Let’s talk about sex: Über Konsens reden – aber wie?

Von JK Singh

Im Sexualkundeunterricht in der Schule
wird uns nicht viel beigebracht. Zwar können wir uns glücklich
schätzen, dass wir lernen, wie wir Kondome über Bananen stülpen
und wir auch mal einen seitlichen Anschnitt einer Vagina sehen oder
bekommen ’nen Tampon in die Hand gedrückt. Aber so wirklich
hilfreich ist’s dann auch nicht, wenn man versucht Sex zu haben. Im
Unterricht liegt der Fokus auf Genitalien, wobei die weiblichen an
der Stelle oftmals falsch dargestellt werden, (So ist beispielsweise
die Klitoris kein kleiner Punkt, der gaaaanz schwer zu finden ist),
Homo-, Bi- und Asexualität werden nicht wirklich angerissen und über
Intimität, Verantwortung oder Gefühle wird so gut wie nie geredet.
Stattdessen können wir dann auf die breite Palette der verzerrten
Darstellung von Intimität und Sexualität in der bürgerlichen
Gesellschaft zurückgreifen.

Ähm, was?

Ob in Filmen oder Serien: Intimität
wird in Extremen dargestellt. Entweder ist die Grundlage Liebe bis
ans Ende des unendlichen Universums, oder es geht darum seinen
eigenen Wert zu beweisen, in dem man Jemanden ins Bett bekommt.
Dazwischen gibt’s nicht viel zu finden. Voll romantisch und so.
Meist weiß der Mann auch natürlich, was die Frau braucht. Ohne zu
fragen, kann er einfach fühlen, dass die Frau jetzt geküsst werden
will und per Gedankentelekinese fügt sich alles nahtlos in einander
bis man auf einmal nackt ist –und die Frau durch reine Penetration
einen Orgasmus bekommt. Das ist noch die nette Variante, schließlich
gibt’s noch genügend Momente, wo die Frau auch Nein sagt, aber der
Mann natürlich ganz genau weiß, dass das nur ein geheimes Codewort
für „Fick‘ mich“ ist. Dementsprechend wird auch gehandelt und
als Zuschauer_In weiß man nicht, was man nun mit der Form der
sexuellen Gewalt, die man gerade gesehen hat, anfangen soll.

Was kann dadurch passieren?

Zusammengefasst hört sich das eher
ungeil an. Ist es auch. Die Idee, dass man sein Gegenüber erobern
muss, führt in der Praxis zu vielen Problemen. So kommt es zum
Überschreiten von sexuellen Grenzen und zu Übergriffen. Das kann
bewusster passieren, beispielsweise wenn man ein „Nein“ nicht als
„Nein“ wertet, weil man glaubt, man(n) muss die andere Person
überzeugen. Oder unbewusster, wenn man es einfach macht, weil man
glaubt, dass Nachfragen ein Zeichen des Unwissens und von Schwäche,
ist. Ebenso fühlt man sich selber unter Druck gesetzt, weil man
versucht einem Idealtyp zu entsprechen, den es so gar nicht gibt.
Sexualität verkommt also vielmehr zu einer Einzelleistung bei der
man auf magische Art und Weise weiß, was der Andere denkt und sich
selber „beweisen“ muss.

Aber warum ist das so?

Das liegt vor allem daran, dass in der
bürgerlichen Gesellschaft Sex in erster Linie dazu da ist, die
Fortpflanzung zu sichern. Für die herrschende Klasse Nachkommen, an
die sie ihren Besitz vererben (diese Vererbung findet meist über die
männliche Linie statt). Für die Arbeiter_Innenklasse wird so die
Existenz der Familie weiter gesichert, die unter anderem auch der Ort
ist an dem man sich selber erholen kann und die eigene Arbeitskraft
reproduzieren kann. Das hört sich jetzt stark veraltet an, ist aber
die Grundlage auf der sich heute viel abspielt. Das liegt daran, dass
im Kapitalismus 1. Immer bürgerliche Staaten und Großkonzerne in
wirtschaftlicher Konkurrenz stehen und daher möglichst viele neue
Arbeitskräfte auf dem Markt benötigen. Und 2. Insbesondere bei der
Unterdrückung von Frauen, dass diese in die unbezahlte Hausarbeit
und das Rollenklischee der Erzieherin gedrängt werden müssen, damit
die Kapitalist_Innen möglichst wenig aufbringen müssen für die
Reproduktionsarbeit, denn sonst würden sie ja weniger Profit machen.
So wird diese ins Private verdrängt. Sowohl die patriarchale
Vererbung, als auch die private Reproduktionsarbeit sorgen dafür,
dass sich Frauen in die typisch bürgerliche Familie einordnen
sollen, denn nur so kann der Mann sein Eigentum auch an „seine
Kinder“ vererben und hat in der Arbeiter_Innenklasse einen
Rückzugsort zur Erholung. Die Frauen werden zu reinen Geburten- und
Erziehungsmaschinen degradiert, die an Sex keinen Spaß haben müssen.
Sie sollen sich nur auf einen Mann fixieren, den sie ein Leben lang
lieben, und um zu rechtfertigen, dass sie nun auch noch den Großteil
der Hausarbeit (neben ihrer Arbeit) unbezahlt leisten müssen, werden
sie als weniger wert und dümmer dargestellt. All dies spiegelt sich
also in unserer Gesellschaft wider. Auch das Thema Sex, wie die
Hausarbeit, wird weiter ins Private verdrängt. Die 68er-Bewegung hat
für viele Errungenschaften in Bezug auf die Zurückdrängung von
veralteter Sexualmoral eine wichtige Rolle gespielt, trotzdem konnte
sie das Grundproblem nicht aufbrechen. So kommt es dazu, dass wir nun
an vielen Stellen einen offeneren Umgang mit Sexualität haben, aber
im Zuge dessen auch eine Liberalisierung des Sexualmarktes mit all
seinen negativen Facetten.

Das heißt: Sexualität im Kapitalismus
hat gar nicht den Zweck der eigenen Entfaltung. Auch wenn es so
scheint, dass man als Individuum unbegrenzte Freiheiten genießen
kann, geht es darum gar nicht. Vielmehr ist Sexualität stark davon
geprägt, dass existierende Unterdrückungsmuster wie Rassismus,
Sexismus und LGBTIA+ Diskriminierung mitreproduziert werden, die
aktiv verhindern, dass wir uns frei entfalten und Vorurteile wieder
spiegeln. So kommt es beispielsweise auch dazu, dass nicht-weiße
Frauen stark exotisiert werden oder es allgemein eine sehr starke
Fokussierung auf den Mann als Initiator gibt, während die Frau
oftmals stummes Beiwerk ist. Unser Sex-Leben ist also auch immer eine
Frage unserer Sozialisierung und kann nicht getrennt von der
Gesellschaft betrachtet werden.

Was hilft dagegen?

Die feministische Bewegung hat in
diesem Rahmen zwei Konzepte erarbeitet. Zum einen gibt es das „Nein
heißt Nein!“-Konzept. Das basiert darauf, ein Nein als solches
anzuerkennen, ohne nochmal Nachfragen zu stellen, die Druck aufbauen
können (Bist du dir sicher? Willst du nicht noch mehr trinken? Etc.)
und die Grenzen des Gegenübers zu akzeptieren. Das sollte eigentlich
recht klar sein, ist es aber vielerorts nicht. Allerdings klammert
dieses Konzept auch ein paar wichtige Dinge aus. So werden wir in
dieser Gesellschaft mit bestimmten Rollenbildern sozialisiert. Nicht
Jede_R hat die Möglichkeit aus sich heraus „Nein“ zu sagen.
Hinzu kommt, dass man erst wenn’s zu spät ist Feedback bekommt –
also, wenn man dabei ist eine Grenze zu überschreiten. Deswegen
wurde das Zustimmungskonzept „Ja heißt Ja“ entwickelt. Durch
aktives Nachfragen soll eine Verletzung der Grenzen vermieden werden,
damit sexuelle Handlungen nicht nur eine Einbahnstraße sind.

Das sagt sich so einfach, oder doch
nicht?

Wir wollen ehrlich sein: Aktiv
nachzufragen ist verdammt schwer. Das allgemein existierende Bild von
Sex in unserer Ecke der Gesellschaft gibt uns zu verstehen: Sex ist
immer toll und super heiß, dein eigener Wert wird dadurch bestimmt,
dass du ohne zu reden dein Gegenüber zum Orgasmus bringst und
einfach so total geile Sachen machst. Sex wird dadurch mehr zur
individuellen Leistung und nicht etwas, dass man gemeinsam hat. Oben
drauf kommen die stereotyphaften Erwartungen. Bei der männlichen
Sozialisierung gilt Nachfragen als schwach – schließlich nimmt
sich ein richtiger Mann, was er haben will und zeigt so seine Stärke.
Die weibliche Sozialisierung zeichnet sich dadurch aus, Sachen
hinzunehmen, schließlich muss man dem Typen auch gefallen.

Davon abgesehen, mischen sich je nach
Situation noch Versagensängste und die Angst aufgrund der eigenen
Bedürfnisse verurteilt zu werden rein. Insgesamt ergibt das also
eher einen Cocktail voller Zweifel, den man nicht so einfach
heruntergeschluckt bekommt. Also nein. Aktiv nachzufragen oder über
die eigenen sexuellen Wünsche zu reden, fällt vielen von uns
verdammt schwer. Es ist unangenehm, peinlich und man hat Angst. Aber
es lohnt sich. Die Frage ist nur:

Wo fängt man überhaupt an?

Auseinandersetzung mit sich selbst?

Sexuellen Konsens zu lernen, klappt
nicht von heute auf morgen. Es ist ein Prozess. Dabei lohnt es sich,
sich erst mal mit sich selber auseinander zu setzen. Mit den eigenen
Bedürfnissen, den eigenen Wünschen, den eigenen Grenzen. Wer das
noch nie gemacht hat, dem fällt das wahrscheinlich ganz schön
schwer. Weibliche Sozialisierung und auch manche psychischen
Krankheiten erschweren die Auseinandersetzung damit. Praktisch kann
das dann so aussehen, dass man sich selber Fragen stellt und diese
nach und nach beantwortet. Beispielsweise: Kann ich gut „Nein“
und „Ja“ sagen? Kann ich mich selber akzeptieren? Worauf habe ich
eigentlich Lust, was will ich erleben? Habe ich Angst vor
Zurückweisungen? Wenn ja, was macht das mit mir? Daneben kann es
helfen, sich mit seinem Körper auseinanderzusetzen.
Gesellschaftliche Schönheitsideale können einen riesigen Druck
ausüben – ob zu große Brüste, ein zu kleiner Penis letzten Endes
wird dafür gesorgt, dass sich 99% aller Menschen nicht wohl in ihrer
Haut fühlen. Das hat auch automatisch Auswirkungen darauf, wie wir
uns vor anderen fühlen. Dessen sollte man sich bewusst sein und
anfangen, existierende Schönheitsideale kritisch zu hinterfragen.

Und zuletzt: Redet ernsthaft mit
Freund_Innen über Sexualität. Hört sich komisch an mit Menschen
mit denen man nicht intim werden will drüber zu reden, aber der
Austausch mit anderen kann einen aufzeigen, wie Grenzen bei Anderen
aussehen oder man vielleicht gar nicht alleine mit seinen Ängsten
und Schwierigkeiten ist. Das ist gerade in männlichen
Freundeskreisen schwer, da es eine große Hemmschwelle gibt über
Gefühle zu reden und gerade in der Schule Sexualität was ist, mit
dem sich profiliert wird. Aber auch das kann angegangen werden. Dort
hilft es vielleicht, so etwas nicht gleich in einer Gruppe, sondern
im Zwiegespräch mit einem besonders guten Freund, zu besprechen.
Wenn es keine Möglichkeit gibt mit Freunden darüber zu reden, kann
man sich natürlich auch noch andere Wege suchen. Wenn man z.B.
relativ offene Eltern hat oder, wenn gar nichts mehr geht, kann man
auch versuchen eine Psychologin/ einen Psychologen auf zu suchen. Im
Gegenteil zu gängigen Klischees, sind diese nicht nur für
psychische Krankheiten, sondern auch einfache psychische Probleme da.

Auch wenn sich das anstrengend anhört,
lohnt es sich diese Schritte auszuprobieren und sich daran
weiterzuentwickeln. Seine eigenen Bedürfnisse, Grenzen und Wünsche
herauszufinden – und dann auch aussprechen zu können, ist eine
gute Grundlage, um das Gespräch mit Anderen zu suchen.

Wo fängt man zu zweit an?

In Realität schlägt das Herz wie wild
und man ist sich nicht so ganz sicher was gerade passiert und
irgendwie küsst man sich dann. Oder man ist betrunken auf ’ner
Party. Oder, oder, oder. Aber selten hat man sich vorher mal die
Zeit genommen, zu fragen, was das Gegenüber will. Hat man ja auch
nicht gelernt. Dabei ist das recht leicht. Ein guter Einstieg ist es
am Anfang zu fragen, wie gut sie/ er die eigenen Bedürfnisse und
Grenzen äußern kann. Also: Wie leicht fällt es einem überhaupt
„Nein“ in konkreten Momenten zu sagen? Klappt das einfach oder
wäre ein Handzeichen besser? Woran merke ich, was der anderen Person
gefällt? Wie kommt man aus unangenehmen Situationen raus? Was gibt
Sicherheit? Was macht Angst? Was ist einem verdammt peinlich?

Die Fragenliste kann man noch um ein
paar mehr erweitern. Dabei gilt die Regel: Statt anzunehmen, dass man
weiß, was man macht, fragt man einfach mal nach. Auf Basis dessen
können dann Vereinbarungen untereinander entstehen, wie
beispielsweise non-verbale Kommunikation. Oder einem fällt es schwer
die Initiative zu ergreifen und man findet es gut, dass der andere
sie ergreift und das auch praktisch machen soll. Aber nicht einfach
aus dem Nichts heraus.
Gleichzeitig sollte man sich bewusst sein,
dass es auch Machtverhältnisse gibt, die die Antworten verzerren
können und die einem Umgang auf Augenhöhe im Weg stehen können.
Diese gehen oftmals mit existierenden Unterdrückungsmechanismen, wie
Sexismus oder Rassismus einher, wie beispielsweise die typisch
weibliche Sozialisierung, die dafür sorgt, dass man eher hinnimmt,
was die andere Person macht. Aber auch andere Dynamiken wie
Wissenshierachien/ Erfahrungshorizont, Drogenkonsum,
Abhängigkeitsverhältnisse (finanzielle beispielsweise) oder ein zu
großer Altersunterschied können beispielsweise dazu führen kann,
dass dem einem Gegenüber mehr Bewusstsein zugeschrieben wird, als da
ist und die eine Person sich einfach unterordnet.

Das bedeutet auch, sich bewusst zu
sein, Konsens nicht immer dafür sorgt, dass Alles gut geht. Das
Zustimmungsprinzip Ja heißt Ja ist an der Stelle kein abstraktes,
starres Regelwerk. Manche Sachen sind klar, wie „Nein heißt Nein“.
Aber sexueller Konsens beschreibt eigentlich ein Verhältnis zwischen
den Menschen, die miteinander intim werden und kann deswegen sehr
unterschiedlich praktiziert und ausgeübt werden. Es geht darum, zu
versuchen keine Gewalt zu reproduzieren und sein eigenes Bedürfnis
nicht einfach so durchzusetzen, sondern gemeinsam das zu machen, was
einander Spaß macht. In dem Wissen und unter Berücksichtigung, dass
es Sozialisierung und gesellschaftliche Unterdrückungsmuster gibt,
die dabei im Weg stehen können bzw. den Zugang dazu erschweren.
Manchmal merkt man erst im Nachhinein, dass die Situation gar nicht
so abgelaufen ist, wie man es gewollt hat. Das kann passieren, auch
wenn man sich Mühe gibt. Sexualität ist von Natur aus ein
Spannungsfeld und gleichzeitig gibt es in unserer Gesellschaft
unfassbar viele Unterdrückungsmomente. Deswegen gehört auch dazu,
dass man im Nachhinein bereit ist, über das Erlebte zu reden, Kritik
anzunehmen oder Sachen, bei denen man sich unsicher war, selber aktiv
anzusprechen. Sex ist also unmöglich wirklich angenehm und schön
für beide, ohne Zusammenarbeit und gegenseitige Rücksichtnahme und
Vertrauen.

Das hört sich alles anstrengend und
0 romantisch an!

Für Manche ist’s anstrengend, sich mit
sich und den Bedürfnissen anderer auseinander zu setzen. Wenn du
aber nicht gerade darauf stehst, andere zu verletzen (was, wenn es im
konsensualen Rahmen passiert, wiederum voll ok ist) und dein eigenes
Bedürfnis über Andere zu stellen, dann merkst du, dass das der
praktikabelste Weg ist. Die Idee von Romantik, die uns in Filmen und
Serien beigebracht wird, basiert darauf, dass sie grenzüberschreitend
ist. Und was ist daran bitte romantisch? Es scheint nur oftmals
leichter, weil man sich der Gefahr entzieht einen Korb zu bekommen.
Solche Aussagen sind an der Stelle nur Aussagen mit der man sich aus
der Verantwortung ziehen möchte.

Also machen wir das alle so und wir
haben eine befreite Gesellschaft?

Nein. Leider ist dem nicht so. Es gibt
es Leute, die von der aktuellen Gesellschaftsdynamik profitieren.
Diese haben gar kein Interesse Etwas zu ändern, denn um die
Grundlage dieser Unterdrückungsformen zu beenden, müssten diese
Menschen ihren Besitz und ihre Privilegien aufgeben. Dementsprechend
kann die Grundlage, die das Bewusstsein erzeugt, dass es in Ordnung
ist, einfach so mit Leuten zu schlafen, ohne zu Fragen nicht einfach
so verschwinden und wird weiter reproduziert. Es ist also gar nicht
möglich, dass alle Menschen das einfach so machen. Schließlich
wurden die Meisten anders sozialisiert. Wir müssen also erst eine
Grundlage dafür schaffen.

Also können wir es auch gleich
lassen?

Auch nein. Als Revolutionär_Innen
wissen wir zwar, dass wir in der bürgerlichen Gesellschaft nicht
einfach so befreit leben können. Schließlich sind wir uns den
Zwängen, wie beispielsweise dem Zwang unsere Arbeitskraft verkaufen
zu müssen, nicht einfach so entledigen. Oder einfach so die Art und
Weise, wie wir sozialisiert wurden, abwaschen und neu anfangen. Aber
wir können uns den Mechanismen innerhalb der bürgerlichen
Gesellschaft bewusst sein. Wir können, aber müssen auch
gleichzeitig. Schließlich kämpfen wir für eine befreite
Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Das klappt am
besten, wenn wir schon im Hier und Jetzt für Verbesserungen kämpfen
und versuchen mit gesellschaftlichen Diskriminierungen einen Umgang
zu finden, statt das Ganze auf die Zeit „nach der Revolution“ zu
verschieben. Deswegen fordern wir beispielsweise: die
Vergesellschaftung der Hausarbeit, weil sie eine Grundlage des
Sexismus in der bürgerlichen Gesellschaft angreift, und eine enorme
Entlastung für die Arbeiter_Innenklasse wäre. Zudem haben wir uns
als Organisation dazu entschieden, aktiv sexuellen Konsens als
Bestandteil in unserer Debattenpraxis aufzunehmen. Erfolgreich kann
das Ganze aber nur sein, wenn wir dem System die Grundlage entziehen,
indem wir die bürgerliche Familie und die geschlechtlichen
Stereotype auf den Müllhaufen der Geschichte verbannen! Dies können
wir aber erst in einem System ohne Lohnarbeit machen, wo die
Entscheidung nicht mehr in den Händen der (meist männlichen)
herrschenden Klasse liegt. Deswegen müssen wir kollektiv die
Produktion in unseren Besitz nehmen, die Kernindustrien enteignen und
unter demokratische Planung der Arbeiter_Innenklasse stellen. Erst
dadurch können wir auch die Reproduktion der Arbeitskraft kollektiv
bestimmen und damit der doppelten Ausbeutung der Frau, Sexismus und
Rollenklischees den Boden entziehen. So wird sich auch die
Sozialisierung und das Recht auf guten Sex für alle, der nicht ins
Privatgespräch gedrängt wird, verändern.