Resolution zur Landwirtschaft und Ernährungsfrage

Resolution zur Landwirtschaft und Ernährungsfrage der kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION, Juni 2023

Inhalt

1. Einleitung. 3

2. Die Ernährungslage weltweit 3

3. Symptombekämpfung in Kapitalismus. 4

3.1 Tafeln. 4

3.2 Das UN-Welternährungsprogramm.. 4

4. Gründe für die Ernährungskrise und Lösungsansätze. 5

4.1 Klimawandel 5

4.2 Nahrungsmittelverschwendung. 6

4.3 Spekulation mit Nahrungsmittel 6

4.4 Kriege als Grund für Hunger 7

4.5 Die kapitalistische Nahrungsmittelindustrie. 7

4.6. EU-Subventionen als Teil des Problems. 8

4.6.1 Flächensubventionen und ihre Auswirkungen. 8

4.6.2 Subventionen als imperialistische Machtmittel 8

4.7. Grüne Gentechnik – mehr flopp als topp. 9

4.7.1 Probleme der grünen Gentechnik. 9

4.7.2 Roundup Ready. 10

4.7.3 Vorteile der Gentechnik?. 10

4.7.4 Forschung zur grünen Gentechnik. 11

4.7.5 Brauchen wir grüne Gentechnik?. 11

4.8 Fleischkonsum: Umweltkiller und Nahrungsmittelvernichtung. 11

4.8.1 Tierleid. 11

4.8.2 Wasser- und Futterbedarf 12

4.8.3 Ausstoß von Treibhausgasen. 12

4.8.4. Gesundheitliche Risiken des Fleischkonsums. 12

4.8.5 Fischfang und Fischwirtschaft – gleiche und spezielle Probleme. 13

4.8.6 Biologische Fleischwirtschaft ist keine Lösung. 13

4.8.7 Kampf der Fleischindustrie. 13

4.8.8 Forderungen. 14

4.9 Die Krise der konventionellen Land- und Forstwirtschaft 15

4.9.1 Monokulturen. 16

4.9.2 Dünger 17

4.9.3 Pestizide. 17

4.9.4 Bodenerosion. 18

4.9.5 Desertifikation. 19

4.9.6 Wassermangel 20

4.9.7 Forstwirtschaft 21

5. Klassenkampf der Landwirt:Innen und permanente Revolution. 21

5.1 Klassenlage der Farmer:innen. 21

5.2 Kampf dem Großgrundbesitz. 23

5.3 Permanente Revolution und sozialistische Landwirtschaft 24

1. Einleitung

Wir leben im 21 Jhd.: Flugzeuge fliegen durch den Himmel, Organe werden transplantiert und irgendein Elektrokonzern hat gerade sein neues Handy angekündigt. Doch der Fortschritt trügt. Ein absolut grundlegendes Problem der Menschheit, die Versorgung mit ausreichend Nahrungsmitteln, ist für 830 Millionen Menschen[1] nicht sichergestellt. Betroffen ist also 1/10 der gesamten Menschheit. Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine der größten Krisen unserer Zeit und das, obwohl wir global genügend Kapazitäten hätten, um jeden Menschen auf der Erde mehr als satt zu machen. Dennoch scheinen viele uns diese fatale Krise als Normalzustand akzeptiert zu haben.

Der folgende Text geht deshalb den Ursachen auf den Grund, wieso viele Menschen nicht genug Nahrung haben und für welche Forderungen wir kämpfen müssen, um diese permanente Krise zu lösen. Dafür wird zunächst ein einleitender Überblick über die Ernährungslage auf unserem Planeten gegeben. Zudem wird das UN-Ernährungsprogramm, quasi die Antwort der bürgerlichen Staaten auf die Hungerkrise, einer Kritik unterzogen.

Den Hauptteil des vorliegenden Aufsatzes bildet ein Kapitel über die Faktoren, die den Welthunger verursachen und welche Lösungsansätze es für die verschiedenen Faktoren gibt. Dabei wird der Hauptfokus auf die Landwirtschaft gelegt. Der Klimawandel wird in einem eigenen kleinen Kapitel erwähnt, jedoch sind die Auswirkungen dessen so weitläufig, dass diese vor allem in den einzelnen Kapitel eingearbeitet wurden, um Wiederholungen zu vermeiden.

Den Abschluss bildet ein Kapitel über die Klassenzugehörigkeit der Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten und welche Forderungen wir vorschlagen, um den Kampf der unterdrückten Landbevölkerung zum Erfolg zu führen und als Teil einer internationalen kommunistischen Revolution zu organisieren.

2. Die Ernährungslage weltweit

Im Jahre 2023 leiden 830 Millionen Menschen, also 1/10 der Weltbevölkerung, an Unterernährung, haben also keine ausreichende Kalorienzufuhr. 45 Millionen[2] sind sogar akut vom Hungertot bedroht. Jede Minute sterben 6 Kinder[3] an Unterernährung. Jedes siebte Kind auf der Welt hungert, jedes vierte ist chronisch mangelernährt (ihnen fehlen also bestimmte Nährstoffe). Die Folgen sind vor allem für Heranwachsende enorm. Haben sie zu wenig Nährstoffe in ihrer Nahrung, dann ist ihre Entwicklung verzögert oder es entstehen irreparable Schäden. Auch der Zusammenhang von Kindersterblichkeit und Unterernährung ist sehr hoch. Insgesamt sterben an den Folgen von Hunger jedes Jahr mehr Menschen als an HIV/AIDS, Malaria und Tuberkulose zusammen.

Während sich die Ernährungslage von 2003 bis 2015 durchschnittlich verbessert hat, verschlechterte sie sich in der Zeit danach wieder[4]. Seit 2020, also mit der Corona-Pandemie, den stärkeren Auswirkungen des Klimawandels und dem Ukrainekrieg wurde dieser Prozess weiter beschleunigt. Erhöht haben sich sowohl die Anzahl der hungernden Menschen insgesamt, also auch ihr Anteil an der Weltbevölkerung.

Besonders betroffen sind Südasien und die Sahelzone in Afrika. Die Situation ist am schlimmsten in der Zentralafrikanischen Republik, Tschad, Demokratische Republik Kongo, Madagaskar, Jemen, Burundi, Somalia, Südsudan und Syrien[5]. Nicht zufällig sind das fast ausnahmslos Länder, die von jahrelangen Bürgerkriegen völlig zerrüttet sind. Gefährdet sind darüber hinaus Länder, die ein schnelles Bevölkerungswachstum aufweisen, deren Ressourcen und Wirtschaft diese zusätzlichen Menschen in der Geschwindigkeit aber nicht versorgen und aufnehmen können.

Ungleiche Einkommensverteilung und eine hohe Arbeitslosigkeit sind die entscheidenden Faktoren, die Hunger verursachen. Dies gilt nicht nur für Halbkolonien, sondern auch für Industrienationen. Astronomisch hohe Mieten und eine weltweite Inflation haben Ernährungsunsicherheit in den imperialistischen Zentren für einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung zur Normalität werden lassen. Selbst in den USA haben ca. 10 % der Menschen nicht immer genug Essen.[6]

50 % der unterernährten Menschen sind kleinbäuerliche Selbstversorger:innen, 20 % sind Landarbeiter:innen, 20 % leben in städtischen Elendsvierteln, 10 % sind Fischer:innen und Viehzüchter:innen[7]. Alter, Geschlecht und Herkunft sind Risikofaktoren für Unterernährung. Frauen, Kinder und rassistisch Unterdrückte sind deutlich häufiger von Hunger betroffen als Menschen, die zu keiner dieser Gruppen gehören. Doch selbst für Menschen, die nicht von Hunger bedroht sind, ist die Versorgung mit Lebensmitteln ein Problem. Besonders in Halbkolonien ist es nichts Ungewöhnliches, dass die Menschen 70 % ihres Einkommens für Essen ausgeben müssen.

Einfache soziale Reformen würden schon eine große Auswirkung im Kampf gegen Hunger haben. Dazu gehört z.B., dass die Löhne an die Inflation angepasst werden, dass jede Person einen lebenswerten Mindestlohn erhält und, dass die Mieten sinken, damit sich die Menschen nicht zwischen einer Wohnung und genug Essen entscheiden müssen. Zudem fordern wir die kostenlose und ausreichende Lebensmittelsoforthilfe, medizinische Versorgung und andere notwendige Güter, um den drohenden Hungertod zu verhindern, bezahlt von den imperialistischen Staaten! Für die Bildung gemeinsamer Preiskontrollausschüsse für Agrarerzeugnisse aus Landarbeiter_innen, Bäuer_innen und Konsument_innen!

3. Symptombekämpfung in Kapitalismus

3.1 Tafeln

In vielen Teilen der Welt haben sich Organisationen entwickelt, die Essen kostenlos an Bedürftige abgeben. Sie basieren zumeist auf privaten Spenden und ehrenamtlicher Arbeit. Natürlich ist es gut, dass Bedürftigen geholfen wird. Allerdings sind die Spenden nur eine Symptombekämpfungsstrategie und werden deshalb die Ursache für die Ernährungsproblematik nicht lösen, sondern nur ihre Auswirkungen etwas abschwächen können.

3.2 Das UN-Welternährungsprogramm

Als Instrument im Kampf gegen den Hunger hat die UN das Welternährungsprogramm ins Leben gerufen. Das Budget betrug 2021 8,4 Mrd. US‑Dollar[8], wovon allein 2.5 Mrd. aus den USA kamen. Das Geld reichte aus, um 97 Millionen Menschen in 88 Ländern Hilfe zu leisten ohne die zweifellos viele von ihnen schwere Schäden bis zum Tod erleidet hätten.

Das Budget klingt zunächst hoch, wird aber im Vergleich mit den Militärausgaben der USA von 858 Mrd. US-Dollar für das Jahr 2023[9] zur Lachnummer. Allein die neue US-Flugzeugträger-Klasse Gerald-R-Ford kostet ca. 13 Mrd. US-Dollar pro Stück![10] Das gibt uns eine Idee davon, wie wenig Geld für den Bekämpfung des Welthungers eigentlich notwendig wäre und wie verhältnismäßig wenig die Staaten darin investieren.

Welche Interessen die Mitgliedsstaaten der UN wirklich verfolgen, wird im Jemenkrieg deutlich. Die G20 Staaten haben zwischen 2015 und 2019 Waffen und Munition im Wert von 17 Mrd. US-Dollar an Saudi-Arabien verkauft[11] und den Krieg so überhaupt erst möglich gemacht. Die USA beteiligt sich zudem auch an der See-Blockade des Jemen, welche der Hauptgrund für die Hungersnot ist. 2020 waren mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Jemens (16,2 Millionen Menschen)[12] auf Nahrungsmittellieferungen der UN angewiesen. Diese hat bisher glücklicherweise ein Massensterben verhindert.

Allerdings haben die Staaten in Folge der Coronakrise ihre Beiträge für das Welternährungsprogramm für den Jemen um über 50 % reduziert.[13] Die geleistet Hilfe der G20 Staaten von gerade mal 6.3 Mrd. US-Dollar Hilfen haben, bzw. hatten auch hier nur den Zweck am Ende nicht ein Land erobert zu haben in dem ein Großteil der Menschen verhungert sind. Humanität sucht man in ihrer Politik vergebens.

Die in der UN vertretenen Staaten haben also faktisch die finanziellen Mittel, um den Welthunger effektiv zu bekämpfen. Sie haben jedoch schlicht kein Interesse daran, ihr Geld dafür auszugeben. Auf ihre Hilfe dürfen wir deshalb nicht warten. Außerdem sorgen Nahrungsmittellieferungen aus dem Ausland auch dafür, dass sich keine einheimische Landwirtschaft aufbauen kann, da somit die lokale Konkurrenz vom Markt verdrängt wird. Die Länder entwickeln sich also nicht und blieben dauerhaft von dem Gutdünken der imperialistischen Länder abhängig. Wenn denen jedoch eine halbkoloniale Regierung nicht mehr passt, dann stellen sie die Essenslieferungen ein und verursachen in dem importabhängigen Land so eine Hungerskrise, wie das Beispiel Afghanistans nach dem Abzug der Nato-Truppen im Jahr 2021 zeigt.

4. Gründe für die Ernährungskrise und Lösungsansätze

4.1 Klimawandel

Im Pariser Klimaabkommen einigten sich die UN-Mitgliedsstaaten darauf, die Erderwärmung bis 2050 auf 1,5 °C und bis 2100 auf 2 °C zu begrenzen. Als Referenzpunkt fungiert dabei das Temperaturmittel der Jahre 1850-1900. Der Temperaturanstieg seitdem beträgt bereits fast 1,3 °C. Das Erreichen des 1,5 °C Ziels ist schon jetzt extrem unwahrscheinlich, da die Treibhausgasemission nahezu kontinuierlich steigt. Die Staaten haben auch bisher kaum etwas dafür getan dies zu verhindern. Letztlich war und ist das 1,5 °C-Ziel leider nie mehr als eine Beruhigungspille für die Weltöffentlichkeit gewesen.

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Nahrungsmittelproduktion sind bisher stark unterschätzt worden. Bisher wurden nur die Folgen des schleichenden Temperaturanstiegs und die Veränderungen der Niederschlagsmengen untersucht. Mittlerweile ist aber deutlich geworden, dass Extremwetterereignisse und Naturkatastrophen zunehmen und diese zuversichtlichen Modelle ernsthaft in Frage stellen.

Für eine auch in Zukunft produktive Landwirtschaft muss also die Klimaerwärmung aufgehalten und umgekehrt werden. Eine Senkung der Treibhausgase in der Atmosphäre und ein Senken der Erdtemperatur auf das vorindustrielle Niveau sollte das Ziel unserer Klimapolitik sein.

4.2 Nahrungsmittelverschwendung

Das Absurde bei der Ernährungsfrage ist nicht nur, dass wir auf der Erde theoretisch Essen für alle Menschen produzieren könnten, sondern dass wir es bereits tun. Ein wichtiger Punkt ist deshalb neben der Produktion auch die Verteilung von Nahrungsmitteln. Besonderes Augenmerkt sollte man auch auf die Verschwendung von Lebensmitteln legen. Jedes Jahr werden 1,3 Mrd. Tonnen Lebensmittel weggeworfen[14], was über 30 % der weltweiten Nahrungsmittelproduktion entspricht[15]. Theoretisch ist das viermal so viel, wie man bräuchte, um den Welthunger zu bekämpfen. Diese sinnlos produzierten Nahrungsmittel belasten die Umwelt und das Klima zudem unnötig.

In Deutschland teilen sich die Verluste auf die Sektoren wie folgt auf: 2 % fallen in der Primärproduktion an, 15 % in der Verarbeitung, 7 % im Handel, 17 % bei der Außer-Haus-Verpflegung (Restaurants und Kantinen) und 59 % in privaten Haushalten.[16] Der Grund für die Entsorgung sind zu 59 % Haltbarkeitsprobleme und zu 21 % zu groß bemessene Mengen.

Natürlich kann der Nahrungsmittelverlust nicht vollständig verhindert werden. Allerdings gibt es Strategien den Verlust erheblich zu begrenzen. Ein wichtiger Ansatz dafür wäre es, preisgünstige öffentliche Kantinen einzuführen. Dort ist der Lebensmittelverlust nämlich um ein Vielfaches niedriger als in privaten Haushalten. Eine weiterer Teil der Lösung ist das Food-Sharing, welches in Deutschland bereits eine gewisse Bedeutung hat. Dabei werden Produkte, die von Restaurants oder Supermärkten nicht mehr verkauft werden können, kostenlos abgegeben, statt sie zu vernichten. Eine sinnvoller Ansatz wäre es das Food-Sharing zur Pflicht für Restaurants oder Supermarkt ketten zu machen. Aber auch ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Was es tatsächlich braucht, um die globale Nahrungsmittelverschwendung zu stoppen ist die internationale demokratische Planung der Nahrungsmittelproduktion, – und verarbeitung. Im Rahmen einer demokratischen Planwirtschaft hätten wir selbst als Produzent_innen und Konsument_innen die Kontrolle über die Nahrungsmittelproduktion und könnten sie, statt auf kurzfristige Profitinteressen, auf die langfristigen Bedürfnisse von Mensch und Natur ausrichten.

4.3 Spekulation mit Nahrungsmitteln

Vor allem seit der Wirtschaftskrise 2008 wird an den Finanzmärkten verstärkt versucht, mit der Spekulation mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln Gewinne zu machen. Da die produktive Wirtschaft im Zuge der Krise immer weniger Profite abgeworfen hat und eine Blase nach der anderen geplatzt ist, hat sich das Kapital in neue Sphären ausgebreitet, denn Nahrung wird immer benötigt werden. Dafür werden sogenannte „Futures“ genutzt, also Verträge über zukünftige Nahrungsmittel- oder Rohstoffkäufe. Ist der Preis zwischen Abschluss des Vertrages und dem Zustandekommen des Handels gestiegen, ergibt sich ein Gewinn für den Käufer des Futures. Finanzakteure können damit also auf den Kursstieg oder Kursverlust von Rohstoffen oder Nahrungsmittel wetten, indem sie Futures kaufen oder verkaufen.[17]

Durch diese Spekulation verändern sich die Preise, ohne wirklich einen gestiegenen oder gesunkenen Bedarf auszudrücken. Im Jahr 2009 ist so z.B. der Preis von Zucker auf dem Weltmarkt um 79 % gestiegen. Als in den Jahren 2007/8 Getreidespekulationen die Preise für Getreide in die Höhe schnellen ließ (Anstiege von 50 – 300 %), stieg die Zahl der Hungernden sprunghaft um 100 Millionen. Dies löste Hungerproteste in 61 Ländern aus. Ähnliches passierte noch einmal 2011. Die Spekulation mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln muss also sofort verboten werden, damit sich solche Ereignisse in Zukunft nicht wiederholen.[18] Nicht die Börse, sondern demokratische wähl- und abwählbare Preiskontrollausschüsse aus Landarbeiter_innen, Bäuer_innen und Konsument_innen, sollten die Priese von Agrarerzeugnissen regulieren!

4.4 Kriege als Grund für Hunger

Ein Grund wichtiger Grund für die Hungerskrisen sind bewaffnete Konflikte. Besonders prominent ist das Beispiel der Ukraine. Die schwarzen fruchtbaren Böden vor allem im Süden und Osten des Landes sind verantwortlich für ca. 44 % des weltweiten Export von Sonnenblumenöl, 40 % des weltweiten Roggenexports, 20 % des Rapsölexports sowie über 10 % des weltweiten Mais-, Gerste- und Weizenexports.[19] Beliefert werden damit besonders Länder in Afrika und dem Nahen Osten. Durch den Krieg jedoch mussten Millionen Menschen fliehen und ihre Felder und Höfe verlassen. Vielfach wurden diese in Schutt und Asche gelegt. Außerdem waren zunächst die Häfen durch die russische Marine blockiert. Die weltweiten Preise für Getreideerzeugnisse schossen deshalb in die Höhe und es stellten sich schnell Versorgungsengpässe ein. Ein anderes aktuelles Beispiel ist der Äthiopienkrieg. Hier wurde die nördliche Region Tigray umzingelt und belagert und auch Hilfsgüter wurden nicht in die Provinz gelassen. Die Folge waren der teilweise Zusammenbruch der Landwirtschaft und eine Hungerskrise.

Im Kampf gegen Krieg stellen wir folgende Forderungen auf:

  • Restlose Streichung aller Auslandsschulden der halbkolonialen Länder!
  • Sofortiger Abzug aller imperialistischen Truppen, Militärbasen und Flottenverbände!
  • Keine militärische Unterstützung und Waffenlieferungen an Saudi-Arabien, Türkei und andere Regionalmächte!
  • Gegen jede militärische Intervention der imperialistischen Staaten!
  • Auslandseinsätze und Waffenlieferungen durch internationale Streiks
    und Blockaden verhindern!
  • Enteignung der Rüstungskonzerne unter Arbeiter:innenkontrolle!
  • Für das Recht auf nationale Selbstbestimmung aller Nationalitäten!

4.5 Die kapitalistische Nahrungsmittelindustrie

Wie jedes kapitalistische Unternehmen haben auch die Nahrungsmittelkonzerne nicht das Ziel, die Bevölkerung möglichst gesund zu ernähren, sondern so viel Profit wie möglich zu machen. Deshalb versuchen sie in der Produktion so viel wie möglich zu sparen. Unmenschliche Arbeitsbedingungen z.B. auf Plantagen werden so sehenden Auges in Kauf genommen. Gleiches gilt für umweltschädigende Praktiken.

Viele Konservierungsstoffe, Farbstoffe, Aromen, Füllmittel usw. sind unzureichend erforscht und befinden sich dennoch in unserer Nahrung. Eine Bewertung durch den Endverbraucher ist also völlig unmöglich. Vielfach werden unserer Nahrung übermäßige Mengen an Zucker oder Salz zugesetzt, die in diesen Mengen ungesund für den Menschen sind. Eine Studie aus dem Jahr 2013 belegt, dass die Nahrungsmittelindustrie systematisch die staatliche Gesundheitspolitik untergräbt.[20] Dies verursacht große Schäden an der Gesundheit der Menschen und hohe Kosten für den Gesundheitssektor. Darüber hinaus werden diese Produkte oft fälschlicherweise als gesund oder umweltschonend dargestellt, was eine bewusste Irreführung darstellt.

Wie für alle Produktionsmitteln schlagen wir für die Nahrungsmittelindustrie eine Vergesellschaftung unter Arbeiter:Innenkontrolle vor, um dem Treiben der Nahrungsmittelindustrie ein Ende zu setzen und sie im Interesse der Ernährung der Weltbevölkerung neu zu organisieren. Außerdem braucht es gewerkschaftliche Rechte und massive Lohnerhöhungen entlang der gesamten Produktionskette. In kaum einer anderen Industrie sind die Arbeitsbedingungen weltweit so schlecht wie in der arbeitsintensiven Landwirtschaft.

4.6. EU-Subventionen als Teil des Problems

4.6.1 Flächensubventionen und ihre Auswirkungen

Die EU schüttet jedes Jahr 50 Mrd. Subvention an die Landwirtschaft aus[21], was die Hälfte ihres Budges ausmacht. Weltweit sind es jährlich über US-$ 540 Mrd.[22] Das ist eine gewaltige Summe und könnte einen wichtigen Beitrag für den Umbau der Landwirtschaft liefern. Allerdings sind in Europa drei Viertel davon Flächensubventionen, d.h., dass das Geld an die landwirtschaftliche Nutzfläche gebunden ist. Ob ökologisch nachhaltig gewirtschaftet wird, ist kein Kriterium für die Auszahlung.

Die Betriebe werden also nicht motiviert, auf ökologische Landwirtschaft umzustellen. Im Gegenteil: Durch die Subventionen werden zum Teil Agrarprojekte auf Basis von begrenztem Grundwasser umgesetzt, die auf Dauer keine Überlebenschancen haben, wie z.B. Mandelplantagen im extrem trockenen Süden Spaniens.

Wenn Bauern z.B. sinnvollerweise Bäume pflanzen, um ihre Felder vor Wind zu schützen, bekommen sie für diese Flächen keine Subventionen mehr. Außerdem werden 70 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen in der EU für die Produktion von Futtermitteln genutzt.[23] Die Subventionen für Agrarflächen verwandeln sich deshalb zu weit über 50 % in die Subvention von Fleisch. Dadurch wird der Konsum von Fleisch künstlich verbilligt und so massiv angeregt. Das hat weitere katastrophale Auswirkungen auf das Klima und die Menschheit (siehe Kapitel 4.8: Fleischkonsum: Umweltkiller und Nahrungsmittelvernichtung). Damit Landwirt:innen ihre Produktion umstellen, müssen Subventionen deshalb an Bedingungen gebunden werden, die der Umstellung auf nachhaltige Landwirtschaft nutzen.

4.6.2 Subventionen als imperialistische Machtmittel

Noch dazu sorgen die Subventionen dafür, dass landwirtschaftliche Produkte aus Europa zu Dumpingpreisen in Halbkolonien exportiert werden können. Dies wird durch umfangreiche Freihandelsabkommen, wie den EPAs (Economic Partnership Agreements, Freihandelsverträge zwischen der EU und knapp 90 ehemaligen Kolonien) unterstützt.[24] Das bekannteste Beispiel ist wohl der Export von Schlachtabfällen nach Ghana. Diese Exporte machen die lokale Landwirtschaft kaputt, weil deren Produkte preislich nicht mit den industriell angebauten und subventionierten Erzeugnissen mithalten können. Ihr Land verödet dann oder wird von großen Agrarkonzernen aufgekauft. In der Folge sterben lokale Züchtungen aus, die auf die speziellen Gegebenheiten vor Ort bestens angepasst sind. Vor allem aber verarmen lokale Farmer:innen, was wiederum den Staat aufgrund von ausfallenden Steuern schadet und den heimischen Konsumgütermarkt schwächt. Das Land verarmt so und wird vom Ausland abhängig. Ernteausfälle in Europa (z.B. durch Dürren, Kriege usw.) gefährden somit die Ernährungssicherheit in vielen Halbkolonien. Subventionen auf Exportprodukte sollten deshalb stückweise abgebaut werden.

Somit spielen die EU-Agrarsubvention eine wichtige Rolle in der Aufrechterhaltung kolonialer Strukturen, welche die halbkoloniale Agrarproduktion auf die Bedürfnisse imperialistischer Staaten zuschneidet (Anbau von Kaffee, Kakao, Bananen, Avocados, Plamöl etc. anstatt lokaler Pflanzen für die Ernährung wie Hirse, Linsen etc.) und ihre Abhängigkeit vom Import westlicher Agrargüter (Weizen, Soja, Fleisch) verstetigt. Aus diesem Grund lehnen wir das System der EU-Agrarsubventionen ab. Sie sind lediglich ein teures Mittel (fast die Hälfte des gesamten EU-Haushalts), mit dem die EU-Agrarmonopole vor ausländischer Konkurrenz geschützt werden sollen. Durch den Export überschüssiger Produkte versuchen sie, ein Kollabieren des hochproduktiven europäischen Agrarmarktes durch die Externalisierung des starken Preisdrucks zu verhindern. Statt imperialistischem Preisdruck brauchen wir demokratische wähl- und abwählbare Preiskontrollausschüsse für Agrarerzeugnisse aus Landarbeiter_innen, Bäuer_innen und Konsument_innen!

4.7. Grüne Gentechnik – mehr flopp als topp

Als grüne Gentechnik werden alle Verfahren bezeichnet, indem nicht mittels Züchtung, sondern im Labor die DNA und damit die Eigenschaften einer Pflanzen schlagartig verändert werden. So können in kurzer Zeit völlig neue Pflanzentypen designt werden, die entweder gar nicht oder nur über eine jahrzehntelange Züchtung hergestellt werden könnten. Weltweit werden auf über 190 Millionen Hektar gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. Das entspricht der 16-fachen Ackerfläche Deutschlands. Die Hälfte von dieser Fläche befindet sich in der USA.[25] 2/3 aller Sojabohnen und aller Baumwolle kommen von Genfeldern. Seit in den 1980er Jahren des erste Mal ein fremdes Gen in die DNA einer Pflanzen eingeschleust wurde, gibt es Diskussionen über den Nutzen und den Schaden dieser Technologie. Das folgende Kapitel soll eine kurze Einschätzung über die Probleme und Möglichkeiten der Gentechnik geben.

4.7.1 Probleme der grünen Gentechnik

Problematisch bei dem Verfahren ist, dass die veränderten Pflanzen unweigerlich Einzug in unsere Ökosysteme nehmen werden und dort möglicherweise große Schäden anrichten, wenn sie sich z.B. eine schädlingsresistente Art unkontrolliert vermehrt. Außerdem haben die gentechnisch veränderten Proteine das Potential Allergien auszulösen, was sich leider sehr schwer erforschen lässt. Um gentechnisch veränderte Pflanzen zu produzieren, werden diese antibiotikaresistent gemacht. Diese Eigenschaft kann sich möglicherweise auf Bakterien übertragen und somit die Antibiotika-Krise verschärfen, auch wenn eine Genübertragung von Pflanzen auf Bakterien (horizontaler Gentransfer) bisher nur im Labor beobachtet wurde.

Der gentechnisch veränderte Mais MON 810 ist ein sehr bekanntes Beispiel für die grüne Gentechnik da er bis 2009 auch in Deutschland angebaut werden konnte. Er wurde von der Firma Monsanto gentechnisch so verändert, dass er ein Gift gegen den Maiszünsler, der der bedeutendste Maisschädling ist, produziert. Das Problem dabei ist, dass dieses Gift auch für andere Tiere schädlich ist. Die Boden lebende Mikroorganismen sind davon betroffen, was die Fruchtbarkeit des Bodens auf Dauer reduziert. Das Gift kann auch in Bäche und Flüsse gelangen und dort weiteren Schaden anrichten.[26],[27]

Durch das massenweise Vorkommen des Giftes in der gesamten Pflanze entwickeln sich resistente Insekten, die dann nicht mehr gezielt mit dem Gift behandelt werden können. Die Bedrohung durch den Schädling kann in Zukunft also wieder zunehmen. Die Pollen des Mais können sich über 4,5 Kilometer weit verteilen und sich so auch auf Feldern verbreiten, auf denen kein gentechnisch veränderter Mais wachsen soll. Sie schaden auch anderen Insekten die direkt mit den vergifteten Pollen in Kontakt kommen, sowie unzähligen anderen Tierarten, die kontaminierte Tiere als Nahrung aufnehmen. Landwirt:innen, die keine Genpflanzen einsetzen, müssen deshalb ihre Produkte zum Teil billiger und als gentechnisch verunreinigt verkaufen. Die Verhinderung dieser Verunreinigung kann zudem hohe Kosten verursachen. Durch Mischkulturen (z.B. von Mais und Bohnen) sowie eine andere Bodenbearbeitung könnte das Aufkommen des Schädlings ebenfalls und nachhaltiger reduziert werden.

4.7.2 Roundup Ready

Das Tochterunternehmen Monsanto des deutschen Chemieriesen Bayer ist mit einem Marktanteil von 90% das wichtigste Unternehmen auf dem Mark für gentechnisch verändertes Saatgut. Die weltweit am häufigsten eingesetzte gentechnisch gestützte Strategie nennt sich „Roundup Ready“. Dafür hat Monsanto Saatgut für Weizen, Reis, Soja und Mais so verändert, dass sie das Besprühen mit Glyphosat überleben. So kann kostengünstig Unkraut entfernt werden, was wiederum den Ertrag erhöht. Glyphosat verkauft Monsanto natürlich auch selbst. Wenn sich die Bauern für die Glyphosat gentechnisch veränderte Pflanzen entschieden haben, müssen sie eine Technologiegebühr zahlen, wenn sie ihre eigene Ernte als Saatgut nutzen.[28] Außerdem ist das Glyphosat so aggressiv im Boden, dass zum Teil über mehrere Jahre keine anderen Pflanzen mehr in dem verseuchten Boden wachsen würden.[29] Ähnlich wie Bakterien können auch Unkräuter auf natürlichem Weg eine Resistenz gegenüber Glyphosat entwickeln.[30] So wird irgendwann ein größerer Einsatz von Glyphosat notwendig und es entwickelt sich eine Teufelsspirale aus Abhängigkeit von Glyphosat und dem Saatgut und damit von der Firma Monsanto, bzw. Bayer. Obwohl die Produktivität hoch und die Anbaukosten niedrig sind, kann hier von einem positiven Nutzen der Gentechnik kaum gesprochen werden. Zu wenig nachhaltig ist die Technik, zu groß sind die Schäden an der Umwelt. Tatsächlich kann konstatiert werden, dass der Hauptnutzen der Gentechnik momentan ist, dass Monsanto tonnenweise Glyphosat verkaufen kann.

4.7.3 Vorteile der Gentechnik?

Bayer dagegen argumentiert, dass z.B. die gentechnikgestützte Herstellung von Auberginen, die ein Gift gegen den Auberginenfruchtbohrers produzieren, die Anwendung von Pestiziden reduziert hat. So treffe das Gift nur die Insekten, die tatsächlich an der Pflanze fressen und nicht alle Tiere, die sich auf den besprühten Feldern befinden. So reduziere sich auch die Insektizidbelastung der Auberginen. Das Gift in der Pflanze kann selbst gefährlich für den Menschen werden.[31]

Ein vielfach bemühtes positives Beispiel von grüner Gentechnik ist der sogenannte goldene Reis. Es ist eine spezielle Reissorte, die gentechnisch so verändert ist, dass sie größere Mengen an ß-Carotin produziert, aus welchem der Körper das überlebenswichtige Vitamin A synthetisiert. So kann dem Mangel Vitamin-A, der vor allem in Afrika und Südasien weitverbreitet ist, entgegengewirkt werden. Allerdings sind auch viel einfachere Verfahren möglich, wie z.B. Vitamin A in Grundnahrungsmittel wie Zucker und Mehl beizumischen. Zudem wäre eine fettreicher und abwechslungsreichere Ernährung der eigentliche Weg, um Unterernährung wie den Vitamin-A-Mangel zu bekämpfen. Durch die imperiale Unterdrückung dieser Länder ist das aber nicht möglich.

Gegen die Probleme des Klimawandels könnte die grüne Gentechnik vielleicht helfen. In Deutschland werden z.B. Kartoffeln entwickelt, die selbst bei großer Trockenheit noch dicke Knollen ausbilden (normalerweise würden sie den Knollenwachstum dann stark einschränken).

4.7.4 Forschung zur grünen Gentechnik

Die grüne Gentechnik könnte in Zukunft einige nützliche Errungenschaften bringen und so zur Sicherung der Ernährung der Menschheit beitragen. Allerdings ist sie mit großen, kaum kalkulierbaren und schwierig erforschbaren Risiken verbunden. Wie bei allen hier diskutierten Fragen ist die objektive Untersuchung der verschiedenen Verfahren entscheidend bei der Abwägung von Nutzen und Gefahren. Die Forschung ist allerdings sehr teuer, weshalb es oftmals nicht genügend belastbare Studien gibt. Das Geld für die Kosten von breit und lang angelegten Studien haben oftmals nur die großen Chemie- und Agrarkonzerne, die die Sicherheit ihrer Produkte in der Regel selbst testen. Deren Ergebnissen kann man aber natürlich nicht trauen, weil sie Studien meistens nur zur Rechtfertigung ihrer Unternehmenspraxis einsetzen. Studien, die ihnen nicht nutzen, werden entweder manipuliert, missverständlich ausgelegt oder einfach nicht veröffentlicht.

4.7.5 Brauchen wir grüne Gentechnik?

Aufgrund der seit 1995 gemachten Erfahrungen mit gentechnisch veränderten Pflanzen lässt sich schließen, dass die Risiken sehr groß und die Nutzen bisher eher gering sind. Deshalb sollte die grüne Gentechnik nur punktuell bei besonders aussichtsreichen Verfahren weiter erforscht werden. Der Einsatz des so produzierten Saatgutes sollte, wenn überhaupt, nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Es gibt bereits weitaus sicherere Verfahren, um den Ertrag der Landwirtschaft zu erhöhen. Darüber hinaus ist es sinnvoller vorhandene Gelder vorzüglich in die Erforschung in nachhaltige und nicht gentechnik-basierte Strategien zu investieren. Gemeinsam mit den Beschäftigen in den betreffenden Laboren müssen wir als Klimabewegung volle Einsicht in die Geschäftsbücher und Forschungsberichte der betreffenden Konzerne erkämpfen. Erst dann können wir in staatlich voll ausfinanzierten und demokratisch von unserer Klasse kontrollierten Forschungseinrichtungen sinnvoll Chancen und Grenzen der Gentechnik abwägen.

4.8 Fleischkonsum: Umweltkiller und Nahrungsmittelvernichtung

Fleischkonsum ist ungesund und hat katastrophale Folgen für Tier, Mensch und die gesamte Umwelt, inklusive das Klima. Weltweit steigt der Fleischkonsum jedoch konstant an. Seit 1990 hat er sich verdoppelt[32]. Das hat mit dem Wachsen der Weltbevölkerung zu tun, aber auch damit, dass der Fleischkonsum in Asien, besonders in China, zunimmt.

4.8.1 Tierleid

Obwohl Tiere eine stark eingeschränkte Intelligenz haben, können sie Schmerz spüren, haben ein gewisses Selbstbewusstsein und können Emotionen wie Angst und Stress empfinden. Gerade die zumeist konsumierten hohen Säugetiere, wie Schweine und Rinder sind sogar für ihre besonders hohe Intelligenz bekannt. Im Kapitalismus werden die Tiere nicht wie Lebewesen, sondern wie Waren behandelt. Die Praxis der Zucht und Schlachtung ist deshalb barbarisch. Das Leid, was diese Tiere im Laufe ihres Lebens ertragen müssen, ist unvorstellbar. Sie können ihrer natürlichen Lebensweise in keiner Weise nachgehen. Die Tiere sind eng gedrängt, verletzen sich gegenseitig und leiden unter ihren eigenen Ausscheidungen. Um dem gegenseitigen Verletzen entgegenzuwirken, werden die Schnäbel von Hühnern und die Schwänze von Schweinen abgeschnitten (letztere Praxis ist mittlerweile in Deutschland theoretisch verboten).

In vielen Ländern gibt es zwar Mindeststandards für die Haltung von Tieren, diese sind aber viel zu gering. Für ein Schwein gibt es in Deutschland z.B. eine Mindestfläche von 0,75 m².[33] Für Hühner gilt je noch Mastart, dass auf einem Quadratmeter 16-22 Tiere gehalten werden dürfen.[34] Faktisch ist also die Grenze des physisch möglichen in der konventionellen Haltung der Mindeststandard. Die Mindeststandards werden aber sowieso kaum geprüft und oftmals missachtet, wie Tierrechtsorganisationen vielfach nachgeprüft haben (z.B. der Höchstabstand der Gitterstäbe auf dem Boden).

Als Kommunist:innen ist unser Ziel die Befreiung der Menschheit. Dennoch sollte uns vermeidbares Leiden anderer Lebewesen, wenn es direkt durch den Menschen verursacht wird, nicht egal sein. Deshalb müssen die Haltungs- und Schlachtungsbedingungen in der Fleisch-, Ei-, und Milchproduktion verbessern und deren Einhaltung streng kontrollieren.

4.8.2 Wasser- und Futterbedarf

Für ein Kilogramm Rindfleisch werden ca. 15.000 Liter Wasser benutzt. Bei Schweinefleisch sind es knapp 6.000 L bei Hähnchenfleisch 4.300 L. Besonders brisant ist der Nahrungsmittelverbrauch.[35] In der Fleischproduktion werden aus 3-10 Kalorien Futtermittel gerade mal 1 Kalorien Fleisch (je nach Tierart, Rind ist am wenigsten produktiv).[36] Die Fleischindustrie ist also weniger eine Nahrungsmittelindustrie und mehr Nahrungsmittelvernichtungsindustrie. Das hat zur Folge, dass der Getreidepreis in die Höhe steigt, was wiederum die Ernährungssicherheit von hunderten Millionen Menschen bedroht. Für den Anbau dieser Pflanzen wird über die Hälfte der weltweiten Ackerfläche genutzt (!). Oft werden dafür Wälder gerodet, wodurch CO2 in die Atmosphäre freigesetzt wird. Außerdem ist der Einsatz von Dünger und Pestiziden gerechnet auf die Nährwerte des Fleisches astronomisch.

4.8.3 Ausstoß von Treibhausgasen

Tiere stoßen jede Menge Methangas aus, welches als Klimagas 25-mal schädlicher als CO2 ist. Deshalb ist die Tierindustrie schädlicher für das Klima als der gesamte weltweite Transportsektor. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt, dass 18% der weltweiten Treibhausgasemissionen auf die Fleischproduktion zurückgehen.[37] Zusätzlich scheiden die Tiere massenweise Exkremente aus, die, wenn sie im Übermaß auf Äcker ausgebracht werden, das ökologische Gleichgewicht aus der Bahn werfen. Sie erhöhen nämlich den Nitratgehalt der Böden, Flüsse und Meere (siehe Kapitel 4.9.2 Dünger).

4.8.4. Gesundheitliche Risiken des Fleischkonsums

Durch das enge Beisammensein der Tiere in der Massentierhaltung sind diese sehr anfällig für Krankheiten. Die Folge ist der massive Einsatz von Antibiotika. Genauso wie in Krankenhäusern werden so multiresistente Keime gezüchtet, die durch den Mist auf den Feldern und dort wachsenden Pflanzen, das Personal oder durch das rohe Fleisch selbst auf den Menschen übertragen werden.[38] Daraus ergeben sich jährlich tausende vermeidbare Tode.

Darüber hinaus ist Fleisch für den Menschen aufgrund des hohen Anteils an gesättigten Fettsäuren ungesund. Diese können nämlich bei übermäßigen Konsum zu Herz-Kreislauf‑Erkrankungen führen. Im Fleisch können sich zudem Gifte ansammeln, wie z.B. Dioxin, ein hochgiftiger Stoff, den Nutztiere in ihrem Fettgewebe einlagern.[39]

4.8.5 Fischfang und Fischwirtschaft – gleiche und spezielle Probleme

Ebenso wie der Konsum von Landtieren ist auch der Konsum von Meerestieren (Fische, Krebse, Garnelen, Muscheln, Tintenfisch usw.) in den letzten 50 Jahren massiv angestiegen (ungefähr um 100%).[40] Und genauso wie der Fleischkonsum hinterlässt auch der Fischkonsum erhebliche Schäden an unserer Umwelt. 35 % aller Fische werden vom Menschen so stark bejagt, dass ihre Bestände gefährdet sind.[41] Beifang tötet viele Tiere unnötigerweise und bestimmte Fangtechniken schaden den Unterwasserökosystemen, wie z.B. Schleppnetze oder die senkrecht verlaufenden Seile zwischen Krebsreusen und Bojen, in denen sich Wale verfangen.

Alte Fischernetze machen ca. 30 % des Plastiks in den Meeren aus und töten z.B. Haifische, Wale, Tauchvögel oder Schildkröten, da sich diese in den sogenannten Geisternetzen verheddern. Über die Jahre lösen sie sich auf und reichern die Weltmeere so mit Mikroplastik an.[42]

Mehr als 50% aller vom Menschen konsumierter Fische kommen mittlerweile aus Aquakulturen. Dies führt zu einer massiven Verschmutzung von Flüssen und Meeren. Die Fütterung der Zuchtfische erfolgt zumeist mit Wildfang oder Beifang. Auch hier breiten sich wegen der engen Haltung schnell Krankheiten aus, auch hier wird in großen Mengen Antibiotika eingesetzt (welches zudem über das Wasser noch besser in die Umwelt gelangt). Im Meer werden für den Bau von Fischfarmen auch Natur, wie z.B. Mangrovenwälder, zerstört. Und auch im Fisch gibt es giftige Stoffe, die sich anreichern. Das sind z.B. Schwermetalle wie Blei und Cadmium, die Fische über die Nahrung aufnehmen oder der Futterzusatz Ethoxiquin, für den es auch in Deutschland bisher keinen Grenzwert im Fischfutter gibt. [43]

4.8.6 Biologische Fleischwirtschaft ist keine Lösung

Biologische und artgerechte Haltung sind leider keine Lösungen. Zwar verbessern sie das Tierwohl, gleichzeitig leben die Tiere aber noch länger und auf noch größeren Flächen, was wiederum dafür sorgt, dass sie mehr Nahrung brauchen und mehr Methan ausstoßen.

4.8.7 Kampf der Fleischindustrie

Nicht nur das Züchten von Tieren, auch die Verarbeitung von Fleisch ist ein riesiges Geschäft für das Kapital. Deutschland ist dabei eines der führenden Länder. Das Schlachten und Verarbeiten von Fleisch sorgt in Deutschland jährlich für einen Umsatz von 40 Mrd. €. Obwohl 1400 Betriebe in dem Gewerbe tätig sind, hat allein der größte Betrieb Tönnis einen Umsatz von 16 Mrd. € im Jahr.[44] Es steht also ein großes Kapital hinter der Fleischproduktion, welches seine Interessen verteidigt. Von den hohen Profiten bekommen die über 150.000 Beschäftigten jedoch nichts ab. Seit Jahren ist die Schlacht- und Fleischverarbeitungsindustrie für ihre miserablen Arbeitsbedingungen, insbesondere für Saisonarbeiter_innen aus dem EU-Ausland, bekannt.

Trotz kleiner Verbesserungen findet eine starke Ausbeutung in den Betrieben statt. Deshalb müssen wir auch in diesen Betrieben den Schulterschluss mit den Kolleg:innen suchen. Gewerkschaftliche Organisierung ist für den Kampf um mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen essenziell. In Deutschland ist die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) die zuständige Branchengewerkschaft.

Doch nicht nur die Fleischindustrie in Deutschland ist ein Problem. Weltweit gibt es unzählige riesige Firmen, die Fleisch verkaufen. Sie alle sind nicht an der Ernährung der Bevölkerung, sondern nur an ihrem Profit interessiert. Dafür produzieren sie 330 Millionen Tonnen Fleisch[45] dessen Konsum ungesund für den Menschen ist und zudem Wasserknappheit, Artensterben und Hunger erzeugt, sowie den Klimawandel beschleunigt.

Wir müssen alle Beschäftigten der Fleischindustrie auch im Kampf für eine andere landwirtschaftliche Produktion und eine andere Ernährung gewinnen. Sie müssen das Kapital nicht nur als Feind im Tarifkampf, sondern auch als Feind für eine nachhaltige Ernährungs- und Umweltpolitik sehen. Dort darf der Kampf aber nicht stehenbleiben. Die Beschäftigten müssen auch für eine revolutionäre Perspektive gewonnen werden.

4.8.8 Forderungen

Um den Fleischkonsum zu senken und die Ernährungsfrage in die Hand der Beschäftigten zu legen schlagen wir folgende Punkte vor:

  • Für die Vergesellschaftung der Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetriebe unter Arbeiter:innenkontrolle. Wir wollen selbst entscheiden, unter welchen Bedingungen wir produzieren und was wir essen!
  • Für die Transformation der Fleischindustrie in eine nachhaltige und vornehmlich vegetarische Nahrungsmittelindustrie. Dabei darf kein/e Kolleg:In entlassen werden!
  • Pflanzliche Proteine und Fette sind unverarbeitet (Linsen, Erbsen, Soja, …) bereits billiger als Fleisch. Es muss jedoch noch weitere schmackhafte und ökologisch verträgliche Alternativen geben. Vegetarische und vegane Ersatzprodukte sollten weiter erforscht und subventioniert werden, damit ein Massenmarkt entstehen kann. Die Steuer auf Produkte wie Fleischersatzprodukte aus pflanzlichem Eiweiß oder Getreidemilch sollte wie für Fleisch oder Milch 7 % statt 19 % betragen.
  • Die Fleischindustrie wird in den Führungsetagen von Tönnies, Westfleisch, Danish Crown etc. geplant und entlang ihrer konkurrierenden Profitinteressen organisiert, nicht anhand der individuell-moralischen Entscheidungen von Menschen in den Supermarktregalen. Die Logik der vegetarischen und veganen Konsumkritik basiert auf der idealistischen Illusion, das Proletariat könne die Produktion durch individuelle Kaufentscheidungen steuern. Wenn das so wäre, bräuchten wir eigentlich keinen Sozialismus mehr. Es ist die kapitalistische Produktionsweise selbst, die in alle Formen der Nahrungsmittelproduktion in dieser Gesellschaft (ob Gemüse, Getreide, Fleisch, Milch etc.) eingeschrieben ist. So sorgt der systeminhärente Drang der Profitmaximierung dafür, dass auch bei der Erzeugung von veganen Ersatzprodukten und im ökologischen Landbau der Profit letztlich vor die ökologische Nachhaltigkeit gestellt werden muss. Das Problem der Klimaschädlichkeit kapitalistischen Konsums lässt sich also nicht durch den „moralischeren“ kapitalistischen Konsum ersetzen. Zumal das Privileg für die eigene Reproduktion zwischen Nahrungsmitteln wählen zu können mit schrumpfendem Einkommen sinkt. In unseren Forderungen adressieren wir deshalb stets die Arbeiter_innenklasse als kollektives revolutionäres Subjekt und nicht als individuell-bürgerliches, wie es die bürgerliche Ideologie suggeriert. Die Konsumkritik ist der verkürzte Ausweg des gesellschaftlich ohnmächtigen Kleinbürgers. Unsere Aufgabe ist es nicht, Illusionen in die Wirkmächtigkeit dieses „Kampfmittels“ zu schüren, sondern kollektive und klassenbasierte Lösungsmöglichkeiten wie die die Vergesellschaftung der Fleischindustrie unter Arbeiter_innenkontrolle aufzuzeigen. Ohne Frage respektieren wir die individuelle Entscheidung keine tierischen Produkte zu sich zu nehmen. Sie wird nur niemals Teil einer tatsächlich marxistischen Forderung sein.
  • Der massenhafte Export von Fleisch muss unterbunden werden, um die Produktion zu senken und die Lebensmittelindustrie in den Importländern wiederzubeleben
  • Kein massenhafter Einsatz von Antibiotika in Tierställen
  • Futtermittel für Fleisch sollte nicht subventioniert werden
  • Wir müssen dafür kämpfen, dass es in öffentlichen Kantinen mehr veganes und vegetarisches Essen gibt
  • Es muss mehr Bildung über die verheerenden Folgen des Fleischkonsums geben, vor allem an Kindergärten und Schulen
  • Die freiwerdenden Flächen und Arbeitskräfte sollten für die Ernährung der Menschen, für die Produktion von Biogas und -treibstoff genutzt, vornehmlich jedoch einfach renaturiert werden. Kleinbauern dürfen bei der Umgestaltung der Landwirtschaft weder Job noch Hof verlieren

4.9 Die Krise der konventionellen Land- und Forstwirtschaft

Bis heute ist der Ertrag an Agrarprodukten im Verhältnis zur Fläche immer weiter angestiegen. Grund dafür ist, dass sich die industrielle Landwirtschaft immer weiter ausbreitet. Die heute praktizierte Form der konventionellen industriellen Landwirtschaft (aber nicht nur diese) befindet sich jedoch in einer wachsenden Krise. Ihre Anbaumethoden richten immer größere Schäden auf dem Planeten an und ihre Produktion wird auch selbst anfälliger für Verluste. Der Klimawandel verstärkt und beschleunigt diese Entwicklung. Dabei sind die Dürren und Unfruchtbarkeit des Bodens in einem Maße menschengemacht, das weit über den menschengemachten Klimawandel hinausgehen. Mit den konventionellen Anbaumethoden manövriert sich die Landwirtschaft so zunehmend in eine Sackgasse.

Die Probleme dafür sind vielfältig, basieren jedoch größtenteils auf der Unfähigkeit der kapitalistischen Produktionsweise eine nachhaltige Produktion zu organisieren. Obwohl viele Lösungsstrategien bekannt sind und ihre Umsetzung schon im Kapitalismus theoretisch möglich wäre, sind die bürgerlichen Regierungen unwillig genug, etwas für einen ökologischen Umbau zu tun. Sie gehen sehenden Auges dem Abgrund entgegen. Die Lobby der Großgrundbesitzer, Agrar- und Düngemittel- bzw. Pestizidkonzerne weisen dafür die Richtung. Verbesserungen müssen deshalb gegen den Widerstand der Chemie- und Lebensmittelindustrie, den Großgrundbesitz und ihren Regierungen durchgesetzt werden.

Fakt ist, dass eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft dafür sorgt, dass die Böden fruchtbarer werden und die Landwirtschaft resistenter gegenüber dem Klimawandel wird. Wenn die Landwirtschaft auf biologische Produktion umgestellt ist, werden die ökologisch nachhaltigen Produkte sogar unterm Strich günstiger sein, weil die externen Kosten erheblich sinken werden. Noch sind die Erträge der konventionellen Landwirtschaft jedoch deutlich höher. Die Wirtschaftlichkeit der Biobetriebe, die in Deutschland ca. 10 %[46] ausmachen, ist laut Agrarbericht aber sogar höher als die der konventionellen Betriebe. [47]

Jetzt mit dem Umbau zu beginnen ist entscheidend, da eine solche Transformation einige Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird. Das Geld dafür muss aus den Aktionsfonds und Sparkonten der monopolitischen Agrarkonzerne kommen. Da der Markt aus sich heraus diesen Umbau nicht leisten wird, da die kurzfristigen Interessen der Agarkonzerne mehr wiegen als die langfristigen Interessen der Menschheit, braucht es die Enteignung der Großgrundbesitzer und Agrarkonzerne, sodass die der ökologische Umbau der Landwirtschaft unter demokratischer Kontrolle der Arbeiter_innen abseits der profitbasierten Marktlogik vollzogen werden kann.

4.9.1 Monokulturen

Als Monokultur wird der Anbau einer einzigen Pflanze über eine Abfolge von mehreren Jahren bezeichnet. Es kann damit aber auch der Anbau einer einzigen Pflanzen auf einem (gigantischen) Feld gemeint sein. Kaffee- oder Palmölplantagen mit ausschließlich diesen Nutzpflanzen sind eindrückliche Beispiele für diese Anbaustrategie. Solche Plantagen sind sehr anfällig für Unkraut, Krankheiten und Schädlinge. Folglich muss der Einsatz von Pestiziden und Dünger erhöht werden, was wiederum zu Resistenzen und einer Überdüngung führt.[48]

In Deutschland sind Monokulturen über mehrere Jahre hinweg zwar selten (und sogar per Gesetz verboten), allerdings hat sich hierzulande die Fruchtfolge verengt. Außerdem ist der Anblick von Feldern der gleichen Pflanzen bis zum Horizont (z.B. Raps) auch hierzulande nichts Ungewöhnliches.

Ein Wechsel der Pflanzen ist im Kapitalismus aber gar nicht immer und überall möglich, da es zum Teil feste Abnehmer:innen gibt, die z.B. für ihre Biogasanlage immer nur eine bestimmte Pflanze brauchen. Außerdem ist das Saatgut so gezüchtet, dass es am besten in Monokulturen gedeiht. Eine Umstellung würde ihren vollen Effekt also erst entfalten, wenn auch entsprechendes Saatgut gezüchtet ist. Außerdem müssten neue Maschinen für die Ernte konstruiert werden, bzw. massenhaft und damit kostengünstig hergestellt werden. Zum Teil gibt es schon Geräte, die aber aufgrund der geringen Nachfrage sehr teuer sind.

In Spanien und der Schweiz wurde auf Versuchsfeldern bereits bewiesen, dass Mischkulturen (z.B. Linsen und Lupinen) ertragreicher als Monokulturen sind. In Spanien waren die Erträge 3% in der Schweiz 20 % höher, wenn zwei Arten gleichzeitig gepflanzt wurden. Die Zahlen stiegen auf 13 % bzw. 44% bei einer Mischkultur aus vier Pflanzen. Die Gründe dafür sind wahrscheinlich die bessere Ressourcennutzung durch die Pflanzen so wie eine bessere Schädlingskontrolle. So kann auch die Artenvielfalt erhöht werden, die auf den gigantischen Monokulturen sehr gering ist. [49]

Das Problem der Monokulturen bezieht sich natürlich nicht nur auf die Landwirtschaft, sondern auch auf die Forstwirtschaft. Eine Studie der Universität München stellt fest, dass Artenmischung den Wald ertragreicher macht, weil sich die Kronen und Wurzelsysteme besser gegenseitig mit Nährstoffen versorgen. Zudem ist der Wald so widerstandsfähiger[50] (für mehr Informationen siehe Kapitel 4.9.7 Forstwirtschaft). Monokulturen müssen der Vergangenheit angehören. Stattdessen braucht es Mischwälder in der Forstwirtschaft, jährliche Mischkulturen und eine sich abwechselnde Fruchtfolge in der Landwirtschaft. Alle paar Jahre sollten zudem gezielt stickstoffhaltige Pflanzen angebaut werden, die dem Boden guttun, indem sie dafür sorgen, dass sich die Mikroorganismen im Boden ausbreiten können. In der Folge sickert das Wasser nicht einfach durch sandigen Boden, sondern wird gespeichert und steht so den Pflanzen zur Verfügung. Außerdem sorgen sie dafür, dass das Wasser nach einem Starkregen nicht einfach oberflächlich abläuft, sondern in den Boden eindringt (z.B. durch kleine Gänge von Regenwürmern usw.). Mikroorganismen reinigen zudem das versickernde Wasser und machen z.B. durch Stickstoffproduktion die Böden fruchtbarer.[51] Bis dieser Prozess wieder fruchtbare Böden erzeugt, dauert es allerdings mindestens 10-20 Jahre.

Alle Staaten (besonders die mit einer industriellen Landwirtschaft) müssen sofort in die Forschung für alternative Anbaumethoden investieren. Denn auch die Forschung auf Versuchsfeldern dauert lange. Die Kosten für diese Maßnahmen müssen vom Profit der Kapitalist:innen bezahlt werden. Dabei muss international kooperiert und nicht konkurriert werden. Wir sind für die Abschaffung des Patentrechts für Saatgut oder Anbaumethoden, denn es hemmt die Forschung und dient nur dazu, postkoloniale Abhängigkeiten aufrechtzuerhalten und die Profite bei einer kleinen Gruppe von Monopolunternehmen zu belassen.

4.9.2 Dünger

Chemischer Dünger kann zwar ausgleichen, dass der Boden mit der Zeit durch die Art der Bewirtschaftung unfruchtbarer wird, allerdings funktioniert das nur bis zu einem bestimmten Punkt. Letztlich sterben die Mikroorganismen im Boden ab[52], die essenziell für die Speicherung von Wasser sind. In der Folge sind die Böden anfälliger für Dürren. Zudem richtet der künstliche und tierische Dünger auch anderswo ökologische Katastrophen an. Der Stickstoffdünger wird von Bakterien in Nitrat umgewandelt, welches in die Flüsse und so in die Meere gelangt. Dort regt es das Algenwachstum an. Wenn diese Algen dann absterben und von aeroben (sauerstoffverbrauchenden) Bakterien zersetzt werden, entstehen tote Zonen im Meer, die bereits 15 % der Meeresböden ausmachen. In den letzten 100 Jahren hat sich diese Fläche verzehnfacht.[53] In solchen Zonen ist kein Sauerstoff mehr vorhanden, weshalb kein Tier mehr überleben kann. Noch dazu verseucht das Nitrat unser Grundwasser. Die Reinigung unseres Grundwassers für unser Trinkwasser wird so unnötig teuer und aufwändig. Mineralische Dünger, vor allem Phosphordünger, enthalten neben dem gewünschten Mineral zum Teil giftige Schwermetalle, die über die Düngung in der Landwirtschaft in unseren Körper kommen.[54] Metalle wie Zink und Kupfer sind zwar als Spurenelementen wichtig für Pflanzen, allerdings können sie bei zu großzügigen Einsatz Mikroorganismen im Boden schaden. Das Problem bei der Herstellung von synthetischen Düngemittel ist wiederrum, dass sie sehr energieaufwendig ist (z.B. die Aktivierung von Stickstoff durch die Herstellung von Ammoniak).[55]

Der Einsatz von mineralischen und synthetischen Düngemitteln muss deshalb so weit wie möglich reduziert werden. Pflanzliche natürliche Dünger wie Kompost oder Vinasse sind dagegen unproblmeatisch.

4.9.3 Pestizide

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (Pestiziden, also Herbizide, Insektizide und Fungizide) ist das vorsätzliche Verteilen von für Lebewesen tödlicher Gifte auf einem nicht unerheblichen Anteil der Erdoberfläche. Sie haben dramatische Auswirkungen auf die Ökosysteme und können durch direkte Exposition oder durch die Nahrung auch dem Menschen schaden. Pestizide werden in der industriellen Landwirtschaft meistens von Traktoren, zum Teil aber auch von Flugzeugen versprüht. So kann sich der Stoff als Sprühnebel über die Felder hinaus verteilen.

Pflanzenschutzmittel unterscheiden nicht zwischen Nützling und Schädling. Viele nützliche Tiere werden durch den Einsatz von Insektiziden abgetötet, wodurch sich wieder Schädlinge vermehren und der Einsatz von Pestiziden erhöht werden muss. Herbizide schaden der Umwelt, indem z.B. Pflanzen abgetötet werden, die Insekten als Nahrung dienen, was wiederrum einen negativen Einfluss z.B. auf Vogelpopulationen nehmen kann. Die hohe Konzentration auf den Feldern schadet auch den Mikroorganismen im Boden. Diese Effekte führen zu einem Artensterben, welches daran demonstriert wird, dass auf biologisch nachhaltig bewirtschafteten Betreiben die Artenvielfalt sechsmal höher ist als auf konventionellen Höfen.[56]

Das wichtigste Herbizid ist Glyphosat, welches in 60 % aller Unkrautvernichtungsmitteln vorkommt. Die internationale Krebsforschungsagentur IARC, welche eine Teilorganisation der WHO und damit der UN ist, hat Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. Dieses Ergebnis basiert auf Studien an Ratten, Mäusen und menschlichen Zellen. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht jedoch davon aus, dass die Mengen in denen Glyphosat über die Nahrung aufgenommen wird, keine schädliche Wirkung hat.[57] Fakt ist jedoch, dass Glyphosat seinen Weg in den menschlichen Körper findet. Unsere Nahrung ist nachweislich damit belastet und auch in einer Menge von 0,5 Mikrogramm im Urin von 75% der getesteten Probanden einer Studie der Heinrich Böll Stiftung ließ sich eine hohe Konzentration Glyphosat feststellen.[58]

Der massenweise Einsatz von Herbiziden hat in den USA schon dazu geführt, dass sich resistente Pflanzen entwickelt haben[59], infolgedessen der Einsatz des Glyphosats weiter erhöht wurde, was wiederum dessen negative Effekte verstärkt.

Es ist klar, dass auf den Einsatz von Pestiziden nicht vollständig verzichtet werden kann. Es muss jedoch genau untersucht werden, welchen Schaden und welche Nutzen ein Mittel oder eine Kombination von Mitteln hat. Die Prämisse sollte es sein, Anbaumethoden zu verwenden, die es ermöglichen den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren. Biologische Schädlingsbekämpfung (also den Einsatz von Lebewesen gegen Schädlinge) kann einen Beitrag dazu leisten, Pestizide zu ersetzen. Allerdings birgt biologische Schädlingsbekämpfung auch die Gefahr der Verbreitung invasiver Arten, deshalb muss damit sehr vorsichtig umgegangen werden. Auch Mischkulturen und wechselnde Fruchtfolgen reduzieren das Auftreten von Schädlingen.

Konzerne, die Düngemittel, Saatgut und Pestizide herstellen, wie Bayer und seine Tochter Monsanto, müssen entschädigungslos und unter Arbeiter:Innenkontrolle enteignet werden, damit ihr schmutziges Geschäft ein Ende hat. Auch für die Düngemittelproduktion gilt es, dass wir memeinsam mit den dortigen Beschäftigten volle Einsicht in die Geschäftsbücher und Forschungsberichte erkämpfen müssen. Erst dann können wir in staatlich voll ausfinanzierten und demokratisch von unserer Klasse kontrollierten Forschungseinrichtungen sinnvoll Chancen und Grenzen bestimmter Düngerverfahren abwägen und neue entwickeln.

4.9.4 Bodenerosion

Als Bodenerosion wird das Abtragen des Bodens verstanden. Im Falle von fruchtbarem Ackerland führt das zu Bodendegradation, also zu irreversiblen Schäden in der Funktion und Struktur des Bodens. Dadurch sinkt die Bodenqualität und damit dessen Fruchtbarkeit. Die direkten Auslöser sind Winde und Wasser (Regen und Überschwemmungen). Welche Ausmaße die Bodenerosion durch den Menschen hat bezeugt, dass 60-80 % der Bodenerosionen auf die menschliche Landwirtschaft zurück geht. Dies ist kein Wunder, wenn man bedenkt, dass 50% des Planeten landwirtschaftlich genutzt wird. 23 % der bewachsenen Fläche gelten dabei als nachhaltig geschädigt.[60] International liegt das Mittel der Bodenerosion bei 2,4 Tonnen pro Jahr und pro Hektar (100m x 100m) Ackerland.[61]

Das Problem ist also ein Internationales, auch wenn es sehr große Unterschiede zwischen den Ländern gibt, was hauptsächlich auf die Anbaumethoden zurückzuführen ist. In Brasilien, einem Land mit sehr hoher Bodenerosion, werden beispielsweise Regenwälder gefällt, um die Fläche dann landwirtschaftlich zu nutzen. Die starken Regenfälle tragen die dünne Schicht fruchtbaren Bodens ab. Wenn irgendwann auch der Einsatz von künstlichen Düngemitteln die verringerte Fruchtbarkeit nicht mehr ausgleichen kann, muss neuer Regenwald gerodet werden und der Prozess beginnt von neuem. Aus dem artenreichen Regenwald wird so eine nahezu ausgestorbene Steppe.

Bleibt die Natur unberührt, dann sind die Böden in den meisten Regionen der Erde von Pflanzen bedeckt. Durch den Ackerbau wird der Boden jedoch freigelegt und die Erosion so massiv begünstigt. Verschärfend kommt hinzu, dass meistens große Flächen bewirtschaftet werden, die nicht durch kleine Strukturen wie Hecken, Bäume usw. geschützt sind. Außerdem gibt es Pflanzen, die in weiten Abständen gesät werden (Mais, Zuckerrüben), was dafür sorgt, dass der Boden über lange Zeit unbedeckt ist. Wird der Boden immer wieder tief durchgepflügt und Reste der vorherigen Nutzpflanzen entfernt, wird dem Boden seine Stabilität und sein Schutz genommen, den er gegen Regen und starken Wind braucht.[62] Auch durch das übermäßige Weiden von Nutztieren auf Wiesenflächen wird die Erosion begünstigt.[63] Besonders an den oberen Teilen der Hänge, sowie auf Bergkuppen geht durch die Erosion fruchtbarer Boden verloren.

Neben der Fruchtbarkeit wird auch die Funktion des Bodens als Wasser und Nährstoffspeicher eingeschränkt. Die Ablagerungen durch die Bodenerosion können wiederum durch Verschlammung anderen Flächen schaden. Außerdem können die Bodenpartikel Gewässer vergiften, indem sie dort Schadstoffe (wie z.B. Pestizide) anreichern oder die Gewässer versauern. Die Ablagerungen können auch an vom Menschen geformten Strukturen Schaden anrichten.[64]

Der Klimawandel sorgt mit lokal auftretendem Starkregen, höheren mittleren Windgeschwindigkeiten und längeren Trockenphasen für eine höhere Erosion. Die historische Überschwemmung in Pakistan 2022, bei der ca. 1/3 der Landfläche überschwemmt wurde, hat der Landwirtschaft durch die Erosion einen erheblichen Schaden zugefügt. Durch das Waldsterben beispielsweise durch Schädlinge oder Feuer entstehen ebenfalls Flächen, die nicht vor Erosion geschützt sind. Den Erosionsprozess rückgängig zu machen, dauert sehr lange. Es dauert mindestens 100 Jahre, bis ein Zentimeter humoser Boden entsteht.[65] Bei einem starken Gewitter kann dieser hundertjährige Prozess an einem Tag zunichte gemacht werden.

Eine Schonende Bodenbearbeitung (z.B. ein weniger tiefes Pflügen und pflügen quer zum Hang, um Wasserabfluss zu verringern) kann Erosion entgegenwirken. Das Pflanzen von Bäumen neben und auf den Feldern schützt diese vor Wind. Terrassierung kann dagegen vor Wassererosion schützen.[66] Auch die Gefahr der Bodenerosion zeigt auf, dass die kapitalistische profitorientierte Bewirtschaftung von Agrar- und Forstflächen nicht einmal in der Lage ist, ihre dauerhafte Existenz zu gewährleisten. Wenn wir die Böden erhalten wollen, müssen wir sie ihren bürgerlichen Besitzer_innen entreißen. Was wir brauchen ist die entschädigungslose Enteignung der Großgrundbesitzer und eine Bodenreform in den halbkolonialen Ländern. Demokratisch gewählte und rechenschaftspflichtige Komitees aus Produzent_innen und Konsument_innen sollten für alle Äcker das Risiko von Erosion bewerten und entsprechende Maßnahmen treffen.

4.9.5 Desertifikation

6 % der Landfläche unseres Planeten ist von Wüsten bedeckt in denen Ackerbau oder Viehzucht unmöglich sind.[67] 40 % der Landmasse sind Trockengebiete.[68] Jedes Jahr kommt eine Fläche von ca. der Größe Bayerns hinzu. Dieser Umstand bedroht heutzutage 1 Mrd. Menschen. Das Problem ist menschengemacht. Besonders in der Sahel-Zone südlich der Sahara ist das gut nachweisbar. Hier wurden Äcker angelegt und diese künstlich mit Grundwasser oder Wasser aus Seen und Flüssen bewässert. So wurden die Grundwasserspeicher verbraucht und das übrige Wasser wurde immer salziger. Infolge von Ackerbau und Überweidung von Grasflächen wurde das Land von Erosion zerstört. Ganze Landstriche verödeten so.[69]

Doch auch in Europa ist dies bereits ein Problem, vor allem in Spanien, wo 20 % des Landes von Wüstenbildung betroffen sind[70]. Der Grund ist hier die Bewässerung von Obst- und Gemüseplantagen, aber auch der Wasserverbrauch der Tourismusindustrie. Ein weiteres europäisches Beispiel ist die Ausbreitung einer Wüste in Rumänien nahe der Hauptstadt Bukarest. Sand und Staub auf bereits zur Wüste gewordenen Flächen werden durch den Wind verweht. So breiten sich die Wüsten aus. Aber auch Ackerflächen fallen der Dürre zum Opfer. Weil keine Wälder mehr existieren, kann der Wind ungehindert über das Land streichen.[71] Der aufgewirbelte Staub sorgt bei den Menschen für gefährliche Atemwegserkrankungen. In Brandenburg sind Sandstürme heute schon keine Seltenheit mehr.[72]

In China wurde die Ausbreitung der Wüsten schon vor Jahrzehnten als Problem erkannt, vor allem, weil die Hauptstadt Peking von jährlich wiederkehrenden Sandstürmen heimgesucht wird. Dagegen wurde die Great Green Wall errichtet. Dabei handelt es sich um ein Wiederaufforstungsprojekt historischen Ausmaßes. 23 % Hälfte der chinesischen Landfläche ist heute wieder bewaldet, weitere Teile wurden mit Büschen oder Gräsern stabilisiert.[73] Bis 2050 sollen weitere 13,6 Mrd. $ investiert werden und so ein Schutzwall von 4500 km Länge und 100 km Breite entstehen. Bereits heute gibt es kaum Sandstrürme mehr in Peking, die Biodiversität ist gestiegen und die Bäume dienen als CO2 Speicher. Dieser Ansatz kann als Vorbild für andere Länder dienen.

4.9.6 Wassermangel

Grund für den Wassermangel ist neben dem Klimawandel die Verschwendung von Wasser in der Land- und besonders der Fleischwirtschaft. Endliche (Grund-)wasservorkommen werden angezapft und damit in Trockengebieten Landwirtschaft betrieben. Nach einigen Jahren liegt die Landwirtschaft dann am Boden. Wo Wassermangel akut wird, sterben Pflanzen ab, was für Erosion sorgt und so zur Wüstenbildung führt.

Besonders betroffen sind Nordafrika, der „Nahe Osten“, sowie Westasien.[74] Hunger, die Verbreitung von Krankheiten, Flucht und bewaffnete Konflikte sind die Folge. Laut der UN werden 2030 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Anlagen haben[75]. Besonders in den Städten wird das Problem durch eine ungerechte Verteilung verstärkt. In Mexiko-Stadt muss die arme Bevölkerung ewig für ihr Wasser anstehen, während die reiche Bevölkerung ihren Rasen im Vorgarten mit Trinkwasser besprenkelt. 1,6 Mrd. Menschen haben heute keine Zugang zu sicherem Trinkwasser zuhause. 2,8 Mrd. Menschen haben keinen Zugang zu sicheren Sanitären Anlagen.[76]

Es braucht eine nachhaltige Wasserwirtschaft, sodass endliches Grundwasser nicht einfach verbraucht wird und so Wasserquellen versiegen oder versalzen. Es sollte z.B. Regenwasser für die Landwirtschaft aufgefangen werden. Die Reduktion des Fleischkonsums, solargetriebene Wasserentsalzung, aber vor allem eine nachhaltige Landwirtschaft müssen Teil der Problemlösungsstrategie sein.

4.9.7 Forstwirtschaft

Der Zustand der Wälder ist historisch schlecht. Dürre, Krankheiten, Schädlinge und nicht nachhaltiges Abholzen sind die Gründe für das Verschwinden der Wälder weltweit. Im Harz, einer der größten Wälder Deutschlands, sind bereits 80 % (!) der Fichten abgestorben, bei den Buchen sieht es nicht viel besser aus.[77] Das Problem dabei sind unter anderem die angepflanzten Monokulturen, welche anfälliger für Schädlinge und Wetterextreme sind. Zudem führen die vielfach nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland gepflanzten Nadelwaldmonokulturen durch die vielen Nadeln am Boden zu einer Versauerung der Böden. Zum Teil muss das mit einer Behandlung von Kalk ausgeglichen werden. Diese Probleme erstrecken sich über den gesamten europäischen Kontinent. Die extreme Hitze und das Absterben der Bäume sorgen zudem dafür, dass es jedes Jahr gewaltige Waldbrände in Europa gibt. Neben den direkten wirtschaftlichen und ökologischen Schäden geben die Wälder so auch tonnenweise CO2 ab, welches wiederum den Klimawandel beschleunigt. Ein klassischer Teufelskreis.

Der Raubbau an den Wäldern in Südasien, Südamerika, aber auch in der nördlichen Taiga (Kanada und Russland) ohne jegliche Wiederaufforstungsperspektive verschärfen das Problem drastisch.

Es muss weltweit massiv aufgeforstet werden. Abholzung darf es nur in einem Maß geben, wie die Bäumer ersetzt werden können. Nur so lässt sich die Artenvielfalt schützen, der Wüstenbildung entgegengewirkt werden und dauerhaft CO2 als Maßnahme gegen den Klimawandel speichern. Auch für die Aufforstung liegt der Schlüssel in der Eigentumsfrage und der damit einhergehenden Kontrolle über die Waldböden und -flächen.

5. Klassenkampf der Landwirt:Innen und permanente Revolution

5.1 Klassenlage der Farmer:innen

Zur Klassenlage der Bäuer:innenschaft schreibt Trotzki im Übergangsprogramm Folgendes:

„Der Landarbeiter ist der Waffenbruder und Gefährte des Industriearbeiters auf dem Dorf. Sie bilden zwei Teile ein und derselben Klasse. Ihre Interessen sind nicht zu trennen. Das Programm der Übergangsforderungen der Industriearbeiter ist (mit) Modifikationen) auch das Programm des Landproletariats.

Die Bauern (Farmer) repräsentieren eine andere Klasse: das ist das Kleinbürgertum des Dorfes. Das Kleinbürgertum setzt sich aus verschiedenen Schichten zusammen, von den Halbproletariern bis hin zu den Ausbeutern. Deshalb besteht die politische Aufgabe des Industrieproletariats darin, den Klassenkampf in das Dorf zu tragen: nur so kann es seine Verbündeten von seinen Feinden trennen.“[78]

Sofern den Bäuer:innen ihre Produktionsmittel (Land, Maschinen, Werkzeuge) selbst gehören betrachten wir sie also als Teil des Kleinbürger:innentums, auch wenn es große Abstufung in ihrem Landbesitzt gibt. Dieser Umstand sowie ihr gesellschaftlich eher isoliertes Leben auf dem Land führt dazu, dass sie aus sich heraus kein revolutionäres Bewusstsein herausbilden können. Auch wenn viele von ihnen in bitterer Armut leben, treten Sie dem Klassenfeind nicht in gleichem Maße gegenüber wie die Arbeiter_innenklasse, außerdem sind die aufgrund ihrer Isoliertheit wesentlich schwerer zu organisieren.

Doch auch wenn sie allein keine revolutionäre Klasse für sich werden können, war es in vielen historisch-revolutionären Situationen die Aufgabe der organisierten Arbeiter_innenklasse, den Schulterschluss mit der Bauernklasse zu üben und diese für ihr revolutionäres Programm zu begeistern. Die russische Oktoberrevolution ist ein gutes Beispiel dafür, wie im unterentwickelten Russland eine zahlenmäßig weit unterlegene industrielle Arbeiter_innenklasse die Mehrheit der verarmten Bauern für ihr Programm und eine gemeinsame Revolution gewinnen konnte. Auch die Bauernklasse wird weltweit von Monopolkonzernen und Großgrundbesitz ausgebeutet und ist abhängig von günstigen Krediten, hohen Abnahmepreisen, niedrigen Preisen für Maschinen und Dünger sowie praktischen Transportbedingungen. Die organisierte Arbeiter_innenklasse muss ihr aufzeigen, dass ein Programm der Vergesellschaftung der Banken und Monopolkonzerne und die Einrichtung gemeinsamer Preiskontrollausschüsse die bessere Alternative ist, als das ewige Hoffen, von den Herrschenden ein wenig mehr verschont zu bleiben.

Auch wenn die Weltwirtschaft nach wie vor von der kapitalistischen Produktionsweise dominiert wird, ist die Ausgangslage der Bauern heute 2023 eine andere als zur Zeit der Oktoberrevolution 1918. Die Bauern im revolutionären Russland stellten eigentlich ein Überbleibsel aus der dem Kapitalismus vorangegangenen Epoche des Feudalismus dar. So wie sie damals in Russland nicht vollends dem Kapitalismus einverleibt wurden, führten 100 Jahre Kolonialismus und imperialistischer Terror dazu, dass weltweit auch heute immer noch viele verarmte Bauern nach vorkapitalistischer Art Subsistenzwirtschaft betreiben, das heißt die Bauern und Bäuerinnen bauen ihre Erzeugnisse zum großen Teil für den eigenen Konsum an und verkaufen ihn nur teilweise.

Doch der Expansionsdrang des Kapitals kennt keine Grenzen und verwandelt durch Verarmung Vertreibung, Krieg und Klimawandel Tag für Tag mehr Bauern in Proletarier_innen, die ihr Land verlassen oder verkaufen müssen und ihr Glück in den Metropolen, auf der Flucht in ein anderes Land oder auf den großen Baumwoll-, Kaffee- und Zuckerrohrplantagen suchen. Auch wenn trotz der formalen Dekolonialisierung viele Agrarflächen weiterhin in der Hand der ehemaligen Kolonialist_innen verblieben, wird die Landflucht der Kleinbauern durch einen weiteren Trend verstärkt, der sich Land Grabbing nennt. Dabei kaufen Monopolkonzerne und Kapitalgesellschaften in großem Stil Land in halbkolonialen Ländern auf, welches die dort ansässigen Kleinbauern seit hunderten von Jahren nur nach Gewohnheitsrecht genutzt haben.[79] Indem sie ihr Land und ihre Arbeitsmittel verloren haben, besitzen sie nur noch ihre Arbeitskraft, die sie verkaufen werden und werden somit zu Landarbeiter_innen, Industriearbeiter_innen oder verarmtem Subproletariat.

Auch wenn verlässliche Zahlen über die tatsächlichen globalen Besitzverhältnisse von Agrarflächen schwer zu gewinnen sind, schätzte Oxfam bereits vor 10 Jahren schon, dass zu diesem Zeitpunkt eine Fläche Westeuropas aus dem Besitz von Kleinbauern in den Besitz von Kapitalgesellschaften gewechselt ist. Laut der Heinrich-Böll-Stiftung kontrollieren die 4 Monopolkonzerngruppen Cargill, ADM, Dreyfus und Bunge zusammen 70 % des Weltmarktes an Agrarrohstoffen.[80] Aber auch deutsche Kapitalgesellschaften wie die Versicherung Münchner Rück[81], die Entwicklungsbank DEG[82] und die westfälische Ärztepensionskasse[83] sind zentrale Akteure im Land Grabbing.

Die Kapitalflucht in Agrarflächen ist dabei ein Resultat der schwindenden Anlageoptionen in der produktiven Sphäre und verspricht aufgrund der Tatsache, dass sich Boden nicht vermehren lässt, sichere Renditeerwartungen. Die erbeuteten Agrarflächen fehlen wiederum den lokalen Ökonomien um Nahrungsmittel anzubauen, stattdessen werden sie darauf ausrichtet um Exportprodukte für die westlichen Ökonomien wie Kaffee, Tee, Tabak, Baumwolle, Zuckerrohr, Bananen, Palmöl, Soja etc. zu produzieren aber auch Tierfutter und Biotreibstoff. Zur Bewässerung der Plantagen pumpen die Agrarkonzerne meistens die ohnehin knappen Grundwasserressourcen kostenlos aus den lokalen Böden. Die halbkolonialen Länder sind deshalb wiederum auf Nahrungsmittelimporte aus den imperialistischen Ländern angewiesen. Der systematische Landkauf ist jedoch nur ein Element aus einem größeren System aus der Kontrolle des Saatgutmarktes, Verschuldung, Spardiktaten etc., mit dem die imperialistischen Staaten die Abhängigkeit der ehemaligen Kolonien aufrechterhalten.

Die Konzentration von Agrarfläche in den Händen von Monopolkonzernen findet jedoch nicht nur in den Halbkolonien, sondern auch in imperialistischen Ländern wie Deutschland statt. Dies findet zum einen auf der Ebene des Firmenkaufs, zum anderen auf der Ebene des Bodenkaufs statt. So werden mittelständische Familienunternehmen in immer stärkerem Maße von den Agrarriesen aufgekauft. Laut der Landwirtschaftszählung 2020 des zuständigen Bundesministeriums ist ein Großteil der deutschen Agrarfläche nicht im Besitz der Bauern, sondern lediglich gepachtet. Die weiterhin steigenden Bodenpreise sorgen dabei für zusätzlichen Druck. In Ostdeutschland besitzen Unternehmensgesellschaften und Aktienfonds bereits über 30 Prozent des Bodens, während es in Westdeutschland bei steigender Tendenz noch 10 Prozent sind. In der EU wird 6,1 % der Landfläche von 2/3 aller landwirtschaftlichen Betrieben kontrolliert, während die größten 3,3 % über die Hälfte der Landfläche besitzen.[84]

5.2 Kampf dem Großgrundbesitz

Wir wollen den Großgrundbesitz restlos unter Kontrolle der Landarbeiter:innen vergesellschaften. Die Landarbeiter:innen und Landpächter:innen werden der Hebel bei der Umsetzung dieser Politik sein. Allerdings wird es wahrscheinlich nur partiell möglich sein, den ehemaligen Großgrundbesitz sofort kollektiv zu bewirtschaften. Um die armen Landarbeiter:innen und landlosen Bäuer:innen für unsere Politik zu gewinnen, müssen wir ihnen vor allem Land versprechen. Landaneignung durch arme Bäuer:innen, wie sie z.B. momentan (2023) in Kolumbien stattfinden, verdienen deshalb unsere bedingungslose Solidarität. Außerdem muss ihnen zugesichert werden, ihre Produkte profitabel verkaufen zu können, um ihr Überleben zu sichern. Deshalb haben wir uns solidarisch mit den Farmer:innenprotesten 2021 in Indien erklärt. Dort haben hunderttausende Farmer:innen gegen eine weiter Neoliberalisierung des Agrarsektors und für staatlich garantierte Mindestabnahmepreise gekämpft.

Natürlich ist die Zersplitterung von Großgrundbesitz noch keine sozialistische Politik, sie ist aber ein notwendiger Schritt, um die Großgrundbesitzer:innen zu entmachten und die Bäuer:innen für unsere Politik zu gewinnen. Revolutionäre Erhebungen in der Vergangenheit (z.B. die Russische Revolution im Oktober 1917) haben gezeigt, dass für landwirtschaftliche geprägte Gesellschaften die Landfrage von großer Bedeutung ist. Besonders in Halbkolonien ist ihre Lösung ein wichtiger Teil jeder sozialistischen Revolution.

5.3 Permanente Revolution und sozialistische Landwirtschaft

Bei der Landverteilung darf die Bewegung jedoch nicht stehen bleiben. Sie muss die Revolution permanent machen, also die Verteilung von Land mit sozialistischen Maßnahmen in der Stadt und auf dem Land verbinden. Überall dort, wo das Land zum großen Teil schon im Besitz der Menschen ist, die es bewirtschaften (z.B. in Nordamerika oder Europa), muss es deshalb das Ziel sein, die Farmer:innen zu motivieren das Land kollektiv zu bewirtschaften. Wir müssen sie darüber hinaus für eine nachhaltige Landwirtschaft gewinnen, die auf die Ernährungssicherheit und nicht auf kurzfristigen Profit ausgerichtet ist. Sie müssen begreifen, dass die Kollektivierung ihres Besitzen auch für sie selbst von Vorteil ist, da individuelle Risiken verschwinden und die Landwirtschaft so effizienter werden wird. Steuerliche Anreize und Subventionen können diesen Prozess beschleunigen.

Die Perspektive in der Agrar- und Ernährungsfrage muss also eine sozialistische sein. Denn auch ökologisch nachhaltige Landwirtschaft muss profitabel sein und ist daher den Marktzwängen unterworfen. Zum Beispiel können auch Bioprodukte aus den imperialistischen Staaten exportiert werden und so lokale Landwirtschaften in Halbkolonien bedrohen. Zudem ist eine nachhaltige Landwirtschaftspolitik nur im Kampf gegen die Macht der großen Agrar- und Chemiekonzerne durchzusetzen. Außerdem kann nur durch eine sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft sichergestellt werden, dass keine Farmer:innen bankrott gehen und so ihren Lebensunterhalt verlieren.

Eine sozialistische Landwirtschaft ist immer effizienter und ertragreicher, da Maschinen optimal verteilt werden und die Landfläche sinnvoller eingeteilt werden kann. Wo es einen Mangel an Wasser und Landfläche gibt, können diese Ressourcen sinnvoll verteilt werden, ohne dass es blutige Verteilungskämpfe gibt, wie sie im subsaharischen Afrika durch die Dürren heute schon alltäglich sind. Darüber hinaus kann nur der Sozialismus die Investitionen in die Landwirtschaft tätigen, die es für eine Umgestaltung braucht. Nur er kann den Klimawandel noch aufhalten und die unzähligen sinnlosen Kriege beenden, die den weltweiten Hunger verschärfen.  

Es braucht eine solche sozialistische, d.h. bedarfsgerechte Landwirtschaft, die umweltverträglich ist und nur die Ziele hat den Farmer:innen ein würdevolles Leben zu sichern und vor allem die Menschheit mit Nahrung zu versorgen.


[1] https://de.wfp.org/hungerkatastrophe

[2] https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2Fgesellschaft%2Fzeitgeschehen%2F2022-02%2Fhunger-un-welternaehrungsprogramm-bedrohung-pandemie

[3] https://www.careelite.de/welthunger-statistiken-fakten/#hungernde

[4] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/38187/umfrage/anzahl-der-hungernden-weltweit/

[5] https://www.welthungerhilfe.de/hunger#c8250

[6] https://www.theguardian.com/us-news/2022/sep/07/us-food-insecure-families-poverty-study

[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Welthunger#cite_note-10

[8] https://www.bundesrechnungshof.de/DE/3_internationales/1_internationales_wfp/wfp_node.html

[9] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1169479.usa-rekord-budget-fuer-das-pentagon-beschlossen.html

[10] https://www.spiegel.de/politik/ausland/uss-gerald-r-ford-das-ist-das-teuerste-kriegsschiff-der-welt-a-1159275.html

[11] https://www.oxfam.de/presse/pressemitteilungen/2020-11-17-jemen-krieg-wert-waffenexporten-g20-um-vielfaches-hoeher

[12] https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/2020/jemen-hunger-auf-rekordhoehe/232672

[13] https://www.bbc.com/news/world-middle-east-56242610

[14] https://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/ernaehrung-konsum/lebensmittelverschwendung/das-grosse-wegschmeissen

[15] https://www.umweltbundesamt.de/themen/ein-drittel-der-lebensmittel-wird-verschwendet

[16] https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittelverschwendung/studie-lebensmittelabfaelle-deutschland.html

[17] https://www.oxfam.de/system/files/factsheet_nahrungsmittelspekulation_pb.pdf

[18] https://www.oxfam.de/unsere-arbeit/themen/nahrungsmittelspekulation

[19] https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/landwirtschaft-fischerei/Ukraine-Landwirtschaft.html

[20] https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/studie-lebensmittelkonzerne-nutzen-methoden-wie-die-tabakindustrie-a-882971.html

[21] https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/eu-agrarsubventionen-unternehmen-101.html

[22] https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/landwirtschaft-un-bericht-101.html

[23] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/oekologische-landwirtschaft/weggefuttert

[24] https://policy.trade.ec.europa.eu/development-and-sustainability/economic-partnerships_en

[25] https://www.keine-gentechnik.de/dossiers/anbaustatistiken#c194

[26] https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/landwirtschaft/landwirtschaft_gentechnik_laesst_sich_mon810_verbieten.pdf

[27] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/oekologische-landwirtschaft/weniger-schmetterlinge-gen-mais

[28] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/oekologische-landwirtschaft/monsanto-patent-roundup-ready-pflanzen

[29] https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/glyphosat-auswirkungen

[30] https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/umweltgifte/glyphosatresistente_pflanzen_vortrag.pdf

[31] https://www.derstandard.at/story/1254312048459/anbau-von-gentechnik-auberginen-verhindert

[32] https://de.statista.com/infografik/20391/produktion-von-fleisch-weltweit/

[33] https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/nutztiere/schweine/schweine.html

[34] 38 kg/m², was bei einem durchschnittlichen Schlachtgewicht von 1,7 kg im Jahr 2021 22 Tieren entspricht. https://www.bundestag.de/resource/blob/658256/5b211b3b95ed73db4e6acaca6ce67c91/WD-5-069-19-pdf-data.pdf

[35] https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/15000-liter-wasser-fuer-ein-kilo-rindfleisch/

[36] https://www.weltagrarbericht.de/fileadmin/files/weltagrarbericht/Weltagrarbericht/04Fleisch/Futtermittelblues_Heft_05.pdf

[37] https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Landwirtschaft/Klimaerwaermung-durch-Fleischkonsum.pdf

[38] https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/krankenhauskeime-im-tierstall-gesundheitsforschung-in-der-landwirtschaft-2819.php

[39] https://www.umweltbundesamt.de/daten/chemikalien/dioxine-polychlorierte-biphenyle-pcb-in#dioxinefurane-und-polychlorierte-biphenyle-pcb

[40] https://www.zeit.de/wissen/2020-06/fischereibericht-2020-un-fischkonsum-rekordwert?utm_referrer=https%3A%2F%2F

[41] https://www.wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/fischerei/ueberfischung

[42] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/plastik-meer-geisternetze-100.html

[43] https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Wie-oekologisch-ist-Fisch-aus-Aquakultur,aquakultur164.html

[44] https://de.statista.com/themen/4069/fleischverarbeitung-in-deutschland/#topicOverview

[45] https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/landwirtschaft-fischerei/tierhaltung-fleischkonsum/_inhalt.html

[46] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/07/PD21_N046_41.html

[47] https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Agrarbericht2019.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (S. 87)

[48] https://www.quarks.de/umwelt/landwirtschaft/darum-schaden-uns-monokulturen/

[49] https://www.mdr.de/wissen/umwelt/mischanbau-artenvielfalt-landwirtschaft-ertrag100.html

[50] https://www.wissenschaft.de/erde-umwelt/mischwaelder-sind-widerstandsfaehiger/

[51] https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/bodenbelastungen/verlust-der-biodiversitaet-im-boden#funktion-der-bodenorganismen

[52] https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/journal/zu-viel-des-guten-duengung-senkt-die-widerstandskraft-g-10956

[53] https://www.bund.net/meere/belastungen/ueberduengung-der-meere/

[54] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/anbau/phosphatduenger-agrarchemie-toedlichen-nebenwirkungen

[55] https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/umweltbelastungen-der-landwirtschaft/duengemittel

[56] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/anbau/pestizide-zerstoeren-umwelt

[57] https://www.boell.de/de/glyphosat

[58] https://www.boell.de/de/2016/03/04/glyphosat-untersuchung-75-prozent-der-deutschen-deutlich-belastet

[59] https://www.deutschlandfunk.de/herbizid-studie-unkraeuter-entwickeln-immunitaet-gegen-100.html

[60] https://www.welthungerhilfe.de/informieren/themen/klimawandel/bodenerosion

[61] https://www.faz.net/aktuell/wissen/erde-klima/bodenerosion-wachsende-sorge-um-fruchtbare-boeden-16539315.html

[62] https://www.landwirtschaft.de/landwirtschaft-verstehen/wie-funktioniert-landwirtschaft-heute/boden-in-gefahr-erosion-in-der-landwirtschaft

[63] https://www.welthungerhilfe.de/informieren/themen/klimawandel/bodenerosion

[64] https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/bodenbelastungen/erosion-jede-krume-zaehlt#was-sind-die-folgen-von-bodenerosion

[65] https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/kleine-bodenkunde/entwicklung-des-bodens

[66] https://www.faz.net/aktuell/wissen/erde-klima/bodenerosion-die-landwirtschaft-ist-in-gefahr-18303767.html#ist-der-boden-noch-zu-retten}

[67] https://www.planet-wissen.de/natur/landschaften/trockenwuesten/wuesten-desertifikation-100.html

[68] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1180900/umfrage/anteil-von-trockengebiete-an-der-gesamtflaeche-der-weltregionen/

[69] https://www.planet-wissen.de/natur/landschaften/trockenwuesten/wuesten-desertifikation-100.html

[70] https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/292601/welttag-fuer-die-bekaempfung-von-wuestenbildung-und-duerre/

[71] https://www.dw.com/de/wo-die-w%C3%BCste-w%C3%A4chst-klimawandel-in-rum%C3%A4nien/av-56634405

[72] https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/id_85636884/sahara-nein-das-ist-brandenburg.html

[73] https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/Tabellen/Basistabelle_WaldFlaeche.html

[74] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1178578/umfrage/laender-mit-dem-hoechsten-risiko-fuer-grundwassermangel/

[75] https://unric.org/de/020721-wasser/

[76] https://unric.org/de/020721-wasser/

[77] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/magdeburg/harz/waldsterben-aufforstung-trockenheit-borkenkaefer-krisenstab-100.html

[78] https://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1938/uebergang/ueberg1.htm#bab

[79] https://www.weltagrarbericht.de/themen-des-weltagrarberichts/landgrabbing.html

[80] https://www.boell.de/de/2017/01/10/fuenf-agrarkonzerne-beherrschen-den-weltmarkt

[81] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kampf-um-aecker-wie-die-munich-re-land-wegkauft-1.3273634

[82] https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwi62Ofy9rj9AhXjg_0HHeT7AdkQFnoECBAQAQ&url=https%3A%2F%2Fafrique-europe-interact.net%2F1253-0-Kurzinfo-DEG-Dezember-2014.html%3Farticle_id%3D214%26aid%3D1253%26clang%3D0&usg=AOvVaw3fIzleuB7fcZM74n6_2gqx

[83] https://www.fian.de/aktuelles/aerztepensionen-in-landgrabbing-verwickelt/

[84] https://www.weltagrarbericht.de/fileadmin/files/weltagrarbericht/Weltagrarbericht/08LandGrabbing/2016OxfamCommonGround.pdf




Mit Vergesellschaftung gegen die Klimakrise: Eine neue Strategie für die Klimabewegung muss her!

Ein Diskussionsvorschlag der kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION

Hitzerekorde, Jahrhundertfluten, Waldbrände, Nahrungsmittelknappheit, Trinkwassermangel und Artensterben: Allein in den letzten Monaten haben wir schon einmal einen kleinen Vorgeschmack auf das bekommen, was uns erwartet, wenn wir die Klimakatastrophe nicht so schnell wie möglich aufhalten. Die nächsten paar Jahre werden ausschlaggebend dafür sein, ob die Erderwärmung auf 1,5 Grad beschränkt werden und das Sterben von Millionen Menschen, Hundertmillionen Arten und die Verödung ganzer Erdregionen noch verhindert werden kann. Da die führenden Politiker_innen kein Interesse daran haben (siehe Ergebnisse des G7-Treffens in Elmau), bleibt unsere einzige Hoffnung die globale Klimabewegung. Leider steckt diese hierzulande gerade in einer Krise, die wir uns angesichts der drohenden Katastrophe jedoch nicht leisten können. Mit den Massenaktionen im Großraum Hamburg, den Klimacamps in Leipzig und im Rheinland, dem FFF-Interregionale Sommerkongress und der Großdemo zur Enteignung von RWE&Co. in Köln steht uns ein August im Zeichen des Klima-Aktivismus bevor, der vielleicht die letzte Chance bietet, noch rechtzeitig aus der Sackgasse der Klimabewegung herauszukommen. Mit diesem Papier möchten wir allen Klimaaktivist_innen, -Strukturen und -Organisationen von FFF bis „Letze Generation“ eine Strategie zur Diskussion vorschlagen, mit der wir glauben, unseren guten alten Slogan „Systemchange not Climatechange“ tatsächlich noch verwirklichen zu können.

Dafür versuchen wir in diesem Papier 3 Fragen zu beantworten:

  1. Warum steckt die Klimabewegung in der Krise?
  2. Welche strategische Ausrichtung braucht die Bewegung, um daraus zu kommen?
  3. Wie lässt sich das praktisch umsetzen?
  1. Warum steckt die Klimabewegung in der Krise?

Zuerst das Positive: Was wir geschafft haben ist, viele, und zwar wirklich sehr viele Menschen auf die Straße zu bringen und das Klimaproblem damit in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit zu tragen. FFF hat eine ganze Generation von Jugendlichen politisiert und ihnen dazu verholfen, wertvolle politische Kampferfahrungen in selbstorganisierten Strukturen und Aktionen zu machen. Auch wenn die Teilnehmer_innenzahlen der letzten Großmobilisierungen stetig gesunken sind, zählen die Klimagerechtigkeitsaktionen der letzten 3 Jahre nach wie vor zu den größten Aktionen überhaupt. Dennoch dürfen wir die Augen nicht vor dem Offensichtlichen verschließen: Wir haben keine einzige unserer Forderungen durchsetzen können. Millionen von Aktivisti haben sich der Bewegung angeschlossen, haben viel Gegenwind und Repression für ihren Aktivismus geerntet und viel Kraft, Energie und Arbeit in die Bewegung gesteckt. Und was haben wir dafür bekommen? Lausige Klimapakete, folgenlose internationale Konferenzen und eine Menge heißer Luft. Dies führte dazu, dass der Abstand zwischen unseren Aktionen größer und die Aktionen selbst kleiner wurden, sich viele von uns frustriert und überarbeitet von der Bewegung zurückgezogen haben.

Ein wichtiger Grund dafür liegt darin, dass zu viele uns daran geglaubt haben, dass die Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ auf unser Seite stünde und ein „Green New Deal“, ein grünerer Kapitalismus, möglich wäre. Wir haben es verpasst mit der gesamten Bewegung eine Debatte darüber zu führen, wie dieser vielzitierte „Systemchange“ denn eigentlich aussehen soll, ob dieser innerhalb des Kapitalismus gelingen kann und welche soziale Kraft ihn mithilfe welcher Aktionsformen durchsetzen sollte. Stattdessen hat sich die Bewegung so stark fragmentiert, dass nun Menschen wie Kathrin Henneberg, Emilia Fester und Nyke Slawik für die Grünen im Bundestag sitzen, während sich die anderen von den Bullen, die im Auftrag dieser Regierung handeln, aus dem Danni oder von der A100 prügeln lassen müssen. Der Großteil von dem, was von der Klimabewegung übrig geblieben ist, ist weiß* und hat einen akademischen Hintergrund (kommt also von Gymnasium/ Uni/ Hochschule oder hat Akademiker_inneneltern). Die Tatsache, dass die Anzahl der Aktivisti zuerst stagniert und dann stetig abgenommen hat, liegt also vor allem auch daran, dass wir es nicht geschafft haben, neue und bereite Teile der Gesellschaft außerhalb von klimabewussten Studis und Schülis für unsere Ziele und Aktionen zu gewinnen. Weder FFF, noch „Ende Gelände“, „Extinction Rebellion“ oder „Letzte Generation“ haben unsere Forderungen und Aktionen zum Klimaproblem mit den sozioökonomischen Interessen der Millionen von Lohnabhängigen politisch verknüpfen können.

  1. Welche strategische Ausrichtung braucht die Bewegung, um daraus zu kommen?

Es sind die führenden Industrienationen, die Sitz der lediglich 100 Firmen sind, die für über 70 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind. Aus Angst die eigene führende Stellung auf dem Weltmarkt in Gefahr zu bringen, wagt es keine dieser Regierungen, die Profite ihre Klimakillerkonzerne „zu sehr“ durch politische Umweltschutzmaßnahmen zu beschneiden. Der Kampf für die Erhaltung dieses Planeten ist also ein Klassenkampf, bei dem die Seite des Kapitals mit politischer Rückendeckung versucht, ihre Profite zu vermehren, während es unsere Aufgabe sein muss, die Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen aufzuhalten. Demzufolge muss es auch die Perspektive der Klimabewegung sein, nicht einen „grüneren“ Kapitalismus zu fordern, sondern den Widerspruch zwischen kapitalistischer Marktlogik und nachhaltiger Lebensweise zu erkennen und aufzuheben. Unser strategischer Partner dafür ist die organisierte Arbeiter_innenbewegung. Ihre aktuelle Führung aus sozialdemokratischen Parteien und verknöcherten Gewerkschaften steckt mit dem Kapital unter einer Decke und hat nur leere Worte für den Klimaschutz übrig hat. Dennoch ist es ihre besondere Stellung in der kapitalistischen Produktionsweise, die ihr die soziale Macht verleiht, das System aus den Angeln zu heben. Denn wo gestreikt wird, kann kein Profit mehr fürs Kapital produziert werden, es wird also gezwungen, auf unsere Forderungen einzugehen. Daher müssen wir uns aktiv an die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie wenden, ihre Führung dazu auffordern den Burgfrieden mit dem Kapital zu brechen und der Ausbeutung sowohl des Menschen als auch des Planeten den Kampf anzusagen.

Verbesserungen statt Verzicht und Verboten

Die Regierung sagt, dass Verbote und individueller Verzicht die Lösung seien für die Energie- und Klimakrise. Bei steigenden Preisen sollen die Leute sparen und die Heizung runterdrehen, vielleicht halt auch ein bisschen frieren. Manche sagen sogar, es sei gut, dass die Preise steigen, dann würde weniger konsumiert. Gleichzeitig werden einige wenige immer reicher und die Regierung beschließt 100 Milliarden in die Bundeswehr (selbst ein großer Klimakiller) zu pumpen. Wollen wir unsere Klasse auf die Straße bringen, dürfen wir nicht in den Chor der Robert Habecks einfallen, die Frieren für Klima und Demokratie (eigentlich aber für die Interessen des deutschen Kapitals) propagieren. Stattdessen brauchen wir Forderungen, die nicht nur den Klimawandel stoppen, sondern auch mit konkreten Verbesserungen für die Arbeiter_innen verbunden sind:

  • Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, Schluss mit DB-Chaos, 9€-Ticket 4ever!
  • Ausbau der erneuerbaren Energien unter Arbeiter_innenkontrolle und kostenlose Deckung eines Grundbedarfs für jede_n!
  • Verstaatlichung der Lebensmittelindustrie, Preise senken und nachhaltige Agrarwende organisieren!

Enteignen, enteignen, enteignen!

Indem wir Energieproduktion, Verkehr oder Landwirtschaft demokratisch organisieren, kontrollieren und planen, entreißen wir sie der egoistischen und widersprüchlichen Marktlogik und können so ein Wirtschaften, orientiert an unseren Bedürfnissen und der Erhaltung des Planeten anstatt an der Vermehrung von Profiten, umsetzen. Dabei lässt sich auch beispielsweise die Spaltung zwischen Klimabewegung auf der einen und Beschäftigten in der Kohle- und Autoindustrie auf der anderen Seite überwinden, denn durch die Vergesellschaftung geht kein einziger Job verloren und da keine Profite für die Chefs mehr erwirtschaftet werden müssen, bleibt auch mehr für alle übrig. Neuere Ansätze wie „RWE&Co enteignen“ gehen deshalb bereits in die richtige Richtung und sollten weiter diskutiert und vertieft werden. Gleichzeitig bieten sich so auch neue Potenziale, um Kämpfe zu verbinden: Lasst uns den Immobilienriesen „Deutsche Wohnen“ enteignen, anstatt klimaschädliche und platzraubende Luxuswohnungen zu bauen. Lasst uns das Gesundheitssystem vergesellschaften, denn der Klimawandel produziert nicht nur tödliche Hitzewellen und Pandemien, die Privatisierung der Krankhäuser hat auch dafür gesorgt, dass die Pflegekräfte am Limit sind und den Kranken nicht mehr genügend Betten zur Verfügung stehen. Lasst uns an der Seite der Widerstandsbewegungen im globalen Süden die Agrar-, Lebensmittel- und Trinkwasserkonzerne vergesellschaften, die aktuell von massiven Preissteigerungen profitieren, während andere hungern. Der Kampf für die Vergesellschaftung der einzelnen Schlüsselstellen ist dabei nur der erste Schritt in Richtung einer neuen globalen Wirtschaftsweise, die auf der Basis von Nachhaltigkeit, demokratischer Planung und Bedürfnisorientierung die egoistische, klimaschädliche und zerstörerische Profitvermehrung des Kapitalismus hinter sich lässt.

Internationalismus muss

Die westlichen Industrienationen versuchen sich mit neuen Recycling-Verfahren und schicken E-Autos als besonders klimafreundlich darzustellen, während sie ihre Müllberge einfach im globalen Süden abladen und die Menschen in den Kobaltmienen schonungslos ausbeuten. Genauso versuchen sie uns nun ihren Krieg gegen Russland als Rettungsmission für das Klima zu verkaufen. Dabei reden „selbst“ die Grünen schon öffentlich davon, den Kohleausstieg erneut zu verschieben oder sogar in die Atomenergie wieder einzusteigen. An die Stelle des russischen Gases tritt die RWE-Braunkohle, das den Krieg im Jemen finanzierende saudische Öl und das Fracking-Gas aus den USA, von rußkotzenden Flüssiggastankern einmal um die halbe Welt geschippert. Als Klimabewegung können wir uns deshalb nicht einfach aus der Kriegsfrage heraushalten. Es gilt sich weder auf die Seite Putins, noch auf die Seite der NATO zu schlagen, sondern unseren Kampf gegen den Klimawandel als Kampf gegen das System aus konkurrierenden imperialistischen Nationalstaaten zu führen. Eine große Stärke unserer Bewegung ist dabei ihre internationale Vernetztheit. So lässt sich ein internationales System auch nur durch global koordinierten Widerstand bekämpfen.

  1. Wie lässt sich das praktisch umsetzen?

Die Klimacamps in Leipzig und im Rheinland, aber auch der Interregionale Sommerkongress in Darmstadt bieten gute Möglichkeiten dafür, einen solchen Strategiewechsel zu diskutieren. Die Klimacamps könnten als Vorbereitung dafür dienen, eine Klima-Aktionskonferenz vorzubereiten, in der alle Teile der Klimabewegung durch wähl- und abwählbare Delegierte repräsentiert sind. Die Wähl- und Abwählbarkeit der Delegierten ist dabei besonders zentral, um die Verselbstständigung von Führungspersonen zu verhindern (danke für nichts Luisa…) und eine basisdemokratische Kontrolle von unten gewährleisten. Die rassistischen Vorfälle innerhalb der Klimabewegung haben außerdem die Notwendigkeit aufzeigt, die Frage der Verschränkung von strukturellem Rassismus, (Neo-)Kolonialismus und Klima auf die Tagesordnung zu holen, sowie auch bewegungsinterne Schutzräume für POCs zu schaffen. Der Charakter einer solchen Konferenz sollte darauf ausgerichtet sein, ein gemeinsames Aktionsprogramm zu verabschieden, in dem wir uns auf gemeinsame Forderungen und Aktionen einigen. In Vergangenheit ging es auf Klimacamps und -konferenzen häufig um Vernetzung, Spiel&Spaß sowie interessante Workshops. Das ist auch nicht verkehrt, jedoch sollte im Zentrum der basisdemokratische Beschluss eines verbindlichen Aktionsprogrammes stehen, damit wir als Klimabewegung nach einer solchen Konferenz gestärkt auf dasselbe Ziel zugehen.

Um den oben beschworenen Druck auf Sozialdemokratie und Gewerkschaftet praktisch aufzubauen sind neben offenen Briefen auch Aktionen vor Gewerkschaftszentralen, Betriebstoren oder zu Parteiversammlungen nötig.

Gleichzeitig müssen wir anfangen unser Aktionsprogramm auch dort unter die Leute zu bringen, wo wir uns tagtäglich aufhalten: in unseren Schulen, Unis und Betrieben. Vor Ort müssen wir Basiskomitees aufbauen, die kontinuierlich Arbeit zum Klimaproblem machen und diese mit den sozialen Problemen vor Ort verknüpfen. Anstelle sich nur unter Gleichgesinnten zu bewegen, lohnt es sich durch Mobilisierungen, Vollversammlungen und kleineren Aktionen vor Ort die Debatte zu anderen Leuten zu bringen und unsere Themen sichtbarer zu machen. Das sorgt für eine stetige Auseinandersetzung und befähigt gleichzeitig viele von uns, sich mehr einzubinden. Vor allem, ist die Hemmschwelle, sich einzubringen, für viele dort wesentlich geringer. Lasst uns Vollversammlungen und Veranstaltungen an unseren Schulen und Unis organisieren, auf denen wir gemeinsam mit den Belegschaften und Gewerkschaften diskutieren. Gleichzeitig sollten wir als Schüler_Innen, Studis und Aktivist_Innen Streikversammlungen und Streikposten von Beschäftigten besuchen, um unsere Solidarität auszudrücken und gemeinsame Schnittstellen im Kampf für eine bessere Welt auszuloten.




Rassistische Berichterstattung kann Klimaintifada nicht aufhalten

Im Rahmen der aktuell stattfindenden Hamburger Aktionswoche von Ende Gelände, einem Bündnis aus linken und ökologischen Initiativen, wird auf den Zusammenhang zwischen Umweltzerstörung, Ausbeutungsverhältnissen und dem besonderen Elend des globalen Südens verwiesen. Die Jugendorganisation REVOLUTION begrüßt diese Entwicklung. Die kapitalistischen Zentren Europas verlagern seit Jahren Umweltzerstörung und Abfälle ihrer neoliberalen Konsumgesellschaften zunehmend auf die armen Länder der Welt.

Der Widerstand gegen diese Umstände, die die Lebensgrundlage aktueller und künftiger Generationen weltweit zerstören, verlangt eine grundlegende Veränderung. Diese Veränderung muss die Gesellschaft im Allgemeinen und materiell ergreifen, mit dem Ziel, die globale Produktion und die Nutzung begrenzter Ressourcen rational und demokratisch zu planen. Sie muss aber auch in unserem Denken ihren Anfang finden.

Ein Teil dieses Prozesses muss beinhalten, die Arroganz zu überwinden, die in der offiziellen Ideologie der Metropolen der globalen Ausbeutung und Umweltzerstörung verankert ist. Die Jugendorganisation REVOLUTION bezieht sich daher positiv auf demokratische und revolutionäre Traditionen, die auch außerhalb Deutschlands und Europas existieren. In diesem Sinne rief sie zu einer „Klimaintifada“ auf. Intifada ist ein Wort aus dem Arabischen und bedeutet, sich zu „erheben“, „etwas abzuschütteln“ oder „loszuwerden“. Das Wort blickt auf eine lange Tradition demokratischer und revolutionärer Kämpfe im arabischen Raum zurück. Seit dem 12.08.2022 bemühen sich deutsche Medien, insbesondere die Springerpresse, diesen Begriff antisemitisch umzudeuten.

Es ist wahr, dass der Begriff der Intifada auch durch demokratische Bewegungen der Palästinenser:innen gegen ihre ethnisch und religiös begründete Unterdrückung durch den israelischen Staat geprägt ist. Während diese Zeilen geschrieben werden, führt der militärisch und wirtschaftlich überlegene israelische Staat Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung. Auch in der Vergangenheit wurden demokratische Bewegungen durch ihn mit brutaler Gewalt niedergehalten, die sich mit der arabischer Diktaturen bei der Niederschlagung des arabischen Frühlings messen kann. Dieser Umstand wird im Übrigen auch von den Gremien der Vereinten Nationen anerkannt.

Die Jugendorganisation REVOLUTION steht in einer langen und nachweisbaren Tradition, demokratische Bewegungen weltweit zu unterstützen. Eines von vielen Beispielen internationaler Solidarität stellt ihr gemeinsames Engagement mit linken Juden/Jüdinnen und Palästinenser:innen für eine demokratische und sozialistische Einstaatenlösung im Raum Palästina/Israel dar, in dem alle Bürger:innen egal welcher Ethnie oder Religion gleichberechtigt, mit vollen sozialen und demokratischen Staatsbürgerrechten ausgestattet leben können.

In diesem Licht zeigt die aktuelle Berichterstattung vier Dinge:

1. dass die bürgerliche Presse in Deutschland jeden Anlass nutzen möchte, um Klimaproteste, die über symbolischen Protest hinausgehen, zu verunglimpfen, mit welch absurden Mitteln auch immer.

2. Sie wird daher dem Anspruch einer demokratischen Berichterstattung nicht gerecht.

3. Die berichtenden Journalist:innen, die sich verunglimpfend über den Begriff der Klimaintifada äußerten, sind in einem rassistischen und orientalistischen Weltbild verfangen. Ein Begriff steht hier scheinbar prinzipiell unter dem Verdacht, da er ein arabischer ist.

4. Etliche berichtende Journalist:innen und Medien erfüllen nicht die grundlegenden Standards ihrer Profession. Eine ernsthafte Recherche würde ergeben, dass die Jugendorganisation REVOLUTION keine antisemitische Organisation ist, sondern sich für einen demokratischen und sozialistischen Staat auf dem Gebiet Israel/Palästina einsetzt und antisemitische Verschwörungstheorien, wie sie im WELT-Artikel reproduziert werden („ … suggeriert einen Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und dem jüdischen Volk“), klar ablehnt.

Die Positionen der Jugendorganisation REVOLUTION mögen der Springerpresse nicht gefallen oder jenen, die ihr nach dem Mund reden. Sie müssen es auch nicht.

Die Springerpresse ist kaum bekannt dafür, eine Vertreterin für Demokratie oder Wahrheit zu sein. Dass sie der Meinung ist, das Wort Intifada antisemitisch zu deuten, während der israelische Staat erneut Krieg auf palästinensischem Gebiet führt, ist nichts als hetzerische Propaganda. Es ist genauso absurd, als wollte man der berechtigten Verteidigung des Selbstbestimmungsrechtes der ukrainischen Bevölkerung prinzipiell einen gegen Russland gerichteten Rassismus unterstellen. Wir sind der Springerpresse aber dankbar dafür, dass sie uns mit ihrer Hetze, die bereits Rudi Dutschke ins Grab brachte, erneut an einen wichtigen Umstand erinnert: Dieses rechte, antidemokratische und imperialistische Hetzblatt gehört enteignet und unter demokratische gesellschaftliche Kontrolle gebracht. In jedem Fall, wir werden uns ihrer orientalistischen und rassistischen Hetze nicht beugen. Sie wird die Klimaintifada – oder wie es einem (anti)deutschen Kleingeist vielleicht besser schmecken mag, Klimaerhebung – nicht aufhalten.




Der Krieg verschärft die Klimakrise

von Dilara Lorin

Aktuell häufen sich die Ereignisse um den Krieg sowie dessen direkten und indirekten Folgen auf unser Leben. So
werden in einigen Städten Deutschlands die Erdgasreserven aufgebraucht, in den Supermärkten indet man kaum planzliches Öl und von den Aufrüstungs- und Kriegsfantasien der imperialistischen Staaten braucht man gar nicht erst anfangen. Und auch wenn der letzte globale Klimastreik am 25.03. stattfand, ist die Frage der Umweltzerstörung eine immer weiter in die Ferne rückende. Wir können schnell erkennen, welche Interessen wichtiger sind im Kampf gegen die Umweltzerstörung und wie viel wichtiger Kriegsprofite zählen. Selbst die Ampelkoalition, die sich als umweltfreundliche Regierung tarnt, schmeißt den Ausstieg der Kohleverstromung bis 2030 nun ofiziell vom Tisch zugunsten der Aufrüstung. Der Krieg wird zum Anlass genommen, die Militärausgaben um weitere 100 Milliarden Euro zu erhöhen. Dabei übersteigen jetzt schon die globalen Militärausgaben die Ausgaben für den Klima- und Umweltschutz erheblich.

Ist Russlands Erdgas plötzlich nicht mehr demokratisch genug?

Es ist anzumerken, dass in der Geschichte erneuerbare Energien erst dann einen Aufschwung erfahren, wenn die imperialistischen Staaten des Westens merken, dass sie abhängig sind vom Erdöl und Erdgas und nicht wenn es eigentlich wichtig wäre, um gegen die Umweltzerstörung anzukämpfen. So verhält es sich aktuell mit dem Erdgas aus Russland, welches in Deutschland einen erheblichen Anteil am Energie- und Wärmeverbrauch besitzt.
Mehr als 50% des Gases in den Gaskraftwerken stammt aus Russland. Die bislang unaufgelösten Versprechungen einer
grünen Transformation erhalten nun einen neuen Zweck, indem gesagt wird, die Abkehr von russischen Energieträgern
diene nicht nur der „nationalen Sicherheit“, sondern auch dem Klimaschutz.
Dabei ist dagegen plötzlich Öl und Gas aus Nicht-Russland gefragter denn je. Und mit dem möglichen Beschluss der EU-Kommission, Erdgas und Atomkraft als „grüne“ Technologie einzustufen, ist die Debatte um Erdgas noch lange
nicht vom Tisch. Begründet wird dies auch in Deutschland mit dem Argument, 100% erneuerbare Energien
gehen nicht von heute auf morgen. Der Regierung geht es jedoch überhaupt nicht darum, wie man auf Öl und Gas verzichten kann. Es ist nur Fassade, dass dreckiges, blutiges und klimaschädliches Diktatorengas aus Russland durch grünes Demokratiegas mit Menschenrechtssiegeln ersetzt wird. Denn die neuen Lieferanten heißen unter anderem Katar, Saudi-Arabien oder Vereinigte Arabische Emirate. Darauf hat der OPEC schon reagiert und die Förderquoten erhöht, also anstatt weniger Kohle, Öl und Gas abzubauen, führt es zu mehr Abbau dieser fossilen Energieträger.
Und das russische Gas bzw. Öl bleibt nicht im Boden, es indet zu erheblichen Preisnachlässen neue Abnehmer_Innen
u.a. in Indien und China. In Deutschland wurde die (obwohl schon fertige) Nord Stream 2 Pipeline nicht in Betrieb genommen, stattdessen soll aufwendig verschifftes Frackinggas aus den USA in unsere Heizungssysteme gepumpt werden. Bei dessen Gewinnung wird Methan freigesetzt, welches für das Klima 87 Mal schädlicher als Kohlendioxid ist. Mit all diesen Entwicklungen ist jedes Gerede über das Einhalten des 1,5-Grad Klimaschutzziel zynisch. Vielmehr geht es um die Energieabhängigkeit Deutschlands und in keinster Weise um das Verhindern der Klimakatastrophe. Man will eigentlich eine neue Handelsrealität schaffen, in welcher Russland eine feindliche Militärmacht ist.
Gas ist eine Ware, die Profit verspricht, und als Brückentechnologie darum vor allem erneuerbare Energien vom Tisch
schmeißt. Es werden im kapitalistischen System, in welchem es nur um die Proitmaximierung geht, keine Investitionen in Windparks, Solarkraftwerke oder andere erneuerbare Energien gesteckt, wenn Gas mehr Proit erzielt. Zurzeit wird es
auch zum Instrument der Machtausübung, also zur Waffe im Kampf um die Neuaufteilung der Welt – der Rest ist moralische Reinwaschung imperialistischer Machtpolitik. Wir erkennen deutlich, von einer tatsächlichen Wende in der
Energieversorgung ist nichts zu erkenne. Der Krieg dient also als Vorwand dafür, konkrete Maßnahmen für den Klimaschutz zu blockieren, und wird gleichzeitig als Gelegenheit dargestellt, endlich mit dem Klimaschutz anzufangen. Was aber Krieg in Wahrheit mit den menschlichen Lebensgrundlagen in Verbindung bringt, ist nicht deren Rettung, sondern Vernichtung. Und das Klima ist nur eine der Bedrohungen der Lebensgrundlage.

Wie verstärken Kriege selbst die Klimakrise?

Kriege dienen im Kapitalismus dazu, dass imperialistische Staaten ihre Macht weiter ausbauen können, Interessen der Kapitalist_Innen zu verteidigen, Ressourcen sowie Land aufzuteilen und der Vernichtung der Überproduktion durch Zerstörung der feindlichen Wirtschaft. Die Kriege sowie die drohende Klimakatastrophe sind dabei nur einige Facetten eines kaputten und krisenhaften Systems; nur eine, der von Menschen entfesselten Gewalten gegen Menschen. Auch haben Kriege, Aufrüstung und Militarismus einen der größten Anteile an der Umweltzerstörung. Einerseits entstehen bei der Produktion von Waffen, Fahrzeugen, Jets, Schiffen und Raketen enorme Treibhausgase. Militärvehikel und Flugzeuge schlucken riesige Mengen an Treibstoff in Übung und Einsatz. Alleine das US-Militär emittierte mehr als Länder, wie Schweiz und Dänemark und die Ausgaben der US-Regierung im Irakkrieg hätten ausgereicht, um ein Viertel der Energieproduktion der USA durch Windkraft zu ersetzen. Der Krieg in Afghanistan hätte das dann auf drei Viertel erhöhen können! Andererseits werden durch militärische Aktivitäten die Lebensgrundlagen der Menschen zerstört (Boden, Luft, Grundwasser, Natur,…), auf dessen Rücken diese Kriege ausgetragen werden. Dabei wird oft die Natur mit Absicht zerstört so wie die USA in Vietnam, welches durch die bewusste Nutzung vom Entlaubungsgift „Agent Orange“ nach Schätzungen 14 bis 44 Prozents seiner Wälder verlor. An den Spätfolgen des Giftes leiden heute noch etwa eine Millionen Menschen. Auch werden regelmäßig bei militärischen Auseinandersetzungen Wälder verbrannt oder abgerodet, um ein besseres Sichtfeld zu erhalten, so wie im Konlikt zwischen Armenien und
Aserbeijan oder dem türkischen Regime gegen die kurdische Guerilla. Die aktuellen Auswirkungen des Ukraine Krieges auf das globale Nahrungsmittelsystem werden rund um den Globus zu spüren sein und treffen dann vor allem die Ärmsten und Arbeiter_Innen weltweit.

Was können wir tun?

Waffenlieferung, mehr Aufrüstung oder Sanktionen, wie es die Ampelregierung und auch große Teile der Umweltbewegung fordern, sind nicht die Lösung und nicht der Weg, um gegen die Auswüchse des kapitalistischen
Systems zu kämpfen. Umweltzerstörung, Krieg, Ausbeutung, Vertreibung sind nicht unterschiedliche und ohne Verbindung zufällig auftretende Erscheinungen, sondern sind Teil dieses Systems, tief miteinander verlochten und gegenseitig bedingt. Im Krieg müssen Revolutionär:innen in imperialistischen Ländern gegen die eigenen Regierungen kämpfen und sich nicht nur solidarisch mit den Antikriegsbewegungen der anderen Ländern zeigen, sondern gemeinsam international organisieren. Klima-Aktivismus muss auch eine antikapitalistische und damit auch letztlich eine Antikriegsbewegung darstellen. Aktionen des zivilen Ungehorsams dürfen nicht nur gegen Kohlegruben und Abholzung stattinden, sondern müssen auch Rüstungsirmen und Militärtransporte betreffen, so wie es die Arbeiter:innen in Griechenland, Italien und Belarus uns vormachen, in dem sie Waffenlieferungen boykottieren. Ende Gelände hat dabei Ende März schon einen Anfang gemacht. Wir müssen Perspektiven aufwerfen für die Arbeiter:innen in diesen Betreiben, denn letztendlich sind sie es, die mit Streiks das Rad zum Stehen bringen können. Schlussendlich müssen wir uns organisieren und eine Antikriegsbewegung aufbauen, die all diese Kämpfe verbindet.




Gerechtigkeit Jetzt ! Aber wie ?

Natürlich sind auch wir von REVOLUTION bei der Klimawoche in Berlin vom 20.-29.10. am Start! Seit Jahren versuchen wir einen antikapitalistischen Pol in FridaysForFuture aufzubauen und sehen in der Klimawoche eine neue Chance dafür, die linkeren und radikaleren Kräfte der Klimabewegung zu bündeln. Ein wichtiges Moment ist dabei die anstehende Konferenz der Visionen. Unter dem Slogan „Gerechtigkeit jetzt!“ werden dort wohnungspolitische, antirassistische und klimabewegte Initiativen, Gruppen und Bündnissen zusammenkommen und sich miteinander vernetzen. Auch wir werden vor Ort sein, um die Frage nach Gerechtigkeit mit der Systemfrage zu verbinden. Es ist das ungleiche Verhältnis zwischen Arbeit und Kapital, zwischen denjenigen, die sich Mehrwert privat aneignen, und denjenigen, die Mehrwert global produzieren und dabei ausgebeutet, entrechtet, migrantisiert, sexualisiert, vertrieben, erschossen oder entmündigt werden, das die Ursache globaler Ungerechtigkeitsverhältnisse ist. Gerechtigkeit schaffen bedeutet für uns das zu erkennen und uns als globale multiethnische Arbeiter_innenklasse zu begreifen, die als einzige soziale Kraft dieses ungerechte System aus den Angeln hebeln kann.

Auf der Konferenz der Visionen dürfen wir deshalb nicht auf der Ebene des Austauschs und der Vernetzung stehen bleiben, sondern müssen uns tatsächlich überlegen, welche gemeinsame linke Perspektive wir der globalen Dreifachkrise, aus Klimakrise, Coronakrise und Wirtschaftskrise entgegensetzen können. Als einzelne Bewegungen können wir unsere Forderungen nicht durchsetzen. Vielmehr müssen wir ein gemeinsames Bewusstsein dafür entwickeln, dass die Zerstörung dieses Planeten, die rassistischen Grenzregimes, die Überausbeutung und militärische Zerstörung abhängiger Länder als auch die Verdrängung aus unseren Wohnungen ihren Ursprung in der kapitalistischen Produktionsweise haben. Wenn wir es wollen, kann diese Konferenz den Startpunkt einer internationalen Bewegung darstellen, die sich aus verschiedensten Kämpfen kommend gegen die globale Dreifach-Krise des Kapitalismus formiert und gemeinsame Forderungen aufstellt. Eine Bewegung, in der wir unsere verschiedenen Programme und Theorien im gemeinsamen Kampf auf die Probe stellen und in der wir gemeinsam einen Zustand beenden, in dem wir als entmündigte Schüler_innen und prekarisierte Arbeiter_innen die Kosten dieser Krise zahlen!

Eine solche Bewegung wird nur erfolgreich sein können, wenn sie den Anschluss an die gesellschaftliche Basis findet. Während wir zum einen gemeinsam auf der Konferenz diskutieren, müssen wir also zum anderen unsere Ideen dort hintragen, wo wir uns tagtäglich bewegen, nämlich in unsere Schulen, Unis und Betriebe. Dort müssen wir Diskussionen anstoßen, lokale Probleme mit der Perspektive einer globalen Antikrisenbewegung verbinden und Organisationsstrukturen aufbauen, die als Basis der Bewegung fungieren.

Könnte rot-gelb-grün eine linke Regierung werden?

Dabei können wir uns nur auf uns selbst, die Erkenntnisse unser kritischen Analysen und die Stärke unserer Kampferfahrungen verlassen. Denn wenn wir für globale Gerechtigkeit einstehen, können wir das nicht mit einer rot-gelb-grünen „Ampelkoaltion“ machen, sondern müssen dies vielmehr gegen diese durchsetzen. Die Sondierungspapiere zeigen, dass den angeblichen „Fortschritt“, den diese Koalition schaffen möchte, die Lohnabhängigen weltweit bezahlen sollen. Uns wurde eine Pflegeoffensive versprochen, bekommen werden wir Arbeitszeitverlängerungen und privatisierte Krankenhäuser. Uns wurde auch eine Erhöhung des Mindestlohns versprochen, bekommen werden wir eine Minimalerhöhung auf 12 €, die noch unter der Inflation und den steigenden Preisen bleibt. Anstelle einer Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels, wird die deutsche Wirtschaft grün angepinselt, um sich im internationalen Wettbewerb mit ressourcenintensiven E-Autos durchzusetzen. Statt durch eine Besteuerung der Reichen sollen die Kosten milliardenschwerer Investitionspakete durch Sozialkürzungen und eine neoliberale Umstrukturierung der Rentenversicherung finanziert werden. Ihre Forderung nach einer bundesweiten Mietpreisbremse hat die SPD sowieso am ersten Verhandlungstag sofort über Board geworfen.

Krankenhausbewegung, Mieter_inneninitiativen, Klimaaktivist_innen, wir dürfen nicht erst auf die Angriffe der neuen Regierung warten, sondern müssen uns selbst ab Tag 1, ab heute, in die Offensive bringen, wenn wir Schlimmeres verhindern wollen. Auf der Klimakonferenz müssen wir uns also überlegen, welche Forderungen es gegenüber der neuen Regierung braucht und wie wir diese gemeinsam durchsetzen können. Dabei muss es zum einen darum gehen, auch in die Gewerkschaften im Zuge der anstehenden Tarifverhandlungen eine klassenkämpferische Politik zu tragen. Zum anderen richten wir uns auch die Jugendorganisationen „Jusos“, „Grüne Jugend“ und „Linksjugend solid“. Brecht mit der rassistischen, sexistischen und arbeiter_innenfeindlichen Politik eurer Parteien, die in der Opposition nur große Töne spucken und sich sofort den rechten und neoliberalen Kräften anbiedern, sobald sie im Bund oder Land mitregieren können!

Was schlägt Revo vor?

Als Anknüpfungspunkt einer Debatte um eine internationale Antikrisenbewegung schlagen wir der Konferenz eine Reihe von Forderungen vor. Dabei ist es uns wichtig, Forderungen, die konkrete Verbesserungen im Hier und Jetzt erzielen, mit Forderungen, welche die kapitalistische Produktionsweise gänzlich in Frage stellen und letztlich überwinden, zu verknüpfen.

Ein globales System der Überausbeutung von abhängigen Ländern durch imperialistische Länder hält Milliarden Menschen in künstlich erzeugter Armut. Um die Extraprofite der Monopolkonzerne abzusichern, wurde die koloniale Beherrschung durch ein differenzierteres System der ökonomischen Abhängigkeit, militärischen Intervention und diplomatischen Unterordnung ersetzt. Ausbeutung, Krieg und Klimakrise zwingen heute Millionen von Menschen zur Flucht und es werden mehr.

  • Für die Erlassung aller Schulden von abhängigen Ländern und internationale Produktionsstandards, kontrolliert durch Organe der Arbeiter_innenbewegung!
  • Für offene Grenzen und sichere Fluchtwege!
  • Staatsbürger_innenrechte für Alle
  • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!
  • Dezentrale Unterbringung in dafür enteignetem und frei wählbarem Wohnraum!

Wo soll der Wohnraum herkommen? Kein Problem, Leerstand gibt es genug! Immobilien sind ein gutes Anlagekapital und so wird mit unseren Wohnungen spekuliert, werden Preise in die Höhe getrieben. Obdachlosenzahlen steigen, Menschen werden an die Ränder der Stadt gentrifiziert. Jugendliche, die von zu Hause ausziehen wollen, werden an ihre Familien gefesselt und bezahlbarer Wohnraum ist kaum noch zu haben. Der Berliner Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ hat bereits bewiesen, dass sich eine Mehrheit von Menschen für die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne gewinnen lässt. Es liegt nun uns einen faulen Kompromiss mit dem Berliner Senat zu verhindern und für eine bundesweite Ausweitung der Initiative zu kämpfen.

  • Kollektiv organisierte Mietboykotte und politische Streiks, um die Enteignung zu erzwingen!
  • Wohnraum für Alle, bezahlbar und in gutem Zustand!
  • Immobilienkonzerne entschädigungslos enteignen und unter Selbstverwaltung durch Mieter_Innen stellen.

Nicht nur die Frage, wer migrantisiert wird und wer keine Wohnung findet, hat einen Klassencharakter. Auch wer den Großteil der Zerstörung unseres Planten zu verantworten hat! So produzieren allein 100 Konzerne produzieren 70% der weltweiten Emissionen. Wir fordern:

  • Schnellst möglicher Kohleausstieg! Energiekonzerne, die nicht gewillt sind auf eine sozial und umweltverträgliche Produktion zu wechseln müssen enteignet werden!
  • Konzerne die sich jahrelang an der Umweltzerstörung bereichert haben, müssen für den Schaden aufkommen! Investition in die Forschung und Aufbau von wirklich umweltfreundlicher Produktion, in Renaturalisierung, ect. durch Besteuerung der Klimakillerkonzerne!
  • Kostenlose Umschulungsprogramme und Erschließung neuer Jobs für Menschen deren Branche wegfallen und Menschen die bereits arbeitslos sind!

Die Probleme, mit denen wir uns schon seit der Einschulung herumschlagen mussten, die aus diesem scheiß System kommen, das das Geld lieber in die Rüstung als in die Bildung steckt, diese Probleme sind seit Corona nochmal viel deutlicher zu Tage getreten. Wir fordern:

  • Kleinere Klassen und dafür mehr Lehrpersonal und mehr sozialpädagogische und psychologische Fachkräfte!
  • Kostenlose digitale Endgeräte und Lehrmittelfreiheit!
  • Gleiche Mitbestimmungsrechte bei den Lehrplänen und beim Unterrichtsstoff durch gewählte Organe von uns Schüler_innen!



Fluchtursache: Klimawandel

Von Emilia Sommer

Spätestens seit dem Beginn von
FridaysForFuture und einer dadurch ausgelösten riesigen
Umweltbewegung sind die Gefahren des Klimawandels in aller Munde.
Während der globale Westen mit Maßnahmen wie Mülltrennung,
Bioprodukten, Plastikvermeidung, der Umstellung des individuellen
Konsums und großen Greenwashing-Kampagnen reagiert, sind die Folgen
der massiven Umweltzerstörung durch Großkonzerne im globalen Süden
schon jetzt spürbar. Durch ausgetrocknete Felder,
(Trink)wasserknappheit und massive Umweltkatastrophen, welche ganze
Landstriche unbewohnbar machten, mussten 2020 schon 26 Millionen
Menschen aufgrund klimatischer Veränderungen flüchten. Bis 2050
sind 200 Millionen Geflüchtete des menschengemachten Klimawandels
prognostiziert. Doch was genau verbindet Flucht, Klima und Rassismus?

Der Kapitalismus ist der Ursprung
dieser Problematiken, denn ein kapitalistisches System handelt
prinzipiell im Interesse der Wirtschaft und des Profits, nicht im
Interesse der Natur oder gar des Menschen. Um den Kapitalismus zu
erhalten, müssen immer mehr Profite generiert werden, um Kapital zu
vermehren, zu investieren und im internationalen Konkurrenzkampf zu
bestehen. Dafür werden nicht nur Arbeiter_Innen, sondern auch die
Natur und deren Ressourcen massiv ausgebeutet. Spätestens seitdem
sich einige kapitalistische Staaten wie unter anderem Deutschland
oder die USA zu imperialistischen Systemen weiterentwickelt haben,
beuten sie nicht nur innerhalb ihrer territorialen Gebiete aus,
sondern weiten dies vor allem auf den globalen Süden aus. Zwar gilt
der Kolonialismus schon seit einiger Zeit offiziell als beendet und
Staaten, die in der Vergangenheit Kolonien waren, sind formal
unabhängig, doch auch heute noch sind sie vor allem wirtschaftlich
extrem abhängig von imperialistischen Staaten, weswegen wir diese
Halbkolonien nennen.

Viele Imperialist_Innen haben ihre
Warenproduktion in Halbkolonien ausgelagert. Dies führt zum einen
dazu, dass die natürlichen Ressourcen wie Wasser und andere
Naturalien ohne Blick auf mögliche Folgen ausgeschöpft werden,
während die dortige Bevölkerung keinerlei Nutzen davonträgt. Zum
anderen werden vor allem diese halbkolonialen Staaten daran
gehindert, eine eigene Produktion und damit einhergehend eine eigene
Wirtschaft zu stemmen, welche sie unabhängig von
„Entwicklungshilfen“ und Co handlungs- und bestandsfähig machen
würde. Ihnen fehlt es schon jetzt an finanziellen Mitteln, um sich
vor Naturkatastrophen zu schützen und die Folgen derer abzufangen.
Betrachtet man nun Konzerne wie Nestlé, welcher nur eines von vielen
Beispielen ist, der durch Privatisierung des Wassers in vielen
Ländern Afrikas zu massiver Trinkwasserknappheit geführt hat, so
wird schnell klar, dass die Ressourcen der Halbkolonien für die
Versorgung imperialistischer Länder drauf gehen, ohne dass diese
Staaten selbstständig in der Lage sind, ausreichend Lebensgrundlage
für die dort lebende Bevölkerung zu schaffen.

Imperialist_Innen ziehen Nutzen aus den
viel günstigeren Produktionsbedingungen, den nicht-vorhandenen oder
liberaleren Umweltschutzgesetzen und der prekären Situationen der
Menschen vor Ort. Diese sind meist auf extrem unterbezahlte Jobs in
miserablen Arbeitsbedingungen angewiesen, wodurch Kapitalist_Innen
günstiger produzieren können, somit günstiger verkaufen bei
weniger Ausgaben (Löhne der Arbeiter_Innen), mehr Gewinne generieren
und damit dem Konkurrenzkampf standhalten und diesen weiter anfeuern.
Nur 63 Unternehmen verursachen 50 Prozent der weltweiten Emissionen.
Wenige zerstören also mit der Ausbeutung von Mensch und Natur die
Lebensgrundlage vieler. Kleinbäuer_Innen können die
ausgetrockneten Felder nicht mehr ausreichend bestellen, das
Trinkwasser reicht nicht aus und Naturkatastrophen machen immer mehr
Gebiete unbewohnbar, sodass ihnen irgendwann nur noch die Flucht als
letzter Ausweg bleibt.

Nachdem die Imperialist_Innen also
zuerst die Lebensgrundlage vieler Menschen durch ihre rassistische
Ausbeutung zerstört haben, reagiert die EU mit einer immer stärkeren
Abschottungspolitik an ihren Außengrenzen und geht für ihren Profit
buchstäblich über Leichen. Bereits in den ersten vier Monaten
dieses Jahres sind schätzungsweise 600 Menschen im Mittelmeer durch
unterlassene Seenotrettung ertrunken. Der Klimawandel und die damit
verbundene Notwendigkeit der Flucht können nicht innerhalb des
kapitalistischen Systems beendet werden, denn der Kapitalismus fußt
auf dem Konzept des freien Marktes, der Profitmaximierung und dem
oben genannte Konkurrenzkampf. Ohne all dies könnte er sich nicht
erhalten. Er muss also überwunden werden, um die Klimakatastrophe
abzuwenden und Fluchtursachen effektiv zu bekämpfen. Deshalb ist es
wichtig, die globalen Kämpfe gegen Umweltzerstörung, Krieg,
Abschiebung, Rassismus und Kapitalismus zu verbinden, denn so
unterschiedlich sie auch scheinen, sie alle haben ihren Ursprung im
kapitalistischen System. Doch dieser wird sich nicht von allein
überwinden, es braucht eine starke antikapitalistische Bewegung der
Arbeiter_Innen und der Jugend mit folgenden Forderungen:

  • Staatliche Investition in
    umweltfreundliche Technologien, Recycling und CO2-Neutralität,
    kontrolliert durch Selbstorganisationen der Arbeiter_Innenklasse wie
    Räte oder Gewerkschaften! Die Ziele des Pariser Klimaabkommens sind
    nicht ausreichend, sollten aber mindestens eingehalten werden!

  • Bezahlung aller Kosten für diese
    Maßnahmen durch Besteuerung der Kapitalist_Innen und Reichen!
  • Internationale Organisierung des
    Widerstands gegen die Umwelt- und Geflüchtetenpolitik der
    kapitalistischen Regierungen!
  • Fluchtursachen bekämpfen! Schluss
    mit der Ausbeutung von Halbkolonien! Imperialistische Staaten sollen
    für die Schäden bezahlen, die sie verursachen!
  • Offene Grenzen,
    Staatsbürger_Innenrechte für alle und sichere Fluchtrouten
    überall. Flucht ist kein Verbrechen!



Was ist die Future von Fridays for Future?

Wir haben alle mitbekommen, dass seit die Corona-Zeiten angefangen haben, nicht mehr so besonders viel in FFF passiert ist, alles was geplant war musste ja auch abgesagt werden. Doch seien wir ehrlich: Auch vorher standen wir schon vor tiefgreifenden Problemen, deren Lösung nicht gerade an der Tür geklopft hat. Viele Aktvist_Innen waren erschöpft und ausgelaugt. Frustration und Desillusioniertheit haben sich in der Bewegung breit gemacht. Kein Wunder, denn so viel getane Arbeit, so viel erlittenen Repression haben uns nur ein paar Babyschritte weitergebracht. Die alte Idee mit NGOs und Grünen zusammen die Regierung zu bessserer Klimapolitik zu bewegen ist -wer hätte es gedacht- wieder nicht aufgegangen. Eine Strategiedebatte sollte stattfinden, ist dann aber auch unter den Corona-Zug geraten.
Niemand wird bestreiten, dass wir aus unseren Fehlern lernen und etwas ändern müssen, wenn die Bewegung nicht nach und nach in Stücke zerfallen soll. Denn Aufmerksamkeit ist zwar erreicht worden, aber wenn wir an der Klimapaket der Bundesregierung denken, reicht das offensichtlich. Wir müssen die Vorstellung vom grünen Kapitalismus über Bord werfen, wir brauchen konsequenten Umweltschutz statt immer neuen Kompromissen mit der Kohlelobby. Denn besonders in Krisenzeiten -wie die kommende Wirtschaftskrise, die sich langsam anbahnt- wird die „grüne“ Produktion teurer und unattraktiver für die Kapitalist_Innen. Außerdem werden Konzerne gerettet, die Profite einbringen wie wir es gerade am Beispiel der Autoindustrie oder Reisekonzerne sehen. Statt Appellen an den Staat müssen wir also anfangen uns selbst als Bezugspunkt zu setzen für die Veränderung, die wir brauchen.
Wir, die Menschen, die von den Krisen dieser Gesellschaft betroffen sind, müssen zu der gesellschaftlichen Kraft werden, die entscheidet wie die Produktion, wie die Gesellschaft aufgebaut ist. Um dahin zu kommen, brauchen wir konkrete Forderungen:

Verbesserungen statt Verbote! Die Konzerne sollen selber für den Klimawandel zahlen, den sie verursacht haben. Für die Bevölkerung keine höheren oder indirekte Steuern, sondern kostenlosen Nahverkehr! Keine EEG zahlen, sondern konstenlosen Ökostrom!

Produktion, Energiewende und Verkehr müssen demokratisch durch Produzent_Innen und Verbraucher_Innen kontrolliert werden anstatt sich an dem Profit auszurichten, der dabei rumkommt! Niemand soll einfach so entlassen werden, stattdessen bedarf es einer Umstellung der Produktion, kostenlose Umschulung, sowie einen gemeinsamen Tarifvertrag für Alle, die in der Energiebranche arbeiten!Klimagerechtigkeit funktioniert nur international! Anerkennung der Klimakrise als Fluchtgrund, offene Grenzen und volle Staatsbürger_Innenrechte für Alle! Außerdem sollen die Konzerne, die ihre Produktion auslagern und woanders die Umwelt zerstören zahlen!

Baut Komitees auf in euren Schulen, Unis und Betrieben! Wenn sie nicht heraus auf die Straße kommen, bringen wir die Themen zu ihnen. Diese Komitees müssen außerdem über zentrale Forderungen und Ausrichtungen der Bewegung abstimmen! Nur so können wir demokratisch, gemeinsam und transparent die Zukunft entscheiden!

Mit der kommenden Wirtschaftskrise, deren Auslöser die Pandemie ist, rollt nun neben der Klimakrise eine weitere Krise auf uns zu. Abwrackpremie und Milliarden für die Automobilindustrie, Datteln soll eröffnet werden und Stellenstreichungen bei der Bahn: Unter dem Vorwand „die Wirtschaft zu retten“ werden die kleinen Fortschritte, die wir uns in den letzten Jahren erkämpft haben wieder rückgängig gemacht. Unter dem selben Vorwand werden auch die Infektionsschutzmaßnahmen aufgelockert und dabei eine unnötig schwere 2. Welle in Kauf genommen. Für den Profit werden wir wieder in die Schule geschickt, obwohl sie einen der Hauptinfektionsherde darstellt.
Den Kampf dagegen können wir nicht führen ohne die Gewerkschaften. Diese haben so ein mächtiges Mobilisierungspotential, wenn sie nur wollen und objektiv haben sie das gleichen Interesse wie wir: Nicht für diese Krise zahlen! Zusammen müssen wir eine internationale Antikrisenbewegung aufbauen. 2019 waren wie so oft in der Geschichte wir, die Jugendlichen, wiedermal diejenigen, die vorgeprescht sind. Heute liegt es immernoch an uns!




Bericht vom FFF Nordkongress

Klimawende! Die Zeit für sie zerrinnt uns zwischen den Fingern. Aber obwohl wir seit mehr als einem Jahr Schulstreiks und eine Menge Radau gemacht haben, sind wir ihr nicht merklich näher gekommen. Das Klimapaket, Madrid und Politiker_innen oder Unternehmen mit leeren Worten und heißer Luft haben niemanden glücklich gemacht. Im Gegenteil: Frustration, Desillusionierung und Burn-Outs machen sich breit. Daher die Idee, am ersten Wochenende des Jahres einen FFF-NordKongress in Hamburg zu veranstalten, auf dem die Bewegung darüber diskutieren kann, wie wir statt zu schrumpfen noch viel größer werden können und vor allem: welche Strategie wir brauchen, um den Kampf ums Klima doch noch zu gewinnen.

Wir von Revolution waren auch mit einer Delegation von Genoss_Innen aus Berlin, Greifswald und Hamburg dabei und sind dort für die Perspektive eingetreten, die wir auch in unserem Strategiepapier (onesolutionrevolution.de/handeln-statt-hoffen-welche-strategie-fuer-fridays-for-future/) vorschlagen.

An sich war der NoKo eine sehr gute Initiative und die hohe Zahl an Teilnehmer_Innen hat gezeigt, dass es ein großes Interesse an einer gemeinsamen Diskussion in unserer Bewegung gibt. In seinem Verlauf haben sich allerdings auch einige Schwächen aufgetan, aus denen wir für den nächsten Kongress Lehren ziehen können. Das problematischste hierbei war, dass es nicht genügend Gesamtplena gab, auf denen man eine kollektive Strategiedebatte hätte führen können. Stattdessen hat man sich wieder in kleine Workshops aufgesplittert. Deren Inhalt war zudem auch oft ziemlich Banane, so wurde ein Unternehmensberater angeheuert, der politische Strategien mit Marketingtricks ersetzen wollte oder es gab einen Workshop, indem darüber referiert wurde, wo die besten „klimaneutralen“ Investitionsmöglichkeiten existieren (lächerlicher Weise wurde hier ausgerechnet Siemens genannt). Es kann aber keinen grünen Kapitalismus geben! Wir dürfen daher auch unsere Zeit nicht mit sinnlosen Versuchen verplempern, den Kapitalismus doch noch grün zu machen! System Change not Climate Change! Anticapitalista!




Handeln statt Hoffen: Welche Strategie für Fridays for Future?

EDieses Papier ist aufgrund einer Strategiedebatte
innerhalb der bundesweiten Struktur von FFF entstanden. Als REVOLUTION
beteiligen wir uns seit einiger Zeit an den Klimaprotesten und unterstützen
diese praktisch. Dieses Papier versucht vor allem zwei Fragen zu beantworten:

  1. Wie können wir unseren Protest im nächsten Jahr voranbringen und unsere
    Forderungen durchsetzen?
  2. Wie können wir unsere Struktur verbessern?

Dabei haben wir den ersten Teil vorangestellt, da wir glauben, dass die Inhalte auch maßgeblich das Vorankommen, aber auch die Form unseres Protestes bestimmen. Viel Spaß beim Lesen! Wer Weiteres mit uns diskutieren möchte oder seine_ihre Kritik mit uns direkt teilen will, kann sich unter strategiefff@riseup.net bei uns melden!

Kurze Bilanz

Seit einem Jahr streiken wir und haben es geschafft eine große öffentliche Aufmerksamkeit zu schaffen. Jeden Freitag sind in verschiedenen deutschen Städten Menschen auf die Straße gegangen, zudem gab es 4 internationale Aktionstage. Hierzulande beteiligten sich am 20.09.2019 sogar 1,4 Millionen. Das ist die größte Mobilisierung seit Jahren. Kurz: Viele sind sich der Problematik der Klimakrise nun bewusst und Politik und Medien mussten sich vermehrt mit dem Thema beschäftigen. Unsere Forderungen wurden allerdings nicht umgesetzt. Mit dem Klimapaket können die Ziele des Pariser Klimaabkommens sowie die 1,5°C Grenze nicht eingehalten werden. Dieses ist nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Auch die UN-Klimakonferenz in Madrid endete wieder ergebnislos und hinterlässt mal wieder den Eindruck, dass es kaum Akteure des aktuellen Wirtschafts- und Staatensystems gibt, die unsere Klimaziele umsetzen wollen. Aber wir wollen uns nicht demoralisieren lassen, sondern fragen uns: Was nun?

Welche Strategie brauchen wir?

Wie schon geschrieben: Wir sind Viele. Aber das
reicht nicht aus, um etwas zu ändern. Damit wir mehr werden – und vor allem mehr
erreichen – müssen wir im nächsten Jahr gezielter vorgehen. Statt Klimaschutz
individuell zu denken (Was kann jede_r von uns einzeln tun?) müssen wir
kollektive Verbesserungen erkämpfen. Das hat zwei Gründe: Zum Einen sprechen
wir so mehr Menschen an, denn aktuell wird Klimaschutz nur mit Verzicht,
Verboten und Steuererhöhungen in Verbindung gebracht. Das schreckt ab, da sich
das viele nicht leisten können und auch keine gute gesamtgesellschaftliche
Perspektive ist. Zum Anderen schaffen wir es dadurch im Hier und Jetzt
Veränderungen zu erwirken, die nicht nur unseren Lebensstandard erhöhen,
sondern auch schnellere Auswirkungen auf unsere Lebensgrundlage haben.
Zusätzlich haben wir als Bewegung dann einen greifbaren Erfolg! Konsumprotest
kann nur ein begleitendes Mittel sein. Denn was nutzt ein bewusster Verzicht,
solange die von uns genutzte Energie durch Kohleverstromung erzeugt wird oder
Massenvernichtungswaffen gebaut werden?

Dazu müssen wir die Interessen der Mehrheit nach
einem Arbeitsplatz, einer gut bezahlten Zukunft, einem besseren Leben in unsere
Forderungen mit einbeziehen. Also kurz: Lasst uns für Verbesserungen statt
Verbote einstehen! Damit genau das umgesetzt wird, müssen wir
Interessenvertretungen eben jener miteinbeziehen. In diesem Fall sind es die
Gewerkschaften, sowie die politischen Parteien, mit denen diese verbunden sind.
Diese haben zwar in Fragen des Klimaschutzes in der Vergangenheit nicht allzu
viel erreicht, aber organisieren bereits eine Masse an Leuten, die wir mit
unseren Forderungen erreichen wollen und können. Ein zentraler Ansatzpunkt für
eine erfolgreiche Kampagne sind somit die Tarifrunden der Länder im nächsten
Jahr. Dort müssen wir uns als Fridays for Future beteiligen und gleichzeitig
eine eigene Position mit hereintragen, um Kämpfe zu verbinden.

  1. Wie können wir die Kohlesubventionierung beenden und den Beschäftigten
    eine Perspektive bieten?

Hier sollten wir für einen
Branchentarifvertrag eintreten. Dies bedeutet einheitliche Bezahlung in der
Energiebranche, damit sie nicht gegeneinander ausgespielt werden. Werden dann
Kohlekraftwerke geschlossen, bedarf es kostenloser Umschulungen und der
Erschließung neuer Jobs, beispielsweise im Bereich der erneuerbaren Energien,
die dann automatisch zu gleichem Lohn stattfinden muss, damit die Beschäftigten
eine Perspektive für weitere Arbeit haben. Dies muss dann beispielsweise durch
die aktuelle Subventionierung der Kohle gezahlt werden, sowie durch die
stärkere Besteuerung von Unternehmen wie RWE. Weigern sich diese, müssen wir
für die Enteignung dieser Firmen eintreten, die jahrelang von der Zerstörung
unserer Lebensgrundlage profitiert haben.

  • Verkehrswende
    statt Klimawandel
    !

Dies kann nicht alleinig durch E-Mobilität beendet
werden. Wir müssen für einen kostenlosen ÖPNV eintreten, unter Kontrolle der
Beschäftigen und Nutzenden. Statt den Schwerpunkt auf individuelle Verkehrswege
zu legen, sollten wir auf die Verbesserung von kollektiven Fortbewegungsmitteln
setzen. Diese Forderung kann nur real werden, wenn wir für massive Investitionen
in die Bahn eintreten, für mehr Personal mit besseren Löhnen und den Ausbau der
Streckennetze. Dazu müssen wir aktiv auf die Beschäftigten zugehen und sie
einladen, gemeinsame Aktionen mit uns zu machen. Beispielsweise bedarf es
Vollversammlungen in Schulen und Betrieben, wo wir gemeinsam über diese
Thematik diskutieren können und müssen. Daneben können wir auch unsere Streiks
miteinander verbinden. Statt uns auf das Gerede der Konzerne und Regierungen zu
verlassen, dass nicht genug Geld dafür da ist, sollten wir für die Einsicht in
die Geschäftsbücher eintreten. Schließlich geht der Klimaschutz uns alle an.

  • Holt die Gewerkschaften mit ins Boot!

Nicht umsonst sind im Rahmen
des weltweiten Generalstreiks 1,4 Millionen Leute auf die Straße gegangen. Das zeigt:
Diese Aufforderung hat Wirkung. Wenn wir mehr als das Klimapaket haben wollen,
dann müssen wir uns diesem Mittel bedienen! Dadurch, dass Unternehmen Verluste
einfahren, erwirken wir Druck auf Politik und Kapital. Wir als Fridays for
Future müssen deshalb die Gewerkschaften zum Einen offen aufrufen, dies mit uns
gemeinsam zu veranstalten, indem sie a) offen dazu aufrufen und b) im Vorfeld
Vollversammlungen an den Betrieben organisieren. Durch die oben genannten
Forderungen haben wir dann gleichzeitig Kontakt zur Belegschaft und können dies
ebenfalls unterstützen, sollte dies nicht passieren. Nur so können wir uns in
Stellung bringen, unsere Forderungen durchzusetzen. Gemeinsame Kämpfe mit den
Beschäftigten sind ineiner Situation, in der die Wirtschaft weltweit stagniert,
besonders wichtig. Denn wir dürfen nicht zulassen, dass die Unternehmen die
Kosten der ökologischen Krise durch Massenentlassungen und Auslagerung von
umweltschädlicher Produktion in andere Nationen auf den Schultern der
Lohnabhängigen abladen.

  • Klimaschutz kennt keine Grenzen!

Das Problem des Klimawandels
lässt sich nicht in einem Land lösen. Wenn wir wachsen wollen, müssen wir unsere
Kämpfe verbinden und über Nationalstaatsgrenzen hinweg gegen eine Politik
eintreten, die dafür sorgt, dass die Produktion in andere Länder verlagert wird
und dort Löhne drückt, sowie die Umwelt zerstört. Ein Schritt dahin ist,
Bewusstsein dafür zu schaffen und für die Anerkennung von Umweltzerstörung als
Fluchtursache und volle Staatsbürger_Innenrechte für Geflüchtete einzutreten.
Ebenso müssen die Länder, die besonders unter den Folgen des Klimawandels
leiden, durch Zahlungen der Klimakillerkonzerne, wie beispielsweise RWE,
entschädigt werden.

Welche Struktur brauchen wir um das zu erreichen?

a) Damit unser
Protest nicht stagniert und wir schnell handlungsfähig bleiben, bedarf es
ebenfalls Aktions- und Streikkomitees an den Orten, an denen wir uns tagtäglich
bewegen. Also an Schulen, Unis und Betrieben. Warum? Viele Aktivist_Innen gehen
regelmäßig Freitags auf die Straße. Anstelle sich nur unter Gleichgesinnten zu
bewegen und die Spaltung in der Umweltfrage zu vertiefen, lohnt es sich durch
Mobilisierungen, Vollversammlungen und kleineren Aktionen vor Ort die Debatte
zu anderen Leuten zu bringen. Das sorgt für eine stetige Auseinandersetzung und
befähigt gleichzeitig Viele von uns sich mehr einzubinden. Vor allem, da es für
Viele leichter ist, sich dort zu organisieren, wo sie sich tagtäglich bewegen.
Es ist unsere Aufgabe offen um unsere Perspektive zu streiten und damit neue
Aktivist_Innen für unsere Ziele zu gewinnen.

b) Diese Basiskomitees können dann Vertreter_Innen ins Plenum schicken und Delegierte wählen. Dieses System hat mehrere Vorteile. Denn aktuell ist das Problem, dass sich nicht alle von uns verantwortlich fühlen, für die Sachen die entschieden und umgesetzt werden. Dadurch machen manche Menschen sehr viel Arbeit und haben viel Verantwortung Alles zu entscheiden. Der Großteil an Menschen wird in diesen Prozess nicht einbezogen und übernimmt daher nur ab und zu Aufgaben.

d) Warum ist das
wichtig? Wir sind eine Jugendbewegung, die es geschafft hat ins Gespräch zu
kommen. Unser Ziel muss aber auch sein, dass 
Aktivist_Innen selbstständig lernen zu handeln anstatt zu hoffen. Also
sich eigenständig an unseren Strukturen zu beteiligen. Dies geschieht vor allem
auch darüber, dass wir offen über Inhalte und Entscheidungen diskutieren. Nicht
um der Selbstbeschäftigung willen, sondern um der Bewegung willen. Nur wenn wir
demokratische Strukturen haben, an denen sich alle beteiligen können, schaffen
wir es auch eine demokratische Bewegung zu sein.

e) Deswegen müssen
unsere Delegierten auch jederzeit rechenschaftspflichtig und wähl- und
abwählbar sein. Jede_r soll und darf Ideen einbringen, gleichzeitig müssen
zentrale Momente der Bewegung wie Aktionstage, Forderungen und Perspektiven
gemeinsam besprochen und abgestimmt werden. Das muss aber auch für alle Aktivist_Innen
überprüfbar sein. Ansonsten droht die Gefahr, dass wichtige strategische
Entscheidungen nur von einem kleinen Teil getroffen werden. Was aber passiert
wenn sich herausstellt, dass diese falsch oder nicht im Interesse des
gemeinsamen Ziels (Klimaschutz, yeah!) sind?

f) Um das zu
ermöglichen, brauchen wir Aktions- und Perspektivkonferenzen. Dort sollten sich
alle Aktivist_Innen treffen können und die Chance haben, über die zentralen
Entwicklungen und unterschiedlichen Ausrichtungen, die es gibt (und immer geben
wird), zu entscheiden. Der SoKo war hierfür ein guter Auftakt, aber wir
brauchen nicht nur Momente des Empowerments, wir brauchen offene politische
Debatten, Anträge, Wahlen und Entscheidungen. Eine solche Konferenz sollte im
Vorfeld eine offene Antragsphase haben.

g) Unser Ziel ist
es nicht nur eine zeitweise Bewegung zu schaffen, sondern die Gesellschaft zu
verändern! Hierfür brauchen wir nicht nur Leute, die regelmäßig auf die Straße
gehen und teilweise in den jeweiligen FFF-Ortsgruppen aktiv sind, nein, wir
brauchen Leute, die offen um ein politisches Programm diskutieren, die sich einen
Kopf machen. Dafür müssen wir allen Teilen der Bewegung gleiche demokratische
Rechte geben. Es braucht offene Diskussion, ob die bittstellende Haltung
gegenübergestellt der Bundesregierung überhaupt die Chance hat, unsere Ziele zu
erreichen oder ob wir eine gesamtgesellschaftliche Bewegung brauchen, die
selbst die Zügel in die Hand nimmt und die gesellschaftliche Produktion unter
dem Ziel der gleichen Möglichkeiten unter den Menschen und der nachhaltigen
Beherrschung der Umwelt durch die Menschheit zum Ziel hat. Wenn die Perspektive,
die die Bewegung aktuell einnimmt, richtig ist, dann sollte sie auch eine
offene Debatte darüber überstehen und alle Teile der Bewegung darin bestärken
für ihre Position zu kämpfen. Sollte die Position hingegen falsch sein und wir
keine Debatte darüber führen, so würden wir damit die riesigen Chancen eine
neue Generation bewusster Aktivist_Innen zu begeistern und in Bewegung zu
bringen, verschenken.

Das Ganze könnt ihr hier auch nochmal als PDF herunterladen:




Der Fail von Madrid

Warum die Weltklimakonferenz gescheitet ist und was wir daraus lernen können:

Die Weltklimakonferenz in Madrid ist auf ganzer Linie
gescheitert. Das Abschlussdokument ist dementsprechend mehr als lächerlich.
Nahezu alle wichtigen Fragen, wie der Umgang mit den Emissionszertifikaten oder
die Entschädigung der ärmeren, vom Klimawandel umso stärker betroffenen Länder,
wurden auf die nächste Konferenz im November 2020 in Glasgow verschoben. Was
übrig bleibt sind wage nationale Klimaschutz-„Zusagen“. Da findet selbst die
Bundesregierung kaum noch etwas, was man schönreden könnte. Eine zeitliche
Verlängerung der Verhandlungsdauer um ganze 40 Stunden hat da auch nicht mehr
viel gebracht.

Und wenn eine solche Konferenz um noch so viele Stunden mehr
verlängert werden würde: das Problem ist nicht zu wenig Zeit oder zu wenig
Engagement, sondern die im Zuge der Krise des Kapitalismus sich international
zuspitzende Konkurrenz zwischen den Nationalstaaten. Seit der großen
Weltwirtschaftskrise 2007/2008 gibt es auf dem Weltmarkt weniger zu holen,
sodass sich der Kampf um den verbliebenen Rest vom Kuchen zwischen den
einzelnen Akteuren massiv verstärkt hat. Da sich Klimaschutz und
wirtschaftliche Profite entgegenstehen, traut sich keiner der global player
einen Schritt „zu weit“ in Richtung Nachhaltigkeit zu machen, da man dann in der
internationalen Konkurrenz einen Nachteil fürchtet. Aus diesem Grund sind die
USA bereits vor einiger Zeit aus dem Pariser Abkommen ausgetreten und ihre
Hauptkonkurrentin China, traute sich nun auf der Weltklimakonkurrenz kaum noch
Zugeständnisse zu machen. Die EU hat noch einmal versucht ihren politischen
Anspruch, ebenfalls eine globale Führungsmacht zu sein, deutlich zu machen,
indem sie sich (allen voran Ursula von der Leyen) als „Zugpferd für mehr
Klimaschutz“ inszenierte. Wirklich was geliefert hat sie jedoch nicht.

Madrid ist nur ein weiteres Beispiel dafür, wie die nette
Idee von der „Weltdemokratie“ der UNO und anderen ähnlichen Institutionen
radikal in Frage gestellt werden, sobald der Ton in der Weltwirtschaft rauer
wird und die Wachstumsraten sinken. Madrid steht dabei auch im Schatten des
Scheiterns des internationalen Atomabkommens oder dem aktuellen Handelskrieg.
Wir schließen daraus, dass es keine Weltdemokratie geben kann, solange die Welt
aus Nationalstaaten besteht, die in Konkurrenz zueinander stehen. Vielmehr
handelt es sich bei der UNO ebenso wie beim IWF und ähnlichen Agenturen, um
Organe zur Durchsetzung imperialistischer Machtinteressen, die in Zeiten
zugespitzter Konkurrenz zum Stillstand kommen. Dass diese nie Arenen freier
Aushandlung waren, zeigen allein schon die fünf Veto-Mächte. Da aber das
kapitalistische System den Motor der Konkurrenz und die Säule der
nationalstaatlichen Form darstellt, müssen wir eine internationale
antikapitalistische Klimabewegung aufbauen, um diesen Widerspruch auflösen und
den Planeten noch irgendwie retten zu können. Zulange haben wir den
kapitalistischen Institutionen und den bürgerlichen Politiker_innen vertraut,
dass sie schon eine gute Lösung fürs Klima finden werden. Der letzte Aktionstag
von Fridays for Future war zwar immer noch groß aber hat auch eher auf die UN
gehofft als selber etwas gemacht. Die (nicht vorhandenen) Ergebnisse aus Madrid
sollten deshalb in Fridyas for Future neue Diskussionen anstoßen, wo wir
eigentlich hinwollen und wer diese Veränderung umsetzen kann. Spätestens nach
diesem Wochenende sollte nämlich allen klar sein: Klimaschutz bleibt
Handarbeit. Was wir brauchen sind Basisstrukturen in Schulen, Unis und
Betrieben, die demokratisch diskutieren und Konzepte erarbeiten, begleitet von
großen internationalen Aktionskonferenzen, auf denen wir gemeinsame Forderungen
erarbeiten und deren Umsetzung kontrollieren können. Wir haben kein Vertrauen
mehr in die kapitalistischen Institutionen, Verbände und Parteien.

Das Gerede von „neuer umweltfreundlicher Technologie“ und
dem „Green Deal“ können wir nicht mehr hören, denn klar ist: Wenn sich Natur
und Profit sowie Nationalstaatlichkeit und internationaler Klimawandel
widersprechen, kann es auch keinen „grünen Kapitalismus“ geben. Der Klimawandel
ist für uns in erster Linie keine Frage der Technologie sondern des
gesellschaftlichen Umgangs mit Natur. Es ist also nicht die Natur die gestört
ist, sondern das Verhältnis, das unser Wirtschaftssystem zu ihr hat. Genau
deshalb bedeutet Kampf fürs Klima auch Kampf für eine andere Gesellschaft.
Ansätze für diesen Kampf kommen auf der ganze Welt gerade nicht nur aus der
Klimabewegung sondern auch in Chile, Irak und Libanon gegen den
Neoliberalismus, in Rojava und Chile gegen das Patriarchat oder in sehr vielen
Ländern gegen den internationalen Rechtsruck. Dass insbesondere die
Rechtspopulisten Trump und Bolsonaro die größte Blockadehaltung auf der
Weltklimakonferenz eingenommen haben, zeigt uns nur wieder einmal deutlich,
dass sich unsere Klimabewegung klar gegen Rechts positionieren muss. Lasst uns
also aus Madrid lernen und ausgehend von Fridays for Future und allen anderen
fortschrittlichen Bewegungen auf der Welt eine internationale
antikapitalistische Bewegung zur Rettung dieses Planeten aufbauen. Spätestens
jetzt heißt es: Handeln statt Hoffen!