter“.

Durch den täglichen Kampf lernen die ArbeiterInnen erst, sich gegen die herrschende Ordnung aufzulehnen und sie letztendlich in Frage zu stellen. Außerdem werden sie bei ihren Forderungen schnell feststellen, dass unsere Wirtschaftsordnung nicht in der Lage ist, ihre Bedürfnisse zu befriedigen und Sicherheit für alle zu bieten.

Doch das geht nur, wenn wir kämpferische Gewerkschaften haben, die die Arbeiterklasse mobilisieren. Doch davon sind wir momentan weit entfernt. Momentan sind die Gewerkschaften fest im Griff der Bürokratie. Deshalb müssen wir eine klassenkämpferische Basisbewegung in den Gewerkschaften aufbauen, welche sich über die Disziplin der verräterischen Führungen hinwegsetzt und die Gewerkschaften wieder für die Arbeiterklasse zurückgewinnt. Die Gewerkschaften müssen der politischen und organisatorischen Kontrolle der Bürokraten entrissen werden. Alles, was in der Gewerkschaft passiert, jeder Kampf, jede Verhandlung muss der vollen Kontrolle der Basis unterliegen! Die Gewerkschaften können und müssen sich von Handlangern des Kapitals über „Kriegsschulen“ bis hin zur revolutionären Kraft entwickeln.

Dafür sollten wir mit aller Macht kämpfen.