Italiens letzte Perspektive – Klassenkampf

Seit Beginn der Krise in Europa, stellt sich trotz der immensen Anstrengung seitens Politik und Finanzwesen, trotz der aufgewendeten Unsummen für Rettungsschirme für Banken und Krisenländern, keine nennenswerte Besserung der Lage ein. Im Gegenteil scheinen die als einzige wahre Lösung propagierten Sparprogramme nicht nur nicht zu fruchten, sondern die Lage in den einzelnen Ländern noch verheerender zu gestalten als zuvor.

Spanien, Portugal und Griechenland führen einen Tanz am Abgrund auf. Mit ganz vorne dabei ist Italien. Das erschreckende für die europäische Lage ist jedoch, dass es sich bei Italien um die drittstärkste Wirtschaftsmacht Europas handelt, hinter Deutschland und Frankreich. Das Verhältnis der Schulden zum Bruttoninlandsprodukt beträgt bei Griechenland immense 160%, in Italien 120% und Portugal 110%. Die bürgerliche Lösung: Um die Staatshaushalte zu sanieren und den immensen Schulden Herr zu werden, muss gespart werden. Zwar propagierte man noch vor einiger Zeit in Deutschland den Erfolg der antizyklischen Wirtschaftspolitik (d.h. der Staat muss in Zeiten wirtschaftlicher Krisen Geld investieren und Schulden machen, um die Wirtschaft wieder anzutreiben), doch scheint nun das komplette Gegenteil das Gebot der Stunde zu sein.

Das deutsche Kapital diktiert auch in Italien immer mehr die Politik.

Unter deutscher Führung werden die Staaten Europas zu rigorosen Sparkursen gezwungen. Durch die immensen Einsparungen wird der noch verbliebene Anteil des Binnenmarktabsatzes zunichte gemacht und der Bevölkerung das nötige Geld genommen, überhaupt eine Konjunktur antreiben zu können. In einer Gesellschaft der die Löhne und Renten gekürzt werden, in der Arbeitsplätze zu hunderttausenden vernichtet werden, kann keiner Geld aufbringen irgendwelche Konsumgüter zu kaufen. Die Wirtschaftsleistung der Länder wird buchstäblich kaputt gespart. In Spanien wird sogar massiv an Bildung und Forschung gespart, was besonders der Jugend der nächsten Generationen schadet. Das konfuse Sparprogramm schaffte es sogar die Zinsen für spanische Anleihen wieder gefährlich nach oben zu treiben – ebenso auch die des Wackelkandidaten Italien. Ein weiterer Widerspruch der kapitalistischen Logik: Es ist der freie Markt selbst, also die Spekulationen auf den Bankrott eines Staates, der die Zinsen für Staatsanleihen nach oben treibt und die wirtschaftliche Lage verschärft. Noch am Abgrund wird jede Chance auf Profit genutzt und Öl ins Feuer gegossen.

Die Lage scheint nun wieder brisant wie zuvor. Selbst der Rettungsschirm von unglaublichen 800 Milliarden Euro reicht bei weitem nicht aus, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Rechnet man die bereits verplanten 300 Milliarden heraus bleiben gerade noch 500 übrig und alleine bei Spanien rechnet man schon mit einem Bedarf von 436Milliarden.

Diese Rahmenbedingungen verbessern die Situation in Italien nicht gerade. Auch dort wurde von den imperialistischen Führungsmächten Deutschland und Frankreich ein harter Sparkurs verordnet. Eine Perversion der europäischen Ordnung, aber ganz im Sinne des Kapitals. Zwar waren die europäischen Mächte offiziell als gleichberechtigte Partner gedacht, in Realität ist es jedoch so, dass die wirtschaftsstärksten nun die Kontrolle über die schwächsten übernommen haben. Angesichts der italienischen Schuldenlage hilft es da auch nicht die drittstärkste Wirtschaftsmacht in Europa zu sein. So wurde Italien, der Verfassung zum Trotz eine Expertenregierung aufgezwungen, welche genau das zu tun hat was Deutschland und Frankreich von ihr erwarten: Politik im Interesse des Kapitals zu betreiben, sozialen Kahlschlag zu betreiben und rigorose Sparprogramme durchzupeitschen (Ebenso wurde auch mit Griechenland verfahren). Hierin offenbart sich ein weiterer Widerspruch des Kapitalismus: Zwar propagiert man die heilige Allianz der freien Marktwirtschaft und der parlamentarischen Demokratie, aber angesichts der bedrohten Interessenlage des Kapitals wird letztere einfach ausgeschaltet. Man „vertraut“ nicht in die Politik der gewählten, italienischen Volksvertreter, geschweige denn in den Willen der Bevölkerung. Wie soll also eine Volksvertretung als solche noch irgendeine Legitimation besitzen wenn sie schon in Erfolgszeiten nach dem Willen der vermögenden Klasse handelt und in Krisenzeiten ganz ausgeschaltet wird – Das Prinzip des Pluralismus von Marktwirtschaft und Demokratie wurde öffentlich als Lüge entlarvt. Nicht das uns dieser Umstand groß in Erstaunen versetzte, vielmehr untermauerte er die Tatsache, dass die wirkliche politische Macht von der vermögenden Klasse, des Großkapitals ausgeht.

Regierung Monti – Interessenvertreter der Bourgeoisie

Monti, undemokratisch eingesetzter Technokrat - er selbst ist mit seiner persönlichen Geschichte ein Paradebeispiel neoliberaler Ideologie.

Tatsächlich handelt Mario Monti, neuer Regierungschef in Italien, auch genau nach deren Interessen. Nicht demokratisch gewählt sondern auf Druck von außen eingesetzt, früherer Berater der Investmentbank Goldmann Sachs, nun neoliberales Zugpferd für Italiens Politik. Auch das Parlament hat unter der Bevölkerung keinen guten Stand mehr und wird gemein hin nur noch die „Kaste“ genannt.

Das Programm Montis ist so auch ganz nach der neoliberalen Schule gestaltet:

  • Privatisierung staatlicher Unternehmen
  • Liberalisierungen in verschiedenen Branchen (Banken-, Tankstellen-, Apotheken- und Taxigewerbe
  • Erhöhung von Benzin-, Tabak-, und Mehrwertsteuer, Grundsteuer auf das erste Haus
  • Erhöhung des Renteneintrittsalters sowie absenken des Rentenniveaus
  • Angriffe auf Arbeitsrechte wie Kündigungsschutz und Aushebeln von Tarifverträgen
  • Einsparungen im Öffentlichen Dienst von 24 Milliarden an Stellen, Gehältern, Sozialleistungen und Bildung

Insgesamt ein harter Schlag für die arbeitende Bevölkerung, die Pensionäre und Jugendlichen des krisengeschüttelten Landes. Das offensichtliche Problem ist jedoch, dass der IWF schon jetzt mit einem Wirtschaftsrückgang von 2,2 Prozent rechnet und dieses Paket nicht gerade zu einer Besserung der Konjunktur im Sinne der italienischen Bevölkerung beitragen wird. Die Zulassung von Neuwagen sanken um auf 18,9%, die Einzelhandelsumsätze sanken seit 2008 um 6,3% – solche Maßnahmen haben zahlreiche Länder Südamerikas in den Ruin stürzen lassen. Sein Kommentar im Fernsehen zum Aufbrechen des Kündigungsschutzes blanker Hohn: Man müsse sich von der Idee eines festen Arbeitsverhältnisses verabschieden, und eine Festanstellung sei doch eintönig.

Und dennoch wird noch nicht geschlossen gegen den gefährlichen Technokraten vorgegangen. Im Gegenteil erfreute er sich noch einer gewissen Beliebtheit, da er schließlich den verhassten Vorgänger Berlusconi aus dem Amt verdrängte und mit seinem kompromisslosen Führungsstil besondere Schlagkraft bewies. Für die Presse stellt er die Rettungsfigur der italienisch-europäischen Tragödie dar, obwohl keiner so genau weiß, was denn seine Politik so genau für Auswirkungen haben wird. Wichtig ist nur: Zielgerichtet und so wirtschaftsliberal wie möglich. Die Einzigen, die profitieren sind die Kapitalisten Europas, das deutsche Kapital im speziellen. Der Vergleich mit anderen Ländern bezüglich der Auswirkungen dieser Politik, wird daher bewusst von den bürgerlichen Medien vermieden!

Die Rolle der italienischen Gewerkschaften

Die momentan einzige Kritik der bürokratischen Gewerkschaftsführung besteht darin zu bemängeln, dass sie nicht an den Verhandlungen über neue Kürzungen beteiligt wurden – für sinnvolle Sparmaßnahmen gegen die eigenen ArbeiterInnen sei man ja schließlich offen.Während die aktuelle Führung aus Sozialdemokraten und Gewerkschaftsbürokratie die „eigene Nation“, sprich das „eigene“ herrschende Klasse retten will, brodelt es hingegen an der Basis!

Ihnen ist sehr wohl klar, dass sie, wie der Rest Europas auch, von einer gravierenden politischen Entrechtung und einem sozialen Abstieg bedroht sind, wie in Griechenland und Spanien bereits gesehen. Es war dieser Druck der Basis, der am 12. Dezember letzten Jahres zum Generalstreik führte. Bisher hatte die reformistische Führung der Arbeiterklasse jedoch, noch genug bürokratische Machtmittel und Zuspruch der Basis um militantere Aktionen auszubremsen oder im Sande verlaufen zu lassen.

Kampf den Sparprogrammen und Reformen des Kapitals

Rom - 24 stündiger Generalstreik gegen die Sparpläne der Regierung.

Aber angesichts der aktuellen Bedrohung ist es gerade jetzt unerlässlich
für die italienische Arbeiterklasse und die Jugend einen entschlossenen Widerstand zu organisieren. Während der politische Druck auf die Gewerkschaftsführung weiter erhöht werden muss, sollten sich die Arbeiter_innen nicht scheuen auch ohne ihre offiziellen Führer Streiks selbst zu organisieren und die gemeinsame Aktion mit der europäischen Arbeiterbewegung zu suchen. Eintägige Streiks werden jedoch auf Dauer nur die Bewegungen ermüden – der unbefristete Generalstreik steht auf der Tagesordnung. Er ist das einfachste und wirkungsvollste Mittel dieser Ausbeuterpolitik Einhalt zu gebieten und den Mächtigen in Wirtschaft und Politik einen ernsthaften Schaden zuzufügen. Die Sparprogramme Europas stellen einen der gewaltigsten Raubzüge der Geschichte dar. In Italien und Griechenland nicht einmal mehr unter dem Deckmantel einer Legitimierten Regierung, findet eine unglaubliche Verteilung von Vermögen statt. Das Großkapital finanziert sich durch die Klasse der Lohnabhängigen und erwartet Gehorsam.

Der unbefristete Generalstreik stellt automatisch die Frage im Land, wer die Macht in den Händen hält. Sind es die Unternehmer, Banker, ihre Politiker im Parlament und ihre Bürokraten in den Ämtern, die ein Sparprogramm nach dem Anderen zugunsten der Profite des Kapitals beschließen oder ist es die Arbeiterklasse, sind es die armen Jugendlichen, Rentner und Arbeitslose, die nicht nur eine Welt fern von Ausbeutung und Unterdrückung schaffen können, sondern es auch praktisch wollen! Der unbefristete Generalstreik verschafft der Arbeiterklasse die Möglichkeit sich ihrer eigenen Macht bewusst zu werden, sowie eigene Räte-Strukturen aufzubauen mit deren Hilfe ein revolutionäres Programm, sowie weitere Aktionen innerhalb der Bewegung diskutiert und beschlossen werden können.

Schlüsselindustrien müssen Enteignet und die Produktion unter Arbeiterkontrolle organisiert werden. Betriebe die Entlassungen planen müssen unter die Kontrolle von Arbeiterräten, die Erfolge durch gewählte Milizen verteidigt werden. Staatliche Investitionsmaßnahmen in Forschung, Bildung und Infrastruktur, sowie die Absicherung sozialer Leistungen müssen durch die Vermögen des Großkapitals finanziert werden. Die Macht des Bankensektors muss durch eine zentrale Staatsbank unter Rätekontrolle ersetzt werden. Das bürgerliche Parlament muss durch die Massen gestürzt und durch eine der Revolution verpflichtete Regierung der Arbeiterparteien ersetzt werden. Für einen übergreifenden Erfolg müssen diese Aktionen international koordiniert werden – nur auf globaler Ebene kann das System endgültig aus den Angeln gehoben werden, kann eine sozialistische Gegenpolitik betrieben werden. Die Durchführung eines solchen Programms kann nur durch die Schaffung einer revolutionären Partei, seitens der kämpfenden Arbeiterklasse und der Basis der Gewerkschaften, vorangetrieben werden. Italien und die Länder Südeuropas sind ein Beispiel dafür welche Maßnahmen Europa noch drohen. Italien, Griechenland, Spanien oder Portugal können aber auch die Länder sein, in denen die Arbeiterklasse den Herrschenden Europas und in Deutschland zeigen was ihnen drohen kann – die sozialistische Revolution!





Chilenischer Winter – Schüler und Studentenproteste erschüttern die Regierung

Seit Anfang Juni erschüttern Schüler- und Studentenproteste Chile. Sie bringen die Missstände der starken Privatisierung der Bildung zum Ausdruck, die unter dem Diktator Pinochet forciert wurde. In Chile gibt es seit langem keine nationalen Standards für Schulen, so sind in den Armenvierteln die Schulen in einem katastrophalem Zustand, während die Schulen in den Reichenvierteln in äußerst gutem Zustand sind. Die meisten reichen Kinder gehen jedoch eh im Ausland zur Schule. Ein Großteil der Universitäten ist Privat. Diese geben zwar vor, nicht profitabel zu sein,verweigern aber trotzdem Neuinvestitionen in die Universitäten, sodass diese langsam verfallen.

Quelle: www.edu-factory.org/

Dagegen formiert sich nun, nach den massiven Protesten von 2006, erneuter Widerstand. Neben den teilweise riesigen Schülerstreiks in Chile gab es auch viele kreative Aktionen. So tanzten im August hunderte Jugendliche, die wie Michael Jackson im Video „Thriller“ verkleidet waren, vor dem Parlament, um auf ihre Forderungen nach 1,8 Millionen Dollar mehr im Bildungsbereich aufmerksam zu machen. Andere hingegen spielten einen gefakten Massenselbstmord nach, um die miserablen Zukunftsperspektiven von Jugendlichen darzustellen. Eine der Medial wirksamsten Aktionen war die Besetzung eines Fernsehsenders, um im ganzen Land auf die tot geschwiegenen Proteste aufmerksam zu machen. Aber vor allem ernstere Formen des Protestes, wie Schulbesetzungen und mehrwöchige Hungerstreiks finden in Chile statt.

Am 9. August gingen über 150´000 Jugendliche und Lehrer auf die Straßen. Die Antwort von der Regierung war der Einsatz der Polizei, die mit Wasserwerfern, Tränengas und über 273 Verhaftungen gegen die Demonstranten vorging. Doch die Proteste, die von über 80 Prozent der Bevölkerung unterstützt werden, dehnen sich weiter aus! Immer mehr stellen sich offen gegen die „neoliberale“ Politik Chiles, die dort seit Pinochets Machtübernahme in den 70ern herrscht. Ab dem 24. August fand ein 48-stündiger Generalstreik statt, zu dem neben Jugend- und Studentenorganisationen etliche Gewerkschaften aufgerufen hatten.

Quelle: http://forwhatwearetheywillbe.blogspot.com/2011_09_01_archive.html

Die Reaktion des rechten Präsidenten Chiles, Sebastián Piñera, ist mittlerweile eine Mischung aus Reformversprechen und scharfer Repression, der mittlerweile auch ein Jugendlicher zum Opfer fiel. Die Bewegung, die sich am Beispiel des arabischen Frühlings, chilenischer Winter nennt, muss jetzt zu ernsteren Mitteln greifen! Jetzt geht es nicht mehr nur um politischen Druck. Es geht um einen unbefristeten Generalstreik, der die Forderungen im Bildungsbereich erfüllen kann – Ein Streik, der die Arbeiter_innen, die gesamte Jugend, die Armen aus den Armenvierteln und die ländliche Bevölkerung einbezieht, um die Kürzungs- und Privatisierungspolitik im Gesundheits-, Bildungs- und Sozialsystem zu beenden! Letztlich können diese Forderungen nur zu Ungunsten der jetzigen Regierung, die gestürzt werden muss, und der Kapitalistenklasse Chiles umgesetzt werden. Diese Tatsache wirft nicht nur die Frage von Reformen auf, sondern auch, wer in Chile herrschen soll – das Kapital oder die Arbeiterklasse, im Bündnis mit der kämpferischen Jugend, der städtischen Armut und der Landbevölkung? Ein unbefristeter Generalstreik wird diese Frage unweigerlich aufrufen und die Jugend- und Arbeiterbewegung muss darauf vorbereitet sein, sie zu ihren Gunsten zu lösen!

Wir rufen daher zur vollen Solidarität mit der chilenischen Jugend- und Arbeiterbewegung auf! Die europäische Bildungs- und Jugendbewegung muss den Kampf der Chilenen bedingungslos unterstützen!




Großbritannien nach den Riots – Ein Land vor Entscheidungen

Am Donnerstag den 04. August wurde der 29-jährige Familienvater Mark Duggan von der Polizei in Tottenham erschossen. Kurz darauf behauptete die Polizei, dass sie Mark, in einer Schießerei, aus Notwehr erschossen hätte. Als „Beweis“ legte sie ein Funkgerät mit einer eingeschlagenen Kugel im Gehäuse vor. Wie sich später herausstellen sollte, gab es keine Schießerei. Es gab keine Notwehr. Der Einschlag in dem Funkgerät wurde nachträglich durch eine Feuerwaffe der Polizei verursacht! Mark Duggan wurde mit zwei Schüssen in Brust und Schulter kaltblütig ermordet.

Die Gemeinde, aus der Mark stammte, organisierte daraufhin am Samstag, den 06. August eine Demonstration zur örtlichen Polizeistation in Tottenham. Sie glaubte den Lügen der Polizei über Mark Duggan´s Tot nicht. Als auf der Demonstration vor der Polizeistation ein 16-jähriges Mädchen von einer Gruppe Polizisten brutal zusammengeschlagen wurde, eskalierte die Situation.

Der unartikulierte Ärger brach sich in Ausschreitungen seine Bahnen! Während der „London Riots“, die sich auf Städte, wie Birmingham, Leeds, Manchester, Bristol und Nottingham ausweiteten, wurden Polizeistationen, aber auch Wohnhäuser in Brand gesetzt. Läden und Supermärkte wurden geplündert und es kamen vier weitere Menschen, drei in Birmingham und eine in London, um ihr Leben.

Während auch kriminelle Gangs in die Geschehnisse verwickelt waren, waren die „Riots“ vor allem ein Ausdruck von Wut und der Armut vieler Jugendlicher in den Arbeitervierteln. Dazu meinte Simon Hardy, Mitglied von Workers Power (UK) „Die Situation der Jugendlichen und der Arbeiter in Großbritannien war bereits vor der Krise schlecht. Doch durch die Kürzungen und die unsoziale Politik der Konservativ-Liberalen Koalition ist sie unerträglich geworden. Die jetzigen Ausschreitungen sind keine Antwort auf die Probleme. Aber sie drücken sie aus!“

So wurden in den Abteilungen des öffentlichen Dienstes mindestens 40% des Budgets gekürzt. Über 150´000 Beschäftigte werden noch in den nächsten Monaten ihre Jobs im öffentlichen Sektor verlieren. Was sie dann erwartet, ist ein ungefähres Arbeitslosengeld von 70 Pfund in der Woche. Verglichen mit den geschätzten 85 Milliarden Pfund, die die Regierung in den nächsten vier Jahren Einsparen will, erscheinen die 100 Millionen Pfund Schaden, die durch die „Riots“ verursacht wurden, daher beinahe lächerlich.

Die Reaktionen der Medien, der Regierung und der Polizei waren wie erwartet, aber dennoch erschreckend! Anstatt über die Hintergründe der Ausschreitungen zu reden, beschäftigte man sich damit, die Jugend als verwahrlost und die Plünderer als Tiere darzustellen. Ein britischer Historiker ging soweit, zu behaupten, dass das Problem die „Weißen seien, die schwarz geworden wären“. Kurzerhand wurde, zum ersten mal in der Geschichte Englands, der Einsatz von Wasserwerfern und Gummigeschossen gestattet. In Regierungskreisen dachte man sogar über den Einsatz des Militärs nach. Die Aktionen der Regierung waren keinesfalls zum Schutz der Bevölkerung gedacht, sondern der Wahrung des Gewaltmonopols des Staates und der Sicherung des bürgerlichen Privateigentums.

In Brixton, wo die Erinnerung an die dortigen Ausschreitungen der 80er noch tief im Bewusstsein der Gemeinde verankert war, in deren Folge über 80% der Haustüren durch die Polizei bei Hausdurchsuchungen eingetreten wurden, verweigerten die Einwohner der Polizei den Eintritt zu ihrem Stadtteil, indem sie sich mit der Aussage „We´ll handle it our own!“ verbarrikadierten.

Ein Bewusstsein, dass begreift, dass Polizei und Regierung nicht die Freunde im Alltagsleben der Bevölkerung sind. In einer anderen Stadt, wo zwei Jugendliche zu „Riots“ aufgerufen hatten (es fanden danach keine Riots statt) wurden die beiden zu vier Jahren Haftstrafe verurteilt, während die Polizisten, die zu Morden an politischen Aktivisten der Anti-Krisen-Bewegung aufgerufen hatten, immer noch unbehelligt ihrem „Job“ nachgehen.

Eines ist klar – Die Ausschreitungen haben England verändert. Wir lehnen entschieden die reaktionäre Stimmungsmache der Politiker ab! Nichts desto trotz sind wir der Meinung, dass die Plünderungen und die Ausschreitungen keine Antwort auf die jetzigen Verhältnisse darstellen! Sie waren ein Ausdruck der Verzweiflung, zum Teil waren sie auch kriminell motiviert. Die große Gefahr ist jetzt aber, dass die Arbeiterklasse durch die Stimmungsmache gespalten wird. Nicht zuletzt, weil sich Labour (britische Arbeiterpartei) und viele Gewerkschaftsführer, in dieser Frage, auf die Seite der Regierung stellen. Sie wollen den Zusammenhang zwischen Polizeigewalt, Kürzungen, Verarmung und den Ausschreitungen nicht sehen.

Die Führer der bürgerlichen sehen den Zusammenhang. Und sie versuchen ihn zu verschleiern. Ihre Antwort ist – Generalangriff auf die Rechte der Arbeiterklasse! Ein Angriff, der nicht nur in Großbritannien forciert wird, sondern der überall in Europa von statten geht. David Cameron meinte dazu „Es geht nicht um Armut, es geht um Kultur. Das Problem ist eine Kultur, die Rechte fordert, aber nicht über Verantwortung spricht. Eine Kultur, die Gewalt verherrlicht und keine Autoritäten kennt.“

Diese Rede war purer Hohn, wenn man daran denkt, dass es die britische Regierung ist, die Krieg in Afghanistan und Irak führt. Ihre Polizei hat seit 1990 knapp 1000 Tote zu Verantworten. Ihre Politik ist eine Politik der Kürzungen, eine Politik der Gewalt. Sie will die Rechte der Arbeiter_innen und der Jugend zerschlagen und beklagt sich über den fehlenden Respekt dafür. Und zuletzt behauptet sie, das die wahren Schuldigen nicht die Regierung, sondern die Arbeiter und Jugendlichen, mit einer verrohten Kultur, wären.

Dennoch war die Rede ein gefährliches Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass die Regierung die Kürzungen und sozialen Angriffe durch repressive Gesetze und ausgeweitete Polizeibefugnisse, unter dem Vorwand der Ausschreitungen, schützen will. Die konservative Innenministerin Theresa May hat zum Beispiel über Ausgangssperren für Jugendliche unter 16 Jahren ab 21 Uhr nachgedacht. Das würde praktisch bedeuten, dass Jugendliche kaum noch zu politischen Treffen oder Demonstrationen gehen könnten, geschweige denn feiern zu gehen oder sich mit Freunden zu treffen.

Unsere Antwort muss die geeinte Aktion der Arbeiterklasse und der Jugend sein. Die gemeinsame Aktion gegen die Kürzungen, gegen den Versuch, die Befugnisse der Polizei auszudehnen und repressive Gesetze durchzusetzen. In diesen Kampf müssen die Arbeitergemeinden und vor allem Parteien wie Labour, sowie die Gewerkschaften integriert werden. Zwar werden sich ihre reformistischen Führer, wie Ed Milliband, verweigern. Sie werden sogar versuchen den Kampf zu manipulieren. Aber letztlich geht es darum die Klasse in den gemeinsamen Auseinandersetzungen für revolutionäre Forderungen und eine kämpferische Praxis zu gewinnen.

In diesem Kampf kann und darf sich die Arbeiterklasse nicht auf die Polizei verlassen. Sie braucht eigene Schutzorgane – Sei es auf Demonstrationen, bei Streiks oder im eigenen Stadtbezirk, wenn die eigene Infrastruktur gefährdet ist. Die Brixtoner haben das, wenn auch unbewusst, begriffen.

Die Arbeiterbewegung, die Jugendlichen und alle Betroffenen, müssen das begreifen, wenn sie im Herbst, in einer erneuten Welle von Demonstrationen, Streiks und Massenversammlungen – letztlich einem dringend notwendigen Generalstreik, der die Regierung und ihre Kürzungen stürzen kann – in die Konfrontation mit der Regierung und dem Staat geraten.

Wir schlagen daher folgende Forderungen vor:

  • Gegen Polizeigewalt – Nein zu Gummigeschossen Wasserwerfern, Ausgangssperren, berittenen Einheiten und Polizeirazzien in den Arbeitervierteln!
  • Für Selbstverteidigungskomitees gegen Polizeigewalt, Kriminalität und Plünderung, die von den Gemeinden und der lokalen Arbeiterbewegung
    kontrolliert werden!
  • Schluss mit dem perversen Aburteilen, der Festgenommenen, kein Vertrauen in die Polizei und die bürgerlichen Gerichte! Für die Aufklärung der Morde und Verbrechen, durch unabhängige Komitees, die durch die Gemeinden, Angehörigen und die Arbeiterbewegung geleitet werden!
  • Bekämpft die Ursachen für Armut und Rassismus – Für Massenversammlungen, Demonstrationen, Streiks und einen unbefristeten Generalstreik der Arbeiter_innen und ihrer Organisationen gegen Kürzungen, Armut und Arbeitslosigkeit! Für die Organisation der Arbeitslosen in den Gewerkschaften!
  • Für Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur, von Schulen, Krankenhäusern, Kultur- und Sporteinrichtungen, sowie den Bau von sozialen Wohnhäusern! Finanziert durch die Besteuerung der Reichen und kontrolliert durch Komitees der Anwohner_innen und Organisationen der Arbeiterbewegung!
  • Teilt die Arbeit auf alle Hände auf! Für einen Mindestlohn von 10 Pfund in der Stunde!
  • Für die entschädigungslose Verstaatlichung von Unternehmen, die Standorte schließen oder ihre Belegschaft entlassen unter Arbeiter_innenkontrolle!
  • Vertreibt die Faschist_innen! Die „White Shirts“ der faschistischen English Defense League schützen die Arbeiter_innenviertel nicht. Sie suchen sie mit Gewalt und Rassismus heim!



Generalstreik in Griechenland – Wie kann das Kapital geschlagen werden?

Wiedereinmal traf die Wut der Massen, die Straßen von Athen. Dies drückte sich in einem 48 stündigen Generalstreik gegen die rigide Sparpolitik aus, die das ganze Land bedroht.

Um sich den „Rettungsmaßnahmen“ von EU und IWF zu fügen, stimmte das griechische Parlament über die Annahme eines weiteren Kürzungspaketes ab. Diesmal sollen sich die Kürzungen auf 40.5 Milliarden Dollar belaufen.

Aber ähnlich wie in Irland, scheinen die Sparmaßnahmen keine Wirkung auf das nationale Kredit-rating zu zeigen. Die Ratingagentur Standard&Poor hat Griechenland erst vor Kurzem auf die Kreditwürdigkeit „CCC“ gestuft – die schlechtest mögliche überhaupt – sogar schlechter als Pakistan und Jamaika.

Der Generalstreik, der vom 28-29. Juni andauerte, brachte hunderttausende von Gewerkschafter_innen, Jugendlichen, Familien und Gemeinden auf die Demonstrationen. Doch es ist bereits der 10. Generalstreik dieser Art in Griechenland seit Ausbruch der Krise.

Sicherlich ist das nicht überraschend. Die griechische Wirtschaft ist in heillosem Chaos versunken, Arbeiter_Innen, Jugendliche und die Armen zahlen die Hauptlasten der Krise. Die Arbeitslosigkeit liegt über 15 Prozent, Löhne im öffentlichen Dienst wurden bereits vor den, am 30. Juni beschlossenen, Maßnahmen um 25 Prozent gekürzt. Außerdem wurde die wöchentliche Arbeitszeit massiv erhöht.

Die Wut wächst…

in allen Bereichen der kapitalistischen Gesellschaft. Von den Protesten berichtend, sagte der „Newsnight“ Moderator Paul Mason, dass die privaten Medien in Griechenland immer mehr unter ungewohnt harter Kritik für ihre Massenpropaganda stünden, die darauf abzielt den Menschen einzureden, dass Kürzungen und weiteres Elend die einzige Lösung seien.

Die griechische Gesellschaft ist wütend über die „sozialistische“ Regierung Papandreous (die PASOK, aus der sich die Regierung formiert, ist gemeinsam mit Parteien, wie der SPD in der reformistischen zweiten Internationale) die ihr Versprechen gebrochen hat, die Steuern nicht zu erhöhen und weite Gebiete des öffentlichen Dienstes nicht zu privatisieren.

Außerdem sind sie über Länder wie Großbritannien und speziell Deutschland wütend, deren Regierungen die Forderungen nach mehr Sozialkürzungen im Austausch gegen EU „Rettungspakete“ anführen. Trotzdem zeigen die Protestierenden Solidarität mit anderen Anti- Krisen- und Anti-Kürzungs-Bewegungen überall in Europa. Junge Protestler_innen übernehmen die Forderungen der kürzlich entstandenen jugendlichen spanischen Protestbewegung, die Stadtzentren in Zelten besetzte um Arbeitsplätze zu fordern.

Der Kapitalismus bietet keine Lösung

Der Generalstreik zeigt die anhaltende Entschlossenheit der griechischen Jugend und der Arbeiterklasse, gegen die Kürzungen zu kämpfen. Vor allem, weil sie wissen, dass die Alternativen der EU und des IWF das Leben für jeden zur Hölle machen würden. Einer der so genannten „sozialistischen“ Minister ist zurückgetreten, weil er sich weigerte für die Kürzungen zu stimmen.

Allerdings werden manche Fakten überdeutlich. Der offensichtlichste ist, dass eintägige oder befristete Generalstreiks, selbst zehn eintägige Generalstreiks nicht ausreichend sind, um die Attacken in Griechenland zu verlangsamen oder zu stoppen.

Das rührt daher, dass die Krise in Griechenland so schwerwiegend ist, dass die kapitalistischen Lösungsansätze, seien es die der Monetaristen oder die der Keynesianer, einfach nicht die Situation in den Griff bekommen, ohne Millionen von Griechen in absolutes Elend zu stürzen.

Der Griechische Premierminister hat nun aufgrund des Streiks und der gewaltsamen Zusammenstöße seinen Rücktritt angeboten, um einer „Regierung der nationalen Einheit“ den Weg frei zu machen.

Dem Klassenkampf eine Perspektive weisen!

Nun gibt es die absolute Dringlichkeit eines unbegrenzten Generalstreiks: nicht um Verhandlungen zu erzwingen, oder die für die Kürzung Verantwortlichen in der Regierung zu stürzen – dies würde nichts an der Grundlegenden Situation ändern. Sondern um die gesamten kapitalistischen Angriffe niederzuringen, die nationale Wirtschaft unter Arbeiterkontrolle zu kollektivieren und schlussendlich den Kapitalismus als System an sich zu stürzen.

Doch dafür ist es unerlässlich, dass die klassenkämpferische Linke in Griechenland in eine gemeinsame Diskussion tritt, mit welchem Programm dies bewerkstelligt werden kann. Gerade die zersplitterte Linke in Griechenland wird in der momentanen Verfassung nicht in der Lage sein, die Angriffe des Kapitals zurückzuschlagen, so militant und entschlossen sie auch auf der Straße kämpfen mag.

Diese Aufgabe kann nur eine neuen zu schaffende revolutionäre Partei angehen, die für den Sturz der Regierung, die Beendigung der Sparangriffe und die Zerschlagung des bürgerlichen Staates, zu Gunsten einer Arbeiterregierung, eintritt!