Ein Blick in die Vergangenheit – Frauenkämpfe 2019

Nahid, Revolution Österreich, Fight, Revolutionäre Frauenzeitung Nr. 8, März 2020

Der internationale Frauenstreik zog zuerst im Jahr
2018 Aufmerksamkeit auf sich, als sich in Spanien mehr als 5,3 Millionen
Menschen daran beteiligten unter dem Motto: „Wenn die Frauen streiken, dann
steht die Welt still“. Seit 2017 ist der Internationale Frauentag zu einem
bedeutenden Tag weltweiter Mobilisierungen geworden, der Hunderttausende auf
die Straßen bringt, um gegen Frauenunterdrückung und die Auswüchse des
kapitalistischen Systems zu protestieren.

Frauenbewegungen in verschiedenen Ländern
nehmen verschiedene Formen in Reaktion auf besondere politische Zustände an. In
den USA richtet sich der jährliche stattfindende Women’s March insbesondere
gegen die frauenfeindliche und nationalistische Politik von Donald Trump. Die
Kampagne für ein Referendum gegen das Abtreibungsgesetz in der Republik Irland mündete
in einer teilweisen Entkriminalisierung des Gesetzes und mobilisierte auch
zahlreiche Frauen. In Indien protestierten muslimische Frauen gegen den
antimuslimischen Rassismus der Modi-Regierung und begannen so auch mit dem
Aufbau einer Frauenbewegung.

Der letztjährige Internationale Frauentag in
der Schweiz erlebte die größte nationale Mobilisierung mit über einer halben
Million Menschen, die sich beteiligten (in einem Land mit weniger als 9
Millionen EinwohnerInnen). Die größte Demonstration fand in Zürich mit 160.000
Menschen statt. Der Schweizer Frauenstreik wurde vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund
(SGB) ausgerufen, aber auch in den ländlicheren, gewerkschaftlich schlechter
organisierten Teilen des Landes, war die Beteiligung gut wie v. a. unter Bäuerinnen.

Die Forderungen trugen den Titel „Lohn. Zeit.
Respekt.“ und richteten den Fokus auf Gleichberechtigung der Geschlechter am
Arbeitsplatz mit Betonung auf der doppelten Bürde für Lohnarbeiterinnen, die
überdurchschnittlich für unbezahlte Care-Arbeit verantwortlich sind. Die
Streiks kombinierten politische mit wirtschaftlichen Forderungen, verlangten
ein Ende mit Sexismus, sexueller Belästigung und Lohnungleichheit (z. Zt. durchschnittlich
19,6 %).

Die Frauenstreikbewegung war besonders in
Lateinamerika erfolgreich mit Beteiligung von hunderttausenden Frauen. Gewalt
an Frauen und Femizide sind in Lateinamerika ein großes gesellschaftliches
Problem. Laut UN befinden sich dort 14 der 24 Staaten mit der höchsten Mordrate
an Frauen. Die ursprünglich in Argentinien begründete Bewegung „Ni Una Menos“ (Nicht
Eine Weniger) feierte 2019 ihren fünften Jahrestag. Längst hat sie
Landesgrenzen überwunden und mobilisiert weiterhin Frauen in ganz Lateinamerika
zu Streiks und Aktionen gegen geschlechtsspezifische Gewalt.

Auch abseits von Bewegungen auf der Straße
wird kreativ und mit Erfolg versucht, auf die katastrophale Situation von
Frauen aufmerksam zu machen. Z. B. führte die Performance „Der
Vergewaltiger bist du“, die von der chilenischen Gruppe „Las Tesis” entwickelt
wurde, zu einer internationalen Bewegung. Mit Tanz und Sprache stellt sich das
Prokekt gegen Vergewaltigung, Mord, Missbrauch und Täter-Opfer-Umkehr. Die
Choreografie kritisierte auch die repressive Politik der Regierung von
Präsident Sebastián Piñera
und warf ein Schlaglicht auf die Auswirkungen staatlicher Gewalt und Kontrolle gegen
Frauen. Nachdem das Video dieser Performance viral gegangen war, führten
KampagnenaktivistInnen sie weltweit erneut auf, darunter in London, Paris,
Mexiko-Stadt, Berlin, Wien und sogar in Istanbul.

Das Jahr 2019 erlebte Frauen, die sich gegen
die herrschenden Zustände von Unterdrückung und Gewalt auf der ganzen Welt auflehnen.
Im Jahr 2020 drohen eine lauernde Rezession und sich verschärfende nationale
Polarisierung, weitere politische und ökonomische Angriffe auf Frauen mit sich
zu führen. Frauenbewegungen werden sicherlich gute Chancen auf Wachstum haben.