Sicher ist sicher!? – Was bringen uns die neuen Gesetzesverschärfungen wirklich?

VON JONATHAN FRÜHLING


Die jahrelange Besatzungs- und Kriegspolitik der Imperialisten im Nahen Osten hat Millionen ins Verderben gestürzt und viele Leute in die Arme islamistischer Terrorgruppen getrieben. Deshalb steigt auch die Terrorgefahr in Europa. Trotz alldem ist die Gefahr in Europa Opfer von Terrorismus zu werden natürlich verschwindend gering. In Deutschland starben im Jahr 2015 3475 Menschen an Verkehrsunfällen und laut dem Spiegel 300 an verschluckten Kugelschreiberteilen.
Allgegenwärtig ist dagegen rechte Gewalt: 2015 wurden fast 1000 rechte Gewalttaten registriert, was fast eine Verdoppelung zum Vorjahr ist. Wie krass diese Zahlen vom Staat geschönt sind wissen wir alle.


Die Stimmung in der Bevölkerung wird von Medien und Politik gezielt angeheizt, um Kriege wie in Syrien, Irak oder Afghanistan zu rechtfertigen und Geflüchtete zum Sündenbock zu machen. Das wirkt: Über 50% der Deutschen sieht in dem Zustrom von Flüchtlingen auch ein Problem von innerer Sicherheit. Über 70% sind sogar bereit für mehr Sicherheitsmaßnahmen hohe Kosten, mehr Überwachung und andere Einschränkungen in Kauf zu nehmen. Sie tun das aber auch, um die Menschen akzeptanzbereit gegenüber der Ausweitung der Befugnisse der Repressionsorgane zu machen.


Im Zuge des Kampfes gegen den Terrorismus sind in den letzten Jahren viele Ausweitungen der Rechte des BKA, BND, der Polizei und sogar der Bundeswehr beschlossen worden. Dieser Prozess hält auch immer noch an. Es lohnt sich deshalb zuschauen, was sich in den letzten Jahren beim Thema „Innere Sicherheit“ getan hat.


Bundeswehr im Inneren


Rechtliche Grundlage


Die Bundeswehr darf für den Katastrophenschutz, zur Verteidigung oder im Spannungsfalle zum Schutz ziviler Objekte eingesetzt werden. Würden also z.B. Ministerien von einer sozialen Bewegung besetzt werden könnte das Militär zu deren Schutz eingesetzt werden. Wenn die „freiheitlich demokratische Grundordnung der BRD in Gefahr ist“, kann die Bundeswehr auch zur Bekämpfung paramilitärischer Aufständischer eingesetzt werden.


Zivil-Militärische Zusammenarbeit (ZMZ) der Bundeswehr


Das Zentrum, welches 2013 in den Dienst gestellt wurde, stellt Ausbildung, Übung und Einsatz für Auslands- und Inlandseinsätze zur Verfügung. Es war schon in Kriegen auf der ganzen Welt beteiligt, wie z.B. in Afghanistan, Somalia, Uganda, dem Balkan und vielen weiteren Ländern.


Manöver


Außerdem organisiert das ZMZ das Manöver „Joint Cooperation“. Dabei wird die Einbindung ziviler Kräfte zum Schutz der Bevölkerung durch Hochwasser etc. während einer Aufstandsbekämpfung durch militärische Truppen geübt.
Im Februar 2017 wird die Bundeswehr zusammen mit der Polizei wieder ein großes Manöver durchführen, um die Terrorabwehr zu trainieren. Manöver mit anderen Schwerpunkten haben bereits seit 2004 ca. alle zwei Jahre unter dem Namen Lükex stattgefunden. 2004 waren bei dem Großmanöver sogar das BKA, der Inlandsgeheimdienst (Verfassungsschutz) und der Auslandsgeheimdienst (BND) beteiligt. Dabei soll die Handlungsfähigkeit von zivilen und militärischen Kräften verbessert werden.


Netzwerke


Die Bundeswehr ist schon bundesweit aufgestellt um im Inland Einsätze zu starten. Das „Kommando Territoriale Aufgaben“ verfügt über 457 Stützpunkte, denen jeweils 10 – 12 Reservisten angehören. Darüber hinaus gibt es sogenannte ZMZ Stützpunkte, die mit Räumungspanzern oder medizinischer Versorgung ausgestattet sind. Außerdem gibt es 30 aus Reservisten bestehende „Regionale Sicherungs- und Unterstützungskompanien“ (RUS), die bei Bedarf eingesetzt werden können. Die RUS trainieren Krisen – und Katastrophen Szenarien mit Bekämpfung widerständiger Bevölkerungsteile.


Das BKA


Das BKA-Gesetz


Beim BKA haben wir in den letzten Jahren eine massive Ausweitung der Kompetenzen gesehen. 2008 wurde das BKA-Gesetz verabschiedet, dass ermöglichte, Wohnungen zu verwanzen oder mit Minikameras auszustatten; auf einen richterlichen Beschluss hin dürfen sogar Telefonate abgehört und Computer durchsucht werden. Außerdem sind Standortermittlung und das Abhören von Telefonaten über das Internet erlaubt. Dies alles wird nicht nur in einem aktiven Bedrohungsfall, sondern auch im Vorfeld, zu „Gefahrenabwehr“, eingesetzt. Der BKA-Chef fordert sogar eine weitere Ausweitung der Überwachung: Er will das der sogenannten Staatstrojaner auch auf Handys und Tablets installiert werden darf, um Dienste, wie WhatsApp usw. auszuhorchen.
Im April 2016 hat das Verfassungsgericht sogar Teile des Gesetzes für verfassungswidrig erklärt, da es zu stark in die Privatsphäre eingreife. Nun sollen bis 2018 Kleinigkeiten nachgebessert werden. Alle grundsätzlichen Praxen bleiben aber erlaubt!


Erweiterung der IT-Abteilung


Des Weiteren wird die IT-Abteilung des BKA grundlegend umgebaut, wie auf der BKA-Herbsttagung im November 2016 angekündigt wurde. Dafür sollen ganze 1300 neue Stellen geschaffen und der Etat von 430 auf 574 Millionen erhöht werden.


Neues Sicherheitspaket


Ebenfalls im November hat sich die Regierung auf eine neues Sicherheitspaket geeinigt: Ein entsprechender Gesetzesentwurf wird zurzeit ausgearbeitet. Er soll sogar Fußfessel für „Extremisten“ (also theoretisch alle politische Gegner) beinhalten. Außerdem sollen Einbrüche und Angriffe gegen Polizisten in Zukunft härter bestraft werden. Auch die Ausweitung der Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen wird fokussiert.


Bundesnachrichtendienst


Auch die Befugnisse des BND werden durch ein 2017 in Kraft tretendes Gesetz erweitert. Es erlaubt das vollständige Abzapfen von Internetleitungen und damit eine pauschale Massenüberwachung. Außerdem sollen Daten des BND an die Polizei und an andere Geheimdienste weitergegeben werden. Das Gesetz lässt mit schwammigen Formulierungen viel Raum für Überwachung. So ist das Ausspähen von Personen und Institutionen möglich, „um die Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland zu wahren“ oder um „sonstige Erkenntnisse von außen- oder sicherheitspolitischer Bedeutung zu gewinnen“. Im Endeffekt werden also vor allem die bisherigen Praxen, die im Zuge des NSA-Skandals kritisiert wurden, legalisiert.
Außerdem soll der BND laut der Regierung 400 (!) neue Mitarbeiter_Innen bekommen und sogar einen eigenen Spionage Satelliten schicken. Für den Satelliten sind 400 Millionen Euro eingeplant.


Vorratsdatenspeicherung


2015 wurde das umstrittene Gesetz zur sogenannten Vorastdatenspeicherung beschlossen, welches Telekommunikationsunternehmen zwingt Nummern, Zeitpunkt, Dauern, Standorte und IP Adresse ihrer Kunden 10 Wochen zu speichern (Standorte nur 4 Wochen), damit Ermittler darauf zurückgreifen können.


Was bedeutet das Alles?


Wir lehnen entschieden alle Überwachung und Ausweitung der Rechte der Repressionsorgane ab! Warum? Weil solche Dienste das Gewaltmonopol des Staates ausbauen und stärken. Alle diese Maßnahmen können in Zukunft genauso gegen soziale Bewegungen eingesetzt und werden es heute schon.


Zusätzlich müssen wir uns gegen die Panikmache der Medien wenden. Opfer von Terrorismus in Deutschland zu werden ist immer noch viel unwahrscheinlicher, als in einem Auto zu sterben. Trotzdem wird antimuslimischer Rassismus geschürt und bekommt niemand kostenlose Bahntickets.
Wie viel schlimmer die Repression werden kann als heute in Deutschland, kann man sehr eindrücklich in Frankreich beobachten. Dort werden im Rahmen des Ausnahmezustandes tausende Personen und Wohnungen durchsucht, Leute wahllos schikaniert und sogar Residenzpflichten ausgesprochen. Diese Maßnahmen treffen vor allem nicht-weiße Menschen, aber auch politische Aktivist_Innen. Demonstrationen können einfach verboten werden, die Meinungsfreiheit wird eingeschränkt, wann es der Regierung gerade passt. Genau deshalb sollten wir gegen jede Verschärfung der Gesetze auf die Straße gehen!
Ein Ausgangspunkt für Protest gegen die Ausweitung der Repressionsgesetze wird auch der G20 Gipfel am 7. Und 8. Juni sein, auf dem die 20 mächtigen Staats und Regierungschefs 2017 hinter verschlossenen Türen nicht nur über Ausbeutung von anderen Ländern sprechen, sondern auch diskutieren, wie sie ihre Macht am besten halten können. Überwachung, sowie die Aufrüstung von Polizei und Militär sind ihre Mittel. Dagegen werden wir protestieren!


Nein zu allen Gesetzesverschärfungen zur Überwachung und Bespitzelung der Bevölkerung! Für den sofortigen Stopp mit der Vorratsdatensammlung und die Vernichtung der gesammelten Daten! Offenlegung aller geheimen Datensammlung!


Nein zu allen Einsätzen der Bundeswehr, ob nun im Innern oder im Ausland!


Nein zu den sogenannten „Antiterrorgesetzen“ auf EU-Ebene und in Deutschland! Für die Zerschlagung aller staatlichen Geheimdienste!
Schluss mit der Ausweitung der Rechten von Polizei & Bundeswehr! Raus mit ihnen aus Schulen, Universitäten und Jobcentern: Schluss mit der öffentlichen Werbung für’s Sterben!


Für eine Massenbewegung von Jugendlichen und Arbeiter_Innen, die gegen staatliche Repression und Überwachung kämpft!