Der griechische Kampf ist der Kampf von uns allen!!

Solidarität heißt Widerstand!

Erklärung von REVOLUTION zum Generalstreik in Griechenland

Mai 2010

Seit dem 5.Mai 2010 treten Hunderttausende Beschäftigte in Griechenland in einen zweitägigen Generalstreik, in Athen waren 200 000 Menschen auf der größten Demonstration in der griechischen Geschichte. Die griechische Arbeiterklasse und die griechische Jugend stehen jetzt vor entscheidenden Wochen und Monaten. In Griechenland soll gezeigt werden, wie das Kapital und speziell der deutsche Imperialismus die Weltwirtschaftskrise lösen will – auf dem Rücken der Beschäftigten, der Arbeitslosen, der Renter_innen und der Jugend. Dabei nimmt der deutsche Imperialismus die bestimmende Position ein.

Kredite als Rettung?

Der griechische Staat ist bankrott, seit Anfang 2010 war es für die griechische Regierung immer schwerer, Kredite auf den Finanzmärkten zu bekommen, eine immense Spekulation internationaler Großbanken trieb die Zinsen in die Höhe. Dabei trieben die Finanzmärkte ein, aus der Immobilienkrise bekanntes Spiel – gleichzeitig wurde auf ein „positives“ und ein „negatives“ Szenario gewettet, dazu dienten sog. „Credit Default Swaps“ (CPS). Diese Kreditversicherungen wurden zeitweise mit über 40 Milliarden € auf den Märkten gehandelt, die Banken trieben die Zinsen für Staatsanleihen in die Höhe und sicherten sich so ihre Spekulationsgewinne.

Zu dieser Zeit reiste der griechische Ministerpräsident Papandreou durch die imperialistischen Metropolen und warb bei den dortigen Regierungen für bessere Kreditkondition. Nach langem Zögern gibt es nun ein Kreditpaket von EU und IWF (Internationaler Währungsfond). Auf diese Kredite muss Griechenland „nur“ 8 % Zinsen bezahlen, im Gegensatz zu den Zinsen auf den Finanzmärkten in Höhe von 10-15%. Diese Kredite gab es aber nur, weil die griechische Regierung zu Sparmaßnahmen gezwungen wurde.

Die Gehälter im öffentlichen Dienst werden massiv gekürzt – Urlaubs -und Weihnachtsgeld werden komplett gestrichen, dazu sämtliche anderen Sonderzahlungen. Gleichzeitig wird das Renteneintrittsalter erhöht, ebenso indirekte Steuern wie die Mehrwertsteuer um 2% und Tabak, Alkohol und Benzin um 10%. Das wird nur der Anfang sein – von nun an ist Griechenland unter direkter Finanzkontrolle der EU und des IWF, d.h. die nächsten Jahre werden von Sozialabbau bestimmt sein, wie es die griechische Bevölkerung noch nie erlebt hat.

Nationale Hetze in Deutschland

Gerade in der EU Großmacht Deutschland, welche an den Krediten für Griechenland gut verdienen wird (für 3% Zinsen aufnehmen; für 8% verleihen, die Differenz streicht der Staat ein) hat in den letzten Wochen eine rassistische Hetze sondergleichen stattgefunden. Überall wurde das Bild des korrupten, faulen und gut verdienenden Griechen gezeichnet, alte rassistische Hetze gegen den „Südländer“ an sich, hatte Renaissance in allen bürgerlichen Propagandaanstalten. Warum das gemacht wird ist klar – damit wollen Staat und Kapital die Solidarität der europäischen Arbeiterbewegung schwächen und spalten, wollen die deutsche Bevölkerung gegen die Griechen in Stellung bringen. So hat Nationalismus und Rassismus im Kapitalismus immer funktioniert.

Die Realität ist eine ganz andere. Der Durchschnittsverdienst in Griechenland liegt bei gut 800 € mit ähnlichen Lebenshaltungskosten wie in Deutschland. Allerdings haben die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und der Privatwirtschaft in den letzten Jahren immer wieder gegen Angriffe der Regierung standgehalten und die griechische Arbeiter_innenklasse hat sich als kampffähig bewiesen. Daher ist dieser Angriff auch gezielt und nicht zufällig, da Griechenland gerade bankrott ist (auch andere europäische Staaten haben gleiche Probleme, z.B. Portugal, Spanien, Irland, Italien). Die EU unter der Führung des deutschen Imperialismus will jetzt eine der kampfstärksten Arbeiter_innenklassen schlagen.

Perspektive – Revolutionäre Situation fortführen oder historische Niederlage kassieren

Griechenland befindet sich in einer revolutionären Situation. D.h Staat und Kapital stellen offen die Machtfrage, wollen dem Proletariat eine entscheidende Niederlage zufügen, wollen die Errungenschaften vieler sozialer Kämpfe beseitigen. Hier kann die Arbeiter_innenklasse nur mit geschlossenen Massenaktionen, mit Streiks und Besetzungen antworten, muss ihrerseits offen die Machtfrage stellen. Wenn die Bourgeoisie ihre Profitrate auf Kosten der Beschäftigten erhalten und wieder erhöhen muss, dann muss die Arbeiterbewegung die Forderung der Arbeiter_innenkontrolle über die Betriebe ergreifen. Um die Rechte der Beschäftigten zu verteidigen, muss der öffentliche Dienst gemeinsam mit den privaten Beschäftigten sich kollektiv und militant organisieren, die Betriebe und Verwaltungen besetzen und gegen soziale und repressive Angriffe verteidigen.

Doch dazu fehlt die politische Führung in Griechenland.

Für die post-stalinistische KKE liegt die Lösung in der Loslösung Griechenlands vom Euroraum. Ähnlich manchen rechten bourgeoisen Ideologen hoffen sie auf eine Neuordnung der Wirtschaft mit  einer Währungsreform – dies ist keine revolutionäre Politik, weil selbst dafür keine Taktik vorliegt, die die aktuelle Regierung zwingen könnte, den Euroraum zu verlassen.

Auch die SYRIZA (Linksallianz aus reformistischen und zentristischen Gruppen) hat bislang noch wenig vorgelegt, was eine revolutionäre Politik erahnen lässt. Es fehlt eine Kritik und Opposition an den Einheitsgewerkschaften, die immer noch von der PASOK (Regierungspartei) kontrolliert werden – ebenso arbeiten beide größeren Parteien wenig an einer kämpfenden Einheitsfront, sondern verbleiben in Sektiererei.

Die ANTARSYA (Antikapitalistische Linksallianz für den radikalen Wechsel) schlägt gemeinsame Schritte zum Kampf gegen Regierung und internationalen Finanzkapital vor. Diese Vorschläge können eine revolutionäre Perspektive weisen und das Programm einer Einheitsfront darstellen:

–          Aussetzung der Zinszahlungen und Annullierung der Schulden!

–          Sofortige Nationalisierung der Banken unter Arbeiter/innen-Kontrolle!

–          Erhöhung der Löhne und Renten durch Besteuerung der Reichen!

Diese Parteien müssen alle Gewerkschaften in die Einheitsfront zwingen, müssen den Abwehrkampf gemeinsam organisieren, über Demos und Kundgebungen hinweg. So können auch die Jugendlichen und Studenten einbezogen werden und es kann eine breite Abwehrfront entstehen, an der die Angriffe der heimischen und internationalen Bourgeoisie abprallen. Dafür müssen die Beschäftigten und die Bevölkerung lokal in ihren Betrieben, Stadtvierteln und Dörfern organisiert werden, muss es Komitees des Widerstands gegen die Krise geben, damit der Protest nicht allein auf Demos vorgetragen wird, sondern eine reale aktivistische Basis und Perspektive hat. Diese Komitees müssen alle Teile der Bevölkerung repräsentieren und sich national koordinieren. So kann diese Bewegung sich als Gegenmacht konstituieren. Gerade die betrieblichen und lokalen Komitees sind wichtig. Dort gibt es die direkten Kämpfe in den Betrieben, Städten und Dörfern, und dort können sich die Aktivist_innen zusammenfinden – symbolische Demos sind zwar wichtig, ersetzen aber keinesfalls den Kampf, die Aktion und die Agitation dort, wo die Menschen täglich arbeiten und leben.

Mit solchen Komitees gegen die Krise und die Sparmaßnahmen kann der griechische Widerstand tatsächlich die Kontrolle und Repression des bürgerlichen Staates angreifen und brechen. Dazu gehört der kollektive militante Kampf, dort wo Komitees Betriebe verteidigen, Stadtviertel und Dörfer sich organisieren – dort wird über kurz oder lang die Polizei und die Armee angreifen, will der bürgerliche Staat sein Gewaltmonopol nicht verlieren. Und dann stellt sich auch für die Bewegung die entscheidende Frage: Wollen sie den antikapitalistischen Kampf kollektiv zu Ende führen, wollen sie sich militant verteidigen und wollen sie die Gewalt von Staat und Kapital brechen? Dies ist die entscheidende Frage für die nächsten Wochen und Monate – diese Auseinandersetzung kann nicht durch Kompromisse oder Verhandlungen gelöst werden, nur der Klassenkampf wird die Lösung bestimmen.

Die Frage der Gewalt

Der Tod von drei Bankangestellten am 5.Mai dient den bürgerlichen Medien, um den gesamten radikalen und antikapitalistischen Widerstand zu diffamieren und ist die direkte Vorlage, den griechischen Widerstand zu spalten. Die Erklärung der Bankgewerkschaft OTEF wirft ein anderes Licht auf die Geschehnisse und die Gründe für den tragischen Tod der Bankangestellten: diese wurden für den Tag zur Arbeit gezwungen, für den Fall, dass sie sich an dem Streik beteiligten, wurde ihnen mit Kündigung gedroht. Über die Sicherheitsvorkehrungen wird folgendes gesagt:

„Ebenfalls auf Indymedia-Athen hat mittlerweile ein Angestellter der Marfin-Bank schwere Vorwürfe gegen die Firma erhoben, weil es in der betroffenen Filiale nur unzureichende Sicherheitsmaßnahmen für einen Brandfall gegeben haben soll. So habe es u.a. weder ausreichende Installationen zur Brandbekämpfung gegeben, noch einen Fluchtweg aus dem Gebäude. Die Bankangestellten hätten somit im Falle eines größeren Brandes weder die Möglichkeit gehabt, ein Feuer zu löschen, noch eine Chance, sich aus dem Gebäude zu befreien. Es habe außerdem keinen hinterlegten Brandschutzplan gegeben, so dass die Feuerwehr zunächst mit einem Einsatzfahrzeug angerückt, sei, dessen Leiter zu kurz gewesen sei.“

Für die Profitzwecke der Bauindustrie wurden viele Vorschriften in den letzten Jahrzehnten umgangen, so dass Leben und arbeiten in diesen Gebäuden nicht sicher war – ähnliche Fälle kennt man auch aus der Türkei oder Japan, oder bei der Kölner U-Bahn.

Es ist ein wichtiges Zeichen
der Bankgewerkschaft, dass sie für den 6.5. zum Streik aufgerufen hat, dass sie sich nicht von dem Protest und Widerstand abspalten lässt.

Ebenso ist es wichtig zu erwähnen, dass wir individuelle Gewaltakte ablehnen müssen. Diese werden nicht eine kollektive Militanz bewirken, sondern nur den reformistischen Kräften die Möglichkeit geben, den Widerstand gegen die Krise in „gut und böse“, in gewalttätig und „vernünftig“, zu spalten. Und natürlich wird jetzt der griechische Staat massiv gegen die anarchistische studentische Szene vorgehen, Massenverhaftungen sind vorgezeichnet und der Stadtteil Exarchia ist hermetisch abgeriegelt. Dort wird die Polizei versuchen, diesen Widerstand zu brechen. Ebenso wird die Polizei natürlich versuchen, Provokateure und Zivilbullen einzuschleusen, um sich selbst die Vorlagen zum Angriff zu liefern.

Dieser Angriff auf die Bank ist nur ein weiterer nutzloser Versuch, gemäß der anarchistischen Ideologie das Bewusstsein der Massen durch einzelne Gewaltakte zu radikalisieren und in einen breiteren Kampf zu führen. Stattdessen müssen Komitees gegen die Sparmaßnahmen in Betrieben und Stadtvierteln den aktuellen Widerstand weiter entwickeln und auf eine kollektive militante Basis hinführen, nur so können sie geeint kämpfen. Die Anarchist_innen dürfen die Solidarität der Bankgewerkschaft jetzt nicht ausschlagen und müssen sich wieder in die Bewegung integrieren. Ein isolierter Kampf um die Uni bspw. oder besetzte Häuser wird vom Staat einzeln geschlagen und von den Bürokraten und Reformisten im griechischen Widerstand genutzt werden, um die Bewegung zu spalten.

Für eine revolutionäre Partei der Arbeiter_innenklasse und der Jugend!

Diese Zuspitzung des Klassenkampfes stellt deutlich die Frage nach der Führung des Widerstands. Gemeinsam mit der Liga für die 5.Internationale rufen wir von REVOLUTION die Aktivist_innen in Griechenland dazu auf, die Fragen eines revolutionären Programms von Übergangsforderungen und dem Aufbau einer revolutionär – kommunistischen Partei mit uns zu diskutieren.

Ebenfalls darf die Bewegung nicht bei den befristeten Streiks stehen bleiben. Ein unbefristeter Generalstreik muss als nächste Losung und Aktion entwickelt werden, dies würde deutlich die Regierung und das Sparpaket in Frage stellen, genau wie generell die Machtfrage aufwerfen.

Wir rufen alle Bewegungen und Parteien auf, eine Konferenz des Widerstands zu organisieren – dort muss ein gemeinsames Aktionsprogramm für die Arbeiter_innenklasse und die Jugend gegen Staat und Kapital erarbeitet werden. Hier kann der Keim für eine revolutionäre Partei entstehen – über die gemeinsame Praxis und ein gemeinsames Programm gegen die Krise.

Eine Bewegung für eine solche Partei kann mit den Fehlern der Post-Stalinisten, Reformisten und  Zentristen (KKE+Syriza) brechen und die Perspektive der sozialen Revolution im griechischen Widerstand verankern. Eine revolutionäre kommunistische Partei muss dann die Frage einer Arbeiter_innenregierung für Griechenland aufwerfen, bestehend aus allen Teilen der Arbeiter_innenklasse und der Jugend.

Ebenso müssen wir in Deutschland gegen die rassistische Hetze gegenüber Griechenland ankämpfen und hier Solidarität mit dem Widerstand aufbauen! Wir müssen die Gewerkschaften auffordern, Solidarität mit ihren griechischen Kolleg_innen zu zeigen und hier aktiv den Protest gegen die Krise zu unterstützen. Internationale Solidarität und Internationalismus beschränkt sich nicht auf mitfühlende Erklärungen – gemeinsamer Kampf aller in Europa gegen die sozialen Angriffe in Griechenland, Aufbau von Unterstützungskomitees und Widerstand vor Ort – das ist Internationalismus und praktische Solidarität.

– Sieg dem griechischen Widerstand – volle Unterstützung der kämpfenden Beschäftigten und                  Jugendlichen!

–    Kampf gegen die rassistische Hetze in Deutschland!

–    Für die Streichung aller Schulden und Ende aller Zinszahlungen!

–    Für die Verstaatlichung aller Banken und Betrieben, die mit Entlassungen drohen, unter Arbeiter_innenkontrolle!

–    Für den Aufbau von betrieblichen und lokalen Widerstandskomitees!

Vom Widerstand zum Aufstand – One Solution –REVOLUTION !!