Ägypten: Die Permanente Revolution vorantreiben

Seit Donnerstag den 22. November gibt es wieder Massenproteste in Ägypten, welche das Ausmaß der Revolution von 2011 besitzen. Sie richten sich gegen den vor 5 Monaten gewählten Präsidenten Mohammed Mursi. Dieser hatte an jenem Tag ein Dekret erlassen, welches ihn, sowie die verfassungsgebende Versammlung für die Justiz und das Parlament unantastbar macht. Die militanten Jugendlichen auf der Straße sehen darin den direkten Versuch eine präsidiale Diktatur aufzubauen, die der von Mubarak in nichts nach steht und fordern überall im Land den Sturz von Mursi.

Massendemonstration auf dem Tahrir Platz

Die Massenbewegung greift allerdings nicht nur Mursi sondern auch die hinter ihm stehende Muslimbruderschaft an. Diese kontrolliert momentan die verfassungsgebende Versammlung und versucht dort eine Verfassung durchzubringen, die Ägypten zu einem islamistischen Staat mit weitreichenden Repressionsmöglichkeiten machen würde. Ihren reaktionären Charackter zeigt die Muslimbruderschaft nicht nur in bürokratischer Manier innerhalb von Staatsgremien sondern auch aktiv auf der Straße. So kam es in den letzten Tagen zu mehreren Attacken auf Anti-Mursi Demonstrationen, welche blutig endeten. Die Reaktion der revolutionären ägyptischen Jugend darauf waren Angriffe auf Büros der Muslimbruderschaft.

Welche Macht die Demonstrationen und Platzbesetzungen der letzten Tage haben, zeigte sich am Samstag den 8. Dezember. Am Abend dieses Tages sah sich Mursi gezwungen seine Dekrete zur Machtausweitung zurück zunehmen um sein Amt nicht zu gefährden. Die Antwort der Opposition ist richtig. Sie gehen nicht auf die Versöhnungsangebote der Regierung ein, sondern wollen den Kampf fortsetzen, wenn auch mit geteilten Zielen. Die gemäßigte bürgerliche Opposition will weiter Widerstand leisten, bis die Volksabstimmung über die islamistische Verfassung verschoben wird, die radikalen Jugendlichen wollen Mursis endgültigen Sturz, sowie weitreichende demokratische und soziale Veränderungen. So kam es auch nach der Zurücknahme der Dekrete unter anderem Kairo, Alexandia und Gizeh zu Massendemonstrationen.

Die ägyptischen Unterdrückten haben seit der Revolution gegen Mubarak die Erfahrung gemacht, dass es nicht ausreicht den Kopf eines grundlegend falschen Systems auszutauschen um sich zu befreien. Nein viele von ihnen wissen, dass das System gestürzt werden muss um eine wirkliche Veränderung herbeizuführen. Das Problem liegt eher darin, dass die meisten aber nicht wissen wie das System zu stürzen ist oder bzw. was danach kommen soll. Trotzdem sind erste Ansätze in diese Richtung zu erkennen, so verbinden sich Teile der demokratischen Bewegung, mit den gewerkschaftlichen Kämpfen der Textilindustrie am Nil. Dies hat eine besondere Bedeutung, nicht nur weil sie so deren Kampf zu ihrem machen und ihren gemeinsamen Feind immer deutlicher erkennen, sondern auch weil so aus der bloßen demokratischen Frage eine soziale wird.

Ziel der Revolutionäre muss es sein, den Kampf weiter zu treiben und zuzuspitzen. Aus der demokratischen Bewegung muss eine Bewegung werden, die die Grundlage für ihre Probleme in der kapitalistischen Unterdrückung und der imperialistischen Ausbeutung sieht und dagegen kämpft. Neben Demonstrationen und Platzbesetzungen muss ein wichtiges Mittel im kampf für diese Ziele der politische Streik und letztlich Generalstreik werden. Hierfür müssen die militanten Arbeiter_innen der ägyptischen Gewerkschaften gewonnen werden. Nur durch einen politischen Generalstreik können die Kräfte die hinter Mursi stehen,  angegriffen und unter Druck gesetzt werden. Denn egal ob Imperialisten, Textilfabrik-Besitzer oder Militär Generäle, sie sind alle Teil der herrschenden Klasse und speisen ihre Macht aus dem Privateigentum an Produktionsmitteln.

Doch letztlich kann die sozialistische Revolution nur gelingen, wenn es den zersplitterten linken Kräften in Ägypten gelingt gemeinsam eine sozialistische Arbeiterpartei aufzubauen die gestützt auf eine kämpferische Massenbasis für ein Programm der Permanenten Revolution kämpft und die Forderungen der Bewegung umsetzt.

Ein Artikel von David Pfeifer, REVOLUTION Stuttgart




Armut in Deutschland: Ein Wintermärchen?

Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher ( Bertolt Brecht ). Dieser Satz trifft wohl am besten zu, um das Verhalten der deutschen Bundesregierung in den letzten Tagen zu beschreiben. Nach vier Jahren war es wieder einmal an der Zeit für den Armuts- und Reichtumsbericht, doch was dieser zu Tage förderte, sollte der Öffentlichkeit vorenthalten bleiben.

 

Ganze Passagen, die in der erste Fassung vom Arbeitsministerium statistisch belegt worden waren, ließ das Wirtschaftsministerium im zweiten Durchgang streichen.

Beihnahe jeder 5. gilt in Deutschland als „Armutsgefährdet“

Denn die Realität, in der Armut nicht nur existiert, sondern auch zunimmt, in gleichem Maße wie der unverschämte Reichtum, passt nicht zum politischen Denken der schwarz-gelben Regierung.

Neben dieser ungleichen Verteilung des Privatvermögens, die einfach komplett gelöscht wurde, ist auch die Lohnentwicklung ein Dorn im Auge der Regierung.

So etwas würde das „Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung“ stören und „den gesellschaftlichen Zusammenhang“ gefährden. Deshalb erklärt man die sinkenden Löhne für eine „strukturelle Verbesserung am Arbeitsmarkt“. Logisch, oder?

Auch die SPD erhob die empörte Stimme der Opposition zu diesen Abänderungen. Schließlich hat sie sich doch durch die Agenda 2010 und Hartz IV so viele Mühe gegeben die Armut voranzutreiben. Und nun soll das Ergebnis ihrer Arbeit vertuscht werden? Eine Frechheit!

Der Versuch der Regierung, ihre Politik als erfolgsbringend zu verkaufen ist kläglich gescheitert. Doch anstatt wenigstens die Wahrheit zu sagen und Maßnahmen zu ergreifen, verschleiert sie lieber alles und begeht Bilanzfälschung.

Wenn man die Sache aber mal genauer betrachtet, blieb der Regierung nicht viel anderes übrig. Denn wenn sie tatsächlich geschrieben hätte, dass ihre Sozialpolitik die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher macht, dann hätte sie sich auch gleich ganz verabschieden können.

Sie wäre dann nämlich gezwungen gewesen, Maßnahmen zu ergreifen, die eine gerechtere Gesellschaft hervorbringen und da wäre man dann mit dem eigenen Parteiprogramm kollidiert.

Denn die CDU und die FDP vertreten nicht die Interessen der ArbeiterInnen, deren Rechte sie immer weiter einschränken und deren Lohnkürzungen sie begrüßen und vorantreiben. Sie vertreten auch nicht die Arbeitslosen, die in ihren Augen zu faul sind, um arbeiten zu gehen, und am besten gar kein Geld mehr bekommen sollten. Und sie vertreten auch nicht die Jugendlichen, denen sie beispielsweise durch Studiengebühren die Zukunft verbauen.

Kurzum, diese Regierung vertritt nicht das Interesse der Mehrheit der Gesellschaft, sondern das der reichen Minderheit, die in eben diesem Bericht ebenfalls als solche vertuscht wird, um die Ungerechtigkeit nicht allzu offensichtlich wirken zu lassen.

Außerdem bietet man ihnen somit die Chance, sich als die gütigen und hilfsbereiten Milliardäre aufzuspielen, die ja eigentlich viel mehr Steuern zahlen wollen, wenn man sie nur ließe…

Doch was ist nun die Konsequenz aus solch einem Skandal?

Wir sind nicht der Meinung, dass durch investigativen Journalismus allein eine gerechtere Welt geschaffen wird, nur weil sich die Politiker „ertappt“ fühlen, bei dem was sie tun und die Bevölkerung nun Bescheid weiß. Diese Politiker wissen ganz genau, was sie tun, und wer dabei hinter ihnen steht. Sie wissen, was sie sich leisten können und gerade in Deutschland haben sie bisher auch keinen großen Widerstand zu befürchten. Die Krise, die in Europa wütet, die schon Millionen von Menschen ins Elend getrieben hat, wird auch in Deutschland ankommen, und sie wird noch mehr arme und arbeitslose Menschen hervorbringen.

Deshalb ist es vor allem die Aufgabe der Führungen großer Organisationen wie Gewerkschaften, Jugendorganisationen und linker Parteien, ihre Mitglieder gegen solch eine verlogene Regierung zu mobilisieren. Es reicht nicht aus, im Parlament eine glorreiche Rede über Gerechtigkeit zu halten, so wie Linke-Chefin Katja Kipping, wenn man nicht auf der Straße dafür kämpft.

Es geht um weit mehr, als um einen Bericht, der zu vertuschen versucht, was sowieso jeder weiß. Die Gleichgültigkeit, mit der die Tatsache der steigenden Armut in einem eigentlich reichen Land wie Deutschland, hingenommen wird, ist das Problem.

Diese Gleichgültigkeit ist dem Verrat der reformistischen Parteien und Gewerkschaftsführern zu verdanken, die in Zeiten der sozialen Angriffe nicht mobilisierten und keinen Widerstand organisierten, weil sie sich mit dem grundlegenden System abgefunden haben. Doch gerade in Zeiten der Krise brauchen wir so etwas dringender den je!

Der Kampf gegen die bürgerliche Regierung ist deshalb zu erst ein Kampf der Basis gegen die degenerierten Gewerkschaftsführungen und gegen die reformistischen Parteiführungen. Es müssen die Mitglieder sein, die bestimmen was passiert.

Das Verhalten der deutschen Regierung ist auch kein Einzelfall in Europa. Überall wird gelogen und betrogen, um sich an der Macht zu halten. Europaweite Kämpfe und die Solidarität untereinander sind der Weg zum Erfolg.

Doch um dauerhafte für soziale Gerechtigkeit zu sorgen, brauchen wir letztendlich eine revolutionäre, sozialistische Massenpartei, die für unsere Interessen auf der Grundlade eines revolutionären Programms kämpft.

Ein Artikel von Svenja Spunck, REVOLUTION Berlin




Warum die Frauen-Quote nicht die Frauen befreit

Wenn sich sogar schon die CDU mit der Forderung nach der Gleichberechtigung der Frau beschäftigt, scheint wohl doch etwas an der Sache dran zu sein. Doch worum es den bürgerlichen Parteien dabei geht und was wir ihnen entgegen setzen, soll in diesem Artikel beschrieben werden.

Ein Fakt, um den keiner herum kommt ist, dass es in Deutschland noch weniger Frauen in Führungspositionen gibt als in anderen Ländern. Deshalb fordert nun die CDU und ihre Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, dass es eine gesetzlich vorgeschriebene Quotierung von Frauen bei der Vergabe von Arbeitsplätzen im gehobenen Bereich geben solle.

Dieser Versuch zur Gleichstellung von Mann und Frau in der Gesellschaft ist tatsächlich ein Ausdruck dafür, dass Frauen benachteiligt werden und man dies bekämpfen müsse. Die Gleichberechtigung der Frau wird aber nicht dadurch erreicht, dass eine Frau als Soldatin in Afghanistan oder als ausbeutende Besitzerin eines Betriebes arbeitet.Denn die Unterdrückung der Frau ist in erster Linie eine Soziale- und Klassenfrage.

Die vermehrte Präsenz von Frauen auf dem Chefsessel der DAX- Unternehmen führt vielleicht dazu, dass durch ihre Präsenz in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass Frauen durchaus fähig sind, „Männerberufe“ auszuüben. Ihre allgemeine soziale Lage verbessert das jedoch nicht, denn die kapitalistische Gesellschaft lebt durch Sachzwänge, Konkurrenz und Spaltung der Arbeiterklasse in alle möglichen Gruppen, sei es Schwarz und Weiß, oder Mann und Frau.

So verdienen Frauen im Durchschnitt immer noch 30% weniger als Männer in gleichen Berufen und sind, wenn sie nicht grade dem Bürgertum angehören, häufig gezwungen unbezahlte Haus und Reproduktionsarbeit zu leisten und gleichzeitig einem prekären Job nachzugehen. Wer dann diese Vorgänge im Endeffekt von oben herab verwaltet, spielt eigentlich keine Rolle.

Wer glaubt, dass durch die reine Talkshow-Diskussion, oder Parlamentsbeschlüsse, wirkliche Veränderungen zu erreichen sind täuscht sich gewaltig. Zwar war das Thema Frauenquote in den letzten Monaten sehr präsent, allerdings brauchen wir eine allgemeine Diskussion über die Unterdrückung der Frau und zwar nicht zwischen bürgerlichen Persönlichkeiten im Fernsehen sondern unter Arbeiterinnen und Arbeitern in den Betrieben und Gewerkschaften. Denn nur eine proletarische Frauenbewegung auf der Straße hat die Möglichkeit eine wahre Veränderung herbeizuführen.

Das Eintreten für die Frauen-Quote sollte deshalb auch mit folgendem Punkt verknüpft sein: Die Vergesellschaftung von Hausarbeit und Kinderbetreuung, denn nur so können Frauen diese Quote auch wirklich erfüllen. Wenn man dazu abgestellt wird, den Haushalt zu schmeißen und auf die Kinder aufzupassen, kann man weder Vollzeit arbeiten, geschweige denn eine vernünftige Ausbildung oder ein Studium abschließen.

Warum fordern wir jedoch die zwingende Quotierung von Frauen in Arbeiter- und Jugendorganisation und sozialen Bewegungen? Um gegen die Unterdrückung der Frau anzukämpfen, wollen wir gezielt die Beteiligung von weiblichen Mitgliedern in unserer Organisation unterstützen. Denn auch linke Politik wird häufig von Männern dominiert, sei es weil sie in Diskussionen lauter schreien oder wütender auf den Tisch hauen können. Deshalb ist es umso wichtiger darauf zu achten, dass Frauen ebenso zu Wort kommen und das Recht auf eigene Treffen haben.

Wir lehnen die Frauen-Quote nicht ab, da sie keinen Rückschritt in der Frauenfrage bedeutet. Auf der anderen Seite bedeutet es aber auch keinen wirklichen Fortschritt, wir möchten ausdrücklich betonen, dass die wahre Befreiung des weiblichen Geschlechts nicht in der Chefetage, sondern nur durch einen ökonomische Gleichberechtigung, also durch einen revolutionären Umsturz des Systems statt finden kann. In diesem Kampf müssen und werden Frauen eine sehr wichtige Rolle spielen, deshalb sagen wir, dass es besonders wichtig ist, die Frauen für diesen Kampf zu gewinnen. Er ist ihre einzige Perspektive zu einer wirklichen Gleichberechtigung neben den Männern.

Ein Artikel von Svenja Spunck, REVOLUTION BERLIN




"I Love Kotti" – Mietstopp jetzt, bei 4 Euro pro Quadratmeter!

Seit Monaten kämpfen die Anwohner_innen vom Kottbusser Tor gegen steigende Mietpreise und Verdrängung.

Wir nennen das hier „Gecekondu“, das kommt aus dem osmanischen und heißt „Über Nacht gebaut“. Das war ein Gesetz, das bedeutete, dass wenn etwas „Über Nacht gebaut“ wurde, dass es dann nicht mehr abgerissen werden durfte – bleiben musste. (Mehmet, von Kotti und Co.)

In Berlin steigen seit Jahren die Mieten – und das massiv. Mieterrechte werden abgebaut, kulturelle Einrichtungen geschlossen und Jugendclubs werden die Gelder gestrichen. Doch seit einiger Zeit regt sich immer mehr Widerstand – gegen das, was Linke als Gentrifizierung bezeichnen – auch aus den Bezirken, aus den einzelnen Anwohnergemeinden. So auch das Kotti Camp, das Georg Ismael und Solveig Kurz besuchten, um mit den protestierenden Anwohnern über die aktuelle Situation und ihre Perspektiven im Widerstand zu unterhalten.

Wer seid ihr, warum seid ihr hier?

Mehmet: Wir sind Kotti und Co., die Mietergemeinschaft am Kottbusser Tor. Wir sind hier, weil wir ein Mietproblem haben. Die Gentrifizierung ist ja ein allgemeines Problem – wir selbst sind von steigenden Mieten betroffen sind. Am Anfang waren wir 25 Leute und ihre Familien – aber insgesamt unterstützen uns 400 aus unserer Gemeinschaft.

Detlev: Ich bin Detlev, mache hier seit Anfang an mit. Ich wohne zwar nicht mehr hier, aber bin hier groß geworden. Der Kotti ist mein Leben, mein sozialer Bezugspunkt. Es gab hier viele Veränderungen – die meisten davon gut. Aber jetzt ist das anders. Das ganze soziale Gefüge bricht zusammen. Ich selbst wohne in der Dieffgn Bachstraße, da werden jetzt die Mieter von Firmen, wie Ziegert raus gedrängt, um die Wohnungen als teure Eigentumswohnungen zu verkaufen – 3600 pro Quadratmeter. Aber die machen sich nicht mal die Mühe zu renovieren. Das muss man sich mal vorstellen.

Wie ist deine persönliche Situation, was bedeutet für dich Gentrifizierung?

Nurefsan: Wenn man unsere Wohnung betrachtet, dann sieht man überall Mängel. Die Mieten stehen aber trotzdem. Das verstehe ich nicht. Wenn wir allein die ganzen Mängel auflisten würden – Schimmel an den Wänden; schlechte Dämmungen und hoher Lärm,Wasser, was in die Wohnung durch Fenster und Wände eindringt etc. – dann müssten die Mieten um die Hälfte sinken und nicht steigen. Nur um eine Zahl zu nennen. 92 qm kosten 1080 warm, die Miete ist in den letzten Jahren um fast 300 Euro gestiegen.

Serban: Bei mir soll die Miete zum 31.01. steigen. Mein Kind und mein Mann sind behindert – ich bin also Alleinversorger für unsere Familie. Ich weiß nicht wie ich die kommende Miete bezahlen soll. Wenn ich es nicht kann, dann muss ich raus. Ich habe überall versucht zu kürzen – im Winter nehme ich mir eine Decke, anstatt die Heizung zu benutzen, aber die Preise sind trotzdem zu hoch.

Mehmet: Für mich bedeutet Gentrifizierung Verdrängung. Wir werden von dem Ort, wo wir 20, 30 Jahre gelebt haben und der Ort, an dem wir gelebt haben, der jetzt Kult ist, wird an Reiche verkauft. Durch Luxus wird Profit gemacht. Als wir damals gekommen sind, wurde nicht wie jetzt gehämmert und gebaut. Wir haben den Platz zu dem gemacht, was er heute ist. Ich habe nichts dagegen, dass Reiche oder Studenten kommen, aber ich will deshalb nicht meine Wohnung verlieren. Was wir aber brauchen ist ein Mietstopp bei 4 Euro pro Quadratmeter.

Wie ist die allgemeine Lage und wie geht ihr in der Mietergemeinschaft damit um?

Mehmet: In den letzten fünf Jahren hat sich viel verändert. Kreuzberg ist extrem Kult geworden. Das abstruse daran ist aber, dass sich unsere Situation dadurch verschlechtert hat. Aber der Kampf und unsere gemeinsamen Probleme haben uns auch zusammengeschweißt. Es werden von Tag zu Tag mehr und wir werden auch im Winter weitermachen!

Detlev: Eine weitere Situation ergibt sich aus der Stadtpolitik der 70er. Damals wurden Wohnhäuser gebaut und die Investoren konnten quasi eigenmächtig die Kosten für den Bau festsetzen, d.h. Ein Bau, der eigentlich 300´000 kostete, wurde auf 2´000´000 Euro geschätzt. Die Konsequenz ist klar. Das versuchen die Vermieter und Immobilienbesitzer nun gegen die Mieter zu benutzen, um die Mieten zu erhöhen oder sie aus ihren Wohnungen zu verdrängen!

Welche Diskussionen haben sich daraus ergeben – Welche Aktionen habt ihr geplant?

Mehmet: Am Anfang waren es vor allem individuelle Probleme. Da haben wir auch geholfen. Dabei ist es aber nicht geblieben. Wir haben seitdem viele Diskussionen organisiert, Veranstaltungen, Solidaritätsaktionen, wo Geld für uns gesammelt wurde und wir haben natürlich unsere Lärmdemonstrationen organisiert.

Welche Forderungen erhebt ihr, wie werden sie von der Bevölkerung hier in Kreuzberger angenommen?

Fight Back! Gemeinsam und solidarisch gegen Gentrifzierung kämpfen – bestehende Initiativen, wie Kotti und Co. unterstützen. Kämpfe wie die Stille 10, zeigen, dass es sich lohnt zu kämpfen!

Serban, Nurefsan: Die Miete senken natürlich!

Mehmet: Wir haben mehrere Forderungen. Als erstes wollen wir die Kappungsgrenze zurück, die Mietobergrenze für den sozialen Wohnungsbau. Die wurde aber 2011/12 aufgehoben.

Detlev: Eine Dauerhafte Lösung für den sozialen Wohnungsbau. Nicht nur für uns, sondern für die ganze Stadt. Da gibt es viele Lösungen. Wir könnten uns eine Rekommunalisierung oder die Übergabe der Wohnhäuser in die Hände der Mieter vorstellen. Nochmal kurz zur Kappungsgrenze: Wir sagen 4 Euro pro Quadratmeter kalt und zwar sofort! Zu den Reaktionen. Viele Positive, eigentlich ausschließlich. Letztens kam jemand, der meinte vier Monate unseren Protest schon beobachtet zu haben. Jetzt kam er und meinte er hätte sich nicht früher getraut zu kommen, macht jetzt aber aktiv bei uns mit. Allerdings würden wir uns eine breitere Beteiligung der Bewohner wünschen und nicht nur gute Worte. Aktionen zählen, die Leute sollen auf die Demonstrationen und Aktionen kommen.

Wie genau organisiert ihr euch hier?

Mehmet: Wir haben ein Schichtenbuch hier für unser Camp. Es sind immer Zweiergruppen im 4 Stundentakt. 24 Stunden lang, seit dreieinhalb Monaten. Gerade haben wir aber ein Problem mit der 4-8 Uhr morgens Schicht. Also: Wenn Leute helfen wollen, sind sie herzlich dazu eingeladen! Es gibt hier Kaffee und Tee und die Leute haben nicht nur einen Ort des Protests, sondern auch des Zusammenkommens. Auch Studenten kommen gerne und helfen uns – sitzen mit ihrem Laptop da und arbeiten während ihren Schichten.

Nicht nur der Kotti ist von Mietsteigerungen und der Schließung von sozialen Einrichtungen betroffen. Könntet ihr euch einen gemeinsamen Kampf vorstellen und wie würde dieser für euch aussehen?

Mehmet: Stille Straße 10, das Seniorenzentrum in Pankow, Palisadenpanther, eine Initiative, wie wir aus der Palisadenstraße. Wir waren letztens auch auf der gemeinsamen Demonstration, unser Spruch war „Palisadenpanther, Kotti und Co., Stille Straße sowieso!“ Die Solidarität und Liebe, die sich zwischen uns entwickelt hat ist unglaublich. Man weiß, es gibt Leute, die warten auf einen. Manche mit „I love Kotti“ Stickern, andere mit Transparenten. Früher hatten wir Angst und keine Hoffnung – aber immer mehr haben begriffen, das wir etwas tun müssen, etwas verändern können. Aber es gibt immer noch einige, die nicht glauben, das man etwas verändern kann. Denen erwidern wir aber, dass wir nicht mehr stillhalten

können, wenn es nicht noch schlimmer werden soll!

Detlev: Am 22.09. gab es ja eine große Demonstration. Da ging es darum, dass die KvU eine Demonstration gegen ihre Räumung machen wollten – Sie wollten Unterstützung. Einige meinten, dass es problematisch sei, dass es nur szenetypisch sei. Allerdings setzte sich die Meinung dann durch, dass wir einen gemeinsamen Kampf bräuchten. Am Ende gab es dann eine gemeinsame Aktion, an der sich von Stiller Straße bis Mietergemeinschaft alle beteiligten.

Könntet ihr euch auch vorstellen zu militanteren Aktionen, wie Mietverweigerung und Besetzungen zu greifen, wenn es auf die bisherigen Aktionen nicht die gewünschten Reaktion gibt?

Detlev: Aber selbstverständlich. Wir haben auch schon darüber gesprochen. Von Mietverweigerung bis Besetzung. Aber wir müssen die Risiken abschätzen und brauchen natürlich eine Basis an Unterstützern dafür – Mindestens 50 Wohnungen müssten bei uns schon mitmachen.

Das Kotti-Camp ist nicht nur ein Ort des Protestes, sondern auch des sozialen Austauschs geworden. Wie stellt ihr euch die Zukunft eures Projektes vor – Was wollt und könnt ihr noch erreichen?

Die Proteste am Kottubusser Tor zeigen auch, wie Stadtleben selbstständig von den Anwohner_innen organisiert werden kann.

Mehmet: Viele Frauen treffen sich tagsüber hier und reden miteinander. Es gibt auch zwei Obdachlose, die hier sind – mithelfen und hier übernachten können. Wir machen auch Kinderprojekte, wo z.B. T-Shirts bemalt werden. Wir haben Vorlesungen gehabt oder auch kleine Konzerte. Vor einiger Zeit haben wir ein Wandgemälde gemacht – zusammen mit den Interbrigadas. Da geht es darum, wie damals viele Migrant_innen hierhergekommen sind und wie sich das Leben hier entwickelt hat – ein wahres Kunstwerk! Aber ganz allgemein: Das Kotti-Camp ist nicht nur ein Ort des Protests, sondern auch ein Beispiel dafür geworden, wie sich eine Gemeinschaft gegenseitig stützen kann – man selbstorganisiert eine soziale Struktur schaffen kann.

Was haltet ihr von einer Konferenz aller von Gentrifizierung Betroffenen – Mietergemeinschaften, sozialer Einrichtungen von Seniorenzentren bis Jugendclubs, besetzte Häuser und politischer Organisationen und Gewerkschaften?

Detlev: Das wäre eine gute Idee. Aber wir arbeiten bereits an einer Konferenz. Die Konferenz soll im November sein. Die schwierige Sache ist aber daran, dass sie zusammen mit dem Senator für Gothe und den Sachbearbeitern ist. Die Kritik, die natürlich kommt, ist, dass wir mit den Verantwortlichen Politikern kuscheln würden. Das Problem ist allerdings, dass wir für viele eine Sofortlösung brauchen und auch Öffentlichkeit schaffen wollen.

Und was macht ihr, wenn das scheitert. Bräuchte es dann nicht eine Aktionskonferenz der gesamten Bewegung selbst, die einen weiteren Plan erstellt?

Detlev: Das wäre natürlich eine Möglichkeit. Allerdings würde es wahrscheinlich schwer eine „Konferenz nach einer Konferenz“ zu organisieren. Auf jeden Fall müssten wir aber den Druck durch Aktionen verstärken.




"I Love Kotti" – Mietstopp jetzt, bei 4 Euro pro Quadratmeter!

Seit Monaten kämpfen die Anwohner_innen vom Kottbusser Tor gegen steigende Mietpreise und Verdrängung.

Wir nennen das hier „Gecekondu“, das kommt aus dem osmanischen und heißt „Über Nacht gebaut“. Das war ein Gesetz, das bedeutete, dass wenn etwas „Über Nacht gebaut“ wurde, dass es dann nicht mehr abgerissen werden durfte – bleiben musste. (Mehmet, von Kotti und Co.)

In Berlin steigen seit Jahren die Mieten – und das massiv. Mieterrechte werden abgebaut, kulturelle Einrichtungen geschlossen und Jugendclubs werden die Gelder gestrichen. Doch seit einiger Zeit regt sich immer mehr Widerstand – gegen das, was Linke als Gentrifizierung bezeichnen – auch aus den Bezirken, aus den einzelnen Anwohnergemeinden. So auch das Kotti Camp, das Georg Ismael und Solveig Kurz besuchten, um mit den protestierenden Anwohnern über die aktuelle Situation und ihre Perspektiven im Widerstand zu unterhalten.

Wer seid ihr, warum seid ihr hier?

Mehmet: Wir sind Kotti und Co., die Mietergemeinschaft am Kottbusser Tor. Wir sind hier, weil wir ein Mietproblem haben. Die Gentrifizierung ist ja ein allgemeines Problem – wir selbst sind von steigenden Mieten betroffen sind. Am Anfang waren wir 25 Leute und ihre Familien – aber insgesamt unterstützen uns 400 aus unserer Gemeinschaft.

Detlev: Ich bin Detlev, mache hier seit Anfang an mit. Ich wohne zwar nicht mehr hier, aber bin hier groß geworden. Der Kotti ist mein Leben, mein sozialer Bezugspunkt. Es gab hier viele Veränderungen – die meisten davon gut. Aber jetzt ist das anders. Das ganze soziale Gefüge bricht zusammen. Ich selbst wohne in der Dieffgn Bachstraße, da werden jetzt die Mieter von Firmen, wie Ziegert raus gedrängt, um die Wohnungen als teure Eigentumswohnungen zu verkaufen – 3600 pro Quadratmeter. Aber die machen sich nicht mal die Mühe zu renovieren. Das muss man sich mal vorstellen.

Wie ist deine persönliche Situation, was bedeutet für dich Gentrifizierung?

Nurefsan: Wenn man unsere Wohnung betrachtet, dann sieht man überall Mängel. Die Mieten stehen aber trotzdem. Das verstehe ich nicht. Wenn wir allein die ganzen Mängel auflisten würden – Schimmel an den Wänden; schlechte Dämmungen und hoher Lärm,Wasser, was in die Wohnung durch Fenster und Wände eindringt etc. – dann müssten die Mieten um die Hälfte sinken und nicht steigen. Nur um eine Zahl zu nennen. 92 qm kosten 1080 warm, die Miete ist in den letzten Jahren um fast 300 Euro gestiegen.

Serban: Bei mir soll die Miete zum 31.01. steigen. Mein Kind und mein Mann sind behindert – ich bin also Alleinversorger für unsere Familie. Ich weiß nicht wie ich die kommende Miete bezahlen soll. Wenn ich es nicht kann, dann muss ich raus. Ich habe überall versucht zu kürzen – im Winter nehme ich mir eine Decke, anstatt die Heizung zu benutzen, aber die Preise sind trotzdem zu hoch.

Mehmet: Für mich bedeutet Gentrifizierung Verdrängung. Wir werden von dem Ort, wo wir 20, 30 Jahre gelebt haben und der Ort, an dem wir gelebt haben, der jetzt Kult ist, wird an Reiche verkauft. Durch Luxus wird Profit gemacht. Als wir damals gekommen sind, wurde nicht wie jetzt gehämmert und gebaut. Wir haben den Platz zu dem gemacht, was er heute ist. Ich habe nichts dagegen, dass Reiche oder Studenten kommen, aber ich will deshalb nicht meine Wohnung verlieren. Was wir aber brauchen ist ein Mietstopp bei 4 Euro pro Quadratmeter.

Wie ist die allgemeine Lage und wie geht ihr in der Mietergemeinschaft damit um?

Mehmet: In den letzten fünf Jahren hat sich viel verändert. Kreuzberg ist extrem Kult geworden. Das abstruse daran ist aber, dass sich unsere Situation dadurch verschlechtert hat. Aber der Kampf und unsere gemeinsamen Probleme haben uns auch zusammengeschweißt. Es werden von Tag zu Tag mehr und wir werden auch im Winter weitermachen!

Detlev: Eine weitere Situation ergibt sich aus der Stadtpolitik der 70er. Damals wurden Wohnhäuser gebaut und die Investoren konnten quasi eigenmächtig die Kosten für den Bau festsetzen, d.h. Ein Bau, der eigentlich 300´000 kostete, wurde auf 2´000´000 Euro geschätzt. Die Konsequenz ist klar. Das versuchen die Vermieter und Immobilienbesitzer nun gegen die Mieter zu benutzen, um die Mieten zu erhöhen oder sie aus ihren Wohnungen zu verdrängen!

Welche Diskussionen haben sich daraus ergeben – Welche Aktionen habt ihr geplant?

Mehmet: Am Anfang waren es vor allem individuelle Probleme. Da haben wir auch geholfen. Dabei ist es aber nicht geblieben. Wir haben seitdem viele Diskussionen organisiert, Veranstaltungen, Solidaritätsaktionen, wo Geld für uns gesammelt wurde und wir haben natürlich unsere Lärmdemonstrationen organisiert.

Welche Forderungen erhebt ihr, wie werden sie von der Bevölkerung hier in Kreuzberger angenommen?

Fight Back! Gemeinsam und solidarisch gegen Gentrifzierung kämpfen – bestehende Initiativen, wie Kotti und Co. unterstützen. Kämpfe wie die Stille 10, zeigen, dass es sich lohnt zu kämpfen!

Serban, Nurefsan: Die Miete senken natürlich!

Mehmet: Wir haben mehrere Forderungen. Als erstes wollen wir die Kappungsgrenze zurück, die Mietobergrenze für den sozialen Wohnungsbau. Die wurde aber 2011/12 aufgehoben.

Detlev: Eine Dauerhafte Lösung für den sozialen Wohnungsbau. Nicht nur für uns, sondern für die ganze Stadt. Da gibt es viele Lösungen. Wir könnten uns eine Rekommunalisierung oder die Übergabe der Wohnhäuser in die Hände der Mieter vorstellen. Nochmal kurz zur Kappungsgrenze: Wir sagen 4 Euro pro Quadratmeter kalt und zwar sofort! Zu den Reaktionen. Viele Positive, eigentlich ausschließlich. Letztens kam jemand, der meinte vier Monate unseren Protest schon beobachtet zu haben. Jetzt kam er und meinte er hätte sich nicht früher getraut zu kommen, macht jetzt aber aktiv bei uns mit. Allerdings würden wir uns eine breitere Beteiligung der Bewohner wünschen und nicht nur gute Worte. Aktionen zählen, die Leute sollen auf die Demonstrationen und Aktionen kommen.

Wie genau organisiert ihr euch hier?

Mehmet: Wir haben ein Schichtenbuch hier für unser Camp. Es sind immer Zweiergruppen im 4 Stundentakt. 24 Stunden lang, seit dreieinhalb Monaten. Gerade haben wir aber ein Problem mit der 4-8 Uhr morgens Schicht. Also: Wenn Leute helfen wollen, sind sie herzlich dazu eingeladen! Es gibt hier Kaffee und Tee und die Leute haben nicht nur einen Ort des Protests, sondern auch des Zusammenkommens. Auch Studenten kommen gerne und helfen uns – sitzen mit ihrem Laptop da und arbeiten während ihren Schichten.

Nicht nur der Kotti ist von Mietsteigerungen und der Schließung von sozialen Einrichtungen betroffen. Könntet ihr euch einen gemeinsamen Kampf vorstellen und wie würde dieser für euch aussehen?

Mehmet: Stille Straße 10, das Seniorenzentrum in Pankow, Palisadenpanther, eine Initiative, wie wir aus der Palisadenstraße. Wir waren letztens auch auf der gemeinsamen Demonstration, unser Spruch war „Palisadenpanther, Kotti und Co., Stille Straße sowieso!“ Die Solidarität und Liebe, die sich zwischen uns entwickelt hat ist unglaublich. Man weiß, es gibt Leute, die warten auf einen. Manche mit „I love Kotti“ Stickern, andere mit Transparenten. Früher hatten wir Angst und keine Hoffnung – aber immer mehr haben begriffen, das wir etwas tun müssen, etwas verändern können. Aber es gibt immer noch einige, die nicht glauben, das man etwas verändern kann. Denen erwidern wir aber, dass wir nicht mehr stillhalten

können, wenn es nicht noch schlimmer werden soll!

Detlev: Am 22.09. gab es ja eine große Demonstration. Da ging es darum, dass die KvU eine Demonstration gegen ihre Räumung machen wollten – Sie wollten Unterstützung. Einige meinten, dass es problematisch sei, dass es nur szenetypisch sei. Allerdings setzte sich die Meinung dann durch, dass wir einen gemeinsamen Kampf bräuchten. Am Ende gab es dann eine gemeinsame Aktion, an der sich von Stiller Straße bis Mietergemeinschaft alle beteiligten.

Könntet ihr euch auch vorstellen zu militanteren Aktionen, wie Mietverweigerung und Besetzungen zu greifen, wenn es auf die bisherigen Aktionen nicht die gewünschten Reaktion gibt?

Detlev: Aber selbstverständlich. Wir haben auch schon darüber gesprochen. Von Mietverweigerung bis Besetzung.
Aber wir müssen die Risiken abschätzen und brauchen natürlich eine Basis an Unterstützern dafür – Mindestens 50 Wohnungen müssten bei uns schon mitmachen.

Das Kotti-Camp ist nicht nur ein Ort des Protestes, sondern auch des sozialen Austauschs geworden. Wie stellt ihr euch die Zukunft eures Projektes vor – Was wollt und könnt ihr noch erreichen?

Die Proteste am Kottubusser Tor zeigen auch, wie Stadtleben selbstständig von den Anwohner_innen organisiert werden kann.

Mehmet: Viele Frauen treffen sich tagsüber hier und reden miteinander. Es gibt auch zwei Obdachlose, die hier sind – mithelfen und hier übernachten können. Wir machen auch Kinderprojekte, wo z.B. T-Shirts bemalt werden. Wir haben Vorlesungen gehabt oder auch kleine Konzerte. Vor einiger Zeit haben wir ein Wandgemälde gemacht – zusammen mit den Interbrigadas. Da geht es darum, wie damals viele Migrant_innen hierhergekommen sind und wie sich das Leben hier entwickelt hat – ein wahres Kunstwerk! Aber ganz allgemein: Das Kotti-Camp ist nicht nur ein Ort des Protests, sondern auch ein Beispiel dafür geworden, wie sich eine Gemeinschaft gegenseitig stützen kann – man selbstorganisiert eine soziale Struktur schaffen kann.

Was haltet ihr von einer Konferenz aller von Gentrifizierung Betroffenen – Mietergemeinschaften, sozialer Einrichtungen von Seniorenzentren bis Jugendclubs, besetzte Häuser und politischer Organisationen und Gewerkschaften?

Detlev: Das wäre eine gute Idee. Aber wir arbeiten bereits an einer Konferenz. Die Konferenz soll im November sein. Die schwierige Sache ist aber daran, dass sie zusammen mit dem Senator für Gothe und den Sachbearbeitern ist. Die Kritik, die natürlich kommt, ist, dass wir mit den Verantwortlichen Politikern kuscheln würden. Das Problem ist allerdings, dass wir für viele eine Sofortlösung brauchen und auch Öffentlichkeit schaffen wollen.

Und was macht ihr, wenn das scheitert. Bräuchte es dann nicht eine Aktionskonferenz der gesamten Bewegung selbst, die einen weiteren Plan erstellt?

Detlev: Das wäre natürlich eine Möglichkeit. Allerdings würde es wahrscheinlich schwer eine „Konferenz nach einer Konferenz“ zu organisieren. Auf jeden Fall müssten wir aber den Druck durch Aktionen verstärken.




Silvio Meier Gedenken – Staat und Faschismus bekämpfen

Vor 20 Jahren wurde Silvio Meier ermordet, doch der Kampf gegen die Faschisten geht weiter – in Berlin und Überall!

Vor 20 Jahren wurde der Antifaschist Silvio Meier am 21.11.1992 von Nazis ermordet. Heute wie damals versuchten Polizei und Staatsapparat faschistische Morde zu entpolitisieren, der Mord an Silvio Meier sollte als eine „Auseinandersetzungen rivalisierender Jugendbanden“ dargestellt werden.

Noch im Krankenhaus versuchte die Polizei den frisch operierten Freund Silvios zu einer Falschaussage zu zwingen. Als sich das Lügenkonstrukt nicht mehr halten ließ, wurde der Mord erst Linken angehängt. Später wurde versucht, die Schuld den Betroffenen zuzuschreiben. Sie seien zu „zögerlich“ in ihren Aussagen gewesen ( Polizei- Vize Dieter Schenk)

Während aber die besonders in den 90er Jahren massive Bedrohung durch Faschisten verharmlost wurde, versuchte der Staat durch den Extremismusbegriff gegen Links einzusetzen. Gegen die Betroffenen, Antifaschist_innen und die linke Arbeiter_innenbewegung, die sich gegen die Nazi-Bedrohung zur Wehr setzte.

Der der Mord an Silvio Meier ist nur einer von vielen Fällen, wo Faschisten mordeten und der Staat vertuschte. So wurden in den letzten 20 Jahren über 189 Menschen Opfer der Nazi Szene. Der Kampf gegen diese Szene wird nur obligatorisch in den Reden der Minister_innen erwähnt. Doch die Realität entspricht dem Gegenteil!

Polizeigewalt in Dresden – Polizisten lösen selbst Sitzblockaden auf, um den Faschisten die Bahn frei zu machen!

Demonstrationen werden von der Polizei nieder gekloppt, die Polizei wird antikommunistisch gepolt und Antifa Camps, wie kürzlich in Dortmund, werden verboten. Beispiele gibt es viele. Ein Fall der es bis in die Nachrichten schaffte, war der Fall der NSU. Hier zeigte sich klar, wie viel Verlass auf im Kampf gegen Rechts auf den Staat ist. Anfangs wurden die so genannten „Dönermorde“ den Familien angehängt. Enver Simsek, Abdurrahim, Özüdogru, Süleyman Tasköprü, Habil Kilic, Mehmet Turgut, Ismail Yasar, Theodor Boulgarides, Mehmet Kubasik, Halit Yozgat seien nicht von Nazis sondern durch Familienfehden umgekommen. Die Angehörigen wurden in die Ecke der organisierten Kriminalität gedrängt, währenddessen die Nazis weiter mordeten. Rassistische Gewalt stand nicht zur Debatte. Erst letzten November kam der Fall der NSU, durch den Selbstmord zweier Nazis ans Licht.

Doch Verleugnung antifaschistischer Politik findet nicht nur in seltenen „Skandalen“ wie in Bezug auf den NSU statt. In Dabendorf/ Zossen, zwei Dörfer südlich von Berlin, wurde den Nazis erlaubt einen Imbissstand und ein Café zu eröffnen, wo es zur Mahlzeit braune Ideologie als Zusatz gibt. Die Initiative Vorort wurde von der regierenden Bürgermeisterin nicht unterstützt, nein sie wurde sogar von ihr kritisiert die dortigen Umstände weiter anzuheizen.

Doch es ist nicht nur so, dass der Staat die Augen verschließen würde. Er ist auch schnell bei der Hand direkte Hilfestellung zu bieten. Im Thüringer Heimatschutz,aus der die Zwickauer Zelle hervorging, waren nach aktuellen Angaben 35-45 V-Leute, auch in Führungspositionen aktiv. Auch die Aktenvernichtung innerhalb des VS dürfte keinem ein Geheimnis mehr sein. Es wurden Fakten verschwiegen und V- Männer gut bezahlt, die ihr Geld weiter in die Organisation des Naziuntergrunds steckten. Die Antwort Staates in Form von Innenminister Friedrich ist nun den Verfassungsschutz zu zentralisieren und ihm mehr Befugnisse zu geben.

Griechische Faschisten helfen der Polizei im Kampf gegen die Proteste der Jugend-und Arbeiterbewegung.

Diese Forderung ist jedoch nicht nur Hohn in den Ohren der Opfer – sie ist auch ein direkter Angriff auf alle Antifaschist_innen und die Arbeiter_innenbewegung. Eine Institution, die jahrelang Nazis unterstützt, deckt, mit Geld und Waffen unterstützt, gehört nicht verbessert, sondern zerschlagen. Doch das gilt nicht nur für diese eine Einrichtung des bürgerlichen Staates, sondern für den gesamten Apparat.

Was vielen lange als „linke Tresendiskussion“ galt, wird im Europa der kapitalistischen Krise erneut zur Realität. Während in Ländern wie Griechenland oder Ungarn die Faschisten erstarken und SA-Schlägerbanden aufbauen, schickt der Staat die (paramilitärische) Polizei aus, um Streiks, Besetzungen und Demonstrationen der gewerkschaftlichen und linken Bewegung anzugreifen. Es gilt nicht nur den Opfern faschistischer Gewalt zu gedenken, sondern die Frage der Selbstverteidigung, antifaschistischen Stadtteilkomitees, der antifaschistischen Einheitsfront im Zusammenhang mit dem Kampf gegen Staat und Kapital zu diskutieren.

Erinnern heißt Kämpfen – Für Silvio Meier und alle anderen Opfer rassistischen Verbrechens. Sie sind nicht umsonst gestorben. Zeit den antifaschistischen Selbstschutz zu organisieren.

Ein Artikel von Michael Winter, REVOLUTION-Berlin




Stoppt die israelische Aggression gegen Gaza!

Militärischer Angriff auf den Gazastreifen.

Gaza wird erneut von der israelischen Armee angegriffen. Am 14. November startete sie die Operation „Säulen der Verteidigung“ (Pillar of Cloud) mit einer ganzen Serie von Luftangriffen. Seither steigen Rauchsäulen aus bombardierten Gebäuden. Schon nach den ersten Tagen wurden bei den Luftangriffen 19 Menschen – davon 14 ZivilistInnen – getötet. Unter ihnen befand sich Ahmed Jabari, der militärische Anführer der Hamas. Darauf regierten palästinensische KämpferInnen mit dem Abfeuern von Raketen iranischer und russischer Bauart oder mit selbst fabrizierten Qassam-Raketen und Mörsern. Dabei wurden drei Israelis getötet und die Randbezirke von Tel Aviv, wenn auch recht harmlos getroffen – aber erstmals seit 1991.

In derselben Nacht, als die Luftangriffe gestartet wurden, ordnete Israels Premier Netanjahu die Mobilmachung von 30.000 ReservistInnen für einen Bodenangriff auf Gaza an. Infanteriebataillone wurden in Marsch gesetzt, Panzer, Artillerie und Fahrzeuge an die Grenze verlegt.

Das alles sieht nach einer Wiederholung der Operation „Gegossenes Blei“ (Cast Lead) aus. Unter diesem Namen führte Israel 2008/09 den letzten brutalen Krieg gegen Gaza. Dabei wurden 1.400 Menschen, v.a. ZivilistInnen, getötet und die ohnedies überaus schlechte Infrastruktur des Landes – Häuser, Krankenhäuser, Schulen – weitgehend zerstört. In den letzten drei Jahren wurden diese trotz der Blockade zumindest teilweise und unter enormen Entbehrungen wieder aufgebaut – zweifellos ein verlockendes Ziel für die rachsüchtige brutale Führung, die den Apartheid- und Siedlerstaat Israel anführt.

Zweifellos gibt es aber wichtigere Ziele für den Angriff: Am 22. Januar finden vorgezogene Parlamentswahlen in Israel statt. Um eine Niederlage angesichts eines unpopulären Austeritätsbudgets zu vermeiden, könnte ein Krieg, dessen Opfer die PälestinenserInnen wären, dabei Netanjahus Wahlchancen erhöhen. In diesem Zusammenhang sollte niemand vergessen, dass auch die Wahlen 2009 inmitten der Operation „Gegossenes Blei“ stattfanden.

Ein anderer Grund hängt mit dem drohenden Angriff Israels auf den Iran zusammen. Falls Israel Bomber gegen iranische Nuklearanlagen und wahrscheinlich große Teile seiner militärischen Infrastruktur schickt, möchte es nicht, dass selbst die recht schwachen Raketen der Hamas in Tel Aviv einschlagen könnten. Zweifellos will Netanjahu, der sich einen Wahlsieg Mitt Romneys gewünscht hatte, auch testen, wie weit er unter Obama gehen kann – doch dabei hat die israelische Regierung sicher wenig Grund zur Sorge.

Der Zynismus der Imperialisten und ihrer Medien scheint keine Grenzen zu kennen. Während die herrschende Klasse Israels im Namen des westlichen Imperialismus Genozid in Palästina betreibt, reden die westlichen Medien von Raketen über Tel Aviv. Die Linke muss daher umso mehr geschlossene Solidarität mit dem palästinensischen Widerstand zeigen!

Sicher ist in jedem Fall, dass die israelischen Angriffe keine Reaktion auf Raketenangriffe aus Gaza sind. In Wahrheit ist das Gegenteil der Fall. Der Bruch des Waffenstillstands zwischen Hamas und der israelischen Armee, der seit 2009 in Kraft war, geht auf eine Serie mörderische Anschläge Israels im September und Oktober zurück, als 57 PalästinenserInnen umkamen und 257 verletzt wurden – 209 infolge von Angriffen durch israelische Raketen, 69 durch Gewehrfeuer und 18 durch Panzerbeschuss. So wurden z.B. vier Jugendliche beim Fußballspiel durch israelische Artilleriegranaten getötet.

Am 5. November wurde ein 20jähriger geistig Behinderter, Ahmad al-Nahabeen, erschossen, als er der Grenze zu nahe kam. Am 8. November wurde ein 13jähriger beim Spiel vor seinem Haus von gepanzerten Fahrzeugen der israelischen Armee umgebracht. Als Vergeltung wurden eine Reihe Raketen abgefeuert. Aber es scheint, dass Hamas daraufhin – am 12. November – einen Waffenstillstand angeboten hat. Darauf deuten jedenfalls Berichte israelischer Medien hin, dass Unterhändler über eine langfristige Feuerpause verhandelte hätten. Doch genau zu diesem Zeitpunkt begann die Offensive.

Diese Fakten zeigen, dass Israel – weit davon entfernt, eine Insel der „Demokratie“ im Nahen Osten zu sein – in einem permanenten Kriegszustand gegen die palästinensische Bevölkerung und der Aggression gegen seine Nachbarn existiert. Der zionistische Staat baut nicht nur ständig seine Siedlungen in der West-Bank aus und macht damit jede Aussicht auf einen lebensfähigen Staat in der West-Bank zu reiner Makulatur; er führt auch immer wieder Strafexpeditionen nach Gaza durch, um all das zu zerstören, was die 1,7 Millionen EinwohnerInnen in ihrer winzigen Enklave aufgebaut haben.

Wie zu erwarten, haben die USA, Großbritannien, Deutschland und die anderen Länder der EU die Raketenangriffe der PalästinenserInnen auf Israel verurteilt und die mörderischen Angriffe Israels gerechtfertigt – im Namen des „Rechts, seine StaatsbürgerInnen zu verteidigen“. So erklärte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Mark Toner: „Es gibt keine Rechtfertigung für die Gewalt, die Hamas und andere terroristische Organisationen gegen das israelische Volk anwenden.“

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte: „Die Raketenangriffe der Hamas und anderer Fraktionen im Gaza, die die gegenwärtige Krise herbeigeführt haben, sind ganz und gar unakzeptabel für jede Regierung und müssen gestoppt werden. Israel hat das Recht, sein Bevölkerung gegen diese Art von Angriffen zu schützen.“

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle sagte: „Es ist offenkundig, dass Israel eine legitimes Recht hat, sich selbst zu verteidigten und seine StaatsbürgerInnen vor Raketenangriffen aus dem Gaza-Streifen zu schützen.“

Frieden kann nur ein sekuläres sozialistisches Palästina bringen, das durch die palästinensische und israelische Arbeiterklasse errichtet wird!

Und der „Friedensgesandte“ des sog. Nahost-Quartetts (USA, UN, EU, Russland), Tony Blair, erklärte im Fernsehen: „Falls der Raketenbeschuss aus Gaza, der sich gegen israelische Städte und Dörfer richtet, weitergeht, wird die Vergeltung zunehmen. Rund eine Million Menschen (in Israel) sucht jede Nacht Schutz. Keine Regierung, deren BürgerInnen unter diesem Druck stehen, kann verhindern, dass sie selbst unter Druck gerät, aktiv zu werden.“

Und was ist mit den 1,7 Millionen Menschen in Gaza, die ohne Schutzräume dastehen? Die kommen in der Welt des „Bombers von Bagdad“ Blair offenkundig nicht vor. Der UN-Sicherheitsrat hat eine Dringlichkeitssitzung anberaumt, kam aber zu keiner Entscheidung – zweifellos wegen des westlichen Vetos gegen die leiseste Kritik am Verhalten Israels und seine Angriffe auf die eingesperrte und gepeinigte Bevölkerung Gazas. Wieder einmal führen die „westlichen Demokratien“ der ganzen arabischen und muslimischen Welt ihre bedingungslose Unterstützung für den zionistischen Wachhund des Imperialismus vor Augen. Nur jemand wie George Buch konnte sich dann noch fragen, warum „hassen sie uns“?

Die wirtschaftlichen und strategischen Interessen der imperialistischen Mächte wiegen nun einmal viel mehr als ihre angeblichen Sorgen um Menschenrechte und Demokratie. Nachdem der zionistische Siedlerstaat als „westlicher“ Vorposten installiert worden war, um die arabische Welt zu spalten, besser auszubeuten und zu beherrschen, war und ist natürlich auch keine andere Haltung dieser Mächte zu erwarten.

In den imperialistischen Ländern, wo die Herrschenden alles und jede Aktion des zionistischen Staates unterstützen, ist es unsere Pflicht als InternationalistInnen und Anti-ImperialistInnen, gegen den brutalen Angriff auf Gaza wie schon 2008/09 zu mobilisieren. Wir müssen uns dieser Aufgabe stellen! Wir treten für einen Boykott aller israelischen Institutionen und Unternehmen ein – an den Unis, in der Industrie, im Handel.

Die Gewerkschaften, Studenten- und Jugendorganisationen, alle fortschrittlichen Kräfte müssen den israelischen Angriff verurteilen und ihre eindeutige Unterstützung des palästinensischen Widerstands erklären. Wir weisen entschieden das Argument zurück, dass Opposition zum Staat Israel und seiner rassistische Politik der ethnischen Säuberung der PalästinenserInnen anti-semitisch wäre. In Wirklichkeit ist eine klare Unterstützung der Unterdrückten, das beste Mittel zu internationalen Solidarisierung und auch eine wichtige Unterstützung für
die Minderheit anti-zionistischer Kräfte in Israel selbst.

Die wichtigste und unmittelbarste Hilfe für die PalästinenserInnen könnte jedoch aus den Ländern kommen, wo der arabische Frühling Diktatoren gestürzt hat, die Israel unterstützten. Allen voran geht es dabei um Ägypten. Die Tatsache, dass Präsident Mursi seinen Premierminister nach Gaza gesandt hat, zeigt, dass er unter Druck von unten steht. Die revolutionäre Jugend und die Massen, die mit den PalästinenserInnen sympathisieren, müssen jedoch mehr fordern als leere, rein diplomatische Gesten – die Öffnung der Grenze nach Gaza, so dass Nahrungsmittel, Medizin und Waffen die belagerte Bevölkerung zu erreichen können.

  • Stoppt den brutalen Angriff auf Gaza!
  • Für einen Boykott Israels und seiner Institutionen im Ausland durch die Arbeiterklasse und Jugend!
  • Sieg dem palästinensischen Befreiungskampf!
  • Nieder mit dem zionistischen Apartheidstaat!

Resolution des Internationalen Sekretariats der Liga für die Fünfte Internationale, Übernommen aus: Infomail 655, 17. November 2012




Jugend im Aufbruch – Generalstreik Europaweit

Jugendliche Militante in Italien in der ersten Reihe des Widerstands bei den europaweiten Streikaktionen am 14.11. gegen die Spardiktate der Monit-Regierung und der Auswirkungen der kapitalistischen Krise.

Jugend im Aufbruch? Für viele Jugendliche in Europa müsste es doch eher heißen: „Jugend am Rand der Verzweiflung“. Denn die Jugendarbeitslosigkeit in Ländern wie Spanien oder Griechenland liegt schon längst über 50%. Die Krise des Kapitalismus trifft uns Jugendlichen am härtesten. Wir verlieren als erste unseren Job, wenn wir einen finden, ist er schlechter bezahlt. Wir haben weniger Rechte, ob in der Bildung oder am Arbeitsplatz und werden permanent von der Hetze der Medien für den „Verfall der Gesellschaft“ verantwortlich gemacht. Dabei ist es der Kapitalismus und seine Krise, die diesen Zerfall bewirken. Warum also Aufbruch?

Gesellschaftliche Krisen bergen auch einen gewaltigen Sprengstoff für Veränderungen in sich. Wir Jugendlichen sind dieser Sprengstoff. Ob in Athen, Madrid, London oder Berlin – Wir sind die ersten, die sich über die Ungerechtigkeit dieses Systems empören. Wir haben wenig zu verlieren, aber alles zu gewinnen.

Auch die Illusion, dass dieses System „verbesserbar“ ist, haben viele von uns nicht. Wir wissen, dass der Zerfall des Kapitalismus nicht aufzuhalten ist, sondern dass er gestürzt und durch eine befreite Gesellschaft ersetzt werden muss. Wir haben uns nicht wie die ältere Generation mit einigen „Privilegien“ abgefunden. Wie auch? Doch es fehlt uns an Organisation. Wir stehen zwar immer in den ersten Reihen des Widerstandes, sind jedoch auch immer die ersten, die von den reformistischen und sozialdemokratischen Führungen der Proteste verraten und verleumdet werden.

Wir brauchen unsere eigene unabhängige Jugendorganisation! Doch diese Organisation muss Hand in Hand mit der gesamten Bewegung gegen die Angriffe der Kapitalist_innen stehen. Zwar lehnen wir die reformistischen Führungen der jetzigen Bewegungen ab, doch wir fühlen uns mit den Kämpfen der Arbeiter_innen verbunden.

Die Massenproteste der letzten Monate, der europäische Aktionstag am 14. November sind ein erster Schritt, diese Bewegung zu radikalisieren, den Bruch mit der Politik der faulen Kompromisse vorzubereiten – für ein revolutionäres Programm. Der nächste Schritt muss ein europaweiter, unbefristeter Generalstreik sein. Besonders wir Jugendlichen in Deutschland haben eine große Verantwortung, Solidarität und Widerstand mit den Jugendlichen in Südeuropa zu organisieren: Denn „unsere“ Regierung Merkel ist die Triebkraft für die historischen Angriffe in Südeuropa und die Beispiellose Verarmungspolitik. Nur wenn wir uns mit den kämpfenden Jugendlichen in Südeuropa verbinden, kann Europa eine Zukunft haben:
Ein Europa, das nicht den Kapitalist_innen gehört, sondern uns. Die vereinigten sozialistischen Staaten von Europa!

Doch dafür brauchen wir eine Organisation, die uns gehört. Bau mit uns REVOLUTION auf, organisiere den Widerstand, werde mit uns aktiv in Aktionskomitees gegen die Krise!

  • Keine weiteren Sparpakete, Rücknahme aller Kürzungen und Entlassungen! Solidarität und Widerstand europaweit organisieren!
  • Reichtum besteuern – Bildung finanzieren, Arbeits– und Ausbildungsplätze für alle, bei einem Mindestlohn von 12 Euro für Jung und Alt! Nein zu unbezahlten Praktika, Leih- und Kurzarbeit!
  • Banken enteignen und unter Arbeiterkontrolle! Wenn die kapitalistischen Regierungen die Krise auf uns abladen, müssen wir sie stürzen!

Organisationsaufruf, REVOLUTION-Deutschland

In Stuttgart und Berlin organisieren wir zu diesen Themen Veranstaltungen. Dort wollen wir die Streiks und Demonstrationen in den jeweiligen Städten, sowie europaweit diskutieren. Darüber hinaus wollen wir uns der Frage widmen, was jetzt kommen muss, um die Angriffe der Kapitalist_innen und ihrer Regierungen aufzuhalten – Wie wir Jugendlichen uns für eine befreite Gesellschaft organisieren können.

19.11.| 18.00 Uhr| Berlin|Florastraße 84 im unabhängigen Jugendzentrum Pankow

21.11.| 18.00 Uhr|Stuttgart|Schwabstr./Bebelstraße im Jugendhaus West




Prekarisierung in Deutschland: Und alle reden vom Aufschwung…

Um uns herum sehen wir überall die Auswirkungen der tiefsten Systemkrise des Kapitalismus seit den 1930er Jahren. Griechenland steht vor einem wirtschaftlichen und sozialen Kollaps, in Spanien demonstrieren Hunderttausende gegen die massiven Sparmaßnahmen der Regierung und der Troika, Portugal und Italien befinden sich in einer so tiefen Rezession , dass der Jugend, unter momentanen Verhältnissen, jegliche Perspektive verwehrt bleibt. Nur in Deutschland hören wir täglich in den Medien Zahlen vom Rekordtief der Arbeitslosigkeit und hohen Profiten für Industrie und Banken. Die Schuld für die Krise wird in der Öffentlichkeit gemeinhin dem faulen Griechen, dem korrupten Italiener oder dem übermütigen Spanier gegeben. Selbst die Gewerkschaftsführungen stimmen oft genug in den rassistisch-chauvinistischen Chor mit ein („Solange andere für unsere Standortsicherung zahlen“), oder enthalten sich bestenfalls jeglicher Kritik.

 

Das Wahre Gesicht des Aufschwungs

Doch ist Deutschland tatsächlich eine Oase in der Wüste des wirtschaftlichen und sozialen Niedergangs? Hat die Aussage der Unionsfraktion im Bundestag „Jugendliche haben in Deutschland so gute Chancen wie nie zuvor“ wirklich etwas mit der Realität zu tun? Viele unserer Leser_innen werden dies nicht bestätigen können.

Zwar liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei uns mit 7,9% deutlich unter dem europäischen Durchschnitt (22%), allerdings gelten in Deutschland viele, vor allem Jugendliche, trotz Arbeitsstelle als arm. Dies liegt hauptsächlich an den seit Jahren wirkenden „Strukturreformen” des Arbeitsmarktes. So sind laut einer Studie von ver.di mittlerweile 22% der unter 25-jährigen über Leiharbeitsveträge beschäftigt, der DGB geht sogar davon aus, dass bei den unter 30-jährigen 30% „prekären Beschäftigungsverhältnissen” nachgehen. Die Studie „Monitor Jugendarmut“ verordnet die Zahl der in Armut lebenden Jugendlichen bei 25%.

Was es bedeutet, in der Leiharbeitsbranche oder in einem Minijob zu arbeiten, wissen viele: beschissener Lohn, wenig bis überhaupt keine Rechte gegenüber dem „Arbeitgeber“, permanente Abrufbereitschaft und Entlassung nach durchschnittlich 2 Monaten. Wer sich beim Arbeitsamt weigert, Jobs anzunehmen, bei denen man erst mal ein paar Tage „Probearbeiten“ muss, bekommt die Leistungen gestrichen und steht ohne Geld da. Zusätzlich wird man in der Öffentlichkeit als Faulenzer und Schmarotzer diffamiert.

Da stellt sich die Frage, wo denn die hohen Profite, Marktanteile und Vermögen deutscher Unternehmen und Banken bleiben?

Die Folgen des Verrats der Reformisten aus SPD und DGB

Die „Agenda 2010“, 2003 von der rot-grünen Bundesregierung beschlossen, hat den Weg geöffnet zu massenhafter Überausbeutung und Tagelöhnertum. Unter dem Vorwand der „Flexibilisierung” des Arbeitsmarktes und der Schaffung neuer „Arbeitsanreize” entstand ein „zweiter“ Arbeitsmarkt aus Niedriglohn und Leiharbeit.

„Flexibilisierung” bedeutet dabei, heute hier, morgen dort zu beliebigen Zeiten arbeiten zu müssen.

„Arbeitsanreize” bedeuten Zwang, jede Arbeitsstelle anzunehmen – sonst droht Kürzung des Arbeitslosengeldes.

Was für die deutsche Jugend und Arbeiterklasse im Endeffekt eine massive Verschlechterung der sozialen Lage bedeutet, war für die Kapitalisten ein Triumph von historischem Ausmaß – oder wie Gerhard Schröder (SPD) sagte: „ein Gewinn für unser Land”. Nirgendwo sonst in Europa sanken in den letzten 10 Jahren die Lohnstückkosten so stark wie bei uns. Das Ergebnis sind enorme Extra-Profite für die Kapitalisten. Dies ist auch ein wesentlicher Grund, warum das deutsche Kapital die Krise bis jetzt so gut aussitzen konnte, ohne einschneidende Kürzungen durchzusetzen. Die Kosten für die Krise wurden sozusagen vorsorglich der Arbeiterklasse aufgehalst.

Was der CDU jahrelang misslang, haben SPD und Grüne im Bund mit der Gewerkschaftsbürokratie in kürzester Zeit umgesetzt. Im Ergebnis wurde auch die Spaltung der Arbeiterklasse durch die Ausweitung der Niedriglohnjobs erhöht: Anstatt für die gemeinsamen Interessen gegen das Kapital zu kämpfen, sehen sich die „alten“ Stammbelegschaften immer öfter als Konkurrenz gegen die „jungen“ Leiharbeiter_innen. Hinzu kommt, dass der gewerkschaftliche Organisationsgrad bei Leiharbeiter_innen erschreckend gering ist und somit ökonomische Auseinandersetzungen nicht kollektiv geführt werden können – das verstärkt die persönliche und gesellschaftliche Ausgrenzung diese Schichten nur noch mehr.

Huber und Merkel. Der bürokratischen Gewerkschaftsführung sind die Interesse der Kapitalisten wichtiger, als die ihrer Basis.

Besonders die in der Gesellschaft als typische „Frauenberufe“ angesehenen Branchen wie Reinigung, Erziehung und Verkauf haben in den letzten Jahren einen großen Reallohnverlust hinnehmen müssen. Zusätzlich wurde die Berufsausbildung in diesen Bereichen oft privatisiert – von Azubis werden Gebühren verlangt, anstatt sie angemessen zu entlohnen!

Auch das Beispiel Schlecker zeigt, wie mit solch prekär Beschäftigten umgegangen wird. Rund 14.000 Frauen wurden ohne Perspektive entlassen. Zusätzlich leiden Frauen unter einer Mehrfachausbeutung, das sie oft genug gezwungen sind, sich unbezahlt um Haushalt und Kinder zu kümmern.

Bei Migrant_innen ist die Lage ähnlich schlecht. Sie müssen am häufigsten prekäre Jobs annehmen, sie haben in der Schule, im Betrieb und an der Uni die schlechtesten Bildungschancen.

Doch wie können wir die momentane Situation überwinden – angesichts einer Gewerkschaftsbürokratie, die sich selbst der Bourgeoisie näher sieht als ihrer eigenen Basis – und das in einer tiefen Systemkrise?

Kampf in den Gewerkschaften

Ein erster wichtiger Schritt wäre ein organisierter Kampf der Gewerkschaftsbasis gegen ihre degenerierte Führung. Wir müssen die Gewerkschaften wieder zu demokratischen Organisationen der Arbeiterklasse machen, in denen die Basis bestimmt, was geschieht.

Im Kampf gegen die Krise, dass heißt gegen die Politik der Abwälzung der Kosten auf Jugend und Arbeiter_innen dürfen wir letztlich nicht vergessen, dass wir diesen Kampf nicht alleine führen. Überall in Europa bilden sich oder existieren bereits Massenproteste die das soziale Elend bekämpfen und fordern, dass die Profiteure der Krise, die Kapitalisten, deren Kosten zahlen sollen.

Wir unterstützen voll und ganz diese Bewegungen und ihre Forderungen. Wir sind sogar darauf angewiesen, uns mit den Protesten in der restlichen Welt zu verbinden um gemeinsam als international unterdrückte Klasse gegen die Herrschenden vorzugehen. Dafür brauchen wir eine europaweite Aktionskonferenz, um die Kämpfe zu verbinden, gemeinsame Ziele und gemeinsames Vorgehen zu beschließen!

Außerdem brauchen wir eine neue internationale revolutionäre Massenpartei, welche sich nicht wie die Reformisten aus SPD und LINKE mit den Ausbeutern und Unterdrückern an einen Tisch setzen! Wir brauchen eine Partei, die in der Lage ist die Arbeiterbewegungen der verschiedenen Länder zusammen zu bringen und mit ihnen für eine globale Revolution zu kämpfen! Wir brauchen eine Partei die unsere Interessen vertritt und sich für eine sozialistische Revolution auf Basis eines Programms einsetzt!

Ein Artikel von David Pfeifer, REVOLUTION Stuttgart




Neues Sparpaket in Griechenland – Stürzt die Regierung

48-Stunden Generalstreik in Griechenland: Demonstration am Mittwoch in Athen.

Seit Montag letzter Woche wird Griechenland von einer neuen Welle Streiks und Protesten erschüttert. Der Grund dafür ist ein neues Sparpaket, dass am Mittwoch Abend mit hauchdünner Mehrheit im Parlament verabschiedet wurde. Auf Druck der Troika sollen nun weitere 18,5 Milliarden Euro bis 2016 eingespart werden. Das neue Sparpaket sieht weitere Entlassungen, Steuererhöhungen, Kürzungen bei Renten, sowie im Gesundheitswesen und bei Sozialem vor.

 

Die Reaktion war ein 48 stündiger Generalstreik am Dienstag und Mittwoch, dem bereits am Montag erste Streiks vorausgingen. Doch obwohl die Streiks weitläufige Unterstützung bekamen – selbst viele kleine Händler und Selbstständige schlossen am Dienstag und Mittwoch ihre Geschäfte – konnte die Regierung aus DIMAR, PASOK und Nea Demokratia eine Mehrheit auf sich vereinigen.

Allerdings enthielten sich die Abgeordneten DIMAR´s, einer Rechtsabspaltung Syrizas. Auch einige PASOK-Abgeordnete stimmten nicht mit der Regierung, 6 Mitglieder wurden daraufhin aus der Fraktion ausgeschlossen, ein weiteres Mitglied trat selbständig am Donnerstag aus. Bereits vier Monate nach den Neuwahlen, scheint auch diese Regierung kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen. Die Angriffe des Kapitals gehen allerdings ungehindert weiter, daran konnte auch der 48 stündige Generalstreik nichts ändern.

Während Troika und griechisches Kapital die Machtfrage von oben stellen, organisieren die aktuellen Führer der Arbeiterbewegung letztlich symbolische Aktionen. So können weitere Angriffe und die näher rückende Gefahr des erstarkenden Faschismus jedoch nicht besiegt werden. In Griechenland, wo mittlerweile unter Erwachsenen jeder Vierte und unter Jugendlichen sogar mehr als die Hälfte Arbeitslos sind, stellt sich die Frage nach „Sozialismus oder Barbarei“ immer schärfer.

Doch anstatt den Sturz der jetzigen Regierung durch einen unbefristeten Generalstreik herbeizuführen, folgt die stalinistische KKE weiter ihrem sektiererischen Kurs und verschleiert ihre Passivität in radikalen Phrasen. Auch die Syriza-Mehrheit, die sich vor allem auf Synaspismos stützt, ist nach wie vor gegen einen unbefristeten Generalstreik. Das liegt vor allem daran, dass die reformistische Führung auf Neuwahlen hofft und auf die Option selbst die bürgerlichen Staatsgeschäfte in die Hand nehmen zu können.

Am Donnerstag streikten jedoch die Arbeitenden bei Bussen und Metro in Athen weiter. In vielen gewerkschaftlichen Sektoren wird die Frage des unbefristeten Generalstreiks mittlerweile offen diskutiert. Und das ist auch richtig so! Denn der Stopp der Sparpakete kann nur noch Hand in Hand mit dem Sturz der bürgerlichen Regierung gehen. Umso wichtiger ist es daher, offen die Frage aufzuwerfen, was danach kommt.

Streikkomitees, Stadtteilversammlungen und Selbstverteidigungsstrukturen gegen die Angriffe der Faschisten und des Staates müssten während eines solchen Streiks aufgebaut werden. Der Sturz der DIMAR, PASOK, ND Regierung durch einen unbefristeten Generalstreik sollte jedoch nicht in Neuwahlen münden, sondern in der Bildung einer Arbeiterregierung. Sowohl die Gewerkschaften, als auch KKE und Syriza müssten aufgefordert werden, sich an einer solchen Regierung zu beteiligen.

Doch die Bildung einer – letztlich bürgerlichen – Arbeiterregierung könnte und wollte die Situation nicht in Richtung Revolution treiben. Revolutionäre müssten daher den politischen Kampf für die Entwaffnung von Militär und Polizei, den Aufbau von Räten und den Schutz dieser durch bewaffnete Milizen der Bewegung vorantreiben, dadurch das Vertrauen der Jugendlichen und Arbeiter_innen als entschlossenster Flügel der Revolution gewinnen. Ein Kampf, der nur in dem endgültigen Sturz des bürgerlichen Staates, der Enteignung der Kapitalist_innen und der Errichtung einer demokratischen Planwirtschaft münden könnte.

Die aktuellen Kämpfe in Griechenland und die Auseinandersetzungen innerhalb der Arbeiterbewegung gegen die reformistische Führung, brauchen unsere volle Unterstützung. Eine isolierte griechische Arbeiterbewegung, eine isolierte griechische Revolution könnten nicht auf Dauer erfolgreich sein. Die Generalstreiks in Griechenland, die Streiks in Südeuropa werfen immer mehr die Frage eines europaweiten Generalstreiks auf – die Frage nach den vereinigten sozialistischen Staaten von Europa.

 Ein Artikel von Georg Isamel, REVOLUTION Berlin