Italiens letzte Perspektive – Klassenkampf

Seit Beginn der Krise in Europa, stellt sich trotz der immensen Anstrengung seitens Politik und Finanzwesen, trotz der aufgewendeten Unsummen für Rettungsschirme für Banken und Krisenländern, keine nennenswerte Besserung der Lage ein. Im Gegenteil scheinen die als einzige wahre Lösung propagierten Sparprogramme nicht nur nicht zu fruchten, sondern die Lage in den einzelnen Ländern noch verheerender zu gestalten als zuvor.

Spanien, Portugal und Griechenland führen einen Tanz am Abgrund auf. Mit ganz vorne dabei ist Italien. Das erschreckende für die europäische Lage ist jedoch, dass es sich bei Italien um die drittstärkste Wirtschaftsmacht Europas handelt, hinter Deutschland und Frankreich. Das Verhältnis der Schulden zum Bruttoninlandsprodukt beträgt bei Griechenland immense 160%, in Italien 120% und Portugal 110%. Die bürgerliche Lösung: Um die Staatshaushalte zu sanieren und den immensen Schulden Herr zu werden, muss gespart werden. Zwar propagierte man noch vor einiger Zeit in Deutschland den Erfolg der antizyklischen Wirtschaftspolitik (d.h. der Staat muss in Zeiten wirtschaftlicher Krisen Geld investieren und Schulden machen, um die Wirtschaft wieder anzutreiben), doch scheint nun das komplette Gegenteil das Gebot der Stunde zu sein.

Das deutsche Kapital diktiert auch in Italien immer mehr die Politik.

Unter deutscher Führung werden die Staaten Europas zu rigorosen Sparkursen gezwungen. Durch die immensen Einsparungen wird der noch verbliebene Anteil des Binnenmarktabsatzes zunichte gemacht und der Bevölkerung das nötige Geld genommen, überhaupt eine Konjunktur antreiben zu können. In einer Gesellschaft der die Löhne und Renten gekürzt werden, in der Arbeitsplätze zu hunderttausenden vernichtet werden, kann keiner Geld aufbringen irgendwelche Konsumgüter zu kaufen. Die Wirtschaftsleistung der Länder wird buchstäblich kaputt gespart. In Spanien wird sogar massiv an Bildung und Forschung gespart, was besonders der Jugend der nächsten Generationen schadet. Das konfuse Sparprogramm schaffte es sogar die Zinsen für spanische Anleihen wieder gefährlich nach oben zu treiben – ebenso auch die des Wackelkandidaten Italien. Ein weiterer Widerspruch der kapitalistischen Logik: Es ist der freie Markt selbst, also die Spekulationen auf den Bankrott eines Staates, der die Zinsen für Staatsanleihen nach oben treibt und die wirtschaftliche Lage verschärft. Noch am Abgrund wird jede Chance auf Profit genutzt und Öl ins Feuer gegossen.

Die Lage scheint nun wieder brisant wie zuvor. Selbst der Rettungsschirm von unglaublichen 800 Milliarden Euro reicht bei weitem nicht aus, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Rechnet man die bereits verplanten 300 Milliarden heraus bleiben gerade noch 500 übrig und alleine bei Spanien rechnet man schon mit einem Bedarf von 436Milliarden.

Diese Rahmenbedingungen verbessern die Situation in Italien nicht gerade. Auch dort wurde von den imperialistischen Führungsmächten Deutschland und Frankreich ein harter Sparkurs verordnet. Eine Perversion der europäischen Ordnung, aber ganz im Sinne des Kapitals. Zwar waren die europäischen Mächte offiziell als gleichberechtigte Partner gedacht, in Realität ist es jedoch so, dass die wirtschaftsstärksten nun die Kontrolle über die schwächsten übernommen haben. Angesichts der italienischen Schuldenlage hilft es da auch nicht die drittstärkste Wirtschaftsmacht in Europa zu sein. So wurde Italien, der Verfassung zum Trotz eine Expertenregierung aufgezwungen, welche genau das zu tun hat was Deutschland und Frankreich von ihr erwarten: Politik im Interesse des Kapitals zu betreiben, sozialen Kahlschlag zu betreiben und rigorose Sparprogramme durchzupeitschen (Ebenso wurde auch mit Griechenland verfahren). Hierin offenbart sich ein weiterer Widerspruch des Kapitalismus: Zwar propagiert man die heilige Allianz der freien Marktwirtschaft und der parlamentarischen Demokratie, aber angesichts der bedrohten Interessenlage des Kapitals wird letztere einfach ausgeschaltet. Man „vertraut“ nicht in die Politik der gewählten, italienischen Volksvertreter, geschweige denn in den Willen der Bevölkerung. Wie soll also eine Volksvertretung als solche noch irgendeine Legitimation besitzen wenn sie schon in Erfolgszeiten nach dem Willen der vermögenden Klasse handelt und in Krisenzeiten ganz ausgeschaltet wird – Das Prinzip des Pluralismus von Marktwirtschaft und Demokratie wurde öffentlich als Lüge entlarvt. Nicht das uns dieser Umstand groß in Erstaunen versetzte, vielmehr untermauerte er die Tatsache, dass die wirkliche politische Macht von der vermögenden Klasse, des Großkapitals ausgeht.

Regierung Monti – Interessenvertreter der Bourgeoisie

Monti, undemokratisch eingesetzter Technokrat - er selbst ist mit seiner persönlichen Geschichte ein Paradebeispiel neoliberaler Ideologie.

Tatsächlich handelt Mario Monti, neuer Regierungschef in Italien, auch genau nach deren Interessen. Nicht demokratisch gewählt sondern auf Druck von außen eingesetzt, früherer Berater der Investmentbank Goldmann Sachs, nun neoliberales Zugpferd für Italiens Politik. Auch das Parlament hat unter der Bevölkerung keinen guten Stand mehr und wird gemein hin nur noch die „Kaste“ genannt.

Das Programm Montis ist so auch ganz nach der neoliberalen Schule gestaltet:

  • Privatisierung staatlicher Unternehmen
  • Liberalisierungen in verschiedenen Branchen (Banken-, Tankstellen-, Apotheken- und Taxigewerbe
  • Erhöhung von Benzin-, Tabak-, und Mehrwertsteuer, Grundsteuer auf das erste Haus
  • Erhöhung des Renteneintrittsalters sowie absenken des Rentenniveaus
  • Angriffe auf Arbeitsrechte wie Kündigungsschutz und Aushebeln von Tarifverträgen
  • Einsparungen im Öffentlichen Dienst von 24 Milliarden an Stellen, Gehältern, Sozialleistungen und Bildung

Insgesamt ein harter Schlag für die arbeitende Bevölkerung, die Pensionäre und Jugendlichen des krisengeschüttelten Landes. Das offensichtliche Problem ist jedoch, dass der IWF schon jetzt mit einem Wirtschaftsrückgang von 2,2 Prozent rechnet und dieses Paket nicht gerade zu einer Besserung der Konjunktur im Sinne der italienischen Bevölkerung beitragen wird. Die Zulassung von Neuwagen sanken um auf 18,9%, die Einzelhandelsumsätze sanken seit 2008 um 6,3% – solche Maßnahmen haben zahlreiche Länder Südamerikas in den Ruin stürzen lassen. Sein Kommentar im Fernsehen zum Aufbrechen des Kündigungsschutzes blanker Hohn: Man müsse sich von der Idee eines festen Arbeitsverhältnisses verabschieden, und eine Festanstellung sei doch eintönig.

Und dennoch wird noch nicht geschlossen gegen den gefährlichen Technokraten vorgegangen. Im Gegenteil erfreute er sich noch einer gewissen Beliebtheit, da er schließlich den verhassten Vorgänger Berlusconi aus dem Amt verdrängte und mit seinem kompromisslosen Führungsstil besondere Schlagkraft bewies. Für die Presse stellt er die Rettungsfigur der italienisch-europäischen Tragödie dar, obwohl keiner so genau weiß, was denn seine Politik so genau für Auswirkungen haben wird. Wichtig ist nur: Zielgerichtet und so wirtschaftsliberal wie möglich. Die Einzigen, die profitieren sind die Kapitalisten Europas, das deutsche Kapital im speziellen. Der Vergleich mit anderen Ländern bezüglich der Auswirkungen dieser Politik, wird daher bewusst von den bürgerlichen Medien vermieden!

Die Rolle der italienischen Gewerkschaften

Die momentan einzige Kritik der bürokratischen Gewerkschaftsführung besteht darin zu bemängeln, dass sie nicht an den Verhandlungen über neue Kürzungen beteiligt wurden – für sinnvolle Sparmaßnahmen gegen die eigenen ArbeiterInnen sei man ja schließlich offen.Während die aktuelle Führung aus Sozialdemokraten und Gewerkschaftsbürokratie die „eigene Nation“, sprich das „eigene“ herrschende Klasse retten will, brodelt es hingegen an der Basis!

Ihnen ist sehr wohl klar, dass sie, wie der Rest Europas auch, von einer gravierenden politischen Entrechtung und einem sozialen Abstieg bedroht sind, wie in Griechenland und Spanien bereits gesehen. Es war dieser Druck der Basis, der am 12. Dezember letzten Jahres zum Generalstreik führte. Bisher hatte die reformistische Führung der Arbeiterklasse jedoch, noch genug bürokratische Machtmittel und Zuspruch der Basis um militantere Aktionen auszubremsen oder im Sande verlaufen zu lassen.

Kampf den Sparprogrammen und Reformen des Kapitals

Rom - 24 stündiger Generalstreik gegen die Sparpläne der Regierung.

Aber angesichts der aktuellen Bedrohung ist es gerade jetzt unerlässlich
für die italienische Arbeiterklasse und die Jugend einen entschlossenen Widerstand zu organisieren. Während der politische Druck auf die Gewerkschaftsführung weiter erhöht werden muss, sollten sich die Arbeiter_innen nicht scheuen auch ohne ihre offiziellen Führer Streiks selbst zu organisieren und die gemeinsame Aktion mit der europäischen Arbeiterbewegung zu suchen. Eintägige Streiks werden jedoch auf Dauer nur die Bewegungen ermüden – der unbefristete Generalstreik steht auf der Tagesordnung. Er ist das einfachste und wirkungsvollste Mittel dieser Ausbeuterpolitik Einhalt zu gebieten und den Mächtigen in Wirtschaft und Politik einen ernsthaften Schaden zuzufügen. Die Sparprogramme Europas stellen einen der gewaltigsten Raubzüge der Geschichte dar. In Italien und Griechenland nicht einmal mehr unter dem Deckmantel einer Legitimierten Regierung, findet eine unglaubliche Verteilung von Vermögen statt. Das Großkapital finanziert sich durch die Klasse der Lohnabhängigen und erwartet Gehorsam.

Der unbefristete Generalstreik stellt automatisch die Frage im Land, wer die Macht in den Händen hält. Sind es die Unternehmer, Banker, ihre Politiker im Parlament und ihre Bürokraten in den Ämtern, die ein Sparprogramm nach dem Anderen zugunsten der Profite des Kapitals beschließen oder ist es die Arbeiterklasse, sind es die armen Jugendlichen, Rentner und Arbeitslose, die nicht nur eine Welt fern von Ausbeutung und Unterdrückung schaffen können, sondern es auch praktisch wollen! Der unbefristete Generalstreik verschafft der Arbeiterklasse die Möglichkeit sich ihrer eigenen Macht bewusst zu werden, sowie eigene Räte-Strukturen aufzubauen mit deren Hilfe ein revolutionäres Programm, sowie weitere Aktionen innerhalb der Bewegung diskutiert und beschlossen werden können.

Schlüsselindustrien müssen Enteignet und die Produktion unter Arbeiterkontrolle organisiert werden. Betriebe die Entlassungen planen müssen unter die Kontrolle von Arbeiterräten, die Erfolge durch gewählte Milizen verteidigt werden. Staatliche Investitionsmaßnahmen in Forschung, Bildung und Infrastruktur, sowie die Absicherung sozialer Leistungen müssen durch die Vermögen des Großkapitals finanziert werden. Die Macht des Bankensektors muss durch eine zentrale Staatsbank unter Rätekontrolle ersetzt werden. Das bürgerliche Parlament muss durch die Massen gestürzt und durch eine der Revolution verpflichtete Regierung der Arbeiterparteien ersetzt werden. Für einen übergreifenden Erfolg müssen diese Aktionen international koordiniert werden – nur auf globaler Ebene kann das System endgültig aus den Angeln gehoben werden, kann eine sozialistische Gegenpolitik betrieben werden. Die Durchführung eines solchen Programms kann nur durch die Schaffung einer revolutionären Partei, seitens der kämpfenden Arbeiterklasse und der Basis der Gewerkschaften, vorangetrieben werden. Italien und die Länder Südeuropas sind ein Beispiel dafür welche Maßnahmen Europa noch drohen. Italien, Griechenland, Spanien oder Portugal können aber auch die Länder sein, in denen die Arbeiterklasse den Herrschenden Europas und in Deutschland zeigen was ihnen drohen kann – die sozialistische Revolution!





Erster Mai 2012 – Generalstreik Europaweit, Revolution International!

Das deutsche Kapital bestimmt in Griechanland und ganz Europa, wie die Lohnabhängigen und Jugendlichen für die Krise zu zahlen haben!

Die letzten drei Jahre waren weltweit durch eine neue Welle massiver sozialer Angrifffe gekennzeichnet. Drastische Sparpakete wurden in fast allen europäischen Ländern geschnürt. Es gab hunderttausende Entlassungen in Ländern wie Griechenland, Italien, Spanien und Großbritannien, Löhne wurden gekürzt und Sozialausgaben gestrichen, während Milliarden zur Rettung von Banken und Konzernen bereitgestellt wurden. Das Kapital machte eindeutig klar, dass die einfache Bevölkerung für die Krise des Kapitalismus zahlen soll!

Diese Umverteilungspolitik, die vor allem in Süd- und Osteuropa zu fortschreitender Verarmung und Verelendung führt, wurde zunehmend von Schreibtischen der deutschen Wirtschaft und ihrer Regierung diktiert.

"Wir sind es Wert." - Wie viel waren sich wohl die Bürokraten Bsirske und Co. Wert, als sie die Tarifrunde dieses Jahr ausverkauften?

Gleichzeitig fanden und finden dieses Jahr in Deutschland wichtige Tarifkämpfe statt, die nicht nur ökonomische Forderungen aufwerfen. Nachdem die faulen Kompromisse der letzten zehn Jahre zwischen DGB-Führung und Kapital, zu Reallohnverlusten, Lohnverzicht und Standortpatriotismus führten, gibt es immer mehr Gründe, um dem eine klassenkämpferische Perspektive entgegen zu setzten – besonders nachdem die Ver.di Führung einem weiteren faulen Kompromiss zustimmte! Es geht also darum, dass die deutschen Arbeiter_innen mit der sozialdemokratischen Führung aus DGB-Bürokratie, SPD und LINKE brechen, die den sozialen Frieden im „Heimatland“ um jeden Preis aufrechterhalten, der es dem deutschen Kapital ermöglicht in ganz Europa die Axt des sozialen Kahlschlags zu schwingen!

Erster Mai 2010 in Istanbul - solche geeinten Massendemonstrationen von Gewerkschafter_Innen, Jugendlichen, Erwerbslosen, Migrant_innen und politischen Organisationen der Arbeiterklasse müssen auch in Deutschland wieder das Geschehen beeinflussen!

Die sozialen Angriffe die gerade in Griechenland getestet werden, können in Zukunft auch uns treffen. Was wir brauchen sind daher europaweite Verbindungen des politischen und gewerkschaftlichen Widerstands, damit in den nächsten Jahren soziale Auseinandersetzungen wieder gewonnen werden. Denn der Hauptfeind steht im „eignen“ (Deutsch-) Land!

Trotzdem wäre es, angesichts eines international organisierten Gegners falsch nur eine europäische Perspektive der Bewegung zu entwickeln. Nur eine weltweit koordinierte Widerstandsbewegung, gestützt auf die Lohnabhängigen und die Jugend, kann einen effektiven Kampf gegen die Verschlechterung unserer Lebensverhältnisse führen und uns zurück in die Offensive bringen.

Die Generalstreiks in Griechenland und Spanien, Massenproteste in Russland, Ungarn, Großbritannien und Italien haben gezeigt, dass Widerstand möglich ist – das die Massen bereit sind für ihre Rechte zu kämpfen. Dieser Wille zu Veränderungen, gekoppelt mit einem revolutionären Programm, könnte dieses System nicht nur ins wanken, sondern zu Fall bringen. Lasst uns daher dieses Jahr den 1. Mai wieder zu einem Tag der international koordinierten Massenaktion machen. Für einen Kampftag der Arbeiterklasse der einen ersten Schritt im Kampf gegen das deutsche Kapital, gegen die internationale Krise und für eine globale Anti-Krisenbewegung macht!

Revolutionärer erster Mai, 2009 in Berlin - REVOLUTION war selbst im vorderen Teil des Jugendblocks als kämpferische und lautstarke Kraft deutlich erkennbar. Auch dieses Jahr wollen wir wieder mit dir für eine revolutionäre Politik auf die Demonstrationen an diesem Tag gehen!

Beteiligt euch in klassenkämpferischen und antikapitalistischen Blocks an den gewerkschaftlichen und revolutionären Demonstrationen gemeinsam mit REVOLUTION! Lasst uns jetzt für folgende Forderungen kämpfen:

  • Für einen Mindestlohn von 11€/Stunde, egal welchen Alters, Geschlechts oder Herkunft! Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich!
  • Für die Zurücknahme aller Spar- und Kürzungspakete! Für die Streichung aller Schulden von Ländern wie Griechenland, Spanien und Italien!
  • Entschädigungslose Enteignung aller Konzerne, die Entlassungen, Schließungen oder massive Lohnkürzungen androhen! Für die Verstaatlichung der Banken zu einer zentralen Staatsbank unter Arbeiterkontrolle, macht den Spekulationen auf Zinsen, Schulden und Lebensmittel ein Ende!
  • Für den Aufbau lokaler Aktionskomitees und deren bundesweite und internationale Vernetzung! Für ein europaweites Aktionsbündnis der Gewerkschaften, Arbeiterparteien und linken Jugend-, Frauen- und Migrantenorganisationen! Für europaweit koordinierte Massenaktionen, mit dem Ziel unbefristeter Generalstreiks, die die Regierungen des Kapitals stürzen können!
  • Für eine neue revolutionären Jugendinternationale! Für eine revolutionäre Weltpartei der Arbeiterklasse – Für den Aufbau der fünften Internationale!



Regierungskrise: Schwarz-Gelb vor dem Kollaps?

Trotz der politischen Sommerpause hat sich die Krise der Regierung vertieft. Die anschließenden Landtagswahlen und die weitere Zuspitzung der Schuldenkrise beschleunigen den Zerfall dieser Bundesregierung. Mitte September ließ sich sogar der Fraktionsvize der FDP-Bundestagsfraktion, Zastrow, zu der Aussage hinreißen: „Wenns nicht klappt in einer Koalition, muss man auch überlegen, diese zu beenden“. Aktueller Anlass für diese Endzeitstimmung ist die Diskussion um eine „geordnete Insolvenz“ für Griechenland. Diese brachte Vizekanzler Rösler (FDP) ins Gespräch. Gegen die EU-Rettungsfonds und Rettungsschirme (ESFS und ESM) betrieb die FDP Landtagswahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin – im Widerspruch zur offiziellen Politik der Bundesregierung. Trotz der Wahlkampfrhetorik gegenüber dem EU-Rettungsschirm konnte die FDP bei den Wahlen ihren Niedergang nicht aufhalten, in beiden Bundesländern liegt sie noch hinter der NPD. Selbst die wieder entdeckte „Zweitstimmen“ Kampagne, welche vor allem CDU-WählerInnen anlocken sollte, schlug fehl, die FDP verlor viele Stimmen an die CDU. Nach den Wahlen kam die CSU der FDP zu Hilfe. Auch sie verschärft die Rhetorik in der Schuldenkrise. Selbst bürgerliche Kommentatoren sprechen inzwischen von einem möglichen Regierungsende, einige Abgeordnete aus beiden Regierungsfraktionen werden als „Euro-Rebellen“ vorgezeigt.

Die Schuldenkrise und die Interessen des Kapitals

FDP Wahlplakat von 1949

Offiziell waren Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble nicht sonderlich begeistert über die Vorstöße des Vizekanzlers, allerdings müssen wir diesen Konflikt vor dem Hintergrund der Interessen des deutschen Kapitals betrachten. Vizekanzler Rösler war bemüht, seine Insolvenzandrohungen als Teil der gesamten Diskussion darzustellen und dass es gar keinen Widerspruch zur Politik der CDU gibt. Das griechische Sparpaket bspw. wurde größtenteils von deutschen Bürokraten entworfen, die Schuldenbremse für die EU ist auch die Erfindung des deutschen Kapitals. Rösler bringt einfach die Drohung bei Nicht-Befolgung dieser Maßnahmen auf den Punkt: entweder die Diktate aus Berlin/Brüssel werden befolgt oder wir schicken eine Volkswirtschaft in die Insolvenz, mal abgesehen davon, dass keiner weiß, wie das aussehen soll. Somit verstärkt Rösler nur den Druck für die griechische Regierung, neue und härtere Sparmaßnahmen durchzusetzen.

Warum bekommt diese „bürgerliche“ Regierung in einer tiefen Wirtschaftskrise solche inneren Probleme? Zum einen muss die Bundesregierung als „ideeller Gesamtkapitalist“ auftreten, d.h. die grundlegenden objektiven Interessen des deutschen Kapitals umsetzen – als Klassenherrschaft gegen die Mehrheit, das Proletariat. In dieser Funktion wird eine Bundesregierung meist geleitet von den stärksten Sektoren des nationalen Kapitals, in unserem Fall das Exportkapital und der Finanzmarkt. Allerdings vertritt diese Koalition auch alle anderen Sektoren des Kapitals, auch jener, die in der Konkurrenz mit den starken Sektoren unterliegen und möglicherweise auch abweichende Interessen haben.

Gerade die Diskussion um die „Rettungsschirme“ zeigt diese inneren Widersprüche des Kapitals. Der Finanzmarkt braucht neue Milliarden als Bürgschaften und Spekulationsmunition und das Exportkapital braucht zahlungsfähige Absatzmärkte – dafür muss die Bundesregierung in erster Linie Politik machen. Wem diese Politik nützt, ist v.a. den anderen Kapitalsektoren, den kleinbürgerlichen Schichten völlig klar – so erklärt sich auch z.T. der FDP-Amoklauf. Hier fühlen sich einige Kapitalisten nicht richtig vertreten von ihrer „Wunschregierung“. Die Androhung einer „geordneten Insolvenz“ von Rösler hätte auch bedeutet, dass Kapitalfraktionen (Export und Finanzmarkt) auf ihre Gewinne in und an Griechenland hätten verzichten müssen – hier geht es um Profitinteressen und Profitabsicherung.

Diese Konflikte werden nun offen in der Koalition ausgetragen, dies ist sicher neu für christlich-liberale Koalitionen, aber deswegen wird diese Koalition auf keinen Fall von selbst aufgeben, sondern sich zumindest bis zur Wahl 2013 schleppen. Auch wenn das angesichts des Zustands der FDP derzeit wenig sicher scheint, so kann der Parteispitze zumindest soviel Verstand zugetraut werden, nicht jetzt auf Neuwahlen zu spekulieren

2013 würde noch eine Chance bestehen, in den Bundestag einzuziehen, derzeit würde die FDP sich bei einem Koalitionsbruch quasi selbst liquidieren. Spätestens diesen Fakt wird Kanzlerin Merkel den möglichen „Abweichlern“ einbläuen, zumindest für die Abstimmungen, bei denen die eigene Mehrheit stehen muss. Zwar ist bei Merkel derzeit auch wenig Souveränität zu erblicken, aber zumindest Sarkozy hat sie in Sachen Schuldenbremse und rechtliche Richtlinien für den ESFS auf Linie gebracht, dort handelt Merkel durchaus als ideeller Gesamtkapitalist für das deutsche Kapital. Trotz dieser tiefen Krise der Regierung, den widerstreitenden Kapitalfraktion bei Schwarz/Gelb, kann diese Bundesregierung sich auf zwei wichtige Unterstützer verlassen: die Gewerkschaftsführung und die Oppositionsparteien.

Parlamentarismus ohne Opposition

Die Abstimmung über den EU-Rettungsfond wird ein erster Test für die Mehrheitsverhältnisse in der Regierungskoalition. Gleichzeitig wird diskutiert, den Rettungsschirm ESM vorzuziehen, auch wenn Merkel sich manch eigener Abgeordneter nicht sicher sein kann – bei SPD und Grünen kann sie sicher sein. Diese beiden Parteien werden wahrscheinlich zu größeren Teilen für die EU-Maßnahmen stimmen, schließlich haben sie auch keine Alternative zu dieser Politik.

Die Kritik von SPD und Grünen geht eher in die Richtung, dass sie Merkel Langsamkeit vorwerfen und der Regierung eine schlechte Informationspolitik unterstellt wird. Somit werden die Stimmen der SPD und den Grünen die Merkel-Regierung erst mal stützen. Hier zeigt sich wieder einmal, was „demokratischer Parlamentarismus“ so wert ist. Wenn es um die Unterstützung der Finanzmärkte geht, gibt es nur eine Meinung, ebenso bei den Sparpaketen gegen Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und Italien. Etwas Opposition kommt dann bei den Forderungen nach den „Euro Bonds“, welche besonders stark von Linkspartei und DGB gefordert werden – zumindest einen Unterschied zu Schwarz/Gelb gibt es noch.

Bei den geforderten „Euro Bonds“ haben wir es aber auch nicht mit einer realen Alternative, geschweige denn mit einer kämpferischen Alternative gegen die Schuldenkrise zu tun. Die Idee, den Euroraum als eine Anleihe zu handeln, würde voraussetzen, dass es auch ein geeintes europäisches Kapital gibt – dem ist aber nicht so. Von daher agieren Linkspartei und DGB zwar schon mal als „ideeller Gesamtkapitalist“ der EU, doch leider ist das Kapital noch nicht so weit wie die Reformisten.

Bislang profitiert das deutsche Kapital von der Schuldenkrise, es kann zu niedrigen Zinsen Kredite aufnehmen. Die „Euro Bonds“ würden einen Wettbewerbsvorteil des deutschen Kapitals eingrenzen, aber die EU als Währungsraum stärker gegenüber den USA in Stellung bringen. Soviel zu den „strategischen Ideen“ der LINKEN und der reformistischen Spitzen.

Besonders während einer Wirtschafts- und Schuldenkrise können wir sehen, wie überflüssig die parlamentarische Demokratie eigentlich ist bzw. welchen Interessen sie dient. Ob es die Rettungspakete in Deutschland oder die Euro-Rettung 2010 waren: Wenn der Finanzmarkt nach frischem Kapital ruft, folgt das Parlament wie selbstverständlich.

Noch deutlicher wurde diese Überflüssigkeit bei den letzten Wahlen in Portugal und Irland. Obwohl die jeweilige Opposition natürlich im Wahlkampf bessere Konditionen gegenüber der EU aushandeln wollte, manchmal sogar keine Rettung durch die EU in Anspruch nehmen wollte (Irland), sah es nach den Wahlen anders aus. Nach den Wahlen gab es Verhandlungen und den „Druck der Finanzmärkte“, sprich: die Anweisungen des Finanzkapitals. Sofort waren die Parteien, die davor noch gegen die EU und die Sparmaßnahmen im Wahlkampf gewettert hatten, handzahm.

So unterstützen z.B. die „Wahren Finnen“ (Finnland) oder die „Freiheit“ aus den Niederlanden, die Fonds und Schirme, ebenso wie die neuen Regierungen in Irland und Portugal die Anweisungen aus Brüssel befolgen. Die parlamentarische Demokratie kommt somit auch in dieser Krise an ihr gerechtes Ende. Für alle ist es sichtbar, dass diese Parlamente und Parteien Politik fürs Kapital machen und für niemand anders.
Wer in Deutschland auf ein schnelles Ende von Merkel setzt, auf mögliche Vertrauensfragen hofft etc., der unterschätzt, dass es a) eine große Koalition im Bundesrat gibt, b) auch die Grünen mitmachen dürfen und c) weder das Kapital noch die SPD eine Alternative zu Merkel hat. Ein Beispiel dafür ist die öffentliche Diskussion um einen Kanzlerkandidaten Steinbrück. Dieser war mit Merkel zusammen in der Großen Koalition äußerst verlässlich fürs Kapital. Wenn jetzt der Papst auch noch die „ökologische Bewegung“ lobt, ist zumindest auch Schwarz/Grün für 2013 noch nicht ganz vom Tisch.

Wiederholt haben wir beschrieben, welche Politik des Widerstands
nötig sein wird – gegen die Regierung, aber auch gegen die reformistischen Führungen in den Gewerkschaften. Die nächste Rezession ist im Anrollen, die Möglichkeit, dass daraus eine Depression wird, ist vorhanden und damit stehen auch die nächsten Sparpakete und Kürzungen vor der Tür.

Widerstand!

Wir müssen eine europaweite Solidarität und Koordinierung von kämpferischen AktivistInnen aufbauen, damit wir auch in Deutschland gegen die Sparpakete gegen Griechenland Widerstand mobilisieren können! Wenn in der BRD die Opposition schon keine Alternative zur Politik der Regierung und dem Kapital hat, dann müssen wir für eine andere Lösung an den Schulen, den Unis, den Betrieben und Stadtteilen diskutieren – wir brauchen Klassenkampf gegen die Krise! Das erste Sparpaket ging in der BRD relativ geräuschlos durch alle Instanzen, bei den nächsten Sparangriffen, dem nächsten Konjunktureinbruch müssen wir für die Wiederbelebung der „Anti-Krisen-Bündnisse“ werben, müssen breiten Widerstand organisieren. Das Kapital streitet in seiner Regierung, das Kapital will die Kosten der Krise auf uns abwälzen und streitet nur über den besten Weg. Anstatt der Politik den Rücken zu kehren, müssen wir unsere Politik formulieren – eine Politik gegen Merkel, die Sparpakete und die Krise, eine sozialistische klassenkämpferische Politik.

Ein Artikel von Tobi Hansen, Gruppe Arbeitermacht




IDC – junge Revolutionäre diskutieren über Weltlage

Vom 05. bis 08. August fand die internationale Delegiertenkonferenz von REVOLUTION, die alle zwei Jahr tagt, in London statt. Auf unserer Konferenz, die über die wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Weltereignisse diskutierte, um die Schlussfolgerungen für unsere tagtäglichen Kämpfe, sowie unseren Organisationsaufbau zu ziehen, waren über 30 Genoss_innen aus Österreich, Großbritannien, Deutschland und Schweden anwesend. Leider konnten unsere Genoss_innen aus Sri Lanka, Nepal und Pakistan, aufgrund der rassistischen Einwanderungsbestimmungen der EU, die wir aufs tiefste verurteilen, nicht teilnehmen!

Trotz dieses Mangels war die Konferenz ein großer Erfolg! Neben ausführlichen Diskussionen über die Krise, die Sparpakete, die Aufstände im arabischen Raum und den Widerstand in Europa, sowie die Situation in den Halbkolonien, konnten wir auch eine positive Bilanz unseres eigenen Organisationsaufbaus ziehen. Wir nahmen ein Aufgabenpapier für die kommenden Kämpfe an und wählten eine neue internationale Leitung. Der Höhepunkt unserer Konferenz war die Annahme unseres neuen Manifestes, das einen besonderen Schwerpunkt auf die Krise des Kapitalismus und den weltweit erneut aufflammenden Widerstand setzt.

Zum Ende sangen wir gemeinsam die Internationale, mit dem Bewusstsein, dass große Aufgaben, aber auch große Chancen vor unserer Organisation liegen!

Vorwärts zu einer neuen Jugendinternationale, Vorwärts zu einer kommunistischen fünften Internationale, Vorwärts zur Revolution!




Internationaler Solidaritätsaufruf: Fight police violence, racism and poverty!

Das internationale REVOLUTION Sommercamp, dass momentan in London stattfindet, hat einen Aufruf für europaweite (und darüber hinaus gehende) Solidarität verfasst, den ihr unten finden könnt.

Wir bitten alle politischen Organisationen und Einzelpersonen diesen zu unterzeichnen, damit wir ihn in die britische Linke und Arbeiterbewegung tragen können, um ihnen gegen die bürgerliche Hetze den Rücken zu stärken!

Bitte meldet euch unter: germany@onesolutionrevolution.de mit Namen, Synonym oder dem Namen eurer Organisation/ Gruppe, wenn ihr unseren Aufurf Unterstützen wollt und stellt ihn auf eure Website, Facebookseiten etc. oder leitet ihn per Mail weiter!

The rioting on British streets over the last few days shows the devastating impact that racism and poverty, compounded by vicious spending cuts can have on working class communities.

Although it was the unjustice of the police that caused recent events, they are now attacking working class and migrant communities with mass arrest, extreme violence and criminalisation by the media.

Fascist organisations such as the English Defence League are using the situation to carry out racist attacks in the name of ‚restoring order.‘

As anti-racists and anti-fascists from across Europe, we stand in solidarity with working class and migrant communities suffering from this repression, and defend them against the attacks by racists and the police.

We call for actions of solidarity to take place in every country, and for an end to racism, repression and violence.

Unterstützer_innen: REVOLUTION – internationale kommunistische Jugendorganisation, Angie