Atomkraft: die große Klimalüge

Atomkraft: die große Klimalüge

REVOLUTION September 2009

Der „Atomausstieg“ ist beschlossen, meinen viele. Doch selbst wenn es beim Ausstieg bleibt – die meisten der 17 deutschen Reaktoren haben noch jahrelange Restlaufzeiten. Auf Druck der Betreiberkonzerne wurden diese bereits mehrfach verlängert. Die CDU hingegen hält gar nichts vom Ausstieg – nach der Bundestagswahl, so hat sie angekündigt, wird sie den Atomausstieg rückgängig machen. Um den Protest gegen Kernenergie und die damit verbundene Erzeugung von radioaktivem Müll auf die Straße zu bringen, findet am 5. September in Berlin eine Demonstration statt. Sie wird von verschiedenen Umweltorganisationen vorbereitet – REVOLUTION unterstützt die Demo und ruft zur Teilnahme auf.

Die großtechnische Nutzung von hochradioaktiven Stoffen birgt enorme Gefahren für die Menschen. Unzählige Zwischenfälle bis hin zu „Super-Gaus“ (insbesondere in der UdSSR) zeigen, dass Kernkraftwerke – zumal in der Hand von Kapitalisten bzw. der stalinistischen Bürokratie – bei weitem nicht so sicher sind, dass der Nutzen die Risiken überwiegt. Zwar existieren in Deutschland strenge Sicherheitsvorschriften für AKWs, dennoch geschehen häufig Zwischenfälle, da die Vorschriften von den Betreiberkonzernen regelmäßig umgangen oder missachtet werden. Die Angst vor den Folgen eines schweren Unfalls ist keinesfalls hypothetisch – bereits heute sind die Gegenden um das Atomkraftwerk Tschernobyl, ebenso wie die weit weniger bekannte Plutoniumfabrik Majak im Ural unbewohnbar. Auch in Europa und den USA hat es etliche Großunfälle mit sog. „Kernschmelze“ und Austritt großer Mengen von Radioaktivität gegeben. Werden Menschen einer entsprechend hohen Dosis Radioaktivität ausgesetzt, sterben sie nach Jahren oder Jahrzehnten an Krebs, oder aber nach wenigen Tagen an der sog. Strahlenkrankheit.

Die Argumentation der AKW-Lobby lautet: Kernkraftwerke erzeugen kein Kohlendioxid und sind daher klimaschonend. Dies ist zwar richtig – doch erstens ist ein nuklearer Super-Gau sicherlich nichts, was man gegen andere Optionen wie den Klimawandel abwägen könnte, zweitens ist die Argumentation heuchlerisch, denn die selben Konzerne, die AKWs betreiben – wie E.ON, RWE und Vattenfall – betreiben auch klimaschädliche Kohlekraftwerke und planen sogar eine Vielzahl von Neubauten. Zudem ist die Kernenergie keinesfalls nachhaltig – die wirtschaftlich nutzbaren Uranvorkommen werden bei konstantem Verbrauch Schätzungen zufolge in 50-100 Jahren erschöpft sein.

Ein großes Problem beim Betrieb von Kernkraftwerken ist der radioaktive Abfall, die „ausgebrannten“ Uranbrennstäbe, die eine Vielzahl hochgefährlicher radioaktiver Stoffe enthalten. Sollte derartiger Müll in die Umwelt gelangen, so kann er riesige Gebiete auf lange Zeit unbewohnbar machen. Bis heute ist nicht bekannt, ob es überhaupt möglich ist, diesen Müll langfristig sicher einzulagern, sodass er keine Gefahr für Menschen und Umwelt darstellt. Es gibt auch keinen Plan, was mit dem in Deutschland angefallenen Atommüll geschehen soll. Das sogenannte Forschungsbergwerk Asse, in dem die Endlagerung der Abfälle „erprobt“ wurde, hat bereits mehrfach für Schlagzeilen gesorgt. In dem ehemaligen Salzbergwerk, in dem große Mengen Atommüll eingelagert wurden, tritt Wasser ein, welches radioaktive Stoffe ausspülen und in die Umwelt befördern könnte. Zudem könnte laut einem Gutachten bereits im nächsten Jahrzent die Statik des Bergwerks instabil werden – sprich, das Bergwerk droht einzustürzen. Außerdem wurden regelmäßig Vorschriften mißachtet.
Hingegen verspricht die Bundesregierung in ihrer Großherzigkeit die sichere Einlagerung der Abfälle in Endlager für eine Dauer von mindestens 1 Mio. Jahren.

Die Entdeckung der Kernspaltung ist sicherlich eine herausragende technische Errungenschaft. Die Energiemenge, die durch Kernspaltung aus einer gegebenen Menge des Rohstoffes gewonnen werden kann, übertrifft alle anderen Technologien zur Energiegewinnung um viele Größenordnungen. Nur dies macht die Kernenergie, die mit der aufwändigen Urananreicherung verbunden ist und den Umgang mit hochgefährlichen radioaktiven Stoffen erfordert, überhaupt zu einer wirtschaftlichen Alternative zu Kohleverbrennung oder anderen Verfahren. Doch für die Imperialisten war zunächst nicht die günstige Stromerzeugung Ziel der wissenschaftlichen Forschung. Vielmehr hatten die USA (ebenso wie das deutsche Reich) während des Zweiten Weltkrieges erkannt, dass die Verfügbarkeit solch gewaltiger Energiemengen den Bau einer schrecklichen Vernichtungswaffe ermöglicht: der Atombombe. Viele Kernreaktoren dienen ausschließlich dem Zweck, größere Mengen des spaltbaren Isotops Pu-239 herzustellen, welches in der Natur nicht vorkommt. Doch auch in jedem „zivilen“ Atomkraftwerk entsteht das zur Produktion von Kernwaffen geeignete Plutonium-Isotop. Nachdem die Brennelemente verbraucht sind, werden die einzelnen Bestandteile in „Wiederaufbereitungsanlagen“ wie in La Hague (Frankreich) oder Sellafield (Großbritannien) getrennt, und ggfs. zur Produktion von Atomwaffen eingesetzt. Die Produktion von Atomwaffen ist also untrennbar verknüpft mit der Stromproduktion in Kernkraftwerken – es werden die selben Technologien zur Anreicherung der benötigten Isotope und zum Betrieb der Reaktoren verwendet.

Nach heutigem Stand der Technik gibt es keine Argumente für die Kernenergie. Bereits aufgrund der begrenzten Vorräte fossiler Energie – sowohl Erdöl als auch Uranvorkommen werden voraussichtlich in spätestens 100 Jahren erschöpft sein – ist der Umstieg auf regenerative Energien die vordringlichste technische Herausforderung unserer Zeit. Dieser ist möglich und keinesfalls, wie die Energiekonzerne behaupten, erst in ferner Zukunft machbar. Durch Einführung moderner, energiesparender Technologien in der Industrie kann bereits der Großteil der alten Anlagen stillgelegt werden. Durch Planung der gesamten Industrie kann die Produktion auf das notwendige Maß reduziert werden. Die restliche benötigte Energie kann mittelfristig durch umweltfreundliche, erneuerbare Technologie erfolgen.

Doch all dies kann weder isoliert in einem Land, noch kann es überhaupt unter kapitalistischen Voraussetzungen erreicht werden. Arbeiter und Ingenieure in allen Teilen der Welt müssen zusammenarbeiten, damit moderne Technologien überall verfügbar sind. Zunächst müssen die schädlichsten und gefährlichsten Kraftwerke abgeschaltet und dort durch neue ersetzt werden, wo es am sinnvollsten ist. Auch durch Verkürzung der Transportwege in der globalen Warenproduktion kann viel Energie eingespart werden.

Eine geplante und sichere Stilllegung der Kernkraftwerke und eine unter gegebenen Umständen bestmögliche Einlagerung der Abfälle kann nur unter Kontrolle der Arbeiter und der betroffenen Anwohner erfolgen. Wir vertrauen nicht den Beteuerungen der Atomindustrie, alles für die Sicherheit der Anlagen zu unternehmen – eine solch gefährliche Industrie kann nicht den Kapitalisten und ihren Interessen überlassen werden. Wir glauben auch nicht an die „Unabhängigkeit“ der Wissenschaft, die den deutschen Kernkraftwerken bescheinigt, vor Störfällen geschützt zu sein. Nur wenn die für Kontrolle, Wartung und Inspektion der Anlagen zuständigen Fachleute von den Betroffenen – Arbeiter und Anwohner – gewählt werden, kann für die Zeit bis zur völligen Stilllegung größtmögliche Sicherheit gewährleistet werden.

• geplanter Ausstieg aus der Kernenergie!

• Atomanlagen unter Arbeiterkontrolle! Ebenso die Einlagerung des Atommülls!

• Entschädigungslose Enteignung der Energiekonzerne!

• unterstützt den Widerstand vor Ort gegen die Endlager wie Asse und Gorleben und gegen Atomkraftwerke!

• Konfiszierung von gefährlichem radioaktivem Material durch Arbeiterkommitees!

• gegen die Atomwaffen der Imperialisten!

• Kommt zur Demo am 05.09. in Berlin!