Wie befeuert der Nahostkonflikt Rassismus und Antisemitismus in Deutschland?

Von Urs Hecker, REVOLUTION Zeitung, Januar 2024

Seit dem 7.Oktober geht eine immer stärkere Welle des anti-muslimischen Rassismus durch Deutschland, welcher oft mit dem Kampf gegen den Antisemitismus begründet wird. In einem neuen Podcast titelt die Tageszeitung „die Welt“ „free Palestine“ sei das „neue Heil Hitler.“ Die CDU veröffentlicht einen Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm, in dem sie erklärt: „nur wer sich zur Leitkultur bekennt kann sich integrieren und ein deutscher Staatsbürger werden“ Zu dieser „Leitkultur“ soll laut CDU auch die Anerkennung des „Existenzrechts Israels“ zählen. Aber auch die „linken“ bürgerlichen Parteien beteiligen sich an der rassistischen Rhetorik. Neben der rassistischen Politik und Rhetorik der bürgerlichen Parteien und Medien, steigt aber auch die Zahl antisemitischer Aktionen. Es wurden zum Beispiel die Häuser von Jüd:innen in Berlin mit Davidsternen beschmiert.

Um Antisemitismus und Rassismus und ihre Funktion in der kapitalistischen Gesellschaft zu verstehen, müssen wir uns mit der Geschichte beider auseinandersetzen. Der „moderne“ Antisemitismus entwickelte sich aus dem Antijudaismus des Mittelalters. In der ständischen Gesellschaft des Mittelalters mit ihren starren ökonomischen Strukturen übernahmen Jüd:innen eine ökonomische Sonderrolle und waren vor allem als Kaufleute oder im Geldverleih tätig. In der neu entstehenden dynamischen kapitalistischen Gesellschaft verloren Jüd:innen ihre Sonderrolle und wurden immer mehr in prekäre Lebensbedingungen gedrängt. Sie wurden von den neuen Herrschenden von nun an als Sündenböcke verfolgt bzw. benutzt, um die Wut des von Abstiegsängsten geplagten Kleinbürger:innentums zu befriedigen und dem wachsenden und sich bewusst werdenden Proletariat seine revolutionäre Richtung zu nehmen. Der Kapitalismus wurde als eigentlich funktionierendes System dargestellt und die „fremden Jüd:innen“ seien Schuld an Verelendung, Korruption, Krise und Revolution. Besonders das zaristische Russland, in dem ein Großteil der jüdischen Bevölkerung lebte, verbreitete aufgrund der revolutionären Lage im Land besonders aggressiv Antisemitismus. So erfand seine Geheimpolizei die „Protokolle der Weisen von Zion“, wonach eine jüdische Weltverschwörung hinter den Revolutionen der Welt stecke. Und so popularisierte die weiße Reaktion die „jüdisch – bolschewistische Weltverschwörung.“ Diese Verschwörungsmythen fanden großen Anklang bei Reaktionären weltweit und wurden so in Deutschland mit dem generell grassierenden Antisemitismus verbunden zum Vernichtungsantisemitismus der Nazis, welcher in der Shoa seinen barbarischen Höhepunkt fand.

Rassismus wie wir ihn heute kennen entstand dagegen zuerst in den imperialistischen Ländern und ihren Kolonien, zusammen mit dem bürgerlichen Nationalismus. Er wurde zum einem genutzt, um Sklaverei sowie die Überausbeutung und Genozid an den indigenen Bevölkerungsgruppen zu rechtfertigen und zu begründen. Zum anderen war sein Zweck zusammen mit dem Nationalismus eine Identifikation der Arbeiter:innen mit ihren nationalen Bourgeoisien in den imperialistischen Ländern und ihren Siedlungskolonien zu schaffen. Dies gelang zuerst in den Siedlungskolonien, allen voran in den heutigen USA, da hier die einwandernden Arbeiter:innen von Landnahme, Genozid und Sklaverei profitierten und ihre Dasein als Lohnabhängige oft nur zeitlich beschränkt war. Nach einigen Jahren des Lohnarbeitens winkte das eigene durch Landraub in Besitz genommene Stück Land im Westen. Dieses kleinbürgerliche Bewusstsein breitet sich mit Beginn der imperialistischen Epoche in privilegierten Teilen der Arbeiter:innenklasse erst in Großbritannien und später in allen anderen imperialistischen Ländern, so auch Deutschland, aus. Die materielle Basis hierfür war, dass sich die imperialistischen Bourgeoisien durch die Stärke der Arbeiter:innenklasse gezwungen sahen, ihr Zugeständnisse zu machen, wovon die besonders gut organisierten Teile der Arbeiter:innenklasse stark profitierten. Diese Zugeständnisse waren und sind aber erst durch die besonders starke Ausbeutung anderer Teile der Arbeiter:innenklasse (meistens in den Halbkolonien und/oder aus diesen migrierte Arbeiter:innen) möglich. So ist zum Beispiel der „Sozialstaat“ durch Steuern auf die Superprofite finanziert, welche imperialistische Unternehmen in den Halbkolonien erzielen. Dies führte dazu, dass das falsche Bewusstsein des Nationalismus und der „gemeinsamen nationalen Interessen“ der Arbeiter:innen und „ihrer“ nationalen Bourgeoisie entstand. Dieser privilegierte Teil der Arbeiter:innenklasse in den imperialistischen Ländern, die sogenannte Arbeiter:innenaristrokratie, war und ist dominierend in den großen Arbeiter:innenparteien und Gewerkschaften, womit sich ihr falsches Bewusstsein auf den Großteil der Klasse ausbreiten konnte. In Deutschland richtete sich der Rassismus zuerst vor allem gegen die national unterdrückten slawischen Arbeiter:innen Ost- und Mitteleuropas, da diese vom deutschen Imperialismus national unterdrückt wurden und einen Großteil der frühen Arbeitsmigrant:innen darstellten. Dieser anti-slawische Rassismus spielte zusammen mit dem Antisemitismus eine zentrale Rolle in der Nazi-Ideologie und war entscheidende Rechtfertigung für den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. Als in den 50er und 60er Jahren immer mehr Arbeitsmigrant:innen aus südeuropäischen und westasiatischen Ländern in die BRD einwanderten, entwickelte sich auch ein starker Rassismus gegen diese, wobei sich hier vor allem auch der anti-muslimische Rassismus herausbildete, welcher durch den sogenannten „Krieg gegen Terror“ massiv befeuert wurde. Die sogenannten „Gastarbeiter“ besaßen so gut wie keine Rechte und wurden lange von den großen Gewerkschaften ausgeschlossen. Seitdem wurde der anti-muslimische Rassismus nur stärker in Deutschland, obwohl einige Rechte erkämpft werden konnten. Anti-muslimischer Rassismus genießt weiterhin eine hohe Popularität innerhalb des (Klein)Bürger:innentums und unter reaktionären Teilen der Arbeiter:innen.

Heute wird oft von „importierten Antisemitismus“ gesprochen, um Migrant:innen den Antisemitismus in Deutschland in die Schuhe zu schieben. Das ist großer Unfug und extrem gefährlich. Der Großteil aller antisemitischen Straftaten in Deutschland wird von Rechten begangen und zuletzt in der Corona-Pandemie gingen noch zehntausende Deutsche unter antisemitischen Parolen auf die Straße. Solidarität mit Palästina ist kein Antisemitismus, wie wir auch schon in anderen Artikeln erklärt und begründeten. Dennoch stimmt es, dass auch einige offen antisemitische Rechte sich vordergründig palästinasolidarisch geben. Sie Kritik am Staat Israel, um antisemitische Hetze zu verbreiten, indem sie Jüd:innen und den Staat Israel gleichsetzen. Oft wird Israel in der Tradition antisemitischer Verschwörungstheorien als Zentrum der jüdisch (-bolschewistischen) Weltverschwörung gesehen. Ihnen geht es also gar nicht um die Freiheit der Palästinenser:innen, sondern nur darum, Antisemitismus zu verbreiten.
Es soll hier jedoch nicht verschwiegen werden, dass auch einige palästinasolidarische Menschen antisemitischen Denkmustern anhängen, indem sie z.B Israel mit Jüd:innen gleichsetzen (wie es ja selbst der deutsche Staat tut) und/oder behaupten, die westlichen Imperialist:innen seien vom Zionismus gesteuert und damit die realen Verhältnisse auf den Kopf stellen. Diese Positionen resultieren aber, im Gegensatz zu den deutschen Rechten, aus berechtigter Wut gegenüber der israelischen Besatzungspolitik, im Zuge derer aber falsche Schlüsse gezogen und rechten und bürgerlichen Mythen geglaubt wurde. Wir wollen diese Einstellung hier aber natürlich nicht verharmlosen, sie ist falsch und stellt eine reale Gefahr für Jüd:innen dar. Sie ist aber nicht Teil der Palästinasolidarität als solcher und es ist unsere Aufgabe als Revolutionär:innen diesen Einstellungen in der Bewegung entgegenzutreten.

Trotz dessen nimmt der anti-muslimische Rassismus weiter zu! Wir erleben eine schärfere Einschränkung migrantischer Rechte, eine immer rassistischere Hetze der bürgerlichen Medien und den bundesweiten Aufstieg der AfD, wobei sich auch die klassischen bürgerlichen Parteien nach rechts bewegen und immer rassistischer vorgehen. Die außenpolitische Unterstützung für Israel wird im Inneren genutzt, um Migrant:innen pauschal Antisemitismus vorzuwerfen und somit ihre Entrechtung zu begründen. In Sachsen-Anhalt wurde vor kurzem das Bekenntnis zum Existenzrecht Israels Teil der Voraussetzungen zur Einbürgerung von Migrant:innen, Faeser spricht davon, „kriminelle“ Migrant:innen abzuschieben und die CDU fordert, dass bundesweit ein Bekenntnis zu Israel Voraussetzung für eine Einbürgerung wird, bzw. dass Migrant:innen sogar ihre Staatsbürger:innenschaft entzogen werden soll, wenn sie sich palästinasolidarisch äußern.
Natürlich wird der Rassismus in Bezug auf Palästinasolidarität auch genutzt, um die „Heimatfront“ ruhig zu halten, Deutschland unterstützt Israels Genozid aus seinen imperialistischen Interessen heraus und will den Dissens so marginal wie möglich halten. Hier wird der Rassismus genutzt, um Palästinasolidarität als etwas Fremdes, nicht-Deutsches darzustellen und unseren Protest zu isolieren und die deutsche Mehrheitsgesellschaft dagegen aufzubringen. Auch migrantische Gruppen, die palästinensisch oder palästinasolidarisch sind, erfahren besonders harte Repression, wie Samidoun oder Zora.
Der Rassismus und die Entrechtung dienen dem deutschen Kapital. Denn so können sie migrantische Arbeiter:innen noch stärker ausbeuten, sie politisch kaltstellen und die Arbeiter:innenklasse als Ganzes weiter spalten, Solidarität unterbinden und die Kampffähigkeit massiv schwächen. In der aktuellen Krise ist das für das deutsche Kapital besonders nötig, weswegen sich diese Politik auch weiter verschärfen wird.

Wir müssen also konsequent gegen Rassismus und Antisemitismus kämpfen!

Dazu müssen wir uns gegen den bürgerlichen Staat, seine Staatsräson und gegen den generellen Rechtsruck der bürgerlichen Gesellschaft stellen! Beide Formen der Diskriminierung haben ihre materielle Basis im kapitalistischen System und können nur mit diesem überwunden werden. Wir müssen auch gegen das falsche rassistische und antisemitische Bewusstsein innerhalb der Arbeiter:innenklasse kämpfen! Dazu müssen wir hier in Deutschland den palästinensischen Befreiungskampf, antirassistische – und antifaschistische Kämpfe vorantreiben und unterstützen! Wir müssen diese in unsere Schulen, Unis und Betriebe tragen und den Schulterschluss mit Arbeitskämpfen, wie denen am Hamburger Hafen, suchen. Wir müssen eine revolutionäres Programm der Jugend und der Arbeiter:innen vertreten, denn nur im Kampf mit dem System können Rassismus und Antisemitismus besiegt werden!




Jugend gegen Abschiebungen! Für einen bundesweiten Schulstreik!

AfD raus aus unseren Schulen kicken!

Seit mehreren Wochen gehen Millionen von Leuten auf die Straße. Sie demonstrieren gegen die AfD, gegen die rassistischen Pläne der AfD. Warum müssen auch wir als Jugendliche uns an diesen Protesten beteiligen? Die Pläne, die die AfD hat, sind auch für uns besonders scheiße, denn den Ort, wo wir täglich hingezwungen werden, will sie uns zur Hölle machen.

Insgesamt wollen sie eine Schule erschaffen, die kein Raum für Schüler:innen ist, sondern die das Ziel hat, Arbeitskraft zu produzieren, egal wie sehr wir darunter leiden. Es liegt also im Interesse jedes:r Schüler:in, gegen die AfD aufzustehen. Der extreme Leistungsdruck, unter dem schon jetzt viele Schüler:innen zerbrechen, soll noch weiter verschärft werden. Zudem wollen sie Aufklärung verhindern, indem sie den ohnehin schon cis-heteronormativen und unzureichenden Sexualkundeunterricht weiter beschneiden wollen. Nicht zuletzt sollen wir in der Schule noch weniger über die deutschen Verbrechen zur Kolonialzeit und im Faschismus aufgeklärt werden. Und die AfD setzt sich dafür ein, dass unsere Freund:innen auf andere Schulen müssen, wenn sie kein perfektes Deutsch können oder Föderbedarf haben. Doch wir wollen nicht von unseren Freund:innen getrennt lernen. Wir wollen lieber eine Schule, die es schafft, sich um alle Schüler:innen zu kümmern.

Viele unserer Mitschüler:innen will die AfD aber nicht nur auf andere Schulen schicken, sondern am liebsten gleich ganz aus Deutschland raus. Laut der AfD ist der Islam kein Teil unserer Gesellschaft und hat hier auch keinen Platz. Dies hat sich mit dem Ausbruch des Gazakrieges zusätzlich verschärft. Dabei werden Muslim:innen als angebliche Terrorunterstützer:innen unter den Generalverdacht des Antisemitismus gestellt. So stellte die Berliner AfD einen Antrag im Senat, dass Berlin keine palästinensischen Geflüchteten aufnehmen solle, da diese den Antisemitismus in Deutschland stärken würden. Dass Gewalt und Hetze gegen Jüdinnen und Juden in Wirklichkeit vor allem ein Problem ihrer eigenen Wähler:innen ist, kehrt sie damit genüsslich unter den Tisch. Wir sehen also, wie unter heuchlerischen Vorwänden unsere migrantischen Freund:innen einfach abgeschoben werden sollen oder gar nicht erst nach Deutschland kommen dürfen. Gegen diese Ungerechtigkeiten müssen wir aktiv werden!

Für eine selbstverwaltete Antidiskriminierungsstelle an unseren Schulen!

Wenn Abschiebungen, Vorurteile gegen Muslim:innen und Gewalt gegen Queers zum Normalzustand werden, heißt das, dass die gesamte Gesellschaft nach rechts rückt. Davon sind leider auch unsere Schulen nicht ausgenommen. Entgegen der Ideologie, dass Schulen angeblich ein „neutraler Raum“ innerhalb der Gesellschaft seien, ist alles, was hier passiert politisch: Mitschüler:innen werden innerhalb einer Woche zu Hause abgeholt und abgeschoben. Mädchen wird abgesprochen, dass sie gut in Physik oder Informatik sein können. Die Schule missachtet unsere sexuelle Identität und nutzt unsere Deadnames. Das Tragen von Kufiyas wird verboten. Mitschüler:innen droppen Nazisprüche oder das N-Wort. Auf unsere Depressionen, Angststörungen oder neurodivergenten Bedürfnisse wird keine Rücksicht genommen. Diese ganzen Diskriminierungserfahrungen tragen dazu bei, dass wir nicht richtig lernen können oder sogar von der Teilhabe am schulischen Alltag ausgeschlossen werden. Häufig bleiben unsere Hilferufe ungehört und es gibt neben ein paar Pseudo-Vertrauenslehrer:innen kaum jemanden, an den wir uns wenden können. Wenn uns dieser traurige Normalzustand ankotzt, wird es also Zeit, dass wir selber aktiv werden.

Wir fordern deshalb die Bildung einer Beschwerdestelle gegen Diskriminierung an jeder Schule. Diese muss unabhängig von der Schulleitung sein und gemeinsam von wähl- und abwählbaren Schüler:innen und Lehrkräften kontrolliert werden. Dafür brauchen wir an jeder Schule eine Art Antidiskriminierungs-Awarenessteam, das jederzeit ansprechbar ist und in dem auch von Diskriminierung betroffene Menschen selbst dabei sind. Es muss möglich sein, dort auch anonym eine Beschwerde über diskriminierendes Verhalten an der Schule einzureichen. Bei Appellen an die Schulleitung darf es nicht bleiben, sondern die Antidiskriminierungsstelle braucht auch eigene Befugnisse, um auch selbst gegen die Diskriminierung aktiv werden zu können. Die Antidiskriminierungsstelle ist also keine „Schule-ohne-Rassismus-AG“, sondern ein Organ der kollektiven Selbstverwaltung, das die autoritäre Herrschaftspraxis von Regierung und Schulleitung aktiv in Frage stellt. Um das zu erreichen, müssen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, die wir an der Schule haben. Bewerbt ein erstes offenes Treffen, an dem ihr euch über Vorfälle in der Vergangenheit austauscht und diskutiert, wie die Antidiskriminierungsstelle genau aussehen soll. Stellt Anträge an die Schüler:innenvertretung (SV) und beruft eine Vollversammlung ein, das steht euch laut Schulrecht zu. Denkt auch darüber nach, Plakate in der Schule aufzuhängen und eine Kundgebung oder Kreativaktion zu starten, um auf euer Projekt aufmerksam zu machen. Wenn ihr genügend Mitschüler:innen hinter eurem Ziel gesammelt habt, kann das Thema Diskriminierung nicht mehr länger ignoriert werden. Kontaktiert uns, wenn ihr Unterstützung dabei braucht!

Dabei muss jedoch auch klar sein, dass eine solche Antidiskriminierungsstelle nicht ausreicht, um den Rassismus in der Gesellschaft und der Schule alleine zu bekämpfen. Diese Forderung muss eingebettet sein in ein Aktionsprogramm gegen die AfD, welches zum einen Antirassismus stark macht, zum anderen aber auch soziale Forderungen aufwirft, welche die Ursachen des aktuellen Rechtsrucks adressieren. Wir fordern deshalb:

  • Keine Abschiebungen aus unseren Schulen! Außerdem gut ausfinanzierte Inklusion statt rassistische Segregation in „Willkommens“-klassen!
  • Diskriminierungssensible Themen gehören in den Lehrplan: Ob nicht-heteronormative Beziehungsmodelle, Religionsfreiheit oder Kolonialismus! Für demokratische Kontrolle über einen diskriminierungssensiblen Lehrplan durch Schüler:innen und Lehrer:innen!
  • 100 Milliarden in Bildung und Soziales, statt für die Bundeswehr! Wir brauchen kleinere Klassen, mehr Personal gegen den Lehrer:innenmangel und renovierte Schulgebäude!

Jugend gegen Abschiebungen! Lasst uns einen bundesweiten Schulstreik gegen die AfD organisieren

Als Jugendliche müssen wir auf den Massenprotesten gegen die AfD präsent sein. Aber wir müssen dort auch deutlich machen, dass wir zwar klar die AfD ablehnen, jedoch auch die Ampelkoalition und ihre rassistische Abschiebungspolitik. Die perversen „Remigrations“-Pläne der AfD stellen eine Gefahr dar, doch gefährlich ist bereits unser rassistischer Alltag, in dem täglich Menschen abgeschoben oder auf der Straße bepöbelt oder angegriffen werden. Die AfD hetzt, aber die Ampel macht die passenden Gesetze dazu. Mit ihrer Zustimmung zur GEAS-Reform der Festung Europa haben die Grünen, die SPD und die FDP dafür gesorgt, dass das Asylrecht in der EU faktisch abgeschafft wird. Eine Forderung, wie sie die AfD schon lange aufgeworfen hat. So sollen Geflüchtete künftig an den europäischen Außengrenzen besser abgefangen und in Gefängnissen außerhalb der EU untergebracht werden. Ferner wird die Liste vermeintlich „sicherer Herkunftsstaaten“ erweitert, sodass das Ziel des Bundeskanzlers Olaf Scholz „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“ (2023) schnell eine schreckliche Realität werden wird. Und das ist sie schon heute, denn die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland hat sich im Jahr 2023 verdoppelt. Die rassistische Abschiebepolitik der Bundesregierung ist umso zynischer, wenn man sich vor Augen führt, dass Deutschland sowie andere EU-Staaten daran schuld sind, dass Millionen Menschen fliehen müssen: durch Kolonialismus, Ausbeutung, Militärinterventionen, die Unterstützung von Diktatoren, Waffenexporte und Umweltzerstörung.

Wir können nicht zulassen, dass vielen Jugendlichen das Recht zur Schule zu gehen verwehrt wird oder sie aus unseren Klassen abgeschoben werden. Zehntausende Jugendliche in Deutschland haben keine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis, sondern sind lediglich „geduldet“. Duldung heißt „vorübergehende Aussetzung der Abschiebung“. Und wer soll sich eigentlich auf Mathe konzentrieren, wenn total unklar ist, ob die Duldung nächste Woche noch verlängert wird? Gemeinsam mit euch wollen wir deshalb einen bundesweiten Schulstreik gegen Abschiebungen und AfD organisieren. Die Schule bestreiken bedeutet, den Unterricht zu boykottieren und stattdessen gemeinsam für ein politisches Ziel auf die Straße zu gehen. Ein Schulstreik legt zwar nicht wie andere Streiks die Produktion oder das öffentliche Leben lahm, aber er ist ein Akt des politischen Massenprotests und stört den „normalen“ Schulbetrieb. Und das ist auch wichtig und richtig, denn dieser Alltag aus Diskriminierung, kaputtgespartem Schulsystem und Abschiebungen ist nicht normal! Ein Schulstreik gibt uns eine Stimme, indem wir uns klar und deutlich gegen Abschiebungen und AfD positionieren, ohne viel Angst haben zu müssen, von der Schule zu fliegen. Es gibt zwar kein Recht auf Schulstreik, aber er ist auch nicht konkret verboten. Und so haben schon viele große Schulstreiks in der Vergangenheit, ob 2008 gegen die Bildungskürzungen, ob 2016 gegen Rassismus, oder ab 2019 in Fridays for Future gezeigt, dass wir durch unsere Streiks etwas erreichen können.

Klickt hier, um in unsere Telegram Gruppe zu kommen und werdet Teil der bundesweiten Vernetzung für einen antirassistischen bundesweiten Schulstreik!

Wir fordern alle Einzelpersonen, Organisationen, Bündnisse und Gewerkschaften, die die AfD und die Abschiebungspolitik der Ampel ablehnen dazu auf, sich daran zu beteiligen.

Wenn wir genug Leute sind, werden wir eine Aktionskonferenz einberufen, um dort die nächsten Schritte für den Schulstreik zu planen. Bis dahin: organisiert Aktionstreffen, stellt Anträge an die SV, beruft Vollversammlungen ein und schweigt nicht zu Rassismus und Abschiebungen an unseren Schulen!




Für kostenloses Schulessen und Schüli-Kontrolle über Speisepläne!

von Oskar Oi, Februar 2024

Schüler:innen aus Braunschweig hatten vor einigen Wochen ihr schlechtes Mensa-Essen endgültig satt. Deswegen haben sie sich kurzerhand dazu entschlossen, die Mensa zu bestreiken. Wir Schüler:innen kennen das leidige Thema: Wir müssen in kürzerer Zeit und dafür länger in den Nachmittag hinein möglichst viel Unterrichtsstoff lernen und oft in der Schule essen. Nicht nur mit dem Leistungsdruck dürfen wir uns herumschlagen: Auch haben wir während der Zeit, die wir in der Schule verbringen, häufig Essen, das uns nicht zufriedenstellt und ungesund ist. Die Braunschweiger Schüler:innen gehen mit Beispiel voran und hatten mit ihrem Streik auch noch erfolgt! Es brauch: Schüler:innenkontrolle über die Speisepläne und darüber hinaus dieses Essen auch umsonst! Doch was macht die deutsche Staat wegen dem schlechten Schulessen?

Als Gegenmaßnahme des Problems hat die Bundesregierung eine neue Strategie für unser Schulessen beschlossen: Weniger Fleisch, Zucker, Fett und Salz – dafür mehr Gemüse und Obst sollen auf den neuen Speiseplänen stehen. Das Landwirtschaftsministerium feiert sich jetzt zwar selbst auf der Website, allerdings ernten sie viel Kritik von der bürgerlichen Presse. So schreibt beispielsweise „Foodwatch“: „Für dieses wohlklingende, aber weitgehend folgenlose Papier hat die Ampel-Koalition also die Hälfte ihrer Legislaturperiode gebraucht?“ Die Strategie wird auch von der AOK oder dem WWF kritisiert, da keine Umsetzung zu erwarten ist bzw. nicht dargelegt wird, wie die Ideen konkret umgesetzt werden sollen. Auch wir teilen diese Kritik, sehen die Problemfelder aber noch weitreichender und schätzen es auch nicht als realistisch ein, dass tatsächliche Verbesserungen für uns alle dadurch erreicht werden. Die Ernährungsstrategie ändert nichts an den herrschenden Verhältnissen der Unterfinanzierung von Schulen. Sie soll zwar verbindlich sein, aber de Facto wird nicht ersichtlich, wie das durchgesetzt werden soll. Somit wird wohl kaum eine Schule oder ein Unternehmen diese doch eher als Vorschlag zu betrachtende Strategie umsetzen.

An Schulen ist das Essen häufig so schlecht, dass viele Schüler:innen auf ungesundes Fastfood oder das gute, alte Pausenbrot zurückgreifen. Oft können die Kosten für das Schulessen die Schülerschaft spalten, da Arbeiter:innenfamilien häufig nicht das Geld für die tägliche Versorgung mit einer warmen Mahlzeit in der Schule aufbringen können, aber in Vollzeit arbeiten müssen. Die Tendenz geht in Richtung immer längerem Unterricht, weil sich viele Eltern nicht mehr leisten können, nur halbtags arbeiten zu gehen, um beim Lernen zu helfen, und der Schulstoff, der zunehmend komplexer wird und in kürzerer Zeit durchgedrückt werden muss. Dennoch haben viele Schulen das Essen den jetzigen Verhältnissen nicht angepasst. So assoziieren viele Schüler:innen ihr Mensaessen mit ungesunden, sich häufig wiederholenden Speisen.

Auch Schulen unterliegen bei dem Thema der Logik des Marktes und müssen einen günstigen Anbieter für das Essen auswählen, was häufig der Auslöser für das schlecht schmeckende, teils ungesunde Essen ist. Als eine weitere Maßnahme, um die Kosten gering zu halten, haben einige Schulen sog. „Mensamütter“, also Arbeiter:innen (meistens Frauen), die in der Kantine arbeiten, aber nicht kochen. Damit wird die Rolle der Mutter in der bürgerlichen Familie auch noch außerhalb des Privaten institutionalisiert. Wenn diese Frauen Bezahlung erhalten, dann ist diese sehr gering, sodass sie abhängig von ihren Ehemännern bleiben. Allein schon durch den Namen wird den Frauen (Müttern) ihre Rolle in der Care-Arbeit zugeschrieben.

Kollektive Küchen rein in Schule, Uni und Fabrik

Grundsätzlich ist das Konzept Mensa eine sehr gute Idee, die Menschen mittags zu versorgen. Man kann zusammen mit den Freund:innen essen, es ist günstig und es muss nicht selbst gekocht werden. Wir als Marxist:innen befürworten diese Idee also und wollen einen Ausbau solcher Institutionen, da so vor allem Frauen entlastet werden, die häufig für das Kochen zuständig sind – es muss nicht mehr jeder sein eigenes Süppchen kochen und wird so entlastet. Auch fällt es leichter, sich vollwertig zu ernähren, da es häufig schwer ist, zwischen Job, Haushalt, Lernstress und dem, was sonst in der kapitalistischen Gesellschaft anfällt, Zeit für gesunde Ernährung zu finden und die hohen Lebensmittelpreise in Zeiten von Inflation diese ebenfalls erschweren.

In vielen der genannten Bereiche gibt es schon eine Kantine oder Mensa. Allerdings sollten diese nicht nur Mittagessen, sondern auch alle weiteren Mahlzeiten anbieten, so dass die Menschen aus ihrer häuslichen Sphäre herauskommen und mit ihren Freund:innen, Verwandten usw. in Kontakt treten können. Das dämmt die durch den Kapitalismus erzeugte, zunehmende Vereinsamung ein. Leute können beim Essen neue Kontakte knüpfen, was häufig in den eingefahrenen Konzepten in Schulen nicht möglich ist. Schüler:innen, die nicht ins Bild passen, müssen sich oft die Schmach geben, alleine zu essen. Dabei sollte auch das ja eigentlich nicht schlimm sein. Es gibt Menschen, die Ruhe beim Essen brauchen. Auch das sollte in die Konzepte der Kollektiven Kantinen mit eingebracht werden und es sollte Bereiche geben, in denen es ruhiger zugeht.

Kostenloses Schulessen – Wer soll das bitte bezahlen?

Die Ampelregierung hat aufgrund des Haushaltslochs immer weitere Sparmaßnahmen angekündigt. In Zeiten von allgegenwärtiger Armut sind die Folgen verheerend. Wir fordern, dass unser Essen in Schule und Betrieb künftig kostenlos ist. Auch die Mitarbeitenden in der Küche müssen fair bezahlt werden. Dabei kommt von Neoliberalen immer wieder die Frage nach der Finanzierbarkeit auf – natürlich nur wenn es um soziale Absicherungen oder Hilfen geht. Das Essen ließe sich durch stärkere Besteuerung der Reichen bezahlen. Diese reformistische Forderung lässt sich auch im bürgerlichen Staat umsetzen, wie bspw. Frankreich zeigt. Cateringservices, die Schulen, Kitas und Unternehmen beliefern, sollen enteignet und unter Arbeiter:innenhand gestellt werden, um sie so der Profitlogik zu entziehen. Keine Profite mit unserem Essen!

Die Strategie, die die Ampelregierung vorgestellt hat, wird wohl kaum umgesetzt werden, auch wenn es grundsätzlich gute Verbesserungen wären, die tatsächlich zu gesünderer Ernährung und mehr Nachhaltigkeit beitragen würden, wenn sie umgesetzt werden. Aus dem Strategiepapier geht allerdings nicht hervor, wie das bezahlt werden soll, was dann darin münden wird, dass sich keiner für die Finanzierung verantwortlich fühlen wird. Auch wirft die Strategie nicht die soziale Frage auf. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir fordert, dass gutes Essen nicht vom Geldbeutel abhängig sein darf. Das sagt er zwar, dennoch gibt das Papier keine Perspektive, wie das umgesetzt werden soll. Weil keine Taten folgen, scheinen es leere Worte zu sein. Dementsprechend ist nicht zu erkennen, wem dieses Strategiepapier überhaupt nützen soll. Das Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung kann sich jetzt zwar auf die Schulter klopfen, da sie das Papier vor dem Bundestag durchbekommen haben und dieser dafür abgestimmt hat, allerdings ist nicht absehbar, dass darauf auch Taten folgen und das Essen dann auch tatsächlich besser und nachhaltiger wird.

Für Schüler:innenkontrolle der Speisepläne!

Im Prozess, wie das Papier erstellt wurde, gab es ein Bürgerforum, bei dem einige Menschen ihre Ideen einbringen konnten. Mit sozialistischen Räten hat das natürlich nichts zu tun und soll es auch nicht. Die Bürger werden lediglich angehört, die Entscheidungsmacht liegt nicht bei ihnen. Dieser Umstand ist kritikwürdig. Auch gibt es an manchen Schulen einen „Essensausschuss“, der aus Schüler:innen besteht und von den Schüler:innen der Schule gewählt wird. Grundsätzlich klingt das erstmal positiv. Allerdings kann der Ausschuss nur Vorschläge einbringen und vertritt die Anliegen bezüglich des Essens der Schüler:innenschaft. Die hier eingebrachten Ideen sind nicht verbindlich und oft wird überhaupt nichts davon umgesetzt. Es scheint, als werde beispielsweise die Forderung nach mehr Auswahl von vegetarischem oder veganem Essen seit Jahren ignoriert. Der Staat wird uns auch in der Ernährungsfrage nicht helfen. Es gilt, Schüler:innenkomitees aufzubauen und so eine Opposition zur Schulleitung zu bilden, um auch die Forderungen, die das Essen betreffen, demokratisch durchzusetzen.

Deshalb fordern wir:

  • Our food, our choice! Für die demokratische Entscheidung über den Speiseplan
  • Kostenloses Schulessen, finanziert durch Besteuerung der Reichen
  • Die Vergesellschaftung der Hausarbeit! Gemeinschaftliches, gesundes und günstiges Essen für jeden aus kollektiven Großküchen in allen Stadtteilen, in Unis, Schulen und Betrieben!



Profit vs. Gesundheit – beides geht nicht!

Von Lucia Lo Lasso, Januar 2024

Das deutsche Gesundheitssystem wird international oft bewundert und als besonders sozial gefeiert. Spätestens seit der Corona-Pandemie sind seine Schwachstellen aber mehr als deutlich geworden. In diesem Artikel setzen wir uns mit den grundlegenden Strukturen, deren Problemen und unserer politischen Perspektive für eine faire und effektive gesundheitliche Versorgung auseinander.

Gesetzliche und Private Krankenversicherung: Ein 2-Klassen-System

Gesundheit als System lässt sich in Deutschland nicht ohne die Krankenversicherungspflicht denken. Sie ist die Basis der Versorgung, auf der alles Weitere aufbaut. Wenn es darum geht, sich eine Krankenversicherung zu suchen, steht einem die Wahl zwischen gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) oder privaten Krankenversicherungen (PKV) offen. Zwischen beiden gibt es drastische Unterschiede, wenn es um die Qualität der Behandlung geht. Dabei ist die PKV zwar teurer, man bekommt aber einfacher Termine und der Beitrag steigt mit dem Alter. Manche Privatversicherte geraten so in die Lage, dass der Kassenbeitrag zu hoch wird und sie nur schwer aus der PKV wieder raus kommen.

Bei der GKV hingegen zahlen Arbeitnehmer:innen 14,6% vom Gehalt und auch der/die Arbeitgebende:r zahlt etwas dazu. Die Krankenkassen finanzieren sich also durch Mitgliedsbeiträge. Die GKV ist sozial orientiert, da der Beitrag einkommensabhängig ist und durch das Solidaritätsprinzip hilft – unabhängig davon, wie viel man zahlt, bekommen alle Versicherten die gleiche Leistung. Die lässt allerdings im Vergleich zur PKV deutlich zu wünschen übrig.  Die Gründe für die ungleiche Behandlung liegen unter anderem im Vergütungssystem.

Eine von der Hans Böckler Stiftung geförderte Studie zeigt, dass für eine medizinisch im Grundsatz gleiche Leistung ein:e niedergelassene:r Ärzt:in von der Privatversicherung durchschnittlich das 2,28-fache der Vergütung erhält, die von der gesetzlichen Kasse gezahlt wird. 

Ein anonymer Arzt äußerte sich dazu in der Münchner Tageszeitung mit der Aussage, dass das derzeitige Abrechnungssystem ihn dazu zwinge, gesetzlich Versicherte wie „Holzbanktouristen“ zu behandeln, da er allein von seinen Privatpatient:innen lebe. Außerdem böten viele Ärzt:innen, vor allem in der Zahnmedizin, gesetzlich versicherten Patient:innen gar nicht die gesetzlich erstatteten Behandlungsformen, also die Regelversorgung an. Dadurch müssen Patient:innen teilweise riesige Summen für Zahnersatz stemmen, ohne über die Alternativen informiert zu sein.

Für Menschen ohne Papiere, deutsche Stattsbürger:innen ohne Krankenkasse, Asylsuchende und in zunehmendem Maße EU Bürger:innen, die keinen Krankenversicherungsschutz, also einen Nachweis der Krankenversicherung vorweisen können, ist der Zugang zum Gesundheitssystem kaum oder gar nicht möglich. Obwohl sie über rechtliche Ansprüche auf Leistungen verfügen, werden diese Menschen im Moment unvollständig und unentgeltlich in humanitären Parallelstrukturen versorgt.

Als Asylbewerber:in zum Beispiel ist der Kostenträger der medizinischen Versorgung nicht die GKV, sondern das Sozialamt, bei dem vor dem Besuch in der Praxis ein Behandlungsschein beantragt werden muss. Untersucht und behandelt wird man nur, wenn man akut krank ist, unter Schmerzen leidet oder schwanger ist.

Ohne Rücksicht auf Gehalt und Aufenthaltsstatus sollte medizinische Versorgung für alle Menschen überall zugänglich sein.

Diskriminierung im Behandlungszimmer

Diskriminierung kann beabsichtigt, allerdings auch ohne schlechte Intentionen stattfinden. Sie kann durch einzelne Personen (also direkt) oder durch Strukturen oder unterschwellige Mechanismen verursacht sein, sie kann offen oder unsichtbar und von den betroffenen Personen unbemerkt ablaufen – relevant ist der für die Betroffenen entstehende Schaden.

Beim Zugang, aber auch während der gesundheitlichen Versorgung, kommt es zu Diskriminierungen. Betroffene berichten dabei beispielsweise über abwertende Kommentare oder Ungleichbehandlung aufgrund ihrer Behinderung, Geschlechtsidentität, des Gewichts oder der ethnischen Herkunft beziehungsweise aus rassistischen Gründen.

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der Überlastung in der Gesundheitsversorgung hat eine Studie des DeZIM (Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung) in einer Reihe von Umfragen untersucht, nach welchen Kriterien Menschen in Deutschland Coronapatient:innen für eine lebenswichtige Behandlung auswählen würden, sollten die Beatmungsgeräte auf den Intensivstationen knapp werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Mehrheit der Befragten die wahrscheinlichste Überlebenschance von Coronapatient:innen als wichtigstes Auswahlkriterium erachtet, falls die Intensivstationen an ihre Kapazitätsgrenzen gelangen sollten. Allerdings wurde auch deutlich, dass Migrant:innen ohne deutsche Staatsbürgerschaft eine etwa 10 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit als deutsche Staatsbürger:innen haben, von der Bevölkerung für ein Intensivbett ausgewählt zu werden. Eine ebenfalls starke Diskriminierung erfahren Menschen ohne Kinder und Menschen mit Vorstrafen.

Auch jenseits der Pandemie zeichnen sich deutliche gesundheitliche Unterschiede für rassifizierte und migrantische Communitys ab. So wird eine höhere Krankheitslast durch nichtübertragbare Erkrankungen wie Diabetes Typ II, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs sowie psychische Erkrankungen für afroamerikanische Communitys in den USA, aber auch für migrantische Communitys in Europa festgestellt.

Ein beharrlicher, struktureller Fall ist der mangelnde barrierefreie Zugang zu Gesundheitsleistungen für Menschen mit Behinderungen, aber auch sprachlich erhöhen Barrieren das Diskriminierungsrisiko in der Gesundheitsversorgung, zum Beispiel für Patient:innen, die Deutsch nicht als Muttersprache sprechen und somit Schwierigkeiten damit haben, über die bürokratische Sprachbarriere hinweg an das System zu kommen.

Pharmalobby & Korruption

Deutschland, das Land der Medikamente. 114.000 Menschen arbeiten in der Pharmaindustrie, jedes Jahr erwirtschaften deutsche Pharmakonzerne Umsätze bis zu 40 Milliarden Euro. Obwohl die Pharmakonzerne auch sehr viele Ausgaben für die Forschung und Erforschung haben; bleibt doch immer ein guter Gewinn hängen. Die Pharmalobby setzt sich dafür ein, dass das auch so bleibt.Die Pharmalobby setzt sich dafür ein, dass das auch so bleibt.

Dafür beschäftigt die Pharmaindustrie Lobbyist:innen, die sich in Berlin darum kümmern sollen, dass die dort besprochenen Gesetze möglichst vorteilhaft für die Industrie sind. Die Lobbyist:innen wirken indirekt an Gesetzen mit, sie beraten Politiker:innen und sind generell sehr aktiv im Hintergrund. In Deutschland haben sie ein leichtes Spiel, sie müssen kein Verbrechen begehen, um ihren Willen zu bekommen. Das liegt daran, dass sie nicht nur die Politiker:innen beeinflussen, sondern auch diejenigen, die entscheiden, welche Medikamente verschrieben werden. 

2015 zahlten Pharmakonzerne 575.000.000 Euro an rund 70.000 Ärzt:innen, die Dunkelziffer liegt mit Sicherheit höher. Das Geld war unter anderem für Dienstreisen, Forschungsaufenthalte, neue Gerätschaften in Praxen, also Dinge, die auch den Patient:innen Gutes tun. Das Geld wurde aber auch für Anwendungsbeobachtungen gezahlt. Der Begriff hört sich sehr wissenschaftlich an, so soll er sich auch anhören. Expert:innen stimmen dem allerdings nicht zu. Wenn Ärzt:innen von einem Konzern Geld bekommen, um ein bestimmtes Medikament zu verschreiben und zu beobachten, welche Nebenwirkungen bei den Patient:innen auftreten, ist es eine Anwendungsbeobachtung. Unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit sind diese Beobachtungen vor allem Marketinginstrumente, um die eigenen Medikamente in den Markt zu drücken und die Ärzt:innen durch die Zahlung von Honoraren zu beeinflussen und an den Konzern zu binden. 

Laut Recherchekollektiv Corrective legt nur jede:r vierte Ärzt:in Zahlungen offen auf, die er oder sie von Pharmafirmen erhält. Kein Gesetz verbietet es Ärzt:innen, Leistungen von Pharmakonzernen entgegenzunehmen. Natürlich sind nicht alle Ärzt:innen bestechlich, dennoch gibt es dieses Problem, welches erst dann gelöst werden kann, wenn etwas gegen die Pharmalobby getan wird, die in der Politik weitgehend beteiligt ist

Ärzt:innenmangel

Das dritte Problem mag sich banal anhören, ist allerdings sehr ausschlaggebend, denn was wäre das System ohne Ärzt:innen? Vor allem auf dem Land ist der Ärzt:innenmangel ein prägnanter Faktor, dessen Folgen nicht zu unterschätzen sind. Dort kann es durchaus sein, dass die nächste Fachärztin 50km entfernt ist und auch Termine bei Hausärzt:innen sind nicht leicht zu bekommen. Das liegt zum einen daran, dass Ärzt:innen in den Ruhestand gehen oder wegen dem niedrigeren Gehalt ungern auf dem Land arbeiten, denn dort sind durchschnittlich mehr gesetzlich versicherte Patient:innen als privat versicherte. Zum anderen zeigt sich der Ruf in die Stadt momentan in allen Bereichen, nicht nur im Gesundheitswesen. In der Folge kommt es dazu, dass alte Leute dann häufig gar nicht zur Ärztin gehen, da sie die lange Fahrt nicht antreten können, was starke Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Nicht nur auf dem Land mangelt es an Ärzt:innen, auch in öffentlichen Krankenhäusern ist Personalmangel ein großes Problem. 

Das Personal steht unter hoher Belastung und die Bezahlung ist im Vergleich geringer als bei einer Privatpraxis. Eine Umfrage der „Ärztegewerkschaft Marburger Bund“ gab bekannt, dass Krankenhausärzt:innen durchschnittlich zwischen 60 und 79 Stunden in der Woche arbeiten und das auch noch häufig in 24 Stunden Schichten ohne Schlaf. Das hat leider auch Folgen für die Qualität der dort stattfindenden Behandlungen. Die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) hat ausgerechnet, dass die Wahrscheinlichkeit, im Krankenhaus durch einen Behandlungsfehler zu sterben fünfmal höher ist, als bei einem Verkehrsunfall umzukommen. Expert:innen sagen, dass die hohe Arbeitsbelastung damit zusammenhängt.

Auch in der Pflege gibt es einen ernstzunehmenden Personalmangel, da der Beruf eine hohe Arbeitsbelastung mit wenig Wertschätzung und Gehalt mit sich bringt. Im sogenannten Care-Sektor sind es immer noch vor allem Frauen, die diese Berufe ausüben und zusätzlich zur privaten Hausarbeit ausgebeutet werden. Dazu kommt noch, dass Deutschland einen demographischen Wandel erlebt. Immer mehr alternde Menschen sind auf die Hilfe von immer weniger jüngeren angewiesen.

Obwohl das deutsche Gesundheitssystem eines der besten weltweit ist, heißt das nicht, dass alles perfekt ist. Sowohl für die Patient:innen, also auch für die Arbeiter:innen gibt es noch viel zu erkämpfen!

  • Rekommunalisierung aller Einrichtungen im Gesundheitsbereich unter Kontrolle der Beschäftigten, PatientInnen und BewohnerInnen! Nur so kann letztendlich auch der Lobbyismus gestoppt werden.
  • Für die Vergesellschaftung der Hausarbeit und Schluss mit weiblicher, prekärer Care-Arbeit in Krankenhäusern & Pflegeheimen!
  • Die privaten Krankenkassen abschaffen, immerhin sind bereits 90% der Versicherten (!) GKV-PatientInnen. Auch die restlichen 10% der privat Versicherten sollten dem Solidaritätsprinzip beitreten, welches alle Menschen gesundheitlich versorgen muss.
  • Arbeitszeitverkürzung für alle – bei vollem Lohn- und Personalausgleich: Verteilung der vorhandenen Arbeit auf mehr Schultern! Einführung der 30-Stunden- und Vier-Tage-Woche als erster Schritt!
  • Aufbau von mehr Personal im Gesundheitsbereich entsprechend dem Bedarf!
  • Finanzierung der Forderungen durch höhere Besteuerung der Reichen!
  • Für eine revolutionäre Streikbewegung im gesamten Gesundheitssektor, vom Pflegeheim bis zu den Produktionen von Arzneimitteln! Vollversammlungen & Streikkomitees in den Betrieben sind der erste Schritt zur Organisierung!



Hartz 4, Bürgergeld und das Kapital

Januar 2024

Was ist der Stand?

Die Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte von Klassenkämpfen, die Geschichte des Sozialstaats der BRD auch. Das Bürgergeld wurde im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021 als großes, progressives Projekt angekündigt. Im Gesetzesentwurf hieß es dann auch noch stolz, dass sich das Bürgergeld nur noch um maximal 30% kürzen lassen würde. Damit folgte das neue Gesetz einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts welches schon 2014 100% Sanktionen für verfassungswidrig erklärte. Auch stand im Gesetz eine stärkere Förderung von Ausbildungen und höherer Qualifizierungen. Die Freibeträge, also der Wert des Eigentums den eine Person besitzen darf um immer noch Anspruch auf Grundsicherung zu erhalten, wurden erhöht. Diese Maßnahmen sollten alle dazu dienen, den im Rahmen der Agenda 2010 geschaffenen Niedriglohnsektor zu bekämpfen. Schon im Gesetzesentwurf war dabei auch eine schnelle Anpassung des Bürgergelds an die Inflation mit inbegriffen, diese sollte das erste mal am 01.01.2024 durchgeführt werden. Vor rund 2 Wochen war es dann auch soweit, um „skandalöse“ 61€ wurde das Bürgergeld nicht angehoben, sondern an die teureren Preise angepasst. Schon im Vorhinein entbrannte in Springer Medien und Co ein mediales Feuerwerk das jegliche 5000€ Silvestereinkäufe in den Schatten stellte: „Viertklässler wollen Bürgergeldbezieher werden“ titelte zum Beispiel die BILD, oder auch „[Boris] Palmer rechnet sein Bürgergeld aus und fasst es nicht“, die Welt schreibt im November letzten Jahres noch „Bürgergeld oder Rente mit 63 – An einen Kostenposten muss der Minister jetzt ran!“ Wie schon bei der Debatte um Migration knickte die „progressive Ampel“ beim ersten Anzeichen von Gegenwind ein, und Hubertus Heil ließ vor einigen Wochen verlauten das die 100% Sanktionen wieder zurückkehren würden. Wenn Heil diese Reform schon von sich aus vorschlägt können wir erwarten, dass das Endergebnis noch deutlich schärfer ausfallen wird. Doch wem nützt das eigentlich, arme Menschen noch ärmer zu machen?

Arbeiten muss sich wieder lohnen!

Dieser Satz scheint einer der Lieblingssätze deutscher, weißer 60+ Männer zu sein, gerade aus FDP, CDU und AFD Kreisen hört man ihn immer öfter. Gemeint sind dabei aber auf keinen Fall höhere Löhne, und somit eine Bekämpfung des Niedriglohnsektors, nein, ganz im Gegenteil. Es geht vor allem darum Arme gegen noch Ärmere auszuspielen und somit Niedriglohnsektor zu festigen. Dabei „lohnt“ sich arbeiten durchaus, schauen wir genauer auf das Bürgergeld und wie es aufgebaut ist, ergibt sich ein Bild, dass der reaktionären Argumentation von rechts und inzwischen auch von der Ampel jeglichen Wind aus den Segeln nimmt. Der X (ehem. Twitter) User @sozi_simon hat sich in einem tiefgehenden Thread sehr eindrucksvoll mit dem deutschen Sozialstaat auseinandergesetzt. Simon hat eine fiktive Familie Müller mit 3 Kindern erstellt und welche Sozialleistungen sie je nach Bruttoeinkommen bekommen würde. Dabei fällt auf, wenn auch nur eine Person in der Familie Müller einen Minijob über 520€ im Monat annehmen würde, wären das bereits 180€ mehr im Monat in der Haushaltskasse, würden beide Elternteile dies tun wären es bereits 328€ mehr. Die Argumentation, das sich arbeiten nicht lohnen würde ist also völliger Schwachsinn, und dient alleine dem Zweck Proletarier:innen gegen Proletarier:innen auszuspielen. Viel auffälliger ist jedoch, dass von einem Bruttogehalt von 2.900€ bis 5.500€ nur eine Steigung in der Haushaltskasse von 68(!)€ vorhanden ist. Während Sozialhilfen wegfielen käme es zu einem massiven Anstieg der Steuerlasten. Die deutschen Steuersätze sind nämlich so verteilt dass sie nicht etwa besonders hoch für die Reichen sind, sondern der größte Unterschied der zwischen Arbeiter:innen mit geringem Einkommen und Arbeiter:innen mit etwas höherem Einkommen ist. Die Diskursverschiebung die hier getätigt wird ist beachtlich und alarmierend, denn dadurch das sich der ganze Diskurs allein um Empfänger:innen von Grundsicherung dreht verliert auch die politische Linke den Blick für das eigentliche Ziel der Hartz Gesetze welche mit dem Angriff auf die Grundsicherung wieder zurückkehren. Es lohnt es sich für eine Arbeiter:in im Niedriglohnsektor kaum aufzusteigen und zum Beispiel einen Akademischen Beruf anzustreben, da dieser Aufstieg kaum mit mehr Geld verknüpft ist, die Annahme eines miesen Jobs hingegen „lohnt“ sich sehr wohl. Das System macht also klar: Du hast die Wahl zwischen sehr arm und etwas weniger arm, Wohlstand erarbeiten kannst du dir aber nicht, den haben nur die die tatsächlich nicht arbeiten aber dafür Aktien besitzen.

Der Niedriglohnsektor und der Kapitalismus

Der Niedriglohnsektor trägt maßgeblich zum Erhalt der Bürgerlichen-Kapitalistischen Ordnung bei, er verstärkt zum Beispiel die Trennung in Kopfarbeit, also vor allem Bürojobs, und Handarbeit, also zum Beispiel Jobs auf dem Bau. Schauen wir uns dazu ein paar Statistiken an. Laut Statistischem Bundesamt ist das Einstiegsgehalt für Menschen mit Ausbildung mit rund 3.500€ im Monat um 1000€ niedriger als das von Bachlor Absolvent:innen, dazu kommt noch dass Akademiker:innen in Deutschland deutlich bessere Aufstiegschancen haben. Doch wer hat ein Interesse daran Menschen in Armut zu halten?

Ein Kapitalist versucht einem Arbeiter immer nur seine Reproduktionskosten zu bezahlen, also so viel das er sich Essen, trinken und eine Familie leisten kann. Die Reproduktionskosten stellen auch den Betrag dar, den ein Arbeiter verlangt damit er auch bereit ist am nächsten Tag noch zur Arbeit kommen. Streiks entstehen, wenn ein Arbeitgeber dies nicht mehr erfüllt, die Arbeiter:innen kommen dann ganz einfach nicht mehr zur Arbeit. In dem man in Deutschland künstlich durch Steuern und Sozialstaatsanpassungen einen Niedriglohnsektor erschafft verhindert man, dass Menschen die in diesem Niedriglohnsektor arbeiten „aufsteigen“ wollen, weil es sich ökonomisch für sie einfach nicht lohnt. Die Reproduktionskosten werden also künstlich niedrig gehalten. Diese fatale Lohnpolitik wollte man mittels Sozialreformen, in Form des neuen Bürgergelds, angreifen, doch die Sprecher:innen und Demagog:innen des Kapitals haben sich sofort versammelt um die Aufbrechung dieses künstlichen Niedriglohnsektors zu verhindert. Gleichzeitig wird im bürgerlichen Diskurs permanent verschwiegen das Arbeitslosigkeit eine natürliche Begleiterscheinung des Kapitalismus und seiner Krisenhaftigkeit ist. Es wird auch oft gesagt, dass das Bürgergeld unsolidarisch sei und Bürgergeldempfänger:innen wie im Paradies leben würden.

Wie hoch ist eigentlich das Bürgergeld?

An sich ist der Betrag den man als Bürgergeld Empfänger:in bekommt 563€ im Monat, diese sind unterteilt in verschiedene Kategorien, wie Nahrungsmittel, Gesundheitspflege und Verkehr. Schaut man sich diese Aufteilung an wird schnell klar: Nein, Bürgergeldempfänger:innen leben nicht im Paradies. Für Nahrungsmittel sind zum Beispiel knapp 200€ eingeplant. Laut Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung sollte eine Einzelperson rund 170-220€ im Monat für Nahrungsmittel ausgeben, das 170€ höchst unrealistisch sind zeigt sich daran das Privatpersonen im Durchschnitt 243€ für Nahrungsmittel ausgeben. Dank der Inflationsbereinigung können sich Bürgergeldempfänger:innen jetzt gerade so ein „Deutschlandticket“ leisten, sofern die Preise nicht erhöht werden. Man könnte dies für jede der Kategorien durchspielen und stellt schnell fest, die Grundsicherung sichert einem maximal ein Existenzminimum. Wie kommen aber nun die teilweise sehr hohen Bürgergeldzahlungen zustande die sich diverse chauvinistische Hetzer:innen in den letzten Wochen ausgerechnet haben? Hauptsächlich liegt dies daran, dass Bürgergeldempfänger:innen auch eine Wohnung zusteht, auf welche ein Großteil des Geldes das ein:e Empfänger:in bekommt entfällt. In der Konsequenz bedeutet das auch, dass man den Betrag senken könnte wenn die Mieten nicht so hoch wären, der Staat gibt also das Geld nicht für die Sozialhilfeempfänger:innen aus, sondern für die Profite der Vermieter:innen. 2023 hat der Staat so rund 20 Milliarden € direkt an diese, eh schon massiv von der Krise profitierende und tatsächlich nicht arbeitende, Schicht gezahlt. Doch auf die Idee diese Wohnungen zu enteignen und so die Haushaltskasse massiv zu entlasten kommt natürlich niemand.

Perspektive für Revolutionär:innen

Das Bürgergeld in Deutschland ist ein zentraler Faktor für den Erhalt der kapitalistischen Ordnung, es ist nötig um den Niedriglohnsektor aufrecht zu erhalten, und bringt bestimmten Kapitalist:innen auch noch direkt Kohle ein. Wir als Revolutionär:innen müssen uns gegen die Angriffe auf den Sozialstaat wehren die sich gegen die benachteiligsten Teile der Gesellschaft richten um so einen Keil in die ausgebeutete Klasse zu treiben zwischen den gelobten aber immer noch ausgebeuteten Lohnarbeiter:innen und den Arbeitslosen die man möglichst arm halten möchte weil ihr sozialer Aufstieg nicht im Interesse der Bosse liegt. Zeigen wir die wirklichen Probleme des Sozialsystems auf, zeigen wir auch die Probleme des Wirtschaftssystems im allgemeinen auf, denn wie in diesem Artikel beschrieben, sind diese unglaublich eng verknüpft. Wir unterstützen die Bürgergeldbezieher:innen am besten, in dem wir den Diskurs von ihnen weglenken und stattdessen gegen das Kapital und seine Ausbeutung des gesamten Proletariats richten!

  • Gegen die Rückkehr des existenzbedrohenden Sanktionsregimes!
  • Kampf dem Niedriglohnsektor – Hoch mit den Löhnen!
  • Gleiche Bildung für ALLE – Es gibt keine „von Natur aus Dummen“ sondern nur Menschen denen der Zugang zur höheren Bildung verwehrt wurde!
  • Volksentscheide umsetzen – Immobilienkonzerne enteignen statt durchfüttern!



Die neue rechte Normalität in Deutschland

Von Night Ophelia, REVOLUTION Zeitung Dezember 2023/Januar 2024

„Einwanderung ist Völkermord, denn dann gibt es ein Mischvolk, dann sind wir Deutsche weg.” -Maximilian Krah, AfD (August 2023)

„Deutschland kann nicht noch mehr Flüchtlinge aufnehmen. Wir haben genug antisemitische junge Männer im Land.“ – Friedrich Merz, CDU (Oktober 2023)

„Wir müssen die Wirklichkeit annehmen und die konkreten Probleme lösen – auch, wenn es bedeutet, moralisch schwierige Entscheidungen zu treffen.“ – Robert Habeck, Grüne (September 2023 zu den Asylverschärfungen)

„Ein Land, wo man nicht Anspruch auf Leistungen hat, ist natürlich auch kein Zielland für Migration, weil dann geht man da nicht hin.“ – Sahra Wagenknecht, ehemals Linke (November 2023)

„Wir müssen endlich im großen Stil abschieben.“ – Bundeskanzler Olaf Scholz (Oktober 2023)

Wenn es um Rassismus und vor allem das Thema Asyl geht, hat sich in den letzten Jahren der Ton dramatisch gewandelt. Wo vor einigen Jahren wenigstens der Anschein von Menschenrechten, Solidarität und Mitgefühl angesichts so unglaublichen Leids, wie an den europäischen Außengrenzen, gewahrt wurde, ist das nun einer zunehmend offen rassistischen und nationalistischen Argumentation gewichen. Und das betrifft letztendlich auch nicht nur die politisch Herrschenden, sondern der Rechtsruck fegt durch die ganze Gesellschaft. Persönliche Angriffe, Isolation, Hass und Hetze gehören mittlerweile wieder mehr zum Alltag und der Aufschrei dagegen verstummt  zusehends.

Wie konnte es so weit kommen? Wie kann es sein, dass Statements, die vor einigen Jahren nur von der extremen Rechten zu erwarten war, jetzt zum Alltäglichen im  Establishment gehören? Und wie können wir uns dagegen auflehnen und das Recht auf Migration und die Rechte rassistisch Unterdrückter verteidigen?

Druck von rechts

Begeben wir uns erstmal auf die Suche nach den Ursachen. Klar ist erstmal: Dieses Phänomen beschränkt sich nicht auf Deutschland. Für große Teile der Welt gilt,dass rechtspopulistische Bewegungen und Parteien eine bedeutende Rolle spielen. Durch eine gezielte Rhetorik, die zum einen die Angst, zum anderen aber auch die nationalistischen und andere Reaktionäre Tendenzen innerhalb der Bevölkerung anspricht, haben sie ihre Ideen immer weiter politisch normalisiert, während sie auch selbst zunehmend nach rechts rücken. Dabei werden u.a. Bilder gezeichnet vom Widerspruch zwischen den „guten, arbeitsamen Deutschen“ und den „bösen, kriminellen Ausländern“. Diese Ängste und Vorurteile werden direkt mit politischen Forderungen gekoppelt, die auf Abschottung und Abschiebung abzielen. Sie nutzen Strategien wie das Heraufbeschwören von vermeintlichen Sicherheitsbedenken in der Bevölkerung dazu, Unterstützung für restriktive Maßnahmen gegenüber Migrant:innen zu gewinnen. Dabei versuchen sie, die realen Sorgen und Notlagen der unteren Schichten anzusprechen, aber wegzulenken vom eigentlichen Verursacher: Das kapitalistische System und seine herrschende Klasse. Stattdessen fahrfen sie eine Sündenbockrhetorik , in welcher sie Migrant:innen oder Asylsuchende als Hauptverursacher:Innen für soziale oder wirtschaftliche Probleme darstellen.

Druck von außen

Wirtschaftliche Unsicherheit und damit verbundene Ängste vor Arbeitsplatzverlust, sozialem Abstieg oder einem Rückgang der Lebensqualität stellen dementsprechend die Grundlage für diese rechtspopulistische Mobilisierung dar. Wir befinden uns in Zeiten heftiger wirtschaftlicher Krisen und Inflation und dadurch suchen Menschen immer verzweifelter nach Antworten für ihre Probleme. Der wirtschaftliche Niedergang verschärft die Konkurrenz um Arbeitsplätze oder knappe Ressourcen und da eine linke Perspektive fehlt, die den Klassenkampf als Perspektive gegen diese realen Probleme geben könnte, gewinnen die Rechten an Boden, indem sie den Schwachen versprechen, die noch Schwächeren weiter runterzudrücken.

Aber das ist nur die eine Seite. Die herrschende Klasse selbst ist auch dem verschärften Konkurrenzkampf auf dem Weltmarkt ausgesetzt. Die Häufung von Kriegen und der Zusammenbruch der internationalen Beziehungen ist das deutlichste Zeichen dafür. Aber das befeuert auch den Rassismus: Zum einen muss der Frust innerhalb der Arbeiter:innenklasse aufgrund der heftigen sozialen Angriffe irgendwohin umgeleitet werden, am liebsten auf einen Sündenbock. Dass hier die Rechtspopulist:innen ganze Arbeit geleistet haben, das in reaktionäre Bahnen zu lenken, wird nun von den  anderen bürgerlichen Parteien dankend angenommen. Schließlich hat die AfD schon rassistische Hetze normalisiert und wenn man nur nicht ganz so plump ist, kann man sich in den jetzigen Zeiten fast noch als Menschenfreund:in verkaufen, wenn man mehr Abschiebungen ohne direkte Beleidigungen fordert. Vor der eigenen Basis verkaufen dann CDU, SPD und Grüne diese Politik damit, dass man ja den Rechten nicht das Feld überlassen darf und deren politischen Punkte aufnimmt, um ihre Wähler:innen zurückzuholen. Die ganzen letzten Jahre haben aber ein ums andere Mal gezeigt: Die Menschen lassen sich nicht für Dumm verkaufen und wählen dann „das Original“, das durch die anderen bürgerlichen Parteien nun endgültig politisch normalisiert wurde. Und selbst wenn nicht, ist das natürlich abzulehnen, denn die rechte Politik ist das Problem und nicht in erster Linie das Label, was darauf steht.

Zum anderen ist durch die wirtschaftlichen und politischen Krisen die Zahl der Flüchtenden international massiv angestiegen und damit ein wirklich gutes Zusammenleben möglich ist, muss ein Staat diese supporten, was im Zweifelsfall natürlich Geld kostet. Da die Kohle aber aktuell für die Aufrüstung, Steuererleichterungen für die Reichsten oder Bankenrettungen landet, will man hier keinen weiteren „Kostenpunkt“ hinzufügen und im Zweifel stirbt zuerst die Menschlichkeit.

Unsoziale Medien

In den letzten Jahren haben Medien, sowohl traditionelle als auch soziale, die öffentliche Meinung und das Sagbare immer weiter nach rechts verschoben. Sensationsorientierte, eindimensionale und polarisierende Berichterstattung und eine Darstellung, die Vorurteile gegenüber Migrant:innen scheinbar bestätigt, verkaufen sich nun mal am besten. Wirklich kritischer oder gar staatskritischer Journalismus hat es hingegen schwer. Zeitgleich wird die Taktrate erhöht, denn die sozialen Medien geben durch die schnelle Verbreitung die Form von „Nachrichten“ vor. Die Viralität von bestimmten Nachrichten oder Meinungen lassen eine wirkliche Überprüfung nicht mehr wirklich zu, selbst von den eigentlich so respektierten großen Zeitungen. Da rechte Standpunkte höchst ideologisch sind und sich zumeist über Verzerrungen legitimieren, profitieren sie davon.

Hierbei gehen viele davon aus, dass die großen Zeitungen einfach nur sachlichen Journalismus betreiben und soziale Plattformen neutrale Räume sind. Das ist aber mitnichten so, denn letztendlich stehen sie immer unter der Kontrolle und der Ideologie der herrschenden Klasse. Inwiefern das nach rechts führt, zeigen 2 Extrembeispiele: Zum einen wäre die Bildzeitung, die auflagenstärkste Zeitung in Deutschland, die seit Jahrzehnten mehr oder weniger die Standpunkte der AfD vertritt und ihr die politischen Bälle zuspielt. Zum anderen ist seit der kürzlichen Übernahme Twitters durch Elon Musk die Plattform deutlich rechter geworden und gibt diesen Akteur:innen praktisch freie Bahn. Man kann also den ideologischen Rechtsruck nicht ohne den Einfluss der Medien verstehen!

Politische Folgen

Da wir jetzt die Ursachen gesehen haben, sollten wir uns fragen, was die politischen Auswirkungen des verschärften Rechtsrucks sind. Denn der massive rechte Einfluss schlägt sich direkt auf die Gesetzgebung und politischen Entscheidungen nieder.

Da wäre zunächst die Asylrechtsverschärfung: Durch die Anpassung von Gesetzen und Richtlinien an eine ablehnende Haltung gegenüber Migrant:innen und Asylsuchenden wurde in den letzten Jahren der Zugang zu Schutz und Unterstützung für Menschen in Not eingeschränkt. Die neuesten Angriffe auf das Asylrecht bestehen aus Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb Europas (Drittstaatenregelung), Migrationsabkommen mit anderen Ländern und Grenzverfahren, die massive Grenzkontrollen beinhalten. Menschen sollen möglichst noch an den Außengrenzen ins Heimatland zurückgeschickt werden. Identitäten von Asylsuchenden sollen schon an der EU-Außengrenze festgestellt werden und in der Zeit der Überprüfung sollen betroffene in Lagern an den Grenzen ausharren. Die bisher nach 18 Monaten gezahlten Analogleistungen in Höhe der regulären Sozialhilfe werden nun erst nach 36 Monaten gezahlt und die Bargeldleistungen durch Bezahlkarten ersetzt. Diese sollen die Menschen daran hindern, Geld an ihre Familien in der Heimat zu schicken und den angeblichen Anreiz der Flucht nach Deutschland mindern. Die menschenverachtende Krisenverordnung der Länder droht ein Standard zu werden.

Aber auch nicht nur hier, sondern auch die Rhetorik gegenüber der palästinensischen Befreiungsbewegung hat sich verschärft und damit auch die offene Kriminalisierung: Verbote von Demos, Symbolen, Organisationen und Sprüchen, dazu Hausdurchsuchungen, Abschiebungen und bei erlaubten Demos viele Festnahmen und enge Überwachung. Das wurde legitimiert von rassistischer Hetze vom „importierten Antisemitismus“, der mittlerweile von CDU bis Grüne propagiert wird und letztendlich einer AfD-Linie entspringt: Solidarität mit Israel heißt Hass und Ausgrenzung von Muslim:innen.

Wie können wir dagegen vorgehen?

Trotz des massiven Rechtsrucks, den wir aktuell erleben, gibt es die Möglichkeit hin zu einer solidarischen Gesellschaft. Wir müssen hierzu eine antirassistische und klassenbewusste Bewegung aufbauen, die den Rechten in Form antifaschistischer Mobilisierungen die Stirn bietet und sie angreift, zugleich aber auch eine Lösung für die Sorgen, Nöte und Krisen hat, indem sie Chancengleichheit erkämpft, wie eine gerechte Verteilung von Ressourcen und den Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung für alle. Das bedeutet, dass wir den Klassenkampf wieder aufleben lassen und dabei ein besonderes Augenmerk darauflegen müssen, dass hierbei die Kämpfe gemeinsam gekämpft werden. Gerade der gemeinsame Erfolg über die ethnischen Grenzen hinweg kann all die Hetze und Spaltung tatsächlich beginnen einzureißen. Wir müssen hierfür die Gewerkschaften unter Druck setzen, dass sie Geflüchtete und besonders migrantische Sektoren organisieren und die Kämpfe zusammenführen. Hierbei kann auch Aufklärung eine Rolle spielen, um Vorurteile und Stereotype abzubauen und ein besseres Verständnis für die Realität von Migration und Asyl zu fördern. Die Förderung eines kritischen Denkens in der Öffentlichkeit, unterstützt durch unabhängige Medien, ist unabdingbar, um die Verzerrung von Migrationsdiskursen zu verringern. Und letztendlich müssen wir auch den Blick heben und eine internationale, antiimperialistische und antikapitalistische Bewegung aufbauen, die dazu in der Lage ist, die eigentlichen Fluchtursachen wie Umweltzerstörung, Krieg und Ausbeutung effektiv zu bekämpfen.




Offener Brief an die Klimabewegung in Deutschland

Erstunterzeichnende/First signatories

Organisationen/Organisations:

REVOLUTION Germany, palestine speaks, pa_allies, MigrAntifa Braunschweig, Jüdische stimme für gerechten Frieden im nahen Osten, Ende Gelände Düsseldorf, FightforFalastin, Gruppe ArbeiterInnenmacht

Einzelpersonen/Persons:

Betül Çınar, Hasan Özbay(@migrantischewut), Georg Ismael, Ela Sommer 

Hier könnt ihr auch unterzeichnen:

https://docs.google.com/document/d/1OLa9YQBTulQA-AdZz8QPC7QaxaLKqkbVmUgTxcQzU54/

-english below-

Offener Brief an die Klimabewegung in Deutschland

Liebe deutsche Klimabewegung,

hiermit distanzieren wir uns von Fridays for Future Deutschland. Unter dem Deckmantel einer Stellungnahme gegen Antisemitismus hat FFF-Deutschland in den vergangenen Wochen mehrmalsdie Sache eines gemeinsamen, globalen Kampfes gegen die Klimakrise und für Gerechtigkeit & Freiheit verraten. Sie brechen dadurch nicht nur das Vertrauen der anderen FFF-Sektionen, die sich seit dessen Beginn gegen einen genozidalen Krieg in Gaza gestellt haben. Sie lassen auch herzlos die Menschen Palästinas im Stich und damit nicht nur von Krieg und Besatzung, sondern auch von der Klimakrise „most affected people and areas“. Wir sind der Meinung, dass Klima-Aktivismus ohne Internationalismus nicht funktionieren kann! Imperialistische Länder wie Deutschland oder USA exportieren Klimaschäden in die Länder des Globalen Südens, die in künstlicher Abhängigkeit gehalten werden. Dies geschieht z.B. indem besonders umweltschädigende Abschnitte von Produktionsketten in diese Länder verlegt werden oder indem direkt Müll und giftige Abfälle dort abgeladen werden. Es sind auch diejenigen, die am härtesten durch Dürren und Überschwemmungen, das Artensterben oder den steigenden Meeresspiegel bedroht sind, während ihnen die Mittel, sich dagegen zu schützen, verwehrt bleiben. Die Antwort darauf kann nur in einer internationalen Bewegung bestehen. Wir dürfen nicht auf die Taschenspielertricks der deutschen Regierung reinfallen, wenn sie uns ihren Green New Deal verkaufen wollen. Und genauso wenig, wenn sie über das „Selbstverteidigungsrechts Israels“ reden, es in Wirklichkeit jedoch nur um geopolitische und wirtschaftliche Interessen geht. FFF International veröffentlichte schon im Oktober ein Statement, in welchem sie sich solidarisch mit dem palästinensischen Kampf, dem Widerstand, der Befreiung und der Selbstverteidigung erklären. Sie schreiben sehr deutlich, dass sie im Angesicht von Aggression, Genozid und Faschismus nicht neutral bleiben können. Sie benennen die Besatzung als Resultat eines kolonialen Prozesses, angestoßen durch die westlichen Imperialmächte, damit diese ihre geopolitischen Interessen umzusetzen. FFF international schreibt deutlich, dass sie nicht schweigen werden, während die westlichen Mächte den Genozid in Palästina beklatschen. Wir unterstützen dieses klare Statement der internationalen Strukturen und lehnen die Position des deutschen Verbands und die unfundierte und politisch nicht begründete Abgrenzung von den internationalen Strukturen ganz klar ab. Außerdem solidarisieren wir uns mit dem Aktivisten Hasan, der für die Internationalen Statements verantwortlich gemacht wurde und dann von diesen Medien angegriffen wurde. Diese Hetzkampagne unterstützt Fridays for Future Deutschland. Wir sehen, wie FFF Deutschland Hand in Hand mit dem Deutschen Staat für Israel kämpft.

Nachdem FFF Deutschland schon seit Jahren linke oder antikapitalistische Kräfte systematisch aus der Bewegung drängt, zeigen sie mit diesen Statements erneut, dass antikapitalistische und antiimperialistische Positionen in dieser Bewegung nicht zur Diskussion stehen. Die Nutzlosigkeit von fünf Jahren Appellen an die Politik und das Nachlassen der Mobilisierungen in Folge dessen führen offenbar nicht zu einem radikalen Bruch mit dem deutschen Klimaimperialismus, sondern zu fortgesetzter Anbiederung an Grüne &Co.

Wir rufen alle linken Kräfte in der Klimabewegung, die dieser Kritik zustimmen, auf, den offenen Brief

zu unterstützen und zu teilen. Tretet mit uns in Kontakt und lasst uns gemeinsam in Diskussion treten, wie die Klimabewegung mit antikolonialen Kämpfen weltweit verbunden werden kann und wie wir vom Kuschelkurs mit dem Grünen Kapitalismus hin zu einem vereinten Kampf für Klimagerechtigkeit und Befreiung international kommen.

Dafür wollen wir uns schon am 24.02.24 um 10 Uhr in Berlin treffen, um darüber gemeinsam zu diskutieren und uns zu vernetzen! Wenn ihr kommen wollt, gebt uns Bescheid. 

Wann: 24.02.24 // 10 Uhr 

Wo: Rungestr. 20, 10179 Berlin

Brief unterschreiben?! Hier.

Open letter to the climate movement in Germany

Dear German climate movement,

We hereby distance ourselves from Fridays for Future Germany. Under the guise of a statement against antisemitism FFF Germany has repeatedly betrayed the cause of a common, global fight against the climate crisis and for justice & freedom. In doing so, they are not only breaking the trust of the other FFF sections, which have fought against a genocidal war in Gaza since its inception. They also heartlessly abandon the Palestinian people and thus not only the people most affected by war and occupation, but also the people most affected by the climate crisis.

We are of the opinion that climate activism cannot work without internationalism!

Imperialist countries like Germany or the USA export climate damage to the countries of the Global South, which are kept in artificial dependency. This happens, for example, by transferring particularly environmentally damaging sections of production to these countries or by dumping waste and toxic waste there directly. It is also these countries which are hit hardest by droughts and floods, the extinction of species or rising sea sea levels, while at the same time they are denied the means to protect themselves against these catastrophes. The answer to this can only be an international movement. We must not fall for the not fall for the sleight of hand of the German government when they try to sell us their Green New Deal. And just as little when they talk about Israel’s „right to self-defense“, while in reality it’s all about geopolitical and economic interests. FFF International published a statement back in October in which it expressed its solidarity with the Palestinian struggle, resistance, liberation and self-defense. They write very clearly that they cannot remain neutral in the face of aggression, genocide and fascism. They name the occupation as the result of a colonial process, initiated by the Western imperial powers to realize their geopolitical interests. FFF international writes clearly that they will not remain silent while the Western powers applaud the genocide in Palestine.

We support this clear statement by the international structures and reject the position and the politically unfounded distancing from the international structures by FFF Germany. We also show our solidarity with the activist Hasan, who was made responsible for the international statements by the German media and was then attacked by this same media. A smear campaign is supported by Fridays for Future Germany. We see how FFF Germany fights hand in hand with the German state for Israel.

FFF Germany has been systematically pushing left-wing or anti-capitalist forces out of the movement for years. They show once again with these statements that anti-capitalist and anti-imperialist positions are not up for discussion in this movement. The uselessness of five years of appeals to politicians and the decline in mobilizations as a result of this are obviously not leading to a radical break with German climate imperialism, but to continued pandering to the Greens etc.

We call on all left forces in the climate movement who agree with this criticism to support and share the open letter. Get in touch with us and let’s get together to discuss how the climate movement can be linked to anti-colonial struggles worldwide and how we can move from cuddling up to green capitalism to a united struggle for climate justice and liberation internationally.

For this we want to meet on February 24th at 10am in Berlin to discuss this together and to network! If you want to come, let us know. 

When: 24.02.24 // 10:00

Where: Rungestr. 20, 10179 Berlin

Wanna sign the letter? Here.




AfD zerschlagen statt verbieten!

von Flo Rojo, REVOLUTION-Zeitung Januar 2024

Mehr als eine Viertelmillionen Menschen waren am 21.01.24 gegen die AfD auf der Straße und haben lautstark deutlich gemacht, was sie von Rassismus, Queerfeindlichkeit, Sexismus, Neoliberalismus und Antisemitismus halten! Dass diese Massenproteste plötzlich entflammt sind, ist kein Wunder, denn die AfD ist auf dem Vormarsch. Von radikaler Linke, Regierungs- und Oppositionsparteien bis hin zu verschiedensten bürgerlichen Akteuren steigt die Angst, dass die Rechtspopulist:innen in den anstehenden Landtagswahlen im Osten, bei der Europawahl und auch bei der Bundestagswahl nächstes Jahr Wahlgewinne erzielen werden. Migrant:innen, queere Menschen und Linke fürchten die Repressionen, die sich aus einer Regierungsbeteiligung oder starken Opposition der AfD ergeben könnten. Aus diesem Klima von Angst und Unsicherheit erwächst nun eine Forderung, die schnell an Popularität gewonnen hat: Das Parteiverbot der AfD. Doch wie sollten radikale Linke zu einem Parteiverbot stehen und kann ein solches die Rechten auf ihrem Vormarsch stoppen? In dem Artikel wollen wir darauf eingehen und eine Antwort liefern, wie ein wirklicher Kampf gegen die Rechtspopulist:innen aussehen sollte.

Kann man die AfD überhaupt verbieten?

Die Antwort darauf ist: theoretisch schon, auch wenn unklar ist, ob das Programm der AfD nicht zu schwammig formuliert ist, um ihr Verfassungsfeindlichkeit juristisch nachzuweisen. Dafür müssten die Bundesregierung, Teile des Bundesrats oder Bundestags erst einmal Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Wenn dieses entscheidet, dass die Partei gegen die „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ agiert und somit verfassungsfeindlich ist, kann diese verboten werden. In der Geschichte der BRD wurden bis jetzt zwei Parteien verboten: die Nachfolgepartei der NSDAP (SRP) und auf derselben rechtlichen Grundlage kurz darauf auch die stalinistische KPD.

Die Geschichte hat uns somit einmal mehr vor Augen geführt, warum Kommunist:innen nicht für Parteiverbote eintreten sollten: Denn jede Ausweitung seines rechtlichen Handlungsspielraums zur Repression bietet dem Staat die Möglichkeit, gegen Linke vorzugehen. Hintergrund dessen ist das verquere Bild, es existiere eine „demokratische politische Mitte“, die von den extremistischen Rändern von rechts und links gleichermaßen bedroht werde und gegen die sich die Demokratie, beispielsweise mit Parteiverboten, verteidigen müsse. Damit wird zum einen Rechts und Links gleichgesetzt, so als ob es keinen Unterschied mache, ob Menschen Geflüchtetenunterkünfte in Brand setzen oder davor stehen, um eben das zu verhindern. Zum anderen verschleiert die Idee vom Hufeisen mit den extremistischen Rändern, dass rechte Ideen in eben jener „demokratischen Mitte“ produziert werden und allgemeine demokratische Rechte hingegen eine Errungenschaft linker Kämpfe ist.

Ein oft angeführtes Beispiel, um auch den möglichen Erfolg eines solchen Verfahrens zu untermauern, sind die Parteiverbotsverfahren gegen die NPD (heute: Die Heimat). Am Ende des zähen und jahrelangen Verfahrens kam das Bundesverfassungsgericht zu dem Entschluss, dass ein Verbot wegen der fehlenden Relevanz der NPD nicht umgesetzt werden muss. Die AfD unterscheidet sich natürlich in mehreren Punkten von der NPD. Entgegen der offen faschistischen NPD versucht die AfD rechtsextreme Positionen nicht durch faschistische Milizen auf der Straße, sondern durch den bürgerlich-demokratischen Staat zu drücken. Wie das praktisch aussehen kann, sieht man z.B. in der Meloni-Regierung in Italien. Darüber hinaus stellt die AfD durch ihren Einfluss und Größe ein viel größere Gefahr dar als die Nazi-Kleinpartei.

Doch was würde ein Verbot bringen?

Was viele Befürworter:innen des AfD-Verbots anführen, sind die Vorteile, die ein solches Parteiverbot mit sich bringen würde. Allen voran der Wegfall der Finanzierung, Vermögen und Räume, die sonst weiterhin extreme Rechte nutzen können. Darüber hinaus würden die Strukturen der Rechten angegriffen und auch die Teilnahme an Wahlen vorerst (!) erschwert werden. Doch obwohl wir uns dann erstmal nicht mehr das hässliche Blau der AfD ansehen müssten, hat das Ganze für uns mehr Nachteile als Vorteile.

Denn so ein Verfahren würde ziemlich sicher nicht in ein paar Tagen abgeschlossen werden, denn auch wenn das Verbot dieser Partei die Teilnahme an Wahlen verhindern würde, bis zu den Landtagswahlen im Osten und auch bei der Europawahl wird das Ganze nicht umgesetzt werden. Darüber hinaus werden die Hunderttausenden, die aktuell auf den Straßen sind, dadurch in eine passive Haltung gebracht, denn es erscheint so, als sei der einzige Weg, der AfD Einhalt zu gebieten, in den bürgerlichen Staat und seine Gerichte zu vertrauen. Doch spätestens seit den staatlichen Verstrickungen in die rassistischen Morde des NSU oder der faktischen Abschaffung des Rechts auf Asyl durch die aktuelle Bundesregierung wissen wir, dass der bürgerliche Staat keinen Verbündeten im Kampf gegen Rechts darstellen kann. Im Kapitalismus ist der Zweck des Staates die Absicherung der bürgerlichen Eigentumsverhältnisse. Wie rechtspopulistisch oder wie faschistisch die Politik dieses bürgerlichen Staates in der konkreten historischen Situation ausfällt, hängt letztlich von diesem Zweck ab, nämlich der Absicherung der bürgerlichen Eigentumsverhältnisse. So kann derselbe Staat, der heute noch „vielfältig“, „demokratisch“ und „solidarisch“ sein will, in einer revolutionären Situation, in der die organisierte Arbeiter_Innenklasse diese Eigentumsordnung bedroht, seine faschistische Fratze offenbaren.

Der Kampf gegen die AfD kann also nicht mit Staat und Kapital, sondern nur gegen diese erfolgreich sein. So ist die AfD nicht Ursache des gesamtgesellschaftlichen Rechtsrucks, sondern ein Produkt dessen. Somit ist also auch nicht der Rechtsruck weg, nur weil die AfD potenziell von der Bildfläche verschwinden könnte. Die Ursachen des Rechtsrucks liegen vielmehr in den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise 2007/2008, der Niederlage linker internationaler Massenbewegungen, der Passivität der Gewerkschaften angesichts der sozialen Angriffe und den gesellschaftlichen Abstiegsängsten der kleineren Kapitalfraktionen und des Kleinbürgertums. Der Rechtsruck lässt sich also nicht verbieten, er lässt sich samt seinen materiellen Ursachen nur mithilfe einer organisierten antikapitalistischen Perspektive überwinden.

Wer fordert das Verbot eigentlich und warum?

Nach Offenbarung des Geheimtreffens in Potsdam bildeten sich Bündnisse von Jusos, Grüner Jugend, Gewerkschaften bis hin zu zahlreichen NGOs, um unter Mottos wie „Demokratie stärken“ Demonstrationen und Kundgebungen zu organisieren. Wie schon an dieser Forderung zu sehen ist, verharren diese in einem recht bürgerlichen Rahmen und greifen die AfD schlichtweg als undemokratische Kraft an. Diese Darstellung nutzen die anderen bürgerlichen Parteien, um sich als die „Besseren“ oder die „wahren Demokrat:innen“ zu profilieren, während erst am letzten Donnerstag das Asylgesetz durch die Bundesregierung verschärft wurde. Die AfD konnte nur stark werden, in einem politischen Klima, in dem eine Ampelkoalition und vorherige Bundesregierungen Rassismus verbreiten, Geflüchtete entmenschlicht und migrantische Kämpfe (wie zB. die palästinensische Solidaritätsbewegung) kriminalisieren. Während sich Grüne, SPD, FDP und Teile der CDU am Rassismus der AfD abarbeiten, haben sie, wo immer sie in der Regierungsverantwortung standen, Forderungen der AfD umgesetzt. Der bürgerliche Staat kann den Rechtsruck in der Gesellschaft selbst nicht aufhalten, sondern ist Teil seiner Grundlagen. Genauso wie der tagtägliche Schrecken, welcher der bürgerliche Staat mit sich bringt, ob Abschiebung, Polizeigewalt, Ausbeutung am Arbeitsplatz oder Unterdrückung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen.

Doch was braucht es dann?

Zusammengefasst liegt der Erfolg der AfD nicht an der Partei selbst, sondern ist nur ein Symptom der gesellschaftlichen Entwicklung nach rechts, welche ihren Ursprung in der Krise und der Schwäche der politischen Linken hat. Ihre soziale Basis hat die AfD im krisengeschüttelten und von Abstiegsängsten bedrohten Kleinbürgertum und auf den binnenmarktorientierten kleineren Teilen des Kapitals. Doch auch unter prekarisierten Arbeiter:innen bekommt die Partei Zulauf. Nach der Pandemie und der damit einhergehenden Wirtschaftskrise ebenso wie der Inflation nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges sind viele Teile der Gesellschaft ärmer geworden. Wir sehen eine Welt in Trümmern sowie Lohn- und Jobverlust bei großen Teilen den arbeitenden Bevölkerung, während die Linkspartei es nicht auf die Reihe bekommt, ein ordentliches Programm gegen Krieg und Krise aufzustellen. Durch fehlende Angebote der Linken wenden sich dann die verunsicherten Kleinbürger:innen und Arbeiter:innen bei der Suche nach der Ursache des Problems den Rechten zu, die ein utopisches „Zurück“ zur Vergangenheit versprechen. Doch diese ganze Ordnung, die den Rechtsruck erst hervorgebracht hat, wird tagtäglich aufrechterhalten durch eben den bürgerlichen Staat, welcher jetzt angebettelt wird, die Probleme, die er selbst schafft, zu bekämpfen.

Doch nur, weil eine illusorische Forderung wie das AfD-Verbot die aktuellen Massenproteste dominiert, heißt das auf gar keinen Fall, dass wir ihnen den Rücken zukehren. Vielmehr müssen wir dort in voller Stärker am Start sein und die Perspektive einer Arbeiter:inneneinheitsfront im Kampf gegen die AfD aufwerfen. Als Jugendorganisation müssen wir uns den Rechten schließlich in den Weg stellen, wo immer sie auftauchen. Doch allein durch Blockadeversuche und große Demos werden wir sie noch nicht aufhalten können. Wir müssen den Kampf gegen Rassismus auch mit sozialen Forderungen, wie höheren Mindestlöhnen für alle oder bezahlbarem Wohnraum verknüpfen, um auch die materiellen Ursachen des Rechtsrucks anzugreifen. Gleichzeitig darf Antirassismus kein Lippenbekenntnis sein, sondern benötigt Organe des Selbstschutzes von Betroffenen und Unterstützer:innen. Die einzige Kraft, die dem Rechtsruck durch ihre besondere Stellung im kapitalistischen Produktionsprozess die Grundlage entziehen kann, ist die organisierte Arbeiter:innenklasse. Obwohl bereits in vielen Anti-AfD-Bündnissen Gewerkschaften dabei sind, dürfen diese es nicht beim symbolischen Unterzeichnen des Demoaufrufs belassen. Vielmehr müssen die Gewerkschaften ihre Basis aktiv zu den Protesten mobilisieren und zum Streik gegen die sozialen Angriffe aufrufen. Doch die bewusstesten Teile der Arbeiter:innenklasse organisieren sich nicht nur in Gewerkschaften, sondern auch in der Linkspartei und linken SPD-Gliederungen. Diese müssen wir zur gemeinsamen Aktion mit Migrant:innenorganisationen und der radikalen Linken gegen AfD, Asylrechtsverschärfungen und Sparpläne auffordern. In der gemeinsamen Aktion gilt es sie von einer revolutionären Perspektive zu überzeugen und mit ihrem reformistischen Bewusstsein zu brechen. Was es letztlich braucht ist ein revolutionäres Programm der Jugend und Arbeiter:innenklasse, welches eine echte Perspektive gegen den Rechtsruck und somit der Krise bietet.

Wir fordern:

  • Unabhängige Antidiskriminierungsstellen an Schulen, Unis und Betrieben!
  • Offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle!
  • Massive Lohnerhöhung und automatischer Inflationsausgleich in Form einer gleitenden Lohnskala!
  • Investitionen in Bildung, Gesundheit und Soziales finanziert durch die Gewinne der Reichen, die aktuell noch einmal so richtig Profit aus der Krise schlagen!
  • Für demokratisch aufgebaute antirassistische Selbstschutzkomitees!
  • Kampf der AfD heißt Kampf dem Kapital! Für ein revolutionäres Programm der Jugend und Arbeiter:innenklasse!



4 Mythen über Sex, die wir in der Schule gelernt haben – Für einen neuen Sexualkundeunterricht!

Von Erik Likedeeler, Januar 2024

Peinlich berührtes Kichern, „coole“ Lehrfilme aus dem letzten Jahrtausend und überforderte Lehrer:innen – so haben viele von uns den Sexualkundeunterricht in Erinnerung. Die meisten Dinge, die wir dort lernen, sind vereinfacht, veraltet oder schlicht falsch. In diesem Artikel wollen wir uns 5 Mythen über Sex genauer anschauen.

1. Das Erste Mal: Ein wichtiger Meilenstein?

„Es ist der erste Mann, der die Weichen für deine sexuelle Zukunft stellt“, heißt es in dem Filmklassiker Mädchen, Mädchen. Zeitschriften, Ratgeber und auch der Sexualkundeunterricht vermitteln die Botschaft: Das Erste Mal sollte etwas „ganz Besonderes“ sein.

Doch die Realität sieht für viele anders aus: Manche sind nervös und fühlen sich unter Druck gesetzt, weil sie glauben, dass eine perfekte Performance von ihnen erwartet wird. Andere wissen nicht, wie sie sich zu verhalten haben, schämen sich, wenn nicht alles funktioniert wie es soll oder es nicht zu einem Orgasmus kommt. Aber muss das so sein?

Sexualität wird meist als Instinkt angesehen, der in den Körper eingeschrieben ist, und bei dem wir alle von Natur aus wissen sollten, wie es geht. Doch Sex ist viel mehr als ein biologischer Vorgang: er ist kulturell hochgradig ausdifferenziert, als Kommunikationsform, Kunstform oder Ausdruck der Spiritualität.

Warum sollte also so viel Fokus auf das „Erste Mal“ gelegt werden? Es würde ja auch keine:r auf die Idee kommen, „instinktiv“ die perfekte Crème Brûlée zubereiten zu können, nur weil er:sie gern Süßes isst.

Wie bei jeder anderen Aktivität ist es auch beim Sex in Ordnung, sich vorsichtig heranzutasten. Es ist okay, wenn das erste Mal komplett durchschnittlich wird. Vielleicht wagt man sich irgendwann an komplexere Experimente, vielleicht stellt man auch fest, dass man sich überhaupt nicht weiter ausprobieren möchte.

Sex ist aber auch kein abstrakter Skill, denn „genug gelernt“ haben kann man dabei nie. Wenn man herausgefunden hat, wie eine einzelne Person gern befriedigt werden möchte, heißt das nicht, dass man diese Erkenntnis einfach so auf andere Personen übertragen kann.

Dass Jugendliche sich beim Sex unter Druck gesetzt fühlen, ist kein Zufall, wenn man bedenkt, dass uns in jedem Lebensbereich Konkurrenzdenken vermittelt wird. Anstatt als Team gemeinsame Lösungen zu erarbeiten, sollen wir gegeneinander antreten und mit individuellen Ergebnissen beeindrucken. Was wir brauchen, ist die Abschaffung von Leistungszwang und Bewertungsskalen, sowie mehr Fokus auf Zusammenarbeit und Kommunikation – sowohl in der Schule als auch in intimen Momenten.

2. Sex, das heißt doch Penis in Vagina?

Strenggenommen gibt es nicht „das“ Erste Mal, sondern unendlich viele erste Male, die gemeinsam oder allein erlebt werden können. Sex hat so viele Facetten, durch die man neue Dinge über sich selbst oder andere Personen erfahren kann.

Im Sexualkundeunterricht wird sich jedoch hauptsächlich auf eine einzige Facette von Sexualität konzentriert: den Vaginalverkehr. Dieser Fokus auf Penis-in-Vagina-Sex ist vorherrschend, weil es dadurch zu einer Schwangerschaft kommen könnte und deshalb Verhütung besonders relevant ist. Doch auch bei anderen sexuellen Praktiken ist Verhütung zur Prävention von Krankheiten wichtig. Deshalb sollte im Sexualkundeunterricht auch auf Lecktücher, Latexhandschuhe und Kondomnutzung beim Analverkehr eingegangen werden.

Viele Arten von queerem Sex, Selbstbefriedigung und Kinks werden im Sexualkundeunterricht ignoriert. Wenn eine sexuelle Aktivität keinen Penis beinhaltet, wird sie schnell als „Vorspiel“ oder „Petting“ abgewertet. Lesben bekommen daher oft den Spruch zu hören, dass ihnen „richtiger“ Sex bestimmt fehlen würde.

Wenn der Unterricht nichts taugt, fangen manche Jugendliche an, Pornos als Lehrmaterial zu nutzen. Doch auch hier ist weibliche Lust unterrepräsentiert: in Pornos wird 3x so viel Zeit für Blowjobs aufgewendet wie fürs Lecken. Viele Menschen haben die Vorstellung entwickelt, die Vagina wäre ein Loch, das nur dazu dient, Dinge einzuführen, wie auch an Begriffen wie (Schwert)scheide deutlich wird.

Die Unterschiede zwischen Vulva und Vagina werden im Sexualkundeunterricht teils nicht erklärt, genauso wenig wie die Tatsache, dass die allermeisten Frauen nicht durch „Penetration“ zum Orgasmus kommen, sondern durch klitorale Stimulation.

Abschließend sollte auch der Begriff der Penetration selbst hinterfragt werden. Zu penetrieren ist ein gewalttätig konnotiertes Verb, das bei konsensuellen Handlungen durch „Einführen“ oder „Hineingleiten“ ersetzt werden könnte. Bini Adamczak kritisiert zusätzlich, dass die Vagina durch den Begriff der Penetration als passives Organ gedeutet wird und schlägt „Circlusion“ als Alternativbegriff vor, denn die Vagina umschließt den Penis und hat damit ebenfalls eine aktive Rolle.

Wir wollen uns nicht damit zufriedengeben, nur über die Aspekte von Sexualität zu lernen, die die Politik und Kapitalist:innen für nützlich erachten. Sexualität ist viel mehr als das Hervorbringen neuer Arbeitskräfte durch Schwangerschaft und Geburt! Das, was uns Jugendliche beschäftigt, sollte im Mittelpunkt des Sexualkundeunterrichts stehen. Deshalb brauchen wir einen Lehrplan, an dem wir aktiv und demokratisch mitwirken dürfen.

3. Beim Ersten Mal reißt das Jungfernhäutchen?

Viele von uns haben im Sexualkundeunterricht gelernt, dass sich über der Vagina eine Haut spannen würde: eine Art verschließende Frischhaltefolie, die dann beim ersten Mal vaginalem Sex reißen soll. Das soll dann kurz bluten und wehtun, und dann ist die „Entjungferung“ vollendet. Hinterher wird man dann zu einem komplett neuen, erwachsenen Menschen – oder?

Das ist Unsinn, denn beim Sex verliert man nicht die Jungfräulichkeit, sondern gewinnt vielmehr an Erfahrung dazu. Es braucht kein eigenes Wort, um „den Zustand davor“ zu beschreiben, denn ein „Jungfernhäutchen“ existiert nicht. Am Ausgang der Vagina befindet sich zwar eine Art Schleimhautkranz, doch dieser ist grundsätzlich durchlässig. Ansonsten könnte ja auch die Menstruation nicht nach draußen gelangen.

Durch das Hineingleiten eines Penis, eines Fingers oder eines Gegenstandes ändert sich am Körper nichts. Falls es zu einer Verletzung kommt, heilt hinterher alles genauso wieder zusammen, wie es vorher war. Kein:e Gynäkolog:in der Welt kann feststellen, ob eine Person schon mal Sex hatte oder nicht.

Dass es beim vaginalen Sex blutet, ist nicht wünschenswert, denn derartige Verletzungen kommen durch zu viel Reibung und zu wenig Feuchtigkeit zustande. Der Mythos, dass Blut beim „Ersten Mal“ normal wäre, hat sich kulturell durch zahlreiche Zwangsehen etabliert, in denen junge Mädchen von älteren Männern vergewaltigt wurden.

Die Unsicherheit und Distanz, die viele Jugendliche gegenüber ihrem eigenen Körper verspüren, ist nicht einfach die Folge der vielbeschworenen Pubertät, sondern auch gesellschaftlich erzeugt. Wenn Jugendliche nicht lernen, dass Blut und Schmerzen vermeidbar sind, dann könnte das dazu führen, dass sie zögern, im richtigen Augenblick „stopp“ zu sagen. Menschen einzureden, ihr Schmerz wäre Teil einer natürlichen Prozedur des Erwachsenwerdens, ist sexistische Unterdrückung.

Immer noch ist es schwierig, an zuverlässige Informationen zum Thema Jungfräulichkeit zu kommen. In Biologiebüchern und auf Beratungsseiten werden völlig falsche Bilder vermittelt und selbst im Medizinstudium werden falsche Fakten gelehrt. Deshalb brauchen wir eine Wissenschaft unter demokratischer Kontrolle der Arbeiter:innen und finanziert vom Geld der Kapitalist:innen. Eine Wissenschaft, die nicht zur Profitsicherung der Herrschenden forscht, sondern im Interesse der Unterdrückten.

4. Das Spermium befruchtet die Eizelle?

„Schlag doch mal ein Biologiebuch auf“, wird vielen geraten, die sich aus einer antisexistischen Perspektive mit dem Thema Geschlecht befassen. Doch auch die Art, wie wir über Biologie sprechen, ist von Geschlechterklischees beeinflusst.

Schon seit tausenden von Jahren fragen sich Menschen, wie Schwangerschaften zustande kommen. Sowohl griechische Philosophen der Antike, als auch christliche Theologen des Mittelalters haben sich Theorien ausgedacht, deren Überbleibsel bis heute in den Naturwissenschaften zu finden sind.

Wie biologische Vorgänge in sexistische Erzählungen gepresst werden, lässt sich gut am Beispiel von Eizelle und Spermium beschreiben. In Kinderbüchern und Lehrfilmen wird es uns häufig so vermittelt: Die Spermien sind quasi Mini-Menschen: schnelle Schwimmer, Ritter oder Soldaten in einem tödlichen Rennen. Sie kämpfen sich durch das gefährliche Gebiet der Vagina und des Uterus, die sich gegen die Entdecker zur Wehr setzen.

Nur einer von ihnen kann überleben und den Preis gewinnen: Die Eizelle als Trophäe, als schlafende Prinzessin in ihrem Turm, die nur darauf wartet, dass das größte, schnellste und tollste Spermium endlich in sie eindringt.

In Wirklichkeit ist alles ganz anders. Die Vagina ist keine feindliche Landschaft, die sich gegen ihre Eroberer wehrt. Nichts im Körper sträubt sich dagegen, dass die beiden Zellen zusammenfinden. Stattdessen werden die Spermien durch die optimale Körpertemperatur und den perfekten PH-Wert am Leben gehalten. Der Uterus macht kleine, wellenförmige Bewegungen, die ihre Richtung ändern können, um Spermien hineinzulassen. Der klitorale Orgasmus ist dabei kein überflüssiger Bonus, sondern erhöht die Wahrscheinlichkeit der Zellverschmelzung um ca. 16%.

Auch der Uterus ist kein passiver, leerer Raum. Wenn sich Spermien während des Eisprungs dem Uterus nähern, öffnet sich der Muttermund. Die Spermien werden zunächst in kleinen Einstülpungen gespeichert, den Zervixkrypten. Im Rahmen des Zyklus werden Proteine und Kohlehydrate gebildet, welche die Spermien selektieren und nacheinander zur Eizelle führen. Keine Spur vom „spannenden Wettkampf“.

Auch die Idee der Befruchtung hat ihren Ursprung in sexistischen Vorstellungen über aktive Männlichkeit und passive Weiblichkeit. Das christliche Konzept der Empfängnis beinhaltet den Mann als Schöpfer des neuen Lebens und die Frau als passives Gefäß und Nährboden. Männer sind „potent“ und Frauen sind „fruchtbar“, stimmt’s? Nein, denn die Eizelle ist kein Acker, der bepflanzt wird. Während der Verschmelzung der Zellen hat sie eine führende Rolle. Sie wird nicht „durchstoßen“, sie absorbiert das Spermium.

Verstaubte Biologiebücher aufzuschlagen reicht nicht, wenn uns darin immer noch Rape Culture als Wissenschaft verkauft wird. Wir brauchen eine massive finanzielle Investition in das Bildungssystem, damit das, was wir lernen, den aktuellen Stand der Wissenschaft widerspiegelt. Sowohl neues Lehrmaterial als auch antisexistische Fortbildungen für Lehrer:innen, damit die alten Märchen endlich auf die Müllhalde der Geschichte wandern können. Das alles finanziert durch Besteuerung der Reichen und unter Kontrolle von Schüler:innen & Lehrer:innen!




Solidarität in Stürmischen Zeiten: Der Klimawandel betrifft uns alle!

von Night Ophelia, Januar 2024

Kurz vor Weihnachten löste das Tiefdruckgebiet Zoltan in Deutschland das sogenannte Weihnachtshochwasser 2023 aus.

Über dem Meer von Island hatte sich Mitte Dezember das Tiefdruckgebiet gebildet und eine Warmfront mit kräftigem Wind nach Deutschland gebracht. In Folge dessen schmolz der Schnee in vielen Regionen und trug so dazu bei, dass die Flüsse, die bereits durch starken Regen gefühlt waren, an ihre Grenzen kamen und teilweise auch drüber traten. Die Weihnachtsfeiertage über war kein Ende in Sicht da sich der Regen immer weiter fortsetzte.

Aufgrund des drohenden Hochwassers mussten zunächst im südlichen Harz ca. 500 Menschen präventiv ihre Wohnung verlassen, da die Gemeinde Windehausen fürchtete dass die extremen Niederschlagsmengen zu Überflutung führen könnten. In der gesamten Harzregion wurden Talsperren abgelassen um ihr Brechen zu verhindern.

In Ostfriesland sowie Oldenburg drohten Deiche zu kollabieren, in Hamburg stand der Fischmarkt unter Wasser. In Sachsen-Anhalt und Niedersachsen waren weitere Evakuierungen nötig da es hier zu schweren Überschwemmungen kam und weitere befürchtet wurden.

Alle Schutzgebiete schlugen durch den Hochwasserpegel Alarm, was es seit über 20 Jahren in der Form nicht mehr gab. Zwischen Hannover und Berlin war der Bahnverkehr eingeschränkt.

Experten betonten dabei, dass das Weihnachtshochwasser keine Wiederholung der Ahrtal-Katastrophe 2021 war, bei der mehr als 100 Menschen starben. Dafür betraf das extreme Wetter dieses mal große Teile von Deutschland. Anders als beim Ahrtal-Hochwasser sind nämlich auch die großen Flüsse wie der Rhein, die Elbe und die Weser vom Hochwasser übergelaufen während bei der Ahrtal-Katastrophe die kleinen Bäche innerhalb kurzer Zeit durch den heftigen Regen zu reißenden Flüssen wurden.

Jedoch blieb auch Anfang Januar die Hochwasserlage weiterhin angespannt. In Niedersachsen blieben die Flüsse weiterhin überlaufen da die Niederschlagsmengen kontinuierlich hoch blieb. Die Pegelstände sanken in den meisten Regionen zwar um ein paar Zentimeter, sind jedoch weiterhin deutlich über dem Normalpegel. Erst Mitte Januar fängt das Hochwasser langsam an zurück zu gehen. Die Helfer:innen des Technischen Hilfswerks sowie die Soldat:innen der Bundeswehr konnten sich hingegen etwas früher zurückziehen, nachdem sie insgesamt 2,5 Millionen Sandsäcke verbaut hatten.

Welche Auswirkungen treffen uns?

 Auch wenn es bisher gelungen ist, die Auswirkungen des Hochwassers einzugrenzen, müssen wir mit langfristigen Folgen rechnen. Die Ernteausfälle durch den nicht nutzbaren Boden werden wir schon im Frühling 2024 zu spüren bekommen. Teile der Böden und Felder werden durch die niedrigen Temperaturen zu Eisflächen. Das Absterben vieler Pflanzen und die eingeschränkte Nahrungsversorgung betrifft jedoch auch die Wildtiere in ihrem eh schon verkleinerten Lebensraum. Als gesellschaftliche Folge gibt es wieder einmal den Verlust von Wohnraum zu verzeichnen durch von der Flut unbewohnbar gemachte Gebäude, viele der dort Lebenden dürften keine teure Elementarversicherung haben und müssen jetzt sehen wie sie zurecht kommen.

Beim Weihnachtshochwasser 2023 können wir von Glück sprechen, dass es anders als im Ahrtal keine Toten oder Schwerverletzten gab. Doch von allen Seiten ist zu hören, dass wir in Zukunft mit weiteren Katastrophen durch Extremwetter rechnen müssen. Der Klimawandel macht Wetterextreme das ganze Jahr über zu einer neuen Normalität. Die Hochwasserschutzmaßnahmen müssen überarbeitet und die Überflutungsräume ausgebaut werden um Zerstörung oder gar Tote, wie die über 100 Menschen in und um das Ahrtal 2021, zu verhindern. Es braucht einen Katastrophenschutzplan der einerseits präventiv arbeitet und andererseits sofort und ohne Verzögerung reagiert sobald ein Extremwetterereignis begonnen hat. Auch wenn es dieses Mal recht gut gelang das schlimmste zu verhindern, muss der Katastrophenschutz in Deutschland definitiv ausgebaut und im Angesicht der Klimakrise verstärkt werden. Die Ampelregierung plant jedoch das Gegenteil: Während 100 Milliarden dafür ausgegeben werden das Deutschland wieder besser Krieg führen kann, soll auch beim Katastrophenschutz gespart werden.   

Wie können wir Betroffene unterstützen?

Das Psychiatrienetz hat auf seiner Internetseite eine Liste mit Angeboten der seelischen Unterstützung für Betroffene, Angehörige und Helfer:innen der Hochwasserkatastrophen, falls ihr psychische Unterstützung braucht könnt ihr euch dort melden.

Ansonsten kann wer Kapazitäten hat, in betroffene Gebiete fahren und Menschen beim Wiederaufbau helfen. Dafür gibt es organisierte Gruppen denen Menschen sich anschließen können. Es gibt auch immer die Möglichkeit solche Gruppen selbst zu organisieren oder wenn, man aus einer Region kommt in der Hilfe benötigt wird, anzufragen. Die Aktion-Deutschland-hilft unterstützt betroffene Regionen neben dem Sammeln von Spenden mit einem drei Phasen Plan.

Als akute Nothilfe helfen Bündnisorganisationen bei Bedarf mit Trinkwasserversorgung, Erster Hilfe, Notunterkünften, Suppenküchen und Hygienekits. Als mittelfristige Hilfe helfen Bündnisorganisationen mit Übergangsmaßnahmen wie Finanzierung mobiler Übergangshäuser, Behelfsapotheken und mit der psychologischen Betreuung betroffener Menschen. Als langfristige Hilfe helfen sie Menschen vor Ort, beim Wiederaufbau von Häusern und sozialen Einrichtungen. Das sagt die Aktion-Deutschland-hilft zumindest auf ihrer Website. Möglich machen können sie diese Hilfsangebote vor allem durch ehrenamtliche Helfer:innen, die bereit sind in Hochwassergebiete zu fahren, sowie durch Spenden.

Solche Hilfsstrukturen sind dabei, zumindest wenn sie ihren Selbstansprüchen entsprechend handeln, ein Positivbeispiel dafür wie Solidarität untereinander aussehen kann auch in einer Welt die auf Konkurrenz gegeneinander ausgerichtet ist. In einer sozialistischen Gesellschaft wäre eine solche Eigeninitiative nicht mehr von Nöten, da es eine selbstverständliche Aufgabe der Gesellschaft wäre Betroffenen von Katastrophen beizustehen und die nötigen  Ressourcen und Arbeitskraft zu organisieren die es für die Behebung der Folgen braucht.

Doch was hat das Hochwasser eigentlich mit dem Klimawandel zutun?

Die Wahrscheinlichkeit für Starkregen und Überschwemmungen durch den Klimawandel in Deutschland steigt! Durch die ansteigenden Temperaturen verschieben sich die Niederschläge vom Sommer in den Winter und treten häufiger in Form von Regen als von Schnee auf. Jedoch werden Extremwetterereignisse weltweit grundsätzlich häufiger und intensiver wie auch die Flutkatastrophe von Pakistan gezeigt hat, die alles in den Schatten stellte was wir in jüngerer Vergangenheit  in Deutschland erlebt haben. Das Jahr 2023 zeigt uns hierbei erneut die Folgen des menschengemachten Klimawandels auf. Allein in Europa gab es im Mai in Italien, im August in Österreich und Slowenien, sowie im September in Griechenland Überschwemmungen. Seit März 2023 bewegen sich die Meeresoberflächentemperaturen auf beständig höherem Niveau als bisher gemessen. Das warme Wasser in den Meeren verdunstet schneller, der Wasserdampfgehalt in der wärmeren Luft nimmt zu, aus der wärmeren Luft kann mehr flüssiges Wasser kondensieren und es gibt somit mehr Regen. Auch die dabei entstehende Kondensationswärme ist nicht außer acht zu lassen.

Was können wir gegen den Klimawandel tun das die Wetterextreme verursacht?

Wir sagen immer wieder: Klimaschutz ist Klassenkampf! Doch was heißt das eigentlich?

Nicht alle Menschen tragen die gleiche Schuld am Klimawandel. Das reichste Prozent der Welt verursacht so viel CO₂ wie 5 Milliarden Menschen zusammen. In einfacher Form: ein Mensch der Arbeiter:innenklasse bräuchte 1500 Jahre um so viel CO₂ zu verbrauchen wie ein Mensch der Bourgeoise (Kapitalist:innenklasse) in nur einem Jahr. Die Gleichung hierbei lautet: exzessiver Reichtum = exzessiver CO₂-Ausstoß. Gerade einmal einhundert Konzerne sind für 70% der weltweiten CO₂ Emissionen verantwortlich. Ihre Eigentümer:innen haben politische Macht und ihr Interesse natürlich nicht darin, gegen ihre eigene Klasse zu kämpfen und ihren Reichtum zu verlieren, sondern weiterhin an ihren fossilen Industrien zu verdienen.

Auch wenn viele Bonzen ganz individuell auf die Umwelt scheißen, ist es jedoch nicht bloß ein individuelles Problem sondern ein schwer zu durchbrechender Kreislauf, der aus den Mechanismen des Kapitalismus heraus entstanden ist. So sorgt, sehr vereinfacht gesagt, die Konkurrenz zwischen den Konzernen auf dem Markt einerseits, und den Staaten in der imperialistischen Weltordnung andererseits, dafür das es nicht möglich ist einen grünen, ökologisch nachhaltigen, Kapitalismus zu schaffen, da Anpassung zur Reduzierung des CO2-Ausstosses zu einem Wettbewerbsnachteil führen und entsprechend außerhalb von Nischenproduktionen keine Option sind.

Wer Klimaschutz betreiben, und somit das Risiko von Extremwetterkatastrophen reduzieren, will, muss den Kapitalismus als System bekämpfen und durch ein neues ersetzen in dem die Produzent:innen nach einem demokratischen Plan entscheiden wie produziert wird, und dabei selbstverständlich dem Erhalt ihrer eigenen Lebensgrundlagen einen zentralen Stellenwert einräumen werden.

Um dahinzukommen braucht es jedoch eine organisierten Bewegung der Arbeiter:innenklasse die den Kampf um Klimagerechtigkeit als den Klassenkampf führt der er ist!