Unsere Schulen sind nicht sicher!

Die Inzidenzzahlen erreichen Rekordwerte und die Omikron-Variante des Corona-Virus hat die Welt fest im Griff. Unter diesen Umständen ist das Lernen in der Schule gerade fast unmöglich. Jede Woche sind wieder neue Leute aus unseren Klassen infiziert. Die einen kommen aus der Quarantäne, die nächsten gehen wieder. So viele Infektionen wie jetzt hat es seit der gesamten Pandemie noch nicht in den Schulen gegeben. Dabei riskieren wir nicht nur unsere eigene Gesundheit, sondern auch die unserer Familien. Immer wieder zeigen Studien, dass Schulen zu den größten Treibern der Pandemie gehören. Wir können uns nicht auf den Lernstoff konzentrieren, wenn wir permanent Angst haben müssen, uns anzustecken. Mal abgesehen davon, dass kaum jemand lange am Stück überhaupt im Unterricht ist, weil ständig jemand in Quarantäne muss. Politiker_innen und Wirtschaftsverbände reden davon, dass die Schulen unbedingt offen gehalten werden müssen, doch tatsächlich sind unsere Klassen doch schon halbleer. Der neuen Ampel-Regierung scheint es nicht wichtig zu sein, dass wir in Sicherheit und mit einem guten Gefühl lernen können. SPD, Grüne und FDP setzen stattdessen auf eine Politik, das Virus ungebremst durch die Schulen laufen zu lassen, damit unsere Eltern schön weiter zur Lohnarbeit gehen, um Profite für die Kapitalist_innen zu erwirtschaften. Unsere Gesundheit ist dabei egal, eine Durchseuchung der Schüler_innen mit Omikron wird einfach in Kauf genommen. Anstatt effektive Sicherheitsmaßnahmen an den Schulen einzuführen, werden Quarantäneregeln verkürzt und das Geld für Luftfilter, Masken, CO²-Messgeräte und mehr Personal weiter gespart. Der Leistungsdruck auf uns Schüler_innen wird dabei noch mehr erhöht, indem gesagt wird, wir hätten noch so viel Unterrichtsstoff nachzuholen und die Abschlussprüfungen stünden ja bald an. Dabei tun sie so, als wären diese Prüfungen in unserem Interesse, wobei sie doch eigentlich nur dafür sind, uns für den Arbeitsmarkt vorzuselektieren, in diejenigen, die sich schonmal auf HartzIV bewerben können und diejenigen, die mehr verdienen werden.

Wir sagen: Challas es reicht!

Überall auf der Welt lehnen sich gerade Schüler_innen dagegen auf, dass ihre Gesundheit der Politik scheißegal ist. In Griechenland haben Schüler_innen über 250 Schulen besetzt oder die Eingänge blockiert. In Österreich gab es einen dezentralen Schulstreik gegen die katastrophale Bildungspolitik. Zehntausende Schüler_innen und Lehrer_innen haben in Frankreich für schärfere Sicherheitsmaßnahmen an ihren Schulen gestreikt. Auch in den USA haben Lehrer_innen aus Angst sich an den Schulen zu infizieren protestiert. Unsere volle Solidarität gebührt den Aktionen, Demos, Blockaden, Besetzungen und Streiks. Die punktuellen Aktionen müssen von den Gewerkschaften der Lehrer_innen mitgetragen werden und mit Forderungen nach der Freigabe von Impfpatenten, einer demokratisch kontrollierten Aufklärungskampagne und einem solidarischen Lockdown verbunden werden, um den Zusammenbruch der Gesundheitssysteme zu stoppen. Wird Zeit, dass wir hier auch endlich etwas starten! Unsere Bildungsgewerkschaft hierzulande, die GEW hat zwar immer wieder das katastrophale Krisenmanagement in den Schulen kritisiert aber nichts dagegen unternommen. Die aktuelle Forderung der GEW-Berlin nach einem Votum der Schulkonferenz zur Frage von Schulöffnung oder -schließung ist ein wichtiges Signal, jedoch müssen auch Taten folgen, damit die Politik darauf reagiert.

Wir fordern jetzt hier und sofort:

  • Ob Präsenz-, Wechsel- oder Distanzunterricht stattfindet entscheidet nicht die Ampel, sondern wir. Jede Schulgemeinschaft aus Schüler_innen, Eltern und Lehrer_innen muss selbst diese Entscheidung demokratisch treffen!
  • Stattet die Schulen endlich mit dem nötigen Hygiene-Equipment aus! Wir brauchen Luftfilteranalgen, kostenlose FFP2-Masken, CO²-Messgeräte, tägliche Schnelltests und ein eigenes PCR-Testlabor an jeder Schule!
  • Sowohl neue Lehrer_Innen, Sozialarbeiter_Innen, pädagogische Assistenzkräfte, Sonderpädagogog_Innen, Schulpsycholog_innen, Sozialarbeiter_innen als auch Personal in der Verwaltung und Instandhaltung müssen neu eingestellt werden!
  • Aussetzung aller Prüfungen für dieses Schulhalbjahr!Lernen in der Pandemie darf für niemanden einen langfristigen Nachteil in der Schullaufbahn bedeuten! –Dabei muss auch der Rahmenlehrplan reduziert werden, gemeinsam kontrolliert durch Leher_Innen, Schüler_Innen und Eltern.

Gründet Aktionskomitees, um unsere Forderungen in die Schulen zu tragen. Sprecht mit euren Klassensprecher_innen, damit sie eine Diskussion in der Schüler_innenversammlung anstoßen. Quascht mit euren Lehrer_innen und lasst uns schauen, wo wir gemeinsam für unsere Forderungen kämpfen können. Was wir brauchen sind Vollversammlungen an unseren Schulen, um über die aktuelle Lage zu diskutieren und gemeinsam die nötigen Sicherheitsmaßnahmen zu beschließen. Schreibt uns bei Insta, Facebook oder per Mail, wenn ihr Hilfe dabei benötigt. Vielleicht kriegen wir es ja auch hin, wie in den anderen Ländern einen flächendeckenden Streik zu organisieren, denn schon bei Fridays for Future haben wir gemerkt, dass dies die einzige Möglichkeit ist, uns Gehör zu verschaffen. Unsere Gesundheit ist wichtiger als ihre Profite!




Schulen sicher oder Schulen zu!

+++ Demo am Sonntag, den 22.11. in Berlin, 14 Uhr Alexanderplatz (an der Weltzeituhr) !!!! +++

Alles, was ihr über die beschissene Corona-Situation an unseren Schulen wissen müsst und was wir zusammen dagegen tun können:

Mit der vielfach höheren Zahl an Neuinfektionen, als noch im Frühling (3-Fach am 21.10.) ist eingetreten, was von den meisten erwartet wurde: Die Zweite Welle der Pandemie schlägt ein und das deutlich härter als die Erste. Die Notwendigkeit erneuter Schutzmaßnahmen ist unbestreitbar. Doch anders als beim ersten Mal, wird jetzt vor allem unsere Freizeit eingeschränkt. Betriebe werden nur dort geschlossen, wo Menschen ihre Freizeit verbringen und Schulen sollen ganz offen bleiben. Dafür gibt es Kontaktbeschränkungen und die Streichung aller Veranstaltungen, Kulturangebote und des gemeinsamen Sports. Die Lage ist absurd, besonders wenn man sich vor Augen hält, dass es nun völlig ok ist mit bis zu 30 Leuten in einem Klassenraum zu sitzen, aber ein schwerer Verstoß, wenn man sich zu dritt vor dem Schultor trifft. Ebenso paradox ist, dass die Partys „feierwütiger“ Jugendlicher als massiver Ansteckungsherd gebrandmarkt werden und gleichzeitig der gemeinsame Aufenthalt im Klassenraum für dieselben Leute nur eine minimale Infektionsgefahr haben soll. Der Lockdown-„light“ enttarnt sich so als reiner Freizeit-Lockdown, in welchem wir durch den Verzicht auf soziale Interaktion, sowohl Corona bekämpfen, als auch den Verwertungsdrang von Wirtschaft und Schulsystem befriedigen sollen.

Der erste Lockdown hat jedoch deutlich gezeigt, dass eine Schulschließung allein keine Antwort ist. Soziale Ungleichheiten trafen Schüler_Innen mehr denn je und es gab einen massiven Anstieg häuslicher Gewalt. Viele Schüler_Innen verfügen nicht über Endgeräte, eine ausreichende Internetverbindung oder die Möglichkeit zu Hause in Ruhe zu lernen. Dieser Missstand wurde höchstens durch die Vergabe einzelner Tabletts angegangen, aber das ist kaum ein Tropfen auf dem heißen Stein. Auch die eigentliche Notwendigkeit, die Schulen auf einen Unterricht unter Wahrung von ausreichenden Hygienemaßnahmen vorzubereiten, wurde weder während der Schulschließung, noch danach erfüllt. So war bereits der erste Lockdown ein Einschreiten gegen das unmittelbare Problem, doch völlig blind für die Aufgaben der Zukunft und diejenigen, die dabei auf der Strecke blieben.

Ob unsere Schulen geschlossen werden oder nicht ist eine Entscheidung, die sich nach unseren Bedürfnissen richten muss und nicht den Interessen der Wirtschaft. Die Unternehmer_innen wollen jedoch, dass wir aus dem Haus sind, damit unsere Eltern für ihre Profite schuften können. Gleichzeitig wollen sie, dass wir schön brav unsere Prüfungen schreiben, damit es viele neue qualifizierte Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt gibt. Die Gefährdung in Schulen und Kitas wird deshalb systematisch kleingeredet. Aber wir sagen: Unsere Gesundheit geht vor ihre Profite! Es darf deshalb nicht in Lobbygruppen und Bildungsausschüssen entschieden werden, welche Schule geschlossen werden. Wir selber können darüber am besten entscheiden. Wir fordern demokratische Krisenkomitees aus Schüler_innen, Eltern, Lehrer_innen und Virolog_innen, die zusammen entscheiden, ob eine Schule geschlossen wird, die zusammen Hygienebestimmungen festlegen und diese kontrollieren!

Zusammen mit den Lehrer_innen? Ja, genau das. Mit kranken Lehrer_innen gibt’s auch keine Bildung. Gerade unsere Lehrer_innen sind einem zusätzlichen Infektionsrisiko ausgesetzt, da sie mit viel mehr Personen in der Schule Kontakt haben. Sie werden dabei allein gelassen, die Bildungsangebote an die neue Situation anzupassen und müssen das auch noch unbezahlt in ihrer Freizeit tun. Ihre demokratisch gewählten Interessenvertretungen, die Personalräte, wurden außerdem bei den Beschlüssen zu Krisenmaßnahmen einfach übergangen. Die Gewerkschaft der Lehrer_innen, die GEW, hat viel richtige Kritik an der aktuellen Situation und zum Teil auch gute Forderungen. Leider macht sie nur nichts dafür, um diese auch umzusetzen. Eine Gewerkschaft muss ihre Mitglieder mobilisieren, Personalversammlungen einberufen, über die Forderungen demokratisch diskutieren und streiken, wenn sie was erreichen will. Wir müssen deshalb zusammen mit unseren Lehrer_innen der GEW in den Arsch treten, damit endlich was passiert.

Wir müssen gemeinsam einen Weg durch die Pandemie finden, der es allen ermöglicht, sinnvoll am Unterricht teilzunehmen, ohne dabei benachteiligt zu werden und ohne die eigene Gesundheit oder die Nahestehender zu gefährden. Auch wollen wir nicht die Sündenböcke einer Politik sein, die es nicht schafft, einen angemessenen Umgang mit der Pandemie zu finden. Weder werden wir als Grund für die Verbreitung des Virus herhalten noch hinnehmen, dass das Bildungssystem weiter todgespart wird. Deswegen stehen wir ein für:

# Mehr Unterrichtsräume! Sei es durch Neubau oder die Beschlagnahmung von leerstehenden Gebäuden! Es war auch schon vor der Pandemie nicht ausreichend Platz vorhanden.

# Mehr Personal! Sowohl neue Lehrer_Innen, Sozialarbeiter_Innen, pädagogische Assistenzkräfte, Sonderpädagogog_Innen, als auch Personal in der Verwaltung und Instandhaltung müssen neu eingestellt werden!

# Deutlich kleinere Klassen! Nicht mehr als 12 Schüler_innen sollen gleichzeitig unterrichtet werden! Alles andere ist aus pädagogischer und gesundheitlicher Sicht zu viel! – Freistellung ohne Diskussion! Es muss in allen Bundesländern die Möglichkeit geben, sich ohne Attest freizustellen!

# Kostenlose Schnelltest, FFP3-Masken und Desinfektionsmittel! Niemand soll Angst haben müssen, sich selbst, Verwandte oder geliebte Personen anzustecken! – Kostenlose Lernmittel und Endgeräte für alle, die von zuhause am Unterricht teilnehmen. Ebenso müssen Ausweich-Räumlichkeiten und betreuende Pädagog_Innen bereitgestellt werden!

# Aussetzung aller Prüfungen für dieses Schulhalbjahr! Lernen in der Pandemie darf für niemanden einen langfristigen Nachteil in der Schullaufbahn bedeuten! – Die Reduzierung des Rahmenlehrplans!, gemeinsam kontrolliert durch Leher_Innen, Schüler_Innen und Eltern.

Wir betrachten unseren Kampf in der Schule nicht isoliert von anderen Kämpfen. Wir stehen ebenso ein, für die Tarifkämpfe und Rechte der Arbeiter_Innen. So wie wir das Versagen der Politik in der Schule zu spüren bekommen, müssen es unsere Eltern von Politik und Gewerkschaften ertragen. Genauso wollen wir gemeinsam mit den Auszubildenden in den Betrieben kämpfen und stehen daher außerdem ein für:

– die massive Investition in Bildungs- Gesundheit- und Sozialwesen. Statt Konzernen müssen Menschen und ihre Zukunft gerettet werden!

– die Fortsetzung aller Tarifkämpfe, wenn nötig durch Streiks, bis ein angemessenes Ergebnis erkämpft wurde, mit dem nicht nur Gewerkschaftsführung und Konzerne zufrieden sind!

– die Übernahme aller Auszubildendeb und die Schaffung neuer Ausbildungsplätze! – die Streichung aller Mietschulden und die Bereitstellung von Wohnraum zum Selbstkostenpreis!

Alle diese Maßnahmen werden nicht vom Himmel fallen, sie kosten natürlich erst einmal Geld. Dieses sollte von denen genommen werden, die Verantwortlich für die Krise sind oder sogar davon profitieren. So konnten Softwarefirmen, Biotech-Unternehmen oder Amazon dank der Pandemie Rekordumsätze machen. Neben denen, die sich mit der Krise die Taschen voll machen, sollen auch die zahlen, die für den Ausbruch der Pandemie verantwortlich sind. Zum Beispiel begünstigt die industrielle Massentierhaltung die Entwicklung von Krankheiten durch die Lebensbedingungen der Tiere enorm. Nahrung muss dagegen entsprechend den Bedürfnissen von Mensch und Natur produziert werden, nicht für Profit. Statt in private Taschen zu fließen, müssen Gewinne verwendet werden, um allen einen sicheren Weg durch Pandemie und Wirtschaftskrise zu ermöglichen. Der Kampf gegen die Pandemie muss auch ein Kampf für ein gerechtes Gesundheitssystem sein. Pharmakonzerne und Krankenhäuser gehören in die öffentliche Hand gestellt. Die Kontrolle über diese Maßnahmen dürfen nicht die Chefs und Firmeninhaber_Innen ausüben, deren einziges Interesse die Profitmaximierung ist. Die Beschäftigten vor Ort müssen bestimmen, was wie und unter welchen Sicherheitsmaßnahmen produziert wird.  Lasst uns gemeinsam für eine linke Antwort auf die Pandemie kämpfen und das nicht den Rechten überlassen! Auch durch Demonstrationen und Streiks, denn solange wir noch in der Schule sein können, solange können wir auch noch demonstrieren!




Hände weg von unseren Schulen! Stoppt die Schulprivatisierungen des Berliner Senats!

Wilhelm Schulz, REVOLUTION Berlin

Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und der Linken aus dem Jahr 2016 kündigten diese massive Investitionen bis zum Jahre 2026 in den Neubau und die Sanierung von Berliner Schulen an. Von 5,5 Milliarden Euro war die Rede. Doch wie will der Senat das stemmen?

Der rot-rot-grüne Berliner Senat plant die Privatisierung der 798 Schulen des Landes. Mittels einer Privat-Public-Partnership (Öffentlich-Private-Partnerschaft = PPP) soll staatliches Eigentum schleichend unter die Interessen privatwirtschaftlicher Investor_Innen gestellt werden. Schon in den 2000ern gab es in Berlin eine Privatisierungswelle, nur im Wohnungsbereich. Die verheerenden Auswirkungen und die geringen Möglichkeiten in privatisiertes Eigentum einzugreifen, ist nicht nur für alle die offensichtlich, die in Berlin je eine Wohnung gesucht haben. Den Hintergrund für die geplante Privatisierung von fast 800 Schulen bildet die Zielsetzung der rot-rot-grünen Regierung, einen ausgeglichenen Haushalt zu gewährleisten. So kommt es, dass das Land seit knapp 6 Jahren eine Sparpolitik fährt, die versucht, die Neuverschuldung auf Null halten.

Den bundespolitischen Hintergrund für die geplanten Privatisierungen bildet die sogenannte Schuldenbremse. Nach dieser dürfen die Bundesländer und Kommunen ab 2020 keine neuen Schulden machen, somit keine Kredite mehr aufnehmen. Das bringt ein Investitionsverbot in bitter notwendige soziale Infrastruktur mit sich. Wenn Länder und Kommunen nicht oder nicht ausreichend investieren dürfen, so müssen diese eben staatliches Eigentum verscherbeln. Dieser Ausverkauf soll Investitionsmöglichkeiten für das Kapital schaffen. Solcherart werden Milliarden billig verschleudert zum Nutzen der Investor_Innen, die sich über sichere und regelmäßig steigende Gewinne freuen dürfen.

Hierfür gibt es bereits ein bundesweites Pilotprojekt und zwar aus Offenbach, was in den letzten Jahrzehnten infolge der Deindustrialisierung der Stadt extrem verarmt ist. Der Landkreis hatte mittels einer PPP im Jahre 2004 die Grundstücke seiner 88 Schulen an die Baukonzerne Hochtief und Vinci vergeben und seit diesem Verkauf mietet die Stadt Grundstücke und Schulen an. Die vereinbarte Jahresmiete belief sich ursprünglich auf 52 Millionen Euro. Im Jahre 2014 betrug sie jedoch schon 82 Millionen und bei Vertragsende in 2019 sollen es sogar 95 Millionen sein. Grund dafür ist, dass die Investor_Innen Profit aus ihrer Immobilie ziehen müssen und sich die Miete somit mit der Zeit immer weiter erhöhen muss.

Auch International gibt es ähnliche Beispiele. So wurden unter Margaret Thatcher Ende der 70er Jahre große Teile der Wasserversorgung verkauft, sodass es heute in Großbritannien Haushalte gibt, die im Keller eine Art Münzeinwurf haben, um Zugang zu Wasser zu erhalten. Auch wenn wir an dieser Stelle glücklicherweise darauf hinweisen können, dass Thatcher tot ist, so blieb uns ihr neoliberales Vermächtnis leider erhalten. Es bleibt hier zu sagen, dass in all diesen Fällen die versprochenen Investitionen von Kapitalseite ausblieben. Warum sollte es auch anders sein? Sie investieren gemäß der Logik der Gewinnmaximierung, nicht zur Sicherung des Gemeinwohls. So steht die Bundesrepublik aktuell im Rechtsstreit mit der Telekom, Vinci und Daimler im PPP der Autobahn-Maut wegen Minderleistungen von 7 Milliarden Euro!

Was genau plant das Land Berlin?

Der Senat will der Berliner Wohnungsbaugesellschaft HOGOWE GmbH mittels Erbpacht die Gebäude der 798 Berliner Schulen übertragen. Dies soll durch eine Tochtergesellschaft, im Arbeitstitel Schul-GmbH genannt, geschehen. Die Wohnungsbaugesellschaft ist eine teilstaatliche, d.h. sie verwaltet formal staatliches Eigentum, jedoch unter privatwirtschaftlicher Führung. Das Land kann also Verhaltensweisen des Konzerns kritisieren, jedoch nicht eingreifen. So auch bereits 2010 geschehen, als die HOGOWE ohne Ausschreibung Großaufträge vergab, wo die Kritik zwar groß war, der Auftrag jedoch blieb. Vor allem ist davor zu warnen, da das Land Berlin zu Beginn der 2000er Jahre viele städtische Wohnungsbaugesellschaften bereits voll-privatisierte.

Diese Schul-GmbH soll zukünftig alle schulspezifischen Aufgaben koordinieren, also Bau, Sanierung (die dringend notwendig ist, denn die jahrzehntelange Vernachlässigung hat zu einem katastrophalen Zustand Berliner Schulen geführt), inneren Betrieb außerhalb des Bildungsauftrags, wie Hausmeister, Grünpflege, „Sicherheit“, Instandhaltung, „Gas, Wasser, Scheiße“ usw. Hierfür zahlt das Land die bereits angesprochene Miete. Auch kann es zu zeitlichen Begrenzungen des Nutzungsrechts kommen. So kann es sich beispielsweise tagsüber um eine Schule und Abends um ein AfD-Schulungszentrum handeln oder ein ‚Hotel der anderen Art‘ in den Schulferien – mal als fiktive Beispiele.

Solche Verträge laufen 25 Jahre. Somit hat das Land für diesen Zeitraum kein wirkliches Recht hiergegen Sturm zu machen. Hier werden also gerade die Weichen für die nächsten Jahrzehnte gestellt und das unter dem „Versprechen“, zu investieren. Zur Gewinnsteigerung sind hier dann auch alle möglichen anderen Tricksereien möglich. Beispielsweise könnte es Tür und Tor für kommerzielle Werbung an den Schulen öffnen. Dann darf nicht mehr „nur“ die Bundeswehr für ihr sogenanntes „Werben für’s Sterben“ in Schulen touren. Nein, wie wär’s mit einer Turnhalle ‚powered by McFit‘ oder einer Kantine ‚präsentiert vom Pizza Hut‘? Kurzum eine allgemeine Öffnung des Bildungswesens für das Kapital.

Was bleibt?

Szenarien wie diese könnten nicht nur den Schulbereich betreffen. Sie könnten in den kommenden Jahren auch in anderen staatlichen Einrichtungen bevorstehen, z.B. die Privatisierungen von Bäderbetrieben, Stadtwerken, Rathäusern, Hochschulen, Müllabfuhren. Das Personal dieser könnte durch billigere Arbeitskräfte und Leiharbeiter_Innen ersetzt werden, getragen durch private Dienstleister_Innen.

Wir halten diese Maßnahmen nicht für alternativlos. Denn es sind selbstgemachte Probleme. Es sind Maßnahmen, die vor allem der Stärkung des deutschen Kapitals dienen. Sie ermöglichen in Zeiten zunehmender Konkurrenz und wirtschaftlicher Unsicherheit „sichere“ Gewinne, für die die Allgemeinheit, also vor allem die Lohnabhängige Bevölkerung, zu zahlen hat. Zugleich verlagern sie das Problem der fehlenden staatlichen Einnahmen infolge von Jahrzehnten der Steuergeschenke an die Reichen, an Kapital- und Vermögensbesitzer_Innen: Die Sanierung der Schulen wird nicht aus der Besteuerung der Reichen oder der Gewinne und Großvermögen finanziert, sondern „ausgelagert“. Der Widerstand hiergegen regt sich bisher im Kleinen. So gibt es die Initiative „Gemeingut in Bürger_Innenhand“, die unter anderem zu diesem Thema arbeitet. Sie plant eine Volksinitiative. Bis Mitte des Jahres sammelt sie Unterschriften, damit es hierzu eine öffentliche Abstimmung geben kann. Dies halten wir für begrenzt, jedoch begrüßenswert und fordern zur Unterstützung dieser auf. Genaueres findet ihr auf ihrer Internetseite (https://www.gemeingut.org/volksinitiative-unsere-schulen-unterschreiben-wie-geht-das/).

Der „linke“ Senat will so gleich zwei politischen und gesellschaftlichen Gegnern ausweichen. Einmal den Kapitalbesitzer_Innen und privaten Investor_Innen, die rasche Gewinne wittern, zum anderen der Bundesregierung, die die Schuldenbremse durchzuziehen will. Statt den Kampf gegen dieses Gesetz und dessen Umsetzung zu führen, ziehen die Held_Innen aus dem Abgeordnetenhaus lieber ihre Wähler_Innen und Anhänger_Innen über den Tisch.

Das Land mag dann zwar schuldenfrei sein, dafür zahlen die Schüler_Innen bzw. deren Eltern mehr. Solche „Haushaltssanierung“ trifft diejenigen, die sich die privatwirtschaftlichen ‚Angebote‘ nicht leisten können. Dieser massive Angriff zeigt eindeutig, auf welche Seite sich die rot-rot-grüne Landesregierung stellt, auf die Seite des Kapitals. Dagegen müssen wir kämpfen!