Polizeigewalt und ihr Charakter – oder warum „All Cops are Bastards“

„Wir hörten Schreie, dann war es plötzlich still.“

So schildern Angehörige von S. die letzten Augenblicke seines Lebens. S. wurde vor einem Jahr von zwei Polizisten ermordet. Seine Eltern hatten die Polizei gerufen, da die Musik der Nachbarn zu laut war. Als die Polizei eintraf, muss es wohl zu einem Streit zwischen S. und den Beamten gekommen sein. Doch Anstatt die Situation zu klären und sich für die Begrenzung der Lautstärke einzusetzen, „bereinigten“ sie die Situation auf ihre Art und Weise. Sie zogen S. ins Treppenhaus und prügelten ihn die Treppe herunter, wobei er sich schwere Verletzungen zuzog. Anstatt ihm zu helfen oder erst einmal von ihm abzulassen, sprühten sie ihm Pfefferspray aus 10cm Entfernung ins Gesicht, sowie ins Treppenhaus, damit ihm niemand zu Hilfe kommen konnte. Der von den Eltern gerufene Krankenwagen kam zu spät, S. starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Täter wurden freigesprochen.

Das ist nur ein Beispiel massiver Polizeigewalt. Erinnern wir uns nur an Dennis, der in Schönfließ ermordet wurde. Auch hier kamen die Beamten mit milden Strafen davon: 2 Jahre Haft auf Bewährung. Zum Vergleich: ein geworfener Stein am 1. Mai kann bis zu 3 Jahre Knast nach sich ziehen. Aus diesen Anlässen heraus stellt sich unweigerlich die Frage nach der Herkunft dieser Gewalt und weshalb sie in der heutigen Gesellschaft toleriert wird.

Zunächst einmal besitzt jeder Staat ein Gewaltmonopol. Das heißt, dass der Staat Gewalt anwenden darf, natürlich nur zum „Schutz der Freiheit und der Demokratie“, andere dürfen dies jedoch nicht.

Die Polizei ist ein Teil der bewaffneten Organe des Staates, diese setzen die Interessen des kapitalistischen Staates durch. Neben willkürlichen Zielen dieser Gewalt, dient sie und das Gewaltmonopol an sich, der Aufrechterhaltung der bestehenden Herrschaftsverhältnisse. Logischerweise ist der heutige bürgerliche Staat daran interessiert, die jetzige Staatsform und Gesellschaftsordnung bestehen zu lassen, da die herrschende Klasse, das Kapital von ihr profitieren. Damit die Macht dieser herrschenden Klasse und ihr Profit weiter existieren, muss der Staat, inklusiv seiner politischen Marionetten, diese Ausbeutung und Unterdrückung täglich umsetzten. Da der Staat das politische Instrument der herrschenden Klasse ist, muss er also dafür sorgen. Somit muss auch die Polizei als Staatsorgan dafür sorgen.

Zusammengefasst würde das den hauptsächlichen Charakter der Polizeigewalt beschreiben, den Klassencharakter. Die Durchsetzung dieses Ziels ist auf jeder Demonstration zu sehen. Jeder Widerstand gegen die bestehende Gesellschaft, ganz egal ob aggressiv oder vollkommen friedlich, wird unterdrückt und wenn nötig „weggeprügelt“. Auch die Verfolgung und Kriminalisierung revolutionärer Gruppen und Aktionen schließt aus diesem Charakter!

Aber auch vermeintlich „unpolitische Aktionen“ wie Ladendiebstahl oder andere kleinkriminelle Delikte stellen einen Angriff auf die kapitalistische Eigentumslogik dar. Für diese Form der Polizeigewalt steht sinnbildlich das Beispiel des kleinkriminellen Dennis‘. Eine weitere Motivation die der Gewalt von Beamten immer öfter zu Grunde liegt, ist der Rassismus. Durch die bürgerliche Gesellschaft mittels Schergen wie Seehofer oder Sarrazin propagiert und durch Abschiebungen aktiv durchgeführt, macht sich in breiten Teilen der Gesellschaft ein bürgerlicher bzw. ökonomischer Rassismus breit. („Das Boot ist voll.“) Dieser sieht in Migrant_innen eine austauschbare Arbeitskraft, die weniger Lohn bekommen oder in illegalen Verhältnisse komplett rechtlos sind. Wenn diese nicht mehr gebraucht wird, muss der nun „nutzlose Mensch“ wieder „nach Hause“ gehen. Dies führt nicht nur zu einer steigenden Anzahl neofaschistischer Morde, sondern auch zu vermehrter rassistisch motivierter Polizeigewalt. Erinnert sei nur an Oury Jallouh, der in einer Zelle verbrannte, und die Beamten, die zu diesem Zeitpunkt anwesend waren, hinterher behaupteten, er habe sich selbst, obwohl an Händen und Füßen gefesselt, selbst angezündet. Jede_r, der/die schon einmal selbst in Gewahrsam gewesen ist und die akribische Durchsuchung selbst in jeder Körperöffnung erlebt hat, weiß, wie unrealistisch dieser Vorwurf und wie demütigend die Begegnung mit dem „Gewaltmonopol des Staates“ sein kann.

In diese Reihe gehört augenscheinlich auch der Fall von S. Am 05.März, gedachten Angehörige, Freund_innen und Aktivist_innen ihm und allen anderen Opfern polizeilicher Gewalt. Auch wir von REVOLUTION waren anwesend. Wir sagen: Aus Trauer muss Wut werden! Kämpfen wir gemeinsam gegen staatliche Repression und Polizeigewalt! Dabei kann unser Kampf nur eine Perspektive haben: Eine klassenlose Gesellschaft, in der das Gewaltmonopol aufgehoben ist und die Sicherheit, genauso wie die Arbeit und Verwaltung den Menschen, den Räten überlassen wird. Dann sind alle Schritte und Taten rechenschaftspflichtig und die Räte können die Verantwortlichen jederzeit abwählen – das ist demokratische Kontrolle der Gewalt, nicht die vermummten Schlägertrupps des kapitalistischen Staates, die ungestört prügeln und morden dürfen.