Was ist „Racial Profiling“?

Luisa Muth

Weltweit
werden Menschen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, Hautfarbe oder
Religion rassistisch diskriminiert, erfahren Respektlosigkeit,
Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Gewalt. Rassismus ist eine
Ideologie, welche die Menschen in verschiedene „Rassen“ einteilt
und diese hierarchisch einstuft. Die Hautfarbe wird als bestimmender
Faktor eines Menschen gesehen und seine Wertigkeit danach
eingeordnet.

„Racism is a social disease.“

Es
durchzieht unsere Gesellschaft und Politik. Bereits im Grundgesetz
finden wir im Artikel 3 das Wort „Rasse“ vor. Die
Auseinandersetzung mit dieser Begriffsschwierigkeit hat im
deutschsprachigen Raum gerade erst begonnen. People of color
(Menschen, die in der Mehrheitsgesellschaft als nicht-weiß angesehen
werden und Rassismuserfahrungen machen müssen) sind überall von
Rassismus betroffen, ob in den (Berufs-)Schulen, an den
Universitäten, beim Amt, am Arbeitsplatz oder im Alltag. Rassismus
wird auf unterschiedlichste Arten und Weisen sichtbar: Von
herablassenden Blicken, über verbal diskriminierende Sprache bis hin
zu rassistisch motivierter Gewalt und Terroranschlägen wie zuletzt
im Februar in Hanau.

Auch
in staatlichen Strukturen ist Rassismus präsent: Vor allem in der
Polizei, die eigentlich für Sicherheit sorgen und unser
wohlgemeinter „Freund und Helfer“ sein sollte – und zwar für
alle Menschen, die hier leben – unabhängig von ihrer Herkunft oder
Hautfarbe. Dies sieht in der Realität jedoch oft ganz anders aus:
Racial Profiling ist leider ein alltäglicher Vorgang. Ob am Bahnhof,
in den Parks oder sonstigen öffentlichen Plätzen, an denen sich
viele Menschen aufhalten, werden Personen aufgrund ihres Aussehens
scheinbar willkürlich und ohne Grund durchsucht und ihre Personalien
werden aufgenommen. Dies bestätigen viele Aussagen von Betroffenen.
Allein ihre Hautfarbe wird als Anlass genommen, sie zu kontrollieren,
ohne dass sie sich etwas haben zuschulden kommen lassen.

Rassismus hat System

Dies wird auch bei den Vorfällen im Juni in Stuttgart erkennbar. Viele Journalist_Innen und die Polizei machten für die Ausschreitungen vor allem Deutsche mit Migrationshintergrund verantwortlich. Es zeigt uns, dass sie sogleich den Migrationshintergrund als Ursache dieses Verhaltens ausmachten. Wie schon bei anderen Vorfällen auch voreilige, auf Vorurteilen beruhende Reaktionen und Schlussfolgerungen der Polizei getroffen wurden, stellte sich auch dieses Mal dies als eine falsche Information heraus. Nur weniger als die Hälfte der Jugendlichen waren Deutsche mit einem Migrationshintergrund. Nun macht die Polizei die „Party- und Eventszene“ für die Ausschreitungen verantwortlich. Die gravierenden Falschinformationen der Polizei sorgten für starke Kritik.

Justiz
und Innenministerium wollten die Polizei auf rassistische Tendenzen
hin prüfen, welches Seehofer jedoch mit der Aussage „Racial
Profiling sei in der Polizei sowieso verboten und deshalb gäbe es
das dort auch nicht“, verhinderte. Damit ist die auch von der
Bundesregierung vorgeschlagene Studie wieder vom Tisch.

Rassismus
innerhalb der Polizei führt nicht „nur“ zu Racial Profiling und
vermehrter Gewalt gegenüber People of Color, sondern auch zu Mord.
In den USA gehören rassistisch motivierte Polizeigewalt und Morde
zum Alltag. Georg Floyd zählte zu einem der zahlreichen Toten durch
polizeiliche Gewalt. Damit wurde wieder das Leben eines Menschen
aufgrund seiner Hautfarbe sinnlos ausgelöscht.

Aber nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland fanden POC durch Polizeigewalt ihren Tod. Bis heute sind die Umstände des Todes von Oury Jalloh, Amad Ahmad oder Matiullah J. nicht aufgeklärt. Beamte decken Beamte, sogar wenn jemand getötet wurde und der Staat tritt die Gerechtigkeit mit Füßen! Bis heute gibt es keine unabhängige Beschwerdestelle, die in Fällen von Polizeigewalt neutral ermitteln könnte.

Woher kommt Rassismus?

Die
Ideologie des Rassismus war vorherrschend in der Epoche des
europäischen Kolonialismus und Imperialismus bis nach dem zweiten
Weltkrieg. Diese Ideologie diente der Rechtfertigung des
Kolonialismus, der Sklaverei, den Verbrechen der Nazis und der
Apartheid.

Das
Entstehen von Ungleichheiten und Hierarchien im Kapitalismus sollte
auch unter dem Blickwinkel von Rassismus betrachtet werden. Der
Kapitalismus etabliert sich daher über rassistische Hierarchien.
Der
Wille des Kapitals ist es, die Bevölkerung anhand von ethnischen,
religiösen und nationalen Unterschieden zu spalten, indem er
Misstrauen und Hass gegeneinander schürt, um so seine Herrschaft zu
sichern und einen Zusammenschluss aller unterdrückten und
ausgebeuteten Menschen gegen das Kapital zu verhindern und von den
gesellschaftlichen Problemen abzulenken. Die tatsächliche Teilung
der Gesellschaft auf Grundlagen der ökonomischen Klassen wird somit
auch verschleiert. Um es verständlicher auszudrücken: Eine
entlassene Person wird nicht gegen die Firmenleitung protestieren,
wenn sie für die Entlassung „die Ausländer“ verantwortlich
macht.

In
diesem Sinne sind auch z.B. die Aushebelung des Asylrechts und die
rassistische Hetze durch alle bürgerlichen Parteien zu verstehen.
Die Gesetzesverschärfungen werden mal eben mit der rassistischen
Aussage erklärt, dass man sich damit gegen die Massen von
„Terrorist_Innen“ unter den Flüchtlingen schütze. Mit dieser
rassistischen Lüge lassen sich auch vermehrte Überwachung und
Polizeibefugnisse rechtfertigen. Und mit der islamophoben These, dass
der Islam das Hauptproblem Deutschlands sei, lässt sich auch
insgesamt von den katastrophalen Auswirkungen der kapitalistischen
Politik Deutschlands ablenken und Kriege wie in Afghanistan, Syrien
oder Mali rechtfertigen.

Die
Polizei setzt die rassistische Regierungspolitik in die Tat um. Sie
schließt die Grenzen, greift „illegale“ Migrant_Innen auf und
führt Abschiebungen durch. Sie ist also mit der Aufgabe betraut,
gegen den deklarierten ausländischen Feind vorzugehen. Legitimiert
wird diese Politik mit dem angeblichen Schutz unserer Kultur und dem
Kampf gegen Terrorismus. Die Polizei ist daher einer der maßgeblichen
Ausdrücke dieser Politik.

Im
Kampf gegen den Rassismus und die Repressionen der Polizei fordern
wir:

  • Kein
    Racial Profiling! Hartes Aburteilen von Polizist_Innen, die Racial
    Profiling anwenden!
  • Schränkt den Handlungsraum der Polizei ein: Keine verdachtsunabhängigen Kontrollen, keine Inhaftierungen ohne Gerichtsverfahren, keine Begriffe wie „drohende Gewalt“!
  • Defund the police! Keine Finanzierung der Polizei. Das Geld brauchen wir für Sozialleistungen, Bildung oder sozialen Wohnugsbau!
  • Die Einrichtung unabhängiger Untersuchungsstellen für Vorfälle von (rassistischer) Polizeigewalt und Racial Profiling: Die Polizei darf sich nicht länger selbst überwachen!