Die Notwendigkeit einer Jugendinternationale: Wege zur Revolution

August 2025

Kürzungspolitik, Flucht, Krieg oder Klimawandel sind Symptome des Kapitalismus, die Jugendliche weltweit zu spüren bekommen. Diese Krisen existieren nicht isoliert voneinander. Sie alle sind Ausdruck der kapitalistischen Krise und spitzen sich mit ihr weiter zu. Dies passiert international: Jugendliche werden verheizt an der Front im Ukraine-Krieg, in den Bürgerkriegen im Sudan und Kongo, sie sind von Kürzungswellen und maroden Schulen betroffen, fliehen weltweit vor Kriegen und Klimakatastrophen. Diese Krise ist nicht neu aufgetaucht, sondern hat schon 2008, in der damaligen Finanzkrise, den Kopf aus dem Sand gehoben und für massenhafte Entlassungen sowie Sozialkürzungen gesorgt, durch welche versucht wurde, die Krise auf die Arbeiter:innenklasse abzuwälzen. Als Reaktion gab es massenhafte Proteste und Kämpfe gegen diese Angriffe, welche aber, wie etwa beim Scheitern von Syriza in Griechenland oder Podemos in Spanien, in Niederlagen für die gesamte Arbeiter:Innenklasse resultierten. Die Corona-Krise hat zusätzlich für eine weltweit gleichzeitige Unterbrechung der Produktion gesorgt und die internationalen Produktionsketten zeitweise unterbrochen, was zu einem weltweiten Rückgang der Wirtschaft geführt hat und damit auch wieder zur Aufnahme von Schulden, um dies überstehen zu können. Schlussendlich stellte dies, wie wir teilweise bereits jetzt sehen können, ebenso wie 2008 nur eine Verzögerung der Krise dar und damit mehr Zeit, diese durch Angriffe auf die Arbeiter:Innenklasse auf uns abzuwälzen.

Jugendliche sind noch stärker betroffen

Jugendliche sind besonders stark von diesen Krisen betroffen. Wir erleben nicht nur die unmittelbaren Auswirkungen der wirtschaftlichen Instabilität, sondern auch die Folgen von Jugendunterdrückung wie Arbeitslosigkeit und prekäre (Beschäftigungs-)Verhältnisse. Jugendliche sind sozial unterdrückt, da sie sich in einer Phase befinden, welche zwischen der Kindheit und dem vollwertigen Eintritt in die „Arbeitswelt“ liegt. Diese Phase ist für die Arbeiter:innenklasse vor allem durch Reproduktion, also die Sicherstellung, dass die Arbeitsprozesse weiter stattfinden können, geprägt, was insbesondere die Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt und das Erlernen von allgemeinen und spezifischen Fähigkeiten beinhaltet. Der Prozess ist meist nicht profitabel, da die Arbeitskraft erst erschaffen und ausgebildet werden muss, anstatt aus ihr Mehrwert zu pressen. Ebenfalls werden Jugendliche verstärkt ausgebeutet, indem ihre Arbeit als das Sammeln von Erfahrung deklariert wird und daher weniger wert sei. Darüber hinaus dürfen Jugendliche in großen Teilen nicht über das eigene Leben entscheiden und sind massiv von der bürgerlichen Kleinfamilie abhängig.

Trotz dieser Unterdrückung sind es oft Jugendliche, die an vorderster Front auf die Straße gehen, protestieren oder in sozialen Bewegungen aktiv sind. Sie nehmen die Widersprüche des Kapitalismus oft klarer wahr, da sie die bürgerliche Ideologie erst noch „erzogen“ bekommen müssen, und sind weniger demoralisiert als ältere Arbeiter:innen, welche zuvor Kämpfe geführt haben, jedoch ohne langfristige Erfolge. Jugendliche haben meistens weniger zu verlieren und sind oft bereit, mehr zu Opfern. Dieser Umstand verdeutlicht die Notwendigkeit einer revolutionären Jugendorganisation, um gezielt Jugendliche anzusprechen und das revolutionäre Programm in die Jugend zu tragen.

Internationalismus als Basis für die Revolution

Der Kapitalismus befindet sich in seinem höchsten Stadium, dem Imperialismus. In dieser Phase konzentriert sich die Produktion und das Kapital auf wenige Monopole, und es findet eine Verschmelzung des Bank- und Industriekapitals statt. Ebenfalls hat es einen Zuwachs an der Bedeutung vom Export von Produktionsmitteln, also Kapital gegenüber Waren, gegeben. Dabei haben sich international agierende monopolistische Kapitalverbände gebildet, welche die gesamte Welt unter sich aufgeteilt haben. Der Kapitalismus ist also ein weltweites System, und der Klassenfeind ist international organisiert.

Da der Kapitalismus als ein weltweites System funktioniert, muss auch die Revolution international sein. Eine isolierte Revolution, welche nur ihre eigenen Brötchen backen möchte, ist zum Scheitern verurteilt, wie die stalinistisch degenerierten Arbeiter:innenstaaten wie die UdSSR oder DDR gezeigt haben. Der Kampf gegen den Kapitalismus kann nur erfolgreich sein, wenn er international organisiert wird, die Planung, Durchführung und Analyse von nationaler und lokaler Arbeit muss die internationale Lage als Grundlage haben. Um den Kapitalismus zu stürzen und eine sozialistische Gesellschaft zu erreichen, benötigt es eine revolutionäre Internationale mit klarem Programm, die sich dies zur Aufgabe macht.

Jugendinternationale als kommunistische Kampforganisation

Die Grundlage einer internationalen Jugendorganisation muss ein revolutionäres Programm sein. Dieses Programm umfasst Analysen und daraus resultierende Forderungen, die auf Basis einer Übergangsprogrammatik aufgestellt werden, also Forderungen, welche eine Brücke schlagen zwischen Kämpfen um konkrete Reformen und dem revolutionären Übergang zum Sozialismus, mit dem Ziel, innerhalb dieser Kämpfe das Bewusstsein der kämpfenden Arbeiter:innen und Jugendlichen anzuheben und diese für ein revolutionäres Programm zu gewinnen. Das steht in klarem Gegensatz zu den stalinistischen und sozialdemokratischen „Mini-Maxi“-Programmen, die Reformforderungen auf der einen, und Maximalforderungen, die nur im Sozialismus oder Kommunismus möglich sind, beinhalten und voneinander trennen. Durch die fehlende Brücke zum Sozialismus und zur Revolution verkommen die Maximalforderungen zu bloßen, zahnlosen Sonntagsreden, während sich in der Tagespolitik an reformistischen Forderungen abgearbeitet wird.

Das Programm ist die Visitenkarte jeder Organisation. Es zeigt, wofür sie kämpft und wie sie diese Kämpfe führen möchte. Das Programm einer Jugendinternationale muss klar umrissene Forderungen und Analysen für den Kampf gegen den Kapitalismus und für eine sozialistische Zukunft enthalten. Es muss die Erfahrungen der Organisation und die historischen Erfahrungen der Arbeiter:innenbewegung widerspiegeln und auf dem höchsten Stand marxistischer Forschung sein. Gleichzeitig ist es auch ein wichtiges Werkzeug für die Mitglieder, um damit die eigene Aktivität zu unterstützen und um sich daran zu schulen. Ebenfalls kann das Programm gut als messbares Element verwendet werden, um die Richtigkeit der Analysen und Forderungen aus der Vergangenheit zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Das bedeutet auch, dass ein Programm für uns nicht in Stein gemeißelt sein sollte, sondern immer wieder aktuellen Entwicklungen angepasst und aktualisiert werden muss.

Bewusstsein in die Klasse tragen

Durch rein ökonomisch-betriebliche oder tagespolitische Kämpfe entwickelt sich kein revolutionäres Bewusstsein. Um für eine Revolution zu kämpfen, müssen die Arbeiter:innen davon überzeugt sein, dass die Überwindung des Kapitalismus nötig und möglich ist. Dieses revolutionäre Bewusstsein setzt die Kenntnis des Marxismus voraus und kann sich nicht spontan durch Klassenkämpfe entwickeln, da diese auf der reinen Reformebene bleiben und die Ziele innerhalb des Kapitalismus umsetzbar sind, ohne einen direkten Widerspruch zu ihm zu bilden. Daher ist es die Hauptaufgabe von Revolutionär:innen, bestehende Kämpfe zuzuspitzen und die Jugend und die Arbeiter:innenklasse in einen Widerspruch mit dem System zu bringen. Revolutionäres Bewusstsein in die Klasse zu tragen, indem die Arbeiter:innen für ein revolutionäres Programm gewonnen werden – dies ist eine Aufgabe, für die eine kommunistische Organisation benötigt wird. Für die Jugendinternationale heißt das, ein Klassenbewusstsein an die proletarische Jugend zu tragen, vor allem in die führenden Teile dieser.

Verhältnis zur revolutionären Partei

Allgemein kann die Jugend alleine den Kapitalismus nicht stürzen. Diese Aufgabe fällt dem Proletariat zu. Deshalb ist es für die Jugendinternationale unabdingbar, eng mit der revolutionären Partei und der revolutionären Internationale zusammenzuarbeiten, programmatische Diskussionen zu führen und formelle Beziehungen zu unterhalten. Wie das Verhältnis zur Partei im konkreten ist, ob die Jugend ein Teil der Partei oder eine organisatorisch, programmatisch und finanziell unabhängige Organisation ist, lässt sich nicht verallgemeinern. Je nach härte des Klassenkampfes, der Repression, etc. muss dieses Verhältnis bestimmt werden. Dabei ist jedoch wichtig, dass der Jugend der Raum gegeben wird, ihre eigenen Fehler zu machen und aus diesen zu lernen, um kampffähige revolutionäre Kader:innen auszubilden. Aber die Jugendinternationale hat auch die Aufgabe, politische Fehler der Partei zu korrigieren und den Kampf um eine revolutionäre Politik zu führen, sollte dies notwendig sein. Der Verrat der Sozialdemokratie im und vor dem ersten Weltkrieg verdeutlicht das, wo die Jugendinternationale anders als die 2. Internationale ein klares antimilitaristisches Verständnis hatte.

Für den Aufbau einer revolutionären Jugendinternationale!

Der Aufbau einer Jugendinternationale kann nicht linear passieren. Um eine schlagfähige internationale Jugendorganisation aufzubauen müssen wir mit anderen Jugendorganisationen über unser und ihr Programm diskutieren. Insbesondere in einer Zeit von verhärtetem Klassenkampf, globalem Rechtsruck und einer allgemeinen Führungskrise des Proletariats und der Jugend ist diese Aufgabe um so dringlicher. Diese Diskussionen und das entwickeln einer gemeinsamen Praxis können in einer Fusion der Organisationen führen, auf der Basis eines gemeinsamen klaren Programms und einer revolutionären Strategie.




NATO zerschlagen!

Von Yorick F.

Am 14. und 15.06.2025 fand der 81. NATO-Gipfel in Den Haag statt. Dieser Text ist Teil eines Flugblatts, das wir als REVOLUTION beim Gegengipfel und Protest verteilt haben.

Die Kriegsvorbereitungen sind im vollen Gange: Der Plan des NATO-Gipfels 2025 ist nicht nur die praktische Koordination auf eine Konfrontation mit dem strategischen Rivalen Russland, sondern vor allem eine massive Aufrüstung der NATO-Staaten auf 5 % (!) des BIP. In Deutschland wären das etwa 215 Milliarden Euro – ungefähr die Hälfte des Bundeshaushalts – jährlich für Militärausgaben.

Gleichzeitig wird der Gipfel wahrscheinlich ein Ort sein, an dem die inneren Widersprüche der NATO und die unterschiedlichen Interessen hinter verschiedenen Ideen zur langfristigen Ausrichtung sichtbar werden. Um gemeinsam über Taktiken gegen den Gipfel, seine Akteure und Beschlüsse zu diskutieren, ist es daher wichtig, sich dieser Widersprüche bewusst zu sein und einen Blick auf Geschichte und Gegenwart der NATO zu werfen.

Gründung und Anfangsjahre

Die NATO entstand aus den Querelen der Nachkriegsordnung. Die USA traten erst 1941 in den Zweiten Weltkrieg ein, um nach dem Sieg über Faschismus den Einflusszuwachs der Sowjetunion einzudämmen und ihre Vormachtstellung zu sichern. Nach der Befreiung Europas herrschte eine fragile Nachkriegsordnung, in der beide Supermächte jede eigenständige revolutionäre Bewegung unterdrückten, die in vielen Ländern aufflammte. Die USA bereiteten schon vor Kriegsende die NATO vor, lösten Großbritannien als weltweit mächtigste Macht ab und zementierten ihre Position durch Bretton-Woods, das den Dollar an Gold band und zur sicheren Weltwährung machte. Zugleich entstand mit dem IWF der finanzpolitischer Arm der NATO, der maßgeblich als Werkzeug zur ökonomischen Auspressung und Niederhaltung halbkolonialer Länder dient.

Diese Instrumente waren Teil der Containment-Politik gegen die Sowjetunion, die direkt zur Gründung der NATO führte – von Beginn an ein Bündnis des Imperialismus gegen die SU. Gründungsmitglieder neben den USA waren Kanada, Frankreich, Großbritannien, Norwegen, die Niederlande und Portugal. Die NATO ist jedoch nicht einfach als verlängerter Arm der USA zu verstehen, war sie doch von Anfang von Konflikten ihrer Mitglieder geprägt; Frankreich trat 1966 aus und wies 40 000 Soldaten aus. Solche Spannungen, später etwa zwischen Griechenland und der Türkei, blieben kennzeichnend.

Zusammenbruch Stalinismus und „War on Terror“

Im Kalten Krieg führte die NATO vor allem Stellvertreterkriege gegen die Sowjetunion oder von ihr unterstützte Bewegungen wie in Vietnam oder Afghanistan. Das änderte sich mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991, indem nicht nur die bipolare Weltordnung starb, sondern bald die neuen Mächte China und Russland aus den Trümmern aufstiegen und damit eine neue Epoche des Imperialismus einläuteten. Auch innerhalb des Bündnisses verschob sich das Gewicht: Die BRD wuchs durch die Annexion der DDR über seine Juniorpartnerrolle hinaus und bildete mit Frankreich einen EU-Block.

Voraussetzung für die „Wiedervereinigung“ Deutschlands war die Zustimmung der Sowjetunion. Beim 2+4-Vertrag versprach Washington, nicht nach Osten zu expandieren. Trotzdem traten bis 2009 zwölf Staaten der NATO bei; US-Truppen rückten bis an Russlands Grenze. Deutschland suchte zugleich immer wieder Annäherung an Moskau, um sich auch etwas Unabhängigkeit von Washington zu ermöglichen.

Unter US-Führung gab sich die NATO in den 1990ern eine neue Doktrin: Mobile Einheiten sollten „Failed States“ und Terrororganisationen bekämpfen. Statt Massenarmeen dominieren seither kleinere, spezialisierte, gut ausgebildete und ausgerüstete Eingreiftruppen. Die blutigen Einsätze in Irak, Iran, Syrien und Afghanistan zeugen genau davon. Alle wurden darüber hinaus als „humanitäre Interventionen“ oder vor allem nach dem 11. September 2001 als „Kampf gegen den Terror“ legitimiert. Der antimuslimische Rassismus wurde in diesem Zuge zur Schlüsselideologie der meisten westlichen imperialistischen Staaten und dient bis heute dazu, innenpolitisch zu spalten und außenpolitisch Verbrechen wie Foltergefängnisse im Irak, das Abschlachten von Zivilist:innen in Afghanistan oder den Genozid in Gaza zu legitimieren.

Die NATO heute

Im Zuge der sich zuspitzenden imperialistischen Blockbildung steht die NATO vor neuen Aufgaben. Auch wenn man nicht von einem „neuen Kalten Krieg“ mit Russland oder vielmehr China als strategischem Hauptrivalen sprechen kann, da kein grundlegender Systemkonflikt besteht, ähneln die Anforderungen an die NATO zunehmend denen vergangener Konfrontationen.

Pläne wie der sogenannte „Operationsplan Deutschland“, Diskussionen über die Wiedereinführung der Wehrpflicht in verschiedenen NATO-Staaten und nicht zuletzt das für den Gipfel formulierte 5%-Ziel zeigen, dass sich die NATO auf die Möglichkeit eines groß angelegten innerimperialistischen Landkriegs vorbereitet. Die für frühere NATO-Einsätze konzipierten Einheiten – gut ausgerüstet, aber für andere Einsatzszenarien ausgelegt – wären dafür nicht ausreichend.

In nahezu allen NATO-Staaten, ob in den USA, den Niederlanden oder Deutschland, geht diese Aufrüstung mit sozialen Kürzungen, Angriffen auf die Arbeiter:innenklasse und Jugend, massiver rassistischer Mobilisierung und einem globalen Rechtsruck einher.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass innerhalb der NATO Harmonie herrscht oder sie als einheitliches „Empire“ bzw. als Superimperialismus verstanden werden kann. Im Gegenteil: Besonders mit einer weiteren Wiederwahl Trumps steht das Bündnis vor strategisch brisanten Fragen, in denen die Mitgliedsstaaten unterschiedliche Interessen verfolgen.

Zwar gelang es den USA im Zuge des Ukrainekriegs, das zuvor strategisch Richtung Russland schielende Deutschland fester in den eigenen Block zu integrieren und unterzuordnen. Doch geschah dies nicht widerspruchslos und ist keineswegs gesichert. Für die EU-Staaten ist nach dem Abbruch der Handelsbeziehungen zu Moskau Russland der zentrale Konkurrent, während Trump China als langfristige Bedrohung sieht. Daher strebt er eine rasche „Befriedung“ des Ukrainekriegs durch imperialistische Aneignung ukrainischer Ressourcen an, um Kapazitäten für den Genozid in Gaza und eine mögliche Konfrontation mit China freizumachen.

Vor diesem Hintergrund lässt sich die eigenständige Militarisierung Europas nur in ihrer Widersprüchlichkeit begreifen: Einerseits als Versuch, Eigenständigkeit zu gewinnen und sich als eigenständiger Akteur zu etablieren; andererseits als Forderung der USA an Staaten wie die BRD.

Die NATO ist und war also ein in sich widersprüchliches Staatenbündnis – zwar klar vom US-Imperialismus dominiert, jedoch auch mit einem im Inneren rivalisierenden Block um Deutschland und Frankreich.

Wie dagegen?

Für uns als Revolutionär:Innen ist klar: Die NATO gehört zerschlagen! Wir lehnen sie als Organ des Imperialismus ab und sehen im Kampf gegen sie und ihre Kriege ein wichtiges Arbeitsfeld. Gleichzeitig muss uns klar sein, dass es keinen ausschließlichen Kampf gegen die NATO geben kann, um erfolgreich zu sein. Wer beim Kampf gegen die NATO vom Klassenkampf nicht reden möchte, landet schnell bei Illusionen in andere Institutionen der imperialistischen Staaten wie die UN oder in der Vorstellung einer „friedlichen“ multipolaren Weltordnung – letztlich also genau der Ordnung, welche Kriege, Ausbeutung und Krise mit sich bringt.

Ein Kampf, der innerhalb seiner nationalen Grenzen verweilt, kann ebenso nicht erfolgreich sein. Schließlich ist die NATO ein internationales Staatenbündnis, der Kapitalismus ein internationales System und insbesondere im Zeitalter des Imperialismus von nicht voneinander zu trennenden internationalen Entwicklungen bestimmt. Kämpfe, die sich nur im nationalen Rahmen abspielen, müssen deshalb im besten Fall ein Kampf gegen Windmühlen bleiben und haben im schlimmsten Fall campistische Solidarisierungen mit dem, dem eigenen Imperialismus feindlich gegenüberstehenden, Imperialismus zur Folge – frei nach der Devise: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“.

Gleichzeitig führt ein Fokus auf den nicht „hauseigenen“ Imperialismus zu einem Herunterspielen desselben und letztlich zu fatalen taktischen oder strategischen Zugeständnissen, auch wenn der ausgemachte Hauptfeind – z. B. in Form der USA – auf der vermeintlich eigenen Seite steht. Dies ist aber auch eine grundfalsche Politik: Der tatsächliche Hauptfeind steht für jede Arbeiter:Innenklasse in imperialistischen Ländern im jeweils eigenen Land. Eben dieser Staat ist es, der sie tagtäglich ausbeutet, nach innen mit Repressionen überzieht, sollten sie sich dagegen wehren, und sie für seine Interessen bzw. die seiner Verbündeten in den Krieg schickt.

Aus diesen Gründen braucht es unserer Ansicht nach im Kampf gegen die NATO eine neue Internationale. Als revolutionäre Jugendliche treten wir insbesondere für den Aufbau einer neuen Jugendinternationale ein, welche der mörderischen imperialistischen Kriegsmaschinerie ein Ende setzen kann – ob NATO, China oder Russland: Den imperialistischen Mächten in den Rücken fallen!




Trumps Zölle: Krise, Krieg – Klassenkampf!

Von Lia Malinowski

Die massiven Veränderungen auf dem Weltmarkt haben großen Einfluss auf uns Jugendliche hier in Deutschland und international. Während noch vor ein paar Monaten ein relativ geschlossener Block zwischen den USA und der EU geherrscht hat, bricht dieser langsam auseinander. Wir wollen mit diesem Artikel versuchen, diese Veränderungen zu verstehen und daraus eine Perspektive für Revolutionär:innen entwickeln.

Was war die Lage?

Der „westliche Block“ war schon immer von Widersprüchen geplagt. Logischerweise, denn die EU (die in sich auch Widersprüche trägt) hat ein eigenes imperialistisches Interesse und Machtansprüche, ebenso wie die USA. Diese Interessen waren oft miteinander verbunden und man hat sich unter die USA untergeordnet, um von den deren Erfolgen zu profitieren, ob im Kampf gegen den Realsozialismus oder im „Krieg gegen den Terror“. Gleichzeitig hat sie die EU aber immer wieder Optionen offengehalten, um mit dem russischen oder chinesischen Imperialismus zu kooperieren. Im Zuge des Ukrainekriegs und einer verstärkten Blockkonfrontation musste sich die EU stärker unter die USA unterordnen und hat die Verbindungen zu Russland weitestgehend gekappt. Während für die EU der Ukrainekrieg Hauptschauplatz der Neuaufteilung der Welt ist, ist es für die USA jedoch der Konflikt mit China und die Ukraine nur Nebenschauplatz, zur Schwächung des russisch-chinesischen Blocks.

Was hat sich geändert?

Daraus erklärt sich auch das vermeintliche Umlenken und Fallenlassen der Ukraine seitens der USA. Während Biden noch daran festgehalten hat, über die Ukraine den russisch-chinesischen Block zu schwächen, versucht Trump das auf einen anderen Weg und konzentriert sich mehr auf den direkten Konflikt mit China. Die Ukraine soll befriedet werden, Russland von China gelöst und dem eigenen Imperialismus untergeordnet, anstatt militärisch Handlungsunfähig werden. Das sorgt natürlich für Konflikte mit der EU, für die es kein Zurück mehr gibt von der Position, Russland zu schwächen.

Gleichzeitig dazu hat Trump in klassisch rechter Manier wirtschaftlich einen protektionistischen Kurs eingelenkt. Um aus der Krise zu kommen und die eigene Wirtschaft insbesondere gegenüber der chinesischen zu stärken, will er die Produktion im Land stärken und weniger importorientiert arbeiten, wie es bisher der Fall war. Mit seiner zugegeben wirtschaftlich irrationalen Zollpolitik, die mehr auf Gefühlen als auf Verstand zu bauen scheint, versucht er den Export in die USA so unrentabel zu machen, dass die Unternehmen ihre Produktion in die USA verlegen, um den US-Markt trotzdem bedienen zu können. Der chinesische Imperialismus gewinnt seine Stärke vor allem aus seiner wirtschaftlichen Überlegenheit und stellt so den ehemaligen Welthegemon USA vor Herausforderungen. Militärisch sind die USA noch weit überlegen, wirtschaftlich ist jedoch China zu einer ernsten Gefahr geworden, mit der die USA umgehen müssen. Daher der stärker protektionistische Kurs. Die Abkehr vom Freihandel schwächt gleichzeitig aber auch die „westlichen“ Institutionen wie der IWF, weshalb der Kurs Trumps nicht unumstritten ist.

Die EU als schwächstes Glied der imperialistischen Kette

Die neuen Zölle treffen die EU hart, das sie vom Freihandel profitiert und die meisten ihrer Länder eine exportorientierte Wirtschaft haben, also mehr produzieren und ins Ausland verkaufen, als sie aus dem Ausland einkaufen. Die USA sind beispielsweise für die deutsche Autoindustrie ein besonders wichtiger Markt – 13% aller exportierten Fahrzeuge aus Deutschland gehen in die USA. Neben dem Umlenken auf eine Befriedung in der Ukraine, vertieft die Trump’sche Wirtschaftspolitik die vorhandenen Widersprüche innerhalb des westlichen imperialistischen Blocks und stellt diesen zunehmend Infrage.

Nebenher stellt Trump auch noch die NATO auf die Probe, indem er, bzw. seine Regierung, faktisch der Beistandspflicht eine Absage erteilt. Die Beistandspflicht ist integraler Bestandteil der NATO, ohne den sie nicht existieren würde. Wird ein NATO-Mitgliedsstaat angegriffen, helfen die anderen Staaten dort militärisch und es wird als Angriff auf die gesamte NATO gesehen. Viele bürgerliche Politker:innen sehen damit das Ende der NATO eingeleitet – was durchaus eine Möglichkeit ist – und begründen damit immer lautere Rufe nach mehr Unabhängigkeit der EU von den USA und eine eigene europäische Armee. Auch in Deutschland werden die Rufe nach mehr Aufrüstung lauter, so fordert Merz beispielsweise, dass die Bundeswehr die stärkste Armee Europas werden müsse. Es bleibt aber nicht nur bei Forderungen: Die EU will beispiellos viel Geld in die eigene Hochrüstung stecken und in Deutschland haben alter Bundestag und Bundesrat ein 500 Milliarden Paket und eine Grundgesetzänderung zur nahezu unendlichen Aufrüstung verabschiedet – mit Linker Beteiligung.

Die EU als schwächstes Glied der imperialistischen Kette verliert Stück für Stück die USA als Partnerin und damit den eigenen Einfluss in der Welt. Sie ist gezwungen, andere Wege zu finden. Doch wenn sich die Frage der Strategie stellt, werden auch die inneren Widersprüche der EU noch stärker zu Tage treten. Sie ist eben ein Verbund verschiedener imperialistischer Staaten, die ihre eigene imperialistische Strategie durchboxen wollen, allen voran Deutschland und Frankreich. So stellt sich aktuell neben der Frage, wie die Ukraine weiter unterstützt und die EU dort weiter Einfluss behalten kann, auch die Frage wie mit Israels Genozid in Gaza umgegangen wird. Zwar sind sich die meisten und die einflussreichsten Länder einig, dass Israel weiter unterstützt werden muss, aber die Stimmen für ein Ende des Genozids und für ein Anerkennen von Palästina als Staat werden lauter. Die einen wollen ihren Einfluss in Israel vergrößern und sich als starke Partner:innen hinstellen, die anderen ihre Beziehungen in den „globalen Süden“ nicht weiter zerstören und passen sich teilweise der Kritik an Israel an. Es sind sich jedoch alle einig darin, dass die Rechte der Arbeiter:innen und Jugend beschnitten werden müssen, was zu sozialen Kämpfen führt, in die wir als Kommunist:innen eingreifen müssen.

Und was ist mit Deutschland?

Der deutsche Imperialismus ist ebenso dazu gezwungen, unabhängiger von den USA zu werden. Schon vor der Politik Trumps steckte Deutschland in einer fetten Wirtschaftskrise, die sich weiter verschärft hat. Jahre der Stagnation, die Gefahr der Rezession – Auswirkungen der Überproduktionskrise, weil Märkte während dem Ukrainekrieg und der Coronapandemie weggefallen sind. Als sich im November 2024 angebahnt hat, dass mit Trump ein Fokus auf Protektionismus und ein Ausverkauf der Ukraine kommen wird, ist die Ampel-Koalition endgültig zerbrochen. Schon vorher unfähig, mit der Krise und den vielen Brandherden umzugehen, wurde ihr nun ein endgültiger Schlag gegeben. Nach einem langen und harten Kampf zwischen Neoliberalismus und sozialer Marktwirtschaft, zwischen Konsumstärkung und Lohndrückerei, hat die Veränderung der Blockkonfrontation die eh fragile Koalition und fragile Wirtschaft hart getroffen. Die vorherige Unsicherheit wurde weiter verstärkt. Doch auch Merz und seine Regierung haben keinen Plan, wie sie damit umgehen sollen. Man will die EU stärken unter eigener Regie und vor allem weiter aufrüsten und irgendwie mit Trump über die Zölle verhandeln, gleichzeitig vorschnelle Freihandelsabkommen auf Kosten der Arbeiter:innen und Jugend in den Halbkolonien abschließen.

Daneben will er der Wirtschaftskrise vor allem mit Investitionsboostern begegnen. Unternehmenssteuern senken, verlängerte Arbeitstage, günstigere Arbeitskraft, Subventionen in Unternehmen und massive Aufrüstung. Dass – wie oben kurz beschrieben – die Krise nicht eine Krise der fehlenden Investition, sondern eine Krise der Überproduktion ist, verkennt er. Die Folgen seiner Politik, die wohl ohne die Verschiebungen in der Blockbildung nicht so extrem wären, sind eine massive Verarmung der Bevölkerung, steigende Arbeitslosigkeit, Reallohnverluste und fehlende Mittel für Klimaschutz, Schulen, Krankenhäuser und Freizeitaktivitäten für die Jugend.

Kampf der neuen Regierung!

Die neue GroKo (oder auch kleine Koalition) bedeutet massive Angriffe auf uns. Abschottung an den Grenzen, Arbeitslosigkeit weiter verelenden, Verlängerung des Arbeitstages, Geld für Krieg, keines für die Bildung und die Jugend, … Die Liste ist unendlich weiterzuführen. Was aber vollkommen klar ist, ist, dass wir massive Abwehrkämpfe führen müssen. Denn die GroKo wird überall da sparen, wo sie kann, um die Aufrüstung zu finanzieren und ihr kaputtes Wirtschaftssystem irgendwie zu retten. Dabei wird sich der scheinbar unaufhaltsame Rechtsruck weiter verschlimmern. Die CDU gibt alles, um sich der AfD inhaltlich anzupassen und trotzdem geht es ihr und ihren Anhänger:innen nicht weit genug. Gleichzeitig bildet sich von Links kein Widerstand gegen die Angriffe, bloß die AfD schafft es, ihrer Rolle als Opposition gerecht zu werden.

Die Linke, vor der Wahl noch mit scheinbar radikalen Antworten und sich ihrer Rolle als Opposition bewusst, will nun mit der CDU zusammenarbeiten, stimmt im Bundesrat für die Aufrüstung und von dem angekündigten Widerstand gegen Merz ist nichts zu sehen. Es zeigt sich einmal mehr, dass es als Antwort auf den Rechtsruck und die Krisen eine revolutionäre Organisation mit klarem Programm braucht, die den kapitalistischen Wahnsinn in seiner Totalität bekämpft!

           •          Für eine Einheitsfront aus Schulstreiks und politischen Streiks gegen den Rechtsruck, die massive Aufrüstung und die Angriffe der Regierung auf uns! Mindestlohn von 15€ und eine gleitende Lohnskala, kontrolliert durch die Gewerkschaften und Organisationen der Arbeiter:innenklasse!

           •          Nein zu ihren imperialistischen Kriegen! Massive Investitionen in die Bildung und Krankenhäuser statt für Waffen – nehmt das Geld von den Reichen! Bundeswehr, AfD und Co raus aus unseren Schulen!

           •          Wir kämpfen als Klasse und als Jugend gemeinsam! Nein zu allen Abschiebungen, offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle!




Gemeinsam gegen die NATO! Bericht der internationalen Delegation aus Den Haag

Yorick F./Flo Weitling, zuerst veröffentlicht in der Infomail 1285 der Gruppe Arbeiter:innenmacht, 27. Juni 2025 – 5 Minuten Lesezeit

Vom 23.06. bis 25.06. fand der 38. NATO-Gipfel in Den Haag statt. Rutte, Trump, Merz, Macron und Co. fanden sich in der Stadt des Internationalen Gerichtshofs ein – nicht, um dort für ihre zahllosen Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen zu werden, sondern um noch viel mehr davon vorzubereiten.

Mit dem Beschluss, alle NATO-Staaten dazu zu verpflichten, 5 % des BIP jährlich in Rüstungsausgaben zu stecken (in der BRD immerhin etwa die Hälfte des gesamten Bundeshaushalts), beschloss die NATO ein seit dem Kalten Krieg beispielloses Aufrüstungsprogramm. Historisch war auch das Aufgebot der niederländischen Polizei in Den Haag: Bereits ab dem 20.06. waren über 30.000 Bullen im Einsatz, damit etwa die Hälfte der gesamten niederländischen Polizei (!).

Protest gegen den NATO-Gipfel

Zu diesem Anlass versammelten sich am Wochenende des 21. und 22. Juni Aktivist:innen gegen die Kriegsanstrengungen der NATO. Wir selbst waren mit einer Delegation von Genoss:innen der Jugendorganisation Revolution und der Gruppe Arbeiter:innenmacht am Wochenende in Den Haag, um am Gegengipfel der „tegentopcoalitie“ (Gegengipfelkoalition) und der Demonstration am Tag danach teilzunehmen. Dieser wurde vor allem von der „Nieuwe Vredesbeweging“ (Neuen Friedensbewegung), ROOD – Socialistische Jongeren (ROT – Sozialistische Jugend; bis zum Bruch 2021 Jugendorganisation der SP) sowie der Revolutionair Socialistische Partij (Revolutionär-Sozialistische Partei; RSP) organisiert. Dieser war einer von 3 parallel stattfindenden Gegengipfeln. Obwohl er maßgeblich von kleinbürgerlichen Friedensaktivist:innen dominiert wurde, haben wir auf Einladung von ROOD an diesem Gipfel teilgenommen. Nicht ausschlaggebend war für uns das Programm und die soziale Zusammensetzung des Gegengipfels, sondern vielmehr die Möglichkeit, mit jungen Internationalist:innen aus verschiedenen Ländern in Kontakt zu kommen und mit ihnen über Analysen, Strategien und Forderungen sowie praktische nächste Schritte gegen die NATO-Aufrüstung zu diskutieren. Allein dafür hat es sich definitiv gelohnt! Wir konnten produktive Diskussionen mit Genoss:innen aus Ungarn, Serbien, Slowenien, Luxemburg, Belgien und vor allem den Niederlanden führen und uns somit bereits am Rande des Gegengipfels über mögliche Zusammenarbeit austauschen und die Erfahrung unserer Arbeit gegenseitig teilen.

Im des Aufrufs zum Gegengipfel erkennt man, dass sich die NATO zu einem Entscheidungstreffen zusammenfindet. Da wurde selbst der Fokus lieber auf große Namen gelegt, statt ebenfalls zu entscheiden, wie man sich den Kriegsplänen widersetzen kann. Obwohl Jeremy Corbyn nicht kommen konnte und wir so nur die Videobotschaft zu sehen bekamen, durften wir z. B. Redner:innen wie dem Vorsitzenden der belgischen Partei der Arbeit zuhören. Trotzdem bespielte der Gegengipfel durchaus interessante Themen, ob über die Lage in Palästina und den Nahen und Mittleren Osten, die Verbindung zu anderen sozialen Bewegungen oder konkrete Panels zum Kampf gegen die NATO international. Nebenbei wurden wir als einzige Delegation aus Deutschland mehrfach gefragt, ob es diese „Antideutschen“ eigentlich wirklich gäbe, da dies den meisten Personen berechtigterweise zu absurd schien, um wahr zu sein. Denn verdeutlicht wurde an dem Wochenende, als unsere Genoss:innen in Berlin gleichzeitig mit 50.000 für Gaza demonstrierten, noch mal, dass außerhalb der BRD in der Linken der Grundkonsens auf der Solidarität mit Palästina liegt.

Trotz interessanter Themen gab es in den Workshops einige klare politische Schwächen, welche den Gegengipfel prägten: Zum einen gab es nur sehr begrenzte Diskussionsmöglichkeiten. Die, die es gab, wurden sehr stark durch die Moderation kontrolliert, so dass eigentlich gar keine wirkliche kontroverse Diskussion möglich war. Dabei hätte es genügend Punkte gegeben, welche notwendig gewesen wären zu diskutieren. Ähnlich wie bei vergleichbaren Konferenzen und Kongressen in Deutschland wurde zwar (begrenzt) diskutiert, jedoch wurden keine gemeinsamen Beschlüsse über Forderungen und gemeinsame Aktionen gefasst. Es bleibt genauso unklar wie davor, was Charakter und Ziel einer Bewegung gegen die NATO sein sollen und welche Schritte gegangen werden müssen, um diese international aufzubauen. Perspektiven, wie wir aktiv über das Wochenende hinaus unsere Anstrengungen in der Aktion vereinen können, wurden vom offiziellen Programm nicht aufgeworfen, geschweige denn direkt geplant.

Auch politisch-inhaltlich gab es einige haarsträubende Äußerungen: Dominiert war der Gegengipfel vor allem von Forderungen gegen die USA. Diese sorge dafür, dass Europa bei der Verteidigung nicht „souverän“ sei. Deshalb müsse v. a. die USA und die NATO als ihr verlängerter Arm aus Europa gedrängt werden. Diese Perspektive ignoriert jedoch vollkommen die Interessen des „eigenen“ Imperialismus, der sehr wohl auch ohne die USA aufrüsten würde, als Resultat seiner eigenen Stellung in der imperialistischen Blockbildung. Dabei die „Souveränität“ der EU, Frankreichs, Belgiens oder Deutschlands zu fordern, kommt einer Unterordnung unter den eigenen Hauptfeind gleich: Dieser steht nämlich immer noch nicht im eigenen „Block“, sondern in erster Linie im eigenen Land!

Abschluss

Am darauffolgenden Sonntag, dem 22.06., fand ein Treffen internationalistischer und sozialistischer Kräfte statt. Dieses war einberufen worden von RSP und ROOD. Insbesondere letzteren sind wir sehr dankbar dafür, uns eingeladen zu haben, und für die solidarische Zusammenarbeit! Dieses Treffen war vor allem durch reformistische, zentristische und vereinzelt stalinistische Kräfte geprägt, bot aber im Vergleich zum v. a. kleinbürgerlich geprägten Gegengipfel eine bessere Grundlage für produktiven Austausch.

Auch wenn es nur bei der Vorstellung der Organisationen und ihrer Arbeit in verschiedenen Ländern geblieben ist, wurden so Kontakte ausgetauscht für gemeinsame weitere Schritte. Diese müssen aber auch gegangen werden, um eine schlagkräftige Bewegung gegen die NATO aufzubauen. Wie wir auch auf dem Treffen argumentiert haben, treten wir deswegen für eine internationale (Jugend-)Konferenz ein, auf welcher sich auf gemeinsame Forderungen und Aktionen zur Durchsetzung unserer Ziele bindend geeinigt wird, um linke Jugendliche, Arbeiter:innen und Unterdrückte und ihre Organisationen im Kampf gegen diese Entwicklung in der Aktion zu vereinen.

Die anschließende Demonstration brachte etwa fünf bis siebentausend Menschen auf die Straßen Den Haags. Außerdem fanden während des Gipfels auch weitere Gegenaktionen und Blockaden statt, bei denen die Polizei mit brutaler Repression vorging und über 200 Personen festnahm. Hier zeigten die Bullen des Trump-Fans Rutte ihr wahres Gesicht.

Trotz dieser massiven Repression blicken wir auf ein Wochenende voller positiver und solidarischer Diskussionen zurück, das mit einem kraftvollen gemeinsamen Ausdruck bei der Demonstration beendet wurde. Wir freuen uns auf eine weitere Vertiefung der Zusammenarbeit mit den internationalen Genoss:innen und einen starken Kampf gegen Militarisierung, Krise und imperialistischen Krieg! Auf zum Sturz des Imperialismus!




Resolution zum Krieg in der Ukraine

internationale Resolution der kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION, Mai 2025
33 Minuten Lesezeit

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine läuft nun seit knapp über drei Jahren. Auch wenn Krise und
Auseinandersetzung seit 2014 anhält, ist der Angriff den wir seit Anfang 2022 sehen eine
Zuspitzung welche nicht nur die Frage der Unabhängigkeit der Ukraine auf den Tisch wirft, sondern auch die der Neuafteilung der Welt zwischen den Großmächten. Als junge Revolutionär:innen brauchen wir eine klare Haltung und Handlungsorientierung für einen der heftigsten Kriege seit dem 2. Weltkrieg. Wir versuchen uns in diesem Papier thesenhaft an einer Orientierung für die jetzige Situation. Das ist auch zwingend nötig, denn es ist nicht unwahrscheinlich, dass dieses Jahr zum entscheidenden für den Russisch-Ukrainischen Krieg wird.

Militärischer Stand

Der Ukrainekrieg ist seit längerer Zeit in einem Stellungskrieg erstarrt, bei dem wenig Gebiet eingenommen, aber auch wenig Gebiet verloren wird. Es kommt hin und wieder zu Vorstößen von beiden Seiten, aber seit den Niederlagen der Ukraine in den Schlachten um Bachmut und Awdijiwka, und der erfolglosen ukrainischen Sommeroffensive 2023, ist die Ukraine in die Defensive geraten. Stellungskrieg heißt dabei sicher nicht, dass es nicht zu hohen Todeszahlen kommt. Die genauen Informationen sind nicht zugänglich, es dürften sich aber auf beiden Seiten um mehrere Hunderttausende Opfer handeln (die meisten davon an der Front). Der Krieg erinnert frappierend an die Westfront des 1. Weltkriegs, in dem auch jeder Meter Frontverschiebung zum Preis von Menschenleben erkauft wurde.

Trotz der Hoffnung des Westens durch die Lieferung von hochtechnologischen Angriffssystemen (Kampfpanzer (Abrams, Challenger, Leopard), Schützenpanzer (diverse IFVs), Flugzeuge (sowohl alte MIG wie auch modernere F16), Raketen- (HIMARS, Storm Shadow, ATACMS) und Artilleriesysteme (Ceasar, M777, inklusive Streumunition)) der Ukraine zu ermöglichen, verlorenes Territorium zurück zu erobern, konnte das bisher nicht realisiert werden. Vielmehr kommt Russland in dem Abnutzungskrieg Stück für Stück geländemäßig vorwärts, wenn auch in einem sehr langsamen Tempo. Sowohl Russland als auch die Ukraine haben Probleme damit, die Verluste der in den Fleischwolf der Ostukraine geworfenen Soldat:innen zu kompensieren. Auf ukrainischer Seite wurde zwar zu Beginn des Krieges eine Generalmobilisierung verkündet, aber wirklich durchgezogen wurde sie nicht. Die ukrainische Regierung schreckte vor allem davor zurück, die gut ausgebildete und dadurch kampfstärkste Generation der 18-25 jährigen zu mobilisieren. Auf russischer Seite gab es bisher auch nur eine Teilmobilisierung und der Bedarf an Soldaten wird in erster Linie durch Freiwilligenmobilisierungen gedeckt, wie „freiwillig“ das oft ist, bleibt fraglich.

Der Ukrainekrieg ist der Krieg, der bisher den höchsten Technologieeinsatz hat. Neben klassischem schweren Kriegsgerät wie Artilleriesystemen und Panzern, spielen Drohnen in der Kriegsführung eine immer zentralere Rolle, und werden zum häufig tödlichen Schrecken für vorrückende Soldat:innen. Ebenfalls mit KI, zum Beispiel für die Auswahl von Zielen, wird immer wieder experimentiert.

Doch wie konnte es zu so einem Krieg kommen, der in seiner Intensität (was die Schwere der Kampfhandlungen betrifft) wohl nur von den beiden Weltkriegen übertroffen wird? Um das zu verstehen, beginnen wir zunächt mit einem Überblick der jüngeren Geschichte der Ukraine und ihrem Verhältnis zum Russischen Imperialismus.

Geschichte der Ukraine

Der russische Überfall auf die Ukraine im Jahr 2022 war kein isoliertes Ereignis, sondern das Ergebnis der sich zuspitzenden Verhältnisse zwischen imperialistischen Blöcken – dem „Westen“ und Russland – nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 und im Kontext eines globalen Machtkampfs um die Neuaufteilung der Welt.

Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion stand der junge ukrainische Nationalstaat vor tiefgreifenden wirtschaftlichen Krisen, die eine chronische politische Instabilität nach sich zogen. Eine kleine Gruppe ehemaliger Funktionär:innen nutzte gezielt die Überreste der stalinistischen Bürokratie, um sich im Zuge der kapitalistischen Restauration und umfassender Privatisierungen massiv zu bereichern. In diesen neuen Verhältnissen bildete sich eine neue mächtige Oligarchie.

Aufgrund der engen wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen mit dem russischen Imperialismus sowie einer bedeutenden russischsprachigen Minderheit im Süden und Osten des Landes, geriet die Ukraine in ein Spannungsverhältnis zwischen pro-russischen und pro-westlichen Oligarch:innen. Weder wirtschaftlich noch militärisch in der Lage, selbst zur imperialistischen Macht aufzusteigen, sah sich die Ukraine gezwungen, sich einem der beiden Blöcke – dem westlichen oder dem russischen – in halbkolonialer Abhängigkeit anzuschließen. Das Ergebnis war eine zwischen den Lagern hin- und herpendelnde staatliche Politik.

Diese inneren Widersprüche spiegelten sich auch in der demografischen Struktur des Landes wider: Der Süden und Osten waren stark von der russischen Sprache, Kultur und historischen Bindungen an Russland geprägt, während im Westen ein ausgeprägter ukrainischer Nationalismus mit pro-westlicher Orientierung vorherrschte.

Die Euromaidan-Bewegung 2014 stellte die Zuspitzung dieser Widersprüche dar. Der damalige ukrainische Präsident Janukowytsch war Vertreter der pro-russischen Fraktion und zog sich im Laufe des Jahres 2014 von einem EU-Assoziierungsabkommen zurück, das von seinem pro-westlichen Vorgänger in die Wege geleitet worden war. Daraufhin begannen nationalistische Kräfte, die eine Bindung an den Westen forderten, einen Protest gegen Janukowytschs Politik auf die Straße zu tragen. Als dessen Regime mit Gewalt antwortete und es zu Schüssen auf Protestierende kam, wagten die führenden rechten und
faschistischen Kräfte der Bewegung einen Putsch gegen die ukrainische Regierung. Diese wurde abgesetzt und durch eine pro-westliche Regierung ersetzt. Damit nahm die Unterdrückung der russischen Minderheit im Süden und Osten der Ukraine zu, deren Sprache und Autonomie in der Folge weitreichend eingeschränkt wurden. Als sich im Osten der Ukraine Widerstand gegen diese Entwicklungen formierte, griffen faschistische Banden auf die Ostukraine über und wurden nur durch Selbstverteidigungskräfte der russischen Minderheit gestoppt. Dem folgte die russische Annexion der Krim – zum Halt der strategisch wichtigen Krimhäfen, aber auch zum Schutz der russischen Minderheit – und die Erklärung der Unabhängigkeit der Volksrepubliken Luhansk und Donezk durch Separatist:innen.

Die Volksrepubliken führten in der Folge einen bis 2022 andauernden Bürger:innenkrieg gegen die ukrainische Zentralregierung. Auch wenn die Separatist:innen in der Folge stark vom russischen Imperialismus, die Zentralregierung hingegen vom westlichen Imperialismus abhängig waren, darf das Recht auf Selbstbestimmung der russischstämmigen Separatist:innen nicht untergraben werden.

Friedensbemühungen wie das Minsker Abkommen von 2015, das Autonomie und Sprachrechte zugesichert hätte, wurden mehrfach sabotiert. Das westlich-russische Konkurrenzverhältnis, aber auch die innere Konkurrenz des westlichen Blocks zwischen EU und USA, trugen nicht zu einer Befriedung des Konflikts bei. Die Eskalation des ukrainisch-russischen Konflikts setzt trotz der Annexion der Volksrepubliken durch Russland auch den ukrainischen Bürger:innenkrieg in anderer Intensität fort.

Die Zuspitzung der Auseinandersetzung zwischen imperialistischen Blöcken in und um die Ukraine mündeten im russischen Überfall 2022. Der Westen drohte die Ukraine durch Aufrüstung und wirtschaftliche Durchdringung zu seiner eigenen abhängigen Halbkolonie zu machen – ein Zustand, den Russland mit Gewalt zu verhindern suchte, als es den dauerhaften Verlust seines Einflussgebietes fürchtete. Doch die anfänglichen Erfolge blieben aus, und der Widerstand der ukrainischen Streitkräfte führte dazu, dass die Invasion bislang kaum nennenswerten Gebietsgewinne brachte. Stattdessen forderte sie zig- bis hunderttausende Tote und verwandelte weite Teile des Landes in ein Schlachtfeld.

Der Krieg in der Ukraine weist in seiner Geschichte gleich mehrere Ebenen auf, die es zu berücksichtigen gilt. Den innerimperialistischen Konflikt zwischen dem Westen und Russland, den Kampf um nationale Selbstbestimmung innerhalb der Ukraine, und damit auch die Fortführung des Bürgerkriegs, und den Verteidigungskampf der Ukraine selber gegen den Angriff des imperialistischen Russlands.

Russlands Imperialistischer Angriffskrieg

Der reaktionäre Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 hebt den zuvor bereits
brodelnden Konflikt auf ein neues Level. Die imperialistische Aggression stellt das Selbstbestimmungsrecht der ukrainischen Bevölkerung nun offen in Frage. Die Behauptung einiger Linker, Russland werde „angegriffen“, weil die NATO zunehmend in seine Einflusssphäre eindringe, ist als Entschuldigung dieser Aggression gemeint, verdeutlicht aber vielmehr den zwischenimperialistischen Aspekt des Konflikts sowie die Gefahr, dass er sich zu einem zwischenimperialistischen Krieg von beispielloser Zerstörung ausweiten könnte.

Was will Russland?
Die Interessen des russischen Imperialismus in der Ukraine sind klar: Es geht um die Sicherung
sogenannter „traditioneller Einflussphären“, da die Ukraine sowohl industriell, agrarisch als auch
rohstofftechnisch ein bedeutender Bestandteil des russischen Monopolkapitals war – und es aus
Sicht der herrschenden Klasse Russlands wieder werden soll. Russischsprachige Minderheiten
sowie historische Verbindungen werden dabei gezielt instrumentalisiert, um politischen und
militärischen Druck auszuüben und Vorwände für Aggressionen zu schaffen.

Da Russland nicht über die ökonomischen und ideologischen Mittel des Westens verfügt –
Stichwort „Demokratie!“ – bleibt ihm vor allem die militärische Stärke, um im Konzert der
Großmächte mitzuspielen und seinen Einfluss zu behaupten. Die zunehmende Aggressivität ist
Ausdruck seiner relativen Schwäche, ein Versuch, durch immer brutalere Mittel seine
Machtansprüche und Interessen dennoch durchzusetzen.

Der Verlauf des Krieges
Einerseits war die russische Armee nicht in der Lage, einen entscheidenden Sieg gegen die vom
Westen hochgerüstete und im Selbstverteidigungswillen motivierte ukrainische Armee zu erringen. Andererseits stellt der derzeit stattfindende Abnutzungskrieg zunehmend eine ökonomische Frage dar. Russland gewinnt an Boden, weil es seine Wirtschaft erfolgreich auf Kriegswirtschaft umgestellt hat. Die quantitative Versorgung der Truppen mit militärischem Material wird immer entscheidender. Die russische Ökonomie hat sich in diesem Prozess eindeutig als imperialistische Macht erwiesen: Die Ausfälle von Kapital- und Warenimporten konnten mit nur leichten Einbrüchen abgefedert werden. Die Waffenproduktion wurde um 68 % gesteigert und macht mittlerweile 6,5 % des BIP aus. Nach einer Rezession im Jahr 2022 ist die russische Wirtschaft 2023 wieder um 2,8 % gewachsen. Natürlich haben steigende Importpreise und die Kriegswirtschaft auch zu einer Inflation von rund 7% geführt. Die Hauptleidtragenden sind, wie in jedem Krieg, die Arbeiter:innen, die mit steigenden Lebenshaltungskosten und einem eingeschränkten Angebot zukämpfen haben.

Der globale Charakter des Russischen Imperialismus
Der russische Imperialismus ist nicht nur in der Ukraine aktiv, nicht einmal nur in Europa. Im Zuge
der Blockbildung nahmen auch Stellvertreter-Konflikte in Afrika zu. Dort unterstützt das Putin Regime verschiede bewaffnete Gruppen, allen voran die russischen „Wagner“-Söldner, denen zahlreiche Verbrechen gegen Zivilist:innen vorgeworfen werden. Der russische und chinesische Imperialismus zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihre Einflusssphären nicht durch das angebliche Wahren von Menschenrechte und Demokratie durchsetzen wollen, und die halbkolonialen Länder, welche oft diktatorische Regime haben, nicht an ihren autoritären Maßnahmen zu hindern versuchen (auch wenn der Westen das selber häufig nur symbolisch tut). Die Innenpolitik von abhängigen Staaten wird seltener durch diese Imperialist:innen angefochten, was auf viele wirkt, als ob sie freundlicher und respektvoller währen als die westlichen Ausbeuter:innen. Dabei ist es aber auch nur eine Frage der Zeit, wann die Bourgeoisien in Moskau und Beijing beschließen, ihren Preis zu fordern. Putin und Xi sind sicher um nichts humaner als die Herrschenden im Westen.

Nationale Unterdrückung in Russland
Auch innerhalb der eigenen Grenzen unterdrückt der russische Staat nationale Minderheiten. Wer an die Front geht bekommt ein gutes Gehalt und wer stirbt, dessen Familie bekommt sogar noch mehr Geld. Das führt dazu, dass besonders aus verarmten Regionen die überausgebeutet werden, überdurchschnittlich viele Soldaten in die Ukraine geschickt werden und dort sterben. Am stärksten betroffen sind Regionen in denen unterdrückte Minderheiten leben. Nach dem Zerfall der Sowjetunion war die russische Föderation gezwungen, Gebiete aufzugeben. Umso brutaler klammert sie sich an die noch erhaltenen Gebiete. So in Tschetschenien, wo zwei blutige Kriege zu tausenden Toten geführt haben, da der russischen Imperialismus um jeden Preis eine Loslösung der Kaukasusregion verhindern wollte.

Wofür müssen Linke kämpfen?
Die entscheidende Aufgabe aus linker Perspektive besteht darin, diesen reaktionären Krieg in einen Klassenkampf zu transformieren. Die Unterstützung antiimperialistischer Kräfte in Russland ist dafür unerlässlich. Während unser übergeordnetes Ziel der Sturz der russischen Regierung durch eine demokratische Antikriegsbewegung und der Aufbau einer breiteren sozialistischen Bewegung ist, sehen wir den Sturz Putins nicht als Vorbedingung für eine russische Niederlage. Vielmehr steigen die Aussichten auf seinen Sturz mit der militärischen Niederlage der russischen Streitkräfte. Im Zusammenhang mit dem ukrainischen Widerstand gegen die imperialistische Aggression unterstützen wir deshalb eine militärische Niederlage Russlands und den vollständigen Rückzug aus den besetzten Gebieten! Weder der russische, noch der westliche Imperialismus können wirklich Frieden und Unabhängigkeit bringen. Die Situation heute macht auch deutlicher denn je, dass kapitalistische Staaten die nationale Frage nicht lösen können. In allen Ländern müssen wir daher die Unabhängigkeit der Arbeiter:innenklasse erhalten und ausbauen. Dem bürgerlichen Staat, aber auch Stalins Sozialismus in einem Land, stellen wir eine sozialistische Föderation in Europa und Asien entgegen. Anstatt uns zu teilen und uns einem imperialistischen „Team“ anzuschließen, wollen wir die Weltrevolution und das Ende aller Imperialist:innen!

Zwischenimperialistischer Konflikt um die Ukraine

Der zwischenimperialistische Konflikt hat sich mit der Invasion Russlands in die Ukraine und der beispiellosen wirtschaftlichen und militärischen Unterstützung der westlichen NATO-Staaten klar
herauskristallisiert. Dabei wurde im Verlaufe des Krieges immer deutlicher, dass der westliche
Imperialismus, allen voran die USA, ein Interesse daran hat, Russland als imperialistischen Rivalen
zu schwächen. Die damit einhergehende demokratische Rhetorik der NATO ist lediglich eine
heuchlerische Farce.

Verhältnis zum Hauptwiderspruch USA vs China
Der Ausbruch des Krieges hat den aktuell weltbestimmenden Konflikt der Blockbildung zwischen
den USA und China weiter verschärft. In dieser Auseinandersetzung wurde Russland stärker an den Chinesischen und die EU an den US-Imperialismus gebunden. Russlands Imperialismus hat seine Stärke im Militär. Diese Stärke muss aus Sicht des Westens und der USA für den kommenden Konflikt mit China möglichst klein bis inexistent werden. Die Bindung der EU an den US-Imperialismus konnte vor allem durch die Sanktionen und die darauffolgende Zerstörung der Beziehungen zwischen EU-Staaten und Russland vollzogen werden. Seit kein Öl und Gas aus Russland mehr importiert wird, sind die Importe von LNG-Gas aus den USA in die Höhe geschossen.

Wirtschaftskrieg
Auf der wirtschaftlichen Ebene ist die Unterstützung der Ukraine längst zu einem Wirtschaftskrieg gegen Russland geworden. Russland soll von der Weltwirtschaft isoliert und darüber geschwächt werden. Die Sanktionen treffen Russland jedoch kaum, die russische Wirtschaft war darauf vorbereitet und wurde immer mehr zu einer Kriegswirtschaft umgebaut. Vor allem aber hat sich nicht nur China, sondern auch ein Großteil der Halbkolonien geweigert, die Sanktionen mitzutragen, sodass in der Konsequenz hauptsächlich die EU-Staaten die wirtschaftlichen Folgen tragen mussten. In der Folge befindet sich die EU und insbesondere Deutschland in einer immer komplizierteren Konjunkturkrise. Steigende Energie- und Lebensmittelpreise sowie hohe Inflationsraten treffen hier besonders die Arbeiter:innen und Jugendlichen. Gleichzeitig besteht die politische Antwort der Regierungen auf die Krise in sozialen Angriffen und Kürzungen.

Aufrüstung in Europa
Durch den Ukrainekrieg ist für den westlichen Imperialismus eine perfekte Möglichkeit zur massiven Aufrüstung entstanden. Kurz nach Beginn des Krieges wurde in Deutschland ein 100 Mrd.-Paket für die Bundeswehr beschlossen. Anfang 2025 kam ein weiteres Paket von 500 Mrd. für das Militär und weitere 500 Mrd. für die Infrastruktur. Über Ringtausche wird altes Kriegsmaterial abgegeben und durch neues ersetzt. Dieser Ringtausch gilt im Jahr 2025 als abgeschlossen. Deutschland spielt bei der europäischen Aufrüstung eine zentrale Rolle: Durch das große Eisenbahnnetz und grenzüberschreitenden Verkehr ist es Drehachse der Hochrüstung Europas. Die 500 Mrd. für die Infrastruktur sollen hier weitere Abhilfe schaffen und die Infrastruktur für weitere, größere und schwerere, Kriegstransporte fit machen. Stillgelegte Gleise werden reaktiviert, Weichen, die längst aufgegeben wurden, neu gebaut, die Elektrifizierung vorangetrieben. In unseren Schulen spüren wir die Auswirkungen ebenfalls stark. Ob auf Jobmessen, wo die Bundeswehr fürs Töten wirbt, Kriegspropaganda auf Monitoren oder Besuche von Offizier:innen in unseren Schulen, all das hat in den letzten Jahren zugenommen. Zusätzlich sollen in Deutschland die über 18-Jährigen über ihre Kriegstüchtigkeit befragt werden, um darauf Musterungen aufzubauen. Die neue Regierung von Merz, aber auch schon die Ampelregierung, steuern auf eine Wiedereinführung der Wehrpflicht zu.

Wie müssen wir uns verhalten?
Als Jugend und als Arbeiter:Innenklasse in den westlichen imperialistischen Staaten müssen wir einem zwischenimperialistischen Krieg entschieden entgegentreten! Gleichzeitig müssen wir auch das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine berücksichtigen und verteidigen. Wie sieht dies jedoch konkret aus? Die wichtigste Aufgabe der Jugend und Arbeiter:innen in den imperialistischen Ländern, welche die Ukraine in immer tiefere ökonomische, militärische und politische Abhängigkeit verwickeln wollen, besteht darin, sich in Wort und Tat gegen diese neo-koloniale Politik zu organisieren. Wir wissen, das der Imperalismus nicht im Interesse der national Unterdrückten handeln wird und immer in seinem eigenen imperialistischen Interesse, weswegen wir in seinen Parlamenten dagegen stimmen, Waffen unter den Bedingungen der Imperialisten zu liefern. Statt dieser falschen Solidarität fordern wir eine echte Solidarität mit den Arbeiter:innen und Jugendlichen in der Ukraine und als Teil dessen:

  • Alle Schulden müssen sofort erlassen werden!
  • Konzerne wie Bayer-Monsanto, Rheinmetall oder aus der Bauindustrie, welche direkt oder indirekt ihre Profite aus dem Leiden der ukrainischen Bevölkerung ziehen, müssen entschädigungslos enteignet werden!
  • Waffen- und humanitäre Lieferungen müssen ohne Kosten und ohne Bedingungen entsendet werden, die Transporte sollen von Arbeiter:innen kontrolliert werden!
  • Militärische Transfers aus dem Westen an die Ukraine sollen Teil eines westlichen Abrüstungsprogramms sein! Nehmt die Waffen aus den Händen der Imperialisten und gebt sie den Ukrainer:innen zur Verteidigung ihres Landes!
  • Die Bedienung der Waffen soll nicht von NATO-Ausbilder:innen abhängen. Wo möglich müssen Anleitungen schriftlich oder per Video dokumentiert werden, wo doch Ausbilder:innen benötigt werden, müssen diese aus ihrem eigenen Militär entlassen und dem der Ukraine unterstellt werden!
  • Es braucht die Arbeiter:innenkontrolle vor allem in den Waffenproduktionstätten und im Transportsektor, damit nicht die imperialistischen Staaten und ihre Regierungen bestimmen, wie wohin und welche Waffen zur Verteidigung des ukrainischen Volkes geliefert werden, sondern wir die Arbeiter:innen und die Jugend!

Rolle in der Blockbildung

Die gegenwärtige Weltlage befindet sich in einer grundlegenden kapitalistischen Krise, die ihren ersten tiefen Riss in der Finanzkrise 2008 gezeigt hat. Diese Krisenperiode, die sich in verschiedenen ökologischen, sozialen, militärischen, ökonomischen und vielen weiteren Zuspitzungen der Wiedersprüchlichkeit des Systems widerspiegelt, hat nun eine neue Phase erreicht, die vor allem durch den Ukrainekrieg in ein offeneren Zustand getreten ist. In dieser neuen Phase geht es nicht „nur“ um Wirtschaftskrisen oder lokale Kriege – es geht um die offene, teils kriegerische, Neuaufteilung der Welt zwischen den imperialistischen Mächten, allen voran den USA, Russland und China. Die Imperialistischen Mächte der EU (v.a. Deutschland, Frankreich und Italien) sowie Großbritannien und Japan, einst dominierende Imperialisten, befinden sich auf dem absteigenden Ast, müssen sich anderen unterodnen, schaffen es verzweifelt nicht, sich neu zu orientieren und etablieren.

Langfristige Krisenperiode seit 2008
Seit 2008 befinden wir uns in einer anhaltenden Krisenperiode, die sich nicht nur durch eine stagnierende Durchschnittsprofitrate auszeichnet, sondern auch durch einen tiefgreifenden Zerfall globaler Produktionsketten. In zahlreichen wieder oder neu aufflammenden Konflikten – wie in Syrien, Libyen, Kaschmir, dem Sudan und Myanmar – zeigen sich die imperialistischen Auseinandersetzungen, die von den großen kapitalistischen Mächten teils selber geführt, aber noch öfter verschärft und ermöglicht, werden. Der Aufstieg Chinas und auch Russlands als globale Konkurrents zu den älteren Imperialisten hat die weltpolitische Landschaft bereits lange vor demUkrainekrieg verändert. Die imperialistischen Kräfte versuchen, ihre Einflusszonen auszuweiten oder zumindest zu erhalten, was u.a. durch die Aktivitäten in Westafrika (z.B. die russische Rolle in der Zentralafrikanischen Republik) und durch den fortwährende Krieg in der Ukraine verdeutlicht wird. Auch die US Ambitionen, Gebietsansprüche wie den „Grönlandkauf“ von Dänemark zu erlangen oder den Panamakanal zu kontrollieren, sind Teil dieser Imperialistischen Neuordnung.

Blockbildung vor dem Ukrainekrieg
Vor dem Ukraine-Krieg war die Frage, ob die EU es schaffen würde, ein imperialistischer Akteur zu
werden, der eigenständig auftritt und international handlungsfähig ist, eine zentrale. Dies war insbesondere mit Blick auf ein mögliches Bündniss mit Russland und dem Aufstieg Chinas für die USA eine Bedrohung, die dessen Stellung als Welthegemon herausfordern hätte können. Der Ausbau von Militärkapazitäten im Ostpazifik und ein klareres wirtschaftliches Konkurrenzverhalten zeigten wiederum, dass die USA sich zunehmend eine Konfrontation mit China als Hauptkonkurrenten vorbereitet. Die Frage stellte sich, ob andere abgestiegene Großmächte – wie Japan oder Großbritannien – es schaffen könnten, eine stärkere Rolle zu spielen, ohne völlig von den USA abhängig zu sein.

Blockbildung nach dem Ausbruch des Ukrainekrieg
Der Ukraine-Krieg hat die geopolitische Landschaft dramatisch verändert. Der Bruch zwischen der EU und Russland, durch den beiden Seiten verlieren, ist in nächster Zeit erstmal nicht umkehrbar. Jedoch ist nicht auszuschließen, dass sich das mit Veränderung im imperialistischen Weltgefüge auch irgendwann wieder ändern kann. Russland wird inzwischen von den USA als bedeutende militärische Macht anerkannt, wobei das Ziel vor allem darin besteht, Russland weiter von der EU abzudrängen. Russland versuchte in der Phase seit Kriegsausbruch, ein limitiertes taktisches Bündniss mit China einzugehen, um weiterhin Absatzmöglichkeiten für seine Rohstoffe zu haben. Die EU hat sich in dieser neuen Blockbildung völlig der USA untergeordnet. Sie hat es nicht geschafft, den Krieg eigenständig fortzuführen oder eine entscheidende Rolle in den Verhandlungen zu spielen um ihre eigenen Interessen umzusetzen. Die EU ist ohne die militärische und politische Unterstützung der USA in diesem Konflikt fast machtlos. Der NATO-Beitritt von Schweden und Finnland zeigt ebenfalls, wie sehr sich die EU unter die USA begibt, um die Sicherheit ihrer imperialistischen Interessen zu garantieren, da sie dazu alleine wohl nicht in der Lage wäre.

Donald Trumps Versuche den US-Imperialismus neu aufzustellen
Mit der Amtsübernahme von Donald Trump wurde eine neue Phase in der Neuaufteilung der Welt eingeleitet. Trump versuchte, den Fokus der US-Imperialisten von Russland noch stärker auf China
zu verlagern. Der Handelskrieg, die Erhöhung von Zöllen auf chinesische Waren und der weitergehende Ausbau von Militärbasen im südchinesischen Meer, Japan, Südkorea und den Philippinen verdeutlichen diese Strategie. Trump wollte nicht nur China wirtschaftlich und militärisch eingrenzen, sondern auch einen Teil der globalen Produktionsketten, von China in die USA, schwächen. Das Ziel war, die USA von der chinesischen Wirtschaft weniger abhängig zu machen und gleichzeitig einen neuen Block von Ländern zu schaffen, die sich zunehmend von China distanzieren und den USA unterordnet. Auch versuscht Trump relativ offen, Russland aus seinem Bündnis mit China herauszubrechen, während er traditionelle US-Verbündete, die er als „wertlos“ im Kampf gegen China sieht, offen brüskiert. So die EU der Kanada.

Die EU als Verliererin dieser Entwicklungen
Die EU hat sich als klare Verliererin der letzten imperialistischen Entwicklungen herausgestellt. Im Konflikt mit Russland ist sie zur entschiedensten Unterstützerin der Ukraine geworden, hat jedoch keine eigenen strategischen Mittel, um den Krieg zu beeinflussen oder zu beenden. Stattdessen ist sie gezwungen, sich vollständig der US-Strategie unterzuordnen, ohne eine eigenständige politische Linie zu entwickeln. Der Ukraine-Konflikt hat auch gezeigt, dass die EU militärisch und wirtschaftlich nicht in der Lage ist, ihre eigenen Ziele erfolgreich zu verfolgen. Die EU konnte nicht verhindern, dass Russland weiter auf der globalen politischen Bühne agieren kann, die westlichen Sanktionen wurden selbst von traditionellen Verbündeten wie Israel, der Türkei oder Saudi-Arabien nicht mitgetragen und laufen stattdessen auf dem Rücken der EU, und auch in den Verhandlungen ist sie machtlos. Ihre Rolle wird zunehmend von den USA bestimmt, die EU agiert in dieser neuen Weltordnung zunehmend als reine Gehilfin der USA. Dennoch zeigt sich mit Amtsantritts Trumps die Brüchigkeit dieser imperialistischen Bündnisse – und die Frage der politische Vereinigung Europas stellt sich vermehrt, da es den europäischen Imperialisten sonst unmöglich ist, sich als eigenständiger imperialistischer Akteur hervorzutun. Daran wird deutlich, dass wir trotz abzeichnender Tendenzen, keine für immer feststehenden Aussagen über die widersprüchlichen Dynamiken im imperialistischen Weltsystem abgeben können.

Die Rolle nationaler Unterdrückung

Da es oft um Einflusssphären und territoriale Neuafteilung geht, kommt der nationalen Unterdrückung eine besondere Relevanz zu. Auch wenn wir keine Nationalist:innen sind, vertreten wir die Haltung, dass jedes unterdrückte Land selbst entscheiden können sollte, wie es sich verwaltet. Nationale Unterdrückung abzuschütteln kann oft nur mit einem Abschütteln der unterdrückenden Nation erreicht werden. Wir sehen das an Kämpfen wie in Rojava oder Palästina, aber auch in der Ukraine. In der Ukraine wird das umso deutlicher, desto stärker der Krieg sich seinem Ende entgegen neigt.

Waffenruhe und imperialistischer „Frieden“
Seit dem Amtsantritts Donald Trumps im Weißen Haus versuchen die USA den Ukrainekrieg zu beenden. Noch im Wahlkampf versprach Trump dies an Tag 1 seiner Präsidentschaft umzusetzen. Kalkül dahinter ist wohl zum einen, Ressourcen lieber in den Pazifik und in einen kommenden Konflikt mit China zu stecken, als in einen Krieg, den die Ukraine gerade augenscheinlich verliert. Stattdessen versucht Trump, Russland von China loszulösen und zumindest in einem kommenden Konflikt neutral zu halten.

Aktuelle Perspektive
Da Russland aktuell den Krieg gewinnt und Trump sich schon mehrmals öffentlich auf einen Frieden als Option festgelegt hat, ist dieses in einer sehr starken Verhandlungsposition und verlangt entsprechend viel. Ein innerimperialistischer Frieden, bei aktuellen Kräfteverhältnissen, läuft auf eine Niederlage der Ukraine im Kampf um ihre nationale Selbstbestimmung hinaus. Solch ein Frieden muss selbst gegen das Kollaborationsregimes Zelenskys durchgesetzt werden. Dessen Abhängigkeit und Hilflosigkeit gegenüber den USA haben Trump und Vize Vance jedoch Anfang März 2025 unter Beweis gestellt, als sie Zelensky in einer Liveübertragung demütigten. Dem Zelenskyregime bliebt trotz Unterstützung aus Großbritannien und Frankreich nichts übrig, als sich den USA zu fügen, die Perspektive des Friedens zu akzeptieren und den Ausverkauf des Landes durch den Rohstoffdeal mit den USA auf ein neues Level zu heben. Gleichzeitig lässt Trump bei dieser Entwicklung die europäischen Imperialisten, allen voran Deutschland, Frankreich und Großbritannien, außen vor. Dies hat das traditionelle westliche Bündnis in Frage gestellt und wirft eine strategische Neuorientierung für die politisch geschwächten europäischen Imperialisten auf. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit eines innerimperialistischen Friedens aufgrund der Linie der
US-Führung hoch, allerdings führen die Forderungen Russland auch zu gegenläufigen Tendenzen.

Charakter des Friedens
Welche Auswirkungen hätte ein solcher Frieden auf den Charakter des Krieges und die Weltlage, bzw. welche Auswirkungen hat die Tendenz zum Frieden bereits heute? Die Ebene des innerimperialistischen Konflikts tritt im Moment der Friedensschließung vollkommen in den Hintergrund. Ja, sie wandelt sogar im Bezug auf die Ukraine ihren Charakter. Aus dem Konflikt über die Vorherrschaft über die Ukraine, wird der gemeinschaftlich begangene Raub der Imperialisten an der Ukraine. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Imperialisten nicht mehr konkurrieren, aber sie haben die Ukraine als ihre Beute aufgeteilt und zwingen dem ukrainischen Volk das nun auf. Höchstwahrscheinlich wird dabei Russland die von ihm besetzen Gebiete endgültig annektieren können, während der westliche Teil der Ukraine eine noch abhängigere Halbkolonie des Westens würde. Der Löwenanteil würde dabei wohl an die die USA gehen, während sich die europäischen Räuber:innen mit kleineren Stücken begnügen müssten. Für die Ukraine würde dies die Spaltung ihres Landes, dauerhafte Besatzung eines Teils und entsprechende Unterdrückung der dort lebenden ukrainischen Bevölkerung, Ausverkauf und völlige Abhängigkeit des anderen Teils bei damit einhergehender Verarmung großer Bevölkerungsteile, bedeuten. Es wird deutlich: Die Frage der Verteidigung des ukrainischen Selbstbestimmungsrecht gegen diesen inner-imperialistischen Raubfrieden, wird im Moment des Friedens alle anderen Ebenen verdrängen und alleine im Vordergrund stehen. Mit der aktuellen Tendenz zum innerimperialistischen Frieden rückt damit die Frage der Verteidigung der nationalen Selbstbestimmung der Ukraine in den Vordergrund. Bereits der Akt des Aufteilens selbst ist eine massive imperialistische Einflussnahme. Doch auch wenn ein imperialistischer Diktatfrieden jetzt die größte Bedrohung für die Arbeiter:innen, Bäuer:innen und Jugend in der Ukraine ist, so kann die Tendenz auch nochmal umschlagen, wenn keine Einigung erzielt wird.

Bedeutung für die Weltlage
Auf Weltebene würde solch ein Frieden Russland wohl zunächst stärken, wobei eine Loslösung von China unwahrscheinlich bleibt. Unter den Imperialisten werden die EU und Großbritannien die großen Verlierer sein und ihre Brüskierung, aufgrund ihrer aktuellen Schwäche, wohl kurzfristig hinnehmen müssen. Allerdings könnte der Frieden zu einer strategischen Neuorientierung dieser führen. Der Aufrüstungswahn wird durch den Frieden nicht gestoppt, sondern wenn überhaupt weiter angeheizt werden. Schon jetzt wird der Bruch im westlichen Bündnis genutzt um Rüstungspakete von 500 Milliarden und mehr zu rechtfertigen, mit der Niederlage Europas wird diese Tendenz nur zunehmen. Auch die Gefahr eines innerimperialistischen Kriegs wird durch den Frieden mittel- bis langfristig größer.

Kriege und Antikriegsbewegungen
Wie muss eine erfolgreiche Antikriegsbewegung in den imperialistischen Zentren aussehen? Dafür müssen wir uns die Widersprüche und Probleme genau ansehen, die je nach Ausgangslage anders aussehen können. Für große imperialistische Länder wie Deutschland oder Frankreich gilt es momentan, sich auf die Aufrüstung zu konzentrieren, dagegen mobil zu machen und alle Register zu ziehen, um die Verbindung zwischen militärischer „Unterstützung“ anderer Länder und der eigenen Aufrüstung und Kriegsvorbereitung aufzuzeigen. Die Interessen der eigenen Länder im Kontext von Blockbildung und Einflusszonen müssen aktiv aufgezeigt werden. Pazifismus und Neutralität bieten für uns keine Alternative. Auch wenn wir in einigen Ländern (wie Österreich oder der Schweiz), die Abschaffung der Neutralität als Schritt hin zu einer Militarisierung ablehenen, sehen wir in ihr nur eine Scheindebatte. Es gibt keine neutralen Staaten auf einer aufgeteilten Erde. Die Realität ist: unsere Solidarität gilt ausschließlich den Unterdrückten und Arbeiter:innen aller Nationen. Das bedeutet, dass wir fortschrittliche Elemente in Kriegen sehen können, wenn sich diese für Emanzipation einsetzen. Wir haben aber nie Illusionen in die Herrschenden, egal welcher Seite, die sich niemals ernsthaft für Befreiung einsetzen, auch wenn sie das behaupten. Es muss abgewogen werden: Kann es möglich sein, durch revolutionäre Arbeit
Kämpfe auch gegen die eigene Regierung und nicht nur gegen den Aggressor zu richten? Was sind
die Auswirkungen die eigene Bourgeoisie gewähren zu lassen, wenn man sich nicht gegen ihre
Aufrüstungs- und Wirtschaftsinteressen stellt? Das sind Fragen, die von Situation zu Situation
unterschiedlich sind. Faustregel ist aber, dass man niemals auf der Seite eines imperialistischen
Staates steht, und für uns in Ländern wie Deutschland oder Frankreich der Hauptfeind immer die
eigene Regierung und die eigene Bourgeoisie darstellt. In Halbkolonien hingegen kann es teilweise
nötig sein, temporäre taktische Allianzen einzugehen, um einen antiimperialistischen Kampf zu führen. So zum Beispiel in Palästina gemeinsam mit dortigen bürgerlichen Kräften des Widerstands. Gleichzeitig muss man auch in diesem Fall deren reaktionäre Ideologie ablehnen und eine eigenständige Position der Arbeiter:innen erhalten.

Geflüchtete Ukrainer:innen

Allein 6.4 Millionen geflüchtete Ukrainer:innen leben zur Zeit außerhalb der Ukraine in Europa. Sie wurden durch die Zerstörung und Verwüstung des Krieges aus ihrem Land getrieben. Während noch mehr innerhalb der Ukraine fliehen mussten, aus dem Osten in den Westen. Allein 1.2 Millionen Ukrainer:innen leben in Deutschland, fast eine Million in Polen, ca. 370.000 in Tschechien und in fast jedem europäischen Land zehn- bis hunderttausende. Doch haben wir gesehen, dass diese immens anders behandelt wurden, als jene die z.B. 2015 vor Kriegen in Syrien oder Afghanistan geflohen sind. So erhielten sie ab dem ersten Tag eine Arbeitserlaubnis, Sozialleistungen wie Bürgergeld und wurden vorallem in privatem Wohnraum untergebracht. Menschen die für die EU-Staaten nicht „politisch richtige“ Geflüchtete waren, leiden häufig jahrelang unter Beschäftigungsverboten, welche sie dazu zwingen, ihre Arbeitskraft auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen und müssen in Lagern verweilen, wo sie vielfach Übergriffen ausgesetzt sind. Doch auch die Behandlung der Ukrainer:innen ist nicht makellos. So sind sie betroffen von rassistischen Segregation auf dem Arbeitsmarkt und Überausbeutung ihrer Arbeitskraft, wie z.B. beim Fleischunternehmen Tönnies, was sich auch aus den Hürden bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen ergibt. Gleichzeitig probiert die ukrainische Regierung Deals mit anderen Staaten zu schließen, um Geflüchtete, welche sich dem Wehrdienst entzogen haben, an die Front zu zwingen.

Als Resultat der Krise der EU und ihrer führenden imperialistischen Mächte Deutschland und Frankreich, stehen nun unter einer Regierung Merz aber auch die „Privilegien“, welche die geflüchteten Ukrainer:innen erfahren, auf der Kippe. Anstatt den Erhalt dieser „Privilegien“ der ukrainischen Geflüchteten zu verteidigen, ist es unsere Aufgabe als revolutionäre Jugendliche das 2-Klassen System unter Geflüchteten positiv aufzulösen, indem wir generell gegen die rassistische Spaltung der Arbeiter:innen und Jugendlichen kämpfen. Der Ungleichbehandlung der geflüchteten Klassengeschwister konsequent entgegentreten! Das Proletariat hat kein Vaterland! Und das bedeutet zu kämpfen für:

  • Gleiche Rechte für alle, egal wo sie herkommen oder welche Hautfarbe sie haben!
  • Dezentrale Unterbringung durch Enteignung der Wohnungsunternehmen unter Kontrolle der Mieter:innen und der Arbeiter:innenklasse!
  • Kostenlose Angebote für Sprachkurse durch Besteuerung der Reichen!
  • Gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit und ein Mindesteinkommen durch die Besteuerung der Reichen!
  • Die Aufnahme von Geflüchteten in die Gewerkschaften – Um in gemeinsamen Kampf diese Forderungen umzusetzen!
  • Offene Grenzen und Freizügigkeit überall!
  • Volle Staatsbürger:innenrechte für alle dort wo sie leben!

Außerdem macht die spezifische Situation der Ukrainekriegs es ebenfalls nötig klar und eindeutig
zu fordern:

  • Gegen jede Abschiebung von Kriegsdienstverweigerer:innen, ob nach Russland, in die Ukraine oder sonst wohin! Für das Recht zu desertieren!

Aufgaben der revolutionären Jugend in der Ukraine

Die Aufgaben der Jugend in der Ukraine sind mit Sicherheit die Schwierigsten. Zum einen sieht sich diese mit der imperialistischen Invasion Russlands konfrontiert und wird, mitunter unfreiwillig und gewaltsam, in die ukrainische Armee und an die Front geschickt. Gleichzeitig steht sie einem autoritären Staatsapparat gegenüber, der enorm repressiv gegen Linke Kräfte vorgeht. Die „Kommunistische Partei“ ist seit 2015 verboten, positiver Bezug auf die Sowjetunion und selbst der Besitz marxistischer Literatur stehen unter Strafe. Gleichzeitig überwiegt innerhalb der Ukraine klar die Ebene des gerechten Selbstverteidigungskrieges der Halbkolonie Ukraine gegen die Imperialistische Großmacht Russland, auch wenn dieser Kampf aktuell von einer reaktionären bürgerlichen Regierung geführt wird.

Die Regierung kann keine Unabhängigkeit schaffen
Diese Regierung führt keineswegs einen konsequenten Kampf um Selbstbestimmung, sondern zielt auf eine Unterordnung unter den westlichen militärischen Apparat und macht seine Kriegsziele maßgeblich von dessen Interessen abhängig. Anstatt sich gegen den sich immer mehr abzeichnenden gemeinsamen Raub der Imperialist:innen an der Ukraine zu verteidigen, lässt sie den Raub der USA wie EU bereitwillig zugunsten ihrer eigenen Interessen zu. Die militärischen „Hilfen“ des Westens, deren Konsequenz 3 Jahre Zermürbungskrieg und am Ende ein „Frieden“ mit Kapitulations-Beigeschmack zu sein droht, waren von Anfang an ein Mittel, die Ukraine in ökonomische Abhängigkeit zu bringen und die Ausbeutung ihres natürlichen Reichtums und der Arbeitskraft ihrer Bevölkerung auf lange Zeit zu sichern.

Dies einerseits indem die Lieferungen die Schulden der Ukraine weiter in die Höhe getrieben haben (aktuell liegen diese bei 171 Mrd USD – ca. 96% des BIP). Andererseits war die westliche Unterstützung an die Einführung von Sparmaßnahmen, Kürzungen und nicht zuletzt eine Bodenreform geknüpft (ein Boden, auf dem 30% des Weizens weltweit wächst), die den Weg für westliches Kapital auf ukrainische Felder geebnet hat. Heute sind 9 der 10 größten Investor:innen in ukrainisches Land im Ausland gemeldet, darunter DuPont, Cargill und Bayer-Monsanto. Mit dem neuen Rohstoffabkommen hat sich zudem die USA Anspruch auf die Förderung von 57 Bodenschätzen wie Erdöl und -gas, Titanium, Lithium und seltene Erden erteilt. Die ökonomische Unterjochung bedeutet darüberhinaus auch eine politische Abhängigkeit insbesondere von den USA, wie nicht zuletzt durch den Kurswechsel Trumps, den Eklat im Weißen Haus sowie die vollständige Übergehung der Ukraine bei möglichen Friedensverhandlungen zwischen den USA und Russland, bei denen im Zweifelsfall die Ukraine Konzessionen an Russland zugunsten der USA machen und sich dennoch ökonomisch von u.a. letzterer auspressen lassen müsste.

Die Jugend muss den Kampf, gemeinsam mit den Arbeiter:innen, selber in die Hand nehmen!
Dies darf für die ukrainische Jugend aber nicht bedeuten, den gerechten Kampf um nationale Selbstbestimmung nicht zu führen. Das bedeutet auch innerhalb der Ukraine anzuerkennen, dass die Ukraine ein Recht hat, die notwendigen Waffen für diesen Kampf zu erhalten um diesen auch führen zu können. Wir rufen also auch zu keinen Sabotageaktionen o.ä. gegen die Ukrainische Armee auf. Das bedeutet keineswegs eine Kapitulation vor der pro-imperialistischen und arbeiter:innenfeindlichen Politik Selenskys. Dieser und die Ukrainische herrschende Klasse sind diejenigen, welche am wenigsten unter dem Krieg leiden, ja durch z.B. die Verpachtung von Ackerland und anderen Deals noch von ihm profitieren und in relativer Sicherheit vor den eigentlichen Kampfhandlungen leben, während die Arbeiter:innenklasse und Jugend an der Front kämpfen, geflohen sind oder nur unzureichend bis gar nicht geschützt werden.

Der Kampf der ukrainischen Jugend muss ebenfalls mit einschließen, gewerkschaftliche Rechte zu verteidigen und zu erkämpfen. Im Betrieb und dort wo es möglich ist, und diese überhaupt noch existieren (im Krieg wurden bereits zahlreiche Schulen zerstört), auch in den Schulen für bessere
Lebensbedingungen und demokratische Rechte zu kämpfen. Dies steht nicht im Gegensatz zur Verteidigung gegen die russischen Angreifer:innen. Vielmehr stärkt es die Widerstandskraft und die Moral der Bevölkerung. Diese Kämpfe müssen auch an der Front geführt werden, überall wo es Schikane durch Offiziere, sinnlose Manöver oder Zusammenarbeit mit Neonazi-Batallionen gibt, ist es notwendig, dagegen Widerstand zu leisten. Aus diesen Kämpfen heraus ist es notwendig, Soldat:innenkomitees zu bilden welche sowohl im hier und jetzt eine Stellung der Gegenmacht aufbauen können, als auch im Falle eines Imperialistischen Friedens gegen eine Entwaffnung der Ukraine kämpfen, und real in der Lage sein können, auch die westlichen Imperialisten wieder aus dem Land zu jagen. Im Kontext eines drohenden aufgezwungenen Friedens, muss es klar sein, dass wir uns gegen das Zelenskij Regime stellen und keinerlei Vertrauen in diese Regierung hegen. Wie auch immer das Land unter den kapitalistischen Verbänden aufgeteilt wird, braucht es eine unabhängige Arbeiter:innenklasse, die sich gegen die Interessen des Westens stellt und die Verteidigung gegen den russischen Agressor in die eigenen Hände nimmt!

Es ist also notwendig, sowohl für den konsequenten Kampf gegen imperialistische Unterwerfung der Ukraine und konsequente Verteidigung ihres Selbstbestimmungsrechts, als auch für die Unabhängigkeit der Arbeiter:innenklasse und der Jugend im Kampf um die Selbstbestimmung zu kämpfen. Dies würde die Grundlage legen um für weitere Forderungen, welche jetzt ebenso aufgeworfen werden müssen, kämpfen zu können:

  • Volle Unterstützung des Selbstbestimmungsrechtes der Ukraine! Agitation, revolutionäre Propaganda, Aufdeckung des Charakters des Krieges, die nicht nur Russland und die NATO/USA/EU angreifen, sondern auch die Kriegsziele der ukrainischen Regierung verdeutlichen.
  • Die Waffen für den gerechten Kampf müssen angenommen werden, die Bedingungen an die diese geknüpft sind, dürfen es nicht!
  • Für wirksamen Schutz und Verteidigung der Zivilbevölkerung durch Regierung und Armee!
  • Kampf um die Kontrolle über Waffen und knappe Güter in Fabriken, Städten und Dörfern, wenn möglich auch Aufbau von Milizen. Diese müssen im Zweifelsfall auch zur Verteidigung gegen rechtsnationalistische und faschistische Kommandant:innen und Kräfte bereit sein, und diese aktiv ausschließen!
  • Die Lohnabhängigen sollten sich für die Einrichtung einer Arbeiter:innenkontrolle über den Erhalt und die Produktion von Rüstungsgütern einsetzen. Die Ukraine muss in die Lage versetzt werden, selber Waffen zu erwerben und produzieren, ohne von westlichen Lieferungen abhängig zu sein!
  • Antimilitaristische und antiimperialistische Agitation, die sich gegen die russischen Besatzungssoldat:innen richtet. Widerstand gegen die Konsolidierung der russischen Besatzung!
  • Kampf gegen die Einschränkung der demokratischen Rechte und die Angriffe auf die Arbeiter:innenrechte durch das Kiewer Regime!
  • Anerkennung der Rechte aller nicht ukrainischsprachigen Minderheiten, gegen ihre kulturelle oder politische Unterdrückung – Für das Recht auf Unterricht in ihrer Muttersprache in ukrainischen Schulen für alle nicht ukrainischsprachigen Minderheiten!
  • Gegen die Entführung und Zwangsrekrutierung ukrainischer Jugendlicher um diese an die Front zu schicken, für das Recht der ukrainischen Jugend das Land zu verlassen! Für die Agitation innerhalb der Jugend warum es aber notwendig ist innerhalb der Armee für die Interessen der Jugend und Arbeiter:Innenklasse zu kämpfen und revolutionäre Politik zu machen!
  • Für das volle Selbstbestimmungsrecht der Krim und der „Volksrepubliken“ (einschließlich ihres Rechts, sich Russland anzuschließen oder ein unabhängiger Staat zu werden)! Für die Anerkennung voller Rechte der ukrainischsprachigen Minderheiten in diesen Regionen! Letztlich braucht es eine sozialistische Förderation aus Arbeiter:Innenstaaten um die nationalistischen herrschenden Klassen daran zu hindern, Feindseligkeit in ihrem Interesse zu schüren.
  • Für die entschädigungslose Enteignung von Land und Produktionsmitteln aller ausländischen Investor:innen – Sofortiger Schuldenschnitt! Wiederaufbau von Schulen, sozialen Einrichtung und des ganzen Landes unter Kontrolle der Arbeiter:innen und Jugend!



Schulbesetzung in Italien: Ein Interview mit der Jugend der Partito Comunista dei Lavoratori

Redaktioneller Kommentar: Mit dem zunehmenden Kampf um die imperialistische Neuaufteilung der Welt sind Rechtsruck, Militarismus und Kürzungen stärker denn je. Schüler:innen und Jugendliche auf der ganzen Welt leiden unter der Krise. Deshalb haben Schüler:innen in Palermo (Italien) im vergangenen Jahr Teile ihrer Schule besetzt, um für ein sicheres Lernumfeld zu kämpfen. Da wir als REVOLUTION der Meinung sind, dass es für die Jugend international notwendig ist, sich an den Orten zu organisieren, an denen wir unseren Alltag verbringen, an Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz, haben wir die Student:innen der Partito Comunista dei Lavoratori (Kommunistische Arbeiter:innenpartei, PCL) interviewt, um von ihren Erfahrungen zu lernen und zwischen jungen Kommunist:innen international zu diskutieren. Wir glauben, dass der Sturz des Kapitalismus nur durch eine internationale Revolution möglich ist, weshalb wir über Kämpfe auf der ganzen Welt diskutieren müssen. Wir fordern Student:innen und andere Teile der Jugend weltweit auf, sich mit uns in Verbindung zu setzen, um Interviews über ihre Kämpfe mit dem kapitalistischen System zu führen und mit uns zu diskutieren, wie man diese führen kann – damit wir eines Tages gemeinsam eine kommunistische Welt erreichen können.

Die PCL ist die italienische Sektion der Internationalen Trotzkistischen Opposition (ITO), mit der unsere Kampfpartnerin, die Liga für die Fünfte Internationale (L5I), zusammen mit der Internationalen Sozialistischen Liga (ISL) Gespräche über eine Neugruppierung führt. Vereinbarung zwischen ITO, L5I und ISL unter: Für eine Umgruppierung von revolutionären Kräften (https://arbeiterinnenmacht.de/2024/11/22/fuer-eine-umgruppierung-von-revolutionaeren-kraeften/)

Warum habt Ihr Eure Schule besetzt?
Wir haben uns für die Besetzung entschieden, weil die baulichen Bedingungen unserer Schule sehr prekär sind. Tatsächlich haben wir die Schule gleich nach einem Regen besetzt, weil das Abwassersystem kaputt war und ein Stück Dach fehlte. Aber das war nicht einmal das einzige Problem, wir hatten auch Schimmel an den Wänden der Klassenzimmer im Erdgeschoss, einen Mäusebefall und eine schlecht funktionierende Internetverbindung.

Was ist vor, während und nach der Besetzung passiert?
Wir hatten bereits mehrere E-Mails an unsere Schulleiterin geschickt und sie gebeten, diese Probleme zu lösen, aber wir haben keine Antwort erhalten. Folglich haben wir uns entschieden, das Lehrer:innenzimmer zu besetzen. Wir hätten lieber das Büro der Schulleiterin besetzt, aber es befindet sich nicht in unserer Schule, sondern in einer anderen mit derselben Schulleiterin (eine Schule, in der die baulichen Bedingungen viel besser sind, aber das überrascht uns nicht …). Zwei Monate vor der Besetzung hatten wir bereits das Gebäude für unsere Schule gewechselt, weil in der Vergangenheit einige Teile der Struktur heruntergefallen waren, darunter auch Dächer. Zum Glück wurde nie jemand verletzt, aber dadurch war der dauerhafte Aufenthalt in der Schule sehr unsicher und unangenehm.

Folglich war die Mehrheit der Schüler:innen bereits wütend und hatte die Nase voll von den Zuständen in der Schule, da wir von einer bereits schlechten Situation dorthin versetzt worden waren und auf eine bessere gehofft hatten. Als wir sahen, dass die Schulleiterin nicht auf unsere E-Mails antwortete, begannen wir, die Idee einer Besetzung zu diskutieren, sowohl in Gesprächen mit Schüler:innen als auch in Treffen mit Schülervertreter:innen. Dann stimmten die Vertreter:innen, darunter auch einer unserer Genoss:innen, für die Besetzung, und am 10. Mai 2024, nach der ersten Unterrichtsstunde, besetzten wir das Lehrer:innenzimmer.

Gab es noch andere Gruppen, die daran teilnahmen?
Es gab keine anderen Gruppen, die die Besetzung organisiert haben, da unsere Schule nicht einmal eine Schüler:innenvertretung hat, nicht sehr aktiv in der Student:innenbewegung ist und nur selten an Protesten teilnimmt. Trotzdem wurden wir von den älteren Schüler:innen unterstützt, die in unserer Schule waren, als es noch eine Vertretung gab, auch wenn diese nicht mit dem Kommunismus oder dem allgemeinen Linkssein verbunden war. Dieses Kollektiv bestand nur von 2021 bis 2022, einige Monate vor unserem Eintritt in die High School, hauptsächlich weil die Mehrheit derjenigen, die ihm beitraten, bereits ihren Abschluss machte und 2022 nur noch wenige von ihnen an unserer Schule waren.

Mit welchen Methoden habt Ihr die Menschen organisiert? Verteilen von Flugblättern, Zeitungen Demonstrationen?
Aufgrund der Umstände war es sehr einfach, die Schüler:innen von einer Teilnahme zu überzeugen. Es genügte, in Schulversammlungen und Sitzungen des Schüler:innenvertretungsausschusses darüber zu sprechen. Folglich haben wir keine Flyer oder Zeitungen verteilt, aber im März, einige Wochen nach dem Beitritt zur PCL, haben wir versucht, die Schüler:innen zu radikalisieren und sie zum Beitritt zu bewegen, aber leider ohne Erfolg.

Gab es Strukturen, um die herum Ihr Euch organisiert habt? Habt Ihr bestehende Strukturen der Schüler:innenbeteiligung genutzt? Wie funktionieren diese?
An unserer Schule gibt es keine politischen Strukturen, außer dem Schüler:innenausschuss, der jedoch nicht politisch ausgerichtet ist, sodass wir uns nur um ihn herum organisiert haben.

Konntet Ihr Eure Forderungen durchsetzen? Wenn nicht, hattet Ihr einen Plan zur Eskalation?

Letztendlich konnten wir unsere Forderungen durchsetzen, nachdem die Besetzung drei Stunden gedauert hatte und anschließend ein Treffen zwischen dem/r Schülerrepräsentant:in, der Rektorin und dem/r Bürgermeister:in stattfand, das eine Stunde dauerte, konnten wir unsere Forderungen durchsetzen. Unsere Forderungen waren die Reparatur des Abwassersystems, des Daches und der Heizkörper, die Entfernung des Schimmels von den Wänden und die Beseitigung der Ratten. Ich glaube, der Grund, warum die Schulleiterin unseren Forderungen so schnell zustimmte, nachdem sie uns wochenlang ignoriert hatte, war die Angst vor der Berichterstattung in den Medien, wenn die Besetzung länger gedauert hätte, was ihr einen schlechten Ruf eingebracht hätte.

Obwohl wir Glück hatten und unsere Forderungen erfüllt wurden, hatten wir keinen Plan für eine Eskalation, falls unsere Forderungen nicht akzeptiert würden, außer einer längeren Besetzung. Wir haben durch diese Besetzung aber nicht nur die Behebung der strukturellen Probleme, sondern auch die Wiederbelebung eines minimalen politischen Bewusstseins in einer Schule erreicht, die vor 2022 seit Jahrzehnten keine Besetzung oder Demonstration mehr erlebt hatte.

Gab es Repressionen?

Glücklicherweise haben wir keine Repressionen erlitten, aber gleichzeitig sind Repressionen in Italien sehr verbreitet. So wurden beispielsweise im Februar Student:innen in Pisa und Florenz von der Polizei verprügelt, weil sie gegen die Beteiligung der italienischen Regierung am Völkermord an den Palästinenser:innen durch Israel protestierten, und im Dezember wurden zehn Schüler:innen in Rom für 15 Tage suspendiert, zu stundenlangem gemeinnützigen Dienst verurteilt und bei der Polizei gemeldet, nachdem sie die Cavour-Oberschule für eine Woche besetzt hatten. (1)

Auch mit dem neuen DDL Sicurezza (Sicherheitsgesetzentwurf), einer Reihe von Gesetzen, die von der Regierung verabschiedet werden, gibt es viele neue Normen, die verabschiedet werden und den politischen Aktivismus extrem schwierig gestalten. Abschnitt 14 beispielsweise sieht für Straßenblockaden im Rahmen von Protesten eine Gefängnisstrafe von sechs Jahren vor, Abschnitt 19 führt das Verbrechen des passiven Widerstands ein, Abschnitt 28 erlaubt Polizeibeamt:innen, bestimmte Arten von Waffen zu tragen, auch wenn sie nicht im Dienst sind, und Abschnitt 31 erlaubt Mitgliedern des Geheimdienstes, mit Genehmigung des Präsidenten Terrorakte begehen zu dürfen und fordert die Universitäten auf, die Identitäten von Professor:innen und Student:innen, die den Geheimdiensten gegenüber oppositionell eingestellt sind, preiszugeben. (2)

Wie haben die Schüler:innen auf die Besetzung und die Organisation reagiert?
Wie ich bereits sagte, waren die Schüler:innen der Zustände an der Schule und der Nachlässigkeit des Schulleiters überdrüssig, sodass sie sehr positiv auf die Besetzung reagierten und einige von ihnen bei der Organisation halfen.

Sind diese Probleme spezifisch für Eure Schule, Eure Region oder das ganze Land? Welche Perspektive habt Ihr propagiert?
Diese Probleme betrafen nicht nur unsere Schule, sondern betreffen die Schulen des ganzen Landes. Letztes Jahr gab es 69 Einstürze in Schulen in Bezug auf Dächer und Wände, 8 mehr als 2023. Der Süden, die Gegend, in der sich unsere Schule befindet, ist mit 28 Einstürzen am stärksten betroffen (40,5 %). Dies unterstreicht den Zusammenhang zwischen unzureichenden Schulstrukturen und dem Meridionale (soziale, kulturelle und wirtschaftliche Kluft zwischen Nord- und Süditalien), der die Gesamtheit aller sozioökonomischen Ungleichheiten zwischen Nord- und Süditalien darstellt.

59,16 % der Schulen haben kein Nutzungszertifikat, 57,68 % keinen Brandschutz. 41,5 % haben keine statischen Tests. Auch die Luftqualität ist sehr schlecht, 94 % der Schulen verfügen über keine Klimaanlagen und Lüftungssysteme. 10 % der Schulen haben keine Heizung.

Diese Probleme sind auch mit Behindertenfeindlichkeit verbunden. Tatsächlich verfügen 65 % der Schulen nicht über Treppenlifte, 74 % haben keine behindertengerechten Toiletten und 76 % haben keine Rollstuhlrampen. Außerdem wurden nur in 11 % der Schulen Bauarbeiten zur Beseitigung architektonischer Barrieren durchgeführt. (3)

Diese Bedingungen sind wahrscheinlich auf die Korruption einiger Schulleiter:innen und noch mehr, weil das Bildungswesen nicht genügend staatliche Mittel erhält, zurückzuführen. Tatsächlich erhält das Bildungswesen in Italien 2,9 % des gesamten BIP, gegenüber dem OECD-Durchschnitt von 3,2 %. (4) Dies, während die Militärausgaben um 13 Milliarden Euro steigen, was darauf hindeutet, dass die derzeitige postfaschistische Regierung ihre imperialistischen Interessen und die Unterstützung Israels bei seinem Völkermord an den Palästinenser:innen über die Bedürfnisse der Menschen in dem Land, das sie regiert, stellt. (5)

Ein Beispiel für korrupte Schulleiter:innen ist die ehemalige Direktorin der Falcone-Mittelschule, Daniela Lo Verde, die Lebensmittel und technologischen Hilfsmittel, die für die Schüler:innen bestimmt waren, gestohlen und EU-Mittel veruntreut hat, indem sie Kurse erfand, die in der Schule nie stattfanden. Der ohnehin schon inakzeptable Akt wird durch die Tatsache verschlimmert, dass er im ärmsten Bezirk Palermos, ZEN, stattfand. Jetzt wurde sie zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt. (6)

Werdet Ihr weiterhin in Schulen aktiv sein?
Wir werden auf jeden Fall weiterhin in unserer Schule aktiv sein. Einer unserer Genossen wurde als Klassensprecher wiedergewählt und nächstes Jahr möchten wir uns bei den Schüler:innenwahlen als Schulsprecher:in aufstellen lassen. Wir haben auch Flugblätter über Proteste, an denen wir teilgenommen haben, und Veranstaltungen, die wir in unserem politischen Kreis sowohl an unserer Schule als auch an der anderen High School in der Stadt organisiert haben, verteilt. Leider zog dies niemanden zur Partei, aber sie trugen dazu bei, uns in der Schule als Partei und als Kommunist:innen bekannt zu machen, und halfen uns, die Schüler:innen im Kampf gegen die Bourgeoisie zu organisieren und uns mit der Arbeiter:innenbewegung in unserer Schule zu verbünden.

Quellen:

(1) https://corrierefiorentino.corriere.it/notizie/24_febbraio_24/cariche-sugli-studenti-pro-palestina-a-pisa-e-firenze-sindaci-e-rettori-e-inaccettabile-97e8e528-e551-412d-805f-ff8a134eexlk.shtml und https://www.romatoday.it/politica/scuole-occupate-roma-sospensioni-liceo-cavour.html)

(2) https://www.sistemapenale.it/it/documenti/pacchetto-sicurezza-il-testo-del-disegno-di-legge-e-il-dossier-del-servizio-studi-del-senato und https://ilmanifesto.it/il-grande-fratello- (alle Universitäten)

(3) https://www.ilfattoquotidiano.it/2024/09/25/aumentano-i-crolli-nelle-scuole-e-il-60-degli-istituti-non-ha-certificato-dagibilita-e-prevenzione-incendi/7706942/

(4) https://www.tuttoscuola.com/education-at-a-glance-2024-valditara-investimenti-e-innovazioni-per-una-scuola-italiana-piu-equa-e-competitiva/

(5) https://www.milex.org/2024/10/30/esplosione-per-le-spese-militari-italiane-nel-2025-a-32-miliardi-di-cui-13-per-nuove-armi/

(6) https://www.palermotoday.it/cronaca/scuole-falcone-zen-corruzione-condanna-preside-lo-verde.html




Solidarität mit den serbischen Student:innenprotesten!

REVOLUTION Delegation nach Serbien, vom April 2025 – Lesezeit: 5 Minuten

Seit Monaten protestieren Student:innen in Serbien. Unis sind besetzt, Straßen werden blockiert und die Solidarität in der Bevölkerung ist enorm. Wir haben uns vor Ort ein Bild davon gemacht.

Was ist denn in Serbien eigentlich los?

Auslöser für die aktuellen Proteste war der Einbruch eines Bahnhofsvordachs in Novi Sad am 1. November 2024, bei dem 15 Menschen getötet wurden. Dieser gehört zu einem von China geleiteten Modernisierungsprojekt der serbischen Eisenbahninfrastruktur. Da die Dokumente dazu als vertraulich eingestuft werden, wirft die Bewegung der Regierung Korruption vor. Solche und ähnliche Korruption ist in der serbischen Politik omnipräsent. Ob bei den Wahlen, ausländischen Investitionen oder eben Bauprojekten.

Aber woran liegt das?

Die Regierung und ihre relativ direkt unterstehenden Behörden haben kein Interesse am Wohlbefinden der Bevölkerung, sondern wollen sich Geld in die eigenen Taschen stopfen. Das ist keine persönliche Boshaftigkeit, sondern ein logisches Resultat der halbkolonialen Lage Serbiens im kapitalistischen Weltsystem. Da die serbischen Kapitalist:innen nicht selbstbestimmt mit Mächten wie Deutschland oder China konkurrieren können, wird die serbische Wirtschaft von diesen de facto beherrscht. Die Herrschenden selbst wetteifern darum, wie sie den Anteil, den die imperialistischen Großkonzerne ihnen zugestehen, am besten aufteilen können.

So führt Serbiens Rolle als Halbkolonie dazu, dass die serbische Regierung zwischen den Interessen von EU, China und Russland manövrieren muss, und jeder Seite Zugeständnisse zu erbringen hat. Damit setzt China in seinen Minen in Serbien chinesisches statt serbisches Recht durch und die EU kauft sich im serbischen Jadar Tal mit Lithium ein, um in Zukunft von anderen Weltmächten unabhängiger zu werden. Das daraus resultierende korrupte System führt dazu, dass das Leben der Menschen, die doppelt ausgebeutet werden, vom imperialistischen Kapital und von der korrupten serbischen Bourgeoisie und deren Verwalter:innen, mit zahlreichen Problemen konfrontiert sind.

Das Gesundheitssystem ist marode, auch dort herrscht Korruption. Einen Arzttermin bekommt nur, wer unter der Hand Geld zahlen kann. Apotheken gibt es auf dem Land keine, und mangels ausreichendem Standard in der Ausbildung von Pharmazeut:innen ist es Glückssache, ob man das richtige Medikament bekommt. Der Bausektor ist genauso korrupt, was ja auch zum Zugunglück von Novi Sad geführt hat. Das Leben wird immer teurer, das Bildungssystem ist massiv unterfinanziert und dient in den Schulen in erster Linie der Propagierung einer serbisch-nationalistischen Ideologie. Entsprechend hoch ist die Unzufriedenheit, insbesondere in der Jugend. Die Bewegung hat auf jeden Fall genug zu tun.

Und das packen sie auch an: Nahezu jede Uni ist in den großen Städten besetzt, jeden Tag gibt es Plena, in denen die Studis über Aktionen und vieles mehr diskutieren. Der Rückhalt in der Bevölkerung ist hoch: Auch ältere Menschen sammeln Spenden für die Unis. Es gibt Straßenblockaden und sogar Märsche und Fahrradtouren von Stadt zu Stadt, die die Proteste aufs Land tragen. Bei einer Großdemo in Belgrad am 15. März haben hunderttausende Menschen teilgenommen! Die Regierung versuchte die Bewegung mit dem Rücktritt von Ministerpräsident Vučević und anderen Zugeständnissen zu beschwichtigen. Doch die Bewegung beharrt auf ihren Forderungen, und will sogar noch mehr Druck aufbauen! Gerade beginnen sie, sich mit verschiedenen Gewerkschaften für einen Generalstreik zu vernetzen. Die Bewegung ist eine Bedrohung für die Regierung, und potenziell auch für das ganze serbische System. Daher gab es auch Verhaftungen und Angriffe von Regierungsmitgliedern der Partei SNS und von anderen Rechten auf die Proteste.

Die Bewegung ist eine der größten in Europas jüngerer Geschichte und legen seit Monaten das Land lahm. Damit die Bewegung nicht erfolglos ausgeht, muss sie ihren Druck wie mit dem Generalstreik verstärken und Gegenmachtstrukturen aufbauen. Ansätze dazu bestehen bereits, so organisieren Studierende einen eigenen improvisierten Fernsehsender.

In ihrer Praxis ist die Bewegung sehr radikal, das muss sich in ihren Forderungen widerspiegeln! Denn ihre Forderungen für die Aufklärung des Bahnhofdacheinbruchs in Novi Sad reichen nicht, um die Korruption zu beenden. Sie müssen den ökonomischen Ursprung der Korruption aufdecken und dem Nationalismus in ihren eigenen Reihen den Kampf ansagen. Denn bis jetzt haben serbisch-nationalistische bürgerliche Kräfte viel Raum eingenommen, linke Kräfte sind, auch aufgrund der eingeschränkten Organisierungsfreiheit sehr schwach vertreten. Sie müssen sich mit Arbeiter:innen vernetzen, da nur diese die Regierung ökonomisch in die Knie zwingen können. Außerdem müssen die Opposition sowie die Kapitalinteressen Chinas und der EU entlarvt werden! Ein System ohne Korruption und ohne Ausbeutung kann es nur durch die Macht der Arbeiter:innen, der Jugend und ihren organisierten Strukturen geben!

Aber wie können wir die Bewegung hier unterstützen?

Wir müssen die Interessen in Serbien von der EU, deutschem sowie österreichischem Kapital entlarven: Österreich profitiert z.B. durch serbische Migrant:innen, die überausgebeutet werden können, da der Lebensstandard in Serbien deutlich niedriger ist, und sie mit miesen Löhnen in Österreich immer noch mehr verdienen als mit mittelmäßigen in Serbien. Auch Erste Bank und Co. sowie in noch viel größeren Maßen das Kapital der imperialistischen Großmacht Deutschland machen Profit in Serbien. Das müssen wir angreifen! Der Hauptfeind steht im eigenen Land!

Und auch für unsere Kämpfe in Österreich und Deutschland können wir von den Studierenden in Serbien lernen! So bestätigen diese die Stärke dessen, was wir als REVOLUTION schon lange politisch vorschlagen, was aber in der Linken kaum präsent ist: Dass es politisch richtig und notwendig ist sich dort zu organisieren, wo man sich sowieso aufhält, wo also der eigene Platz im System ist, und dort den Kampf zu beginnen. Genau das tun die serbischen Studierenden, sie besetzen ihre Fakultäten und stellen Forderungen entsprechend ihrer jeweiligen Profession. Anhand dieser organisieren sie die Proteste und die Studierenden aller Fakultäten sind miteinander solidarisch. Eine Bewegung mit ähnlicher Struktur, die an Schule, Uni und Betrieb kämpft, ihre Forderungen für Schule, Uni und Betrieb stellt und auf Basis dieser die Massen vor Ort für sich gewinnt, kann auch hunderttausende auf die Straßen von Wien und Berlin holen und damit Stocker und Merz in große Bedrängnis bringen!

Wir fordern deshalb:

  • Imperialistische Mächte: Raus aus Serbien!
  • Down with Vucic! Für eine Übergangsregierung aus Strukturen der Studierenden und der Arbeiter:innen und eine verfassungsgebende Versammlung!
  • Hoch die internationale Solidarität! Der Kampf der serbischen Studierenden ist auch unser Kampf! Tragen wir ihn auch an unsere Unis, Schulen, Hochschulen und Betriebe!



EU: Land der Zäune, Seenot und Selbstgerechten.

Von Ener Zink & Felix Ruga, REVOLUTION Zeitung, Dezember 2024

Wenn man die EU fragt, gründet sie sich auf folgende Werte: Würde des Menschen, Freiheit, Demokratie, Gleichstellung, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte. Und selbstverständlich war das immer ziemlich verlogen, denn die Gründung war vor allem durch wirtschaftliche und imperialistische Interessen getrieben. Doch mit dem wachsenden Rechtsruck in Europa werden auch die letzten Hüllen fallengelassen. Gerade beim Recht auf Asyl verlieren alle Parteien auch die letzten Hemmungen und schließen sich den Rechten an. Was ist also der Stand des Rechtsrucks in Europa? Und was können wir dagegen tun?

Das europäische Asylverweigerungssystem

Im April 2024 wurde die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) beschlossen, die 2026 in Kraft treten soll. Diese Änderung bedeutet de facto die Abschaffung des Rechts auf Asyl in Europa. Die Reform wird häufig als Maßnahme dargestellt, um die Zahl der Todesfälle im Mittelmeer zu verringern und eine bessere Verteilung von Asylsuchenden innerhalb Europas zu erreichen. Doch das Sterben an den EU-Außengrenzen wird durch gezielte Pushbacks und die Gewalt von Frontex nicht reduziert, sondern verschärft.

Bereits 2016 wurden erste Vorschläge für eine derartige Reform gemacht. Sie stellt die gravierendste Änderung des Asylrechts seit dem Dublin-Abkommen dar. Im Rahmen des neuen Asylverfahrens werden die Zuständigkeiten und Abläufe für Asylsuchende geregelt. Dieses Verfahren umfasst im Wesentlichen drei Phasen: ein Screening, ein Asylgrenzverfahren von bis zu drei Monaten sowie ein Abschiebeverfahren von weiteren drei Monaten. Erst nach Ablauf dieser sechs Monate gelten die Personen als offiziell eingereist. All diese Maßnahmen finden unter Haftbedingungen statt, die nun auch für Familien mit Kindern gelten. Nur alleinreisende Minderjährige sind von diesen Regelungen ausgenommen.

Das verlängerte Antragsprinzip, welches de facto einer schuldlosen Inhaftierung entspricht, dient nicht der tatsächlichen Prüfung der Anträge, sondern schafft vor allem Möglichkeiten für Abschiebungen in sogenannte „sichere Drittstaaten“ außerhalb Europas. Die Anforderungen an die Sicherheit dieser Länder wurden stark herabgesetzt. So gilt die Türkei generell als sicherer Drittstaat, und Deutschland plant, im neuen Abkommen zwischen Olaf Scholz und Erdoğan, Abschiebungen dorthin weiter auszubauen. Darüber, wie sicher die Türkei ist, können Kurd:innen und türkische Linke ein Liedchen singen…

Ähnlich dem umstrittenen britischen Ruanda-Modell wird auch in Deutschland die Haftzeit an Flughäfen (von bisher 12 Wochen) vervierfacht, eventuell auch an anderen Binnengrenzen, in Verbindung mit verschärften Kontrollen an den Außengrenzen. Die Abschiebeverfahren sollen vereinfacht und die Verteilung innerhalb der EU und an „sichere Drittstaaten“ weiter ausgebaut werden. Die Definition von „sicher“ orientiert sich hierbei vor allem an diplomatischen und letztendlich imperialistischen Interessen der EU.

Getragen durch die Politik

Das läuft selbstverständlich nicht ohne eine politische Machtverschiebung ab: Die AfD in Deutschland, Fratelli d’Italia in Italien und der Rassemblement National in Frankreich gewinnen zunehmend an Einfluss. Bei den letzten Europawahlen verzeichneten vor allem die rechten Fraktionen große Zuwächse: Die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) gewann vier Sitze, und die Fraktion der Identität und Demokratie (ID) konnte neun zusätzliche Sitze erlangen. Zusammengenommen mit anderen rechten Parteien wie der AfD oder Fidesz, die keiner Fraktion angehören, stellen sie etwa 25 % aller Sitze – etwa so viele wie die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP). Besonders in den imperialistischen Kernländern Europas, wie Frankreich, Deutschland und Italien sowie in Teilen Osteuropas erzielen diese Kräfte die größten Erfolge.

Aber der wachsende Anteil der offen rechten Kräfte ist nur die eine Hälfte des Problems. Der Rechtsruck in Europa ist Ausdruck einer gesamtgesellschaftlichen Krise und nicht nur auf rechtspopulistische Parteien begrenzt. So wie sich hier in Deutschland die FDP, die Grünen und die SPD zunehmend der fremdenfeindlichen Rhetorik anschließen und eine entsprechende Politik betreiben, angeblich mit großem Widerwillen, so ist es auch im restlichen Europa mit den etablierten Parteien. Parolen und Forderungen, die vor 10 Jahren nur von Rechtsextremen laut ausgesprochen wurden, sind mittlerweile überall salonfähig geworden. Nur einige linke Parteien scheinen dabei noch klaren Widerspruch zu leisten.

Warum läuft es momentan so?

Die bürgerliche Politik in der EU wechselt gerade im großen Stil ihre Strategie. Das hat sicherlich viele Gründe, aber wir wollen zwei zentrale Wirkmechanismen herausnehmen. Erstens versinkt Europa gerade in einer Wirtschaftskrise. Mit stagnierendem Wirtschaftswachstum, steigenden Lebenshaltungskosten, sinkenden Löhnen und dem Widerwillen, die Steuern bei den Reichen anzuheben, schrumpfen die Staatskassen. Das Ergebnis: Während die Reichen immer reicher werden, wird die arbeitende Bevölkerung auf dem Altar der Austerität geopfert. Allgemein werden Gelder für soziale Unterstützung und Infrastruktur gekürzt. Asylsuchende sind ebenfalls auf genau diese angewiesen. Die Investitionen in sichere Unterkünfte, Deutschkurse und Lebensperspektiven für Geflüchtete werden als „zu teuer“ abgetan. Gerade in einer zunehmend rassistischen Gesellschaft ist es unerlässlich, einiges an finanziellem Support zu leisten, damit das Einleben gut funktioniert. Daran wurde aber von Anfang viel zu viel gespart, selbst in Zeiten der deutschen „Willkommenskultur“. Das ist nun auch meistens der Kern dessen, dass die „Kommunen Alarm schlagen“: Die neoliberale Sparpolitik, die auf die Erhaltung der Gewinne für die herrschende Klasse abzielt, führt dazu, dass man den Geflüchteten nicht die nötige Unterstützung leisten kann und es zunehmend nur noch ein perspektivloses Verwahren dieser ist. Anstatt aber das Geld bei den Reichen zu holen, wird nun die andere Option gewählt: ein möglichst blutiges Abschottungsregime.

Der zweite zentrale Grund für diesen Wechsel in der bürgerlichen Politik ist die systematische Spaltung der Arbeiter:innen. Die Verschlechterung der Lebenslage der meisten Arbeiter:innen sorgt zurecht für Unmut bei ihnen, und die Parteien müssen irgendwie mit diesem Unmut umgehen. Aufgrund der Krise ist an sozialen Ausgleich nicht zu denken. Um aber dennoch die Illusion zu schüren, man würde als Partei „was machen“, und gleichzeitig die Aufmerksamkeit von den Reichen und Mächtigen wegzulenken, wird der falsche Eindruck erweckt, dass Asylsuchende bevorzugt behandelt würden und den „Einheimischen“ angeblich Ressourcen wegnehmen, und dass man dagegen jetzt vorgeht. Diese Erzählung wird bewusst gestreut, um die Menschen in Konkurrenz zueinander zu setzen, und dass die einheimischen Arbeiter:innen in ihrem Frust und ihrer Aggression gelindert werden, indem die Politik auf Leute losgeht, die noch ärmer dran sind als sie selbst.

Die EU nutzt also eine rassistische Asylpolitik nicht nur zur Abschottung, sondern auch zur Sicherung ihrer eigenen Macht. Es ist kein Zufall, dass sich die Bedingungen für Geflüchtete in ganz Europa verschärfen: Sie dienen als Sündenböcke, die davon ablenken sollen, dass die wahre Bedrohung für die Arbeiter:innen von oben kommt.

Wie verteidigen wir das Recht auf Asyl?

In Zeiten zunehmender Repression und Abschottungspolitik ist eine klare Perspektive für offene Grenzen und gleiche Rechte für alle notwendiger denn je. Geflüchtete werden durch die geltenden Asylgesetze und die anstehende Reform zu Menschen zweiter Klasse degradiert.

Zu Jahresbeginn gingen bereits Hunderttausende gegen die rassistischen Remigrationspläne der AfD auf die Straße. Angesichts der bevorstehenden Reform braucht es eine breite, kämpferische Bewegung, die daran anknüpft und sich konsequent antirassistisch positioniert. Eine Bewegung, die sich aus Schüler:innen, Studierenden, Arbeiter:innen und migrantischen Organisationen zusammensetzt, kann den Widerstand aufbauen und verteidigen. Wir müssen diesen Kampf dort verankern, wo wir uns täglich aufhalten: in Schulen, Universitäten und Betrieben. Wir dürfen dabei nicht auf die rechten Narrative reinfallen, sondern stabil und selbstbewusst das Recht auf Migration verteidigen. Zentral ist dabei die Verbindung mit anderen Kämpfen, vor allem gegen die sozialen Angriffe, aber auch mit den existierenden antiimperialistischen Bewegungen, um daraus eine allgemeine Bewegung um Solidarität und antikapitalistischen Widerstand zu schmieden.




Von der Türkei bis nach Südafrika: Femi(ni)zide global bekämpfen!

Von Sani Meier, November 2024

89.000 Frauen und Mädchen wurden 2022 vorsätzlich getötet – das sind 234 pro Tag, so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr. Diesen Bericht veröffentlichte die UNO vor fast einem Jahr und löste damit weitreichende Empörung aus. Dennoch hat sich bis heute für die meisten Frauen wenig verändert: Deutschland erreichte 2023 seinen Höchststand an Femiziden. Wie schaffen wir es, die Gewaltspirale zu durchbrechen?

Frauenmord, Femizid, Feminizid?

Mehr als die Hälfte der Morde an Frauen finden im partnerschaftlichen oder familiären Umfeld der Opfer statt, also im privaten Raum. Die Täter sind ihre Ehemänner, Partner, Väter, Brüder oder vermeintliche Freunde. Die Motive reichen von Eifersucht und Trennungsangst über Rache bis zur Wiederherstellung der familiären „Ehre“. Noch immer verharmlosen die Medien diese Morde als „Familiendrama“, „Eifersuchtstat“ oder „Beziehungstragödie“, oder machen die Opfer mit Begriffen wie „erweiterter Suizid“ unsichtbar. Um dem entgegenzuwirken, wird heute der Begriff „Femizid“ verwendet, der die Systematik und geschlechtsbezogene Gewalt hinter den Taten in den Vordergrund rückt.

In Lateinamerika haben Feminist:innen erkannt, dass der Begriff des Femizids sich nur auf Taten im privaten Umfeld beschränkt. Um die Rolle des Staates und wirtschaftliche Faktoren nicht zu vernachlässigen, wurde der zusätzliche Begriff „Feminizid“ entwickelt. Ein anschauliches Beispiel hierfür sind die Frauenverbrennungen der europäischen Frühen Neuzeit: Frauen wurden unter dem Vorwurf der Hexerei systematisch durch Vertreter der Kirche getötet. Diese waren nicht ihre Partner oder Verwandten, aber konnten sich durch die Morde das Eigentum der getöteten Frauen aneignen. Feminizide wie diese geschehen auch heute noch in Teilen Afrikas und Indiens vor den Augen der Öffentlichkeit, um die Macht der Täter zu demonstrieren. Der Staat tritt meist als Komplize auf, da er die Taten halbherzig oder gar nicht rechtlich verfolgt, selbst Täter ist oder Frauen nicht die Möglichkeiten gibt, sich zu schützen.

Afghanistan

Auch das gezielte Töten von Aktivistinnen zur Sicherung der staatlichen Ordnung spielt eine wichtige Rolle. In Afghanistan häufen sich die Berichte über Frauenleichen, die auf Müllhalden oder in Straßengräben gefunden werden, besonders seit der Machtübernahme der Taliban. Frauen, die sich kritisch gegenüber dem Regime äußern, werden gezielt Opfer von Gewalttaten und sollen andere abschrecken. Die Taliban selbst geben keine offiziellen Zahlen zu Morden an Frauen heraus, doch auch durch die jüngsten Gesetzesverschärfungen können sie nicht verhindern, dass mutige Frauen weiterhin über die Situation vor Ort berichten.

Obwohl mit den Begriffen „Femizid“ und „Feminizid“ ein großer Teil der Taten sprachlich abgedeckt wird, ist es wichtig zu betonen, dass die oben genannten Zahlen keine vollständige Abbildung der patriarchalen Gewalt darstellen. Das liegt daran, dass ein großer Teil der Fälle nicht offiziell dokumentiert wird oder von staatlicher Seite verheimlicht wird. Dazu kommt, dass auch trans, inter und nicht-binäre Personen von Gewalt aufgrund ihres Geschlechts betroffen sind – auch sie werden nicht in die Statistiken mitaufgenommen. Doch obwohl die Dunkelziffer nicht genau zu ermitteln ist, geben uns die offiziellen Zahlen Anlass genug Grund zum Handeln. Ein Blick auf die weltweiten Frauenbewegungen der letzten Monate zeigt das globale Ausmaß der Gewalt, aber auch des Widerstands dagegen:

Türkei

Besonders die Türkei ist in den letzten Wochen und Monaten Schauplatz feministischer Mobilisierung. Trauriger Anlass hierfür waren zwei besonders schockierende Femizide im Oktober: Ein 19-Jähriger Mann hatte zwei junge Frauen ermordet und enthauptet. Nachdem er den zweiten Mord in der Öffentlichkeit auf der Theodosianischen Mauer in Istanbul beging, tötete er dort auch sich selbst. Bis September zählten Frauenrechtsorganisationen bereits 295 Frauenmorde und 184 verdächtige Todesfälle in der Türkei. 65 Prozent der Täter gaben an, die Frauen getötet zu haben, weil diese sich trennen wollten oder weil sie eine Partnerschaft oder Ehe abgelehnt hätten. Der Doppelmord brachte das Fass zum Überlaufen und hunderte Aktivistinnen auf die Straßen Istanbuls. Sie machen nicht nur die Täter individuell verantwortlich, sondern auch das Patriarchat und den Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und dessen Regierung. Islamistische Bruderschaften und Teile des Regierungsbündnisses hatten immer wieder gefordert, die Gesetze zum Schutz von Frauen vor Gewalt abzuschaffen und Unterhaltszahlungen nach einer Scheidung zeitlich zu befristen. 2021 trat die Türkei aus der Istanbul-Konvention aus, dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Angeblich fördere dieses Übereinkommen Homosexualität und untergrabe sogenannte „traditionelle Familienwerte“. An dieser Begründung wird deutlich, welche Rolle die bürgerliche Familie, bestehend aus Vater, Mutter und Kindern, für Gewalt gegen Frauen spielt. Wie wir wissen, stellt sie den Schauplatz und Rahmen für Femizide dar, und diese Morde bilden meist den Höhepunkt einer langen Geschichte von häuslicher Gewalt. Doch warum ist das so?

Die bürgerlichen Familie

Seit der Industrialisierung ist dieses Familienmodell zum Ideal geworden: Der Vater geht einer Lohnarbeit nach und versorgt mit seinem Gehalt die Familie, während die Mutter als Hausfrau zuhause bleibt und Sorge- und Hausarbeit ohne Bezahlung erledigt. Seit der Finanzkrise 2008 reicht in den meisten Familien der Arbeiter:innenklasse das alleinige Einkommen des Mannes nicht mehr aus. Viele Familien schaffen es gerade so über die Runden, wenn die Frauen auch arbeiten. Besonders im globalen Süden und bei migrantischen Arbeitskräften liegt der Lohn oft unter den Kosten der Versorgung. In dieser Situation kann der Mann seine sozialisierte Rolle des Versorgers nicht erfüllen und Frauen verdienen allein nicht genug, um sich trennen zu können. Die Krise des Kapitalismus ist gleichzeitig eine Krise der bürgerlichen Familie, deren innere Spannungen sich häufig in Gewalt und im schlimmsten Fall Mord entladen.

Der Rechtsruck verschärft diese Entwicklungen, weil Sexismus und Homophobie im Zentrum der Politik rechter Parteien stehen. Anstatt „traditionelle Familienwerte“ als den Ursprung patriarchaler Gewalt anzuerkennen, stellen sie sie als „natürlichen“ Ausweg aus der Krise dar. Männer sollen sich weiterhin verzweifelt in das Bild des alleinigen Versorgers pressen, während Frauen ohne finanzielle Mittel an den Haushalt gefesselt sind und der Sozialstaat weiter abgebaut wird. Dieser Teufelskreis zeigt, dass nur die Überwindung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung und der kapitalistischen Ausbeutung einen Ausweg aus der Gewaltspirale bieten kann.

Südafrika

Die Zusammenhänge zwischen Gewalt gegen Frauen und dem Klassensystem zeigen sich deutlich in Südafrika, wo die Statistik für Femizide 5 Mal höher ist als der weltweite Durchschnitt. Vor allem liberale Feminist:innen wundern sich über solche Zahlen, da die politische Repräsentation von Frauen hier deutlich höher ist als im Rest der Welt: 45% Frauenanteil im Parlament. Das allein reicht aber nicht aus, um Frauen vor Gewalt zu schützen, da Frauen aus der Arbeiter:innenklasse meist keine Chance auf eine politische Karriere haben. Über die Hälfte der Südafrikanerinnen lebt unterhalb der Armutsgrenze und in den Townships, also den städtischen Siedlungen, leben etliche Menschen auf engstem Raum unter prekären Bedingungen. Sie haben keine Chance, sich aus finanzieller Not und Abhängigkeit herauszukaufen und werden von den Herrschenden nicht berücksichtigt.

Wichtig zu berücksichtigen ist jedoch, dass häusliche Gewalt nicht allein das Problem proletarischer Stadtteile ist: Risikofaktoren wie Stress, Veränderung und Abhängigkeit können auch in bürgerlichen Familien auftreten. Männer der herrschenden Klasse haben dabei gute Chancen, ihre Taten zu verbergen und dafür niemals rechtlich belangt zu werden.

Indien

Zuletzt zeigt ein Blick nach Indien, welche kämpferische Perspektive unsere Solidarität aufzeigen kann. Hier erschütterten die Vergewaltigung und Ermordung einer jungen Medizinstudentin im August das Land. Die Parallelen der Tat zur Gruppenvergewaltigung einer jungen Frau in einem Bus 2012 führte vielen vor Augen, dass sich seitdem nicht genug getan hat, um Frauen zu schützen. Gleichzeitig geschah die Tat am Arbeitsplatz des Opfers, im Krankenhaus, und rückte damit die prekären Arbeitsbedingungen im indischen Gesundheitswesen in den Fokus. Seit Jahren beklagen sich die Ärzt:innen, die zu 60% Frauen sind, über Unterbesetzung und mangelnde Sicherheit. Aus Solidarität gingen nach Bekanntwerden der Tat mehr als eine Million indische Ärzt:innen in einen Generalstreik, um ihre Forderungen gegenüber der Regierung durchzusetzen. Ihr Einsatz führte dazu, dass der Fall nun auf der höchsten Ebene der staatlichen Gerichtsbarkeit verhandelt wird. Doch auch wenn wir daran erkennen, dass Streiks Regierungen unter Druck setzen können, dürfen wir kein Vertrauen in den Staat und seine Institutionen haben, wenn es um den Schutz von Frauen und Queers geht!

Es ist unsere Aufgabe als revolutionäre Linke, Femi(ni)ziden den ökonomischen Nährboden zu nehmen, indem wir für soziale Verbesserungen und Wohlfahrtsprogramme sowie die Vergesellschaftung der Hausarbeit eintreten. Dies kann nur durch die Kontrolle der Arbeiter:innen über die Produktion und die Verteilung von Ressourcen gesichert werden. Gleichzeitig müssen wir uns selbst durch die Organisierung von bewaffneten Arbeiter:innenmilizen verteidigen. Gewalt gegen Frauen ist ein globales Problem des Kapitalismus und kann demnach nur durch eine globale, proletarische Frauenbewegung überwunden. Diese muss dem Sexismus innerhalb der eigenen Klasse den Kampf ansagen und den Weg bereiten für eine Zukunft ohne unterdrückerische Rollenbilder und sexistische Gewalt.




Wahlen in Frankreich – Scheiß auf Volksfront, Jugend in die Offensive!

von Flo Weitling, Juli 2024

Vorgestern fand der erste Wahlgang bei den Neuwahlen des französischen Parlaments statt. Aus dieser ging Le Pens RN als stärkste Kraft hervor. Wie in den meisten Ländern Europas aber auch weltweit, ist dass einer der Ausdrücke des vorranschreitenden Rechtsrucks in Folge der Führungskrise der Arbeiter:innen. Doch was können wir als Jugendliche dagegen tun?

Demokratie oder Faschismus?

Nach dem immensen Erfolg des Rassemblement National (RN, deutsch: Nationale Sammlungsbewegung) bei den EU-Wahlen letzten Monat, beschloss noch am selben Tag der französische Präsident Emanuel Macron die Auflösung des Parlaments und somit Neuwahlen.

Kurz darauf bildete sich ein linkes Bündnis aus der linkspopulistischen La France Insoumise, den bürgerlichen Arbeiter:innenparteien (Sozialistische und Kommunistische Partei) und den französischen Grünen, die zwar linker als die deutschen, aber trotzdem eine kleinbürgerliche Partei sind. Unter dem Banner der „Neuen Volksfront“ (Nouveau Front Populaire, NFP) schließen sie an eine Taktik an, die schon 1936 kläglich gescheitert ist. Doch warum ist das so?

Der Zusammenschluss, will unter dem Motto „Alles gegen den RN“ die politische Krise Frankreichs herunterbrechen auf die Frage von „Demokratie gegen Faschismus“. Das zeigt sich auch daran, dass sie nun ankündigten in den Wahlkreisen wo sie hinter den Liberalen liegen, ihre Kandidatur zurückzuziehen und somit ganz offen Macrons Bündnis zu unterstützen. Das hat den Zweck, dass „keine einzige Stimme an das RN geht“. Wie richtig es auch ist sich den Rechten entgegenzustellen, kann dieses Bündnis deren Aufstieg nicht verhindern. Das erkennt man auch schon ganz praktisch am Programm der Volksfront selber. Denn selbst ohne die offenen bürgerlichen Parteien bereits im Boot zu haben, ordnen sie sich dem Imperialismus unter, so in der Frage der Wiederaufrüstung oder selbst der Aufrechterhaltung der kolonialen Herrschaft über Kanaky (Neukaledonien). Ihr Ziel ist es dabei im Parlament zusammen mit Macrons Liberalen (welche in der ersten Runde hinter der NFP und dem RN liegen) ein Bündnis aufzustellen um somit eine RN-Regierung zu verhinden. Doch selbst wenn ihr Plan aufgeht, stellt sich die Frage was sie damit bewirkt haben? Werden die Arbeiter:innen nicht mehr ewig schuften müssen bis sie in die Rente können? Werden Migrant:innen weniger rassistisch angegangen werden und wir Jugendlichen Geld für unsere Billdung haben? Wird die Kriegstreiberei ein Ende finden? Die Antwort ist Nein, denn die Taktik der Volksfront bekämpft eben nicht die Ursachen, welche den Aufstieg der Rechten begünstigen.

Denn der Kampf gegen Rechtsruck und Faschismus kann nie ein Kampf mit sondern nur gegen die Kapitalist:innen, ihre Parteien und ihre Ordnung sein! Denn ihr System ist es, welches erst die Bedingungen für den Aufstieg des Rechtspopulismus bis hin zum Erstarken von offen faschistischen Kräften schafft. Sich ihnen in einem „Kampf gegen den Faschismus“ unterzuordnen heißt unsere Kampfkraft abzugeben und die Lösung des Problems faktisch zu verhindern.

Denn die geballte Stärke der Jugend und Arbeiter:innenklasse ist es, die durch Streiks, Besetzungen und Aufstände, bis hin zu einer Revolution, die Überwindung der Probleme erreichen kann. Den Rechtsruck aber auch das was diesen erst geschaffen hat, wie die hohen Lebenserhaltungkosten oder ganz generell die tägliche Ausbeutung und Unterdrückung.

Wenn wir jedoch den Illusionen der netten Fratze der Diktatur des Kapitals, also der „Demokratie“, hinterherrennen, kann unser Kampf kein erfolgreicher sein! Denn der demokratische Staat ist es, der unsere Armut, Ausbeutung und Unterdrückung aufrechterhält. Der demokratische Staat ist es der Kriege führt und Genozide unterstützt. Der demokratische Staat ist es der uns abschiebt und durch seine Handlanger, die Polizei, ermordet. Der demokratische Staat ist es, der uns bis zum Zusammenbruch arbeiten lassen will, damit er auf dem Weltmarkt besser konkurrieren kann. Wenn wir also den demokratischen, bürgerlichen Staat und die Ordnung die er aufrecht erhält wählen, wählen wir nicht das kleinere Übel sondern schaufeln fleißig weiter unser eigenes Grab! Denn die Leute haben die bürgerliche Demokratie und ihre Politik, ob von Macron, Biden oder Habeck, satt und zwar völlig zu Recht!

Der ganze Aufstieg der Rechten ist letztendlich auch ein Ausdruck davon, dass die Organisationen der Arbeiter:innenklasse den Kampf gegen diese Ordnung, an der nicht die Rechten die schlechten Stellen sind, sondern die als ganzes ein Übel ist, nicht konsequent geführt haben. So haben wir es bei den Rentenreformen gesehen, wo die großen Gewerkschaften und linkspopulistischen sowie reformistischen Parteien notwendige und mögliche Generalstreiks verhindert, den Kampf in die Bahnen des Parlaments verschoben und somit geschwächt haben.

Was braucht es dann?

Anstatt mit bürgerlichen Kräften zu liebäugeln und am liebsten zusammen mit Macron eine Regierung zu bilden, braucht es einen Zusammenschluss der Organisationen der Arbeiter:innenklasse und der Gewerkschaften zu einer Einheitsfront, welche die geballte Kampfkraft der Jugend und Arbeiter:innen entfesselt. Dabei müssen wir als Revolutionäre die Jugendlichen und Arbeiter:innen von den Illusionen der reformistischen, bürgerlichen Arbeiter:innenparteien wegbrechen und für ein revolutionäres Programm gewinnen. In einem gemeinsamen Kampf gegen und nicht mit dem Klassenfeind!

Die spontanen Proteste nach der Europawahl und auch nach den Neuwahlen zeigen das Potenzial für eine Bewegung welche diesen Kampf führen kann. Wir als Jugend müssen in diesen Kämpfen eine militante und führende Rolle einnehmen, was in den letzten Jahren schon teilweise passiert ist. Doch darauf müssen wir aktiv ausbauen und, im Bündnis mit der Arbeiter:innenklasse, den Umsturz des Systems vorrantreiben! Auch in der Jugend selber müssen wir die Überzeugung festigen, dass eine revolutionäre Perspektive notwendig ist um unsere Probleme zu lösen.

Um das zu tun müssen wir uns organisieren, an unseren Schulen sowie in Unis und Betrieben. Wir müssen die Orte an den wir uns täglich aufhalten zur Agitation nutzen und Organe wie Schul- und Unikomitees schaffen. Diese können auch langfristig den Grundstein der Selbstverwaltung legen, die eine Ordnung nach dem Zerschlagen des bürgerlichen Staats braucht. Darauf aufbauend müssen wir Schul- und Unistreikkomitees initiieren, um unseren Kampf zu organisieren und als geballte Front den Rechten und den Kapitalist:innen entgegenzutreten!

Um diese Arbeit zu koordinieren und zum Erfolg zu führen braucht es eine unabhängige Jugendorganisation die diesen Kampf vorrantreibt. Sie muss international den kämpfenden Jugendlichen eine revolutionäre Perspektive aufzeigen und dabei den Aufbau einer Jugendinternationale anstreben. Die Organisierung der Jugend in Europa und Weltweit, über die nationalen Grenzen hinaus, ist notwendig, denn wir uns muss klar sein: Genauso wie die Arbeiter:innen, hat die Jugend kein Vaterland und kann nur international organisiert siegen!

Wir fordern:

  • Schluss mit der Volksfront! Es braucht eine Einheitsfront der Jugend und Arbeiter:innenklasse!
  • Nieder mit Macron – Nieder mit der RN! Für ein revolutionäres Programm der Jugend und der Arbeiter:innen!
  • Aufbau von Schul- und Unikomitees sowie einer schlagkräftigen Bewegung gegen die Angriffe der Kapitalist:innen und den Aufstieg der Rechten!
  • Für den Aufbau einer Jugendinternationale!