Berliner Polizei löst Palästinakongress auf – Meinungsfreiheit wird zur Farce

von Martin Suchanek, zuerst erschienen in der Infomail 1251 der Gruppe Arbeiter:innenmacht, April 2024

Einschränkungen demokratischer Rechte gehören mittlerweile zum Normalzustand der „Demokratie“. Die von Merkel und Scholz zur Staatsräson erklärte „bedingungslose Solidarität“ mit Israel verträgt sich offenkundig schlecht mit der Meinungsfreiheit.

Diese kam am 12. April unter die Räder wie selten zuvor in Berlin, einer Stadt, die durchaus auf eine lange Geschichte polizeilicher Gewalt und Willkür zurückblicken kann.

Doch während sich Repression „normalerweise“ auf Demonstrationen, Besetzungen, Blockaden, Akte zivilen Ungehorsams oder das Aufbegehren prekär Beschäftigter konzentriert, galt der Anschlag auf die Meinungsfreiheit diesmal einer Saalveranstaltung, einer demokratisch organisierten Konferenz, dem Palästinakongress.

Staatsräson

Dieser richtet sich nämlich direkt gegen die zur Staatsräson er- und verklärte Solidarität mit Israel, auch wenn dieser Staat gerade rund 40.000 Menschen durch Bombardements und Bodentruppen getötet hat, weit über eine Million Menschen in Gaza vertrieben wurden und akut Hunderttausende vom Hunger bedroht sind. Mit tödlichem Ernst halten die deutsche Regierung wie die bürgerliche Opposition und die faktisch gleichgeschalteten Medien an der Fiktion fest, dass Israel keinen genozidalen Angriffskrieg führe, sondern sein „Recht auf Selbstverteidigung“ ausübe. Und damit nicht genug, Deutschland unterstützt den Krieg nicht nur politisch, diplomatisch, sondern auch militärisch. Allein im Jahr 2023 haben sich die Rüstungsexporte verzehnfacht.

Dieser Krieg wird folgerichtig auch im Inneren weitergeführt. Damit soll einerseits die Schuld des deutschen Imperialismus am Holocaust ideologisch entsorgt werden, andererseits verfolgt der deutsche Staat damit handfeste ökonomische und vor allem geostrategische Interessen.

So gerät schon die Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit zur quasi kriminellen Betätigung. Seit Wochen wird in den Medien, von reaktionären wie „demokratischen“ Stimmungsmacher:innen, nach dem Verbot der Veranstaltung gerufen. Nachdem das rechtlich nicht ging, wurde tagelang gefordert und gedroht, was am 12. April von der Polizei durchgezogen wurde. Berlins rechtskonservativer Bürgermeister Wegner hatte schon lange ein „rigoroses Einschreiten“ beim „kleinsten Verdacht“ gesetzwidriger Aussagen angekündet. Im Klartext heißt das nichts anderes als die angedrohte Kriminalisierung jeder offenen Kritik am Staat Israel und seiner rassistischen Grundlagen, jeder Solidarisierung mit Palästina, jedes Antizionismus und jedes Eintretens für die demokratischen Rechte des palästinensischen Volkes, insbesondere dessen auf nationale Selbstbestimmung.

Provokation

Daher begann der Tag schon mit abstrusen und absurden Schikanen. Die Brandschutzverordnung und das Bauamt wurden bemüht, um einen Vorwand zu finden, nur 250 Personen in die für 600 Menschen ausgelegten Räumlichkeiten zu lassen. Hunderte Menschen konnten daher an der Veranstaltung erst gar nicht teilnehmen. Zudem zog die Polizei den gesamten Prozess des Einlassens der Teilnehmer:innen über Stunden hin. Während hunderten Menschen mit Eintrittskarten der Zutritt von der Obrigkeit verwehrt wurde, schleuste die Polizei – unter frecher Missachtung des Hausrechtes der Veranstalter:innen – prozionistische, hetzerische Journalist:innen von Welt und Co. ein. Darüber hinaus machten die Cops die massive Präsenz uniformierter und aller möglichen Polizist:innen in Zivil zur Bedingung, dass die Veranstaltung überhaupt beginnen konnte.

Trotz all dieser Schikanen, Provokationen und polizeistaatlicher Mittel, von denen Putin und Erdogan, Netanjahu und Biden, aber auch Meloni und Macron noch einiges lernen könnten, begann der Kongress.

Rede von Habh Jamal

In einer ergreifenden Rede entlarvte Hebh Jamal die Lügen, aber auch die Kooperation der Unterdrücker:innen weltweit, eine Kooperation, die keine Verschwörung ist, sondern die das gemeinsame Interesse der herrschenden Klassen an einer imperialistischen Ordnung deutlich macht, die auf Ausbeutung und Unterdrückung basiert. Vor allem machte sie deutlich, dass eine Konferenz, die die Verbrechen der Nakba, die Vertreibung und Unterdrückung der Palästinenser:innen verdeutlicht und die Komplizenschaft des deutschen Imperialismus hervorhebt, auch einen Akt des Widerstandes darstellt.

Denn in der Anklage gegen diese Politik, die die Konferenz schon im Vorfeld erhob, liegt notwendig und untrennbar ein Durchbrechen des Schweigens, ein Moment der Solidarisierung, die zur Aktion, zum Handeln drängt, zur Vertiefung und besseren Koordinierung unserer Bewegung.

Das wollen die deutsche Regierung sowie das gesamte politische Establishment, ob nun Ampelkoalition oder Unionsparteien, ja selbst die AfD und Teile der Linkspartei verhindern. Die Berliner Polizei rückte mit gut 900 Einsatzkräften an, um diesen politischen Auftrag umzusetzen. Und sie tat es.

That’s what imperialist „democracy“ looks like

Die Videobotschaft von Salman Abu Sitta, über den der deutsche Staat wegen seines Engagements ein Einreiseverbot verhängt hatte, wurde schon nach wenigen Minuten und ohne ersichtlichen Grund von der Polizei gestoppt. Dafür wurden schließlich gegenüber der Anwältin der Veranstalter:innen mehrere, einander widersprechende, selbst nach bürgerlichem Recht überaus fragwürdige Gründe geliefert. So erklärte die Polizei einmal, dass die Rede Passagen enthalten könnte, die volksverhetzerisch sein könnten. Dies würde geprüft werden. Frei nach dem Motto „Viel hilft viel“ hieß es später, dass Salman Abu Sitta ein politisches Betätigungsverbot in Deutschland habe. Seit wann und woher, wussten die Polizeikräfte ebenso wenig zu erklären wie die Frage, ob das Abspielen einer Videobotschaft überhaupt darunter falle. Doch wer braucht schon Gründe, wenn er das Gewaltmonopol auf seiner Seite hat? Und um gleich alle Unklarheiten aus der Welt zu schaffen, dass hier das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit mit Füßen getreten wird, wurde der Kongress auch gleich für Samstag und Sonntag samt sämtlicher Nachfolgeveranstaltungen verboten.

Die Polizei konnte den Kongress sprengen und auflösen. Doch sie wird uns weder zum Schweigen bringen noch wird sie ihr Ziel erreichen, unsere Bewegung, die wächst und stärker wird, zu zerstören.

Im Gegenteil. Die willkürliche Auflösung des Kongresses und der Anschlag auf die Meinungsfreiheit offenbaren nicht nur den repressiven Charakter der Polizei. Sie verdeutlichen auch den antidemokratischen Charakter der deutschen Regierungspolitik. Und sie zeigen die enge Verbindung von imperialistische Politik und der monopolisierten öffentlichen Meinung. Denn neben der Repression stehen wir auch einer orchestrierten Hetze und Verleumdung samt einer massiven Welle antipalästinensischen, antimuslimischen und antiarabischen Rassismus’ entgegen.

Dass die deutschen Medien auch gegen Genoss:innen der Gruppe Arbeiter:innenmacht und von REVOLUTION hetzen, zeigt unserer Meinung nach nur, dass wir etwas richtig gemacht haben. Wir wollen aber nicht vergessen, dass das deutsche Establishment in den letzten Wochen auch seine antisemitische Seite zeigt, wenn sie antizionistische Juden und Jüdinnen, vor allem die Genoss:innen der „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“, öffentlich diffamiert und die Berliner Sparkasse ihr Vereinkonto sperrt. Vor allem aber dürfen wir nicht vergessen, dass es vor allem unsere palästinensischen Genoss:innen sind, die auf das Brutalste angegriffen, deren Vereine und Organisationen bedroht und kriminalisiert werden und über denen das Damoklesschwert der Abschiebung hängt, während zugleich ihre Freund:innen und Angehörigen sterben oder vertrieben werden.

Heute, am 12. April 2024, haben die Wegners und Giffeys, die Scholz’ und Baerbocks unseren Kongress auflösen können. Sie verfügen über die Machtmittel, dies zu tun. Doch sie mögen sich ihres „Erfolges“, ihres „Sieges“ über unsere demokratischen Rechte nicht zu sicher sein – und gewiss werden sie sich nicht zu lange darüber erfreuen. Auch wenn sie vermochten, unseren Kongress aufzulösen, so wurde er – und dies ist ein Stück Ironie der Geschichte – weltweit bekannter. Vor allem hat die Repression weit mehr Menschen den  reaktionären, antidemokratischen Charakter des deutschen Kapitalismus vor Augen geführt, als es unsere Reden, Beiträge, Diskussionen, Beschlüsse allein vermocht hätten. Gerade der deutsche Imperialismus hat sich über Jahrzehnte das Image aufgebaut, vergleichsweise „demokratisch“ und „wertebasiert“ zu sein. Diese selbstgefällige Lüge entlarvt er gerade selbst.

Wir werden dafür sorgen, dass sie ihm im Halse steckenbleibt. Sie können einen Kongress verbieten, unseren Widerstand, Kampfeswillen, unsere Entschlossenheit werden sie nicht brechen. Denn wir kämpfen im Gegensatz zu ihnen für eine gerechte Sache, für Freiheit und Selbstbestimmung des palästinensischen Volkes, für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung.




Die Geschichte der Kufiya – Modeaccessoir und Widerstandssymbol

Von Bailey Zirvena, Februar 2024

Die Kufiya, auch Palästinensertuch genannt, existiert im arabisch-sprachigen Kulturraum in verschiedenen Farben, unterschiedlichen Mustern und kann sowohl als Kopftuch als auch als Schal getragen werden. Ihre Geschichte reicht weit zurück. Ihren Namen erhält sie von der Irakischen Stadt Kufa.

Die palästinensische Kufiya oder كوفية Keffiyah ist leicht wieder zu erkennen: Meistens in schwarz und weiß gehalten, das Netzmuster, das für Fischerei und dadurch für die Verbindung zum Mittelmehr steht, die gebogenen Olivenblätter, die an die lange Geschichte der palästinensischen Olivenbäume erinnern und die breiten Streifen am Rand, die die historischen Handelsrouten repräsentieren.

Als Kopftuch schützte sie vor der Sonne, doch in den 30er Jahren schützte sie ebenfalls die Identität ihrer Träger:innen. Im Arabischen Aufstand ab 1936 gegen die Kolonialmacht Großbritannien verhüllten Freiheitskämper:innen mit der Kufiya ihre Gesichter. So ist sie ein etabliertes Symbol für Wiederstand und Selbstbestimmung.

Mit der Gründung Israels 1948 und den folgenden Widerstandsbewegungen wurde die Kufiya vor allem in den 70er Jahren durch den Vorsitzenden der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) Jassir Arafat bekannt, der selten ohne Kufiya zu sehen war.

Seit den 68ern hat sich die Bedeutung der Kufiya als Palituch, als Zeichen der Solidarität mit dem palästinensischen Freiheitskampf und dem Kampf gegen Imperialismus in Deutschland etabliert.

In den 2010ern führte die Beliebtheit dazu, dass die westliche Modeindustrie versuchte das inzwischen hoch politische Muster der Kufiya zu kommerzialisieren, wodurch die Kufiya zu einem Trend-Gegenstand wurde. Statt damit die Aufmerksamkeit auf die Unterdrückung der Palästinenser:innen zu lenken, wurde die Kufiya auf einmal völlig von ihrer Bedeutung und Geschichte gelöst und zu einem stumpfen Mittel der Ausbeutung arabischer und palästinensischer Kultur. Heute würde man das einen klassischen Fall kultureller Aneignung nennen. Westliche Konzerne aus Ländern, die die israelische Besatzung unterstützen, nehmen sich die Widerstandssymbole der Unterdrückten, verdrängen deren Bedeutung und machen damit am Ende Profit. Doch die wahre Bedeutung der Kufiya überstand auch diese Phase.

Heute richtet sich der Genozid in Palästina nicht nur gegen die Palästinensische Bevölkerung, sondern auch gegen ihre Kultur, Traditionen und die Spuren ihrer Existenz. Nichts ist sicher: Moscheen, Kirchen, Archive, Olivenbäume… und auch die traditionelle Herstellungsweise der Kufiya. Es gibt kaum noch traditionell hochwertig produzierte Kufiyas, im Westjordanland gibt es nur noch eine einzige Fabrik.

Währenddessen riskieren junge Menschen in den USA sogar ihre Gesundheit durch öffentliches Tragen der Kufiya, wo in Vermont drei palästinensisch-amerikanische Studenten, die ihre Kufiya trugen, auf offener Straße angeschossen wurden. Die Rhetorik, die durch die Medien besonders seit dem 7. Oktober verbreitet wird, entmenschlicht Palästinenser:innen und stellt sie als terroristisch dar. Solche Mittel führen in einer Gesellschaft, in der arabisch-sprechende Menschen oder Muslim:innen schon lange angefeindet werden dazu, dass der Hass in Taten umschlägt.

An Berliner Schulen darf das Tragen einer Kufiya seit dem 16.10.23 verboten werden. Dieses Verbot stellt ein weiteres Mittel in dem Versuch, alle Symbole des Anti-Zionistischen Kampfes zu tabuisieren oder sogar zu kriminalisieren, dar. Viele mutige Schüler:innen haben sich von diesem Verbot nicht abhalten lassen ihre Solidarität offen zu zeigen. Sie trotzen damit dem Versuch der Schulen, die Thematik zu ignorieren oder einseitig zu behandeln. Durch das offene Tragen des Palituchs lässt sich die Gewalt, die in Palästina geschieht nicht so einfach im Alltag verdrängen.

Da die Schule ein politischer Raum ist und gleichzeitig der Ort an dem sich Jugendliche am meisten aufhalten, müssen wir auch dort die Möglichkeit haben politische Symbole zu tragen und sich politisch auszudrücken. Deutschland versucht durch Einschränkungen des Versammlungsrechts, der Meinungsfreiheit und auch durch das Verbot palästinensischer Freiheitssymbole der Welle an Solidarität in Deutschland Reichweite zu rauben und es damit so schnell wie möglich hinter anderen Themen verschwinden zu lassen. Doch man kann unseren Kampf nicht weg verbieten oder verstecken. Wir bleiben laut und wir bleiben sichtbar.

Die Kufiya muss sowohl ein Symbol für die palästinensische Kultur und Geschichte als auch für die Befreiung der palästinensischen Bevölkerung bleiben. Ihre Verbot stellt einen rassistischen Angriff auf ihre Träger:innen dar, ebenso wie das kategorische Abstempeln jeglicher Palästina-Solidarität als Antisemitismus. Um an unseren Schulen dagegen vorgehen zu können, brauchen wir unabhängige Antidiskriminierungsstellen, die unsere Kämpfe und Erfahrungen ernst nehmen und für unsere Rechte einstehen.




Erste Hilfe bei Antisemitismusvorwurf

Von Felix Ruga, März 2023

„Du weißt schon, dass das gerade ziemlich antisemitisch von dir war?“

Eine Antwort, die fast alle antiimperialistisch eingestellten Linken irgendwann schon mal ertragen mussten, während sie mit Freund:innen, in der Familie oder der Schule mit irgendwem diskutiert haben, praktisch immer im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt. Und da muss man erstmal schlucken: Antisemitismus ist einer der heftigsten Vorwürfe, die man in politischen Debatten überhaupt bekommen kann. Sofort blitzen Bilder von schäumenden Wutreden, Videos und Tweets gegen jüdische Weltverschwörungen, marschierenden Nazis oder gar Vernichtungslagern auf. Für einen selbst ist es das Selbstverständlichste auf der Welt, dass man Antisemitismus nicht im Entferntesten gutheißen kann oder damit irgendwas zu tun haben will, es viel mehr in der antifaschistischen Praxis aktiv bekämpft. Trotzdem steht man jetzt da und muss sich auf einmal gegen so einen Vorwurf rechtfertigen. Ärger, Frust, Angst steigen auf und, vor allem wenn man damit nicht gerechnet hat, kann man eigentlich gar nicht so recht glauben, was gerade passiert ist. Wie sollte man also damit umgehen?

Zunächst auf jeden Fall erstmal durchatmen und sich nicht direkt einschüchtern lassen. Es hilft, sich ins Bewusstsein zu rufen, dass gerade die Heftigkeit des Antisemitismusvorwurfs der Hintergrund ist, warum er politisch missbraucht wird, beziehungsweise mittlerweile so definiert ist, dass man ihn leichtfertig missbrauchen kann. Man sollte dabei auf einer fortschrittlichen Definition beharren: Antisemitismus bedeutet Rassismus gegen Jüd:innen, also Diskriminierung, Unsichtbarmachung, Entrechtung, physische und verbale Angriffe und so weiter. Speziell am Antisemitismus ist die herbeikonstruierte „jüdische Verschwörung“, mit der angeblich die Gesellschaft zersetzt werden würde. Mehr könnt ihr dazu in unserem Artikel „Wie können wir Antisemitismus beenden?“ lesen. Es gibt aber auch eine gegenläufige Definition, und zwar die sogenannte IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus, die sich vor allem in westlichen Staaten verbreitet. Hierbei werden bestimmte Aussagen oder Formen von Kritik gegenüber Israel als antisemitisch festgehalten. Hierbei floss auch der sogenannte 3D-Test ein: Antisemitismus sei es dann, wenn man Israel dämonisiert, delegitimiert oder Doppelstandards anlegt.

Das Problem hierbei: Diese Aussagen können zwar auch aus antisemitischen Beweggründen getroffen werden, aber insgesamt ist die ganze Definition so schwammig, dass sie auch gegen absolut legitime Kritik oder einer Solidarisierung mit dem palästinensischen Widerstand verwendet werden. Diese Antisemitismus-Definition ist eine extrem wichtige Waffe für reaktionäre Kräfte in der ideologischen Auseinandersetzung rund um den Nahostkonflikt, weil der Antisemitismusvorwurf so heftige Reaktionen hervorruft oder der bürgerliche Staat damit seine Angriffe auf demokratische Rechte oder die militärische Unterstützung Israels verteidigen kann. Die IHRA-Arbeitsdefinition ist also abzulehnen.

Deswegen sollte man, wenn ein Vorwurf dieser Definition folgt, dies erstmal zurückweisen und klarmachen, dass das so erstmal eine Unterstellung ist und es argumentativ abwehren, indem man bei der Sache bleibt. Aber natürlich ist auch klar: Antisemitische Vorurteile gehören ähnlich wie andere Formen des Rassismus‘ zur bürgerlichen Ideologie. Niemand kann in dieser Gesellschaft aufwachsen, ohne zumindest Bruchstücke rassistischen, sexistischen oder sonst wie diskriminierenden Denkens verinnerlicht zu haben. Das ist keine Entschuldigung, sich nicht zu reflektieren, sondern gerade der Ansatz dazu. Deswegen sollte man mit sich und zusammen mit den Genossis Reflexionsräume über die eigenen diskriminierenden Anteile ermöglichen, auch wenn man sich dafür erstmal schämt. Aber, wie bereits gesagt, ist in aller Regel der Antisemitismusvorwurf aufgrund von Palästinasolidarität tatsächlich eine bloße Unterstellung und wird nicht selten leichtfertig rausgehauen. Hier kann es helfen, direkt einige gute Antworten parat zu haben, die ich jetzt anhand von 3 beispielhaften Zitaten durchgehen würde.

„Kufiyas wurden auch von Attentätern getragen, dann solidarisiert man sich mit Antisemiten.“

Kufiyas sind sehr weit verbreitet im arabischen Raum und stehen seit dem Nahostkonflikt zumeist für die Solidarisierung mit dem palästinensischen Befreiungskampf. Wir haben hier auch einen eigenen Artikel zu der Geschichte der Kufiya geschrieben. Diese Argumentation, man würde sich mit irgendwem gemein machen, weil man bestimmte Symbolik verwendet, lässt sich auf alles Mögliche übertragen: Die Palästinafahne, bestimmte Parolen, Früchte, teilweise schon überhaupt die Forderung nach einem freien Palästina. Manchmal wird das verbunden mit der Aufforderung, wenn dann doch bitte eigene Symbolik des palästinensischen Widerstands zu verwenden, die nur von linken Kräften verwendet wird. Das ist letztendlich aber ein Versuch, Spaltungslinien innerhalb des Widerstands aufzumachen und folgt einer Logik von Kollektivschuld. Es ist gerade eine Stärke der Solidaritätsbewegung, dass sie bekannte Symbole und Parolen hat. Aufgabe muss es sein, diese mit fortschrittlichem Inhalt zu füllen. Und unsere Solidarität zu zeigen, indem wir sie verbreiten. Alles andere isoliert uns nur. Hat das Gegenüber ein Verständnis für soziale Bewegung, müsste dies einleuchten. Ansonsten müsste man eher darüber gehen, wie auch Symbole unliebsamer Bewegungen medial geframet werden und dass Kollektivschuld in diesem Kontext Unsinn ist.

„Vor 2000 Jahren wurden die Juden dort vertrieben und wenn du ihnen die Rückkehr nicht zugestehst, dann hast du offensichtlich was gegen sie!“

Es kann zwar ganz interessant sein, über die Geschichte der Region zu sprechen und was auch davor und danach dort passiert ist und was die Geschichte des europäischen und arabischen Judentums angeht. Aber es kann gut sein, dass die andere Person einen damit aufs Glatteis führt im Sinne von: „Wenn du die Völkerwanderung der letzten 3000 Jahre nicht nachzeichnen kannst, solltest du besser nichts zum Nahostkonflikt sagen.“ Davon sollte man sich nicht einschüchtern lassen. Klar, irgendwo beginnt die Geschichte und man kann immer weiter zurückgehen und lernt dadurch immer mehr über den Konflikt. Aber zum einen sollte Unerfahrenheit nicht zum Ausschluss aus Debatten führen, zum anderen ist der Konflikt heute sehr präsent und man kann und muss dementsprechend auch im Hier und Jetzt Lösungen finden, diskutieren und erkämpfen. Dementsprechend kann man nicht ein irgendwie historisch konstruiertes Recht hernehmen, um die Vertreibung durch Siedler:innen oder die Besatzung Palästinas und damit sehr reales Leid zu rechtfertigen. Sowieso sollte man aber für offene Grenzen einstehen und das bedeutet auch, dafür einzutreten, dass Jüd:innen ein freies Leben in der Region führen können – aber Palästinenser:innen eben auch.

„Free palestine bedeutet, man will alle Juden ermorden!“ oder „Weil Israel der Schutzraum der Juden ist, ist Antizionismus gleich Antisemitismus.“

In beiden Fällen wird impliziert, dass es unmöglich ist, dass die arabische zusammen mit der jüdischen Bevölkerung im Nahen Osten in Frieden leben kann und es daher absolut notwendig sei, einen militarisierten und unterdrückerischen israelischen Nationalstaat zu haben. In einer Argumentation dagegen könnte man beispielsweise darauf eingehen, inwiefern Antisemitismus und Rassismus aus dem Kapitalismus entstehen und dementsprechend in einem revolutionären Kampf auch wieder aufgelöst werden können. Oder dass Israel als Schutzraum in Wahrheit eine Farce ist und Israel eigentlich einer der gefährlichsten Orte für Jüd:innen überhaupt ist und man sich dementsprechend fragen muss, wie man diesen Status Quo auflöst. So oder so sind solche Argumente ganz oft nach dem Schema „wenn du A sagst, kannst du in den engen Grenzen meines politischen Bewusstseins nur B sagen“ gestrickt und dem sollte man entschlossen widersprechen: Eine andere Welt ist möglich und erreichbar, denn so, wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen.




Frühlingsbeginn in Jordanien?

von Jona Everdeen, April 2024, zuerst veröffentlicht in der Infomail 1250 der Gruppe Arbeiter:innemacht

Die meisten von uns freuen sich vermutlich gerade sehr, dass der Frühling wieder kommt und Sonnenschein und wärmere Temperaturen mit sich bringt. Doch kann es sein, dass die Freude bald noch viel größer ausfällt, wenn auch der Arabische Frühling zurückkehrt und revolutionäre Erhebungen und internationale Solidarität mit sich bringt? Die Massenproteste, die gerade in Jordanien gegen die de facto Unterstützung Israels durch die Haschimitenmonarchie stattfinden, könnten zumindest zum Auslöser eines solches Prozesses werden.

Die Lage in Jordanien

Während die Lage im Land zwischen Jordan und Mittelmeer, in Palästina, noch immer in vielen Medien Thema ist und sich auch in den westlichen Metropolen zahlreiche Menschen mit den Palästinenser:innen solidarisieren, die noch immer unter Israels genozidalem Krieg leiden, erfährt man kaum etwas über das Land östlich des Jordans. Dabei könnten die aktuellen Ereignisse in Jordanien für die Lage in Palästina und der ganzen Region eine große Bedeutung gewinnen.

Seit etwas mehr als einer Woche demonstrieren in unmittelbarer Nähe zur israelischen Botschaft, einer von wenigen überhaupt in einem arabischen Land, täglich zigtausende Jordanier:innen in Amman, der Hauptstadt des Landes. Ihre Forderungen: die Schließung der Botschaft und das Ende der Kooperation der herrschenden Regierung um den Haschimitenkönig Abdullah II. bin al-Hussein mit Israel. Konkret fordern sie auch die Aufhebung des Friedensvertrags zwischen Israel und Jordanien, der 1994 geschlossen wurde und die Beziehungen normalisierte.

Diese Proteste sind nicht die ersten im von König Abdullah II. bonapartistisch regierten Jordanien, so war dieses bereits ein Nebenschauplatz des (ersten) Arabischen Frühlings. Massive Proteste zwangen den König, einige Reformen zuzugestehen, was damals die Lage beruhigen konnte. Im vergangenen Jahr gab es jedoch erneut große Proteste in Jordanien, die sich, wie bereits die des Arabischen Frühlings, gegen die Folgen der Krise richteten, die die Jordanier:innen hart trafen.

Wie in fast allen arabischen Ländern gab es auch hier in den ersten Wochen des Krieges riesige Solidaritätsdemonstrationen mit den Menschen in Gaza. Allerdings litten auch diese unter demselben Problem wie in anderen Ländern, indem sie sich zu großen Teilen nicht gegen die eigenen Regierungen richteten, die, mal mehr, mal weniger versteckt, mit Israel und dessen Verbündeten kooperieren.

Heute sieht das anders aus. Doch nicht nur richten sich die Demonstrationen jetzt in Amman gegen die Politik der Regierung, auch scheinen sie gut organisiert zu sein. So bilden gezielt Ärzt:innen und Anwält:innen die ersten Reihen in der Hoffnung, die Demos so vor Gewalt durch Repressionskräfte zu schützen. Diese antworten nämlich mit Härte. In den letzten Tagen kam es zu zahlreichen Verhaftungen von Demonstrierenden. Doch gelang es auch immer wieder, die Polizei zurückzudrängen. Auch sieht es nicht so aus, als würden sich die Proteste schnell beruhigen, sondern eher, als hätte die Bewegung gerade erst begonnen. Doch wer sind überhaupt die Haschimiten, die in Jordanien die Politik bestimmen? Und in welchem Verhältnis stehen sie zu Israel und der Besetzung und Unterdrückung Palästinas?

Die Haschimiten, Palästina und Israel

Jordanien und Palästina teilen sich nicht nur einen Fluss, sondern auch eine lange, gemeinsame Geschichte. Die Haschimiten spielten in dieser jedoch nie eine rühmliche Rolle. So erlangten sie die Macht über das Gebiet Transjordanien, nachdem sie eine zentrale Rolle in der arabischen Revolte gegen das Osmanische Reich gespielt hatten, welche Britannien nutzen konnte, um die mit Deutschland verbündete Regionalmacht im Ersten Weltkrieg zu besiegen. Anders jedoch als versprochen, wurde das „befreite“ arabische Gebiet nicht unabhängig, sondern in ein französisches und ein britisches Mandatsgebiet aufgeteilt, letztendlich nur ein anderes Wort für Kolonie. So wurde auch Jordanien nicht unabhängig, sondern lediglich zu einem Emirat der Haschimiten, die die Oberhoheit Britanniens anerkannten. Nach der Unabhängigkeit 1946 als Königreich intervenierte Jordanien zwar in den Krieg gegen das neu gegründete Israel, das gerade die Nakba begonnen hatte, allerdings eher aus Machtinteresse denn aus internationaler Solidarität. So verleibten sich die Haschimiten nach dem Krieg, unter Verurteilung anderer arabischer Staaten, die Westbank als eigenes Territorium ein. Im Angriffskrieg Israels gegen seine Nachbarn (Sechstagekrieg) im Jahr 1967 verlor Jordanien zwar die Westbank, seine verräterische Rolle jedoch nicht. In das Land waren nach Beginn der Nakba und im Zuge des Sechstagekriegs hunderttausende Palästinenser:innen geflohen, die einen signifikanten Teil der Bevölkerung stellten. So wurde Jordanien zum Schwerpunkt der PLO, die von hier aus den palästinensischen Befreiungskampf zu organisieren versuchte. Der Haschimitenkönig Hussein I. sah in der nationalistischen PLO eine Gefahr für seine Macht und führte einen brutalen Bürgerkrieg gegen die Palästinenser:innen (Schwarzer September 1970). 1994 dann unterzeichnete Jordanien mit Israel einen Friedensvertrag, der die Beziehungen der beiden Länder normalisierte und die israelische Herrschaft über Palästina anerkannte. Jordanien wurde zum engsten Verbündeten Israels in der Region. Das Haschimitenkönigshaus pflegt ebenfalls enge Beziehungen mit den USA. So unterhält der US- Imperialismus wichtige Militärbasen in Jordanien, die für seine Kontrolle über den Nahen Osten zentral sind.

Doch während das bonapartistische Haschimitenregime, aus Gründen seines Machterhalts, mit den Feind:innen der arabischen Völker klüngelt, sind die jordanischen Menschen mit Palästina solidarisch, nicht zuletzt auch deshalb, weil so viele wie in keinem anderen Land selber ihre Wurzeln in Palästina haben, ihre Großeltern während der Nakba vertrieben wurden und ihre Familienangehörigen heute in Gaza bombardiert oder in der Westbank von Siedler:innen angegriffen werden.

Die Haschimiten haben bisher alles getan zu verhindern, dass die Menschen östlich des Jordans ihre Geschwister westlich des Flusses in ihrem Befreiungskampf unterstützen, haben sich aktiv mit deren Unterdrücker:innen zusammengetan, um ihre Macht zu erhalten und auszubauen. Jetzt ist es an der Zeit, die Macht dieses korrupten Clans endlich zu brechen!

Nur der Frühling kann den Winter beenden

Wenn die Proteste in Jordanien siegen, die mit westlichem Imperialismus und Zionismus kooperierende Bourgeoisie absetzen wollen, muss die Bewegung Organisationen der Gegenmacht aufbauen, sich anders als die Massenproteste des Arabischen Frühlings in den Betrieben und Stadtteilen, an den Schulen, Universitäten organisieren. Die in Jordanien durchaus relevante Gewerkschaftsbewegung kann hier die entscheidende Rolle spielen, denn nur eine massive Mobilisierung der Arbeiter:innenklasse ist in der Lage, einen dauerhaften Sieg des Volkes gegen seine Unterdrücker:innen zu erringen! Dabei könnte diese Bewegung zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: endlich zu einer Politik der internationalen Solidarität und Unterstützung der Palästinenser:innen aus Jordanien führen und auch die Folgen der kapitalistischen Krise für die Bevölkerung reduzieren und deren Lebensbedingungen mittels einer gezielten Planung der wirtschaftlichen Produktion verbessern. Dabei spielen die Gewerkschaften zwar ein wichtige Rolle, aber im Kampf ist es vor allem Zentral, eine politische Kraft, eine Revolutionäre Arbeiter:innenpartei aufzubauen, die den Kampf gegen die Dynastie mit dem Kampf für eine sozialistische Revolution verbindet.

Doch kann dies nicht isoliert geschehen, eine kleine jordanische Arbeiter:innenrepublik wäre kaum lebensfähig, sondern nur als Teil einer erneuten revolutionären Massenbewegung im Nahen Osten und darüber hinaus – letztlich in einer Föderation sozialistischer Staaten des Nahen Ostens.

Während Jordanien vielleicht das extremste Beispiel für Kooperation eines arabischen Landes mit Israel verkörpert, ist es nicht das einzige. Auch Ägypten hat seine Beziehungen mit Israel im späten 20. Jahrhundert normalisiert und trägt die Unterdrückung der Palästinenser:innen faktisch mit. Doch auch Regierungen, die Solidarität mit Palästina vorgeben, tun dies in der Regel nur, um ihre Bevölkerung ruhigzustellen. Von praktischer Solidarität sieht man wenig. De facto haben sich alle Staaten des Nahen Ostens mit der Existenz des israelischen Staates in seiner derzeitigen Form abgefunden, das heißt mit Apartheid und Besatzung, und akzeptieren auch den genozidalen Krieg in Gaza größtenteils, bei lediglich symbolischer Verurteilung. Schließlich will man es sich ja auch nicht mit Israels westlichen Verbündeten verderben. Denn die bonapartistischen Regierungen der Region sind vom Wohlvollen imperialistischer Mächte abhängig, deren Vormachtstellung sie stützen, und von denen sie, im Gegenzug für die Durchsetzung der Ausbeutung der eigenen proletarischen Massen und die Plünderung ihrer Ressourcen durch internationale Konzerne, eine Teil der Beute erhalten.

Für eine sozialistische Föderation des Nahen Ostens!

Diese Unterdrückung beenden können die Ausgebeuteten und Unterdrückten im Nahen Osten, auf der arabischen Halbinsel und in Nordafrika sowie in jeder Region der Welt nur, indem sie ihre eigenen Regierungen stürzen und Regierungen der Arbeiter:innen und Kleinbäuer:innen errichten, die in Räten die Kontrolle über Politik und Wirtschaft übernehmen. Um gegen Imperialismus und von diesem unterstützte Konterrevolution gewappnet zu sein, müssen sich diese zu einer sozialistischen Förderation zusammenschließen und gemeinsame Wirtschaftsplanung und Verteidigung in Form von Arbeiter:innen- und Bäuer:innenmilizen etablieren. So kann ein zweiter Arabischer Frühling die Macht des Imperialismus in der Region brechen und zur Inspiration für Unterdrückte auf der ganzen Welt werden. Die derzeitigen Massenproteste in Jordanien haben zumindest das Potential, eine solche Dynamik anzustoßen.




Bomben „im Namen der Liebe“? Israels Pinkwashing von Vertreibung & Kriegsverbrechen

Von Sani Meier, REVOLUTION Zeitung, Januar 2024

Im November 2023 geht ein Foto des israelischen Soldaten Yoav Atzmoni auf Twitter viral: Vor den Trümmern des zerbombten Gaza-Streifens hält er eine Regenbogenflagge hoch, auf die er in Englisch und Hebräisch die Worte „In The Name of Love“ geschrieben hat. In der Bildbeschreibung erklärt er, die IDF (israelische Armee) sei die einzige Armee im Nahen Osten, die für demokratische Rechte einstehe und in der queere Menschen sein könnten, wer sie sind. Als dieser Artikel geschrieben wurde, hat die israelische Armee in zwei Monaten mehr als 20 Tausend Palästinenser:innen getötet, die jetzige Gazaoffensive gilt bereits jetzt als die zerstörerischste der Geschichte und über zwei Millionen Menschen droht der Hungertod. Wie soll also der Mord an den Palästinenser:innen deren Kampf für LGBTQIA-Rechte unterstützen?

Spoiler: Das tut er nicht. Der angebliche Kampf für die Rechte queerer Menschen soll hier als Rechtfertigung für die Bombardierung des gesamten Gazastreifens und den Massenmord an der palästinensischen Bevölkerung genutzt werden. Man nennt dieses Phänomen auch Pinkwashing: Staaten oder Institutionen nutzen augenscheinlich LGBTQIA-freundliche Politik, um moralisch verwerfliche Handlungen zu verbergen, herunterzuspielen oder sich als „die Guten“ darzustellen. Israel begibt sich in die Rolle des modernen und toleranten Staates, welcher den Fortschritt in die arabische Welt bringe – zur Not eben auch mit Gewalt. Eine Geschichte so alt wie der Kolonialismus. Das Bild, das hier von arabischen Menschen gezeichnet wird, ist zutiefst rassistisch, da es sie als durch und durch queerfeindlich und gewalttätig darstellt. Die israelischen Besatzer:innen stellen sich dem als angebliche Retter der queeren Community entgegen, welche ohne sie keine Chance auf ein sicheres Leben habe. Nicht ohne Grund löste das Foto auf Twitter einen empörten Aufschrei vieler queere Aktivist:innen weltweit aus.

Reale Verhältnisse

Blickt man in die Geschichte Palästinas zurück, so lässt sich erkennen, dass die ersten LGBTQIA-feindlichen Gesetze im Nahen Osten eigentlich dem westlichen Imperialismus zu verdanken sind. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges besetzten Großbritannien und Frankreich die Region und etablierten das Verbot von Homosexualität- „im Namen der Zivilisation“. Mit dem gleichen Argument setzt man heute die eigenen geopolitischen Interessen durch und nutzt queere Menschen als Vorwand.

Pinkwashing kann man aber nicht erst seit dem Beginn des Kriegs gegen Gaza in diesem Jahr beobachten, sondern gehört schon seit Jahrzehnten zur israelischen Staatspolitik. In den letzten Jahrzehnten hat die Regierung über 90 Millionen Euro in den schwulen/lesbischen Tourismus investiert, um das Image des Staates in der westlichen Welt aufzupolieren. Man stellt sich vor allem gegenüber Palästina als sicherer Hafen für homosexuelle Menschen dar, um von den eigenen Menschenrechtsverletzungen abzulenken. Während man sich damit schmückt, vor Verfolgung geflüchtete queere Palästinenser:innen aufzunehmen, duldet man sie in Wahrheit nur auf Zeit, bevor sie in Drittländer abgeschoben werden. Betroffene berichteten außerdem davon, vom israelischen Geheimdienst erpresst worden zu sein. Weigerte man sich, als Informant:in die eigene Community auszuspionieren, wurde mit dem Outing gegen ihren Willen gedroht. Auch in den Schulen werden Gelder für Weiterbildungen der Lehrkräfte und Workshops zum Thema geschlechtliche und sexuelle Diversität einseitig an jüdisch-israelische Schulen vergeben, während palästinensische Schulen, die ebenfalls unter die Befugnis des Bildungsministeriums fallen, leer ausgehen.

Natürlich sehen auch wir die katastrophalen Bedingungen, unter denen queere Menschen in Palästina auch heute noch leben müssen, denn gleichgeschlechtliche Beziehungen zwischen Männern sind gesetzlich verboten und soziale wie religiöse Normen erschweren ein freies und selbstbestimmtes Leben, wenn man nicht heterosexuell und cis ist. Der Kampf für ein freies Palästina muss also auch ein antisexistischer Kampf sein. Doch queere Befreiung wird nicht dadurch erreicht, ein ganzes Volk zu töten und es im Anschluss als ‚befreit‘ zu erklären. Der israelische Staat hat kein Interesse daran, gegen die sexistische Unterdrückung von Palästinenser:innen zu kämpfen, da er diese ebenso unterdrückt wie das gesamte palästinensische Volk. Er vertreibt sie aus ihren Häusern, zerbombt ihre Dörfer, schneidet sie von lebenswichtiger Versorgung ab und seine Poilitiker:innen fordern öffentlich die ‚Auslöschung Gazas‘. Die gesamte israelische Besatzung der letzten Jahrzehnte ist darauf ausgelegt, eine (linke) politische Organisierung der Palästinenser:innen zu verhindern. Das Gebiet Palästinas ist durchsetzt mit illegalen Siedlungen und militärischen Checkpoints, welche die Bewegungsfreiheit der Bewohner:innen stark einschränken, sogar zwischen benachbarten Dörfern. Man trennt die Palästinenser:innen voneinander und verhindert so jedes Potenzial einer Massenmobilisierung. Dies gilt gleichermaßen für politischen Widerstand gegen die Besatzung, als auch für antisexistische Bewegungen. Um sich selbst befreien zu können, müssen (queere) Menschen in Palästina zuerst einmal überleben und nicht jeden Tag in Todesangst vor den Bomben der israelischen Armee überstehen. Ein wahrhaft freies Leben wird es nur jenseits von Besatzung, Vertreibung und Apartheid geben können. Wir müssen diese Kämpfe also zusammenführen: Für ein freies säkulares Palästina, in dem Menschen aller Nationen, Religionen, Geschlechter und sexueller Orientierungen zusammenleben können.




Verhindert ein Massaker in Rafah!

von Dave Stockton, Februar 2024

zuerst erschienen in der Arbeiter:innenmacht-Infomail 1245

Israel steht kurz davor, Rafah anzugreifen, eine Stadt an der ägyptischen Grenze, die zur letzten Zuflucht für mehr als eine Million Palästinenser:innen geworden ist, die aus dem nördlichen und zentralen Gazastreifen vertrieben wurden.

Obwohl Rafah zur „sicheren Zone“ erklärt wurde, werden Schulen, Krankenhäuser und Flüchtlingslager der Stadt seit Beginn des Krieges aus der Luft bombardiert. UN-Generalsekretär António Guterres beschrieb die Bedingungen, unter denen die Menschen in überfüllten Behelfsunterkünften, unter unhygienischen Bedingungen, ohne fließendes Wasser, Strom und angemessene Lebensmittelversorgung leben.

Westlicher Imperialismus

Krankheiten töten Kinder und Erwachsene, die durch die monatelange Hungersnot geschwächt sind, da Israel die Einfuhr von Lebensmitteln und Medikamenten in das Gebiet fast vollständig blockiert. Unter diesen Bedingungen haben die Vereinigten Staaten und neun weitere Länder, darunter das Vereinigte Königreich, einseitig die Finanzierung des UN-Flüchtlingshilfswerks UNWRA eingestellt.

Nach dem wahllosen Abschlachten von rund 30.000 Zivilist:innen hat Präsident Joe Biden mit reichlicher Verspätung eingeräumt, dass „eine Menge unschuldiger Menschen verhungern … und das muss aufhören“. Natürlich könnten die USA Israels Krieg jederzeit stoppen, wenn sie wollten. Dennoch liefern sie weiterhin Israels an Kriegsmaschinerie und nutzen ihr Vetorecht, um es in der UNO zu schützen.

In „normalen“ Jahren stellt Washington Israel rund 3,8 Milliarden US-Dollar an Militärhilfe zur Verfügung, die direkt in die Bewaffnung der IDF-Besatzungstruppen fließen. Das israelische Fernsehen hat Aufnahmen ausgestrahlt, in denen die verheerenden Auswirkungen der von den USA gelieferten Bunkerbomben auf zivile Hochhäuser gezeigt wurden.

Da die USA nicht die Absicht haben, ihren Kampfhund an die Kandare zu nehmen, überrascht es nicht, dass Biden in Rafah zur „Zurückhaltung“ aufruft, ohne dass dies geschieht. Am 7. Februar erklärte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu, es gebe „keine andere Lösung als einen vollständigen und endgültigen Sieg“, und fügte hinzu, er habe den Truppen befohlen, sich in Rafah „auf den Einsatz vorzubereiten“.

Noch bedrohlicher ist, dass er Pläne für die „Evakuierung“ der Zivilbevölkerung bekanntgab. Netanjahu zufolge ist der „totale Sieg“ über die Hamas nur noch wenige Monate entfernt. US-Militärquellen, die in der New York Times zitiert werden, gehen jedoch davon aus, dass Israel nur ein Drittel der Hamas-Kämpfer:innen getötet hat und die Kämpfe im gesamten Streifen weitergehen.

Die Zionist:innen wissen, dass sie die Hamas oder die anderen militärischen Widerstandsorganisationen nicht „liquidieren“ können, ohne die Zivilbevölkerung zu liquidieren, deren Unterdrückung für einen unerschöpflichen Nachschub an neuen Rekrut:innen sorgt.

Ethnische Säuberung

Es ist diese einfache Wahrheit, die die gesamte Dynamik des israelischen Krieges in Gaza in eine Kampagne der ethnischen Säuberung, eine zweite Nakba, führt. Tatsächlich wurde dieses Ergebnis von israelischen Minister:innen, die zur Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung und ihrer Ersetzung durch israelische Siedler:innen aufgerufen haben, offen propagiert. Netanjahu selbst, dessen Regierung auf der Unterstützung dieser Extremist:innen beruht, hat erklärt, dass die Sicherheit im Gazastreifen in den Händen der IDF verbleiben müsse – also eine Rückkehr zur militärischen Besatzung.

Weltweit haben Massendemonstrationen, wie sie seit denen gegen die Invasion im Irak 2003 nicht mehr stattgefunden haben, Israels Verbündete, allen voran die USA, Großbritannien und Deutschland, zweifellos dazu gezwungen, ihre bedingungslose Unterstützung für den Krieg des Landes verbal zu drosseln.

Doch während Israels Verbündete aus Angst, ein Massaker in Rafah könnte das Pulverfass Nahost zum Explodieren bringen, zur „Zurückhaltung“ mahnen, weigern sie sich, einfache Maßnahmen zu ergreifen, die den Krieg über Nacht beenden könnten: Aussetzung aller militärischen und finanziellen Hilfen, Verhängung von Sanktionen und Durchsetzung wiederholter UN-Resolutionen.

Anstatt Israels rachsüchtige Kampagne der ethnischen Säuberung zu verurteilen, greifen sie die wachsende Solidaritätsbewegung an. Gesetzliche Verbote der BDS-Kampagne werden im Eiltempo durch die Parlamente gebracht, und unbegründete Anschuldigungen des Antisemitismus werden von den Medien der Bosse in einer Hexenjagd eingesetzt, um Kritiker:innen Israels zum Schweigen zu bringen.

Doch das Schicksal der Palästinenser:innen muss und darf nicht in die Hände ihrer Unterdrücker:innen gelegt werden. Mit einem Schlag könnte die ägyptische Arbeiter:innenklasse den Suezkanal schließen und die gesamte imperialistische Wirtschaft über Nacht hart treffen. Ebenso könnten die organisierten Arbeiter:innenbewegungen in den USA, im Vereinigten Königreich und in Europa ihre eigenen Sanktionen gegen Israel verhängen: sich weigern, alle Waffen und Waren zu transportieren, die aus Israel stammen oder für es bestimmt sind. Investitionen, Forschung und kulturelle Zusammenarbeit mit dem zionistischen Staat sollten von vornherein abgelehnt werden, nach dem Grundsatz: Keine Zusammenarbeit mit der Besatzung!

Am 16. Oktober 2023 hat die palästinensische Gewerkschaftsbewegung einen solchen Aufruf an die weltweite Arbeiter:innenbewegung gerichtet. Es ist ein beschämendes Armutszeugnis für die reformistischen Gewerkschaftsführungen, dass sie, von einigen wenigen ehrenwerten Ausnahmen abgesehen, keinen Finger krummgemacht haben. Viele haben sich sogar schwergetan, den Krieg unmissverständlich zu verurteilen.

Die Arbeiter:innenklasse in den Ländern, die Israel mit Waffen und diplomatischem Schutz versorgen, hat eine besondere Pflicht zu handeln. Dies ist nicht nur der Krieg Israels. Es ist ein kolonialer Krieg, der auch unter Beteiligung mehrerer westlicher imperialistischer Mächte geführt wird.

Der Sieg Israels in diesem Krieg stärkt die Position des westlichen Imperialismus und damit die Stärke, das Selbstvertrauen und die Kampfeslust unserer herrschenden Klassen. Deshalb ist der Kampf der Palästinenser:innen auch unser Kampf; deshalb müssen wir unsere Anstrengungen verdoppeln, um für internationalistische Aktionen der Arbeiter:innenklasse zu kämpfen, um den Krieg zu beenden und den Sturz der gesamten vom Imperialismus unterstützten Ordnung im Nahen Osten zu beschleunigen, beginnend mit der Zerschlagung des israelischen Staates, der Errichtung eines bi-nationalen demokratischen und sozialistischen Staates in ganz Palästina und durch eine sozialistische Revolution im Nahen Osten.




Wie befeuert der Nahostkonflikt Rassismus und Antisemitismus in Deutschland?

Von Urs Hecker, REVOLUTION Zeitung, Januar 2024

Seit dem 7.Oktober geht eine immer stärkere Welle des anti-muslimischen Rassismus durch Deutschland, welcher oft mit dem Kampf gegen den Antisemitismus begründet wird. In einem neuen Podcast titelt die Tageszeitung „die Welt“ „free Palestine“ sei das „neue Heil Hitler.“ Die CDU veröffentlicht einen Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm, in dem sie erklärt: „nur wer sich zur Leitkultur bekennt kann sich integrieren und ein deutscher Staatsbürger werden“ Zu dieser „Leitkultur“ soll laut CDU auch die Anerkennung des „Existenzrechts Israels“ zählen. Aber auch die „linken“ bürgerlichen Parteien beteiligen sich an der rassistischen Rhetorik. Neben der rassistischen Politik und Rhetorik der bürgerlichen Parteien und Medien, steigt aber auch die Zahl antisemitischer Aktionen. Es wurden zum Beispiel die Häuser von Jüd:innen in Berlin mit Davidsternen beschmiert.

Um Antisemitismus und Rassismus und ihre Funktion in der kapitalistischen Gesellschaft zu verstehen, müssen wir uns mit der Geschichte beider auseinandersetzen. Der „moderne“ Antisemitismus entwickelte sich aus dem Antijudaismus des Mittelalters. In der ständischen Gesellschaft des Mittelalters mit ihren starren ökonomischen Strukturen übernahmen Jüd:innen eine ökonomische Sonderrolle und waren vor allem als Kaufleute oder im Geldverleih tätig. In der neu entstehenden dynamischen kapitalistischen Gesellschaft verloren Jüd:innen ihre Sonderrolle und wurden immer mehr in prekäre Lebensbedingungen gedrängt. Sie wurden von den neuen Herrschenden von nun an als Sündenböcke verfolgt bzw. benutzt, um die Wut des von Abstiegsängsten geplagten Kleinbürger:innentums zu befriedigen und dem wachsenden und sich bewusst werdenden Proletariat seine revolutionäre Richtung zu nehmen. Der Kapitalismus wurde als eigentlich funktionierendes System dargestellt und die „fremden Jüd:innen“ seien Schuld an Verelendung, Korruption, Krise und Revolution. Besonders das zaristische Russland, in dem ein Großteil der jüdischen Bevölkerung lebte, verbreitete aufgrund der revolutionären Lage im Land besonders aggressiv Antisemitismus. So erfand seine Geheimpolizei die „Protokolle der Weisen von Zion“, wonach eine jüdische Weltverschwörung hinter den Revolutionen der Welt stecke. Und so popularisierte die weiße Reaktion die „jüdisch – bolschewistische Weltverschwörung.“ Diese Verschwörungsmythen fanden großen Anklang bei Reaktionären weltweit und wurden so in Deutschland mit dem generell grassierenden Antisemitismus verbunden zum Vernichtungsantisemitismus der Nazis, welcher in der Shoa seinen barbarischen Höhepunkt fand.

Rassismus wie wir ihn heute kennen entstand dagegen zuerst in den imperialistischen Ländern und ihren Kolonien, zusammen mit dem bürgerlichen Nationalismus. Er wurde zum einem genutzt, um Sklaverei sowie die Überausbeutung und Genozid an den indigenen Bevölkerungsgruppen zu rechtfertigen und zu begründen. Zum anderen war sein Zweck zusammen mit dem Nationalismus eine Identifikation der Arbeiter:innen mit ihren nationalen Bourgeoisien in den imperialistischen Ländern und ihren Siedlungskolonien zu schaffen. Dies gelang zuerst in den Siedlungskolonien, allen voran in den heutigen USA, da hier die einwandernden Arbeiter:innen von Landnahme, Genozid und Sklaverei profitierten und ihre Dasein als Lohnabhängige oft nur zeitlich beschränkt war. Nach einigen Jahren des Lohnarbeitens winkte das eigene durch Landraub in Besitz genommene Stück Land im Westen. Dieses kleinbürgerliche Bewusstsein breitet sich mit Beginn der imperialistischen Epoche in privilegierten Teilen der Arbeiter:innenklasse erst in Großbritannien und später in allen anderen imperialistischen Ländern, so auch Deutschland, aus. Die materielle Basis hierfür war, dass sich die imperialistischen Bourgeoisien durch die Stärke der Arbeiter:innenklasse gezwungen sahen, ihr Zugeständnisse zu machen, wovon die besonders gut organisierten Teile der Arbeiter:innenklasse stark profitierten. Diese Zugeständnisse waren und sind aber erst durch die besonders starke Ausbeutung anderer Teile der Arbeiter:innenklasse (meistens in den Halbkolonien und/oder aus diesen migrierte Arbeiter:innen) möglich. So ist zum Beispiel der „Sozialstaat“ durch Steuern auf die Superprofite finanziert, welche imperialistische Unternehmen in den Halbkolonien erzielen. Dies führte dazu, dass das falsche Bewusstsein des Nationalismus und der „gemeinsamen nationalen Interessen“ der Arbeiter:innen und „ihrer“ nationalen Bourgeoisie entstand. Dieser privilegierte Teil der Arbeiter:innenklasse in den imperialistischen Ländern, die sogenannte Arbeiter:innenaristrokratie, war und ist dominierend in den großen Arbeiter:innenparteien und Gewerkschaften, womit sich ihr falsches Bewusstsein auf den Großteil der Klasse ausbreiten konnte. In Deutschland richtete sich der Rassismus zuerst vor allem gegen die national unterdrückten slawischen Arbeiter:innen Ost- und Mitteleuropas, da diese vom deutschen Imperialismus national unterdrückt wurden und einen Großteil der frühen Arbeitsmigrant:innen darstellten. Dieser anti-slawische Rassismus spielte zusammen mit dem Antisemitismus eine zentrale Rolle in der Nazi-Ideologie und war entscheidende Rechtfertigung für den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. Als in den 50er und 60er Jahren immer mehr Arbeitsmigrant:innen aus südeuropäischen und westasiatischen Ländern in die BRD einwanderten, entwickelte sich auch ein starker Rassismus gegen diese, wobei sich hier vor allem auch der anti-muslimische Rassismus herausbildete, welcher durch den sogenannten „Krieg gegen Terror“ massiv befeuert wurde. Die sogenannten „Gastarbeiter“ besaßen so gut wie keine Rechte und wurden lange von den großen Gewerkschaften ausgeschlossen. Seitdem wurde der anti-muslimische Rassismus nur stärker in Deutschland, obwohl einige Rechte erkämpft werden konnten. Anti-muslimischer Rassismus genießt weiterhin eine hohe Popularität innerhalb des (Klein)Bürger:innentums und unter reaktionären Teilen der Arbeiter:innen.

Heute wird oft von „importierten Antisemitismus“ gesprochen, um Migrant:innen den Antisemitismus in Deutschland in die Schuhe zu schieben. Das ist großer Unfug und extrem gefährlich. Der Großteil aller antisemitischen Straftaten in Deutschland wird von Rechten begangen und zuletzt in der Corona-Pandemie gingen noch zehntausende Deutsche unter antisemitischen Parolen auf die Straße. Solidarität mit Palästina ist kein Antisemitismus, wie wir auch schon in anderen Artikeln erklärt und begründeten. Dennoch stimmt es, dass auch einige offen antisemitische Rechte sich vordergründig palästinasolidarisch geben. Sie Kritik am Staat Israel, um antisemitische Hetze zu verbreiten, indem sie Jüd:innen und den Staat Israel gleichsetzen. Oft wird Israel in der Tradition antisemitischer Verschwörungstheorien als Zentrum der jüdisch (-bolschewistischen) Weltverschwörung gesehen. Ihnen geht es also gar nicht um die Freiheit der Palästinenser:innen, sondern nur darum, Antisemitismus zu verbreiten.
Es soll hier jedoch nicht verschwiegen werden, dass auch einige palästinasolidarische Menschen antisemitischen Denkmustern anhängen, indem sie z.B Israel mit Jüd:innen gleichsetzen (wie es ja selbst der deutsche Staat tut) und/oder behaupten, die westlichen Imperialist:innen seien vom Zionismus gesteuert und damit die realen Verhältnisse auf den Kopf stellen. Diese Positionen resultieren aber, im Gegensatz zu den deutschen Rechten, aus berechtigter Wut gegenüber der israelischen Besatzungspolitik, im Zuge derer aber falsche Schlüsse gezogen und rechten und bürgerlichen Mythen geglaubt wurde. Wir wollen diese Einstellung hier aber natürlich nicht verharmlosen, sie ist falsch und stellt eine reale Gefahr für Jüd:innen dar. Sie ist aber nicht Teil der Palästinasolidarität als solcher und es ist unsere Aufgabe als Revolutionär:innen diesen Einstellungen in der Bewegung entgegenzutreten.

Trotz dessen nimmt der anti-muslimische Rassismus weiter zu! Wir erleben eine schärfere Einschränkung migrantischer Rechte, eine immer rassistischere Hetze der bürgerlichen Medien und den bundesweiten Aufstieg der AfD, wobei sich auch die klassischen bürgerlichen Parteien nach rechts bewegen und immer rassistischer vorgehen. Die außenpolitische Unterstützung für Israel wird im Inneren genutzt, um Migrant:innen pauschal Antisemitismus vorzuwerfen und somit ihre Entrechtung zu begründen. In Sachsen-Anhalt wurde vor kurzem das Bekenntnis zum Existenzrecht Israels Teil der Voraussetzungen zur Einbürgerung von Migrant:innen, Faeser spricht davon, „kriminelle“ Migrant:innen abzuschieben und die CDU fordert, dass bundesweit ein Bekenntnis zu Israel Voraussetzung für eine Einbürgerung wird, bzw. dass Migrant:innen sogar ihre Staatsbürger:innenschaft entzogen werden soll, wenn sie sich palästinasolidarisch äußern.
Natürlich wird der Rassismus in Bezug auf Palästinasolidarität auch genutzt, um die „Heimatfront“ ruhig zu halten, Deutschland unterstützt Israels Genozid aus seinen imperialistischen Interessen heraus und will den Dissens so marginal wie möglich halten. Hier wird der Rassismus genutzt, um Palästinasolidarität als etwas Fremdes, nicht-Deutsches darzustellen und unseren Protest zu isolieren und die deutsche Mehrheitsgesellschaft dagegen aufzubringen. Auch migrantische Gruppen, die palästinensisch oder palästinasolidarisch sind, erfahren besonders harte Repression, wie Samidoun oder Zora.
Der Rassismus und die Entrechtung dienen dem deutschen Kapital. Denn so können sie migrantische Arbeiter:innen noch stärker ausbeuten, sie politisch kaltstellen und die Arbeiter:innenklasse als Ganzes weiter spalten, Solidarität unterbinden und die Kampffähigkeit massiv schwächen. In der aktuellen Krise ist das für das deutsche Kapital besonders nötig, weswegen sich diese Politik auch weiter verschärfen wird.

Wir müssen also konsequent gegen Rassismus und Antisemitismus kämpfen!

Dazu müssen wir uns gegen den bürgerlichen Staat, seine Staatsräson und gegen den generellen Rechtsruck der bürgerlichen Gesellschaft stellen! Beide Formen der Diskriminierung haben ihre materielle Basis im kapitalistischen System und können nur mit diesem überwunden werden. Wir müssen auch gegen das falsche rassistische und antisemitische Bewusstsein innerhalb der Arbeiter:innenklasse kämpfen! Dazu müssen wir hier in Deutschland den palästinensischen Befreiungskampf, antirassistische – und antifaschistische Kämpfe vorantreiben und unterstützen! Wir müssen diese in unsere Schulen, Unis und Betriebe tragen und den Schulterschluss mit Arbeitskämpfen, wie denen am Hamburger Hafen, suchen. Wir müssen eine revolutionäres Programm der Jugend und der Arbeiter:innen vertreten, denn nur im Kampf mit dem System können Rassismus und Antisemitismus besiegt werden!




Offener Brief an die Klimabewegung in Deutschland

Erstunterzeichnende/First signatories

Organisationen/Organisations:

REVOLUTION Germany, palestine speaks, pa_allies, MigrAntifa Braunschweig, Jüdische stimme für gerechten Frieden im nahen Osten, Ende Gelände Düsseldorf, FightforFalastin, Gruppe ArbeiterInnenmacht

Einzelpersonen/Persons:

Betül Çınar, Hasan Özbay(@migrantischewut), Georg Ismael, Ela Sommer 

Hier könnt ihr auch unterzeichnen:

https://docs.google.com/document/d/1OLa9YQBTulQA-AdZz8QPC7QaxaLKqkbVmUgTxcQzU54/

-english below-

Offener Brief an die Klimabewegung in Deutschland

Liebe deutsche Klimabewegung,

hiermit distanzieren wir uns von Fridays for Future Deutschland. Unter dem Deckmantel einer Stellungnahme gegen Antisemitismus hat FFF-Deutschland in den vergangenen Wochen mehrmalsdie Sache eines gemeinsamen, globalen Kampfes gegen die Klimakrise und für Gerechtigkeit & Freiheit verraten. Sie brechen dadurch nicht nur das Vertrauen der anderen FFF-Sektionen, die sich seit dessen Beginn gegen einen genozidalen Krieg in Gaza gestellt haben. Sie lassen auch herzlos die Menschen Palästinas im Stich und damit nicht nur von Krieg und Besatzung, sondern auch von der Klimakrise „most affected people and areas“. Wir sind der Meinung, dass Klima-Aktivismus ohne Internationalismus nicht funktionieren kann! Imperialistische Länder wie Deutschland oder USA exportieren Klimaschäden in die Länder des Globalen Südens, die in künstlicher Abhängigkeit gehalten werden. Dies geschieht z.B. indem besonders umweltschädigende Abschnitte von Produktionsketten in diese Länder verlegt werden oder indem direkt Müll und giftige Abfälle dort abgeladen werden. Es sind auch diejenigen, die am härtesten durch Dürren und Überschwemmungen, das Artensterben oder den steigenden Meeresspiegel bedroht sind, während ihnen die Mittel, sich dagegen zu schützen, verwehrt bleiben. Die Antwort darauf kann nur in einer internationalen Bewegung bestehen. Wir dürfen nicht auf die Taschenspielertricks der deutschen Regierung reinfallen, wenn sie uns ihren Green New Deal verkaufen wollen. Und genauso wenig, wenn sie über das „Selbstverteidigungsrechts Israels“ reden, es in Wirklichkeit jedoch nur um geopolitische und wirtschaftliche Interessen geht. FFF International veröffentlichte schon im Oktober ein Statement, in welchem sie sich solidarisch mit dem palästinensischen Kampf, dem Widerstand, der Befreiung und der Selbstverteidigung erklären. Sie schreiben sehr deutlich, dass sie im Angesicht von Aggression, Genozid und Faschismus nicht neutral bleiben können. Sie benennen die Besatzung als Resultat eines kolonialen Prozesses, angestoßen durch die westlichen Imperialmächte, damit diese ihre geopolitischen Interessen umzusetzen. FFF international schreibt deutlich, dass sie nicht schweigen werden, während die westlichen Mächte den Genozid in Palästina beklatschen. Wir unterstützen dieses klare Statement der internationalen Strukturen und lehnen die Position des deutschen Verbands und die unfundierte und politisch nicht begründete Abgrenzung von den internationalen Strukturen ganz klar ab. Außerdem solidarisieren wir uns mit dem Aktivisten Hasan, der für die Internationalen Statements verantwortlich gemacht wurde und dann von diesen Medien angegriffen wurde. Diese Hetzkampagne unterstützt Fridays for Future Deutschland. Wir sehen, wie FFF Deutschland Hand in Hand mit dem Deutschen Staat für Israel kämpft.

Nachdem FFF Deutschland schon seit Jahren linke oder antikapitalistische Kräfte systematisch aus der Bewegung drängt, zeigen sie mit diesen Statements erneut, dass antikapitalistische und antiimperialistische Positionen in dieser Bewegung nicht zur Diskussion stehen. Die Nutzlosigkeit von fünf Jahren Appellen an die Politik und das Nachlassen der Mobilisierungen in Folge dessen führen offenbar nicht zu einem radikalen Bruch mit dem deutschen Klimaimperialismus, sondern zu fortgesetzter Anbiederung an Grüne &Co.

Wir rufen alle linken Kräfte in der Klimabewegung, die dieser Kritik zustimmen, auf, den offenen Brief

zu unterstützen und zu teilen. Tretet mit uns in Kontakt und lasst uns gemeinsam in Diskussion treten, wie die Klimabewegung mit antikolonialen Kämpfen weltweit verbunden werden kann und wie wir vom Kuschelkurs mit dem Grünen Kapitalismus hin zu einem vereinten Kampf für Klimagerechtigkeit und Befreiung international kommen.

Dafür wollen wir uns schon am 24.02.24 um 10 Uhr in Berlin treffen, um darüber gemeinsam zu diskutieren und uns zu vernetzen! Wenn ihr kommen wollt, gebt uns Bescheid. 

Wann: 24.02.24 // 10 Uhr 

Wo: Rungestr. 20, 10179 Berlin

Brief unterschreiben?! Hier.

Open letter to the climate movement in Germany

Dear German climate movement,

We hereby distance ourselves from Fridays for Future Germany. Under the guise of a statement against antisemitism FFF Germany has repeatedly betrayed the cause of a common, global fight against the climate crisis and for justice & freedom. In doing so, they are not only breaking the trust of the other FFF sections, which have fought against a genocidal war in Gaza since its inception. They also heartlessly abandon the Palestinian people and thus not only the people most affected by war and occupation, but also the people most affected by the climate crisis.

We are of the opinion that climate activism cannot work without internationalism!

Imperialist countries like Germany or the USA export climate damage to the countries of the Global South, which are kept in artificial dependency. This happens, for example, by transferring particularly environmentally damaging sections of production to these countries or by dumping waste and toxic waste there directly. It is also these countries which are hit hardest by droughts and floods, the extinction of species or rising sea sea levels, while at the same time they are denied the means to protect themselves against these catastrophes. The answer to this can only be an international movement. We must not fall for the not fall for the sleight of hand of the German government when they try to sell us their Green New Deal. And just as little when they talk about Israel’s „right to self-defense“, while in reality it’s all about geopolitical and economic interests. FFF International published a statement back in October in which it expressed its solidarity with the Palestinian struggle, resistance, liberation and self-defense. They write very clearly that they cannot remain neutral in the face of aggression, genocide and fascism. They name the occupation as the result of a colonial process, initiated by the Western imperial powers to realize their geopolitical interests. FFF international writes clearly that they will not remain silent while the Western powers applaud the genocide in Palestine.

We support this clear statement by the international structures and reject the position and the politically unfounded distancing from the international structures by FFF Germany. We also show our solidarity with the activist Hasan, who was made responsible for the international statements by the German media and was then attacked by this same media. A smear campaign is supported by Fridays for Future Germany. We see how FFF Germany fights hand in hand with the German state for Israel.

FFF Germany has been systematically pushing left-wing or anti-capitalist forces out of the movement for years. They show once again with these statements that anti-capitalist and anti-imperialist positions are not up for discussion in this movement. The uselessness of five years of appeals to politicians and the decline in mobilizations as a result of this are obviously not leading to a radical break with German climate imperialism, but to continued pandering to the Greens etc.

We call on all left forces in the climate movement who agree with this criticism to support and share the open letter. Get in touch with us and let’s get together to discuss how the climate movement can be linked to anti-colonial struggles worldwide and how we can move from cuddling up to green capitalism to a united struggle for climate justice and liberation internationally.

For this we want to meet on February 24th at 10am in Berlin to discuss this together and to network! If you want to come, let us know. 

When: 24.02.24 // 10:00

Where: Rungestr. 20, 10179 Berlin

Wanna sign the letter? Here.




Der Genozid als Brennpunkt globaler Machtkämpfe

Von Lia Malinovski, Dezember 2023/Januar 2024, REVOLUTION Zeitung

Die globale Konkurrenz unter den großen Mächten verschärft sich zusehend. Sichtbar ist es in zunehmenden Rivalitäten zwischen zwei Polen der Weltordnung: USA und China, um die herum sich Blöcke bilden. Dieser Prozess ist nicht abgeschlossen, verstärkt sich aber zunehmend mit den zunehmenden globalen Konfliktherden. Schon vor dem Krieg in der Ukraine und vor dem Genozid in Gaza gab es Tendenzen der Deglobalisierung. Internationale Wertschöpfungsketten wurden und werden zunehmend aufgespalten in die einzelnen Einflussbereiche der Imperialistischen Zentren. Wirtschaftlich und politisch hat sich im Zuge des Ukraine-Krieges relativ klar ein „westlicher“ Block bestehend aus EU, USA und Japan gebildet, sowie eine zunehmende Blockbildung rund um China und Russland. Dieser Prozess wird teilweise verstärkt durch die Ereignisse im Nahen Osten.

Hauptantagonismus USA – China

Rund um den 7. Oktober und die darauffolgende Bombardierung und Bodenoffensive in Gaza unterscheiden sich die Positionen von USA und China massiv. So unterstützen die USA Israel nahezu bedingungslos, während China eher eine vermittelnde Rolle einnehmen will und kritisiert dabei mitunter Israel scharf. In einem Positionspapier von Ende November fordern sie eine Waffenruhe, Schutz von Zivilist:innen und eine Stärkung der UN. Politisch dürfte dabei das Ziel Chinas sein, vor dessen internationalen Partner:innen die Doppelmoral der USA aufzuzeigen, die sich beim Krieg in der Ukraine voll und ganz auf die Seite der Ukraine, in dem Fall der Unterdrückten, in Palästina aber auf die Seite Israels, also der Unterdrücker, stellen. China gibt sich dabei gerne als der große Fürsprecher der sogenannten dritten Welt, wo der Parteinahme für Palästina relativ weit verbreitet ist, und dadurch diese ideologisch an sich zu binden. Damit verbunden ist vermutlich die Hoffnung, sich sowohl weltweit als auch in der Region politisch, wie wirtschaftlich stärker zu verankern und den Einfluss der USA zurückzudrängen.

Die USA verfolgen hingegen eher das Ziel, ihre Stellung im Nahen Osten nicht zu verlieren. Insbesondere ist für den US-Imperialismus Israels Bedeutung als dessen Außenposten dabei entscheidend, da die USA so größeren Einfluss auf die Politik im Nahen Osten nehmen kann. Gleichzeitig hat die USA aber auch kein Interesse daran, dass sich der „Konflikt“ stärker ausbreitet und zu einem regionalen Krieg entfachen könnte, sondern hoffen auf eine schnelle Lösung der aktuellen Situation. In den letzten Jahrzehnten lief nämlich ein Prozess, in dem recht geräuschlos einige benachbarten arabischen Staaten ihre Verhältnisse zu Israel und den USA normalisiert haben. Ein Krieg würde diesen Prozess zurückwerfen und damit auch die Stellung des US-Imperialismus. Dazu kommen auch militärische Überlegungen: Für den Krieg in der Ukraine wurde teilweise aus Israels Waffenlagern Artillerie für die Ukraine versprochen, die durch die Eskalation nun nicht mehr dorthin kann, sondern von Israel gebraucht wird. Sollte der Konflikt also lange weitergehen oder sogar zu einem regionalen Krieg ausarten, würde das für die Ukraine bedeuten, deutlich weniger Unterstützung seitens der USA zu bekommen. Damit würde aber das Ziel, Russland politisch und wirtschaftlich so zu schwächen, dass es für längere Zeit aus dem internationalen Geschäft und der bevorstehenden Neuaufteilung der Welt rausgehalten werden würde, zunichte gemacht oder zumindest deutlich schwerer zu erreichen.

Auch sorgt die Eskalation dafür, dass die USA ihrem außenpolitischen Fokus auf den „großen Feind“ China weniger Aufmerksamkeit schenken kann. In einer potenziellen Eskalation des Konfliktes zwischen USA und China, insbesondere rund um Taiwan, könnte die Reaktion verlangsamt sein, weil die anderen Brandherde gerade schon so viel Raum einnehmen. Dass das nicht im Interesse der USA ist, erklärt die Versuche, humanitäre Feuerpausen zu erreichen und Israel zur Zurückhaltung zu ermahnen.

Krise der EU

In der EU ist, anders als beim Ukraine-Krieg, die Positionsfindung ziemlich schwierig. Innerhalb der EU gibt es Staaten, die eine Unterstützung Israels klar ablehnen und stattdessen für einen sofortigen Waffenstillstand sind, andere Staaten, insbesondere Deutschland und Österreich, sprechen sich gegen einen Waffenstillstand und halbherzig für „humanitäre Pausen“ aus. Speziell Irland und Spanien stellen sich offen auf die Seite der palästinensischen Zivilbevölkerung und polemisieren gegen die israelische Offensive. Frankreich nimmt eine schwankende Rolle ein, wirbt zwar für einen Waffenstillstand, aber auch für eine Unterstützung Israels. Die seit Jahren vorherrschende Krise der EU wird aktuell vertieft durch die Debatte um Palästina.

Wir sehen, dass sich der Hauptantagonismus zwischen den USA und China/Russland auch in der Frage zu Palästina weiter verschärft, während sich innerhalb der EU und des „westlichen Blocks“ zunehmend Risse auftun. Ob diese Risse dazu führen werden, dass sich einzelne Staaten vom US-Imperialismus abwenden oder nicht, kann nicht abschließend beantwortet werden. Es darf jedoch bezweifelt werden, da Gaza zwar eine hohe moralische und politische Bedeutung hat, aber im Gegensatz zu den Konflikten um die Ukraine oder um Taiwan keine besonders hohe wirtschaftliche. Dennoch sollten Revolutionär:innen auch das im Auge behalten, um so Brüche innerhalb der imperialistischen Cliquen zu verschärfen und den Klassenkampf voranzutreiben.

Deutschland und seine „Staatsräson“

Im Gegensatz zur EU steht die deutsche Bourgeoisie geschlossen hinter Israel. Die „Staatsräson“ ist uns allen bekannt. „Israels Sicherheit ist nicht verhandelbar“ – so oder so ähnlich äußern sich alle relevanten deutschen Politiker:innen zu der Offensive der Hamas am 7. Oktober, sowie zu den Massakern, die Israel nun begeht. Anders als noch beim Ukraine-Krieg gibt es keine Stimmen, die das infragestellen. Von AfD bis LINKE sind sich alle einig. Und das nicht ohne Grund: Zum einen, wie wir auch schon an anderer Stelle erklären, kann sich Deutschland mit der Unterstützung des Zionismus als Staat präsentieren, der aus seiner Vergangenheit, dem Holocaust, gelernt hat. Zum anderen hat Deutschland gute wirtschaftliche Beziehungen zu Israel und profitiert, ähnlich wie die USA, von dessen geopolitischer Rolle. Nicht umsonst wurden die Waffenexporte an Israel seit Oktober 2023 verdreifacht – von etwa 100 Millionen Euro auf etwas über 300 Millionen. In Deutschland gibt es auch kaum Teile der Bourgeoisie, die ein Interesse darin hätten, dass Israel geschwächt wird, anders als im Krieg in der Ukraine, wo Teile der deutschen Bourgeoisie ein Interesse daran hatten, zumindest die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland nicht völlig zu zerstören.

Das erklärt auch die massiven Angriffe auf die demokratischen Rechte, insbesondere von migrantischen Personen und Organisationen. Man will das Bild wahren, voll und ganz, geschlossen hinter Israel zu stehen. Aber das tut die deutsche Gesellschaft nicht. Insbesondere in migrantischen Communities findet sich große Unterstützung für das palästinensische Volk und dessen Befreiung. Und der deutsche Staat reagiert entsprechend darauf mit massiven Repressionen: Verbote von Organisationen wie Samidoun, Hausdurchsuchungen bei mehreren Organisationen, die sich auf die Seite Palästinas stellen, monatelange Verbote von Demonstrationen, teilweise sogar das Verbot von Gebeten und der Ausübung der Religionsfreiheit für muslimische Menschen.

Kampf dem Rechtsruck, Kampf dem Imperialismus!

Für uns als Revolutionär:innen und Internationalist:innen bedeutet all das, dass wir, wenn wir es ernst meinen mit unserer Solidarität mit dem palästinensischen Volk, uns entschlossen gegen den deutschen Imperialismus stellen müssen. Wir können und müssen uns ein Beispiel an den Arbeiter:innen Englands, Belgiens und Italiens nehmen, die Waffenlieferungen bestreikt haben. Wir müssen offensiv die Doppelmoral Deutschlands in der Unterstützung Israels aufzeigen, dass es nicht um den notwendigen Schutz von jüdischem Leben geht, sondern um die Unterstützung eines rassistischen Projektes. Aber genauso müssen wir diesen Kampf mit einem Kampf um unsere demokratischen Rechte verbinden. Gegen die rassistischen Organisations- und Demonstrationsverbote, gegen den massiven Rechtsruck und für Selbstschutzmilizen für alle Unterdrückten, um sich gegen ihre Unterdrücker zur Wehr zu setzen. Das gilt es in die Gewerkschaften, in die sozialen Bewegungen und in die reformistischen Parteien zu tragen und darum zu kämpfen.




10 Forderungen für den palästinensischen Befreiungskampf

Dezember 2023

Seit dem 7. Oktober findet ein erbarmungsloser Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung statt. Gefangen in einem Freiluftgefängnis haben die Bewohner_innen keine Möglichkeiten zur Flucht vor dem Tod durch Bomben oder die Bodentruppen der IDF. Israels Regierung stellt diesen Staatsterror kaum widersprochen als Akt der „Selbstverteidigung“ dar. Dabei sind sie nicht die einzigen, die mit Rassismus und Nationalismus die Bevölkerung hinter sich vereinen. Auch in imperialistischen Ländern wie Deutschland wird jegliche Palästina-Solidarität kriminalisiert und unter dem Vorwand des Kampfes gegen Antisemitismus findet eine zutiefst rassistische Politik statt, in welcher Migrant_innen als die Übeltäter gelten. Wir möchten hiermit 10 Forderungen aufstellen, die wir zum einen in Palästina und dann in Deutschland diesen Verhältnissen entgegensetzen.

In Palästina: 

1. Sofortiges Ende der brutalen und kriegsverbrecherischen Angriffe auf Gaza! Aufhebung der Blockade! Abzug aller Truppen der IDF aus Gaza und Westbank! Für die Freilassung aller Gefangenen! 

Nach der kurzen Waffenruhe, gehen die Angriffe in unverminderter Härte weiter und die IDF unter der Führung einer ultrarechten Regierung haben keine Probleme damit, abertausende Zivilist_innen zu ermorden und die dort lebende Bevölkerung als Tiere zu bezeichnen. Das sofortige Ende der brutalen und kriegsverbrecherischen Angriffe auf Gaza ist dabei mehr als die Forderung nach einer erneuten Waffenruhe! Eine unbefristete Waffenruhe und ein Durchlassen der Hilfslieferungen sind in der aktuellen Situation überlebensnotwendig für die Bevölkerung, jedoch beendet dies nicht Besatzung, sondern bedeutet, dass die jetzigen Konflikte eingefroren werden. Was wir zudem nicht fordern, ist die Demilitarisierung der Palästinenser_innen, denn das Recht aufSelbstverteidigung und der Kampf nach Freiheit muss auch militant durchgesetzt werden. Alle Truppen der IDF müssen Gaza sowie die Westbank verlassen, sie sind unterdrückerische Truppen, die die Herrschaft des Staate Israels mit allen Mitteln durchsetzen. Der Abzug der IDF sowie die Forderung nach einem sofortigen Ende des Mordens müssen bedingungslos durchgesetzt werden! Wir stehen ein für die Freilassung der Gefangenen. Ca. 4500 Palästinenser_innen, darunter viele Kinder und Jugendliche, waren schon vor dem 7.10. in israelischen Gefängnissen. Seitdem wurden weitere 4-5000 verhaftet, die auf israelischem Staatsgebiet gearbeitet hatten. Freigekommene berichten in den meisten Fällen über Misshandlungen und Folter.

2. Für das Recht der israelischen Soldat_innen sich zu weigern, in Gaza und Westbank zu kämpfen. Löst die bürgerliche Armee und die Polizei auf und bildet demokratische Arbeiter_innenmilizen, die sich dem palästinensischen Widerstand anschließen! 

Wie wir es in Gaza zur Zeit sehen, haben die palästinensischen Streitkräfte allein wenige Chancen, sich gegen das von USA und BRD hochgerüstete Militär Israels zu verteidigen. Daher ist es unabdingbar, auch innerhalb der israelischen Gesellschaft nach Verbündeten zu suchen. Wir wissen, dass aktuell die israelische Bevölkerung mehrheitlich vereint für den Krieg gegen die Palästinenser_innen steht. Dieser Umstand liegt allerdings nicht nur an der reaktionären und kriegstreiberischen Rhetorik der Regierung und an der engen ideologischen Bindung der israelischen Bevölkerung an den Zionismus, die historisch auch durch diemateriellen Vorteile aus der Besatzung entstanden ist. Sondern zudem an dem harten Vorgehen gegen all jene Menschen, die nur ansatzweise gegen diese vorherrschende Meinung stehen. Umso wichtiger ist es daher, die wenigen Kriegsdienstverweigernden und Antizionist_innen in Israel zu unterstützen. Der Aufbau einer antizionistischen Opposition in Israel ist notwendige Voraussetzung für eine Abschaffung von Militär und Polizei und für die Befreiung der israelischen Arbeiter_innenklasse. Wir sehen schon heute in kleinen Teilen wie antizionistische Juden und Jüdinnen weltweit die Proteste mit antreiben und unterstützen. In Israel ist es Aufgabe von Fortschrittlichen und Revolutionär_innen sich von den prozionistischen und staatstragenden Organen wie der gelben Gewerkschaft Histadrut zu lösen, diese durch eine gemeinsame Organisierung mit ihren palästinensischen Geschwistern zu ersetzen und offen aufzuzeigen, dass der Krieg nicht in dem Interesse der israelischen Arbeiter_innen sondern dem der Herrschenden liegt, wie es zum Beispiel lange wichtiger zu sein schien, die Vernichtung der Palästinenser_innen voranzutreiben, als die Befreiung der Geiseln durchzusetzen. Der Klassenkampf, wie er sich zuletzt auch in den Protesten gegen die Justizreform geäußert hatte, darf nicht zurückgestellt werden zu Gunsten der vermeintlichen „Vaterlandsverteidigung“. 

3. Nieder mit der Apartheidsmauer und allen Freiheitsbeschränkungen für Palästinenser_innen. Für die völlige rechtliche Gleichstellung aller Einwohner_innen zwischen Mittelmeer und Jordan! Verstaatlichung allen Landbesitzes und Gewährung des Rückkehrrechts aller Palästinenser_innen weltweit. 

Palästinenser_innen sind Menschen dritter Klasse in Israel, sie sind billige Arbeitskräfte, nicht gleichgestellt vor dem Gesetz und werden systematisch in sozialen wie in ökonomischen Bereichen ihres Lebens unterdrückt. Israelische Institutionen, staatliche oder nicht-staatliche, entscheiden über Häuserbau, Wohnungen und in Gaza über Strom, Wasser, Rohstoffe. Checkpoints, stundenlange Kontrollen, Hausdurchsuchungen, Razzien oder Verhaftung stehen an der Tagesordnung, wenn man Palästinenser_in ist. Darum muss die Apartheidsmauer niedergerissen werden und alle Freiheitsbeschränkungen müssenaufgehoben werden. Wir fordern die völlige Gleichstellung aller Menschen vor Ort und das Recht auf Rückkehr aller vertriebenen Palästinenser_innen. Grundlage dafür ist das vergesellschaftete Eigentum an Produktionsmitteln, Grundstücken, Fabriken, Büros und ebenso die gleichberechtigten Bereitstellung von Gesundheit, Bildung und Wohnen, koordiniert durch einen demokratischen Plan. Deshalb kämpfen wir für eine sozialistische Lösung, die auf dem gemeinsamen Besitz des Landes und aller wichtigen Produktionsmittel basiert. 

4. Für ein vereinigtes säkulares, sozialistisches Palästina, mit Gleichheit für alle seine Bürger_Innen, israelische wie palästinensische, als Teil einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens.  Für einen neuen arabischen Frühling!

Die Befreiung des palästinensischen Volkes und die Freiheit der Völker des Nahen Ostens von westlicher Herrschaft und Ausbeutung erfordern den revolutionären Sturz Israels als rassistischen Staat und seine Ersetzung durch einen einzigen bi-nationalen Staat, sowohl für sein palästinensisches als auch für sein israelisch-jüdisches Volk. Das bedeutet weder die Vertreibung der israelischen Bevölkerung noch ihre Zerstörung als Nation. Die „Zweistaatenlösung“ ist in Wirklichkeit tot. Ihre Anerkennung in Worten existiert als Feigenblatt für israelische Übergriffe. Für die USA und die westeuropäischen Staaten rechtfertigt sie die anhaltende Unterstützung Israels, und für reformistische Parteien wie die britische Labour ermöglicht sie es, vermeintlich Gesicht zu bewahren vor ihrer muslimischen Wähler_innenschaft, ohne sich jedoch zum palästinensischen Widerstand zu bekennen. Es ist Aufgabe der Palästinenser:innen sowie der Arbeiter:innenklassen der umliegenden Länder den israelischen Staat zu stürzen. Letzteren kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Sie sind es, die ihren Diktatoren und Herrschernentgegentreten müssen, denn weder die Assads noch die Khomenies, die Sissis oder die Erdogans dieser Region haben ein Interesse an einem befreiten Palästina. Es braucht ein Auflammen eines zweiten arabischen Frühlings, in welchem sich die Arbeiter_innen in den umliegenden Ländern gegen ihre Unterdrücker_innen organisieren und siestürzen, die Grenzen nach Gaza öffnen und unter gemeinsamer Kontrolle Hilfsgüter und den Kampf vor Ort unterstützen.

5. Für die Schaffung einer unabhängigen Arbeiter_innenpartei Palästinas, die gestützt auf Gewerkschaftenund regionale Komitees der Unterordnung der palästinensischen Linken unter Hamas und Fatah ein Ende bereitet!

Um für ein freies, säkulares und sozialistisches Palästina zu kämpfen, sowie für die davor genannten Forderungen, ist es notwendig die fortschrittlichsten Kräfte in einer Partei zu bündeln, die sich auf Räte und Komitees stützt, diese Forderungen durchsetzt und der Bewegung ein politisches Programm gibt. Mit dem Kampf für nationale Befreiung müssen hierbei soziale und ökonomische Forderungen der Arbeiter_innenklasse wie z.B. nach einem angemessenen Mindestlohn, nach Frauenrechten oder Rechten von LGBT+! Es braucht zudem einen Bruch mit der Politik der Hamas und Fatah. Beide haben sie oft genug gezeigt, dass sie keine Strategie haben, den Befreiungskampf zu gewinnen und dass ihnen die Interessen der palästinensischen Massen letztlich egal sind. Sie beweisen dies nicht zuletzt, indem sie, unter dem Deckmantel einer falschen Einigkeit, soziale Proteste niederschlagen, womit sie sich praktisch als Instrument der Besatzungsmacht erweisen. Wir stehen für die Interessen der Arbeiter_innen, kleinen Bäuer_innen, Jugendlichen und Frauen, die nicht nur gegen die zionistische Besatzung, sondern am Ende auch gegen die palästinensischen Kapitalist_innen durchgesetzt werden müssen!

In Deutschland

1. Sofortiger Stopp aller Waffenlieferung, Stopp der militärischen, wirtschaftlichen und diplomatischen Unterstützung Israels! Weg mit den Kriegsschiffen vor Gazas Küste! Für gewerkschaftliche Aktionen zur Blockade von Kriegsgütern! 

Die deutsche Rüstungsindustrie liefert schon seit langem mit Vorliebe Kriegsgüter an Israel. Eine Auswertung der statistischen Daten von 2011 bis 2022 ergibt, das Israel auf Platz vier aller Staaten ist, in die Deutschland Waffen exportiert. Seit dem Kriegsausbruch sind diese Zahlen noch einmal explodiert: Im Vergleich zum Vorjahr hat sich schon jetzt das Volumen an Rüstungsexporten mehr als verzehnfacht! Es ist einerseits eine grauenhafte Vorstellung, wie sich deutsche Konzerne an dem Morden in Palästina bereichern. Andererseits werden diese Lieferungen auch durch Steuergelder gefördert, denn die Unterstützung von Ordnungsmächten wie Israel und die Aufrechterhaltung der Verhältnisse von halbkolonialer Abhängigkeit und Ausbeutung durch den Imperialismus ist deutsche „Staatsräson“. All das zu verhindern, ist unsere beste Chance hier in Deutschland dem Krieg in Palästina entgegenzutreten und internationale Solidarität praktisch werden zu lassen. Die Arbeiter_innen in der Logistik und in der Rüstungsindustrie haben kein Interesse an der Unterdrückung ihrer Klassengeschwister in Palästina. Sie müssen zu Streiks, Blockaden und Protestaktionen gewonnen werden!

2. Schluss mit der Kriminalisierung des Befreiungskampfes! Keine Verbote von Demos mehr und Aufhebung der Verbote von Samidoun, PFLP, Hamas und PKK! 

Während AfD, holocaustleugnende Nazis oder antisemitische Querdenker_innen unter Polizeischutz ihre Ideologie auf die Straße tragen durften, wurden Solidaritätsdemos und Gedenkveranstaltungen mit den Opfern des Krieges in Palästina reihenweise verboten. Dort wo sie stattfinden, geht dies mit Schikanen der Polizei einher: Menschen werden geschlagen, verhaftet und angezeigt. Wir haben schon länger an der Repression gegen die kurdische Freiheitsbewegung gesehen, wie der deutsche Staat seine außenpolitischen Interessen auch z. B. mit dem Verbot der PKK ins Innere übersetzt. Nun werden ebenso die Organisationen des palästinensischen Widerstands mehr und mehr verboten: ob links, so wie Samidoun oder PFLP oder religiös-fundamentalistisch wie die Hamas. Auch wenn wir viel Kritik an diesen Gruppen haben, ihre Ideologien nicht teilen und ihre Taktiken ablehnen, stellen wir uns gegen ihr Verbot durch den deutschen Staat. Eine Überwindung der reaktionären Führung des Widerstandskampfes in Gaza wird nur als Teil dieses Kampfes möglich sein, nicht durch staatliche Repression von Israel oder Deutschland.

3. Weg mit dem Kuffiyah-Verbot in den berliner Schulen! Mitbestimmung von Schüler_innen und Lehrer_innen über die Behandlung des Kriegs statt Senatsvorgaben!

Während auf der Staat auf der einen Seite das „Selbstverteidigungsrecht“ Israels, d.h. den Angriff auf Gaza als zentrale Botschaft des Schulunterrichts vorgibt, wird auf der anderen Seite im Namen einer vermeintlichen „politischen Neutralität“ den Schüler_innen eine eigenständige Stellungnahme verwehrt. Dies drückt sich auf symbolischer Ebene z.B. in dem Verbot aus, eine Kuffiyah zu tragen. Eine Kleidervorschrift, die, ausgedehnt auf weitere arabische Tücher, gleichzeitig einen rassistischen Charakter trägt, weil sie auch politisch unbeteiligte Schüler_innen trifft, die das Tuch einfach aus kulturellen Gründen tragen. 

4. Abschiebestopp jetzt! Gegen den heuchlerischen Vorwand des Antisemitismus‘ für eine rassistische Asylpolitik! Bildet antirassistische Selbstverteidigungskomitees gegen Angriffe von Bullen und Faschos!

5. Offene Grenzen und Staatsbürger_innenrechte für alle, die vor Krieg, Armut und Klimaschäden flüchten!

Wir können gerade bezeugen, wie in Europa das Recht auf Asyl systematisch ausgehebelt und abgeschafft wird. Fluchtwege werden blockiert, Grenzkontrollen werden verstärkt und auch innerhalb des Schengen-Raums eingeführt, Geflüchtete werden in überfüllte Lager gepfercht und in Krieg und Krisen abgeschoben. Vorschläge ein Bekenntnis zum Staat Israel zur Bedingung für eine Einbürgerung zu machen oder die Ankündigung, dass vermeintlich antisemitische Geflüchtete „endlich im großen Stil“ abgeschoben werden müssten sind ein zynischer Versuch, diese Absage an grundlegende Menschenrechte in eine moralisch positives Licht zu rücken. Wir stellen dem die Forderung nach Bewegungsfreiheit für alle entgegen! Im Kampf dafür ist es notwendig, dass sich die Gewerkschaften endlich öffnen und die gewerkschaftliche Organisierung der Geflüchteten voranbringen!