Was kommt nach den Landtagswahlen?

Am 1. September fanden in Sachsen und Brandenburg die Landtagswahlen statt. Gleich vorweg: eine Regierungsbildung mit der AfD kann in beiden Bundesländern nahezu ausgeschlossen werden. Dennoch machen die vorläufigen Endergebnisse deutlich, dass der gesellschaftliche Rechtsruck weiter voranschreitet und dieser äußert sich vor allem in den Wahlerfolgen für die rechtspopulistische AfD. Sie konnte als einzige Partei in den Prozentpunkten zweistellig zulegen und ist sowohl in Sachsen wie auch in Brandenburg als zweitstärkste Kraft aus den Wahlen hervorgegangen. In Sachsen kommt die AfD demnach auf 27,5% (Vgl. 2014: 9,7%, +17,8%) und in Brandenburg auf 23,5 % (Vgl. 2014: 12,2%, +11,3%). In Sachsen konnte die regierende CDU (32,1%, -7,3%) und in Brandenburg die SPD (26,2%, -5,7%) sich zwar jeweils als stärkste Partei behaupten, beide mussten jedoch heftige Verluste hinnehmen.

In Sachsen erzielte die SPD mit 7,7% (-4,7%) das historisch schlechteste Ergebnis seit jeher. DIE LINKE verlor im Vergleich zur letzten Landtagswahl 7,9% und konnte mit 10,7% noch gerade so ein zweistelliges Ergebnis einfahren. Die Grüne konnte von der Klimakrise profitieren und kam auf 8,6% (+2,9%).

In Brandenburg erreichte die CDU 15,6% (-7,4%), DIE LINKE 10,7% (-7,9%), die Grüne 10,8% (+4,6%) und die Freien Wähler ziehen erstmals mit 5% (+2,3%) in den Landtag ein. Die FDP ist in beiden Wahlen knapp an der 5%-Hürde gescheitert.

Prognose: Wer regiert uns jetzt?

Aufgrund der massiven Verluste für die Regierungsparteien und da sowohl die CDU in Sachsen als auch die SPD in Brandenburg einer Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch eine Absage erteilen, wird die Regierungsbildung besonders kompliziert. In Sachsen ist die Bildung einer sogenannten Kenia-Koalition, also eine Regierung aus CDU, SPD und Grünen, am wahrscheinlichsten. Eine Minderheitsregierung hat Ministerpräsident Kretschmer (CDU) ausgeschlossen. In Brandenburg wäre eine Kenia-Konstellation ebenfalls möglich, jedoch hätte auch Rot-Rot-Grün eine knappe Mehrheit. Doch egal wer uns in Zukunft regiert, drei Dinge stehen jetzt schon fest: 1. das bürgerliche Parteiensystem bröckelt, deutliche Regierungsmehrheiten, geschweige denn Einparteien-Regierungen, gehören der Vergangenheit an. 2. Ob Kenia-Koalition oder Rot-Rot-Grün: bürgerliche Parteien wie CDU, SPD und Grüne handeln nicht im Interesse von uns Jugendlichen und ArbeiterInnen, sondern verfolgen eine neoliberale, oft auch rassistische (Abschiebungen, Asylgesetzverschärfungen) Politik im Interesse der herrschenden Klasse und unterscheiden sich von der rechtspopulistischen AfD bestenfalls durch die Verwendung einer zaghafteren Rhetorik. 3. Der eindeutige Wahlsieg für die AfD zeigt deutlich auf, dass es einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Rechtsruck gibt, dem die etablierten Parteien nichts entgegenzusetzen haben. Ganz im Gegenteil haben sie diesen mit ihrer neoliberalen Politik mit zu verantworten.

Ursachen für den Rechtsruck

Wenn wir von einem gesellschaftlichen Rechtsruck reden, meinen wir damit das weltweite erstarken rechtspopulistischer und faschistischer Kräfte infolge der Weltwirtschaftskrise. Nach dem Ausbruch der Wirtschaftskrise wurden überall die Verluste der Krise sozialisiert, genauer gesagt die Lasten der Krise auf den Rücken der ArbeiterInnen abgewälzt. Gleichzeitig wurden große Banken, die too bog to failwaren, mit massiven Finanzinvestitionen auf Kosten der Werktätigen gerettet und die Besitzenden konnten weiter horrende Profite einfahren. Die Krise zog nicht nur Arbeitsplatzvernichtung, die Ausweitung von prekären Arbeitsverhältnissen wie Leih- und Teilzeitarbeit, Lohnkürzungen, sogenannte Sparmaßnahmen und Sozialabbau nach sich, sondern verschärfte auch die internationalen Spannungen zwischen den imperialistischen Nationen, den untereinander konkurrierenden Regionalmächten und entflammte einen Kampf um die Neuaufteilung der Welt.

Vor dem Hintergrund dieser verstärkten Konkurrenz der kapitalistischen Staaten untereinander brachen regionale Kriege wie in Syrien, Jemen, Lybien usw. aus, die für die Flucht von Millionen Menschen maßgeblich verantwortlich waren. Während also einerseits die Kosten der kapitalistischen Krise überall der lohnabhängigen Bevölkerung in Rechnung gestellt wurden, profitierten andererseits vor allem rechtspopulistische Parteien von den Folgen dieser Krise, indem diese die sogenannte Flüchtlingskrise (eine unmittelbare Folge der kapitalistischen Weltwirtschaftskrise) gezielt für ihre rassistische Propaganda benutzten und damit von den tatsächlichen Ursachen der vorherrschenden Probleme ablenkten. Dies war insbesondere möglich vor dem Hintergrund des wiederholten Verrats der bürgerlichen Arbeiter_Innenparteien (z.B. LINKE, SPD), die ja fleißig mitgeholfen haben, die Krisenkosten auf die Arbeiter_Innen abzuwälzen, statt den Kampf gegen diese Frechheit zu organisieren. Dass diesen Parteien kaum noch jemand glaubt, sie würden sich für die Interessen der Arbeiter_Innen einsetzen belegt nicht zuletzt die Katastrophe, die die Wahlen für die SPD, vor allem aber DIE LINKE bedeutet haben.

Die etablierten Parteien haben mit ihrer unsozialen, neoliberalen Politik zurecht viel an Zuspruch verloren und zugleich auf den Rechtsruck mit einer einer Anpassung der eigenen Politik und Rhetorik an die rassistische Stimmungsmache reagiert. Selbst innerhalb der Partei DIE LINKE wurden Stimmen nach einer Obergrenze für Geflüchtete laut. Der Rechtsruck vollzog sich also in allen Parteien und bestärkte die WählerInnen rechtspopulistischer Parteien, statt diese vom eigenen Programm zu überzeugen.

Was können wir dagegen tun?

Doch wie können wir den Rechtsruck aufhalten? Und vor allem: was kommt jetzt auf uns zu? Die kommenden fünf Jahre werden kein Zuckerschlecken für linke AktivistInnen. In Sachsen können die CDU und die AfD zusammen bequem Mehrheiten für reaktionäre, repressive Gesetze erreichen. Doch auch unter einer Kenia-Koalition (CDU-SPD-Grüne) würde mit hoher Sicherheit die bisherige neoliberale Sparpolitik fortgesetzt werden, auch eine Zunahme der Repression gegen Bewegungen wie Fridays For Future kann nicht ausgeschlossen werden. Selbst wenn in Brandenburg rot-rot-grün zustande kommt ist dies kein Grund zur Freude, wie vergangene und aktuelle, derartige Regierungskonstellationen eindrücklich zeigen (Arbeitsplatz-Abbau, „Sparmaßnahmen, Privatisierungen, Abschiebungen, repressive Polizeieinsätze usw.).

Um den Rechtsruck aufzuhalten braucht es eine breit aufgestellte, schlagkräftige linke Bewegung, die eine antikapitalistische und sozialistische Antwort auf die kapitalistische Krise selbstbewusst auf die Straße trägt und die in den Betrieben, Schulen und Unis verankert ist. Hierzu braucht es die Einheit aller Organisationen der ArbeiterInnenklasse in der Aktion, also die Zusammenarbeit der Gewerkschaften, linken Parteien und Gruppen, um eine soziale und antirassistische Bewegung, die imstande ist, dem Rechtsruck etwas entgegenzusetzen, aufbauen zu können. Wir müssen die fortschrittlichen Bewegungen, den Antirassismus und die Umweltfrage, miteinander in einen Zusammenhang bringen und mit einer antikapitalistischen Perspektive verbinden. Die eigentliche Schwierigkeit der kommenden Kämpfe wird darin liegen, dem Rechtsruck und Rassismus offensiv entgegenzutreten und gleichzeitig die notwendige Kritik an den künftigen bürgerlichen Regierungskoalitionen und ihrer neoliberalen Politik auf die Straße zu tragen. Denn eins ist sicher: Im Kampf gegen die Rechten, gegen den Klimawandel und für eine lebenswerte Zukunft dürfen wir uns nicht auf die bürgerlichen und reformistischen Parteien verlassen. Eine Zukunft ohne Rassismus, Klimawandel, Grenzen und Ausbeutung wird nicht durch alle 5 Jahre wählen gehen erstritten. Eine solche Zukunft können wir nur selbst erkämpfen.




Landtagswahlen und Rechtsruck in Sachsen

von Peter Böttcher

In Sachsen stehen am 1. September die Landtagswahlen an. Die Umfragewerte für die AfD (derzeitig  rund 24 %), die ständig stattfindenden rassistischen Aufmärsche und Übergriffe machen eins deutlich: Der Rechtsruck schreitet in immer größeren Schritten voran und äußert sich immer mehr auch auf der Straße wie beispielsweise in den Mobilisierungen der rechten und faschistischen Kräfte in Chemnitz letztes Jahr. Die Linke befindet sich immer noch in der Defensive oder ist gar passive Zuschauerin. In Chemnitz haben FaschistInnen ihr wahres Gesicht gezeigt: Menschen, die dem „deutschen“ Bild nicht entsprachen oder vermeintlich links aussahen, wurden gejagt und zusammengeschlagen. Die Linke war vor Ort in der Unterzahl und konnte somit den Rechtsextremen nicht ansatzweise den öffentlichen Raum streitig machen. Auch rechtsradikale Strukturen wie „Der III. Weg“ und die „Identitäre Bewegung“ profitieren vom Rechtsruck und werden immer selbstbewusster, treten offen auf und suchen den Schulterschluss mit der AfD.

AfD und andere Rechte

Es besteht die Gefahr, dass die AfD nach den kommenden Landtagswahlen stärkste Fraktion im Landtag wird. Unter Umständen wird sie dann mit der CDU gemeinsam eine Regierung bilden. Sofern Christdemokratie, FDP, Grüne und SPD gemeinsam keine Mehrheit erreichen, könnte erstere mit der AfD koalieren. Doch egal ob eine CDU-AfD-Regierung zustande kommt oder nicht, die AfD wird die CDU weiter nach rechts drängen. Die Folgen davon werden schwerwiegend sein. Schon jetzt wird im Kabinett das neue Polizeigesetz (PVDG) diskutiert und es soll noch im April vom Landtag verabschiedet werden. Nach den Wahlen werden mit Sicherheit weitere repressive Gesetze und der Ausbau des Überwachungs- und Sicherheitsapparates folgen. Der alltägliche und staatliche Rassismus wird noch offener zutage treten usw.

Zudem ist die AfD nicht die einzige Partei, die rechts von der seit über 25 Jahren regierenden CDU steht und zu den Landtagswahlen antritt. Neben der Rechtsabspaltung von André Poggenburg, der Partei „Aufbruch deutscher Patrioten“ (AdP), will sich auch die neu gegründete Partei von Frauke Petry („Die blaue Partei“ bzw. „Die Blauen“), welche sich selbst als rechts von FDP und CDU, aber links von der AfD stehend beschreibt, zur Landtagswahl antreten. Beide Parteien rechnen sich gute Chancen aus, über die 5 %-Hürde zu kommen. Außerdem tritt noch die NPD an, womit sich demnach insgesamt vier rechts von der CDU stehende Parteien zu den Wahlen aufstellen lassen. Inwieweit und ob die Abspaltungen der AfD in Sachsen überhaupt eine relevante Rolle bei den Landtagswahlen spielen werden, ist fraglich. Es wäre auch denkbar, dass sich die neue Partei Poggenburgs zum Sammelbecken für rechtsradikale und faschistische Kräfte entwickelt. Ob die Abspaltungen der AfD nach den Landtagswahlen überhaupt noch eine Perspektive haben werden oder ob sie genauso wie die liberal-konservative Partei von Bernd Lucke (Liberal-Konservative Reformer/LKR, bis 2016: Allianz für Fortschritt und Aufbruch/ALFA) in der Bedeutungslosigkeit verschwinden, wird sich zeigen. Klar ist jedoch, dass die AfD trotz ihrer internen Zerstrittenheit und ihrer geschwächten Position infolge der Spaltungen nach wie vor die größte rechte Gefahr für die Werktätigen und die organisierte Linke darstellt.

Wie kämpfen?

Um gegen den Rechtsruck und die AfD anzukämpfen, braucht es eine breit aufgestellte, schlagkräftige linke Bewegung. Hierbei könnte die Partei DIE LINKE mit ihrer Basis und ihren Mitteln eine entscheidende Rolle spielen. Jedoch ist deren Führung bisher nicht darauf aus, ihre Partei darauf vorzubereiten, diese Rolle einzunehmen. Ganz im Gegenteil: Linke Spitzenkandidaten wie Rico Gebhardt begreifen die eigene Partei nur als „letzte Bastion des Humanismus“ und Teil von „Bürgerbündnissen“. Sie negieren jeglichen Klassenbezug des Kampfes gegen rechts – und damit auch die nötigen Schritte, um eine antifaschistische bzw. antirassistische Einheitsfront und die ArbeiterInnenbewegung wieder aufzubauen und gegen den Rechtsruck in Stellung zu bringen. Dies spielt letztlich der AfD weiter in die Hände.

Darum muss es unsere dringendste Aufgabe sein, mit allen Mitteln und Möglichkeiten diesen Rechtsruck und den Siegeszug der Rechten, insbesondere den der AfD, aufzuhalten. Dabei dürfen wir uns nicht auf andere linke Organisationen, wie reformistische Parteien und deren opportunistische Führungen verlassen. Diese haben dem Rechtsruck bisher nichts effektiv entgegensetzen können und werden auch zukünftig die ArbeiterInnenbewegung und den antirassistischen Kampf in eine Sackgasse führen.

Aber zugleich ist es notwendig, die Mitglieder, UnterstützerInnen und WählerInnen der Gewerkschaften, von Linkspartei und auch der SPD für den gemeinsamen Kampf gegen Rassismus, Faschismus und Rechtspopulismus zu gewinnen. Ohne diese ArbeiterInnen und Jugendlichen fehlen uns schlichtweg die Kräfte, der AfD, den anderen rechten Parteien oder Pegida wirksam und erfolgreich entgegenzutreten.

Wir als revolutionäre, kommunistische Jugendorganisation müssen klare antifaschistische und antirassistische Positionen beziehen und alles tun, um eine Einheitsfront aller linken Gruppen und der Organisationen der ArbeiterInnenklasse gegen den Rechtsruck aufzubauen. Wir müssen die SchülerInnen in den Schulen, die Jugendlichen in den Ausbildungsstätten und Universitäten organisieren, denn sie sind oft diejenigen, die am entschlossensten gegen Rassismus und Faschismus kämpfen wollen. Sie sind zumeist noch nicht durch das System und die bürgerliche Propaganda korrumpiert worden und mögen nicht tatenlos zuschauen, wie sie in Zukunft von RassistInnen (oder gar FaschistInnen) im Nadelstreifen regiert werden. Darum arbeiten wir in Sachsen derzeitig aktiv mit anderen Jugendlichen an der Durchführung einer gemeinsamen antirassistischen Kampagne. Unser Ziel ist es, durch Aktionen, Kundgebungen, Veranstaltungen u. v. m. vor allem SchülerInnen zu erreichen und bei der Selbstorganisation in den Schulen zu unterstützen. Der Höhepunkt unserer Kampagne soll ein Schulstreik Ende Juni werden. Wir wollen versuchen, dabei alle interessierten Jugendlichen und linken Gruppen, die ebenfalls die Notwendigkeit des Aufbaus einer antirassistischen Aktionseinheit erkennen, mit einzubeziehen.

Am 1. Mai will die NPD in Dresden aufmarschieren. Wir befinden uns derzeit mit anderen Jugendlichen und linken Jugendorganisationen in der Planung und im Austausch darüber, wie wir es schaffen, uns den FaschistInnen in den Weg zu stellen und dabei gleichzeitig auch unsere eigenen Inhalte und Positionen auf die Straße zu tragen. Aktuell steht daher die Anmeldung einer Demonstration an, die vom „Picknick“ der Partei DIE LINKE zum Gewerkschaftshaus führen soll. Wir wollen dabei insbesondere jene Jugendlichen und ArbeiterInnen erreichen, denen es nicht ausreicht, Würstchen zu essen, während die FaschistInnen der NPD versuchen, uns unseren Tag zu nehmen. Wir werden uns im Anschluss an unsere Demonstration den Aktivitäten gegen den Naziaufmarsch anschließen und deutlich machen, dass der Erste Mai, der Kampftag der Arbeiter und Arbeiterinnen, rot bleibt!




Dresden: 1. Mai – Nazifrei?

von Leonie Schmidt und Peter Böttcher

Zum 1. Mai haben wir in Dresden gemeinsam mit anderen sozialistischen Organisationen eine antikapitalistische, revolutionäre Demonstration durchgeführt, womit in dieser Stadt zum ersten Mal seit 9 Jahren wieder eine rote Demo am internationalen ArbeiterInnenkampftag stattfand. Diese startete am Alaunplatz und endete mit einigen Unterbrechungen am Gewerkschaftshaus der DGB. Laut und kämpferisch zogen wir zunächst durch die Neustadt bis zum dortigen Bahnhof. Dort sollte ebenfalls der Naziaufmarsch der NPD beginnen. Da diese jedoch bereits vor unserer Ankunft mit ihrer Demonstration starteten, sagten wir spontan unsere Zwischenkundgebung am Bahnhof Neustadt ab und schlossen uns an der Marienbrücke den Blockaden gegen die NPD an, welche durchaus erfolgreich waren.

Jedoch konnte die NPD dann doch weiterlaufen – angeblich aufgrund der Tatsache, dass sich die Faschos ihren Weg selbst frei prügelten (Quelle: Dresden Nazifrei, https://twitter.com/buntesdresden/status/1123605314069323777?s=21) und eine zweite Blockade an der Marienbrücke aufgrund von zu langem Zögern und Unsicherheiten nicht durchgeführt werden konnte. Das zeigt auf, dass 1. Aktivist_Innen sich während einer Blockade niemals über die ganze Straße verteilt hinsetzen sollten, da man so keinesfalls angemessen schnell reagieren kann, sondern in eingehakten Reihen stehen sollten, um sich geschlossen bewegen und zur Wehr setzen zu können! 2. Braucht es eine demokratisch legitimierte Demoleitung, welche über Vorgehen entscheidet, am besten nach dem Delegierten-Prinzip und nicht bloß Veranstalter, die über den Lauti durchsagen, dass man überlegen könnte, was zu tun wäre, da das die Schlagkraft und die Flexibilität von Blockaden erheblich schwächt. Auch kann festgehalten werden, wenn sich die Nazis den Weg wirklich selbst frei geprügelt haben, dass damit die Zusammenarbeit von Faschos und Bullen eine ganz neue, ekelhafte Dimension erreicht hat. Wenngleich es in der Vergangenheit öfter schon zu internen Skandalen bei der Polizei und dem VS kam (bspw. NSU, NSU 2.0, Maaßen-Affäre etc.), ist diese öffentliche Unterstützung doch etwas Neues. Zwar kann es sein, dass die Polizei gar nicht genug Einsatzkräfte hatte, da der ganze Tag deutschlandweit von vielerlei Demos geprägt war. Jedoch kann das keine Entschuldigung dafür sein, dass militante Neonazis sich ihre Demoroute selbstständig freiprügeln (laut einzelnen Angaben bei Twitter sogar mit tatkräftiger Hilfe der Cops).

Leider kam es mal wieder zu sektiererischem Verhalten durch die Veranstalter des Gegenprotests an der Marienbrücke. Wir und andere sozialistische Gruppen wurden darauf angesprochen, dass rote Fahnen nicht erwünscht seien (ausgerechnet am 1. Mai!) – während gleichzeitig Verdi- und Grüne-Fahnen über der Blockade wehten. Weiterhin wurden wir aufgefordert, das verteilen von Flyern, welche sich inhaltlich gegen die AfD richteten, einzustellen. Dazu fällt uns dann tatsächlich nicht mehr viel ein. Während Dresden Nazifrei aufgrund der verhältnismäßig kleinen Blockaden auf Twitter um Unterstützung bat, die Leute vom Lauti aus aufgerufen wurden, doch bitte unbedingt da zu bleiben, die Cops offen mit einer Räumung drohten und Faschos sich selbst unweit des Geschehens den Weg frei prügelten, spalteten die Organisatoren vor Ort also den Gegenprotest und gefährdeten damit den Erfolg der antifaschistischen Blockaden. Wir haben uns dennoch dazu entschieden, dort zu bleiben und somit das Verhalten der Sektierer als nicht hinnehmbar zurückgewiesen.

Dennoch waren die Blockaden erfolgreich, da die NPD nach ihrem Durchbruch nur eine stark verkürzte Route lief und auch nicht durch die Innenstadt ziehen konnte. Des Weiteren waren es nur knapp 200 Teilnehmer_Innen, obwohl das Doppelte angemeldet war.Danach setzen wir unsere eigene revolutionäre 1. Mai Demo fort, da wir weiterhin neben den notwendigen Aktivitäten gegen den Naziaufmarsch auch unsere eigenen antikapitalistischen Akzente setzen wollten.Weiterhin lautstark kamen wir vor dem DGB-Haus in Dresden Mitte an und hielten mehrere Reden. Unsere handelten vor allem von der Dringlichkeit einer antifaschistischen Einheitsfront und des Aufbaus einer sozialen Bewegung gegen den Rechtsruck, von der Notwendigkeit der revolutionären Überwindung des kapitalistischen Systems, warfen eine sozialistische Perspektive auf und richteten sich gegen den Reformismus sowie den Opportunismus der Führung der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie, ganz nach dem Motto: Sozialismus oder Barbarei.

Nach unserer Abschlusskundgebung entschlossen wir uns noch dazu, gegen die AfD am Neumarkt zu protestieren, da diese dort völlig ungestört ihr sogenanntes „Maifest“ abhalten konnte. Diese Wahlveranstaltung reihte sich mit ein in die Versuche von AfD, NPD, III. Weg und anderen Rechten, den 1. Mai für ihre Zwecke zu vereinnahmen. Die Polizei war zwar vor Ort, musste aber nichts tun, da die AfD anfangs ungestört und umringt von Tourist_Innen und Dresdner_Innen, die den freien Tag genossen, ihre rassistische Scheiße propagieren konnte. Es gab vorerst keinen Gegenprotest. Kurz nachdem wir angekommen waren, konnte dann aber durch andere Aktivist_Innen eine Gegenkundgebung angemeldet werden, welche allerdings nur in einiger Entfernung genehmigt wurde, so dass von Protest in Hör- und Sichtweite kaum die Rede sein konnte. Die Beteiligung am Gegenprotest war ziemlich gering, es waren ca. 30 – 40 Leute, die größtenteils saßen, da die meisten Menschen wohl nach den Blockaden gegen die NPD zu erschöpft waren oder gleich den Heimweg antraten. Dennoch war die Kundgebung lautstark und extrem wichtig, denn die AfD stellt in Sachsen gerade eine sehr akute Gefahr dar, die vor allem nach den Landtagswahlen stärkste Kraft werden könnte und sich somit sicher an der sächsischen Landesregierung beteiligen würde. (mehr Infos hier: http://arbeiterinnenmacht.de/2019/04/03/landtagswahlen-und-rechtsruck-in-sachsen/). Für uns als Jugendliche, Migrant_Innen, Frauen und LGTBIA*-Menschen ist die AfD aktuell auch eine realere Gefahr als die NPD. Sicherlich steht die NPD rechts von der AfD, ist offen faschistisch, steht in Verbindung mit Rechtsterroristen usw. Jedoch ist sie als Partei, auch in Sachsen, kaum noch relevant. Dementsprechend müssen wir auch den Protest gegen die AfD stärker forcieren und für kämpferischen, massenhaften Widerstand sorgen. Rein symbolischer Protest wird die Rassist_Innen und Sexist_Innen der AfD nicht aufhalten, wir müssen uns überall dort organisieren und Selbstverteidigungskomitees gegen die Angriffe von Faschos und Rechten bilden, wo wir täglich leben, lernen und arbeiten – also in der Schule oder Uni, auf der Arbeit, im Kiez, usw. Und selbstverständlich müssen wir den Kampf gegen den Rechtsruck mit einer sozialistischen und revolutionären Perspektive verbinden, da der Kapitalismus mit seinen immer wiederkehrenden Krisen erst den Nährboden für rassistisches, sexistisches und antisemitisches Gedankengut bildet. Auch der Faschismus ist letztlich Ausdruck und Folge bürgerlicher Herrschaft. Daher kann die faschistische Gefahr auch erst durch die Zerschlagung des Kapitalismus an sich endgültig gebannt werden.




5 Fragen und 5 Antworten zum Wahlergebnis im CSU-Land

 Christian Mayer

Erwartet uns nach den Verlusten der CSU eine neue Politik in Bayern?

Nach der Wahl ist vor der Regierungsbildung: Auch wenn die CSU ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl in Bayern seit 1950 eingefahren hat, so wird sie doch weiterhin an der Regierung bleiben. Allerdings ist sie auf einen Koalitionspartner angewiesen. An der politischen Situation in Bayern wird das jedoch wenig ändern. Die CSU wird dieselbe rassistische Hetzjagd gegen Refugees und Migrant_Innen weiterhin betreiben, ebenso wie ihr Geschwafel von einer „deutschen Leitkultur“ beibehalten. Wie diese viel beschworene „deutsche“ oder auch „bayerische“ Leitkultur aussieht, kann man sich jedes Jahr auf dem Münchner Oktoberfest ansehen.

Wahrscheinlich ist, dass die CSU am Ende mit den rechts-konservativen „Freien Wählern“ eine Koalition eingehen wird. Mit dieser Partei haben sie die inhaltlich größte Übereinstimmung und auch fast die gleiche Wähler_Innenbasis.

Doch nicht nur die Hetzjagd aus der Landesregierung wird unvermindert weitergehen, gerade dadurch, dass sowohl CSU als auch Freie Wähler beide für schnellere Abschiebungen in „sichere Herkunftsstaaten“ sind. Gerade die AfD, welche mit 11% den Einzug in den bayerischen Landtag geschafft hat, wird diesen wie auch schon den Bundestag sowie die restlichen 14 Landesparlamente in denen sie bereits vertreten ist, als Bühne für ihre rassistische und nationalistische Hetze gegen Migrant_Innen, Refugees und Linke benutzen, um sowohl CSU als auch Freie Wähler noch weiter nach rechts zu drücken. Obwohl die CSU versucht hat, ihre Wähler_Innen zu halten, indem sie noch rechtere Positionen von der AfD übernommen hat, konnte letztlich nur die AfD selbst davon profitieren.

 

Warum ist die SPD so krass abgestürzt?

Die größte Verliererin der Landtagswahl in Bayern ist die SPD mit gerade mal 9,6%. Traditionell ist die SPD bei Wahlen in Bayern sehr schwach, allerdings gelang es ihr in der Vergangenheit zumindest im zweistelligen Prozentbereich zu bleiben, auch wenn es auf die Politik in Bayern fast keine Auswirkungen hatte. Doch dieses Ergebnis aus diesem Jahr ist eine fast schon historische Katastrophe.

Das Ergebnis in Bayern, in den anderen Bundesländern und auch auf Bundesebene zeigt sehr deutlich, dass die reformistische Politik der SPD im Sinne des Kapitals nur eines bedeuten kann: politischen Selbstmord. Soziale Angriffe wie die Agenda 2010-Reformen oder auch Hartz IV führten dazu, dass breite Schichten der Arbeiter_Innenklasse verarmt sind und in schlecht bezahlte Jobs wie Leiharbeit, Werksverträge, Minijobs auf 450 €-Basis usw., abgerutscht sind. Aber auch Teile des Kleinbürgertums, wie z.B. Selbstständige, sind seit der Wirtschaftskrise von einem sozialen Abstieg bedroht. Diese Schichten, welche die SPD früher für sich mobilisieren konnte, wenden sich seit einigen Jahren konsequent enttäuscht von ihr ab. Viele sind auch Verlierer_Innen der Globalisierung.

Weitere soziale Angriffe wie z.B. der Abbau des Pflegesystems oder auch der Verkauf von ehemals kommunalem Wohneigentum an private Investor_Innen, welche die Mieten durch die Decke jagten, taten dabei ihr Übriges. Gerade in den ehemaligen Arbeiter_Innenvierteln in München, welche einst SPD-Hochburgen waren, musste die SPD enorme Verluste hinnehmen. Auch aufgrund der immer weiter steigenden Mieten, welche sich die vormaligen Mieter_Innen nicht mehr leisten konnten und dadurch an den Stadtrand oder in das Umland verdrängt wurden.

Während die SPD also einen Verrat nach dem anderen an ihrer ursprünglichen Wähler_Innenschaft begeht, schafft es die AfD mit ihren rechtspopulistischen Slogans genau diese Menschen einzusammeln. Hier versucht sich die AfD als Partei der „kleinen Leute“ darzustellen, dabei steht sie mit ihrer neoliberalen, sexistischen und rassistischen Politik praktisch ganz klar auf der Seite des Kapitals. Enttäuschte und prekarisierte Arbeier_innen und Selbstständige versucht sie dann damit zu ködern, indem deren soziale Ängste gegen Geflüchtete und Migrant_Innen ausgespielt werden. Dadurch entsteht nicht nur Sozialneid sondern auch ein „Wir-gegen-die“ Gefühl, welches dann der Nährboden ist, auf dem sich dann auch offene Faschist_Innen recht wohl fühlen. Chemnitz hat uns gezeigt, welche braune Scheiße aus diesem Nährboden erwachsen kann.

 

Gibt es neue Hoffnung durch die Wahlerfolge der Grünen?

 Die Tatsache, dass die Grünen schon jetzt mit einer Koalition mit der CSU liebäugeln zeigt uns schon, dass wir von den Wannabe-Ökos nicht viel erwarten können. Dabei konnten die Grünen ein beachtliches Ergebnis bei der Landtagswahl einfahren. Ganze 17,5% erreichte die einstige Öko-und Friedenspartei, wobei sie sich von diesen Prinzipien schon seit langem verabschiedet hat. Vom Image der Friedenspartei wurde sich schon 1999 mit der Zustimmung zum Jugoslawienkrieg verabschiedet. Damit wollten die Grünen dem deutschen Kapital gleichzeitig ganz praktisch beweisen, dass man „regierungsfähig“ sei.

Am Image der Ökopartei versuchen sie immer noch fest zu halten, was aber nicht so ganz gelingt. So waren es die Grünen, welche zusammen mit der SPD in NRW vor zwei Jahren der Rodung der restlichen 200 m² des Hambacher Forstes durch RWE zustimmten und auch in Baden-Württemberg, wo ein grüner Ministerpräsident seit inzwischen sieben Jahren regiert, ist man sich nicht zu schade, vor der Autoindustrie beim Thema „Fahrverbote für alte, umwelt- und gesundheitsschädliche Dieselautos“ einzuknicken.

In Bayern haben die Grünen ihre meisten Zugewinne übrigens von ehemaligen CSU-Wähler_innen bekommen, die nicht ganz so weit nach rechts gehen wollten. Dieser Sprung ist hier auch gar nicht so groß, denn auch die Grünen stehen für eine rassistische Abschiebepolitik – das Ganze müsse dabei nur möglichst „human“ ablaufen. Wir fragen uns an dieser Stelle, wie man denn ganz „human“ Schutzsuchende in Kriegsgebiete, politische Verfolgung oder Armut zurückschicken kann.

 

Was macht eigentlich die Linkspartei?

 Ausnahmsweise mal wenig überraschend ist das Ergebnis der Linkspartei in Bayern. Erst zum dritten Mal angetreten, konnten sie gerade einmal 3,2% holen und verpassten damit erneut den Einzug in den bayerischen Landtag. Dies hat mehrere Gründe:

Zum einen ist die Linkspartei in Süddeutschland traditionell schwach (in Bayern wie auch in Baden-Württemberg kam man selten auch nur in die Nähe der 5%-Hürde), zum anderen können sie kaum auf Verankerung in der Arbeiter_Innenklasse zurückgreifen. Letzteres liegt vorwiegend daran, dass die SPD seit Jahrzehnten die Gewerkschaften unter ihrer politischen wie ideologischen Kontrolle hat und somit eine zweite, reformistische Partei eigentlich überflüssig ist.

Andererseits hat es die Linkspartei, in Bayern wie auch auf Bundesebene, nicht geschafft, eine klare und linke Alternative darzustellen, um von der Unzufriedenheit der breiten Masse der SPD-Anhänger_Innen profitieren zu können. Auch der seit längerem schwelende Führungsstreit innerhalb der Linkspartei macht diese nicht gerade attraktiver.

Doch auch die restliche, radikale Linke ist nicht in der Lage, die Leute für sich zu gewinnen. Neben den üblichen politischen Scharmützeln, welche man sich szeneintern gerne liefert, ist die (radikale) Linke sowohl in Bayern wie auch im restlichen Land nicht ansatzweise fähig, sich gemeinsam gegen den gesellschaftlichen Rechtsruck zu organisieren. Es fehlt dabei an gemeinsamen Aktionen und kontroversen Diskussionen über die Perspektive der bestehenden Kämpfe.

 

In Bayern gibt`s doch aber gerade auch viele Proteste! Wie können diese Potentiale für den emanzipatorischen Kampf genutzt werden?

 Dass mit einem Kreuzchen auf dem Wahlzettel alle vier Jahre noch nicht viel erreicht ist, haben auch in Bayern in den letzten Monaten 10 000 Menschen gemerkt. Massendemonstrationen gegen die AfD, gegen das neue Polizeiaufgabengesetz oder gegen Abschiebungen haben gezeigt, dass es etliche Menschen gibt, die bereit sind zu kämpfen. Auch im Bundesgebiet waren zuletzt in Großdemos wie #Unteilbar oder gegen die Rodung des Hambacher Forstes mehrere hunderttausend Menschen auf den Straßen! Wenn wir diese Potentiale nutzen wollen, um tatsächlich etwas zu reißen, müssen wir diese Kräfte miteinander verbinden. Die Aktionen waren super aber aktuell auch noch eher symbolisch. Wir brauchen Aktionskonferenzen mit Vertreter_innen aller Proteste, um eine tatsächliche Bewegung daraus zu starten. Gemeinsam können wir unsere Kräfte bündeln und auch verhindern, dass sich offen bürgerliche Kräfte reinzecken und die Proteste für ihre Politik vereinnahmen. Eine solche Bewegung braucht, um erfolgreich zu sein, eine antikapitalistische Perspektive, denn rassistische Hetze, soziale Spaltung, die Verschärfung der Repressionsmaßnahmen sowie Klima- und Umweltzerstörung haben eine gemeinsame Ursache.

Nur ein vereinter Kampf gegen dieses System und seine Auswirkungen kann letztendlich dazu führen, dass wir nicht nur die Regierung in Bayern und in Deutschland stürzen, sondern dies kann auch der Auftakt zu einer Gegenbewegung gegen das System als Ganzes werden. Deshalb rufen wir nicht nur alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf, sich an unserem Kampf zu beteiligen, sondern auch alle anderen Organisationen der Arbeiter_Innenklasse. Nur gemeinsam können wir erfolgreich sein.