Der Genozid als Brennpunkt globaler Machtkämpfe

Von Lia Malinovski, Dezember 2023/Januar 2024, REVOLUTION Zeitung

Die globale Konkurrenz unter den großen Mächten verschärft sich zusehend. Sichtbar ist es in zunehmenden Rivalitäten zwischen zwei Polen der Weltordnung: USA und China, um die herum sich Blöcke bilden. Dieser Prozess ist nicht abgeschlossen, verstärkt sich aber zunehmend mit den zunehmenden globalen Konfliktherden. Schon vor dem Krieg in der Ukraine und vor dem Genozid in Gaza gab es Tendenzen der Deglobalisierung. Internationale Wertschöpfungsketten wurden und werden zunehmend aufgespalten in die einzelnen Einflussbereiche der Imperialistischen Zentren. Wirtschaftlich und politisch hat sich im Zuge des Ukraine-Krieges relativ klar ein „westlicher“ Block bestehend aus EU, USA und Japan gebildet, sowie eine zunehmende Blockbildung rund um China und Russland. Dieser Prozess wird teilweise verstärkt durch die Ereignisse im Nahen Osten.

Hauptantagonismus USA – China

Rund um den 7. Oktober und die darauffolgende Bombardierung und Bodenoffensive in Gaza unterscheiden sich die Positionen von USA und China massiv. So unterstützen die USA Israel nahezu bedingungslos, während China eher eine vermittelnde Rolle einnehmen will und kritisiert dabei mitunter Israel scharf. In einem Positionspapier von Ende November fordern sie eine Waffenruhe, Schutz von Zivilist:innen und eine Stärkung der UN. Politisch dürfte dabei das Ziel Chinas sein, vor dessen internationalen Partner:innen die Doppelmoral der USA aufzuzeigen, die sich beim Krieg in der Ukraine voll und ganz auf die Seite der Ukraine, in dem Fall der Unterdrückten, in Palästina aber auf die Seite Israels, also der Unterdrücker, stellen. China gibt sich dabei gerne als der große Fürsprecher der sogenannten dritten Welt, wo der Parteinahme für Palästina relativ weit verbreitet ist, und dadurch diese ideologisch an sich zu binden. Damit verbunden ist vermutlich die Hoffnung, sich sowohl weltweit als auch in der Region politisch, wie wirtschaftlich stärker zu verankern und den Einfluss der USA zurückzudrängen.

Die USA verfolgen hingegen eher das Ziel, ihre Stellung im Nahen Osten nicht zu verlieren. Insbesondere ist für den US-Imperialismus Israels Bedeutung als dessen Außenposten dabei entscheidend, da die USA so größeren Einfluss auf die Politik im Nahen Osten nehmen kann. Gleichzeitig hat die USA aber auch kein Interesse daran, dass sich der „Konflikt“ stärker ausbreitet und zu einem regionalen Krieg entfachen könnte, sondern hoffen auf eine schnelle Lösung der aktuellen Situation. In den letzten Jahrzehnten lief nämlich ein Prozess, in dem recht geräuschlos einige benachbarten arabischen Staaten ihre Verhältnisse zu Israel und den USA normalisiert haben. Ein Krieg würde diesen Prozess zurückwerfen und damit auch die Stellung des US-Imperialismus. Dazu kommen auch militärische Überlegungen: Für den Krieg in der Ukraine wurde teilweise aus Israels Waffenlagern Artillerie für die Ukraine versprochen, die durch die Eskalation nun nicht mehr dorthin kann, sondern von Israel gebraucht wird. Sollte der Konflikt also lange weitergehen oder sogar zu einem regionalen Krieg ausarten, würde das für die Ukraine bedeuten, deutlich weniger Unterstützung seitens der USA zu bekommen. Damit würde aber das Ziel, Russland politisch und wirtschaftlich so zu schwächen, dass es für längere Zeit aus dem internationalen Geschäft und der bevorstehenden Neuaufteilung der Welt rausgehalten werden würde, zunichte gemacht oder zumindest deutlich schwerer zu erreichen.

Auch sorgt die Eskalation dafür, dass die USA ihrem außenpolitischen Fokus auf den „großen Feind“ China weniger Aufmerksamkeit schenken kann. In einer potenziellen Eskalation des Konfliktes zwischen USA und China, insbesondere rund um Taiwan, könnte die Reaktion verlangsamt sein, weil die anderen Brandherde gerade schon so viel Raum einnehmen. Dass das nicht im Interesse der USA ist, erklärt die Versuche, humanitäre Feuerpausen zu erreichen und Israel zur Zurückhaltung zu ermahnen.

Krise der EU

In der EU ist, anders als beim Ukraine-Krieg, die Positionsfindung ziemlich schwierig. Innerhalb der EU gibt es Staaten, die eine Unterstützung Israels klar ablehnen und stattdessen für einen sofortigen Waffenstillstand sind, andere Staaten, insbesondere Deutschland und Österreich, sprechen sich gegen einen Waffenstillstand und halbherzig für „humanitäre Pausen“ aus. Speziell Irland und Spanien stellen sich offen auf die Seite der palästinensischen Zivilbevölkerung und polemisieren gegen die israelische Offensive. Frankreich nimmt eine schwankende Rolle ein, wirbt zwar für einen Waffenstillstand, aber auch für eine Unterstützung Israels. Die seit Jahren vorherrschende Krise der EU wird aktuell vertieft durch die Debatte um Palästina.

Wir sehen, dass sich der Hauptantagonismus zwischen den USA und China/Russland auch in der Frage zu Palästina weiter verschärft, während sich innerhalb der EU und des „westlichen Blocks“ zunehmend Risse auftun. Ob diese Risse dazu führen werden, dass sich einzelne Staaten vom US-Imperialismus abwenden oder nicht, kann nicht abschließend beantwortet werden. Es darf jedoch bezweifelt werden, da Gaza zwar eine hohe moralische und politische Bedeutung hat, aber im Gegensatz zu den Konflikten um die Ukraine oder um Taiwan keine besonders hohe wirtschaftliche. Dennoch sollten Revolutionär:innen auch das im Auge behalten, um so Brüche innerhalb der imperialistischen Cliquen zu verschärfen und den Klassenkampf voranzutreiben.

Deutschland und seine „Staatsräson“

Im Gegensatz zur EU steht die deutsche Bourgeoisie geschlossen hinter Israel. Die „Staatsräson“ ist uns allen bekannt. „Israels Sicherheit ist nicht verhandelbar“ – so oder so ähnlich äußern sich alle relevanten deutschen Politiker:innen zu der Offensive der Hamas am 7. Oktober, sowie zu den Massakern, die Israel nun begeht. Anders als noch beim Ukraine-Krieg gibt es keine Stimmen, die das infragestellen. Von AfD bis LINKE sind sich alle einig. Und das nicht ohne Grund: Zum einen, wie wir auch schon an anderer Stelle erklären, kann sich Deutschland mit der Unterstützung des Zionismus als Staat präsentieren, der aus seiner Vergangenheit, dem Holocaust, gelernt hat. Zum anderen hat Deutschland gute wirtschaftliche Beziehungen zu Israel und profitiert, ähnlich wie die USA, von dessen geopolitischer Rolle. Nicht umsonst wurden die Waffenexporte an Israel seit Oktober 2023 verdreifacht – von etwa 100 Millionen Euro auf etwas über 300 Millionen. In Deutschland gibt es auch kaum Teile der Bourgeoisie, die ein Interesse darin hätten, dass Israel geschwächt wird, anders als im Krieg in der Ukraine, wo Teile der deutschen Bourgeoisie ein Interesse daran hatten, zumindest die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland nicht völlig zu zerstören.

Das erklärt auch die massiven Angriffe auf die demokratischen Rechte, insbesondere von migrantischen Personen und Organisationen. Man will das Bild wahren, voll und ganz, geschlossen hinter Israel zu stehen. Aber das tut die deutsche Gesellschaft nicht. Insbesondere in migrantischen Communities findet sich große Unterstützung für das palästinensische Volk und dessen Befreiung. Und der deutsche Staat reagiert entsprechend darauf mit massiven Repressionen: Verbote von Organisationen wie Samidoun, Hausdurchsuchungen bei mehreren Organisationen, die sich auf die Seite Palästinas stellen, monatelange Verbote von Demonstrationen, teilweise sogar das Verbot von Gebeten und der Ausübung der Religionsfreiheit für muslimische Menschen.

Kampf dem Rechtsruck, Kampf dem Imperialismus!

Für uns als Revolutionär:innen und Internationalist:innen bedeutet all das, dass wir, wenn wir es ernst meinen mit unserer Solidarität mit dem palästinensischen Volk, uns entschlossen gegen den deutschen Imperialismus stellen müssen. Wir können und müssen uns ein Beispiel an den Arbeiter:innen Englands, Belgiens und Italiens nehmen, die Waffenlieferungen bestreikt haben. Wir müssen offensiv die Doppelmoral Deutschlands in der Unterstützung Israels aufzeigen, dass es nicht um den notwendigen Schutz von jüdischem Leben geht, sondern um die Unterstützung eines rassistischen Projektes. Aber genauso müssen wir diesen Kampf mit einem Kampf um unsere demokratischen Rechte verbinden. Gegen die rassistischen Organisations- und Demonstrationsverbote, gegen den massiven Rechtsruck und für Selbstschutzmilizen für alle Unterdrückten, um sich gegen ihre Unterdrücker zur Wehr zu setzen. Das gilt es in die Gewerkschaften, in die sozialen Bewegungen und in die reformistischen Parteien zu tragen und darum zu kämpfen.




Gegen den Komplott aus AfD, Neonazis und Kapital!

von Sani Meier, REVOLUTION-Zeitung Januar 2024

Die CORRECTIV-Redaktion veröffentlichte gestern ihre Undercover-Ermittlungen zu einem geheimen Treffen der Neuen Rechten im November bei Potsdam. Mit dabei waren hochrangige AfDler:innen, Neonazis der Identitären Bewegung, CDU-Politikerinnen und superreiche Unternehmer. Gemeinsam wurde am „Masterplan“ gearbeitet unter anderem mit dem Ziel: Die Ausweisung mehrerer Millionen migrantisierter Menschen aus Deutschland, egal ob mit deutschem Pass oder ohne.

Eigentlich sollte keine:r von dem Treffen erfahren, die Organisatoren nutzten zur Kommunikation nur Briefe – niemandem sollte man etwas nachweisen können. Doch die Reporter:innen von CORRECTIV wurden informiert und konnten verdeckt vor Ort recherchieren: Gemeinsam mit führenden Köpfen der Identitären Bewegung wie Martin Sellner und der rechten Hand von AfD-Vorsitzender Alice Weidel trafen sich Politiker:innen der CDU mit reichen Konzernbossen und Juristen, die bereit sind, eine neue rechte Bewegung in Deutschland zu finanzieren. 5 Tausend Euro mussten im Voraus gespendet werden, um teilnehmen zu dürfen. Das Ziel: Vor der nächsten Wahl soll bewusst durch Flugblätter und Werbung Misstrauen gegenüber den Wahlen und öffentlich-rechtlichen Medien erzeugt werden. Gleichzeitig wollen sie hohe Summen in den Aufbau rechter Influencer-Netzwerke stecken, um vor allem junge Menschen für ihre rassistischen Ziele zu gewinnen.

Das alles soll dem sogenannten „Masterplan“ von Martin Sellner dienen: Menschen nicht-deutscher Herkunft sollen trotz deutschem Pass aus Deutschland ausgewiesen werden und gemeinsam mit allen, die Flüchtlingen helfen, auf eine „afrikanische Insel“ umgesiedelt werden. Ähnliches planten die Nazis bereits 1940, als sie vier Millionen Jüdinnen & Juden nach Madagaskar deportieren wollten. Die AfD-Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy beteuert, sie träume davon schon lange. Deshalb sei die AfD auch nicht mehr gegen die doppelte Staatsbürger:innenschaft: „Denn dann kann man die deutsche wieder wegnehmen, sie haben immer noch eine.“ Menschen mit Migrationsgeschichte sollen also bewusst hinters Licht geführt werden, um sie später von Wahlen auszuschließen und abzuschieben. Ulrich Siegmund, AfD-Fraktionsvorsitzende in Sachsen-Anhalt ergänzt, man wolle das Straßenbild ändern, ausländische Restaurants unter Druck setzen und Sachsen-Anhalt „für dieses Klientel“ möglichst unattraktiv zum Leben machen. Was hier passiert, ist die geplante Vertreibung von Millionen von Menschen, juristisch vorbereitet und finanziert durch das Kapital und gewaltbereiten Neonazis.

All das ist kein verschwörerisches Treffen ungefährlicher rechter Spinner, sondern eine reale Bedrohung: Laut aktuellen Umfragen wäre die AfD in mehreren deutschen Bundesländern aktuell stärkste Kraft. Was hier von Neonazis der Identitären Bewegung ausgearbeitet wurde, wird durch die anwesenden AfDler:innen in die Partei getragen und politische Realität – die Vorbereitungen darauf laufen schon jetzt. Im Hintergrund werden hohe Summen Geld locker gemacht und Netzwerke ausgebaut. Als möglicher Verbündeter wird wohl der ehemalige Chef des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen gehandelt, über dessen Parteigründung schon länger spekuliert wird. Über die sozialen Medien sollen bewusst junge Menschen geködert werden. Bereits jetzt berichten Schüler:innen in Berlin von Neonazis, die vor ihren Schulen Flyer verteilen.
Es ist also allerhöchste Zeit, uns zu organisieren und den Aufstieg rechter Bewegungen zu verhindern!

Spätestens seit dem NSU, NSU 2.0 & den rassistischen und antisemitischen Anschlägen von Hanau & Halle ist klar, dass uns der Staat nicht vor rechter Gewalt schützen kann. Auf Polizei & Verfassungsschutz ist kein Verlass, denn sie sind selbst durchsetzt von Rechten und setzen rassistische Kontrollen und Abschiebungen durch. Es ist unsere Aufgabe uns als Schüler:innen, Studierende, Arbeitende und Unterdrückte dieses Systems zusammenzuschließen und Neonazis den Kampf anzusagen. Das bedeutet sowohl, ihre Demonstrationen zu blockieren und ihre Veranstaltungen zu stören, als auch an Schulen, Unis und Betrieben Komitees zu bilden. In diesen können wir Besuche von Rechten an den Schulen melden, uns vernetzen, Aktionen dagegen planen & für unsere Sicherheit sorgen. Gleichzeitig muss unsere Bewegung die realen sozialen Probleme & Fragen der Menschen beantworten. Rassismus & weitere Unterdrückungen haben ihre Wurzel im kapitalistischen System, welches durch unsere Spaltung weiter Profit macht. Deshalb brauche wir ein revolutionär-antikapitalistisches Programm, das für die sozialen Interessen der Lohnabhängigen, Krisengebeutelten und Unterdrückten kämpft, um den Aufstieg der AfD aufhalten zu können.

Für die Zerschlagung des Verfassungsschutz und die Entwaffnung der Polizei- Wir brauchen stattdessen antifaschistischen Selbstschutz durch Arbeiter:innenmilizen!

Für den Aufbau einer antifaschistischen Einheitsfront aus allen linken Organisationen und Organisationen der Arbeiter_Innenklasse!




Bauernproteste: Subventionen erhalten auf Kosten der Reichen!

von Susanne Kühn, Januar 2024, zuerst erschienen in der Infomail der Gruppe Arbeiter:innenmacht

Vom 8. – 12. Januar werden Tausende Bauern und Bäuerinnen mit Fahrtkolonnen, Sternfahrten zu größeren Städten und Blockaden von Autobahnzufahrten und zentralen Verkehrsknoten immer wieder Teile des Landes lahmlegen. Am 15. Januar schließt die Aktionswoche mit einer zentralen Kundgebung in Berlin, um der Ampel den Marsch zu blasen.

Den unmittelbaren Auslöser für die Proteste bildete die geplante Streichung der Subventionen beim Agrardiesel und der KfZ-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft. Diese belaufen sich für das Jahr 2024 auf insgesamt ca. 440 bzw. 485 Millionen Euro. Für einen durchschnittlichen Betrieb würde sich die Streichung der Vergünstigungen auf 4.000 – 5.000 Euro pro Jahr belaufen bei einem durchschnittlichen Jahresgewinn von 82.000 Euro im Wirtschaftsjahr 2021/22 bzw. 115.400 Euro im Jahr 2022/23.

Damit steht sicherlich nicht „die Landwirtschaft“ auf der Kippe, wohl aber würden die Streichungen vor allem die kleineren und mittleren Betriebe treffen, da diese natürlich weniger Gewinn machen, weniger Reserven haben und auch mehr Sprit im Verhältnis zur ihrer Agrarfläche verbrauchen. Für diese landwirtschaftlichen Unternehmen stellt die Streichung der Subventionen eine erhebliche Einkommenseinsbuße dar – zumal die Steigerung der Durchschnittsgewinne landwirtschaftlicher Unternehmen in den letzten Jahren selbst Resultat eines dauerhaften Zentralisations- und Konzentrationsprozesses ist. Gab es im Jahr 2020 noch 440.000 Unternehmen im Agrarsektor, so waren es 2020 noch 260.000.

Zweifellos ist die Empörung und Wut der kleineren und mittleren Landwirt:innen über die Streichungen und die dazukommende schrittweise Abschaffung der Subventionen für den KfZ-Diesel nachvollziehbar und berechtigt. Diese kleinbürgerliche Schicht wird längst ökonomisch von einem immer unhaltbareren Agrarsystem an den Rand gedrückt, da vor allem die Interessen der großen Betriebe, vor allem aber der Agrarindustrie und Handelskonzerne im globalen Wettbewerb bedient werden. Zugleich sollte auch niemand die Protestaktionen als Proteste der „Kleinbäuer:innen“ idealisieren. Geführt werden sie von den großen Wirtschaften, die auch den Bauernverband dominieren, politisch eng an CDU/CSU hängen und an einem auf Subventionen basierenden aberwitzigen Agrarsystem. Diese sind eng verbunden mit direkten Kapitalinteressen und einer über Jahrzehnte etablierten Agrarpolitik, die die Konkurrenzfähigkeit der deutschen und europäischen Agrarproduktion sichert und für relativ günstige Preise in Supermärkten sorgt, die letztlich wiederum durch Massensteuern finanziert werden.

In den letzten Wochen ging der Bauernverband zudem ein enges Bündnis mit dem Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), der einen großen Teil des Transportgewerbes vertritt, ein. Die Aktionswoche vom 8. – 12. Januar wird von beiden Verbänden durchgeführt. Während der Bauernverband weiter die Rücknahme der Streichung aller Subventionen will, fordern die Transportunternehmen „Geld für intakte Straßen und Brücken, Lkw-Stellplätze und verlässliche Förderprogramme für einen klimafreundlichen Straßengüterverkehr“.

Am rechten Rand der Proteste machen sich zudem Verbände wie die sog. „Freien Bauern“ und andere reaktionäre kleinbürgerliche Standesvereinigungen breit. Die AfD und auch Nazi-Organisationen wie die Freien Sachsen suchen die Verbindung zu diesem „Volkswiderstand“ und mischen den Ruf nach billigem Diesel mit dem nach noch billigerem Blut und Boden.

Aktionen gehen weiter

Angesichts der Aktionen des Bauernverbandes im Dezember nahm die Ampel-Koalition die Kürzung der KfZ-Steuerbefreiung vollständig zurück. Die Begünstigung für den KfZ-Diesel soll 2024 nur zu 40 % gekürzt und dann schrittweise bis 2026 abgeschafft werden. Das lehnt der Bauernverband ab, der an der Spitze der Proteste steht und bundesweit die weitaus größte Interessenvertretung bildet. Auch wenn die Bundesregierung jammert, dass die geplanten Blockaden und Sternfahrten „unverhältnismäßig“ seien, so sieht der Bauernverband zu Recht die Chance, sämtliche Forderungen durchzusetzen.

Gemeinsam mit BGL und unterstützt von CDU, CSU und Freien Wählern wollen sie die Ampel-Koalition weiter vor sich hertreiben. Auch wenn der Bauernverband gebetsmühlenartig betont, dass die Proteste „unpolitisch“ wären, so befindet er sich faktisch im Bündnis mit den konservativen Oppositionsparteien.

Diese Kräfte haben (noch) kein Interesse an einem Bündnis mit den rechten Bauernverbänden wie den sog. Freien Bauern oder Teilen von „Landwirtschaft schafft Verbindung“. Daher distanzieren sich der Bauernverband und seine konservativen Verbündeten auch von den rechten Protestaktionen wie der Blockade von Habeck in Schleswig-Holstein, denn schließlich wollen CDU und CSU nicht das System „stürzen“, sondern übernehmen.

Der Bauernverband hofft so, außerdem seine eigene Vormachtstellung unter der Bäuer:innenschaft wieder zu festigen, die in den letzten Jahrzehnten eigentlich schwächer wurde. Phasenweise hatten die Grünen Einfluss gewonnen; die können zurückgedrängt werden. Zugleich machen sich immer wieder auch die inneren Gegensätze unter „der“ Bäuer:innenschaft bemerkbar. Diese reicht schließlich von großen Agrarunternehmen bis hin zu noch relativ kleinen Landwirt:innen, ist also klassenmäßig durchaus heterogen. Darüber hinaus unterminieren auch Interessengegensätze wie z. B. zwischen konventionellen und Öko-Landwirtschaften die „Einheit“ des Verbandes.

Der Angriff auf die Agrarsubventionen dient daher auch als Mittel, eine Einheit herzustellen, die es bei früheren Protesten, z. B. gegen die EU-Glyphosat-Verordnung nicht gab, als Bäuer:innen auf unterschiedlichen Seiten der Barrikaden standen. Indirekte Steuern und Agrarsubventionen stellen hingegen traditionell ein Mittel dar, eine Einheit zwischen klassenmäßig heterogenen Kräften wie Kleinunternehmen und Agrarkonzernen herzustellen. Höhere Steuern und Belastungen seien schließlich ein Angriff auf alle Unternehmen. Wie die Subventionen finanziert werden, wird dabei bewusst außen vorgelassen. Dabei liegt gerade hier der Hase im Pfeffer, denn unter den aktuellen Bedingungen müssen diese natürlich aus Steuermitteln finanziert werden – und diese kommen nach Jahrzehnten der Umverteilung der Steuerlast auf die Lohnabhängigen natürlich vor allem von diesen.

Daher müsste eine linke Haltung zu den Forderungen der Landwirt:innen folgendermaßen aussehen: Nein zu den Subventionsstreichungen, da diese tatsächlich die Existenz der kleineren Betriebe bedrohen und massive Einkommenseinbußen bedeuten. Diese Maßnahmen müssten aber durch eine progressive Besteuerung der Unternehmensgewinne – auch im Agrarsektor – finanziert werden. So wäre es möglich, einen Keil zwischen die verschiedenen Schichten der Landwirt:innen zu treiben und die Vormachtstellung der Großbäuerinnen/-bauern und des Agrarkapitals anzugreifen.

Die Grenzen der kapitalistischen Agrarbranche

Die aktuelle Protestbewegung reflektiert auch eine tiefe Krise des bestehenden landwirtschaftlichen Systems in Deutschland und der EU, der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die Subventionen oder Vergünstigungen in diesem Sektor bilden mittlerweile einen zentralen Bestandteil der Einkommen landwirtschaftlicher Betriebe in Deutschland (und der gesamten EU). So zogen die landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe in Deutschland ungefähr die Hälfte ihres Einkommens aus Direktzahlungen und anderen Zuschüssen.

Auch wenn in bestimmten Sektoren kleiner Landwirt:innen, z. B. bei einzelnen Nebenerwerbsbauern/-bäuerinnen das sogar 90 % ausmachen kann, so werden die Großbetriebe (z. B. in Ostdeutschland) sowie Agrarholdings (also große Investor:innen) von diesem System überdurchschnittlich begünstigt.

Dieses Subventionssystem ist selbst ein Resultat der inneren Tendenzen der kapitalistischen Landwirtschaft. Die Preise für zentrale Produkte (z. B. Getreide, Futtermittel, Rinder- und Schweinefleisch, Milchprodukte) werden auf dem Weltmarkt bestimmt. Die Agrarproduktion selbst ist natürlich auch auf ihn ausgerichtet.

Um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher oder europäischer Produzent:innen zu sichern, pumpen die EU und Deutschland seit Jahren Milliarden an Subventionen in diesen Bereich. Solcherart (und aufgrund der höheren Produktivität einer industrialisierten Landwirtschaft) kann der europäische Agrarexport halbkoloniale Konkurrenz verdrängen und sogar deren Inlandsmärkte erobern.

Einen eng damit verbunden Bestimmungsfaktor der gesamten landwirtschaftlichen Produktion bilden die Lieferant:innen von Maschinen, Saatgut, Düngemitteln etc. sowie die Abnehmer:innen (große Agrarkonzerne und Handelsunternehmen). Im Unterschied zur Bäuerinnen-/Bauernschaft sind diese hochgradig konzentriert, bestimmen wenige Konzernen nationale und internationale Märkte, können also den landwirtschaftlichen Produzent:innen Preise diktieren.

Ohne Subventionen würden die Bauern und Bäuerinnen entweder nicht mehr erhalten als diese Preise, viele Betriebe wären längst pleite, die Zentralisation in der Landwirtschaft noch viel weiter fortgeschritten. Oder sie wären in der Lage, höhere Preise zu verlangen, was massiv steigende Nahrungsmittelpreise zur Folge hätte, die von der Masse der lohnabhängigen Konsument:innen zu bezahlen wären. Um beides zu verhindern, wirken die Agrarsubventionen wie ein Reparaturbetrieb, der ständig nach mehr Subventionen, mehr Stützen schreit, weil für ein im Grunde aberwitziges System eigentlich immer mehr Subventionen nötig werden. Hinzu kommt, dass relativ geringe Lebensmittelpreise auch den Wert der Ware Arbeitskraft senken, so dass sich auch Lohnabhängige in prekären Verhältnisse noch über Wasser halten können. Das heißt, das bestehende Agrarsystem erleichtert auch die Umsetzung und Durchsetzung neoliberaler Arbeitsmarktreformen.

Die aktuellen Proteste bringen auch einen Unmut breiter Schichten der Landbevölkerung mit diesem System zum Ausdruck, das immer schwerer zu finanzieren ist und den Konzentrationsprozess in der Landwirtschaft zwar bremst, keinesfalls aber aufhält. Zweitens steht dieses System jeder einigermaßen vernünftigen Reorganisation der Landwirtschaft im Sinne ökologischer Nachhaltigkeit direkt entgegen.

Es ist daher eine gewisse Paradoxie, dass bei den aktuellen Protesten gerade solche Kräfte an der Spitze stehen – CDU/CSU, aber auch der Deutsche Bauernverband –, die über Jahrzehnte dieses milliardenschwere System auf- und ausgebaut und gegen jede Kritik verteidigt haben; ein System, das vor allem dem Agrarkapital sowie den großen Konzernen im Handel Milliardenprofite sichert.

Innerhalb der Bauern-/Bäuerinnenschaft bildet sich schon länger ein kleinbürgerlicher Widerstand gegen diese Politik des Bauernverbandes. Mit der Expansion der ökologischen Landwirtschaft profitierten einige Zeit die Grünen davon. Doch die Illusionen in deren „andere“ Politik sind bei vielen verblasst, was auch erklärt, warum in der gegenwärtigen Situation Habeck und die Grünen und nicht Lindner und die FDP zur ersten Zielscheibe des Hasses gerieten. Der andere Grund liegt darin, dass seit etlichen Jahren auch eine reaktionäre, kleinbürgerliche, rechte und nationalistische Kritik am Bauernverband stärker geworden ist. Diese lehnt Subventionen grundsätzlich ab und tritt für eine „echte“, das heißt kleinbäuerliche Marktwirtschaft ein, will zurück zur Einheit von Hof, Land und Eigentum. Um die „ehrliche“ deutsche Landwirtschaft zu retten, soll sie von der internationalen Konkurrenz abgeschottet werden. Es sind diese utopischen und gleichzeitig reaktionären Tendenzen, die von den Rechten, von AfD oder auch Faschist:innen aufgegriffen werden. Darin sind sie nicht erfolglos, obwohl sie selbst kein auch nur einigermaßen schlüssiges Konzept vorzuweisen haben. Die AfD fordert sogar die Streichung aller Subventionen in der Landwirtschaft, was, würde es auf einmal umgesetzt, den Ruin Zehntausender Bäuerinnen und Bauern bedeuten würde. Doch wie andere rechte und rechtspopulistische Bewegungen zeigen, wird der Verweis auf die innere Unvernunft solcher Vorschläge, auf ihren aberwitzigen und zutiefst irrationalen Charakter nicht verhindern, dass Kleinbürger:innen solchen Rattenfänger:innen auf den Leim gehen.

Und die Arbeiter:innenklasse?

Ein entscheidender Grund, warum die gesamte Krise des Agrarsektors von bürgerlichen Kräften bestimmt und als deren einzige scheinradikale Alternative rechte bis faschistische Gruppierungen auf den Plan treten, liegt darin, dass die Arbeiter:innenbewegung selbst über keine programmatische und politische Antwort verfügt. Sie kann so auch nicht als eigenständige Kraft in Erscheinung treten, zumal sie auch bei den Kämpfen der letzten Jahre über rein ökonomische Forderungen kaum hinauskam.

Natürlich sollten sämtliche Subventionsstreichungen unmittelbar rückgängig gemacht werden. Aber das löst die grundlegenden Probleme überhaupt nicht. Eine Überwindung der Krise des Agrarsektors und eine Neustrukturierung im Interesse der Versorgung und ökologischer Notwendigkeiten setzt voraus, die Eigentumsfrage anzugehen. Das schließt die Enteignung von Grund und Boden sowie der Agrarindustrie und der Handelskonzerne ein.

Auf dieser Basis könnte die Produktion unter Einbeziehung von Ausschüssen der Bauern und Bäuerinnen und Landarbeiter:innen gemäß der Bedürfnisse der Masse der Konsument:innen und ökologischer Nachhaltigkeit reorganisiert werden – und zwar nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene. Dies müsste natürlich nicht nur die Frage einschließen, welche Landwirtschaftsprodukte wie produziert, sondern auch, wie die Maschinen und Transportsysteme entwickelt werden sollen.

Um die Preise für Agrarprodukte zu regulieren, braucht es Preiskontrollkomitees, die ländliche Produzent:innen und städtische Konsument:innen direkt verbinden. Damit höhere Agrarpreise nicht auf Kosten der Lohnabhängigen gehen, müssen Löhne und Einkommen automatisch an diese Preissteigerungen angepasst werden.

Die Arbeiter:innenklasse kann und muss den bäuerlichen Produzent:innen zwar einen Plan für eine vernünftige Reorganisation der Landwirtschaft anbieten, sie kann und muss sie gegen den Druck der Agrarkonzerne verteidigen, aber sie kann ihnen nicht die Beibehaltung des bäuerlichen „unabhängigen“ Betriebs versprechen. Dieser ist selbst auf dem Boden des aktuellen Kapitalismus längst zu einer Fiktion geraten. Die Lösung des Problems besteht nicht in der Rückkehr zu einem „goldenen“ Zeitalter der bäuerlichen Wirtschaft, das es ohnehin nie gab, sondern in der gemeinwirtschaftlichen, demokratisch geplanten Produktion auch in der Landwirtschaft. Dabei können Genoss:innenschaften als Übergangsform vom individuellen Privat- zum Gemeineigentum nützlich sein. Sie sollten daher von der Arbeiter:innenklasse unterstützt werden.

Ein solches Programm würde zwar sicher nicht alle Landwirt:innen, also eine ganze (klein-)bürgerliche Schicht gewinnen. Es wäre aber geeignet, einen Keil zwischen Bäuerinnen-/Bauernschaft und das Agrarkapital zu treiben und zwischen reaktionären und fortschrittlichen Teilen der Landbevölkerung.




Grundlagen des Marxismus: Linker Populismus

Mit der Aufmerksamkeit und der Polarisierung rund um Sahra Wagenknecht ist der Vorwurf des „Linke Populismus“ wieder laut geworden. Doch was genau ist das, und warum sollten wir darüber sprechen? In diesem Artikel werden wir den Begriff des Linkspopulismus erklären, wie ihn unsere Jugendorganisation definiert, und welche Auswirkungen er auf unsere politische Arbeit hat.

Zunächst nochmal: Es ist wichtig, über Politische Strategien zu debattieren, denn sie sind letztendlich der Kern jeglicher politischen Bewegung. Solche Auseinandersetzungen helfen uns dabei, ideologische Überschneidungen zu identifizieren, unsere revolutionären Programme zu stärken und die richtigen Taktiken und Forderungen auszuwählen. Sie ermöglichen es uns auch, politische Erscheinungsformen zu erkennen und angemessen mit ihnen in unserer politischen Arbeit umzugehen.

Verständnis des Linken Populismus

Der Kern des Linke Populismus‘ ist ein Praxis, der darauf abzielt, eine politische Frontlinie zwischen zwei konstruierten Polen zu ziehen. Diese beiden Pole stellen dabei aber nicht wie im Marxismus ein verwobenes Klassenverhältnis als Grundlage eines gesellschaftlichen Systems dar, sondern werden als ein plumper Gegensatz dargestellt, in der Regel zwischen „dem Volk“ und „den Eliten / Reichen / Politiker:innen“ heruntergebrochen werden. Vereinfacht gesagt geht es darum, eine Frontlinie zwischen einem guten „Wir“ und einem bösen „Die“ aufzubauen, wobei es in der Charakterisierung dieser Kollektive eher um die individuellen Eigenschaften wie Ehrlichkeit, Fleiß und Schlauheit geht als um ein Verständnis der politisch-ökonomischen Dynamik. Mit dieser einfachen Opposition streben linke Populist:innen eine kollektive Identifikation an, die zumindest zeitweise sehr mobilisierend sein können. Diese erweitert in ihrer Argumentation, wie es beispielsweise die linkspopulistische Theoretikerin Chantal Mouffe ausdrückt, die Politik über reine Klasseninteressen hinaus. Jedoch rückt hier die Frage nach dem Verhältnis zwischen der Arbeiterklasse, den Kapitalist:innen und den Kleinbürger:innen in den Hintergrund. Der Fokus auf diese Klassenverhältnisse ist es, den Theoretiker:innen des Linkspopulismus besonders häufig an anderen Strömungen der Arbeiter:innenbewegung kritisieren. So werfen sie Marxist:innen vor, sie würden einen „Klassenessentialismus“ betreiben, also dass man dogmatisch in der politischen Theorie und Praxis alles auf die Klassenzugehörigkeit runterbricht. Diese Kritik wird damit begründet, dass durchdachte sozialistische Programme zu eingeschränkt seien, da sie jegliche Politik zu stark auf dem im Kapitalismus existierenden Klassenwiderspruch ausrichteten. Sie sehen eine Vereinfachung des Konzeptes als ein „Wir“ gegen „Die“ als eine vielversprechende Möglichkeit an, Massen von linker Politik zu überzeugen. Eine konkrete Analyse der Klassenwidersprüche ist für uns jedoch der zentralste und notwendigste Bestandteil dabei, eine wirksame politische Programmatik zu entwickeln, da diese die ökonomische und politische Grundlage der Gesellschaft bilden.

Das Ziel des linken Populismus ist nach seinen Befürworter:innen die Wiederherstellung und Vertiefung der Demokratie, indem man „dem Volk“ dazu behilft, seine eigentlich per Definition zustehenden Macht auszuüben, meist in der Form, die linkspopulistische Partei als deren Sprachrohr zu wählen. Die Vorstellung des „Volkes“ wird dabei eben nicht an objektiven Klassenunterschieden festgemacht, sondern kann je nach Auslegung als sozialer Schicht, Milieu oder politische Interessengruppe definiert sein. Diese Konstruktion des „Volkes“ kann somit auch mit reaktionären Positionen wie Nationalismus und (sozialem) Chauvinismus einhergehen und tut dies in der Praxis auch immer wieder, siehe Sahra Wagenknechts Befürwortung von Asylrechtsverschärfungen.

Ein weiteres Merkmal des Linkspopulismus ist die Konzentration auf einzelne Themen und die Verwendung von einfachen Erklärungen, die oft von emotionalen Elementen getragen werden. Dies kann eine effektive Methode sein, um die Massen zu mobilisieren, birgt jedoch auch das Risiko, dass politische Diskussionen oberflächlich und undifferenziert werden. Außerdem wird es dadurch schwieriger für die Arbeiter:innen, ihre objektive Lage im Kapitalismus zu erkennen und somit ein Klassenbewusstsein zu entwickeln. Das wollen aber Linkspopulist:innen ja auch gar nicht, denn es geht vornehmlich darum, gewählt zu werden.

Die populistische Bewegung oder Partei

Der Aufstieg von Parteien und Bewegungen, die sich zumindest linkspopulistischen Ansätzen bedienen, hat in den letzten Jahren durchaus großen Raum auf der politischen Bühne eingenommen. In Südamerika spielen linkspopulistische Kräfte schon lange eine recht große Rolle. Als europäische Beispiele sei hier die griechische Partei SYRIZA zu nennen, die nach dem Wahlsieg im Jahr 2015 den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras stellte, sowie die Partei PODEMOS in Spanien, welche ebenso 2015 und auch später bei Parlamentswahlen zweitweise große Erfolge erzielte. Das jüngste Beispiel einer großen Partei ist sicherlich La France Insoumise rund um Mélenchon, der immerhin 22% bei der letzten Präsidentschaftswahl in Frankreich erringen konnte. Und was ist mit Sahra Wagenknecht? Definitiv trägt das ihr bisher vorgestelltes Programm linkspopulistische Züge, aber ist deutlich unklarer und enthält auch viel Konservativismus bis Nationalismus. Ob letztendlich die Partei, die dem Bündnis Sahra Wagenknecht nachfolgt, überhaupt als Ganzes als linkspopulistisch einzuschätzen ist, bleibt abzuwarten, sobald diese sich überhaupt konstituiert haben und klar ist, welche Kräfte dabei inhaltlich und organisatorisch mitmischen.

Die linkspopulistischen Elemente dieser Kräfte zielen dann darauf ab, Massen zu mobilisieren. Sie lehnen klassenbasierte Politik ab, versuchen aber den Raum zu füllen, der von der klassischen Sozialdemokratie zurückgelassen wird, da die Lohnabhängigen sich immer stärker von diesen abwenden. Das wird vor allem dann möglich, wenn das Vertrauen von Teilen der Arbeiter:innenklasse, aber auch der kleinbürgerlichen Bevölkerung und den Mittelschichten, in die parlamentarische Demokratie schwindet. In Zeiten politischer und wirtschaftlicher Krisen suchen sie nach Alternativen, die etablierte Formen der bürgerlich-demokratischen Herrschaft und die sie unterstützenden Parteien in Frage stellen. Linkspopulistische Parteien und Bewegungen scheinen in diesen Momenten eine solche Alternative zu bieten. Klare Frontlinien, einfache Forderungen und Vorschläge, die direkte Nöte der Menschen und politische Missstände adressieren, verschaffen ihnen, zumeist kurzweiligen, Aufschwung und Unterstützung der Wähler:innenschaft. Es kann auch gar nicht nachhaltig sein, denn die Beschränkung und Flachheit der politischen Theorie und Praxis führt meist zu einer höchstens reformerischen Politik, die nicht dazu in der Lage ist, die eigentlichen Probleme durch die Überwindung der Kapitalismus aufzulösen. Der versprochene Umschwung bleibt aus.

Verbindung des Populismus zu unserer politischen Arbeit

Der Linkspopulismus hat in den großen linken Parteien weltweit großen Einfluss. Natürlich gibt es Forderungen in bestimmten Kämpfen, die auch mit unseren Positionen als trotzkistische Jugendorganisation vereinbar sind. Durch diese gemeinsamen Positionen können Linkspopulist:innen und ihre Organisationen sowohl für uns als auch für andere revolutionäre Gruppen und Parteien temporäre Partner:innen darstellen. Dabei kritisieren wir den Linken Populismus und seine Strategie jedoch scharf, insbesondere seiner Missachtung des zentralen Klassenwiderspruchs, welche weitreichende Konsequenzen in Bezug auf Forderungen und Taktiken hat.

Die Bewegungen, die dem Linkspopulismus zuzuordnen sind, haben in den letzten Jahren einen nicht unwichtigen Platz auf der politischen Bühne gefunden und können insbesondere in Zeiten des Vertrauensverlusts in etablierte reformistische Parteien aufblühen. Dabei haben sie jedoch wie in Griechenland, Spanien oder mehreren Ländern Lateinamerikas, bereits gezeigt, dass ihre Taktik keine wirkliche Lösung für die Krisen des Kapitalismus bieten kann. Tsipras musste am Ende vor der Troika kapitulieren, da er nicht bereit war, mit der nationalen Bourgeoisie zu brechen und eine Arbeiter:innenregierung zu schaffen. Die peronistische Opposition in Argentinien verhält sich im Kampf gegen Mileis radikale Angriffe sehr zurückhaltend, da sie nicht bereit ist, den Arbeiter:innen eine radikale Antikrisenpolitik in ihrem Interesse anzubieten und nicht mit der bürgerlichen Politik brechen will. Dennoch müssen wir als kommunistische Jugendorganisation genau auf die Entwicklung linkspopulistischer Organisationen schauen und diesen Zusammenarbeit anbieten, wo das sinnvoll ist. Gerade auch um die inneren Widersprüche des Linkspopulismus zu vertiefen und deren Mitgliedern aufzuzeigen, dass ein klares Benennen des Klassengegensatzes und eine Politik im Interesse des Proletariats, die einzige Möglichkeit sind, die Krise tatsächlich zu lösen.




FAQ: Neujahrsvorsatz?! Get organized!

Von Leonie Schmidt, Dezember 2023

Das Jahr 2023 liegt nun fast hinter uns und wie es die Tradition so will, sollen wir uns nun Gedanken darüber machen, was wir eigentlich nächstes Jahr alle so besser machen wollen. Abnehmen, weniger Essen bestellen, gesünder essen, mehr sparen, weniger Plastik produzieren, weniger Auto fahren – die Erwartungen, die jedes Jahr von der Gesellschaft an uns gerichtet werden, sind groß. Und sie dienen auch als ein Ventil, um die strukturellen Probleme in der kapitalistischen Gesellschaft zu individualisieren. Denn wenn wir zum Beispiel nicht so viel Zeit mit Hausaufgaben und Arbeiten verbringen würden und die Ernährung gesamtgesellschaftlich in Kantinen mit kostenlosen, leckeren und ausgewogenen Essen organisiert werden würde, müssten wir uns nicht den Kopf darüber zerbrechen, wie wir unseren Alltag und unsere körperlichen Bedürfnisse unter einen Hut bringen können. Würde es einen besser ausgebauten und demokratisch-verwalteten ÖPNV geben, könnten wir das Auto das ganze Jahr über stehenlassen. Über individuellen Umweltschutz müssten wir auch nicht mehr in diesem Ausmaß reden, wenn die Klimakiller enteignet wären und die Produktion nach den Bedürfnissen von Mensch und Natur geplant werden würde. Und den unterdrückerischen Schönheitsidealen könnten wir den Mittelfinger zeigen, wäre die Hausarbeit vergesellschaftet und so die materielle Grundlage für Geschlechterstereotypen aufgelöst.
Wir sehen also: Diese Vorsätze dienen allenfalls dazu, dass wir uns selbst etwas vormachen, ohne wirklich etwas zu verändern. Deswegen haben wir einen besseren Vorschlag für einen Neujahrsvorsatz als immer nur die gleiche Leier von Selbstoptimierung & Co: organisier´ dich!

Nun gibt es natürlich einige Fragen, die dieser Vorschlag aufwirft. Manche von Euch wissen vielleicht im Moment noch nicht, warum das überhaupt sinnvoll sein soll. Andere haben Ängste, fühlen sich vielleicht noch nicht bereit und sind unsicher, was auf sie zukommt. Die folgenden Fragen wollen wir versuchen, in diesem Beitrag zu beantworten:

• Warum sollte ich mich überhaupt organisieren?

• Welche Schritte gibt es, damit ich Mitglied werden kann?

• Wie kann ich eine Ortsgruppe in meiner Nähe finden / zu ihr Kontakt aufnehmen?

• Was tun, wenn es keine Ortsgruppe in meiner Nähe gibt?

• Muss ich (viel) Theorie gelesen haben? Muss ich zu jedem Thema eine Position haben?

• Ich war noch nie auf einem Plenum, was erwartet mich da?

• Welche Mechanismen gibt es in der Organisation, um unterdrückerische Verhaltensweisen zu minimieren?

Warum sollte ich mich überhaupt organisieren?

Fangen wir erstmal mit den Basics an. Da wir den international-agierenden Kapitalismus durch eine internationale Massenbewegung der Jugend, Arbeiter:innenund Unterdrückten schlagen wollen, ist es notwendig, dass sich so viele wie möglich von uns gegen Ausbeutung, Unterdrückung, Kriege und Krisen zur Wehr setzen. Grundsätzlich macht es Sinn, sich an den Ort zu organisieren, an denen man sich tagtäglich bewegt und von Unterdrückung betroffen ist, zum Beispiel an Schulen, an denen man Komitees gründen kann. Das kann aber eine politische Organisation nicht ersetzen, denn die kollektive Struktur ermöglicht ein viel besseres Bündeln von Kräften, als es lose Zusammenschlüsse könnten. Als Mitglied hat man nämlichdie Möglichkeit, alles demokratisch mitzugestalten, da man ein Stimmrecht hat und seine Ideen und Fähigkeiten vielseitig einbringen kann. REVOLUTION ist eine demokratisch-zentralistische Organisation. Das heißt, dass wir vollste Freiheit, Diskussion, Fraktionsrecht und demokratische Prozesse im Innern gewährleisten. Demokratische Entscheidungen wollen wir gemeinsam nach außen tragen und geschlossen durchführen. Man könnte es mit den Worten ’Freiheit der Diskussion und Einheit im Kampf’ beschreiben. Unsere Organisation gehört den Mitgliedern. Wir haben eigene demokratische Prozesse, eigene Beschlüsse und eigene Strukturen. 

Welche Schritte gibt es, damit ich Mitglied werden kann?

Damit du Mitglied bei uns werden kannst, möchten wir dich erstmal ein bisschen besser kennenlernen. Das hat nichts mit Exklusivität zu tun, sondern damit, dass wir sicherstellenwollen, dass dir auch klar ist, was wir erreichen wollen und wofür wir als Organisation stehen. Als Grundlage dessen solltest du mindestens ein paar Mal zu unseren Ortsgruppentreffen und auf Aktionen mit uns kommen, dann diskutieren wir super gerne unser Programm mit dir. Das findest du auf unserer Website und in diesem sind unsere zentralen Positionen enthalten. Diese Programmdiskussion stellt keine Prüfung dar, bei welcher wir unsere Standpunkte abfragen, sondern es geht darum, dass wir deine inhaltlichen Fragen beantworten können und die Möglichkeit nutzen, Details zu klären, die entweder nicht ausführlich abgedruckt sind oder (noch) keinen Platz in unserem Programm gefunden haben. Außerdem können wir so auch gemeinsam herausfinden, ob es zum Beispiel Differenzen gibt. Das ist an sich nicht weiter schlimm und stellt auch keinen Grund dar, sich nicht bei uns organisieren zu können, solange du dem Programm im Großen und Ganzen zustimmen kannst. Denn es wird immer Mitglieder geben, die bei dem einen oder anderen Punkt eine andere Position haben oder für eine andere Taktik argumentieren würden. Damit wir aber trotzdem sinnvoll agieren können, greifen hier die im vorherigen Punkt erwähnten Mechanismen des demokratischen Zentralismus: Freiheit der Diskussion und Einheit im Kampf. Des Weiteren diskutieren wir mit dir ein Dokument, was die Organisationsstruktur und Rechte und Pflichten der Mitglieder erläutert. Zu guter Letzt diskutieren wir unsere Konsens-Broschüre, wo wir das „Nur Ja heißt Ja“- Prinzip vertreten. Das ist eine Maßnahme, die wir wichtig finden, um unsere Mitgliedschaft zu schützen und das Bewusstsein der neuen Mitglieder zu stärken. Ist das alles abgeschlossen, gibt es eine Abstimmung, ob du als Mitglied aufgenommen werden kannst. Aber keine Sorge, normalerweise sind diese Abstimmungen einstimmig und falls es doch Bedenken geben sollte, weißt du das nicht erst in diesem Moment.

Wie kann ich eine Ortsgruppe in meiner Nähe finden / zu ihr Kontakt aufnehmen?

Du kannst uns einfach auf Instagram, X oder per Mail (germany@onesolutionrevolution.de) anschreiben und wir vermitteln dir den Kontakt einer Person direkt aus deinem Wohnort oder aus deiner Nähe. Keine Angst beim Anschreiben, wir freuen uns immer über Leute, die mal auf ein Treffen von uns kommen wollen oder einfach nur Nachfragen haben! Dieser Kontakt sagt dir dann Bescheid, wann und wo das nächste Treffen stattfindet, und du kannst einfach vorbeischauen!

Was tun, wenn es keine Ortsgruppe in meiner Nähe gibt?

Du hast immer auf unsere Endslides geschaut und festgestellt, dass es in deinem Bundesland oder in deiner nähren Umgebung keine Ortsgruppe von uns gibt? 🙁 Keine Sorge, auch das heißt nicht, dass du dich nicht bei uns organisieren kannst. Falls die Entfernung nicht zu groß ist, würden wir dich vermutlich erstmal an die nächste Ortsgruppe in deiner Nähe anbinden. Falls die nicht existiert, können wir gerne einen online Termin ausmachen und darüber sprechen, welche Möglichkeiten es so gibt. Auch wenn das vielleicht erstmal gruselig klingt, könntest du auch einfach selbst eine Ortsgruppe aufbauen! Selbstverständlich würden wir dich damit nicht alleine lassen. Du bekommst dann Material, sowie personelle und inhaltliche Unterstützung. Und in deiner Umgebung gibt es bestimmt Gleichgesinnte, denen es genauso geht wie dir. Durch den Aufbau einer eigenen Ortsgruppe könnt ihr zueinanderfinden! Und für den erfolgreichen revolutionären Systemwechsel brauchen wir natürlich auch überall Ortsgruppen und Komitees. Also warum nicht heute schon anfangen?!

Muss ich (viel) Theorie gelesen haben? Muss ich zu jedem Thema eine Position haben?

Um bei uns Mitglied zu werden, musst du erstmal keine Theorie (abgesehen von unserem Programm und der Konsens-Broschüre) gelesen haben. Auch wenn es natürlich nachvollziehbar ist, dass du vielleicht erstmal Sorge hast, dass du als „unbelesen“ rüberkommen könntest, wenn du noch nicht alles weißt und nicht zu jedem x-beliebigen Thema eine Position hast, können wir dir versichern, dass wir alle mal genauso angefangen haben. Mal abgesehen davon, dass alles zu wissen doch recht utopisch ist, ist es auch ein entscheidender Vorteil der Organisation, dass man mit unterschiedlichen Positionen in Berührung kommt, sich regelmäßig über Themen austauscht und ständig etwas dazu lernt! Immerhin organisieren wir Lesekreise und Schulungen und auch beim Entwerfen von Vorträgen, Artikeln oder Flyern kann man viel lernen und festigen, was alles Aktivitäten sind, die ohne Organisation relativ wenig Sinn haben. Ebenso gibt es natürlich auch immer die Möglichkeit Positionen, neu zu erarbeiten oder Vorschläge für Veränderungen einzureichen. Natürlich gehört es auch dazu, die Positionen der Organisation in die Schulen und Bewegungen zu tragen, sowie gegenüber Außenstehenden zu verteidigen. Auch hier lernt man viel dazu. Du siehst also, durch diese ständige Auseinandersetzung inner- und außerhalb der Organisation kann man sein marxistisches Verständnis weitaus schneller festigen, als wenn man alleine zuhause „Das Kapital“ wälzt. Außerdem hast du dann auch immer jemanden zur Hand, der deine Fragen beantworten kann.

Ich war noch nie auf einem Plenum, was erwartet mich da?

Als Plenum bezeichnen wir unser wöchentlich stattfindendes Ortsgruppentreffen. Auch wenn es verständlich ist, wenn du erst einmal Angst davor hast, auf so viele neue Leute zu treffen, können wir dir versichern, dass da nichts Schlimmes passiert und wir uns immer über neue interessierte Leute freuen. Außerdem kann es manchmal gut sein, sich seinen Ängsten zu stellen. Um dir die Furcht etwas zu nehmen, wollen wir dir kurz beschreiben, wie so ein Plenum bei uns abläuft. Anfangs stellen wir uns erstmal kurz mit unserem Namen und unseren Pronomen, wenn wir uns wohl damit fühlen, vor. Dann gibt es meist einen kleinen Input, der sich auf ein aktuelles Thema oder auf eine theoretische Grundlage bezieht. Danach gibt es die Möglichkeit, Fragen zu stellen und darüber zu diskutieren. Hierfür haben wir eine Redeliste, d.h. du meldest dich und wirst von der Moderation drangenommen. Hierbei haben wie eine quotierte Redner:innenliste, das heißt, wenn jemand schon sehr viel geredet hat, werden andere vorgezogen. Auch gesellschaftlich Unterdrückte werden vorgezogen. Nach dem Input und der Diskussion besprechen wir verschiedene organisatorische Themen wie unsere Politik an Schulen oder Demotermine. Falls du Fragen dazu hast, kannst du sie auch nach Meldung zwischendurch stellen. Sollten sie sich im Allgemeinen auf unsere Organisation beziehen, kannst du sie gerne hinterher stellen, denn viele Ortsgruppen machen nach ihren Treffen auch noch Socials, wo solche Fragen sehr willkommen sind. Falls wir sie noch nicht haben, werden wir dich dann sicher auch noch um deine Kontaktdaten bitten, da wir dich für das nächste Treffen/ die nächste Aktion einladen wollen.

Welche Mechanismen gibt es in der Organisation, um unterdrückerische Verhaltensweisen zu minimieren?

Auch wenn wir uns es natürlich wünschen würden und uns auch tagtäglich darum bemühen, halten wir es für utopisch, dass unsere Organisation ein komplett unterdrückungsfreier Raum ist. Immerhin wurde unsere Mitgliedschaft im Kapitalismus sozialisiert und wir sind als Marxist:innen der Auffassung, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt und somit die Grundlagen der Unterdrückungen erst mit der Klassengesellschaft vollständig zerschlagen und unterdrückerisches Verhalten somit erst dann vollständig abgelegt werden kann. Trotzdem legen wir uns jetzt nicht auf die faule Haut und drehen Däumchen. Einerseits befassen wir uns auf einer theoretischen Grundlage mit sozialer Unterdrückung, andererseits gibt es auch regelmäßig kollektive Reflexionsrunden zum Beispiel zum Thema Sexismus und Rassismus, wo wir über unser Verhalten sprechen und somit einen Ansatz bieten, um weiter an sich arbeiten zu können. Des Weiteren gibt es auch das Caucusrecht für Betroffene von Unterdrückungen. Ein Caucustreffen bietet die Möglichkeit, sich in einem geschützteren Rahmen über konkrete Probleme, Missstände und Vorfälle wie beispielsweise von Sexismus innerhalb der Organisation auszutauschen. Es werden Fragestellungen im Zusammenhang mit Sexismus diskutiert und gemeinsame Ideen und Lösungen ausgearbeitet. Anschließend können organisatorische, politische oder analytische Empfehlungen und Forderungen zurück in die Organisation getragen werden. Die Maßnahmen werden der Mitgliedschaft oder der Leitung vorgelegt, um den Kampf gegen Sexismus voranzutreiben. Ein Vetorecht gegen Beschlüsse der Leitung oder abgestimmte Entscheidungen der Mitgliedschaft hat der Caucus jedoch nicht. Prinzipiell bleibt aber erst einmal alles, was im Rahmen des Caucus besprochen wird, unter Verschluss. Sollte es zu Vorfällen von unterdrückerischem oder grenzüberscheitenden Verhalten kommen, wird eine Kommission einberufen um den Fall zu untersuchen und Empfehlungen hinsichtlich des Umgangs mit dem:der Täter:in auszusprechen.




Treuhand, Troika, Schwarze Koffer – Ein politisches Nachwort an Wolfgang Schäuble

Von Jona Everdeen, Dezember 2023

Die Bundesrepublik trauert, Wolfgang Schäuble, über mehrere Jahrzehnte einer ihre politischen Köpfe, ist am 26.Dezember im Alter von 81 Jahren verstorben. Von 1972 bis zu seinem Tod war er Mitglied des Bundestags für die CDU. Die bürgerlichen Zeitungen schreiben Deutschland habe einen „Scharfen Denker“ verloren, selbst Linkspartei Abgeordneter Dietmar Bartsch sprach von dem Tod eines „Großen Demokraten“ mit dem er zwar nicht immer einer Meinung gewesen war, den er aber offensichtlich dennoch stark respektierte. Doch wer war Wolfgang Schäuble wirklich und für welche Politik stand er? Und warum weinen wir diesem langjährigen Verwalter des Deutschen Imperialismus keine Träne nach?

Schäubles Politische Grundsätze

Als CDU-Politiker stand Schäuble in politischen Fragen für eine rechtskonservative Politik, die sich einerseits auf einen hart durchgreifenden Staat und andererseits auf eine neoliberale Wirtschaftspolitik stützt. So trat Schäuble in seiner Funktion als Innenminister für eine massive Stärkung der Befugnisse der Polizei sowie Vereinfachung der Einschränkung von Grundrechten ein, im Interesse der „Sicherheit“ versteht sich. Für diese Sicherheit, vor allem mit Betonung auf den Schutz der Bevölkerung vor Terrorismus, rechtfertigte er, neben dem massiven Ausbau von Überwachung, auch Versuche den Einsatz der Bundeswehr im Inland zu vereinfachen. Uns jedoch ist klar um wessen Sicherheit es bei solchen Maßnahmen tatsächlich geht: Die des Kapitals vor unzufriedenen Arbeiter:innen.

Für das deutsche Kapital setzte sich Schäuble auch als Finanzminister weiterhin enerigsch ein und forcierte eine neoliberale Wirtschaftspolitik. Mit Fug und Recht kann er als der politische Vater der „Schwarzen Null“ bezeichnet werden auf die sich heute Lindner bezieht wenn er einen Grund für massive Sozialkürzungen braucht, da er es war der die Schuldenbremse zur Staatsräson machte. Auch Nationalismus war bei Schäuble durchaus groß geschrieben, wobei er besonders bemüht war den Spagat zwischen anhaltendem deutschen Nationalismus und, für das deutsche Kapital sinnvollem, Bezug auf die EU zu vollziehen in dem er betonte, dass europäische Zusammenarbeit wichtig und notwendig sei, man dabei aber seine Heimatliebe nicht verlieren solle. Zusammenfassend kann man sagen, dass Schäuble politisch so ziemlich genau „die CDU“ wiederspiegelte, deftiger rechtskonservativ als Merkel und mit weniger Hang zum Populismus als Merz. Während uns also klar sein sollte, dass Schäuble eine Politik vertrat die nicht nur unseren Grundsätzen sondern eigentlich auch denen von Dietmar Bartschs Linkspartei fundamental widerspricht, schauen wir uns noch an wozu diese Politik in der Praxis geführt hat.

Die Abwicklung der DDR

Schäuble wird vor allem als eines immer wieder gefeiert: Als Architekt der deutschen „Wiedervereinigung“. Das liegt vor allem daran, dass er als Innenminister der BRD damals stark in die Verhandlungen über die genaue Form des Anschlusses der DDR an die Bundesrepublik involviert war. Entsprechend fällt ihm auch Verantwortung für eben diese zu, so für die Annektion des Territoriums der DDR anstelle von einer „echten“ Wiedervereinigung mit einer verfassungsgebenen Versammlung für den dann entstehenden neuen deutschen Staat so wie auch für die radikale und rabiate Abwicklung der DDR Volkswirtschaft durch die Treuhand.

Richtiger wäre es, Schäuble nicht als Architekten der Wiedervereinigung sondern der Treuhand zu betiteln. Eben jenes Organs dass dafür sorgte dass die Volkseignen Betriebe der DDR zu Billigpreisen an Westinvestor:innen verkauft, oder direkt abgewrackt, wurden und entsprechend hunderttausende wenn nicht Millionen Ostdeutsche arbeitslos wurden und mangels einer Perspektive ihre Heimat verlassen mussten. Ein bewusst herbeigeführte Verfall der in Ostdeutschland noch immer spürbar ist und auch das politische Klima nachhaltig prägt. Für das deutsche Kapital hingegen war die Treuhand hingegen ein absoluter Glücksgriff, man konnte die Konkurrenz aus dem Osten entweder einfach ausschalten oder zu Spottpreisen übernehmen und somit seine eigene Produktion ausweiten. Auch für den Deutschen Imperialismus, also das deutsche Gesamtkapital, schuf die Annektion des ehemals konkurrierenden Arbeiter:innenstaates eine massiv verbesserte Position die ihm langfristig die Hegemonie in Europa und die Wiederkehr alter Weltmachtsträume herbeiführen sollte.

Korruption – Rolle in Parteispendenaffäre

CDU-Politiker:innen neigen bekanntlich grundsätzlich dazu den Rahmen der legalen Korruption so gut es geht auszureizen, siehe jüngst Maskendeals und windige Geschäftsbeziehungen nach Aserbaidschan, in den 90er Jahren trieb es die CDU jedoch zu weit: Eine massive Spendenaffäre flog auf, prominent dabei war auch Fraktions- und Parteivorsitzender Wolfgang Schäuble. Insgesamt hatte die CDU in den 80er und 90er Jahren 2,1 Millionen D-Mark an Parteispenden an der offiziellen Kasse vorbei gewirtschaftet und dabei dafür gesorgt, dass die Spender anonym blieben. Dabei ist es zumindest wahrscheinlich, dass auch politische Entscheidungen unter Beeinflussung dieser Spendenzahlungen getroffen wurden, wobei die Spender aufgrund von Helmuth Kohls Schweigegelübte ihnen gegenüber noch immer nicht gänzlich bekannt sind. Bekannt ist jedoch die Verwicklung Schäubles in die Affäre. So nahm er persönlich 100.000 Euro in bar von dem Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber entgegen und gab sie an die Partei weiter die dieses Geld als „Sonstige Einnahmen“ vermerkte. Diese 100.000 waren aller Voraussicht nach angedacht als Bestechungsgeld um im Gegenzug ein Rüstungsprojekt in das Schreiber involviert war zu genehmigen. Inoffiziell räumte Schäuble seine Mitverantwortung in der Affäre ein in dem er dem öffentlichen Druck nachgab und Fraktions- sowie Parteivorsitzender abgab. Seine politische Karriere beendete dies jedoch nicht, er wurde in der ersten Merkel-Regierung erneut als Innenminister eingesetzt. Und auch in seinem Nachruf interessiert es bürgerliche Parteien, Medien und auch Linksparteipolitiker Bartsch scheinbar wenig dass Schäuble sich von der Waffenlobby bestechen lassen hat.

Troika – Die planmäßige Verarmung Griechenlands

Während er bei Annektion und Abwracken der DDR nur einer von mehreren Akteur:innen war, erwies Schäuble dem neu erstarkten Deutschen Imperialismus als Finanzminister einen weiteren Dienst, dieses Mal in Eigeninitiative. So war er es der im Interesse des deutschen Bankkapitals, dass einer dominante Rolle in der EZB einnimmt, die griechische Politik unter das Troika-Diktat stellte und dafür verantwortlich war dass Griechenland mittels eines de facto Wirtschaftskrieges dazu gezwungen wurde jegliche von eben dieser Troika gestellten Forderungen zu akzeptieren. Die Folgen für Griechenland waren fatal und prägen das Land noch immer massiv, proletarische und kleinbürgerliche Massen verarmten da Lohnkürzungen und der Abbau von Arbeitsrechten erzwungen wurden. Die ehemals staatliche Infrastruktur Griechenlands, sei es in Form von Bahn, Häfen oder Krankenhäusern wurde zwangsprivatisiert und dabei häufig zu Billigpreisen an ausländische Investor:innen verscherbelt. Nicht wenige starben gar an den Folgen dieser Politik, etwa durch das kaputt gemachte Gesundheitssystem oder beim Zugunglück von Tembi. Griechenland wurde von einem ehemaligen Juniorpartner der imperialistischen EU zu einer Halbkolonie vor allem des deutschen Imperialismus, der neben dem Gewinn von lukrativem Optionen für seinen Kapitalexport auch eine Exempel statuieren konnte um andere verschuldete oder anderweitig ökonomisch schwächelnde Länder davon abzuhalten in der EU gegen deutsche Kapitalinteressen zu agieren. Während für die finale Niederlage des griechischen Proletariats, das einen heftigen Kampf gegen den ökonomischen Terror der Troika führte, der Verrat Syrizas verantwortlich ist, ist es Schäuble der die politische Verantwortung dafür trägt, dass es überhaupt soweit kam in dem er den Plan entwickelte das verschuldete Griechenland mittels ökonomischer Erpressung zu einem radikalen Neoliberalismus zu zwingen.

All dies verdeutlicht eines klar: Für uns ist Wolfgang Schäuble ist ganz sicher kein „großer Demokrat“ und wenn denn nur ein „scharfer Denker“ des deutschen Imperialismus, weshalb wir sicherlich nicht um ihn trauern. Er stand wie wenig andere für die Politik des Deutschen Imperialismus der letzten Jahrzehnte. Auch steht er wie kaum ein zweiter für die rechtskonservative Union als bevorzugte Regierungspartei des deutschen Großkapitals. Für Arbeiter:innen und Jugendliche ist sein Tod also nicht bedauerlich und wir verstehen es auch sehr gut wenn manch eine:r in Griechenland sich ein freudiges Lächeln bei der Nachricht von Schäubles Tod nicht verkneifen konnte.




Investoren raus aus der Liga! Gegen Kommerz, für Mitbestimmung von Fans und Angestellten!

von Brokkoli Bittner & Leonie Schmidt, Dezember 2023

Die Deutsche Fußballliga (DFL) stimmt einem Investoreneinstieg zu. Das hieß es letzte Woche überall in den Nachrichten. Und auch schon davor gab es eine große Debatte um das Thema, denn es ist nicht das erste Mal, dass ein Investoreneinstieg von der DFL diskutiert wird. Im Mai wurde das schon mal in Erwägung gezogen, aber damals von den Klubs abgelehnt. Die DFL hat nun kleine Teile geändert, doch die Kernprobleme bleiben bestehen. Denn die Bundesliga entwickelt sich zunehmend zu einem immer kommerzielleren Produkt. Dank dieser kürzlich verabschiedeten Reform können die Führungskräfte der DFL jetzt 8% der Einnahmen aus dem Verkauf der Fernsehübertragungsrechte an einen privaten Investor abtreten. Hierfür soll eine neue Tochtergesellschaft ins Leben gerufen werden. Dieser Handel dürfte insgesamt etwa eine Milliarde Euro generieren und soll eine maximale Laufzeit von zwanzig Jahren haben. Die neu erworbenen Mittel sollen dann für die digitale und internationale Vermarktung der Bundesliga eingesetzt werden, beispielsweise durch einen Streamingdienst oder finanzielle Unterstützung für Vereine, die Trainingslager auf anderen Kontinenten abhalten. Darüber hinaus sollen etwa 300 Millionen Euro an die Vereine der ersten und zweiten Liga fließen, um die sogenannte „internationale Konkurrenz“ zu gewährleisten und eventuell entstehende Verluste auszugleichen. Früher erhielten die Vereine die vollen Einnahmen aus den Medienrechten direkt nach einem festgelegten Schlüssel zugewiesen. Ein Teil dieser Einnahmen geht nun an die zukünftigen Investoren.

Auswirkungen

Dieser Schritt sorgt dafür, dass die Schere zwischen Liga und Fans immer größer wird. Schon jetzt haben die Fans viel zu wenig in der Liga und in den Klubs zu sagen. Auch das liegt mitunter daran, dass die meisten Klubs keine Vereine sind, sondern als Konzerne geführt werden. Sie werden also im Sinne einer gewissen Profitlogik betrieben, wo die Fans nicht mitentscheiden können und der Sport kapitalistisch ausgeschlachtet wird. Dies führt zu Streitigkeiten zwischen Fans und dem eigenen Klub, da oft Entscheidungen über Spieler, Trainer oder Sponsoren getroffen werden, die den Fans nicht passen.

Außerdem sehen wir seit Jahren immer nur dieselben Vereine in der Bundesliga, zumindest an der Spitze der Liga. Bei Ab- und Aufstiegen gibt es durchaus manchmal Überraschungen. Aber auch diese Eintönigkeit durch die Monopolbildung ist die Folge von Kommerzialisierung: Mächtige Profivereine mit gigantischen Werbedeals und Börsennotierung oder anderen Investoren durch namhafte Marken können sich natürlich bessere Spieler, Trainer, Trainingslager, Mannschaftsärzte und sonstiges Equipment leisten als kleine Vereine. Dadurch ist der Sport für manche uninteressanter geworden. Aber machen wir uns nichts vor: der deutsche Fußball hat nach wie vor den höchsten Zuschauerschnitt der Welt. Gerade deswegen ist hier für die Investoren auch viel zu holen. Außerdem sehen wir, dass auch jetzt schon die Ticketpreise steigen.

Und diesen Zustand soll jetzt ein Investor verbessern? Eine Liga, die durch Kommerzialisierung gegen die Interessen der Fans kämpft und seit Jahren keine neuen Spitzenvereine hervorbringt, so dass es ein wenig interessanter werden könnte, soll durch noch mehr Kommerzialisierung gerettet werden? Wohl kaum. Denn der Einstieg wird eher dazu führen, dass die hochrangigen Klubs noch mehr Möglichkeiten haben, an der Spitze des deutschen Fußballs zu bleiben, da nur sie es sind, die Teil einer internationalen Vermarktung sein können. Denn mal ehrlich: Welche internationalen Fans haben Zweitligavereine vorzuweisen?! Des Weiteren werden die Gelder immer noch nach dem festgelegten Schlüssel verteilt, der die bereits erfolgreichen Vereine klar bevorzugt. Ebenso ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Investoren auch ein Mitbestimmungsrecht einfordern, um ihre Profite so hoch wie möglich zu treiben. Dies könnte dazu führen, dass nicht nur am Wochenende gespielt wird, sondern auch unter der Woche. Denn wenn es mehr Spiele gibt, die nicht gleichzeitig stattfinden, kann mehr übertragen werden und die Profite gehen in die Höhe. Doch genau das zerstört auch Fan-Kultur. Denn es verunmöglicht den Fans ihren Vereinen, nachzureisen, wenn sie erst um 18 Uhr aus dem Betrieb kommen und am nächsten Morgen wieder auf der Matte stehen muss. Außerdem können aufwendige Choreografien nur noch schwer durchgeführt werden. Die Gefahr, dass die Ticketpreise weiter steigen, steht auch im Raum. Auch ohne Investoren in die DFL passiert das schon. Obwohl gerade bei einer Inflation sich auch ohnehin viele das Fansein nicht mehr leisten können, sehen wir auch in anderen Bereichen, zum Beispiel in Krankenhäusern oder beim Wohnen, wie die Privatisierung der breiten Masse geschadet hat.

Widerstand leisten!

Wir müssen also auch im Fußball wie überall Widerstand gegen die Kommerzialisierung leisten und diesen Widerstand gibt es sogar schon. Fangruppen haben in einem gemeinsamen Statement bekannt gegeben, dass es in den ersten 12 Minuten in den Kurven keine Gesänge und auch keine Fahnen geben wird. Zusätzlich wurden jetzt schon massenhaft Banner gegen die Vorhaben der DFL gezeigt, und Fans haben für Spielunterbrechungen gesorgt durch Pyrotechnik und das Werfen von Tennisbällen und Schokomünzen auf den Platz. Und mit diesen Kampfmitteln ist den Fans auch gelungen, andere Versuche der Kommerzialisierung der DFL zu verhindern. So wurde zum Beispiel der Montagsspieltag verhindert.

Doch hier geht es um mehr: Die DFL will eine ganze Sportart verscherbeln. Um das zu stoppen, muss mehr getan werden. Es muss sich zum Beispiel mit den Angestellten der DFL, der Vereine, der Security- und Catering-Firmen zusammengetan werden, denn die Interessen von Investoren könnten auch ihre Arbeitsbedingungen angreifen. Auch die Spieler müssen mit einbezogen werden, denn nur so können wir es schaffen, dass Spiele gar nicht erst außerhalb des Wochenendes stattfinden.

Forderungen

Außerdem müssen sich die Fans nicht nur gegen den Investoreneinstieg zusammentun, sondern auch gegen die allgemein fortschreitende Kommerzialisierung des Fußballs:

  • Gegen den Fußball der Konzerne. Wir wollen nicht, dass das Geld von GmbHs und AG gegeneinander spielt.
  • Für die Zerschlagung der Sportverbände und eine Enteignung unter Arbeiter:innenkontrolle!
  • Für mehr Mitbestimmung: Komitees für die Liga und die Vereine bestehend aus Fans, Spielern, Trainern und der Arbeiter:innenklasse!
  • Fußball muss sich jeder leisten können: Ticketpreise runter! Fußball ist Sport der Massen, nicht der Reichen.
  • Durchschnittliche Arbeiter:innenlöhne für Profisportler!



Gegen Rechtsruck & die Krise: Kampf dem Kapital lautet die Devise!

von Flo Rojo, Dezember 2023

Nach den Wahlerfolgen für die AfD in Sonneberg und Raguhn-Jeßnitz ist es nun auch in Pirna dazu gekommen: Der von der AfD unterstütze Kandidat Tim Lochner entschied gestern die Wahl zum Oberbürgermeister für sich. Er ist zwar überhaupt nicht in der AfD und nach seinem Austritt aus dem rechten Flügel der CDU parteilos, fiel jedoch mit seiner rechten Kritik an der Geflüchtetenpolitik der Bundesregierung auf. Außerdem verbreitete er in der Vergangenheit die Verschwörungstheorie des Bevölkerungsaustauschs.

Aber nicht nur in Kommunalämtern gewinnt die AfD an Zuwachs. Alle Umfragen, ob bei Landes- oder Bundestagswahlen, verorten die AfD bei über 20 teilweise sogar 30 Prozent. Und im nächsten Jahr werden uns nicht nur die Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, sondern ebenfalls die Europawahl erwarten.

Dabei laufen aktuell alle Parteien nach rechts, sodass sogar Olaf Scholz von der SPD schon das AfD-Wahlprogramm auf der Titelseite vom Spiegel propagierte und mehr Abschiebungen forderte.

Doch dieser immer weiter voranschreitende Rechtsruck hat seinen Ursprung in der dem Kapitalismus eingeschriebenen Krise, welche wir aktuell an der Inflation und der Verschlechterung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse am eigenen Leib spüren können. Parteien wie die CDU, die Grünen, die SPD und auch die Linkspartei sind nicht in der Lage, die richtigen Antworten darauf zu finden. Daher wenden sich immer mehr Wähler:innen der AfD zu, da diese es durch ihren Rechtspopulismus schaffen, den Schein von richtigen Antworten auf die Krise zu geben und einen Sündenbock für die Misere der Bevölkerung, laut der AfD die Geflüchteten, benennen können. Deswegen heißt Kampf dem Rechtsruck auch Kampf der Krise und letztendlich die Überwindung des kapitalistischen ausbeuterischen Systems!

Es gilt sich dem daraus folgenden immensen Anstieg von Rassismus, welcher sich unter anderem in massenhaften Abschiebungen ausdrückt, konsequent entgegenzustellen.

Wir fordern:

  • offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle!
  • unabhängige Antidiskriminierungsstellen an Schulen, Unis und Betrieben!
  • Massive Lohnerhöhung & automatischer Inflationsausgleich in Form einer gleitende Lohnskala
  • Investitionen in Bildung, Gesundheit und Soziales, finanziert durch die Gewinne der Reichen, die aktuell noch einmal so richtig Profit aus der Krise schlagen!
  • Kampf der AfD heißt Kampf dem Kapital! Für ein revolutionäres Programm der Jugend und der Arbeiter:innenklasse!



Kohle für die Chefs, Krise für alle Anderen! Die Deutsche Bahn & der Kapitalismus

Von Lia Malinovski, Dezember 2023

Verspätungen, Zugausfälle, Umleitungen, Störungen. Steht man mal länger an einem Hauptbahnhof in Deutschland, erschrickt man fast, bei der Zahl der Pro-bleme, die im Minutentakt durch die Lautsprecher an die Fahrgäste durchgesagt werden.

Im Jahr 2023 waren bis 11.12. weniger als 65% der Züge im Fernverkehr „pünktlich“, im Dezember sogar weniger als 50%! Als pünktlich gelten in der Statistik Züge, die weniger als 6 Minuten später als geplant in einem Bahnhof oder Haltepunkt halten. Auch werden in der Statistik nur Züge gezählt, die überhaupt gefahren sind. Die Gründe für Verspätungen sind ganz unterschiedlich: sei es die marode Infrastruktur, seien es die vielen Bau-stellen, teilweise auch der Personalmangel; sie alle haben gemeinsam, dass sie vor 30 Jahren, vor der Bahn-reform, kaum bis gar nicht existierten, schon gar nicht in diesem Ausmaß.

Marode Infrastruktur, Personalmangel, usw. – ein kapitalistisches Problem!

Es ist das Jahr 1994, die Deutsche Bundesbahn (BRD) und die Deutsche Reichsbahn (DDR) fahren parallel zu-einander. Nach der Annexion der DDR durch die BRD wollte man das Eisenbahnsystem vereinheitlichen und eine gesamtdeutsche Eisenbahn aufbauen. Außerdem wollte man Wege suchen, die massive Verschuldung der Bahn aufzulösen. Geboren war das Eisenbahnneuordnungsgesetz, durch das die beiden Staatsbahnen, ganz entsprechend des radikal neoliberalen Grundsatzes der Zeit, zu einer privatwirtschaftlich organisierten Aktiengesellschaft werden sollten. Ursprünglich sollte die so neu geschaffene Deutsche Bahn AG (DB) an die Börse gehen. In den Führungsetagen der DB gab es nun Überlegungen, wie das zu bewerkstelligen ist: Man entschloss sich dazu, viele Mitarbeitende zu entlassen, Geld an allen Orten zu sparen, wo es ging, keine neuen Fachkräfte auszubilden. Man tat also das, was alle Konzerne tun, wenn sie wieder schwarze Zahlen schreiben wollen.

Die Rechnung dafür dürfen wir heute bezahlen: Das fehlende Geld in der Infrastruktur macht sich bemerkbar, viele Streckenabschnitte wurden eingestampft, die Kapazität von noch mehr Streckenabschnitten lässt zu Wünschen übrig, im Winter frieren Weichen ein und sind nur noch eingeschränkt bis gar nicht befahrbar, Stellwerke sind völlig veraltet. Das Fehlen von Fachkräften wird auch immer sichtbarer: In den nächsten Jahren werden viele verbeamtete Kolleg:innen in allen Bereichen in Rente gehen, es gibt aber kaum fertig aus-gebildete Arbeiter:innen. Es klafft eine riesige Lücke zwischen der Generation, die noch vor 1994 verbeamtet wurde und bald geht, und der neuen Generation, die noch ausgebildet werden muss. Bei der S-Bahn Ham-burg zum Beispiel bestehen die Azubi-Lehrgänge für die Lokführer:innen aus etwa dreimal so vielen Menschen wie noch vor 3-4 Jahren. Folge sind Raumprobleme, eine Abnahme der Ausbildungsqualität und teilweise völlige Planlosigkeit. Und das bei einem der wenigen Unternehmen, das noch schwarze Zahlen schreibt und entsprechend zwar mehr schlecht als recht, aber dennoch, in der Lage ist, auf die Krise zu reagieren! Wie es in anderen Bereichen aussieht, kann man sich entsprechend vorstellen.

Bonuszahlungen & Haushaltskrise

Die Vorstände der DB, Richard Lutz, Martin Seiler, Evelyn Palla und wie sie nicht alle heißen, bekommen wahrscheinlich eine Bonuszahlung ausgeschüttet – wofür weiß niemand so genau. Für die Pläne, die Bahn weiter zu zerschlagen? Für die unfassbar schlechten Statistiken? Fürs Ignorieren der Beschäftigten? Für das Ab-wenden eines 50 Stunden-Streiks der EVG? Für die gescheiterten Verhandlungen mit der GDL?

Es gäbe tausend Gründe, diese Zahlungen nicht auszuschütten. Nicht nur dass sie ihren Job ganz offensichtlich nicht im Sinne der Bahn machen, sondern aus-schließlich für den Profit, sondern auch, dass sie so frech sind, uns zu erzählen, sie würden sich gut um ihre Mitarbeitenden kümmern, obwohl sie vor allem mit fragwürdigen Aktionen auffallen. Dazu kommt, dass die Bundesregierung mit dem Geld für den Klimafonds auch Projekte der Bahn finanziell unterstützen wollte. Dieses Geld fällt jetzt wahrscheinlich weg. Während also an allen Ecken und Enden Geld fehlt, sollen die Vorstände plötzlich Millionenbeträge bekommen. Ein Schlag ins Gesicht für alle, die bei der Bahn arbeiten, auf sie angewiesen sind oder einfach nur wollen, dass sie in einem guten Zustand ist!

Geld in Personal und Infrastruktur, statt in die Taschen der Bosse!

Die Bonuszahlungen sollten an die Mitarbeitenden der Eisenbahnen gehen: Sie baden die Probleme aus, die die Vorstände verursacht haben! Das Geld sollte in die In-frastruktur, ins Personal, in die Fahrzeuge gehen, an-statt in die Taschen der Vorstände, die nur durch das Kaputtsparen und Zerstören der Eisenbahn auffallen!

Insbesondere für diese Ziele müssen Eisenbahner:innen einstehen:

  • Weg mit den Bonuszahlungen an die Vorstände der DB! Nutzt das Geld, um die marode Infrastruk-tur auszubessern! Für eine Planung der Infrastruktur, die nicht nach Profit strebt, sondern im Sinne der Fahrtüchtigkeit der Eisenbahn, auch einen Blick auf die Klimakrise wirft!
  • Stoppt die Zerschlagung der Deutschen Bahn! Für die Zusammenlegung aller Eisenbahnverkehrs- und -infrastrukturunternehmen zu EINER staat-lichen Eisenbahn!
  • Für den massiven Ausbau der Eisenbahninfra-struktur, sowie der Möglichkeiten der Ausbil-dung! Für mehr Räume, kleinere Azubi-Klassen, mehr Ausbildungsplätze insgesamt!

Lage der Gewerkschaften – für EINE Verkehrsgewerkschaft!

Die Gewerkschaften werden diese Forderungen aber nicht aufnehmen. Nicht mal Anteile davon. Weder die EVG noch die GDL werden tatsächlich für eine Eisenbahn kämpfen, die ihrem Anspruch gerecht wird. Die GDL, die aktuell in der Tarifrunde steckt, findet die weitere Zerschlagung der DB super. Sie erhofft sich, dadurch ihre Stellung zu verbessern. Die EVG findet es zwar grundsätzlich falsch, dass die Eisenbahn weiter zerschlagen werden soll, hat sich aber beispielsweise in der letzten Tarifrunde nicht darum gekümmert, die Forderung nach einem Stopp der weiteren Zerschlagung in den Kampf mit einfließen zu lassen. Der Grund dafür dürfte sein, dass die Gewerkschaftsführung kein Interesse daran hat, dass die bisherigen Kämpfe der Beschäftigten einen politischen Charakter bekommen könnten. Denn das würde bedeuten, dass sich eine große gesellschaftliche Bewegung rund um die Frage der Eisenbahn bilden könnte. Es wären die besten Voraussetzungen vorhanden, die Klimabewegung und die Beschäftigten zu verbinden, und die EVG hätte große Mühe, die Beschäftigten im Sinne der Sozialpartner:innenschaft wieder einzufangen.

Deshalb müssen wir eine antibürokratische Bewegung innerhalb der Gewerkschaften aufbauen! Wir müssen in die aktuelle Tarifrunde der GDL diese Forderungen hin-eintragen und für ihre Umsetzung kämpfen! Wir müssen die EVG auffordern, sich mit den Streiks der GDL zu solidarisieren, kämpft die GDL doch aktuell für wichtige Ziele, die den Arbeitsalltag stark verbessern und den Beruf der Eisenbahner:in deutlich attraktiver machen würden.

Und wir müssen für eine gemeinsame und demokratische Verkehrsgewerkschaft kämpfen, haben alle Eisenbahner:innen doch die gleichen Probleme und müssen das Versagen des Staates und des Vorstandes, aber auch der Gewerkschaftsführungen, ausbaden… Gleiche Probleme benötigen gemeinsame Antworten! Also Schluss mit dem Konkurrenzdenken und für einen gemeinsamen Kampf aller Eisenbahner:innen! Innerhalb der Gewerkschaften und der Belegschaft müssen wir al-so kämpfen für:

  • Umsetzung der Forderungen der GDL! Für einen unbefristeten Erzwingungsstreik, der erst mit der vollständigen Erfüllung der Forderungen endet!
  • Für eine antibürokratische Bewegung in EVG und GDL! Für die demokratische Kontrolle über Forderungen, Streiks und Verhandlungen durch die Beschäftigten!
  • Für eine gemeinsame, demokratische Verkehrs-gewerkschaft! Schluss mit der Spaltung in der Be-legschaft und für einen gemeinsamen Kampf aller Eisenbahner:innen in allen Bereichen!



13.12.: Bullen gehören nicht zum Proletariat!

Von Yorick F., 13.12.2023

Für viele Linke stellt sich die Frage erst gar nicht, ob Bullen Teil der Arbeiter:innenklasse sind. Viele sehen sie, beispielsweise aufgrund eigener negativer Erfahrungen mit ihnen, als selbstverständlichen Feind an. Dies ist erst einmal richtig so, allerdings hat die Frage dennoch eine recht große Relevanz! Würden wir nämlich trotz der Tatsache, dass diese uns regelmäßig als Integraler Teil ihres Berufes mit Knüppeln ins Gesicht schlagen und uns mit so ziemlich allen anderen möglichen Formen von Repressionen überziehen, analytisch zu dem Schluss kommen, dass Bullen durch ihre Stellung im Produktionsprozess eben doch Teil der Arbeiter:innenklasse sind, so müssten wir als Marxist:innen  unser Verhalten ihnen gegenüber anpassen. Würden wir eben Polizist:innen als Arbeiter:innen verstehen, so müssten wir mit ihnen umgehen, wie mit jedem anderen Teil unserer Klasse: Wir müssten konsequenterweise versuchen, sie von unseren Forderungen zu überzeugen und ihre Interessen darin aufnehmen. Das bedeutet dann auch, sie in den sozialen Bewegungen und Gewerkschaften zu inkludieren. Ebenso müssten wir probieren, innerhalb der Polizei für fortschrittliche Ideen zu kämpfen vergleichbar mit bürgerlichen Armeen aus Wehrpflichtigen.

Ökonomische Rolle

Um zu klären, warum wir eben dies nicht tun, müssen wir zunächst grob klären, was im marxistischen Sinne überhaupt Arbeiter:innen sind, um zu begreifen, warum Bullen eben davon kein Teil sein können. Arbeiter:in ist für uns nämlich keine Identität oder einfach alle, die einen Beruf nachgehen, sondern ein konkretes Verhältnis der Lohnabhängigkeit. Das bedeutet, dass man frei von Produktionsmitteln und daher der Notwendigkeit ausgesetzt ist, die eigene Arbeitskraft an eine:n Kapitalist:in zu verkaufen. Kapitalist:innen sind nämlich all jene, welche im Besitz von solchen Produktionsmitteln (z.B. einer Fabrik mit dazugehörigen Maschinen zur Produktion einer Ware) sind und diese damit einsetzen können, um ihr Kapital weiter anzuhäufen. Um dies zu tun, müssen Kapitalist:innen die Arbeitskraft kaufen, welche Lohnabhängige als einziges zum Überleben zu verkaufen haben. Der Wert einer Ware bemisst sich dabei an der in ihrer Produktion verausgabten menschlichen Arbeitskraft, gemessen in Zeit.

Nur anhand dieser Definition können wir aber noch nicht vollständig begründen, warum Bullen kein Teil der Lohnabhängigen sind, schließlich sind sie ebenfalls frei von Produktionsmitteln und besitzen lediglich ihre Arbeitskraft und bekommen dafür eine Bezahlung. Jedoch ist dies nicht der einzige hier relevante Faktor. Denn, wie bereits gesagt, bestimmt sich die Klassenzugehörigkeit durch die Stellung im Produktionsprozess. Im Gegensatz zu Arbeiter:innen arbeiten Bullen aber gar nicht für ein:e Kapitalist:in und produzieren weder Waren noch stellen sie auf einem Markt anbietbare Dienstleistungen bereit. Sie stehen damit außerhalb des Produktionsprozesses und können damit ökonomisch kein Teil der Arbeiter:innenklasse sein. Sie sind Staatsangestellte, das heißt, sie gehören zu jenem Teil der Gesellschaft, welche der Staat von der Produktion freistellt, damit diese für den Staat notwendige Aufgaben übernehmen können. Sogar noch mehr, denn sie sind auch Teil des Beamtentums und gehören damit zu den Mittelschichten zwischen Arbeiter:innen und Kapitalist:innen, zu welchen auch z.B. Kleinbürger:innen zählen.

Der Staat ist stets bemüht, seine Beamt:innen zum einen ideologisch eng an sich zu binden, zum anderen aber auch durch eine Reihe von Privilegien gegenüber der Arbeiter:innenklasse besitzen. Z.B. können sie nicht gekündigt werden, höchstens in einen gut bezahlten Ruhestand versetzt werden, in welchem sie also ihr Einkommen gar nicht verlieren (hier zeigt sich auch nochmal, dass es sich dabei nicht um Lohn handeln kann). Zudem sind Beamt:innen privatversichert, haben also weitaus besseren Zugang zum Gesundheitssystem als gesetzlich versicherte Arbeiter:innen. Nicht zuletzt liegt natürlich auch ihre Besoldung weitaus über dem durchschnittlichen Lohn von Arbeiter:innen. Dies hat vor Allem die Funktion, Beamt:innen von der Arbeiter:innenklasse zu trennen und sie damit für die Interessen des Staates als ideellen Gesamtkapitalisten effektiv nutzbar zu machen. Dies ist auch der Grund, warum Bullen sowie Richter:innen tendenziell immer rechter/konservativer sind und Linke als größte Gefahr sehen, da diese den Privatbesitz und damit den Status Quo bedrohen und damit auch ihre privilegierte Stellung im System. Dies trifft im Übrigen auch auf alle anderen Beamt:innen zu, wenn natürlich auch in einer völlig anderen Qualität.

Ideologische Rolle

Was aber Bullen von anderen niederen Beamten wie zum Beispiel verbeamtete Lehrkräfte unterscheidet, ist ihre Funktion im bürgerlichen Staat, denn ihre Kernaufgabe ist die Festigung der herrschenden Verhältnisse mittels roher Gewalt. Das bedeutet, dass sie meist in offener Feindschaft gegenüber der fortschrittlichen Bewegungen stehen und das auch durch Organe wie Polizeisprecher:innen oder den Bullen-Gewerkschaften reaktionär verteidigen. Bei Bullen kommt nun eben noch die Arbeit an sich hinzu, die das individuelle Bewusstsein aller Bullen prägt: Straffrei nahezu unbegrenzt Macht und Gewalt gegenüber anderen ausüben, vornehmlich gegenüber migrantischen, jugendlichen, armen oder sonst wie marginalisierten Gruppen. Dabei ist es nur logisch, dass so ein Job rechte und autoritäre Arschlöcher anzieht beziehungsweise Menschen zu solchen macht.

Während sich gerade viele Berufe von Staatsbediensteten proletarisieren (Lehrkräfte, Bahn-Angestellte, öffentlicher Dienst), bleiben die Bullen in ihren Lebens- und Arbeitsverhältnissen unserer Klasse fern. Wir sehen also: Die Stellung von Bullen zum Produktionsprozess sorgt dafür, dass ihre objektiven Interessen reaktionär und diametral gegen die der Arbeiter:innenklasse gerichtet sind.

Abolish the police!

Daraus ergibt sich auch unser taktisches Verhältnis zu ihnen.
Wir wenden uns zwar nicht explizit gegen Lohnforderungen von Polizist:innen sind, aber gegen alle Forderungen, welche die Arbeit von Bullen “sicherer” machen und sie letzten Endes im Kampf gegen uns stärken. Dazu zählen z.B. Forderungen nach noch härteren Strafen für Widerstand gegen Bullen, noch mehr Befugnisse, bessere Ausrüstung z.B. Taser als Teil der Standardausrüstung, Erlaubnis von Gummigeschossen gegen Demonstrationen usw. usf. Wir sind viel mehr für ein Abbau ihrer Befugnisse und stärkere Kontrolle, zum Beispiel mittels Untersuchungsgremien für Polizeigewalt unter Kontrolle der Arbeiter:innenbewegung. Letztendlich sind wir für die Abschaffung der Polizei und Ersetzung durch demokratisch legitimierte, abwählbare und rotierende Arbeiter:innenmilizen, während die sozialen Konflikte durch Gerechtigkeit und nicht durch Unterdrückung befriedet werden.

In einer zugespitzten Klassenkampfsituation, in welcher bereits eine mächtige Arbeiter:innenbewegung existiert, den Staat und das Kapital aktiv bedroht und eine eigene greifbare Perspektive aufzeigt, kann es allerdings sinnvoll sein, sich an die unteren Ränge der Bullen und Soldat:innen zu wenden und diese vom Verrat zu überzeugen, indem sie sich der Arbeiter:innenbewegung anschließen, wie etwa in der Oktoberrevolution der Bolschewiki oder 1918 in Deutschland. Diese Überläufer:innen können auch wichtig für die notwendige Bewaffnung der Arbeiter:innenklasse sein.

Ansonsten bleibt die Polizei aber der erbitterte Feind der Arbeiter:innenbewegung und sollte aus all ihren Teilen konsequent ausgeschlossen werden. Deswegen: Bullen raus aus dem DGB, raus aus den Schulen, raus aus der Demo!