JIN JIYAN AZADΖ die Flamme der Revolution im Iran brennt weiter!

Von Pauline P., September 2023

Der Mord an der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini durch die „Sittenpolizei“ jährt sich heute zum ersten Mal. Er war der Funke, der das Feuer einer neuen Massenbewegung im Iran entfachte. Seither versucht das diktatorische, islamistische Regime, die Proteste im Blut zu ertränken. Mit über 500 Ermordungen, über 20.000 Festnahmen und öffentlichen Hinrichtungen versuchen die bewaffneten Kräfte der Staatsmacht, die Massen einzuschüchtern – die Bewegung im Keim zu ersticken und die Anhänger_Innen des Regimes zu stärken. Aus Angst vor einer Masse, die mehr und mehr revolutionären Charakter annimmt, gehen die Repressionen immer weiter und erkämpfte Fortschritte werden wieder rückgängig gemacht. So marschiert und fährt die Sittenpolizei wieder durch die Straßen Irans und die Strafen bei Verstößen gegen die Kleidervorschriften werden sogar erhöht. Auch heute – am Todestag Aminis – fürchtet sich das Regime vor einem erneuten Aufflammen der Proteste. Das Polizeiaufgebot in den Städten ist verdoppelt und im Vorhinein wurden 6 Personen festgenommen, die Proteste geplant haben sollen. Auch wenn es auf den Straßen wieder ruhiger geworden ist, das Feuer brodelt weiterhin unter der Oberfläche. Das Regime kann zwar die Proteste niederschlagen – das erwachende Bewusstsein der Menschen und die Ursachen für die revolutionäre Erhebung von Millionen können sie aber nicht aus der Welt schaffen. Denn es ist das reaktionäre, ausbeuterische, frauen- und menschenfeindliche Regime selbst – die spezifische Mischung aus Kapitalismus, Nepotismus und islamistischer Diktatur, die immer wieder den Widerstand hervorbringen wird, den sie mit aller Gewalt – und letztlich nur noch mit Gewalt – blutig unterdrückt.

Von bürgerlichen Protesten zum bewussten Klassenkampf

 Seit 2017 hat sich eine Sache grundlegend geändert: Während vorher, auch bei der sogenannten grünen Revolution im Jahre 2009, vor allem die städtischen Mittelschichten die Basis der Massendemonstrationen bildeten, so ist heute vor allem die Arbeiter_Innenklasse Trägerin des Kampfes. Seit einem Jahr allen voran Frauen, Studierende, die Jugend sowie die unterdrückten Nationalitäten. Die Hoffnungen und Illusionen in den „reformorientierten“ Teil des Regimes sind bei den Massen verflogen. Soziale Fragen rücken in den Vordergrund. Und dies ist ein Fortschritt, der sehr zu begrüßen ist.  Ein Fortschritt mit dem Potential, das Blatt ein für alle mal zu wenden. Denn langsam wird immer mehr klar, dass iranischer Kapitalismus und islamistisches Regime von Anfang an eng miteinander verbunden waren und nur gemeinsam bekämpft werden können.

Das islamistische Mullahregime

Die Unterdrückung der Frauen gehörte von Beginn an zur politischen DNA des islamistischen Regimes. Der Sieg von Khomeini und den Mullahs bei der iranischen Revolution in den 1970ern bedeutete für alle Frauen im Iran eine Katastrophe. Die Elemente formaler Gleichheit, die unter dem Schah errungen und in den ersten Monaten der Revolution faktisch sogar ausgeweitet worden waren, wurden rigoros abgeschafft. Natürlich hatten Khomeini und die Mullahs die Frauenunterdrückung und das Patriarchat nicht erfunden, sie institutionalisierten sie jedoch im extremen Ausmaß. Die Scharia, als islamisches Gesetz, wurde zu deren rechtlich-ideologischer Grundlage, welche Frauen auf verschiedensten Ebenen unterdrückt, entrechtet und schikaniert. Die extreme Form der Entrechtung seit Beginn der Mullahherrschaft ging mit einer widersprüchlichen Entwicklung der Lage der Frauen im Bildungswesen und in der Arbeitswelt einher. Heute gibt es im Iran rund 4,5 Millionen Studierende, eine für ein halbkoloniales Land beachtliche Zahl und Quote. Fast jede/_r zweite Studierende ist eine Frau. Dies spiegelt den Versuch des Mullahregimes wider, nach der Machtergreifung eine staatskapitalistische Industrialisierung voranzutreiben, was sich auch im Zwang, vermehrt Frauen als Lohnarbeiterinnen zu beschäftigen oder professionell zu qualifizieren, ausdrückt. Somit entstand im Iran einerseits eine sehr qualifizierte Schicht von Frauen, die zugleich weiter politisch und kulturell entrechtet blieb. Über Jahre versprach das Regime den Frauen und der Jugend im Gegenzug für soziale Unterdrückung Jobs, Einkommen und sogar einen gewissen Aufstieg. All das entpuppte sich nach anfänglichen ökonomischen Erfolgen in den 1990er Jahren mehr und mehr als Fiktion. Die neoliberalen Reformen und Privatisierungen des letzten Jahrzehnts, vor allem seit dem Einbruch 2012/13, verschlechterten die Lage weiter. Für die Frauen und die Jugend sieht die Zukunft düster aus. Die Arbeiter_Innen bilden mittlerweile die zahlreichste Klasse der iranischen Gesellschaft. Zugleich lebt ein großer Teil dieser Klasse heute in Armut. Für die Lohnabhängigen repräsentierte die Diktatur der Mullahs immer eine brutale Herrschaft der Ausbeuter_Innen. Proletarische, aber auch junge, akademisch gebildete Frauen trifft dies besonders. Die Hindernisse auf dem Arbeitsmarkt sind beachtlich. Das verdeutlicht auch die Arbeitslosenquote von Frauen mit offiziell 18,96% im Jahr 2021, die fast doppelt so hoch ist wie jene der Männer (9,89%). Noch höher liegt sie bei Jugendlichen – und das heißt insbesondere auch bei jungen Frauen – mit 27,21%. Mit fast 89% extrem stark von Arbeitslosigkeit – und damit von Armut – betroffen ist die ohnedies stigmatisierte Gruppe von alleinerziehenden Frauen. Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielfältig. Einerseits natürlich die Inflation und die ökonomische Stagnation selbst, die die gesamte Klasse der Lohnabhängigen betrifft. Zweitens ziehen viele, natürlich männliche Unternehmer, vor, junge Männer statt Frauen zu beschäftigen, selbst wenn diese z. B. einen weit besseren Hochschulabschluss vorweisen. Darüber hinaus nutzen Unternehmen bewusst die reaktionäre Gesetzgebung, um gewerkschaftlich aktive oder einfach Widerstand leistende Arbeiterinnen unter dem Vorwand „unislamischen“ Verhaltens oder „unsittlicher“ Bekleidung zu entlassen.

Unterdrückungsformen können nur mit dem Kapitalismus zusammen untergehen!

All dies verdeutlicht, wie eng der Kampf gegen Frauenunterdrückung mit dem gegen Ausbeutung verbunden ist und einen essentiellen Teil des Klassenkampfes bildet, da Frauen im Kapitalismus durch die ins Private gedrängte Reproduktionsarbeit doppelt ausgebeutet werden und die Existenz des Kapitalismus dieser Reproduktion bedarf. Die Verbesserung der Lage der Massen – und insbesondere der Frauen und der unterdrückten Nationen – ist unmöglich, ohne die Profite, den Reichtum, die Privilegien, das Privateigentum der herrschenden Klasse im Iran anzutasten. Ihre Unterdrückung mag unter einer anderen bürgerlichen Herrschaftsform oder einer anderen Elite allenfalls elastischere Formen annehmen (und selbst das ist keineswegs sicher). Eine politische Kraft, die konsequent die Interessen der lohnabhängigen Frauen, der Student_Innen und Arbeiter_Innenklasse insgesamt zum Ausdruck bringt, muss mit allen unterdrückerischen Klassen und ihren Parteien brechen. Und das heißt zuerst, sie darf ihre Ziele nicht auf rein demokratische, rein bürgerliche beschränken. Entscheidende gesellschaftliche Fragen müssen mit der Enteignung des Kapitals und der Errichtung einer demokratischen Planwirtschaft verbunden werden. Ansonsten wird das Proletariat – unabhängig vom Geschlecht – weiter eine Klasse von Ausgebeuteten bleiben. Entscheidend ist außerdem internationale Solidarität mit den Kämpfen im Iran und der gemeinsame Aufbau von Massenbewegungen, um den Kapitalismus und mit ihm auch die Frauenunterdrückung weltweit zu schlagen!




Die Radikalisierung der Querdenkenbewegung.

von Felix Ruga

Kannst du dich erinnern? Vergangenen
März, bald ein Jahr ist es her, gab es in einigen Städten
sogenannte „Hygiene-Demos“, bei denen sich meist kaum hundert
Leute versammelt haben. Es ging vor allem darum, sich gegen die
Einschränkung der Versammlungsfreiheit genau diese zu nehmen.
„Hygiene“ hieß damals, dass man dabei Abstand hielt, nur in
kleinen Gruppen war und später dann auch Maske trug, weil man sich
über die Ansteckungsgefahr bewusst sei, jedoch trotzdem
demonstrieren wolle. Auch schon damals war es ein Sammelbecken
verschiedenster Strömungen, zunächst vor allem
Menschenrechtler_Innen und Verschwörungsideolog_Innen, später kamen
dann auch Nazis dazu und verdrängten dabei Stück für Stück alle,
die ein Problem mit ihnen haben könnten.

Seit einigen Monaten zeichnet sich ein
grundlegend anderes Bild: Neben einigen ursprünglichen Symboliken
wie Regenbogen, Frieden und Grundgesetz, gibt es jetzt zunehmend
Reichsflaggen, Nazi-Ordner, militantere Ausschreitungen wie in
Leipzig Anfang November, Ablehnung von Hygienekonzepten und eine
klare Verschiebung des Inhalts zu: Corona-Lüge – Neue Weltordnung
– Lügenpresse – Coronadiktatur – BRD-GmbH – Illuminaten –
Trump – Deutschland – Volk. Die Radikalisierung nach rechts ist
unübersehbar, doch woher kommt sie? Wer treibt sie nach rechts? Und
was können wir tun, damit die Querdenker_Innen zurückgedrängt
werden?

Querdenken driftet zwar nach rechts,
bleibt aber heterogen

Zunächst ist es wichtig, anzuerkennen,
dass die gesamte „Querdenken-Bewegung“ und alles, was sich darum
gruppiert, weiterhin heterogen ist und sich darin viele Menschen
tummeln, die politisch eigentlich normalerweise nichts miteinander zu
tun haben. Diese Gegensätzlichkeiten werden zumindest während der
großen Aktionen hintangestellt. Doch das heißt keineswegs, dass
diese Strömungen wie in Stein gemeißelt und voneinander isoliert
sind. Es gibt weiterhin Machtkämpfe darum, wie klar man z.B. eine
rechte Ausrichtung nach außen trägt, nachdem es jetzt schon mal
klar ist, dass man Nazis mitlaufen lässt. Rechte versuchen ständig,
Menschen auf ihre Seite zu ziehen, indem sie großflächig in der
Bewegung intervenieren: Auf Aktionen halten sie Reden, verteilen
Flyer, moderieren auf der Bühne, machen sich durch ihre Mitarbeit zu
unerlässlichen Partner_Innen, in den vielen Chat-Kanälen machen sie
Stimmung und verbreiten ihr Gedankengut. Weniger nationalistische
Kräfte, die sich vielleicht mehr auf das Grundgesetz als auf
Deutschland beziehen, versuchen, ihre Sicht der Dinge zu verteidigen,
geben dabei in Rhetorik und Argumentation aber auch oftmals nach. Das
Gesamtbild ist zwar noch recht heterogen, doch es gibt diverse
Punkte, die Querdenken anschlussfähig für rechte Ideologien machen
und ein Einfalltor dafür darstellen.

Ein wichtiger Aspekt für
Radikalisierung ist es, dass zunächst verhältnismäßig moderate
Einstellungen bestimmte Fragen aufwerfen, die man eigentlich zu
beantworten hat, wenn man ein geschlossenes Weltbild haben möchte.
In dem Fall ist diese zunächst die Aussage: Corona ist eigentlich
gar nicht so schlimm und die Regierung verhält sich da komplett
übertrieben. Darauf folgt die Frage: Ok, aber warum macht die
Regierung das, wenn es doch eigentlich gebildete Leute sind? Dazu
könnten die Leute sich jetzt auf parlamentarische und
gesellschaftliche Komplexitäten beziehen, aber viel öfter wird es
deutlich einfacher beantwortet: Die Regierung, Presse und sonstige
Eliten lügen uns mit Absicht an, weil sie damit einen großen Plan
verfolgen, zum Beispiel eine „Corona-Diktatur“ einzuführen oder
mit Zwangsimpfungen Bill Gates reich zu machen oder sowas. Damit
landet man relativ schnell schon bei verschwörungsideologischen
Inhalten.

Es wächst zusammen, was
zusammengehört: Verschwörungsideologien und Rechtsextremismus

Verschwörungsideologien sind meist auf
eine Art und Weise gestrickt, dass einige zentrale Charakteristika
mit rechtsextremen Ideologien gut zusammenpassen. Zuerst wäre dabei
der gesellschaftliche Grundwiderspruch gleich: Es ist das (deutsche)
Volk, was gegen den Staat und die Eliten aufbegehren muss, weil diese
lügnerisch, unanständig oder fremdgesteuert sind. Wer dieser Elite
nun konkret angehört, wird passend konstruiert und unterscheidet
sich teils deutlich je nach dem, wen du fragst. Manchmal sind es
politische Mächte wie die „linksgrünen Meinungsdiktator_Innen“
oder „undeutsche“ Politiker_Innen, aber meistens eher versteckt
handelnde Intrigant_Innen wie die Rothschilds, Freimaurer_Innen,
Illuminat_Innen, die Besatzungsmacht in der BRD-GmbH oder
irgendwelche bösen Einzelpersonen wie Bill Gates oder Georg Soros.
Zwar sind hiervon einige Jüd_Innen, aber selten wird offen gesagt,
dass es hierbei um Jüd_Innen im Allgemeinen ginge. Es ähnelt dem
Antisemitismus jedoch in dem Aspekt sehr stark, dass wir angeblich
eine eigentlich intakte (deutsche) Gesellschaft haben, diese jedoch
durch eine außenstehende Kraft vergiftet werde, die wir nur
ausmerzen müssten, dann sei wieder alles ok.

Wer zu der „Elite“ oder zum „Volk“
gehört, wird weder bei Rechten noch bei klassischen
Verschwörungsideolog_Innen an die Klassenzugehörigkeit gebunden.
Das ist ein typisches Merkmal für kleinbürgerliche Bewegungen, also
jenem Teil der Gesellschaft, der zwischen den Hauptklassen
(Arbeiter_Innen und Kapitalist_Innen) steht, z.B. kleine
Solo-Selbstständige, Laden- oder Restaurantbesitzer_Innen. Den
Standpunkt, den man vertritt, wird auch nicht als Teil einer Klasse
dargestellt, sondern als die Interessen „der Deutschen“ oder „der
Menschen“, weil man als Zwischenklasse Schwierigkeiten hat, eine
eigenständige Position zu finden. Beispiel: Auf der einen Seite will
man nach unten seinen Reichtum verteidigen, auf der anderen Seite
nicht von oben durch anderen Reichtum verdrängt werden. Wie soll man
da Klarheit zum Schutz von Eigentum finden? Also spricht man lieber
nicht drüber. Trotzdem scheint es bei Querdenken oft durch, wessen
wirtschaftliche Notlage ein besonderes Problem ist: Gegen die
Schließung der kleinen Betriebe wird die Aufhebung des Lockdowns
gefordert. Über Massenentlassungen bei Galeria oder Lufthansa oder
gar über die Kurzarbeit wird selten gesprochen.

Eine Sache, die die Rechten aber den
klassischen Verschwörungsideolog_Innen voraushaben, ist es, dass sie
direkt noch eine politische Perspektive parat haben, wie man die
Bewegung zum Sieg führt: Wir befinden uns schon seit Jahren in einem
Rechtsruck und es gibt einige Parteien und Personen im rechten Lager,
die Öffentlichkeit haben und die man jetzt nur weiter pushen muss,
damit sie der Corona-Politik ein Ende setzen. Neben dem
parlamentarischen Weg z.B. durch die AfD, gäbe es natürlich noch
das „Führer-Prinzip“, in dem ein starker Mann jetzt dafür
sorgen solle, dass die Ordnung wiederhergestellt werde. Durch diese
Perspektive können sie die Bewegung als Ganzes immer weiter nach
rechts treiben. Doch wer treibt da genau nach rechts? Eine kleine
Auswahl der wichtigsten rechten Kräfte folgt im nächsten Kapitel.

Who Is Who der rechten
Querdenker_Innen

AfD: Nachdem die
Euro- und Geflüchtetenthematik etwas an Zugkraft verloren haben,
versuchen nun Teile der AfD bei den Corona-Skeptiker_Innen zu landen.
Wobei sich diese Haltung
erst im Laufe des Jahres ergab. Zu Beginn der Pandemie rief man, nur
um die Regierung als unfähig dastehen zu lassen, noch nach
schärferen Maßnahmen und schnellerem Eingreifen. Bei allem,
was die AfD so macht, lässt sich immer wieder das gleiche Muster
finden: Sie präsentieren ihre Meinung durch unbequemes Auftreten als
besonders antielitär, vertreten dabei eigentlich aber nur in einem
aggressiven Ton einen Teil des Kapitals. Nun vertreten sie eben das
Kapital, das gerade sehr unter den Maßnahmen ächzt, aber eigentlich
genauso wenig das Interesse der Massen im Sinn hat wie jenes, das
diese Maßnahmen noch ok findet. Funktioniert bislang nur mäßig,
die Partei ist tief zerstritten.

Faschist_Innen: Hier
gibt es einige Kräfte (III.Weg, NPD, Reichsbürger_Innen, kleinere
Gruppen…), die sich teilweise in der Bewegung befinden, teilweise
jedoch das friedliche Auftreten von Querdenken ablehnen und eine
Spaltung suchen. Sie reden zwar auch von Frieden und Freiheit, aber
eher in dem Sinne, dass sie Freiheit für Deutschland (vom äußeren
Feind, s.o.), vielleicht auch durch Abschaffung der parlamentarischen
Demokratie, fordern und dass es dann erst Frieden für das deutsche
Volk gäbe. Die Faschist_Innen sind meist auch jene, die die
Reichsflaggen mitschleppen, um sich positiv auf das „freie
Deutschland“ in Form des Kaiserreichs zu beziehen.

QAnon: Da es sich
hierbei eher um eine US-amerikanische Internetbewegung handelt, ist
es schwierig, den Einfluss auf Deutschland einzuschätzen, aber man
sieht auf Querdenken-Protesten viel Symbolik: ein simples Q oder die
Abkürzung WWG1WGA („Where We Go One We Go All“; so viel wie
„alle für einen, einer für alle“) oder die Glorifizierung von
Trump. Es ist eine Art „Verschwörungsideologie zum Mitmachen“,
bei der eine angebliche Person aus dem Elitenkreis auf Reddit oder
4Chan kryptische Fragen stellt und die Leute sollen selbst im
Internet auf die Suche nach den Antworten gehen. Ergebnis dieser
Suche ist es, dass praktisch alle bekannteren Personen Satanist_Innen
seien, die sich durch das Essen von Kindern ewiges Leben verschaffen
wollen. Diese stecken alle unter einer Decke und kontrollieren das
Weltgeschehen. Und um nun auch die Menschen zu kontrollieren, soll
durch 5G und Chips, die beim Impfen eingepflanzt werden,
Gedankenkontrolle möglich werden. Vorkämpfer gegen die
satanistischen Eliten ist Donald Trump, der uns wieder in eine
anständige und gottesfürchtige Gesellschaft führen soll. Die
Wesensähnlichkeiten zum Faschismus (Antisemitismus, konservatives
Gesellschaftsideal, Führer-Prinzip, Bewegungscharakter…) sind
nicht zu übersehen.

und was machen wir jetzt?

Spätestens seitdem sich im großen
Stil Rechte unter die Querdenker_Innen gemischt haben, werden die
Aktionen auch immer von antifaschistischen Gegenprotesten begleitet.
Und das ist gut so, sie sollen wissen, dass wir sie nicht wollen und
wir müssen uns dagegen organisieren und vernetzen! Doch wird das
wohl allein nicht ausreichen. Der gesellschaftliche Nährboden von
Querdenken ist massenhafte Unzufriedenheit von Arbeitslosen,
Kurzarbeiter_Innen, vom Abstieg Bedrohten, während der Krise
Alleingelassenen. Querdenken ist dabei der einzige Pol, in dem sich
diese Unzufriedenheit entladen kann, obwohl es ihnen kaum mehr als
eine „Rückkehr zur Normalität“ versprechen kann, die wegen der
Wirtschaftskrise sicherlich nicht durch ein Ende des Lockdowns zu
erreichen ist, denn die Krise wird weitergehen, mit oder ohne Corona!

Wir müssen eine eigenständige
Antikrisenbewegung aufbauen, die dazu im Stande ist, eigene
Forderungen aufzuwerfen und durchzusetzen. Diese muss es sich zum
Ziel machen, dass die Lebensumstände aller Menschen gesichert sind
und zwar durch ein Verbot von Jobstreichungen und hohe
Sozialleistungen auf Kosten der Reichen und Krisengewinner_Innen! Um
die Versorgung und Pflege der Menschen abzusichern, muss der
Gesundheitssektor und die Pharmaindustrie enteignet werden. Corona
muss entschlossen und nachvollziehbar angegangen werden, ohne dabei
nur einseitig unsere Freizeit einzuschränken, aber keine Hand an die
Wirtschaft zu legen! Diese und weitere wichtigen Forderungen findet
ihr unserem Corona-Programm! Wenn wir statt Verschwörungsideologien
und leeren Versprechen der Normalität eine sichtbare Perspektive auf
ein gutes Leben aufwerfen, können wir Querdenken und all die Rechten
mit ihnen hinwegfegen!




Pro Choice: Für die Selbstbestimmung über den eigenen Körper!

Leila Chang, Revolution Deutschland, Fight, Revolutionäre Frauenzeitung Nr. 8, März 2020

In den letzten Jahren gab es immer wieder massive Angriffe auf Abtreibungsrechte von Frauen. Hinzu kommen die Verabschiedungen harter Abtreibungsgesetze, die jahrelang erkämpfte Reformen rückgängig machten. Ein Beispiel dafür ist der am 15. Mai 2019 beschlossene „Human Life Protection Act“ des US-amerikanischen Bundesstaates Alabama. Auch wenn diese Einzelstaatenregelung durch Bundesgesetz gebrochen werden kann, verkörpert sie doch Druck auf jene. Bei diesem Antiabtreibungsgesetz handelt es sich um eines der härtesten weltweit. So soll eine Frau nur noch bei eigener Lebensgefahr abtreiben dürfen. „Strafbar wären demnach auch Abtreibungen nach Vergewaltigung oder Inzest.“ (siehe Tagesschau, 29.10.2019) Ein Arzt oder eine Ärztin, die solch einen Eingriff durchführt, könnte demnach bis zu 99 Jahre Gefängnisstrafe bekommen. Nach internationalem Protest wurde dieses Gesetz zwar Ende Oktober vom obersten US-Gerichtshof gestoppt. Dennoch zeigt es, in welchem Ausmaß die Angriffe auf körperliche Selbstbestimmung und Frauenrechte in unserer kapitalistischen Weltordnung stattfinden. Doch warum ist das so?

Ursachen

Hier spielen mehrere Faktoren zusammen. Der Kapitalismus profitiert von sozialen Unterdrückungen. Zum einen spaltet er die Arbeiter_Innenklasse beispielsweise nach Geschlechtern, Nationen, Sexualität oder Alter. Das verringert den Zusammenhalt innerhalb der Klasse. Zum anderen gewinnen die Kapitalist_Innen dadurch Profite. Zudem festigen sie beispielsweise die bürgerliche Familie.

Diese ist für die herrschende Klasse wichtig, weil sie die Vererbung ideologisch stützt. Große Mengen an Geld, Besitz an Produktionsmitteln und zusätzliches Kapital (z. B. in Form von Aktien) werden stets an die Kinder vererbt, um das Geld „in der Familie“ zu behalten, so ähnlich wie Adelstitel in der Zeit der Feudalherrschaft vererbt wurden. Der Fortbestand dieser ist also in ihrem Interesse, auch wenn Frauen in privilegierten Positionen oftmals die Möglichkeit haben, sich „freizukaufen“.

Das hat aber auch Auswirkungen auf die Arbeiter_Innenklasse. In der Regel hat diese wenig zu vererben. Hier greift aber das Interesse der Kapitalist_Innen an immer mehr Nachwuchsarbeitskräften, die für sie arbeiten. Gleichzeitig festigen solche rückschrittlichen Verbote auch die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in der Familie. Denn mit ihr gehen auch repressive Sexualmoral, Geschlechternormen, Einschränkungen der Kontrolle über den eigenen Körper, Zwangsgeburten von Kindern usw. einher. Kurz gesagt: Die repressiven frauenfeindlichen Strukturen werden so auch in der ArbeiterInnenklasse reproduziert.

Privatisierung der Reproduktion

Ebenso entscheidend ist die Verlagerung der Reproduktion in die individuelle Familie. So konnten in imperialistischen Kernländern einige Liberalisierungen durchgeführt werden. Mit der Notwendigkeit, höher qualifizierte Arbeitskräfte auszubilden und in den Produktionsprozess einzubinden, sowie Durchsetzung von Sozialversicherungsrentensystemen stützt sich das Überleben im Alter in der Arbeiter_Innenschaft immer weniger auf eigene Kinder. Bildungsreformen und Integration von Frauen in Fabrik und Büro gingen damit Hand in Hand. Deswegen konnten hier Lockerungen erzielt werden, auch wenn es aufgrund der sinkenden Geburtenrate wie in Deutschland in Ordnung ist, ein Abtreibungsgesetz aus dem Dritten Reich zu behalten- wenn auch ein modifiziertes.

Im Kontrast dazu stehen die Verhältnisse in Halbkolonien und Schwellenländern. Dort sind die eigenen Kinder meist „die“ Rentenversicherung schlechthin. Kein Wunder, dass Abtreibungsverbote hier viel schärfer ausfallen.

Es geht also beim Antiabtreibungsmythos nicht um das Wohl ungeborener Kinder. Sondern vielmehr um den Erhalt einer patriarchalischen, Jahrtausende alten Gesellschaftsordnung mit dem Ziel, viele billige Arbeitskräfte für die Zukunft zu schaffen, Kapital innerhalb der kapitalistischen Familie zu vererben und Kosten bei der Reproduktion insgesamt zu sparen. So ist es kein Zufall dass in Zeiten der Krise, wo versucht wird, viele der Kosten auf die Arbeiter_Innenklasse auszulagern, sich die Angriffe auf Abtreibungsrechte verstärken. Vor allem Rechtspopulist_Innen und religiöse Fundamentalist_Innen nutzen diese auch, um die Rolle der bürgerlichen Familie, die wichtig für sie ist, zu stärken.

Protestbewegungen gegen diese Angriffe

Auf der ganzen Welt gibt es heutzutage feministische Organisationen und Demonstrationen. Die Bewegung der jährlichen „Marches of Choice“ ist dafür nur ein Beispiel. Diese bekämpfte das rückschrittliche Abtreibungsgesetz in Irland, welches das strengste Europas war. Selbst nach Vergewaltigungen, Inzest oder bei einem kranken Fötus waren Schwangerschaftsabbrüche strafbar. Als Folge mussten jedes Jahr tausende Frauen nach Großbritannien reisen, um Abtreibungen durchführen zu lassen. 2012 verstarb dann die 31-jährige Savita Halappanavar an den Folgen einer zu spät vorgenommenen Abtreibung, die eine Blutvergiftung zur Folge hatte. Ihr war die Abtreibung trotz ärztlicher Empfehlung verweigert worden. So wurde 2014 eingeführt, dass Schwangerschaftsabbrüche bei der Gefahr des Lebens einer Frau durchgeführt werden durften. Weitere Proteste erzwangen ein Referendum. Nach dessen Erfolg und einer Volksabstimmung, die mehrheitlich für ein neues Abtreibungsgesetz stimmte, akzeptierte das irische Parlament 2018 ein Gesetz, das legale Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche und bei bestimmten medizinischen Gründen auch später ermöglicht.

Ein weiteres Beispiel ist die deutsche Bewegung gegen die Paragraphen 218 und 219, die aus dem Dritten Reich stammen. Zuerst einmal scheint es fortschrittlich, dass Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften Woche, unter bestimmten Umständen auch länger, erlaubt sind. Doch es ist nicht so einfach. Schwangerschaftsabbrüche sind nur unter bestimmten Bedingungen straffrei. Zudem gibt es nicht überall flächendeckende Abtreibungseinrichtungen, v. a. im ländlichen Raum. Kirchliche Träger verweigern den Eingriff und Abtreibungen sind nicht fester Bestandteil der Arztausbildung. Auch ist es in Deutschland für Ärzte/Ärztinnen verboten, offizielle Informationen darüber online zu stellen, weil es als „Werbung“ gilt. Ebenso ist gesetzlich festgeschrieben, dass Frauen vorher ein ärztliches Gespräch führen müssen mit dem Hintersinn, die Abtreibung nicht durchführen zu lassen. Gegen diese Einschränkungen gibt es seit Jahren Demonstrationen. Im Februar 2018 war es schließlich so weit, dass mehrere Gesetzesentwürfe zur Aufhebung der Artikel entstanden. Jedoch wurden sie allesamt von der Großen Koalition trotz Versprechen der SPD abgelehnt. Tausende Frauen beteiligen sich in den letzten Jahren an den Demonstrationen, auch wenn bisher keine Veränderung erreicht wurde.

Beide Beispiele stehen hier nur stellvertretend für hunderte von anderen Frauenbewegungen weltweit. Ob Polen, Spanien, Argentinen: der Kampf um die Selbstbestimmung über den eigenen Körper ist allgegenwärtig. Trotzdem wurden bisher nur eingeschränkte, regionale Erfolge erreicht. Deswegen müssen wir uns fragen, wie wir erfolgreich für das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper kämpfen können.

Arbeiter_Inneneinheitsfront für freie Abtreibung

Statt nur auf Angriffe zu reagieren, müssen wir selbst Verbesserungen erkämpfen. Deswegen muss der Kampf für das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper damit verbunden werden, dass wir für kostenlose Abtreibungen und Verhütungsmittel eintreten oder, dort wo nicht vorhanden, für staatliche Krankenversicherungen. Um das zu erreichen müssen wir die Organisationen der Arbeiter_Innenklasse klar auffordern für diese Kampagne einzutreten und zu mobilisieren.

Gewerkschaften beispielsweise waren für die Arbeiter_Innenklasse schon seit Beginn des Klassenkampfes eine Möglichkeit, sich zu organisieren und für ihre Rechte einzutreten. Mit Streik als Mittel können sie ökonomischen und politischen Druck aufbauen. Ein erster Schritt dahin wäre beispielsweise: Die Betriebsräte könnten dazu Betriebsversammlungen einberufen, wo diese Frage diskutiert wird. Im Rahmen von Aktionstagen und für die Durchführung eines politischen Streiks gegen die Gesetze wäre es wichtig, Streik- und/oder Aktionskomitees zu gründen, die vor Ort mobilisieren.

Ebenso können Gewerkschaften internationale Kooperation gewährleisten, z. B. von zentralen, internationalen Aktionstagen zum Thema Abtreibungsrechte. Dies ist wichtig, um die unterschiedlichen Protestbewegungen international zu koordinieren. Schließlich existiert die Unterdrückung nicht nur in einem Land und zusammen können wir mehr Druck aufbauen. Trotzdem bringen Gewerkschaften auch einige Probleme mit sich. Gerade in Berufen, die Dienstleistungen anbieten und oft verstärkt durch Frauen besetzt werden, organisieren sich nur wenige Arbeiter_Innen darin. Ebenso existiert eine Gewerkschaftsbürokratie, deren Interesse eher der Erhalt der eigenen Stellung ist, als Fortschritte für die gesamte Klasse zu erkämpfen. Deswegen beschränken sie sich eher darauf, ihren Frieden mit dem jetzigen System zu machen und sich auf das Feilschen um Lohn und Arbeitsbedingungen zu reduzieren. Revolutionäre Kommunist_Innen müssen sich darum für eine klassenkämpferische, antibürokratische Basisbewegung einsetzen, die der bürokratischen Spitze die Gewerkschaften entreißt, um sie zu einem Glied in den Reihen des Kampfes für den Sozialismus umzugestalten.

Daher fordern wir national und international:

  • Hände weg von unseren Körpern! Raus mit der Kirche und anderen Religionen aus Gesundheitssystem und Gesetzgebung! Für Abschaffung aller Abtreibungsparagraphen sowie der Beratungspflicht!
  • Für den flächendeckenden Ausbau an Beratungs- und Behandlungsstellen! Vollständige Übernahme der Kosten für eine Abtreibung, egal in welchem Monat, und aller Kosten für Verhütungsmittel durch den Staat!
  • Für die Abschaffung von Fristen, bis zu denen abgetrieben werden darf! Für die ärztliche Entscheidungsfreiheit, lebensfähige Kinder zu entbinden!
  • Gegen leibliche Zwangselternschaft für so geborene Kinder! Der Staat soll für sie aufkommen und sich um sie kümmern bzw. zur Adoption freigeben! Adoptionsvorrang für leibliche/n Vater und/oder Mutter, falls sie das Kind später großziehen wollen und dieses zustimmt!
  • Für den Ausbau von Schutzräumen für Opfer sexueller Gewalt, Schwangere und junge Mütter!



+++ Antifaschist in Athen ermordet +++

Pavlos Fyssas, ein 34jähriger griechischer Antifaschist, auch bekannt als Rapper „Killah P“, wurde letzte Nacht in Athen erstochen. Er war mit ein paar Freunden im Viertel Piraeus unterwegs, als ihn eine Gruppe von FaschistInnen entdeckte. Sie jagten ihn die Straße hinunter, an deren Ende zehn weitere AngreiferInnen auftauchten und Pavlos umzingelten. Kurz darauf  hielt ein Auto neben ihnen, der Fahrer stieg aus und stach ihm ein Messer ins Herz und in den Unterleib.
pavlos_fyssas_killahp_poreia
Während des gesamten Szenarios war die DIAS (griechische Polizeieinheit mit Motorrädern) anwesend, die jedoch erst einschritt, als die meisten der AngreiferInnen schon geflüchtet waren. Zwar wurde der Mörder, der sich zur neo-faschistischen Partei Chrysi Avgi („Goldene Morgenröte“)bekennt, festgenommen und hat seine Tat auch schon gestanden, der Krankenwagen erschien aber erst nach 35 Minuten und im Krankenhaus von Nikea konnte nur noch Pavlos Fyssas’ Tod festgestellt werden.

Dieser Vorfall zeigt eines deutlich: Die FaschistInnen in Griechenland machen vor nichts mehr Halt und der Staat ist auf dem Rechten Auge blind.

Kein Wunder, denn die Hälfte aller EinsatzpolizistInnen gibt offen ihre Sympathien für Chrysi Avgi zu! Bereits letzte Woche wurden in derselben Gegend schon Mitglieder der KKE (Kommunistische Partei) brutal angegriffen, alles unter Billigung der Polizei.

All das sind keine „besonders schlimmen Einzelfällen“, es ist mittlerweile Alltag in Griechenland. In öffentlichen Verkehrsmitteln, auf dem Weg nach Hause oder zur Arbeit werden linke AktivistInnen, GewerkschafterInnen und vor allem MigrantInnen bedroht, angegriffen und terrorisiert.

Obwohl es auch vorher schon deutlich genug war, zeigt Pavlos Tod, wie notwendig die Organisierung von Selbstverteidigung gegen die FaschistInnen ist. Schon als unsere Solidaritätsdelegation von REVOLUTION letzten Juli in Athen war, nahmen wir an einer überwältigenden Demonstration pakistanischer MigrantInnen teil, deren Bezirk pogromartig angegriffen wurde. Schon damals zeigten die Baseballschläger, die die DemonstrantInnen dabei hatten, dass sie um ihr Leben fürchten und bereit sind, es zu verteidigen.

Aber was tut die Linke Griechenlands? Die Meinungen sind geteilt. Einige Gruppen organisieren Demonstrationen und Antirassismus-Konferenzen, andere wiederum behaupten, die FaschistInnen verlieren immer mehr an Einfluss und seien kaum noch ernst zu nehmen. Wir nehmen eine faschistische Partei, die nach Umfragen die drittpopulärste im Lande ist, ernst. Aber noch ernster nehmen wir die Forderungen all derer, die unter ihnen zu leiden haben.

Die Zeit der moralischen Empörung und der symbolischen Demonstrationen ist vorbei!

Was wir brauchen in Griechenland sind Selbstverteidigungsstrukturen, die von allen Gewerkschaften, linken und migrantischen Organisationen und Parteien organisiert werden, allen voran SYRIZA.

Die Instanzen des bürgerlichen Staates bieten keinen Schutz mehr vor solchen Angriffen, weil sie selbst darin involviert sind. Erneut wird deutlich, dass der Kapitalismus keine Lösungen für solche Probleme bietet, weil er selbst das Problem ist!

Während in den Medien darüber spekuliert wird, ob Chrysi Avgi ein möglicher Koalitionspartner für Nea Dimokratia wäre, werden unsere GenossInnen von ihnen auf der Straße ermordet.

Seit heute morgen finden in Griechenland Demonstrationen statt, gleichzeitig gibt es eine erneute Streikwelle. Diese müssen vorangetrieben, ein unbefristeter Generalstreik muss von den Gewerkschaften organisiert und der Sturz der Regierung voran getrieben werden! Die Situation in Griechenland schreit nach einem revolutionären Umsturz und einem Ende der Knechtschaft durch die herrschende Bourgeoisie.  Alle fortschrittlichen und revolutionären Kräfte müssen die sich entladende Energie bündeln und zu Macht verwandeln. Nur so können sie den Menschen wirklichen helfen, und den Weg zu einer gerechten Zukunft ebnen!

Wir solidarisieren uns mit den AntifaschistInnen und AntikapitalistInnen in Griechenland, die auf der Straße sind um ihre Trauer und ihre Wut auszudrücken!

Wir unterstützen euch, bei euren Bestreben, diesem menschenunwürdigen System ein Ende zu machen!

ONE STRUGGLE – ONE FIGHT!

Ein Artikel von Svenja Spunck, REVOLUTION Berlin




Ausgrenzung und Befreiung in Saudi Arabien

Das Saudi-Arabische Regime hat Pläne bekannt gegeben, nach denen industrielle Zonen nur für Frauen geschaffen werden sollen, dies wird die strikte Trennung von Männern und Frauen in dem Land noch weiter verfestigen.

 

In Saudi-Arabien gibt es bereits getrennte Schulen, Universitäten, Büros, Restaurants und Eingänge zu öffentlichen Gebäuden. Frauen wird der Führerschein verweigert und sie dürfen das Haus nur in Begleitung eines männlichen Verwandten verlassen.

Gewaltsame Unterdrückung gegen Frauen, die den extrem repressiven Gesetzen in Saudi Arabien nicht folgen, ist alltäglich

Bei solch strengen Gesetzen, die bestimmen, welche Kleidung Frauen tragen dürfen, was sie tun und wohin sie gehen dürfen, ist es kein Wunder, dass nur 15% der Arbeitenden weiblich sind – obwohl 60% der Hochschulabsolvent_innen Frauen sind. Von diesen Akademikerinnen sind 78% arbeitslos – der herschende Familienclan weiß, dass dies soziale Unruhen auslösen kann.

Klingt diese extreme Ausgrenzung nicht bekannt? Durch die „Jim Crow“ Gesetze im Süden der USA gab es massive rassistische Ausgrenzung und getrennte Einrichtungen für Weiße und Schwarze unter der Floskel „Getrennt aber Gleich“. In Wahrheit waren die Einrichtungen alles andere als gleich.

Durch die Einführung von „Nur-Frauen“ Arbeitsplätzen, welche die gesellschaftliche Spaltung nur noch vergrößert, wird nichts gegen die fundamental sexistische Basis dieser Geselllschaft getan.

Diese Arbeitszonen werden nur das Recht der Männer, nämlich das Leben der Frau zu diktieren, verfestigen und gleichzeitig die Stellung der Frauen als massiv unterdrückte gesellschaftliche Schicht beibehalten.

Ähnlich wie in den 60ern in den USA müssen die saudischen Frauen Widerstand leisten gegen die Pläne, nach denen sie in Arbeitsghettos zusammengedrängt werden sollen. Sie müssen dabei von einer internationalen Solidaritäts-Bewegung unterstützt werden. Sie sollten die Gleichstellung vor dem Gesetz, das Recht auf gleiche Arbeit und das Recht auf Führungspositionen fordern.

Eine solche Bewegung aufzubauen wird keine einfache oder schnelle Aufgabe sein – trotzdem ist es unbedingt notwendig. Die Proteste während des „Arabischen Frühlings“ haben die Möglichkeit für Widerstand in der Saudi Arabischen Gesellschaft bewiesen. Der jetzige Versuch, die Geschlechtertrennung weitergehend gesetzlich zu legitimieren könnte ein Auslöser für weitere Proteste sein.

Nicht nur die Aufstände in Ägypten haben gezeigt, dass Frauen oftmals in den ersten Reihen der Revolution stehen.

Seltsamerweise sind die USA bei diesem Thema still. Der sogenannte globale Verteidiger der Freiheit ist Saudi Arabiens stärkster Verbündeter und leistet dem Regime jedes Jahr milliardenschwere Rüstungshilfe. Diese Hilfe wurde erst vor kurzem dazu genutzt den Aufstand im benachbarten Bahrain brutal niederzuschlagen – die saudische Regierung wird auch nicht davor zurückschrecken, ihre Waffen gegen die eigene Bevölkerung zu richten.

Doch die Frauen in Saudi-Arabien fürchten keine Waffen oder Bomben, wenn ihr Leben onehin in jedem Bereich von dem reaktionären Regime eingeschränkt wird. Sie werden sich von den Frauen aus Ägypten und Tunesien inspirieren lassen, die in der ersten Reihe ihrer eigenen demokratischen Revolution standen. Die einzig fortschrittliche Lösung ist ein Kampf zur Gleichstellung aller Geschlechter. Dieses Ziel ist untrennbar verbunden mit dem Sturz der saudischen Monarchie und deren Ersetzung durch eine auf Räte der Arbeitenden- und Landbefölkerung gestützte Demokratie, in der die Produtionsmittel der Mehrheit derGesellschaft gehören und von dieser verwaltet werden. Dieser revolutionäre Kampf muss von Frauen ausgehen oder er wird nicht beginnen.

Ein Übersetzung des Artikels „Segregation and Liberation  in Saudi Arabia“ von unserer Schwestersektion in Großbritannien




Ein neues Schuljahr – Wie weiter im Kampf gegen Bildungsabbau?

Wir veröffentlichen hier ein Interview über die aktuellen Bildungsproteste, das Genoss_innen der Gruppe Arbeitermacht mit einem unserer Mitglieder führten und auch auf der Arbeitermachthomepage veröffentlicht wurde. Das Interview wurde mit Robert Teller über momentane Probleme, internationale Kämpfe und revolutionäre Perspektiven für die Kämpfe der Jugend um das Thema Bildung geführt.

Arbeitermacht (AM): Revolution war in den letzten Jahren eine der aktivsten Gruppen bei der Organisierung von Bildungsstreiks und Aktionen. 2011/12 gab es jedoch eine erkennbare Abschwächung der Bewegung an Unis und Schulen. Auf der diesjährigen REVO-Konferenz wurde über die Ursachen dieser Entwicklung diskutiert. Worin seht ihr die Hauptursachen?

Von REVOLUTION mitorganisierter Protestzug von Schüler_innen durch Pankow

Von REVOLUTION mitorganisierter Protestzug von Schüler_innen an einer Schule in Pankow, beim Schulstreik 2011 in Berlin

Robert: Das größte Problem in der Bildungsstreikbewegung ist, dass in den Kämpfen der letzten Jahre keine dauerhaften Organisationsstrukturen gebildet wurden, die eine gezielte Kampagne gegen Bildungsabbau u.a..Angriffe auf die Rechte der Jugend führen könnte. Es gibt in Deutschland viele tausend Jugendliche, die bereit sind, mit allen Mitteln für ihr Recht zu kämpfen. Es gab ein- oder mehrtägige Streiks und sogar anhaltende Besetzungen in den Unis. Doch bisher haben wir nur wenige Forderungen durchsetzen können, und diese wenigen Erfolge wurden von manchen Gruppen als Vorwand genommen, die Bewegung für beendet zu erklären.

Wir – und dies gilt für die große Mehrheit der AktivistInnen in der Bewegung – meinen, dass der Kampf weitergehen muss. Hierfür müssen wir aber die Fehler der Vergangenheit benennen und Schlüsse für die Zukunft ziehen. Wenn eine Belegschaft streikt, um z.B. Lohnforderungen durchzusetzen, dann tut sie das solange, bis sich die „Arbeitgeber“ gezwungen sehen, die Forderungen zu akzeptieren. Wenn der Druck nicht ausreicht, müssen sie alles daran setzen, sich mit anderen Belegschaften zu verbinden, demokratisch gewählte Streikleitungen zu bilden und all jene mit in den Kampf zu ziehen, die ihnen solidarisch gegenüberstehen und ähnliche Interessen haben. Es ist die erste Aufgabe jeder Bewegung, ihre Organisation auf ein stets höheres Niveau zu heben, um die Kampfkraft zu erhöhen, bestehende AktivistInnen zu dauerhaften KämpferInnen zu machen und in kommenden Aktionen alle anderen Unterdrückten, die bisher nicht aktiv waren, zu gewinnen.

AM: Auch in den letzten Wochen und Monaten gab es Schulstreiks, z.B. in Dresden und Solingen. Aber diese scheinen wenig miteinander koordiniert zu sein. Was schlagt ihr vor, um diese Aktionen zu verbinden und bundesweite Strukturen aufzubauen?

Bildungsstreik in Solingen am 29 Jnui 2012 in Solingen.

Robert: Wir brauchen in der Bildungsstreikbewegung Organisationsstrukturen, die von allen AktivistInnen gewählt und abgewählt werden können und in deren Auftrag den Kampf vereinheitlichen und vorantreiben. Die Bildungsstreik-Konferenzen müssen verbindlichen Charakter haben. Es bringt nichts, sich für zwei Tage zu treffen und die meiste Zeit darüber zu diskutieren, ob Mehrheitsentscheidungen undemokratisch sind oder ob es den Anwesenden erlaubt ist, nichtvegane Nahrung zu essen.

Die Konsens-BefürworterInnen haben offenbar nicht begriffen, dass die Bewegung konkrete Aufgaben zu erfüllen hat: Millionen von Jugendlichen vegetieren in sinnlosem Schulunterricht, Billigjobs oder Arbeitslosigkeit. Sie sind täglicher Repression durch LehrerInnen, Chefs oder Behörden unterworfen. Diese ungerechten und unterdrückerischen Verhältnisse zu bekämpfen ist unsere Aufgabe, und wir müssen von allen linken Kräften, auch von Reformisten wie DIE LINKE und den Gewerkschaften einfordern, jede nur mögliche Unterstützung zu leisten. Ein großes Problem der Jugend ist, dass es keine gemeinsame Interessenvertretung gibt, wie es bei den ArbeiterInnen die Gewerkschaften sind. Wir wollen daher eine SchülerInnengewerkschaft aufbauen. Diese sollte eine dauerhafte Basis für alle Jugendkämpfe darstellen, nur von diesen Jugendlichen kontrolliert sein und zugleich – wie die ArbeiterInnengewerkschaften – Schutz vor individueller Repression durch LehrerInnen oder den Staat bieten.

AM: Welche Forderungen und welche Organisationsformen schlagt ihr zum Aufbau einer bundesweiten Bewegung vor? Wie sollen Unverbindlichkeit und mangelnde Kontinuität überwunden werden?

Robert: Es sollten regelmäßige bundesweite Konferenzen stattfinden, die allen AktivistInnen offenstehen. Sie sollten durch Mehrheitsentscheid bestimmen, welche Aktionen für welche Ziele als nächstes stattfinden, mit welchen Mitteln wir für welche Forderungen kämpfen.Die Entscheidungen müssen verbindlich sein. Es muss für alle TeilnehmerInnen möglich sein, Anträge einzubringen, die diskutiert und abgestimmt werden. Es darf keine politische Steuerung durch „Vorbereitungsgruppen“ o.ä. geben.

Entscheidungen sollten demokratisch diskutiert, allerdings auch zielgerichtet getroffen werden, damit die Bewegung sich durch die praktischen Erfahrungen entwickeln und definieren kann!

Unsere Forderungen in der Bildungsbewegung haben wir im „Aktionsprogramm Bildung“ dargelegt. Dazu gehören beispielsweise die Neueinstellung von 100.000 LehrerInnen, Sofortinvestitionen von 40 Mrd. Euro und die Verkleinerung der Klassen auf max. 20 SchülerInnen. Dazu gehört die Abschaffung des dreigliedrigen Schulssystems und die Durchsetzung von Lehr- und Lernmittelfreiheit, also freier und kostenloser Zugang zu den Schulen. Wichtig sind jedoch auch Forderungen wie das Streikrecht für SchülerInnen und LehrerInnen, Freiheit der Organisation und Propaganda an Schulen und Verbot aller schulischen Repressionsmaßnahmen, denn heute ist unser Kampf durch die Willkür und der Schulbehörden sehr schwer. Außerdem fordern wir das Verbot von Religions- oder Moralunterricht an den Schulen.

AM: Welche Gruppierungen sollen dazu einbezogen werden?

Robert: Wir fordern alle Organisationen und Individuen zur Teilnahme auf, die den grundlegenden Forderungen für bessere Bildung zustimmen. Alle politischen Kräfte haben nicht nur das Recht, sondern die Aufgabe, den Kampf zu unterstützen. Dies gilt natürlich nicht für Rechte oder Reaktionäre – aber wir haben derzeit nicht das Problem, dass diese sich in unserer Bewegung tummeln. Wir fordern von Bündnispartnern nicht weitgehende politische Übereinstimmung als Voraussetzung. Wir kämpfen für konkrete Ziele, und wer diese Ziele teilt, ist aufgefordert, sich dem Kampf anzuschließen.

Zusammen Kämpfen -Gemeinsam Streiken!

Natürlich muss dann innerhalb der Bewegung notwendigerweise die Diskussion geführt werden, wie diese Ziele durchgesetzt werden können, und welche Forderungen wir an die Schulen und an die Regierung richten. Hier gibt es unterschiedliche Positionen, die offen diskutiert und schließlich demokratisch entschieden werden müssen. Es muss auch stets die volle Freiheit der Kritik an anderen Strömungen gewährleistet sein. Gerade weil verschiedene Strömungen in der Bewegung arbeiten, ist es wichtig, Differenzen zu diskutieren. Wenn das nicht möglich ist, werden wir keine Einheit im Kampf erreichen, sondern sektiererische Einzelaktionen verschiedener Kräfte.

AM: Welche Forderungen, welche zentrale Perspektive schlägt REVOLUTION für das Bildungssystem über Forderungen einer Einheitsfront hinaus vor?

Robert: Als KommunistInnen verstehen wir den Kampf für bessere Bildung natürlich als Kampf gegen den bürgerlichen Charakter des Bildungssystems. Wir richten uns nicht gegen ein vermeintlich „falsches Verständnis“ der Politik in Bezug auf das Bildungssystem – wir wollen das Bildungssystem vollständig der Kontrolle durch den bürgerlichen Staat entreißen.

Das bürgerliche, kapitalistische Bildungssystem dient immer der Aufrechterhaltung und Festigung der bürgerlichen Klassengesellschaft. Hier werden den Bedürfnissen der Kapitalisten entsprechend zum einen ProletarierInnen, zum anderen die kommende „Elite“ produziert – jeweils nochmals vielfach unterteilt. Viele der Haupt- und Realschulabgänger
werden auf lange Zeit der „industriellen Reservearmee“ angehören, während ein kleiner Teil von Hochschulabsolventen die nächste Funktionärsschicht der herrschenden Klasse stellt.

Unsere Ziele erschöpfen sich daher nicht in ein paar finanziellen Zuwendungen und ein wenig mehr Gleichberechtigung. Das einzig gerechte Bildungssystem ist eines, das von den Betroffenen – SchülerInnen, LehrerInnen und ArbeiterInnen – demokratisch kontrolliert wird. Diese sollen über finanzielle Ausstattung, Lehrpläne u.a. entscheiden. Der Polizei und Bundeswehr muss der Zutritt zu Schulen verboten sein. Um dies umzusetzen, werden wir Gegenmachtorgane aufbauen, die entschlossen und in der Lage sind, dem bürgerlichen Staat die Schulen und Unis zu entreißen, diese im Interesse der unterdrückten Jugend umzuwälzen und die Errungenschaften gegenüber dem Staat zu verteidigen.

AM: Könnten nicht die Kämpfe gegen Kürzungen im Bildungswesen auch ein Mittel zum Aufbau einer europaweiten Bewegung werden? Ist dazu etwas geplant, hat REVOLUTION dazu Vorschläge?

In Quebec, Kanada kämpfen Jugendliche und Studierende seit Monaten milutant gegen die Angriffe der Regierung.

Robert: In den letzten Jahren haben wir in vielen Ländern Kämpfe und Aufstände von Jugendlichen gegen das marode Bildungswesen erlebt – nicht nur in Europa, sondern z.B. auch in Chile oder Kanada. Dies geschieht vor den Augen der Welt und wir können uns ein Beispiel nehmen an den Kämpfen in Chile, wo Jugendliche gemeinsam mit ArbeiterInnen sehr entschlossen und militant gekämpft haben. Die Bedingungen für die Vereinigung dieser Kämpfe zu einer ungleich stärkeren, internationalen Bewegung sind gut.

Wir haben zudem die Aufgabe, Unterdrückte in Ländern zu unterstützen, wo die Situation noch viel prekärer ist, z.B. in Griechenland. Bei all den Nachrichten über die Krise geht es beinahe unter, dass die Regierung die Universitätsbudgets allein in diesem Jahr um 20% gekürzt hat. Die Qualität der Ausbildung ist sehr schlecht und ohnehin bekommen nur die wenige einen Studienplatz.

Wir treten dafür ein, die Bewegung auch international so eng wie möglich zu vereinen. Nicht nur, damit wir gemeinsam mehr werden – es ist essentiell, weil die Bildungsproteste, die Proteste gegen Sparpakete und die Krise in allen Ländern den selben Gegner haben: das marode kapitalistische System. Im Moment sind GenossInnen von REVOLUTION in Griechenland, um dort Kontakte zu machen mit AktivistInnen, mit StudentInnen, kämpfenden Belegschaften oder Migrantenorganisationen.

Es gab bereits europa- oder weltweite Aktionstage, wie am 27.11.2011. Um die Kämpfe wirklich auf eine höhere Ebene zu heben, treten wir für eine europaweite Konferenz der Jugend- und Antikrisenbewegung ein, die einen gemeinsamen Plan für die Kämpfe der Unterdrückten erarbeiten müsste.

AM: Wie greift REVOLUTION konkret an Schulen ein? Baut ihr dazu eigene REVO-Gruppen auf? Was tun diese?

Robert: Alle GenossInnen, die zur Schule gehen, arbeiten in Streikkomitees, oder versuchen solche aufzubauen. Vor allem in Berlin sind die Erfolge gut, auch wenn im letzten Jahr das Bündnis „Bildungsblockaden einreißen“ gespalten wurde. Die Aufgabe von Streikkomitees ist es, die konkreten Probleme an der Schule zu diskutieren, Kämpfe zu organisieren und die SchülerInnen für den Kampf zu gewinnen. Die REVOLUTION-Konferenz hat nun beschlossen, dass wir diese Aktivitäten ausweiten, auch in anderen Städten. Wenn wir an einer Schule genügend Kräfte haben, bauen wir dort auch REVOLUTION-Gruppen auf, um weitere GenossInnen zu gewinnen und unsere Vorschläge in den Komitees zu vertreten.

AM: Oft wird der Vorwurf erhoben, der Aufbau von REVOLUTION-Gruppen an Schulen oder Unis stünde im Widerspruch zum Aufbau der Bewegung oder von Bündnissen. Was entgegnet ihr dem?

Robert: Um unsere Organisation aufzubauen und zu festigen, werden wir, wo immer möglich, Schul-, Hochschul- oder Betriebsgruppen bilden, wo wir unsere Positionen in Bezug auf die jeweiligen Probleme konkret diskutieren und entwickeln und so auch weitere GenossInnen gewinnen. Dies widerspricht nicht der Arbeit in Bündnissen und steht auch nicht in Konkurrenz dazu. Im Gegenteil: In einem Aktionsbündnis arbeiten verschiedene politische Strömungen und Individuen für gemeinsame Ziele, organisieren Aktionen, bei denen sich jede Gruppe den Entscheidungen des Bündnisses unterwirft.

Als politische Organisation haben wir jedoch ganz bestimmte Positionen und Vorschläge, die wir in diese Komitees einbringen, weil wir denken, dass wir die Bewegung dadurch vorwärts bringen können. Dies steht jeder Organisation zu. Manche verwechseln Aktionsbündnisse mit politischen Blöcken, was dazu führt, dass bestimmte Kräfte sektiererisch aus dem Bündnis ausgestoßen werden.

AM: Noch eine letzte Frage. Wo können interessierte GenossInnen eure politischen Vorschläge nachlesen? Wie können sie mit den Ortsgruppen in Kontakt kommen?

Robert: Unser „Aktionsprogramm Bildung“ kann man auf unserer Website herunterladen oder von den Ortsgruppen erhalten. Auf der Website befinden sich auch andere Grundlagendokumente wie das Internationale Manifest. Interessierte können jederzeit über die Website oder Facebook Kontakt herstellen und auf die Ortsgruppentreffen kommen. Alle Interessierten können sich über unsere Kontaktadressen oder bei den Ortsgruppen melden.




STOP ACTA!

REVOLUTION Kassel / Gruppe Arbeitermacht Kassel

SOPA, PIPA, ACTA *

Hinter diesen merkwürdigen Abkürzungen, die vor kurzem kaum einer kannte, stecken nationale und internationale Verträge, die tiefgreifende Eingriffe in die Rechte von Internetbenutzern beinhalten. Klammheimlich sollten sie auf Regierungsebene durchgedrückt werden, maßgeblich mitgestaltet durch große internationale Konzerne. War es vor einigen Wochen, Im Januar , schon zu heftigen Protesten in den USA gegen SOPA und PIPA gekommen, die Eingriffe in das Internet vorsahen,  und die Abkommen erst einmal gestoppt worden, wurden von Hackern die Inhalte des ACTA Abkommens an die Öffentlichkeit gegeben.

In Polen kam es daraufhin zu Demonstrationen und Straßenschlachten gegen ACTA, aber auch gegen die Regierung, die ACTA „durchwinken“ wollte. In Polen, Lettland, Slowakei und Tschechien ist ACTA vorerst einmal gestoppt. Am 10.2. hat auch die Bundesregierung scheinbar einen Rückzieher gemacht. Es gibt mindestens zwei Kräfte, die hinter der fast unbemerkt vorgenommenen Unterzeichnung des sogenannten ACTA-Abkommens  stehen. Zum einen sind es die Film- und Musikindustrie, Software-Konzerne, (Schulbuch)Verlage und andere Großunternehmen, die mit ihrenPatenten und Urheberrechten weiter Kasse machen wollen. Ein wesentlicher Inhalt von ACTA zielt auf die „ Verletzungen geistigen Eigentums“. Dabei sind es gerade diese Konzerne, die sich alles Mögliche patentieren lassen (zum Beispiel das kleine „i“ als Vorsilbe), die tagtäglich sich die geistige Arbeit von Softwareentwicklern, Wissenschaftlern, Ingenieuren, Grafikern, Textern usw. zwecks Profitmacherei einverleiben.

Es gibt aber noch einen zweiten Aspekt im Zusammenhang mit ACTA: Die Provider, also die Anbieter von Leistungen im Netz, sollen verpflichtet werden, ihre Userinhalte auf Rechtmäßigkeit zu prüfen. Das ganze ist ziemlich schwammig formuliert, aber das scheint auch beabsichtigt zu sein. Genau das ist aber eine nicht zu leistende Aufgabe, zudem auch von einigen Providern nicht gewollt, weil dann keine Echtzeitkommunikation möglich ist

Die  US-Regierung hat vor einigen Wochen Gesetze (National Defense Authorization Act (NDAA)) eingeführt, die die Einknastung  von Menschen in aller Welt ohne Anklage, ohne Gerichtsverfahren durch Militärs „legalisiert“. Die „Regulierung des Internets“ muss auch in diesem Zusammenhang gesehen werden.

In Europa wird mit der Konstruktion des ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) an denParlamenten vorbei, ohne rechtliche Einspruchsmöglichkeiten, ein unkontrollierbares, internationales Gremium von Regierungen und Bankern geschaffen. Das hat schon eine neue Qualität und zeigt, wie sich imperialistische Staaten Schritt um Schritt ihrer parlamentarischen Fassade entledigen. Gleichzeitig gibt es eine Reihe von Angriffen auf demokratische Rechte, die zum Teil auch auf das Internet abzielen: Vorratsdatenspeicherung, Bundestrojaner usw.

Das Internet mit seinen Kommunikations- und Publikationsmöglichkeiten ist Regierungen immer mehr ein Dorn im Auge. Auch beobachtet die Bourgeoisie, wie das WWW eine Rolle im Aufbau von Widerstand spielen kann. Das Internet hat eine Rolle gespielt bei den Aufständen in Arabien und Nordafrika, halb bei Weiterverbreitung von Forderungen. Ebenso bei der Vernetzung von Protesten in Europa und den USA. Wikileaks hat dazu beigetragen, Kriegsverbrechen zu entlarven.

Mit ACTA können natürlich auch linke Homepages lahmgelegt werden, wenn Webmastern umfangreiche Kontrollen vorgeschrieben werden sollen. Schon in den letzten Jahren kommt es immer wieder zu „Urheberrechtsklagen“ gegen linke Homepageprojekte, meist durch dubiose Abmahnanwälte, gegen die sich zu wehren viel Zeit und Geld verschlingt.

Die „Freiheit des Netzes“ zu verteidigen, ist eine Forderung in die falsche Richtung. Die Netze sind nicht frei.

Das Internet ist mehr denn je in den Händen von Konzernen wie Microsoft, Apple, Google, Facebook, Oracle, Microsoft usw. In den Betrieben wird die Ausbeutung der Arbeitenden und die „Optimierung“ der Betriebsabläufe auf die Interessen der Share Holder durch Software wie SAP optimiert, die zu großen Teilen auch internet-basiert ist. Für Millionen Arbeitende ist das Internet Teil der Intensivierung der Arbeit, hält Arbeitende unter Beobachtung und Erreichbarkeit. Die ideologische Beeinflussung der Arbeiterklasse wird per Internet immer mehr perfektioniert und hat schon längst die Presse über- und das Fernsehen eingeholt (wobei diese Medien immer mehr verschmelzen) Seit Jahrzehnten erleben wir die Pervertierung fast jeder technischen Neuerung unter den Bedingungen kapitalistischer Produktion, die sich auch mit den technischen Möglichkeiten des Internet wiederholt.

Der Widerstand gegen ACTA richtet sich ja teilweise auch gegen die Übergehung parlamentarischer Gremien. Dabei sind die Angriffe auf die Meinungs- und Organisationsfreiheit via Internet auch nicht besser, wenn sie „parlamentarisch legitimiert“ daherkommen.

Unsere Forderungen: 

Wir setzen dagegen die Forderung nach Veröffentlichung und Kontrolle mit der Zielrichtung, Kommunikationsstrukturen zu vergesellschaften (Schließlich wurden sie ja auch mit öffentlichen Geldern, also Steuergeldern, die von den arbeitenden bezahlt wurden, aufgebaut)

Öffnet und entlarvt die nationalen und internationalen Foren, in denen die Entscheidungen bisher wirklich getroffen wurden, der Einsichtnahme durch RepräsentantInnen der ArbeiterInnen, KonsumentInnen, Kommunen und so weiter. Wir müssen für das Recht kämpfen, auf die Computeraufzeichnungen der Banken und Multis zugreifen zu können. Das wäre nicht nur ein Frontalangriff auf das Geschäftsgeheimnis, sondern würde auch InformantInnen aus den „geheimen Festungen“ der Konzerne sowie Internet-HackerInnen von außen ermutigen und bestärken.

Entlarvt die Beeinflussung der lokalen, der nationalen und der Weltpolitik durch die großen Konzerne. Wir müssen den Kauf der Regierungen und Gemeindeverwaltung auf legalem Wege (Lobbyarbeit) und illegale Weise (Korruption) durch das Großkapital aufdecken. Wir müssen dieParteien bloßstellen, die mit Konzerngeld gekauft werden und aufzeigen, welche Spenden und Geschenke sie von den Superreichen und vom Großkapital bekommen.

Freier Zugang zu allen wesentlichen Dienstleistungen, auch im Kommunikationsbereich, bezahlt aus einer Reichensteuer. Kostenlose Bildung und Weiterbildung für alle.

Ausbau der Infrastruktur der Gesellschaft – Verkehr, Energieversorgung, Gas, Wasser und Kommunikationsmittel – durch massive öffentliche Investitionen, bezahlt durch Besteuerung der Reichen. Jede Entwicklung muss unter der Kontrolle der ArbeiterInnen und KonsumentInnen demokratisch geplant werden, damit sichergestellt ist, dass sie nachhaltig und zum Nutzen aller ist.

Wir müssen die Medien für die Massen öffnen. Eine neue Waffe des Kampfes ist schon von unten geschaffen worden: die Bewegung der unabhängigen Medien und Foren in den Industrieländern, aber auch in anderen Ländern, wie auch die Medien von gewerkschaftlichen Strukturen in aller Welt, bäuerlichen Organisationen und Gemeinschaften der Dritten Welt. Wir müssen sie über das Internet verbinden und einen Kampf für die Entlarvung und Übernahme der Medienkonzerne starten. „Medien für Millionen nicht für Millionäre“ muss unser Schlachtruf sein.

Wir müssen derPatentschutzpolitik der Konzerne ein Ende machen. Saatgut, Arzneien, die Forschungsergebnisse bei Pflanzen-, tierischer und menschlicher Genetik müssen den Bedürfnissen aller Menschen dienen, nicht den Gewinnen der Multis.Patentierung von Lebensformen, einschließlich Mikroorganismen, muss verboten werden. Wichtige Medikamente und sonstige Waren müssen für jene gratis zur Verfügung gestellt werden, die sie dringend brauchen – besonders für Menschen mit AIDS und anderen Krankheiten.

Verteidigung des Rechts auf Streik, Rede- und Versammlungsfreiheit, des Rechts auf politische und gewerkschaftliche Organisierung, sowie der Freiheit, sich aller Kommunikations- und Informationsmedien zu bedienen!

Kostenlose Nutzung aller Informationsquellen und freier Zugang zu ihnen, v.a. zum Internet. Im Internet müssen unsere Daten vor Angriffen von Justiz und Wirtschaft geschützt werden, freier Zugang zu allen Softwareprodukten! Besonderer Schutz von Chats, Foren und Communities, diese Daten müssen vor Arbeit“gebern“ und Justiz geschützt werden! Gegen „Vorratsspeicherung“ und „Bundestrojaner“ – gegen den digitalen Lauschangriff!

Vergesellschaftung von Facebook und anderer Web 2.0 Medien, Öffentliche Kontrolle und Schutz der User vor kommerzieller und geheimdienstlicher, staatlicher Ausforschung.

Stop Online Piracy Act (SOPA)

   Protect IP Act (PIPA).

   Acta: Anti-Counterfeiting Trade Agreement

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Krisenbewegung wiederbeleben – 2012 zum Krisenjahr des Kapitals machen!

Ein Aufruf von REVOLUTION


Für das Frühjahr 2012 wird zu zahlreichen bundesweiten Aktionen gegen die Folgen der Wirtschaftskrise aufgerufen. Neben dem 1.Mai als traditionellem Kampftag der Arbeiterklasse wird von unterschiedlichen Gruppierungen auch auf den 31. März und zu einer Aktionswoche ab dem 15.Mai nach Frankfurt mobilisiert. Zeitgleich werden mit den Tarifrunden im Öffentlichen Dienst und in der Metall- und Elektroindustrie entscheidende Kämpfe von Millionen Lohabhängigen gegen die Interessen der Bosse stattfinden.

Zur Koordinierung der Proteste wird zu internationalen Konferenzen der Krisenbewegung am 25./26.02. in Frankfurt und am 28./29.04. in Stuttgart aufgerufen. Dazu ist es höchste Zeit!

Besonders die Lage der Jugendlichen in Europa wie auch weltweit hat sich im Zuge der Krise in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert. Bereits im August 2011 lag die Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland bei fast 44%, in Spanien bei 45%. Nicht zuletzt die massiv steigenden Nahrungsmittelpreise haben die Jugend in der arabischen Welt dazu gezwungen, gegen ein System zu revoltieren, das ihnen keinerlei Perspektive bietet. In Deutschland hingegen wurde der Niedriglohnsektor massiv ausgeweitet.

Fast 37% der jugendlichen Erwerbstätigen werden mit befristeten Verträgen, Teilzeitarbeit, Leiharbeit und Niedriglöhnen abgespeist – Tendenz steigend. Hinzu kommt die absehbare Verschärfung der Wirtschaftskrise und in deren Zentrum die Schuldenkrise der EU, welche zu weiteren Angriffen auf die Jugendlichen, Lohnabhängigen und Arbeitslosen führen werden. Eine Fortführung des Sozialabbaus und von Kürzungen im Bildungsbereich sind vorprogrammiert und wurden mit der „Schuldenbremse“ festgeschrieben.

Wenn wir uns gegen die Abwälzung der Krisenkosten auf unsere Schultern wehren wollen, dann müssen wir uns dagegen zusammenschließen! Die Bildungsstreiks im Herbst und die Occupy-Bewegung sind ein erster Schritt dazu und haben Zehntausende gegen Bildungsmisere und die Macht der Banken auf die Straße gebracht. Die Proteste brachten die Wut großer Teile der Jugend auf Kürzungsprogramme in Bildung und Sozialem einerseits und milliardenschwere Rettungsprogramme für Banken andererseits zum Ausdruck.

Eine zentrale Schwäche der Proteste war es jedoch, dass weite Teile der Bewegungen ihre Kritik vor allem an der „Dummheit“ oder „Gier“ Einzelner fest machten, statt die Logik hinter dem Handeln dieser Einzelpersonen aufzuzeigen: das kapitalistische System. Auch zeigte sich einmal mehr, dass wir unsere Forderungen nur durchsetzen können, wenn wir uns nicht vereinzelt, sondern mit entschlossenem massenhaftem Widerstand zur Wehr setzten.

Doch die großen reformistischen Organisationen wie SPD, Linkspartei und Gewerkschaften stellen der kapitalistischen „Krisenbewältigung“ keine Alternative entgegen und lehnen den Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten ab. Es ist jedoch notwendig, die Lohnabhängigen und Jugendlichen, die in Linkspartei, SPD und Gewerkschaften organisiert sind, für unsere Bewegung zu gewinnen. Die anstehenden Tarifrunden und die geplanten Krisenproteste machen eine Bündelung unseres Widerstands umso wichtiger.

Wir rufen deshalb alle Aktivist_innen, Bildungsstreikenden und Occupier dazu auf, sich an den Protesten gegen die Krise zu beteiligen und mit uns eine schlagkräftige internationalen Bewegung aufzubauen. Um dieser Bewegung eine Perspektive zu geben, ist es nötig, konkrete Forderungen aufzustellen, die alle unterdrückten Schichten im Kampf gegen die kapitalistische Krise und ihre Auswirkungen vereinen und eine gemeinsame Grundlage für Aktionen bieten. Als Forderungen schlagen wir vor:

  • Kampf gegen alle Sparpakete, Rettungsschirme und Privatisierungen! Steichung der Staatsschulden in den „PIIGS“!
  • Für eine 99%-Steuer auf das reichste 1%! Für ein Investitionsprogramm in Bildung und Soziales!
  • Kampf gegen jede Entlassung! Enteignung von Betrieben, die entlassen unter Arbeiter_innenkontrolle!
  • Verbot der Leiharbeit! Für flächendeckende Mindeslöhne, deren Höhe durch durch die Beschäftigten bestimmt wird!
  • Gegen rassistische Hetze – für praktische internationale Solidarität!

Beteiligt euch an den lokalen Krisenbündnissen! Kommt zu den Krisen-Konferenzen am 25./26. Februar nach Frankfurt und am 28./29. April nach Stuttgart!

Fordert eure Bildungsstreikbündnisse auf, die Aktionen gegen die Krise zu unterstützen!

Unterstützt die internationalen Aktionen gegen die Krise am 31. März und von 15.-21. Mai in Frankfurt!




Marokko: Monarchen und Proteste

Marokko wird von 32,5 Millionen Menschen bewohnt, von denen zwei Drittel in Städten lebt. 1956 von Frankreich und Spanien in die Unabhängigkeit entlassen, gehört Marokko heute zwar nicht zu den ganz armen, allerdings auch nicht zu den reichsten Staaten Afrikas.

Die größten Wirtschaftssektoren im Land sind die Landwirtschaft und der Bergbau, so wird in Marokko etwa 75% des weltweit geförderten Phosphats abgebaut. Insgesamt aber hat die Industrie einen eher einen untergeordneten Status, ein Fünftel aller lohnabhängigen MarrokanerInnen arbeitet in diesem Bereich.

Das Leben in Marokko ist schwierig, durchschnittlich wird man dort 69 Jahre alt. Je nachdem, wo man wohnt, hat man mehr oder weniger Chancen einen Job zu bekommen. Da das insgesamt immer schwieriger wird, wandern viele junge MarrokanerInnen aus und versuchen ihr Glück in Europa. Die Arbeitslosenquote von offiziellen 11% liegt bei Jüngeren weit höher. Wer sichere Arbeit will, der geht zur Polizei oder zum Militär – eine Entscheidung, die bei immer höheren Lebenshaltungskosten nicht schwer fällt. Reis, Getreide, Schokolade, Brot oder Gemüse kosten in Marokko mindestens 50% mehr als in Berlin. Nur Benzin ist billiger.

Auch im Bildungsbereich sieht es nicht besonders gut aus. Offiziell besteht zwar allgemeine Schulpflicht, oft sind die Familien jedoch so arm, dass die Kinder einer Familie tagsüber arbeiten müssen, oft bleiben nur die Mutter und die älteste Tochter zu Hause, während der Rest Geld verdient.

Der Staat tritt im Land hauptsächlich in Form von Militär und Polizei auf. Auf den Straßen gibt es alle paar Kilometer Polizeisperren, in den Städten sieht man viele Soldaten.

Kriminelle Strukturen gibt es weniger als hier. Dafür ist in diesem Land ebenfalls die Polizei zuständig. Egal was man braucht, egal was man verbrochen hat: Fast alles ist eine Frage des Preises. Wer bezahlen kann, kommt mit dem Gesetz nicht in Konflikt. Ein weiterer Grund, warum die Polizei ein sehr attraktiver Arbeitgeber ist. Die Armee ist mit 230.000 Mann ein starker, aber vor allen Dingen respektierter Faktor im Land.

Soziale Probleme

Abgesehen von den bereits beschriebenen Verhältnissen im Bildungssektor und dem daraus resultierendem weit verbreiteten Analphabetismus, den mangelnden Jobaussichten und den in den letzten Jahren immer rasanter gestiegenen Preisen für Lebensmittel gibt es diverse demokratische Mängel. GewerkschafterInnen haben es in Marokko generell noch schwerer als hierzulande. Auf politische Parteien, die die Monarchie kritisieren, wird permanent Druck ausgeübt, Drohungen sind an der Tagesordnung.

Trotz solcher Umstände kommt es in Marokko immer wieder zu sozialen Bewegungen. Die Frauenbewegung ist eine, wenn nicht sogar die kontinuierlichste. Seit Jahren gibt es immer wieder Demonstrationen von Zehntausenden Frauen, die für kostenlose Kinderbetreuung, Arbeit und niedrigere Preise auf die Straße gehen. Vom Staat wird diese Bewegung toleriert, solange sie die Monarchie nicht in Frage stellt und die Proteste nicht zu weit gehen. Sollte das einmal der Fall sein, wird den Organisatoren schnell Geld angeboten, mit dem Verweis, man möge doch nun bitte Ruhe geben. Der nächste Schritt des Königs ist der Einsatz der Polizei.

Proteste

Der frühere König, Hussein der II., war ein Diktator. Das ist allen MarokanerInnen klar. Beim aktuellen König, Mohammed VI., scheiden sich die Geister. Viele betrachten den König als einen Reformer, der Einiges zum Besseren gewendet hat. Die Tatsache, dass er eine Frau aus dem Volk (seine Frau ist Ingenieurin) geheiratet hat, macht ihn für viele sympatisch. Gleichzeitig ist er als oberster geistlicher Führer der 98% Muslime im Land auf gewisse Art auch eine religiöse Instanz. Doch es gibt auch die andere Seite.

Im Zuge des Arabischen Frühlings, der aufflammenden Proteste im arabischen und nordafrikanischen Raum entstand auch in Marokko eine Bewegung. Die Tagesschau verbreitete damals nur die Meldung, dass in Marokko „alles ruhig“ sei. Doch das stimmte nicht ganz.

Angefangen mit Protesten im Februar, die sich rasend schnell ausbreiteten und zu einer Bewegung anwuchsen, nahm auch der Marokkanische Frühling seinen Lauf und wuchs zu einer Massenbewegung von Hunderttausenden an. Beteiligte politische Kräfte waren einige linke Gruppen, wie die „Vereinigte sozialistische Partei“ , „Demokratischer Weg“ und die trotzkoide „AktivistIn“. Aber auch islamische Kräfte und Gewerkschaften schlossen sich dem Protest an.

Die Monarchie schien zunächst unsicher, wie sie reagieren sollte, sah sie doch in den Nachbarstaaten, dass Repression allein nicht ausreichte. Man entschied sich zu einer Finte. Am 9. März war es so weit: König Mohammed sprach im Fehrnsehen live zu seinem Volk und kündigte demokratische Reformen an. Dazu sollte eine Kommission gebildet werden, die Verfassungsverbesserungen ausarbeitet. Ein geschickter Schachzug, um die Bewegung zu spalten. Doch bereits am 13. März kam es erneut zu Massedemonstrationen, an denen sich jedoch weit weniger Menschen beteiligten als zuvor. Zaudernde Elemente der Bewegung propagierten die angekündigte Reform als Sieg der Bewegung und warnten zugleich vor einem blutigen Ende wie in Ägypten. Die Verbliebenen, einige linke und islamistische Organisationen kritisierten, dass die Reformen nicht weit genug gehen würden. Es half nichts, die „Zuckerbrot-und-Peitsche“-Politik des Königs ließ die Bewegung, die zu der Zeit noch sehr heterogene Vorstellungen davon hatte, was sie denn genau erreichen möchte, wieder abflauen. Einerseits wurden folgende Demonstrationen durch die Polizei gewaltsam beendet, andererseits ließ der König bereits am 14. April 190 Festgenommene begnadigen bzw. milderte deren Strafen ab.

Am 19. Juli sprach der König dann erneut zu seinem Volk und verkündete die Ergebnisse der Kommission. Diese sah einige Veränderungen vor, jedoch nichts, was die Monarchie in ihrer Macht in irgendeiner Art und Weise beschneiden würde. Der König beschloss, das Volk über die Gesetzesänderung abstimmen zu lassen und rief dazu am 2. Juli zur Wahl. Die Bewegung kritisierte dieses Vorgehen des Königs scharf und beschloss, die Wahl zu boykottieren.

Am 2. Juli stimmte dann – offiziellen Angaben zufolge – die Mehrheit der MarokkanerInnen für den Gesetzesentwurf des Königs, der damit hoffte, die aufkeimende Revolution gestoppt zu haben.

Seitdem gibt es immer wieder große Demonstrationen von Jugendlichen und den städtischen Armen, aber auch der Gewerkschaften, die die Ziele der Protestbewegung nicht als erreicht betrachten und eine entgültige Demokratisierung und ein Ende der Korruption fordern. Daran konnten auch die jetzt stattfindenden Parlamentswahlen nichts ändern. Diese sind insgesamt so oder so nicht als sehr repräsentativ anzusehen. Von den in Marokko lebenden 32,5 Mio. EinwohnerInnen sind lediglich 13 Millionen ins Wahlregister eingetragen, was dann bei einer angeblichen Wahlbeteiligung von 44% übrigbleibt, kann sich jeder ausrechnen.

Perspektive

Die Protestbewegung des „20. Februar“ hatte dazu aufgerufen, die Wahl zu boykottieren und stattdessen auf die Straße zu gehen. Unserer Meinung nach war es ein Fehler der Bewegung, die Wahl zu boykottieren. Sie hätte stattdessen die Wahlen als Tribüne zur Agitation und zur Entlarvung des pseudo-demokratischen Prozesses nutzen sollen. Dass nur ein Drittel der Bevölkerung wählen darf, ändert daran nichts – mit diesem Argument hätte sich auch die Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts an keiner Wahl beteiligen dürfen.

Die soziale Situation hat sich noch immer nicht entscheidend verbessert und man kann davon ausgehen, dass weder der König, noch die Konservative Wahlsieger-Partei PJD in der Lage ist, die Lage der Bevölkerung zu ändern. So hat die Bewegung alle Chancen, eine Renaissance ähnlich den Ägyptischen Protesten zu erleben. In einem Land, in dem ein Drittel der Bevölkerung unter 15 Jahre alt ist, gibt es genug sozialen Sprengstoff, der die Mauern des Regimes endgültig einreißen kann.

Die radikalen AktivistInnen der Arbeiterklasse, der Jugend, der Linken stehen dabei vor der Herausforderung, dem Kampf eine Stoßrichtung und Führung zu geben – sie stehen vor der Aufgabe, eine neue revolutionäre Arbeiterpartei zu schaffen, die ihren Kampf auf Basis eines Aktionsprogramms führt, das u.a. folgende Forderungen enthält:

– Abschaffung der Monarchie! Wahlrecht für alle! Trennung von Staat und Religion! Für eine konstituierende Versammlung!

– Abschaffung aller Beschränkungen der politischen und gewerkschaftlichen Betätigung, für das Recht auf Bildung politischer Parteien und unabhängiger Gewerkschaften! Aufbau unabhängiger, klassenkämpferischer Gewerkschaften, die allen Lohnabhängigen unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Religion offen stehen!

– Volle Gleichberechtigung alle nationalen und religiösen Minderheiten! Nationales
Selbstbestimmungsrecht – einschließlich des Rechts auf Gründung eines eigenen Staates für national unterdrückte Völker wie die Sahauris!

– Gleiche Rechte für Frauen – Abschaffung aller Einschränkungen für die politische und öffentliche Betätigung von Frauen sowie aller Einschränkungen in Bildung und Beruf!

– Für eine Programm zur öffentlicher, gesellschaftlich nützlicher Arbeiten zur Sicherung der Lebensinteressen der Massen – unter Kontrolle der Arbeitenden!

– Mindestlohn für alle – festgesetzt von den Gewerkschaften und Ausschüssen der Beschäftigten. Mindesteinkommen für RenterInnen, Arbeitslose, Studierende in gleicher Höhe

– Gegen die Inflation: Gleitende Skala der Löhne, Renten, Mindesteinkommen! Preiskontrollkomitees zur Kontrolle und Festlegung der Preise gegen mafiösen Wucher und Spekulation!

– Arbeiterkontrolle über die große Industrie und den Finanzsektor! Entschädigungslose Enteignung ausländischer Kapitale, von Großunternehmen und Großgrundbesitz! Verstaatlichung der Banken und Zentralisierung zu einer Zentralbank unter Arbeiterkontrolle!

– Streichung der Auslandsschulden wie der Privatschulden von Lohnabhängigen, Kleinhändlern und Bauern und Ermutigung zur Gründung von Genossenschaften!

– Aufbau von Räten und räteähnlichen Organen zur Organisierung der Massen! Bildung von Arbeiter- und Bauernräten in den Betrieben und Stadtteilen und auf dem Land.

– Bildung von Selbstverteidigungsorganen der Bewegung gegen die rechte/islamistische Angriffe, gegen die Polizei/Mafia und staatliche Repression!

– Für Soldatenräte in der Arme: die einfachen Soldaten sollen sich auf die Seite der Bewegung stellen. Auflösung der Polizei, Ersetzung durch eine Arbeitermiliz!

Um ein solches Programm umzusetzen, bedarf es einer Revolution und der Bildung einer Arbeiter- und Bauernregierung, die nicht nur die Monarchie beseitigt und die demokratischen Forderungen der Massen umsetzt, sondern auch gegen die Herrschaft des Kapitals vorgeht und sich auf Räte und die bewaffneten Massen stützt.

So kann auch Marokko seinen Platz in der Revolution in Nordafrika einnehmen – als Teil einer zukünftigen Förderation von Räterepubliken!

Eine Einschätzung von Felix Wolkenfuß




Bildungsstreikkonferenz in Berlin – Neue Proteste angekündigt!

Vom 9.-11.9. fand in Berlin die erste große Bildungsstreikkonferenz dieses Jahres statt. Schon im Juli gab es eine SchülerInnenkonferenz in Köln, auf deren Initiative sich über 80 Studierende, SchülerInnen sowie VertreterInnen der Gewerkschaftsjugend und politischer Organisationen in Berlin trafen.

In Köln wurden Perspektiven für die kommenden Proteste diskutiert. So einigte man sich auf einen Mobilisierungs- und Kampagnentag am 15. November und einen zentralen Streiktag am 17. November.

Auch eine Resolution, deren Grundlage ein Entwurf von REVOLUTION war, der die vergangene Bewegung analysierte und Schlüsse für die Zukunft zog, wurde angenommen. Neben der Intransparenz, undemokratischen Strukturen und Entscheidungsprozessen kritisierte diese Resolution v.a. das Fehlen einer politischen Perspektive über eintägige Aktionen hinaus, die fehlende Bindung zu Protesten der Arbeiterklasse und die Weigerung von SDS, Jusos oder Solid, ernsthaft zu mobilisieren und Basisstrukturen wie Streikkomitees an Schulen und Universitäten zu schaffen!

Auch wenn die SDAJ, die stärkste Kraft in Köln, viele Teile der Resolution in Kampfabstimmungen blockierte, konnte man sich trotzdem auf einige wichtige Punkte einigen, die eine Grundlage für die Bewegung hätten darstellen können.

Doch wer sich nun von der Berliner Konferenz erwartet hatte, dass sie die Beschlüsse der SchülerInnenkonferenz weiterentwickeln würde, wurde enttäuscht. Gleich zu Beginn brach wieder die bekannte Konsens-Diskussion aus, die schon viele AktivistInnen entnervt aus der Bewegung gedrängt hatte.

Nach zweistündiger Diskussion mussten die Libertären, die anderthalb Jahre lang die Bewegung gelähmt hatten, eine Niederlage in der Abstimmung verzeichnen, in der sich die übergroße Mehrheit für Mehrheitsabstimmungen entschied. Die Reaktion der Libertären war so undemokratisch und elitär, wie ihr Agieren in der Bewegung insgesamt. Kurzerhand drohten einige VertreterInnen des libertär dominierten Asta der TU Berlin der Konferenz die „Solidarität und Gastfreundschaft“ zu kündigen, sollte man nicht das Konsensprinzip akzeptieren. Ironischerweise wurde der praktische Rausschmissversuch jedoch durch mindestens ein Veto in einer anschließende Debatte innerhalb des Asta blockiert, woraufhin der halbe Asta der TU die Konferenz verließ. Auch in den nächsten Tagen sollten Teile der, auf der Konferenz verbliebenen, Libertären durch Störversuche und unproduktives Verhalten auffallen.

Am Samstag, an dem es produktive Workshops und eine Vorstellungsrunde der Beschlüsse aus Köln und Gießen gab, folgte eine Diskussion über die Perspektive des Bildungsstreiks. In der von der SDAJ geleiteten Diskussion wurden jedoch weder die Resolution aus Köln noch die politisch genauere Resolution der Jugendorganisation REVOLUTION behandelt. Stattdessen verfing sich die Debatte in der Frage, ob die Bewegung weiterhin unter dem Slogan „Bildungsstreik“ laufen solle.

Gefasste Beschlüsse

Immerhin konnte man sich aber auf einen Aktionstag am 17. November einigen und beschloss, diesen in die Aktionen der „Global Weeks of Education“ vom 7.-20.11. einzubinden. Die Forderungen und der Aufruf der Konferenz hingegen blieben vage und in ihre Forderungen z.T. hinter dem Stand der Bewegung zurück. Das war v.a. dem Abstimmungsmodus, demzufolge jeder Beschluss eine Zweitdrittelmehrheit erforderte, sowie dem rechten Abstimmungsverhalten der SDAJ geschuldet, die sich gegen Forderungen wie nach der Besteuerung von Reichtum, aber sogar gegen die Neueinstellung von 100.000 LehrerInnen – seit jeher eine Kernforderung der Bewegung – stellte!

Trotzdem war die Konferenz ein Erfolg für die neu entstehende Bewegung. Zwar konnte sie viele Erwartungen nicht erfüllen und etliche Aufgaben blieben offen, aber sie war ein erstes Lebenszeichen nach zwei Jahren der Lethargie! Vor allem die Repräsentanz der Beteiligten war positiv. Es waren mehrere Städte vertreten sowie VertreterInnen vieler Gruppen, die sich engagieren wollen.

Jetzt geht es darum, die beschlossenen Aktionstage auch tatsächlich in die Praxis umzusetzen! Vor allem müssen die DGB-Jugend, der SDS, Jusos und Solid dazu gebracht werden, sich zu beteiligen, um möglichst viele auf die Straße zu bringen. Die Proteste von SchülerInnen, Studierenden und Azubis gegen den Bildungsabbau könnten auch ein wichtiges Zeichen für die Sozialproteste und den Widerstand gegen die Krise sein, die erneut auszubrechen droht.

Um in den Mobilisierungen junge AktivistInnen und Basisgruppen um sich sammeln können, ist es für KommunistInnen unerlässlich, für eine weitergehende Perspektive der Bewegung zu kämpfen. Diese muss u.a. demokratische Entscheidungsprozesse, Streikkomitees und einen entschlossenen Kampf gegen

Bildungsabbau und Krise gemeinsam mit den

Beschäftigten enthalten