Aprilthesen: 10 Thesen, die die Welt veränderten

Resa Ludivin

Die Oktoberrevolution hat 2017 ihr hundertjähriges Jubiläum. Im Zuge dessen ist es nicht nur wichtig, sich mit ihrem Ablauf auseinanderzusetzen, sondern auch mit dem Text, der sie maßgeblich ideologisch vorbereite, denn anders als so oft präsentiert, war die Oktoberrevolution nicht von Anfang an geplant und die Bolschewiki waren nicht alle der gleichen Meinung. Dafür dass die Revolution dennoch siegte, nahmen die Aprilthesen Lenins eine zentrale Rolle ein, weswegen wir hier genauer auf sie eingehen wollen.

Nachdem bereits im Februar des Jahres 1917 eine Revolution Russland komplett veränderte und die Zarenfamilie von der ersten Provisorischen Regierung abgelöst wurde, hatten die Bolschewiki unterschiedliche Positionen, wie sie sich zur aktuellen Lage verhalten sollten. Einige glaubten, dass zunächst eine bürgerliche Demokratie errichtet werden müsste, andere, dass man der aktuellen Regierung nicht trauen könne. Wiederrum andere wollten eben diese Regierung unterstützen. In diesem Zeitraum kehrte Lenin aus dem Exil zurück. Und mit ihm zehn Thesen, in denen er formulierte, wie sich die Partei und „das revolutionäre Proletariat“ seiner Meinung nach jetzt zu verhalten habe. Um seine Positionen führte er innerhalb der Bolschewiki einen politischen Kampf.

Die Revolution ist nicht vorbei!

Wichtigster Punkt war es, klarzumachen, dass die Revolution nicht bei der Absetzung des Zaren stehen bleiben konnte. Zwar war nun eine neue Regierung an der Macht, doch diese war so instabil, dass sie zwischen Februar und Oktober mehrfach wechselte. Das lag daran, dass sie versuchten, zwischen der besitzenden und der arbeitenden Bevölkerung einen Kompromiss zu machen. Das gelang ihnen aber nicht. Vorallem den Bedürfnisse der Ausgebeuteten konnten sie nicht gerecht werden. Weder das Versorgungsproblem konnten sie lösen, noch beendeten sie den Krieg. Und das obwohl gerade diese Forderungen den Zar stürzten. Lenin erkannte, dass nur wenn die Arbeiter_Innenklasse die Macht ergreife und die Wirtschaft unter ihrer Kontrolle stehe, man die nötigen bürgerlichen Reformen umsetzen könne.

Kämpft in den Sowjets, keine Unterstützung der Provisorischen Regierung!

Alle Macht den Sowjets! Doch zunächst mussten sich die Bolschewiki eingestehen, dass im April 1917 zwar Arbeiter_Innenräte vorhanden waren, aber die Bolschewiki darin nur eine kleine Gruppe darstellten. Sie mussten sich gegen andere politische Strömungen, wie vor allem Sozialrevolutionär_Innen und Menschewiki, durchsetzen. Ebenso wie bei den Frontsoldaten fordert Lenin hier die Aufklärung der Massen. Wichtig war es, sämtliche Widersprüche aufzudecken und ihnen die Illusion zu nehmen, dass die neue Regierung einen gesellschaftlichen Wandel in ihrem Sinne vollziehen würde, allem voran den Krieg zu beenden.

Um das zu erreichen, durfte man sich nicht von den Massen isolieren, sondern kämpfte in den Räten für die eigene Position. Man verschloss sich auch nicht bei falschen Entscheidungen der Sowjets (russ.: Rat, Komitee). Beispielsweise beschloss im Juni der Petrograder Sowjet, eine bewaffnete Demonstration zu machen. Das war zu diesem Zeitpunkt ziemlich vorschnell, weil das Kräfteverhältnis nicht für eine Revolution ausgereicht hatte. Dennoch unterstützten die Bolschewiki die Demonstration, kritisierten diese aber zeitgleich. Die Juliaufstände sorgten für eine kurzzeitige Demoralisierung und verstärkte Repression gegen die Arbeiter_Innen. Viele mussten ins Gefängnis. Doch in den Folgemonaten änderte sich die Situation wieder.

Die Tatsache, dass es zu diesem Zeitpunkt überhaupt Rätestrukturen gab, zeigt, dass bereits die Februarrevolution fortschrittlicher war als jede andere bürgerliche Revolution zuvor. Dies mag auch darin liegen, dass es bereits 1905 revolutionäre Aufstände in Russland gab. Der Erfolg und der Ausgang der Februarrevolution ist jedoch nicht zuletzt auf die Schwäche des Zarenreiches durch den ersten Weltkrieg zurückzuführen. Trotzdem weist Lenin darauf hin, dass die Errichtung einer parlamentarischen Republik rückschrittlicher wäre, als die bereits bestehenden Arbeiter_Innendeputiertenräte beizubehalten. Denn diese sind der Keim für mögliche Arbeiter_Innenregierungen.

Für die Enteignung von Produktionsmitteln und Großgrundbesitzern!

Die Nahrungsmittelversorgung war zu dem Zeitpunkt aufgrund des Krieges miserabel. So wurde die Losung „Brot, Land, Frieden“, die sich eigentlich um minimale Bedürfnisse der Bevölkerung drehte, zur Übergangsforderung, die die bürgerliche Herrschaft in Frage stellte. Um die Versorgungsfrage zu klären, war die Übernahme der Verteilungshoheit sowie Enteignung des Grundbesitzes das einzige Mittel, um die Versorgung der Massen zu gewährleisten. Die Übernahme der Kontrolle der gesellschaftlichen Produktion sowie der gerechten Verteilung der Güter zählt bis heute zu einer der zentralen Forderungen von Kommunist_Innen und wurde auch in den Aprilthesen aufgeworfen.

Zusätzlich ergänzte Lenin die Aprilthesen auch um zentrale Forderungen für die Landbevölkerung. Nicht nur, weil die Basis der Regierungspartei der Sozialrevolutionär_Innen dort verankert war, sondern auch weil die Bäuer_Innen eine wichtige Gruppe für die Revolution darstellen würden. 1917 war Russland im Vergleich zu anderen Großmächten wie Deutschland oder Großbritannien weniger entwickelt, sowohl vom Stand der Menschenrechte wie vom Stand der Industrie. Da die industrielle Revolution nicht in dem Maße vollzogen war, waren der Großteil der Bevölkerung noch keine Arbeiter_Innen, sondern arbeitete auf dem Land. So machten sie knapp 80 % aus. Ohne sie auf ihrer Seite hätten die Arbeiter_Innen, die sich in den Städten sammelten, niemals die Macht halten können, nachdem sie sie ergriffen hätten. So wurden Bäuer_Innenräte unterstützt und die Enteignung der Großgrundbesitzer_Innen gefordert, unter denen die arme Landbevölkerung leiden musste.

Weg mit dem staatlichen Gewaltmonopol!

Auch musste die Spekulation und die Macht des Bankkapitals unterbunden werden, wofür Lenin die Forderung nach der Zentralisierung des Bankenwesens unter Kontrolle der Räte aufwirft. Das ist ein notwendiges Vorgehen, um aus einem kapitalistischen Staat einen Arbeiter_Innenstaat zu machen. Doch um solch einen nicht nur zu errichten, sondern auch dauerhaft die Macht zu behalten, bedarf es einer Abschaffung des bürgerlichen Gewaltmonopols. So lange die Armeen, Polizei oder andere Beamt_Innen nicht ersetzt werden, bleiben die Grundpfeiler eines jeden bürgerlichen Staates bestehen. Laut Lenin sollen diese Institutionen durch Beamt_Innen, die abwählbar sind und entlohnt werden wie ein_e Arbeiter_In sowie die Bewaffnung der Bevölkerung, beispielsweise als Arbeiter_Innenmilizen, ausgetauscht werden.

Die Bewaffnung der Arbeiter_Innen fand auch schon zwischen Februar und Oktober statt. Sinnvoll, wie sich herausstellte. Denn als die Bour­geoise immer mehr Angst vor dem Erstarken der Bolschewiki bekam und die Provisorische Regierung nichts dagegen unternehmen konnte, kam es im August zu einer Konterrevolution ihrerseits. Mit dem Generel Kornilow versuchten sie Petrograd anzugreifen. Die Arbeiter_Innenmilizen verteidigten die Stadt jedoch erfolgreich und der Einfluss der Provisorischen Regierung, gegen die sich die Konterrevolution auch wandte, erlosch.

Bruch mit dem Patriotismus, Schluss mit dem imperialistischen Krieg!

Für eine neue Internationale! Eine weitere wichtige Forderung der Bolschewiki war die Beendigung des Krieges. Da der erste Weltkrieg von Großmächten geführt wurde, denen es hauptsächlich um ihre individuellen imperialistischen Interessen ging, charakterisiert Lenin ihn auch als imperialistischen Krieg. Spätestens beim Lesen des Friedensvertrags von Versailles oder der Tatsache, dass nach der Niederlage Deutschlands die Kolonien nicht in die Freiheit entlassen, sondern an andere Mächte abgegeben wurde, werden die imperialistischen Interessen, wie Ressourcen, territoriale Erweiterung und die Schaffung neuer Absatzmärkte, offensichtlich. Anders als bürgerliche Regierungen und Parteien hielten die Bolschewiki ihr Wort auch nach der Oktoberrevolution. Das neue Sowjetrussland unter den Bolschewiki forderte noch im Oktober die anderen Mächten auf, in Verhandlungen zu treten, und schloss bald einen verlustreichen aber notwendigen Frieden. Sie bedienten sich also der revolutionären Kriegstaktik, auch revolutionärer Defätismus genannt. Verkürzt besagt diese, dass im Falle eines Krieges zwischen imperialistischen Mächten Revolutionär_Innen für die Niederlage aller Imperialist_Innen eintreten sollten und damit vor allem dem eigenen Staat den Kampf ansagen. Ihre konsequente Haltung zum Krieg führte zusätzlich dazu, dass eine neuen Internationale her musste. Dies ergab sich aus dem Verhalten von SPD und den sozialdemokratischen Parteien anderer Länder im Jahr 1914: Sie stimmten nämlich für die Kriegskredite für den 1. Weltkrieg und verrieten somit sämtliche Ideale und die internationale Arbeiter_Innenklasse.

Was lernen?

Gleichzeitig mit der entscheidenden Bedeutung für den Klassenkampf in Russland haben die Aprilthesen einen großen Fortschritt in der marxistischen Theorie bedeutet. Vorher nahm man an, dass eine Revolution in den bereits fortgeschrittenen Ländern wie Deutschland oder Frankreich stattfinden würde, da diese schon eine bürgerliche Herrschaft hatten. Nicht aber im zaritischen Russland. Dass Lenin erkannt hat, dass man nicht einfach nur bei der Ferbuarrevolution stehen bleiben kann, sondern den imperialistischen Krieg nutzen muss, um ihn in einen Bürger_Innenkrieg umzuwandeln und das Proletariat an die Macht zu bringen, ermöglichte die Oktoberrevolution. In „Die Permanente Revolution“ geht Trotzki detailliert darauf ein, warum sowas wie unterschiedliche gesellschaftliche Etappen, die starr aufeinanderfolgen, nicht immer möglich und nötig sind. Darüber hinaus zeigen uns die Aprilthesen, wie wichtig es ist, ein revolutionäres Programm zu erarbeiten, dass auf die Fragen der Zeit eine revolutionäre Antwort gibt. Hätte man nicht diese Losungen aufgestellt, in den Räten gegen die Regierung gekämpft und weiter standhaft gegen den Krieg agitiert, wäre die Oktoberrevolution nicht möglich gewesen. Deswegen ist ein revolutionäres Programm, dass man in der Praxis überprüft und weiterentwickelt, wichtig. Gute Forderungen müssen aber immer einher gehen mit guter Praxis und einer Organisation, die sie durchsetzen kann.




Wie kämpfen gegen den Rassismus?

Dilara Lorin

AFD in Deutschland, FPÖ in Österreich, Front National in Frankreich, PIS in Polen, Trump in der USA, und Temer in Brasilien. Wir befinden uns in einem internationalen Rechtsruck und die Ausmaße werden immer deutlicher: Sein es angezündete Flüchtlingsheime in Sachsen oder rassistische Übergriffe auf Migrant_Innen in Frankreich. Sein es die geschlossenen Grenzen Europas, die Auffanglager in Libyen oder der dreckige Flüchtlingsdeal mit Erdogan, die dafür sorgen, dass tagtäglich 1000 flüchtende Menschen im Mittelmeer leiden, auf illegalen Wegen nach Europa sterben oder in unmenschlichen Unterkünften leben müssen.

Und auch wenn der aktuelle Strom von Geflüchteten abnimmt: Kriege und Ausbeutung führen dazu, dass die Fluchtursachen bestehen bleiben. Eher werden diese noch verschärft. Warum? Obwohl die Weltwirtschaftskrise von 2007/2008 überwunden scheint in Ländern wie Deutschland oder Österreich, so hat diese doch weltweit Spuren hinterlassen. Andere Staaten haben mit Massenarbeitslosigkeit und Armut zu kämpfen und insgesamt gibt es seit der Krise innerhalb der Kapitalist_Innenklasse eine Zunahme von Verteilungskämpfen.

Gerade jene Schichten, die nicht mit den großen Monopolen mithalten können, haben Angst, abzurutschen – in die Arbeiter_Innenklasse. Diese Schichten sind besonders anfällig für rechte Propaganda. Arbeitsplätze? Nur für jene, die in dem Land geboren sind. Investitionen? Nur von Kapitalist_Innen, die schon immer in dem jeweiligen Land waren. Warum? Weil Rassismus ein Unterdrückungsmechanismus ist, um die nationale Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Geschürt wird diese Ideologie deshalb meistens von gutsituierten Bildungsbürger_Innen, was das Klischee widerlegt, dass Rassismus ausschließlich mit höherer Bildung zu überwinden sei. Wenn es dann keine klare linke Alternative gibt, dann sprechen diese Schichten Teile der Arbeiter_Innenklasse an.

Auch in Deutschland hat sich in den letzten drei Jahren die Stimmung zu einem immer offeneren Rassismus verändert, welcher immer mehr in unserem Alltag Fuß fasst. Auch wenn uns im Kapitalismus immer propagiert wird, das alle Menschen „gleich“ wären, um das Verhältnis Arbeit gegen Lohn zu erhalten, braucht das System aber immer wieder neue, billige Arbeitskräfte. Um diesen Bedarf umsetzten zu können, braucht man einen gemeinsamen Feind von außen. Das sind in der heutigen Zeit die Geflüchteten und Migrant_Innen, speziell Menschen muslimischen Glaubens.

Im Zuge dessen hat die AfD an Stärke und Popularität gewonnen. Und die Reaktion der anderen Parteien dagegen? Nichts! Während die AfD hetzt, macht die Regierung die Gesetze, welche Racial Profiling und die immer häufiger umgesetzten Abschiebungen in angeblich sichere Länder legitimieren, sowie rechte Übergriffe nicht zur Sprache bringen. Daneben passen sich auch Parteien, die eigentlich ein anderes Interesse widerspiegeln sollten, dem Rechtsruck an. Egal ob Maaß aus der SPD oder Wagenknecht von der Linken. Sie alle benutzen rassistische Forderungen und Äußerungen und schnüren somit ein rassistisches Bild in den Alltag ein, als wäre es vollkommen normal und Teil ihrer eigenen Politik. Indem die „etablierten Parteien“, anstatt sich konsequent gegen die menschenverachtenden Ideologien von Rechts zu stellen, ihren eigenen Rassismus offen nach außen trugen, fischten sie nicht nur am rechten Rand, sondern bereiteten der AfD den direkten Weg in den Bundestag. Im 18. Bundestag werden somit ca. 90 offen rechtspopulistische Abgeordnete sitzen und die Frauenquote sinkt auf einen Stand von vor 1998.

Was braucht es?

Die Linke befindet sich aktuell in einer starken Defensive. Wir reagieren nur auf die Angriffe seitens des Staates und der Rechten. Dies muss durchbrochen werden, durch eine breite Bewegungen mit Basisstrukturen, welche eine klare Stellung gegen den Rassismus bezieht, bundesweit die Kämpfe vereint und auch eigene Forderungen aufstellt, wie die nach bezahlbarem Wohnraum für Alle, der vollen Ausfinanzierung der Bildung, einem einheitlichen Mindestlohn, sicheren Fluchtwegen und Staatsbürger_Innenrechte für Alle. Basisstrukturen sind am besten, wenn man sie an den Orten aufbaut, an denen wir alle die meiste Zeit verbringen: an Schulen, Unis und Betrieben. Dort können dann Aktionen wie Vollversammlungen gestartet werden und Jugendliche und Arbeiter_Innen können diskutieren und ihre Erfahrungen austauschen. Denn nur als eine gestärkte, breite Masse können wir Druck auf die Regierung ausüben und den Rassismus zurück schlagen.

2016 bildeten sich schon Ansätze solcher Bewegungen. Es gründeten sich Bündnisse wie Aufstehen gegen Rassismus oder Jugend gegen Rassismus, welche in verschiedenen Städten in Deutschland Refugee Schul- und Uni-streiks organisierten, an denen bis zu 8 000 Schüler_Innen teilnahmen. Alle diese Bündnisse sind jedoch eingebrochen oder beschränken sich nur noch auf lokale Arbeit. Es fehlte vor allem an Rückhalt von den größeren Parteien und Gewerkschaften wie zum Beispiel die Linke.

Wir als Jugendliche dürfen das nicht zulassen! Wir haben gesehen, wie viele Menschen und Gruppierungen sich friedlich an den Gegenprotesten zu G20 beteiligt haben, doch im Gegensatz dazu ist die antirassistische Bewegung größtenteils zum Stillschweigen gekommen. Das kann nicht sein, wenn währenddessen hunderte Menschen wieder zurück in Krieg, Armut und Tod abgeschoben werden.

In Nürnberg demonstrierten mehr als 300 Schüler_Innen gegen die Abschiebung ihres Freundes und mussten zeitgleich die staatlichen Repressionen am eigenen Leib ertragen. Doch wenn wir Jugendlichen bestimmen, wie unsere Zukunft aussieht, reicht es nicht, sich nur an kleineren lokalen Gegenprotesten zu beteiligen. Damit unsere Freund_Innen, unsere Klassenkamerad_Innen und wir hier bleiben und die gleichen Staatsbürger_Innenrechte genießen dürfen wie alle anderen auch, brauchen wir eine bundesweite antirassistische Bewegung, bestehend unter anderem aus Gewerkschaften, Sozialdemokrat_Innen wie SPD und Linkspartei, sowie anderen linken Organisationen, in welcher wir gemeinsam gegen den immer stärker werdenden Rechtsruck aufstehen! Wie kommen wir zu einer antirassistischen Bewegung? Klar muss allen Organisationen sein: Antirassismus ist kein Selbstzweck. Mit der Politik, die man macht, geht es nicht nur darum, Leute zu gewinnen, es geht darum, Etwas zu tun, was aktuell dringend nötig ist. Aktuell bedarf es eines bundesweites Bündnisses, an dem sich alle linken Organisationen beteiligen. Mit großen, gemeinsamen Mobilisierungen können wir Druck auf die Parteien, die sich auf die Arbeiter_Innenklasse beziehen, sowie die Gewerkschaften aufbauen. Daneben ist es wichtig, dass es eine Kritik- und Propagandafreiheit gibt, denn nur wenn wir uns untereinander auch kritisieren können, können wir unsere Zusammenarbeit stärken. Warum? In einem Bündnis kann man auch zusammen mobilisieren, ohne das alle die gleiche Meinung haben müssen. Aber auch wenn man nicht die gleichen Meinungen hat, muss man darüber diskutieren, wenn man Fehler macht oder warum man bestimmte Forderungen vertritt oder nicht.

Und daneben? Wir von REVOLUTION treten für den Aufbau einer solchen Bewegung ein, weil wir glauben, dass wir nur so den steigenden Rassismus und die aktuelle Abschiebepolitik bekämpfen können. Also werde aktiv und lass die Zeiten hinter dir, in denen du vor dem Fernseher oder Smartphone sitzt, die Nachrichten über brennende Flüchtlingsheime oder seit fast drei Jahren auf die Straße gehenden 1000 Pegida-Idioten hörst und nichts dagegen machen kannst! Meld‘ dich bei uns und trage zusammen mit uns antirassistische Politik an Schulen, Unis, Betriebe und setz‘ dich zusammen mit uns für den Aufbau einer antirassistischen Bewegung ein!




NGOs gegen COP23 – ein NoGO? Oder: Mit Unterschriftenlisten die Klimakatastrophe verhindern?

Leonie Schmid und Marvin Schutt

Es gibt auch andere Gruppen, neben uns, die dem COP 23 kritisch gegenüberstehen. Das sind vor allem NGOs, die sich dem Umweltschutz verschrieben haben, wie beispielsweise Greenpeace, NABU, der BUND oder auch attac. NGOs – das steht für Non-Govermental Organisations, also auf deutsch Nichtregierungsorganisationen.

Sie scheinen dadurch unabhängiger zu sein als beispielsweise die „Grüne Jugend“, die sich zwar auch für Umweltthemen einzusetzen scheint, aber faktisch mit den Grünen zusammenhängt. Manche NGOs machen Aktionen oder führen wissenschaftliche Studien durch, um Menschen aufzuklären und Druck auf Regierungen auszuüben. Andere sammeln Geldspenden oder Unterschriften für Projekte. Und wieder andere führen die Projekte selber komplett durch, fliegen zum Beispiel als Freiwillige um die halbe Welt, und versuchen vor Ort etwas aufzubauen.

Auch, wenn wir das Engagement und den Mut vieler NGO-Aktivist_Innen sehr schätzen, müssen wir ihnen auch ehrlich sagen, dass sie auf diese Weise die drohende Klimakatastrophe nicht verhindern werden können. Sie erzählen uns, dass wir mit einer kleinen Spende, hier einer Unterschrift und da dem Verzicht auf ein böses klimaschädigendes Produkt einen großen Beitrag zum Umweltschutz leisten könnten. Dabei verschleiern sie, dass der Kampf gegen Umweltzerstörung keine individuelle Frage ist, die wir vom Schreibtisch aus erledigen können. Konsumboykott oder Spenden sind eine nette Idee. Das Problem dabei ist, dass diese im Kapitalismus keine gesamtgesellschaftliche Perspektive aufwerfen. Nur weil man sein eigenes Leben ändert, gibt es Millionen Anderer, die es sich beispielsweise nicht leisten können, keine Zeit haben oder denen es an Bewusstsein mangelt, darauf zu achten, welche Produkte sie boykottieren sollen. Im Prinzip verheimlichen die NGOs, dass Umweltzerstörung untrennbar mit der Profitlogik des Kapitalismus verbunden ist, und tun so, als könne man das Klima retten ohne den Kapitalismus als Ganzes in Frage zu stellen.

Ein anderes Problem der NGOs ist ihre Intransparenz und ihr Umgang mit Geldspenden. Wer garantiert den Menschen, die etwas gespendet haben, dass ihr Geld auch da ankommt, wofür sie es gegeben haben? Kommt nicht die vollständige Summe, die für ein Projekt benötigt wird, zusammen, wandert das Geld dann auch gerne mal in die Taschen der NGO-Chefs. Ebenso sind die Umwelt-NGOs überhaupt nicht demokratisch legitimiert. Während sich die Regierungen der wirtschaftlich stärksten Länder nicht von den Ökos in ihre Wirtschaftspolitik spucken lassen, wird in Asien, Afrika oder Südamerika gerne mal eine gewählte Regierung im Namen von Umwelt-NGOs entmachtet und bekommt Auflagen aufgezwungen, die ihre wirtschaftliche Rückständigkeit gegenüber den starken Nationen weiter zementieren. So wurden beispielsweise allein in Afrika 14 Millionen Menschen entschädigungslos vertrieben, um Naturreservate zu errichten. Der Kapitalismus hat also die einst rebellischen Ziele der NGO-Aktivist_Innen bereits vollständig seinem System des Profits und der globalen Ungleichheit unterworfen.

Am meisten Unterstützung erhalten die Umwelt-NGOs deshalb vor allem von Menschen, denen die Umwelt schon am Herzen liegt, denen es aber auch ökonomisch ziemlich gut in diesem System geht, sodass sie es nicht als Ganzes hinterfragen wollen. So kann man das schlechte Öko-Gewissen für den neugekauften BMW mit einer Spende an Greenpeace oder den WWF schnell wieder gut machen. Man kann sich mit der Kritik der NGOs an einzelnen Persönlichkeiten (wie z.B. Trump) anfreunden, ohne die kapitalistische Klassengesellschaft hinterfragen zu müssen.

Auch für viele Jugendliche sind die Umwelt-NGOs attraktiv. Wir profitieren zwar nicht vom Kapitalismus sondern werden sogar stark unterdrückt! Viele von uns akzeptieren aber unsere Unterdrückung und Bevormundung oft als natürlich und glauben nicht an eine Gesellschaft, in der dies anders sein könnte. Auch die Tatsache, dass man sich in NGOs unverbindlich und flexibel organisieren kann (indem man sich spontan in die Einkaufspassage stellt und ein paar Unterschriften für die Robben in Grönland sammelt) passt in den von Turbo-Abi, Hausaufgabebergen und Nebenjobs geprägten Alltag vieler Jugendlicher.
Zumal es diesbezüglich zwischen attac, NABU, WWF, BUND oder Greenpeace auch erhebliche Unterschiede gibt, ist ihnen allen gleich, dass sie das Märchen vom „grünen Kapitalismus“ propagieren.

Grüner Kapitalismus – gibt es so etwas?

Wir, als revolutionäre Jugend, gehen davon aus, dass es keinen grünen Kapitalismus geben kann. Warum? Weil ein System, das auf Profit ausgerichtet ist, dazu gezwungen ist, die Umwelt schonungslos auszubeuten. Auch wenn es vielleicht Staatsoberhäupter oder Konzerne gibt, die sich umweltbewusst geben, ist es viel einfacher und kostengünstiger, umweltverschmutzend zu produzieren. Selbst wenn es staatliche Regulierungen in unserem aktuellen System gäbe, die profitorientierten Kapitalinteressenten würden einen Weg finden, sie zu umgehen und ihre Abwasser weiter in Flüsse zu leiten oder weiter ihre Öltanker ungesichert in See stechen lassen und die nächste Ölkatastrophe für die Weltmeere produzieren. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass die die GLOBALE Umweltverschmutzung auch nur GLOBAL und international gelöst werden kann. Auch das ist nicht im Interesse der egoistischen Kapitalfraktionen, denn eine gleichberechtigte Zusammenarbeit, die nicht mal im Sinne ihres Profites steht, würden sie nicht wagen. Auch die Überproduktion und Verschwendung natürlicher, überlebenswichtiger und endlicher Ressourcen aufgrund der Konkurrenz, zeigt, dass Akkumulation von Kapital wichtiger als die Verbesserung des Umweltschutzes ist. Diese beiden Dinge stehen im ständigen Widerspruch und müssen sich zwangsläufig auflösen, um eine echte Veränderung durchzuführen und die Lebensgrundlage, für Mensch, Tier und Natur zu sichern.

Was tun?

Sicher, das Problem liegt darin, dass es im Kapitalismus keinen Platz und kein Interesse von den Herrschenden für Umweltschutz gibt. Diese Herrschenden müssen also entmachtet und durch die Herrschaft Aller in einer Rätedemokratie ersetzt werden. Statt der sinnlosen Überproduktion und Konkurrenz brauchen wir eine demokratische Planwirtschaft, die nicht für den Profit produziert, sondern auf nachhaltige Weise die Bedürfnisse aller Menschen auf der Welt befriedigen kann. Nicht zu verwechseln mit der DDR-Planwirtschaft, die nicht demokratisch kontrolliert wurde, sondern von einzelnen Partei-Bonzen und Bürokrat_Innen.

Damit wir dorthin kommen, müssen wir uns als Kommunist_Innen schonungslos für die Umwelt einsetzen und dieses Thema mit einer antikapitalistischen Perspektive verbinden! Deswegen werden auch wir gegen COP23 protestieren und unsere Forderungen lautstark auf die Straße tragen!

Wir fordern:

  • Für strikte Kontrollen und hohe Strafgelder für umweltverschmutzende Firmen.
    Stoppt den Handel mit Treibhausgasen, der verhindert, dass sich die armen Länder entwickeln können! Die imperialistischen Staaten sollen für die von ihnen verursachten Schäden bezahlen!
  • Alle imperialistischen Nationen müssen ihre Treibhausgase um mindestens 30 % bis 2020 verringern
  • Große Investitionen in alternative Energien und kostenlose öffentliche Verkehrsmittel – Weg von einer Wirtschaft, die auf fossilen Brennstoffen beruht. Nehmt das Geld der Ölindustrie und Energiekonzerne, um in Wind, Wasser und Solarenergie zu investieren
  • Verstaatlichung aller Transport- und Energieunternehmen unter Arbeiter_Innenkontrolle!



Die Uhr tickt: Retten wir, was noch zu retten ist!

Christian Mayer

Vom 06. bis 17.11.2017 findet in Bonn der Klimakonferenz COP 23 statt. Die Abkürzung steht für Conference of the Parties und tagt nun zum 23. Mal.
Im Fokus dieser Konferenzen steht der Klimawandel. Dort sollen Beschlüsse gefasst werden, um dessen Folgen für die Menschheit abzumildern. Hört sich jetzt gar nicht so verkehrt an, also warum dagegen auf die Straße gehen?

Viel Gerede, keine Erfolge oder: Wie man unsere Erde tot redete

Seit den 1990er-Jahren wird über den Klimawandel geredet. Davor wollten die Herrschenden nämlich nicht wahrhaben, dass das Überleben der Menschheit akut gefährdet sind. Es brauchte erst das Atomunglück von Tschernobyl 1986, den gesunkenen Öltanker „Exxon Valdez“ im Jahr 1989, der für eine der größten Ölkatastrophen der Geschichte verantwortlich ist und viele, große Proteste, damit die Herrschenden gezwungen wurden, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

So fand 1997 im japanischen Kyoto eine große Klimakonferenz statt, auf der erstmals verbindliche Beschlüsse gegen den Klimawandel gefasst wurden. Unter Anderem sollten bis zum Jahre 2008 die Treibhausgase wie CO2 um 5,2 % gegenüber den Werten von 1990 gesenkt werden. Doch längst nicht alle Länder haben diesem Ziel zugestimmt. Die USA haben diese Vereinbarung bis heute abgelehnt und auch Kanada ist im Jahre 2011 aus diesem Protokoll wieder ausgestiegen. In den Jahren danach wurde dann versucht, ein weiteres Abkommen zu schließen, dass tatsächlich alle Länder verbindlich dazu verpflichten würde, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. Im Jahre 2015 wurde nach zähen, oft ergebnislosen Verhandlungen dann tatsächlich ein Abkommen beschlossen, in dem sich alle Staaten dazu verpflichteten, etwas wirklich wirksames gegen den Klimawandel und weitere Umweltprobleme zu tun. Soweit jedenfalls die Theorie. In der Praxis sieht das dann schon ein bisschen anders aus. Da hat Donald Trump, seines Zeichens amtierender US-Präsident und überzeugter Gegner des Klima- und Umweltschutzes, kurzerhand den Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen verkündet. (Mehr dazu in unserem Artikel „Macht Trump die Erde kaputt?„.)

Kurz zusammengefasst: Jeder ernsthafte Versuch, ein solches Abkommen zustande zu bringen, scheiterte am Widerstand der USA, Chinas, Indiens und anderer Staaten, deren herrschende Klasse lieber auf Wirtschaftswachstum zu Lasten der Umwelt setzten statt auf Umweltschutz.
Die Folgen: Allein die Verschmutzung des Wassers in Indien ist so stark, dass jährlich 2 000 000 (in Worten zwei Millionen!) Menschen daran sterben.

Und was soll Bonn verändern?

Gute Frage. So genau ist sich die Konferenz da auch nicht sicher. Übrigens: die Klimakonferenz sollte dieses Jahr auf den Fidschi-Inseln im Pazifik stattfinden. Diese sind aber zu klein um eine solche Konferenz abzuhalten, deswegen wurde sich auf Bonn geeinigt. Praktisch für Deutschland: Einmal mehr kann man sich als das „grüne Vorzeigeland“ präsentieren und der Welt demonstrieren, was denn schon alles im Kampf gegen den Klimawandel bisher erreicht, sowie umgesetzt wurde. Ein bisschen zynisch, wenn man an den immer weiter ausufernden Diesel-Skandal der deutschen Autoindustrie denkt, an die Tonnen an Schadstoffen, die durch die Braunkohleverbrennung in die Luft gejagt werden, oder daran, dass wir – seit über 6 Jahren – zwar vom Atomausstieg reden, das aber erst 2022 möglich sein wird und selbst das noch nicht mal heißt, dass die Atomkraftwerke endgültig abgeschaltet werden.

Aktiv werden statt labern!

Die Ausgangslage ist also beschissen. Unsere Lebensgrundlage wird systematisch zerstört und die Politiker_Innen reden nur leere Worte, die großen Unternehmen denken nur an ihren Profit. Was können wir also tun? Wir müssen aktiv werden und unsere Zukunft in unsere Hand nehmen! Im November gehen wir in Bonn auf die Straße, um gegen leere Versprechungen und lose Absprachen zu demonstrieren. Wenn wir noch ein bisschen länger auf diesem Planeten leben wollen, müssen wir jetzt sofort etwas ändern.

Deswegen fordern wir:

  • Umstellung des Verkehrssystems vom Individualverkehr zu einem integrierten öffentlichen Verkehrssystem – her mit einem kostenlosen Nahverkehrsnetz, sowie der Entwicklung eines nachhaltigen Warentransportsystems!
  • Umstellung der Nahrungsmittelproduktion auf ein System ökologischer Nachhaltigkeit, das sich an den Interessen der Arbeitenden auf dem Land und in der Lebensmittelproduktion sowie den Konsument_Innen orientiert.
  • Planmäßiger globaler Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger, dazu massiver Ausbau erneuerbarer Energien auf Kosten der Energiekonzerne. Ausbau der Forschung zur emissionsneutralen Produktion und Energieversorgung.

Das alleine reicht uns aber nicht. Um den Klimawandel zu stoppen, müssen wir seine Ursache an der Wurzel packen. Das sind nicht, wie oftmals dargestellt, die Konsument_Innen. Es ist unsere Art und Weise zu produzieren. Statt um die Bedürfnissen der Menschheit geht es um mehr, mehr und nochmals mehr Profite. Weder NGOs, noch 10 weitere Klimakonferenzen werden das ändern. Auch nicht die „freie“ Wahl jedes einzelnen, den Müll zu trennen oder Strom zu sparen. Deswegen müssen wir uns gut organisieren. Als REVOLUTION denken wir, dass es notwendig ist, die großen Konzerne zu enteignen und unter Arbeiter_Innenkontrolle zu stellen, damit endlich nach den Bedürfnissen Aller und nicht für die Profite von Wenigen produziert wird. Das können wir aber nicht alleine schaffen. Also, wenn auch du genug von der Umweltzerstörung und dem endlosen Gelaber von Klimagipfeln hast, auf denen nix Vernünftiges rauskommen kann, dann schließ‘ dich uns an und komm mit uns zu den Gegenaktionen zur Klimakonferenz im November in Bonn. Unsere Zukunft liegt in unseren Händen, also lasst uns retten, was noch zu retten ist!

 




Gute Frage, gute Antwort: Was ist eine bürgerliche Arbeiter_Innenpartei?

Ja, so komisch wie dieses Wort klingt, ist es auch: Eine Arbeiter_Innenpartei versucht, durch Klassenkampf die Masse der Lohnabhängigen zu organisieren und sie davon zu überzeugen, dass eine befreite Gesellschaft nur durch Abschaffung des Kapitalismus aufgebaut werden kann. Eine bürgerliche Partei macht das Gegenteil davon. Sie fühlt sich wohl im Kapitalismus und versucht, ihn zu erhalten wie beispielsweise die CDU, die in Deutschland ganz klar die Interessen der herrschenden Klasse vertritt. Der Charakter einer Partei bestimmt sich also dadurch, für welche Eigentumsverhältnisse sie kämpft.

Was ist dann aber eine bürgerliche Arbeiter_Innenpartei? Zum einen verteidigt diese die bürgerlichen Eigentumsverhältnisse. Zum anderen hat sie aber eine „organische“ Verbindung zur Arbeiter_Innenklasse: also Verbindungen zu den Gewerkschaften und ein Großteil ihrer Wähler_Innenschaft sowie der Mitgliedschaft gehören der Arbeiter_Innenklasse an. Oftmals sind diese Parteien aus Kämpfen entstanden, wo klar wurde, dass es über die Gewerkschaften hinaus eine politische Interessenvertretung braucht. Sie vertreten auch oftmals die bessergestellte Schicht von Lohnabhängigen, der sogenannten „Arbeiter_Innenaristokratie“. Hierzulande sind SPD und Linkspartei Beispiele für solche Parteien. Sie stützen sich auf die Arbeiter_Innenklasse, machen aber trotzdem eine bürgerliche, pro-kapitalistische Politik.

 




Grundlagen des Marxismus: Was ist Reformismus?

Jonathan Frühling

Seit Ende des 19. Jahrhunderts spaltet sich die Arbeiter_Innenbewegung grob gesagt in einen revolutionären und einen reformistischen Flügel. Der revolutionäre Flügel strebt einen Sturz der Regierung und eine tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung an. Der reformistische Flügel behauptet, dass Gesetzesveränderungen ausreichen, um Verbesserungen für die Arbeiter_Innenklasse zu erreichen. Das kapitalistische Wirtschaftssystem und damit die Herrschaft der Kapitalisten (also die der Firmenbesitzer_Innen) sollen nicht angetastet werden. Die Reformist_Innen bilden seit über 100 Jahre faktisch die Führung der Arbeiter_Innenklasse und zwar mit katastrophalen Folgen, wie wir sehen werden.

Reformismus in der Geschichte der Arbeiter_Innenbewegung

Das Aufkommen des Reformismus in Deutschland

In Deutschland begann sich in der Arbeiter_Innenpartei (ab 1891 SPD) und den Gewerkschaften Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts eine privilegierte Schicht hauptamtlicher Funktionäre zu bilden, auch indem sich die Partei fest im Parlament zu verankerte. Dadurch erhielten sie eine ökonomisch (wirtschaftlich) gesicherte Position in der Gesellschaft. Mächtige Streiks und vielleicht sogar einen Sturz der bürgerlich-monarchistischen Regierung hätte seit diesem Zeitpunkt auch deren gehobene Stellung in Frage gestellt. Sie beschränkten sich deshalb auf minimale Aktionen und reformistische Forderungen, wie höhere Löhne oder Arbeitslosenversicherung, also Forderungen, die den Kapitalismus nicht in Frage stellen.
Nachdem sich die Sozialist_Innen in Deutschland zu Reformist_Innen entwickelten, war auch eine Revision (Abänderung, bzw. Verfälschung) der marxistischen Ideologie notwendig. Dafür veröffentlichte der reformistische Theoretiker Bernstein am Ende des 19. Jahrhunderts eine Reihe von Schriften, in denen er grundlegende Ansichten des Marxismus verwarf. Die berühmte deutsch-polnische Sozialistin Rosa Luxemburg schrieb daraufhin 1899 ihr Werk „Sozialreform oder Revolution“, in dem sie die Ansichten Bernsteins als Verrat an der Arbeiter_Innenklasse entlarvte. Die Führung der SPD jedenfalls nahm seine Theorien trotzdem begeistert auf, da sie ihre Politik rechtfertigten.

Der Zusammenbruch der II. Internationale

Der endgültige Bruch zwischen Reformist_Innen und Revolutionär_Innen ereignete sich am Anfang des ersten Weltkrieges. Damals existierte ein internationaler Zusammenschluss sozialistischer Parteien: die zweite Internationale. Am Anfang des Krieges stellten sich jedoch fast alle „sozialistischen“ Parteien auf die Seite der nationalen Regierungen und unterstützten deren Krieg gegen die anderen Länder. Die zweite Internationale zerbrach. In Deutschland wurde das durch die Bewilligung der Kriegskredite 1914 durch die SPD im Reichstag besiegelt. Eine internationalistische und revolutionäre Position ist dagegen für die Niederlage aller kapitalistischer Staaten und für einen Sieg der Arbeiter_Innen und des Sozialismus in jedem Land einzutreten. Auch nach dem Krieg, als die SPD die Novemberrevolution im Blut ertränkte, zeigte sich, dass sie bereits konsequent bürgerliche Politik machte.

Reformismus in Deutschland

SPD und die Linkspartei

In Deutschland sind die zwei größten reformistischen Parteien die SPD und Die Linke. Beide Parteien stützen sich größtenteils auf die Arbeiter_Innenklasse und behaupten Verbesserungen für die Klasse der Lohnabhängigen erreichen zu wollen, wenn sie in die Regierung gewählt werden. Zwar ist die SPD von beiden die rechtere Partei, jedoch bleibt der Linken in der Regierung auch nichts anderes übrig, als die bürgerliche Gesellschaft zu verwalten: Sie privatisiert Wohnraum, rüstet die Polizei auf, wie zuletzt als Berliner Regierungspartei, oder schiebt ab, wie in Thüringen, wo sie sogar der stärkere Koalitionspartner ist. Die teilweise revolutionäre Rhetorik kann daran auch nichts ändern.

Die Gewerkschaften

Gewerkschaften sind aus Arbeitskämpfen entstanden. Sie sind Sammelpunkte für Widerstand, wo sich Arbeiter_Innen gemeinsam gegen die Angriffe der Unternehmer_Innen, also beispielsweise gegen Lohnsenkungen oder Arbeitszeitverlängerungen, wehren. In Deutschland haben die Gewerkschaften eine reformistische Führung. Sie beschränken sich fast ausschließlich auf routinemäßige Tarifverhandlungen mit dem Kapital. In diesem Rahmen bewegt sich auch die Existenz der Gewerkschaftsfunktionäre. Deshalb schreckt die Gewerkschaftsbürokratie meist zurück, wenn die Arbeiter_Innenklasse in Kämpfen wirklich in Bewegung kommt und versucht schnell das Verhältnis zwischen Kapitalist_Innen und Lohnarbeiter_Innen wieder zu befrieden.

Gerade beim Poststreik 2015 kann man das sehr gut aufzeigen. Damals traten Mitarbeiter_Innen der deutschen Post gegen eine Verschlechterung von Lohn und Arbeitsbedingungen in den Streik. Die Bewegung entwickelte eine große Dynamik, immer mehr Menschen legten die Arbeit nieder. Der Streik wäre eine wirkliche Gefahr für die Post geworden, hätte nicht die zuständige Gewerkschaft Ver.di den Streik gegen den Willen der Belegschaften beendet, da er auch unter Umständen ihren ruhigen Arbeitsalltag erschüttert hätte.

Wieso lässt sich die Gesellschaft nicht mit Reformen verändern?

Für viele Menschen stellt sich die Frage, wieso das Gesellschaftssystem nicht einfach durch die Wahl einer sehr linken Regierung und anschließenden Gesetzesänderungen verändert werden kann. Dies hat einige einfache Gründe: Selbst wenn eine revolutionäre Partei die Macht ergreifen würde, hätte sie zur Transformation der Gesellschaft nur den bürgerlichen Staat, also Militär, Polizei und Bürokratie, zu Verfügung. Diese profitieren aber alle vom Kapitalismus und dienen deshalb der Bourgeoisie. Sie könnten der Regierung einfach ihren Gehorsam verweigern, statt Angriffe auf die Kapitalist_Innen, wie die Abschaffung des Erbschaftsrechts, durchzusetzen.

Der Parlamentarismus an sich ist nur momentan die bequemste Form der bürgerlichen Herrschaft. In Zeiten von Wirtschaftskrisen und Krieg kann ihn die Bourgeoisie durch eine andere Herrschaft, wie die Militärdiktatur ersetzen. Selbst aber eine normale bürgerliche Regierung kann Errungenschaften, wie den Mindestlohn oder den Acht-Stundentag rückgängig machen, wie wir gerade in Frankreich sehen. Wieso sollte dann die herrschende Klasse, die alle Bereiche der Gesellschaft beherrscht, eine gegen sie gerichtete Politik zulassen?

Außerdem liegt die gesamte Führung der Wirtschaft nicht in den Parlamenten, sondern in den Aufsichtsräten der großen Unternehmen. Sie entscheiden, in welche Technologie investiert wird, was für die Menschheit hergestellt wird oder wer wo arbeiten darf, usw. Eine wirklich demokratische Gesellschaft muss auch auf diese wichtigen Entscheidungen Einfluss ausüben, was aber nicht durch die einfache Änderung der Gesetze erreicht werden kann. Auch der Umstand, dass Lohnarbeiter_Innen ausgebeutet werden, beruht nicht auf Gesetzen, sondern auf der ökonomischen Tatsache, dass sie nur ihre Arbeitskraft und keine Firma haben.

Die Reform kann deshalb immer nur ein Werkzeug sein, um die bestehende Gesellschaft zu verändern, niemals aber, um neue Gesellschaft zu errichten. Bei Reform und Revolution handelt es sich also um zwei grundverschiedene Dinge und nicht um zwei Wege zum Ziel des Sozialismus.

Kampf gegen den Reformismus

Die Macht der Reformist_Innen über die Arbeiter_Innenklasse zu brechen und die Arbeiter_Innenklasse wieder auf einen klassenkämpferischen Weg zu führen, ist momentan die dringendste Aufgabe der Menschheit.

Da, wie gesagt, viele Menschen Illusionen in reformistische Organisationen haben, ist es auschlaggebend, diese Leute zu überzeugen, schon allein weil sie verstanden haben, dass es wichtig ist, zu kämpfen und sich gemeinsam zu organisieren. Aber ihre Illusionen in die Parteien oder Gewerkschaften kann man nicht verändern, wenn man sich von ihnen isoliert, nicht mit ihnen redet oder kämpft. Viel mehr müssen wir als Revolutionär_Innen unsere Positionen denen der Reformist_Innen gegenüberstellen und deren Richtigkeit beweisen. Unserer Meinung nach funktioniert das am besten, wenn wir mit reformistischen Parteien zusammenarbeiten. Dabei ist es unabdingbar im gemeinsamen Kampf aufzeigen, wie halbherzig und verräterisch deren Führung handelt. Deswegen treten wir auch immer für die Kritik- und Propagandafreiheit in Bündnissen ein. Denn wenn man sich nicht gegenseitig kritisieren darf, kann man auch nicht diskutieren und Fehler aufzeigen. Aber nur wenn man zusammen arbeitet und die Fehler der Führung vor der Basis offenlegt, können wir Menschen für unsere Politik und unsere Organisation gewinnen.

In den Gewerkschaften bedeutet der Kampf gegen den Reformismus, kämpferische Basisgruppen aufzubauen. Sie sollen im Falle von Arbeitskämpfen fortschrittliche Arbeiter_Innen für radikale Positionen gewinnen und so eine klassenkämpferische Opposition in den Gewerkschaften aufbauen. Diese können so in die Lage kommen, die momentane Gewerkschaftsführung unter Druck zu setzen oder gar durch eine revolutionäre Führung zu ersetzen.

Schluss

Klar ist, dass wir als Revolutionäre den Kampf um Reformen keineswegs ablehnen. Ganz im Gegenteil: Er ist ein wichtiges Mittel, um die Lebenslage der Arbeiter_Innen zu verbessern und die Arbeiter_Innen überhaupt in den Kampf um die Verbesserung ihres Lebens zu führen. Jedoch gehen wir noch viel weiter, denn auch mit hohen Löhnen werden die Menschen noch immer ausgebeutet, werden Frauen unterdrückt und vieles mehr. Die entscheidenden Probleme unserer Gesellschaft werden durch den alleinigen ökonomischen Kampf nicht behoben werden können. Der reine Reformismus ist dagegen eine Spielart bürgerlicher Politik, welche die Unterdrückten mit dem herrschenden System zufrieden stellen soll, wie es die SPD ganz offen tut. Wirkliche Klassenkämpfe werden vom Reformismus wenn überhaupt nur auf Druck von unten geführt und schnell wieder beendet. Auch ein Reformismus, welcher den Kapitalismus mit Gesetzesänderungen abschaffen will, wird sich früher oder später auf diesem Weg befinden, wie der Verrat der Syriza-Regierung in Griechenland beweist. Diese führt nun statt dem Sozialismus die härteste Sparpolitik in der Geschichte des Landes ein. Deshalb kämpfen wir dafür, den Unterdrückten wieder eine revolutionäre Führung zu geben, die das theoretische Rüstzeug hat, die Unterdrückten siegreich im Kampf zum Kommunismus zu führen.




Stress im Pazifik – Droht der dritte Weltkrieg?

Resa Ludivin

Nordkorea provoziert mit Wasserstoffbombentests. Japan rüstet auf, ebenso China. Deutschland investiert Millionen, um uns Jugendlichen den Militärdienst schmackhaft zu machen. Trump verschiebt US-Truppen in die Pazifikregion und ruft die UN-Länder dazu auf, mehr Geld in ihre Armeen zu stecken. Kriegsmacherei an jeder Ecke. Nachdem es in den letzten drei Jahren schon in der Ukraine und Syrien größere Auseinandersetzungen gegeben hat, scheint sich ein neuer Krisenherd aufgetan zu haben. Während noch im Sommer die Katar-Krise in den Medien für Aufruhr sorgte, machen jetzt Nordkorea und die USA mit Raketentest und direkten Kriegsdrohungen die Schlagzeilen. Oberflächlich schien alles mit den Raketentests Nordkoreas angefangen zu haben. Der UN-Sicherheitsrat reagierte auf die angestiegene Zahl der Raketentests Nordkoreas (2017 allein 14) mit Sanktionen. Hinter der anti-nordkoreanischen und pazifistischen Rhetorik steckt jedoch nicht viel. Deutschland beispielsweise handelte in diesem Jahr mehr mit dem vermeintlichen „Oberschurken“. Laut Focus-Bericht wurden im Mai noch Metalle im Wert von rund 1,2 Millionen Euro aus Nordkorea importiert. Im Gegenzug dazu lieferte Deutschland Medikamente und Maschinen.

Doch nicht erst durch die nordkoreanische Provokation steigt die weltweite Kriegsgefahr. Schon länger ist ein Krieg wahrscheinlicher geworden – der andauernde Konflikt im Nahen Osten sowie das Zerwürfnis der sogenannten internationalen Gemeinschaft im UN-Sicherheitsrat waren dafür bereits Vorläufer. Zurzeit sehen wir eine Verschiebung und Ausbreitung der Konflikte der imperialistischen Mächte. Jetzt heißt es, dass nicht mehr nur Stellvertreter_Innenkriege geführt werden wie im Nahen Osten, sondern dass bei einer Verschiebung nach Ostasien auch die Imperialist_Innen selber betroffen wären. Würde es zu einer direkten Auseinandersetzung zwischen Nordkorea und den USA kommen, wäre eine ganze Region von Aufrüstung und Truppenverlagerung betroffen wie beispielsweise Südkorea, wo schon jetzt US-Truppen an der Grenze postiert sind. Zurzeit sind es 29 000, sowie Atomraketen und U-Boote. Zusätzlich dazu müssten sich größere imperialistische Kräfte wie China entscheiden, ob sie sich gegen die USA stellen, was eine extrem große Sprengkraft für das ganze Weltgeschehen hätte.

Trump und der Krieg

Gerade die USA befeuert den Konflikt, indem sie mit militärischen Maßnahmen droht. Kein US-Präsident zuvor ist so sehr auf Nordkorea angesprungen. Verhandlungsversuche des amerikanischen Außenministers wehrt Trump ab. Gleichzeitig appelliert Trump an die „internationale Gemeinschaft“ in allen anderen UN-Nationen, die Kriegsmaschinerie anzuwerfen. Er fordert die Mitgliedsländer auf, endlich auch mindestens 2 % des BIP in das nationale Militär zu stecken, wie vor einigen Jahren bereits beschlossen. Bisher gehören die USA zu einenrder wenigen Nationen, die sich daran halten. Für Trump, der sich zurzeit als „Bad Boy des imperialistischen Weltsystems“ behaupten und den Einfluss der USA wieder vergrößern will, ist Nordkorea willkommener Aggressor in Zeiten der Neuaufteilung der Welt.
Eigentlich gilt die US-amerikanische Aggression nicht Nordkorea, sondern China. Warum? Schon während seines Wahlkampfes hat Trump klargemacht, dass er die USA „great again“ machen will, mit dem Ziel, eine Offensive gegen China zu starten. Grund für sein Handeln ist vor allem die US-Wirtschaft, die sich trotz des stärker gestiegenen Wirtschaftswachstums immer weiter verschuldet, gerade bei China. Zusätzlich gibt es schon seit einigen Jahren im Pazifik kleinere Stellungskriege zwischen dem US-amerikanischen und chinesischen Militär, der sich fernab der medialen Aufmerksamkeit abspielt.
Inside Ostasien – Wie wird der Konflikt auf der anderen Seite des Pazifiks gesehen?

Zuerst einmal zu Nordkorea: Die Teilung Koreas ist ein Überbleibsel des kalten Krieges und doch bittere Realität für Nord- und Südkorea. Für sie ist der kalte Krieg noch lange nicht vorbei. Die koreanische Halbinsel ist seit dem Ende des Korea-Krieges geteilt und es bildeten sich zwei komplett unterschiedliche Staaten heraus. Ähnlich wie die DDR oder andere Ostblockstaaten war der Hauptzweck, Nordkorea am Leben zu erhalten, einen „sozialistischen“ Puffer sowie einen weiteren Verbündeten in der Region zu haben. Politisch orientierte sich die KP Nordkoreas an den anderen, bereits entarteten Arbeiter_Innenstaaten. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion musste Nordkorea darunter leiden, dass die billigen Importe aus der Sowjetunion wegfielen. In den 90er-Jahren führte dies zu einer schlimmen Hungersnot. Seit über 30 Jahren ist Nordkorea mit Sanktionen belegt und doch herrscht immer noch die KP. Die Bevölkerung auf dem Land lebt am Existenzminimum und viele Kinder leiden unter Mangelernährung.

Die Liste der Sanktionen gegen Nordkorea ist lang, ein Teil davon sind ein Waffenembargo. Doch Sanktionen schaden stets lediglich der einfachen Bevölkerung, den Arbeiter_Innen, Landarbeiter_Innen und Jugendlichen. Denn sie leiden darunter, wenn es kein Benzin gibt, das auch zur Bewirtschaftung der Felder gebraucht wird.

Doch warum hat Nordkorea Atomwaffen? Ziel des Atomwaffenprogramms Nordkoreas ist es bis heute, sich gegen die US-Aggression zu wehren. Nachvollziehbar wird das, wenn man die militärischen Interventionen der USA im Kalten Krieg anguckt.

Die Raketentests Nordkoreas über Japan haben dort Angst verursacht, die gleich eine Aufrüstungsmaschinerie in Gang setzte. Japans Premierminister Abe rief Neuwahlen aus und schürte weiter Angst im Land, indem er vor einem möglichen Giftgasangriff warnte. Zuvor hatte er bereits die Pazifismus-Klausel, die seine Partei bereits seit Jahren abschaffen will, ins Wanken gebracht. Angst und Aufrüstung sind ein gutes Mittel für ein Votum der Japaner_Innen, die Verfassung zu ändern und sich zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg ein Recht auf Kriegsführung zurückzuholen. Ein Krieg könnte der schrumpfenden Wirtschaft Japans sogar helfen und einen neuen Aufschwung erzeugen. Diesen hat Japan bitter nötig, um der schrumpfenden Relevanz im imperialistischen Weltsystem entgegenzuwirken. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass gerade Kriege nicht nur die Einflusssphären einzelner Großmächte verändern kann, sondern sich, auch wenn es makaber ist, positiv auf die nationale Wirtschaft ausübt, da massiv Ressourcen vernichtet werden, die dann neu produziert werden können.

China entwickelte sich nach der Marktöffnung des Landes zu einer imperialistischen Nation. Gleichzeitig ist es das letzte Land, dass sich regelmäßig zu Nordkorea bekennt, auch wenn es den Sanktionen gegen Nordkorea im Juli zugestimmt und zusammen mit Russland Militärübungen an der Grenze durchgeführt hat. Aber warum? Nordkorea exportiert vor allem Rohstoffe, in erster Linie nach China. Insgesamt ist der nordkoreanische Export auf China angewiesen, denn dorthin fließen etwa 90 %.

Wird es Krieg geben?

Nordkorea zu schützen lohnt sich für China. Trotzdem darf man Nordkorea aus chinesischer Sicht weniger als letzte kommunistische Bastion verklären, denn die Kommunistische Partei Chinas selbst ist heute nur noch eine reformistische Partei, die das Wort „kommunistisch“ im Namen trägt und auch das Land selbst hat sich nach der wirtschaftlichen Öffnung vom sozialistischen Weg zunehmend abgewendet. Im Gegenteil, Nordkorea ist das Bauernopfer Chinas und der USA. Hier wird ausgetestet, wie weit die USA China provozieren können. In erster Konsequenz bedeutet das, dass es zu einer Verstärkung der Militarisierung in den einzelnen Ländern, einer zunehmenden Wahrscheinlichkeit von Handelskriegen und einer Befeuerung der aktuellen „Blockbildungstendenzen“ (also dem Aufbrechen alter Partner_Innenschaften und dem Schließen neuer zwischen einzelnen Ländern) kommen wird. Im Weiteren wird aber ein Krieg immer wahrscheinlicher, da die allgemeinen Verhältnisse auf dem internationalen Weltmarkt sehr zugespitzt sind: Wir befinden uns in einer Situation, die der vor dem Ersten Weltkrieg sehr ähnlich ist, nur, dass wir heute technisch besser aufgestellt sind und der Markt verflochtener ist. Wir nennen es „Neuaufteilung der Welt“. Neuaufteilung der Welt bedeutet hierbei unter anderem, dass die USA sich als Hegemon behaupten muss gegen andere wirtschaftlich aufstrebende Großmächte wie China. Die Märkte sind erschöpft, doch trotzdem sind blühende Wirtschaften essentiell, um die Stellung der nationalen Bourgeoisien zu behaupten. Diese Umstände sind gerade für halbkoloniale Länder brisant, da sie die ersten Länder sind, die man versucht, aufzuteilen.

Was tun?

Nordkorea bleibt trotz seiner Atomwaffen und Bombentests eine Halbkolonie, die, wenn man ihre Lage mit der der USA vergleicht, militärisch wesentlich schlechter ausgerüstet ist, da sie unter anderem weniger Raketen besitzen. (Zur Zeit besitzt die USA 7000 und Nordkorea nur 600.) Zusätzlich ist es, wie oben schon erwähnt, eher ein Objekt des Kräftemessens als tatsächlicher Aggressor. Dennoch, wenn es zu einem Krieg kommen würde, wie verhalten sich Revolutionär_Innen?

Generell ist für uns eines klar: Imperialistische Interventionen, die zur Besatzung von anderen Ländern führen, lehnen wir ab, auch wenn sie unter dem Deckmantel „des Frieden“ oder „der Demokratie“ stattfinden. Das heißt: Würden Nordkorea und die USA Krieg führen, wären wir für eine Niederlage des US-Imperialismus. Gleichzeitig kann man dabei aber nicht stehen bleiben. Für uns hat Nordkorea nämlich nichts mit Sozialismus oder Kommunismus zu tun. Viel eher braucht es eine Veränderung im Inneren – eine Revolution. Der Sturz der Diktatur, allen voran der KP sowie der Kim-Familie im Land, muss in erster Linie von Innen getragen werden. Sämtliche Entwicklungen in der Zukunft hin zu einer Arbeiter_Innenkontrolle der Betriebe und des Staates sind zu fordern und zu unterstützen. Ebenso muss der alten KP eine demokratisch-zentralistische Arbeiter_Innenpartei entgegengestellt werden, in der es entgegen des jetzigen Kurses auch die Möglichkeit des Widerspruchs, also ein Fraktionsrecht gibt




Nach der Bundestagswahl: Gegen den Rechtsruck Widerstand organisieren!

Jaqueline K. Singh und Wilhelm Schulz

Am 24. September waren die Bundestagswahlen. CDU/CSU haben – wie die letzten Male – die meisten Stimmen bekommen und die SPD war so schwach wie noch nie. Daneben sind zwei Kräfte in den Bundestag eingezogen: die FDP hat ihr Comeback geschafft – Totgesagte leben bekanntlich leider länger. Die AfD hat es sogar geschafft, drittstärkste Kraft zu werden. Doch warum spielt das Ergebnis eine Rolle für uns? Wahlen sind ein Spiegel von gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen und der Entwicklung des herrschenden Bewusstseins. Wie stark die Rechten, die Linken sind, wie viele Nicht-Wähler_Innen es gegeben hat – all das sind kleine Puzzleteile, die wir uns im Folgenden näher anschauen wollen, um eine Frage zu klären: Was kommt nach der Wahl? Was bedeutet das Ergebnis für uns? Und vor allem: Wie geht es für uns weiter?

Wähler_Innenwanderung

Die Union ist Wahlsiegerin. Für sich selber habe sie „ihre drei Hauptziele“ erreicht: Weiterhin die Fraktion und Partei mit den meisten Stimmen zu sein, keine Regierung wird gegen sie gebildet und, ganz wichtig, die Verhinderung einer Rot-Rot-Grünen Koalition. Aber ganz so glanzvoll, wie man’s gerne hätte ist das Ergebnis dann doch nicht: Es handelt sich um das schlechteste Ergebnis der Partei seit 1949. Ganze 2,5 Mio. Stimmen verlor die CDU/CSU. Davon gingen knapp 980 000 an die AfD und mehr als 1 Million an die FDP. Dies erklärt sich auch aus dem taktischen Wahlverhalten einiger CDU-Anhänger_Innen, die sich einen koalitionswilligen, neoliberalen Partner heranzüchten wollten.

Die FDP konnte am Wahlabend ordentlich Champagner spritzen lassen, denn mit Christian Lindner an der Spitze und Wahlplakten, die einen eher an H&M-Werbung erinnerten, zogen sie zweistellig ins Parlament – viert-stärkste Kraft. Ganz im Sinne der herrschenden Klasse. Denn neben der CDU ist die FDP die Partei mit den meisten Wahlkampfspenden. Unter anderem wurden sie finanziert von Dr. Oetker und den Helios & Asklepios Kliniken. Keine Neuheit. So bekam die FDP rund um die Bundestagswahl 2009 eine Millionenspende von der Hotelkette Mövenpick, während sie sich im selben Zeitraum für eine Mehrwertsteuersenkung in der Hotelbranche stark machte.

Nicht nur im Punkt des Wähler_Innenverlustes sah es bei der SPD schlecht aus. Der Schulz-Zug, der Anfang des Jahres noch so gefeiert wurde, hat sich doch als defekt herausgestellt. Mit 20,9% hatte die SPD ihr schlechtestes Ergebnis seit dem 2. Weltkrieg. Sie ist zwar immer noch überdurchschnittlich stark vertreten bei Arbeitslosen, Angestellten und Arbeiter_Innen, aber nichts im Vergleich zu früheren Zeiten. Die knapp 1,7 Millionen Stimmen, die sie verlor gingen an AfD (500 tsd.), FDP (430 tsd.), Grüne (400 tsd.) und die Linke (380 tsd.). Über den Schulz-Zug lassen sich dabei zweierlei Dinge sagen. Zum einen handelte es sich um eine gigantische PR-Kampagne, die bewusst auf Phrasen setzte, um einen angeblichen Linksruck innerhalb der Partei vorzutäuschen, während es sich um ein geplantes Manöver des Parteiapparates handelte. So brachte Schulz keine relevante Programmänderung mit sich und wurde mit 100% zum Parteivorsitzenden gewählt. Zum anderen zeigte sich, was für ein Potential sich rund um die Partei entwickeln könnte bei der puren Erwähnung, die Agenda 2010, somit den größten Generalangriff auf die deutsche Arbeiter_Innenklasse seit der Wiedervereinigung, zurückzunehmen. Doch diese angebliche Weichenumstellung verpuffte zu heißer Luft.

Auch bei der Linkspartei sah es mal besser aus. Bundesweit gingen 400 000 ihrer früheren Stimmen an die AfD. Gerade in Ostdeutschland, wo sie ursprünglich recht stark verankert war, verlor sie. Dafür bekam sie das erste Mal auch in Westdeutschland vielerorts Zulauf. Ihre Wähler_Innen: jung und schlecht bezahlt.

Insgesamt wird aber deutlich, dass Sarah Wagenknechts Versuche im Lager der AfD Stimmen zu sammeln mit Sätzen wie „Wer Gastrecht verwirkt, dem gehört Gastrecht verwehrt“ nicht geklappt haben. Statt sich solcher Phrasen zu bedienen, hätte die Linkspartei eine klare antirassistische Perspektive bieten müssen und sie mit Fragen um Mindestlohn, Rente, bezahlbaren Wohnraum und mehr Pflegepersonal verbinden müssen.


Insgesamt verlor die Große Koalition 13,8% und ist somit die große Wahlverliererin. FDP und AfD nahmen zusammen um exakt 13,8% zu und sind somit die großen Gewinnerinnen. Zwar lassen sich die gleichen Prozentsätze nicht eins zu eins aufeinander übertragen, jedoch unterstreichen sie eines: Die Politik der letzten Bundesregierung samt ihrer großen Angriffsprogramme mit rassistischen Asyl-Gesetzen, Angriffen aufs Streikrecht,

Ausweitung des Überwachungsapparates und ihrer neoliberalen Europapolitik, hat nicht zu einer Polarisierung geführt, sondern einen zunehmenden Rechtsruck zur Schau gestellt. Ein Rechtsruck, der harte Zeiten für Revolutionär_Innen einleitet, in der wir vermehrt dazu gezwungen sind, gegen den Strom zu schwimmen.

Die Illusion, dass sich eine besonders große fortschrittliche Gruppe unter den Nichtwähler_Innen tummelt, hat die Wahl auch als realitätsfern dargestellt, denn die größte Gewinnerin unter den vorherigen Nichtwähler_Innen war mit Abstand die AfD. Die Wahlbeteiligung stieg von 71,5% (2013) auf 76,2%, somit auf Vorkrisenniveau.

Der Wahlsieg seitens der AfD, die großkotzig ankündigte, die kommende Regierung zu „jagen“ und sich „das Volk zurückzuholen“, ist der direkteste Ausdruck des Rechtsrucks. Mit ihr zieht eine offen reaktionäre Partei in den Bundestag ein. An ihr wird sich auch praktisch die Frage des Kampfes der Arbeiter_Innenbewegung gegen den aufkommenden Rassismus und die Politik der kommenden Regierung messen. Ausführlicheres zum Rechtsruck schreiben wir jedoch an anderer Stelle innerhalb dieser Zeitung.

Was bedeuten nun die ganzen Zahlen?

Die Wahlen haben die Zerfaserung des bürgerlichen Lagers deutlich heraus geschält. In Zeiten der Krise und der Notwendigkeit eines stabilen deutschen Imperialismus, der seinen Herrschaftsanspruch über die EU aufrechterhält und sich international zunehmend als verlässlichen Partner darstellen möchte, bleibt kein Raum für ernsthafte Zugeständnisse zwischen einzelnen Fraktionen des Kapitals. Zwar sind die Forderungen von FDP und vor allem AfD nach Zurückdrängung der EU-Institutionen aus dem Nationalstaat ein Dorn im Auge des deutschen Exportkapitals. Doch diese Zuspitzung in Zeiten zunehmender Unsicherheit konnte nicht durch das Aufzeigen einer linken Perspektive im Interesse der Mehrheit der Gesellschaft positiv entladen werden. Eine Perspektive, die die Fragen von Altersarmut, Jugendarbeitslosigkeit, Wohnungsmangel und Flucht nicht gegeneinander ausspielt, sondern sie als Produkt des Kapitalismus brandmarkt und der Finanzierung aus den Profiten der Konzernen eine klare Kante zeigt. Und zwar eine Kante oder Grenze zwischen der herrschenden und der unterdrückten Klasse und nicht zwischen einzelnen Nationalstaaten.

Doch an dieser Frage sind die bürgerlichen Arbeiter_Innenparteien, wie SPD und Die Linke, im Zuge des Wahlkampfes gescheitert. So zerreißt sich die Linkspartei seit der Wahl an der Frage der Geflüchtetenpolitik (siehe: Streit zwischen Gysi und Lafontaine, sowie zwischen Partei- und Fraktionsvorsitzenden). Dabei scheitert sie daran, den Kampf gegen das Programm der kommenden Regierung im Parlament, sowie vor allem auf der Straße, in den Betrieben und Schulen anzustoßen.

Das Programm der kommenden Regierung

Dabei sind viele Gefahren über die nächsten Offensiven der möglichen „Jamaika“-Koalition absehbar. Zwar befinden sich CDU/CSU, FDP und Grüne noch in den Sondierungsgesprächen, jedoch finden diese nicht unabhängig der gesellschaftlichen Realität statt. An dieser Stelle wollen wir drei vermutete Angriffe skizzieren.

Aufrüstungspolitik:

Auf dem NATO-Gipfel 2014 in Wales wurde beschlossen, dass jeder NATO-Mitgliedsstaat seinen Militärhaushalt auf 2 % des Staatshaushaltes erhöht. Momentan steht die BRD bei knapp 1,25 %. Bereits von 2016 zu 2017 stieg dieser um 1,9 Mrd EURO auf rund 37 Mrd EURO. Im Zuge des zunehmend unsicheren Verhältnis mit den USA werden die Pläne des Aufbaus einer EU-Armee oder zumindest gemeinsamer Interventionen mit Frankreich immer lauter. Dies bedarf jedoch ebenfalls einer massiven Umstrukturierung der Bundeswehr. Allein ein IT-Bataillon soll von 500 auf rund 15 000 Rekrut_Innen aufgestockt werden. Vor allem wir Jugendlichen sind die ersten, die in ihre Kriege eingezogen werden!

Schuldenbremse:

Zwar bereits 2009 im Parlament eingeführt, jedoch erst seit 2016 für den Bund geltend (maximale Neuverschuldung bei 0,35 %) und bis 2020 schrittweise in den Ländern und Kommunen in Kraft tretend. Dies stellt Kommunen, die eventuell aufgrund von Investitionen in Schulen oder Gesundheitswesen über diesen Schnitt fallen, vor eine Art Insolvenzberatung, die eine Privatisierung von Staatseigentum zur „Entschuldung“ durchsetzt, was auf Dauer eine Verteuerung sozialer Einrichtungen und einen Rationalisierungsangriff auf die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bedeutet. Vor allem wir Jugendlichen sind die ersten, die Lohnkürzungen und Entlassungen erleiden!

Rassistische Asylpolitik:

Auch die Grünen schieben ab! Diese Entwicklung ist zwar nicht neu, in Baden-Württemberg, schiebt ein grüner Ministerpräsident im eigenen Bundesland massiv ab und hat im Bundesrat die rassistischen Asylgesetze der letzten GroKo mit durchgewunken. Die FDP fordert die Einführung des „kanadischen Integrationsmodells“: Eine Art Punktesystem anhand der wirtschaftlichen Interessen der BRD, nicht aber orientiert an den Fluchtgründen geflüchteter Menschen, wie Überausbeutung, Krieg oder Klimawandel. Die CDU/CSU einigt sich während dessen auf „irgendwas wie eine Obergrenze“, die die jährliche Einwanderung auf 200 000 begrenzen soll. Wir können uns also auf Widerstand gegen die Abschiebung von unseren Mitschüler_Innen und gegen neue rassistische Asylgesetze bereit machen. Denn es sind vor allem Jugendliche, die international zur Flucht gezwungen werden!

Widerstand organisieren!

Doch was nun? Wie schon verdeutlicht, es sind vor allem wir Jugendlichen, die unter den Angriffen der kommenden Regierung zu leiden haben. Wir müssen der neuen Regierung einen klassenkämpferischen Widerstand und nicht unsere Unterordnung im vermeintlichen Kampf gegen die AfD entgegenstellen. Dafür müssen wir den gemeinsamen Kampf mit denen kämpfen, die an den Stellschrauben der kapitalistischen Produktion sitzen, der organisierten Arbeiter_Innenklasse. Denn auch wir werden in Zukunft nicht viel mehr Möglichkeiten haben, als unsere Arbeit für einen zu geringen Lohn zu verkaufen. Dabei wird uns von der kommenden Regierung nichts geschenkt werden! Was wir brauchen, ist die gemeinsame Einheitsfront von Gewerkschaften, reformistischen Parteien, Jugendorganisationen, migrantischen Initiativen gegen soziale Angriffe und staatlichen Rassismus. Dafür braucht es eine gemeinsame Aktionskonferenz, die dem Programm der kommenden Regierung einen Mobilisierungsplan entgegenstellt. Rund um Forderungen, wie die Rücknahme aller rassistischen Asylgesetze und dem Kampf für einen flächendeckenden Mindestlohn von 12 EURO, können wir den Kampf gemeinsam organisieren und offen für unsere unterschiedlichen Perspektiven eintreten. Eine Möglichkeit hierzu stellen die Tarifauseinandersetzungen in 2018 dar, diese werden nahezu den gesamten öffentlichen Dienst umfassen. Es liegt an uns diese zu politisieren und den Kampf gegen die neue Regierung, gegen ihren Rassismus und den der AfD in unsere Schulen, Unis und Betriebe zu tragen!




REVO, die Bundestagswahl und du!

Am 24.September ist es wieder soweit: Beinahe hätten wir vergessen, dass man ja doch alle 4 Jahre per Kreuz auf dem Wahlzettel wenigstens ein ganz kleines bisschen ‚mitbestimmen‘ darf. Von jeder Straßenlaterne grinsen uns jetzt mindestens 3 unterschiedliche Spitzenkandidat_innen dumm an. Fast scheint es so, als ob sie uns auslachen. Dafür, dass ihnen so viele Menschen ihre hohlen Phrasen von „Mehr Förderung für die Jugend“ abkaufen und sie uns tatsächlich aber nur Kürzungen in der Bildung und der Jugendarbeit, Leistungsterror, unbezahlte Praktika, unterbezahlte Minijobs und Perspektivlosigkeit zu bieten haben. Oder sie lachen uns dafür aus, dass wir selber gar nicht wählen dürfen, um uns dagegen zu wehren. Sie sind der Meinung, dass Jugendliche keine eigene politische Meinung haben sollten, egal wie reif wir sind und wie viel wir uns mit Politik beschäftigen. Allein die Tatsache, älter als 18 und Staatsbürger_In zu sein, zählt. Das führt dazu, dass 14 Millionen Minderjährige in Deutschland nicht wählen dürfen und trotzdem die Ergebnisse dieser Wahl mit ausbaden müssen. Ebenso ist es den 10 Millionen Menschen, die hier leben, aber vom Staat aus rassistischen Gründen keine deutsche Staatsbürger_Innenschaft ausgestellt bekommen, verboten, zu wählen. Insgesamt dürfen sich also ca. 24 Millionen Menschen, die in der BRD leben, nicht an der Bundestagswahl beteiligen; das sind fast 30% der gesamtdeutschen Bevölkerung!

Rassismus, Ausbeutung und Kapitalismus abwählen?

Wenn man in dieser „tollen“ Demokratie schon nur alle 4 Jahre irgendwie mitbestimmen kann, dann wollen wir wenigstens auch das Recht dazu haben! Und nicht nur wir Jugendlichen, auch wir Geflüchteten, wir Migrant_Innen und wir als „Menschen mit Behinderung“ gelabelte! Trotzdem müssen wir uns klar machen, dass unsere Probleme niemals im Parlament gelöst werden: Bevormundung in der Familie, Leistungsterror und soziale Selektion in der Schule, zu wenig Ausbildungsplätze, Billiglohnjobs, unbezahlte Praktika, Ausbeutung, der Ausverkauf der universitären Lehre, Gentrifizierung, rassistische Mobs auf der Straße, sexistische Übergriffe, Diskriminierung von queeren Lebensentwürfen, fortschreitende Umweltzerstörung, die Abrieglung der Fluchtwege nach Europa, die Zunahme von Krieg und Terror auf der Welt, … all das sind Probleme, die daher kommen, dass das kapitalistische System in eine Krise geraten ist, deren Folgen die Bosse und Politiker_Innen auf unsere Schultern abladen wollen. Dieser Prozess wird sich nicht über das Parlament aufhalten lassen, sondern fordert unserer aller Widerstand auf der Straße sowie in Schule, Uni und Betrieb!
Wer selber das Glück hat, wählen gehen zu dürfen, sollte dieses Privileg jedoch auch nutzen. Unsere Stimmen können zwar das kapitalistische System nicht abschaffen, jedoch vielleicht weitere Angriffe und Verschlechterungen unserer Situation abhalten oder hinauszögern. Ebenfalls stellen Wahlen einen Spiegel des bestehenden gesellschaftlichen Bewusstseins dar. Für uns ist der Reformismus ein Hindernis innerhalb der Arbeiter_Innenbewegung, er steht ein für die Vereinbarkeit sich entgegenstehender Klasseninteressen v.a. in imperialistischen Nationen und bricht dafür mit dem grenzenlosen Internationalismus. Für uns ist der bürgerliche Staat ein Staat der herrschenden Klasse, samt ihrer Produktionsweise. Die Wahlen versuchen, den unvereinbaren Gegensatz von Kapital und Arbeit, samt der Klassengesellschaft an sich, zu verschleiern.

Aus unserer Ablehnung dieser politischen Strategie erfolgt jedoch nicht, dass sie keine gesellschaftliche Relevanz hat und nicht die aktivsten Teile der Arbeiter_Innenbewegung sich oftmals hinter ihnen versammeln. Unsere Wahltaktik muss deshalb im Auge haben, wie wir diesen Führungsanspruch am besten herausfordern und den Reformismus durch seine Praxis in Verruf bringen können. Aber welche dieser Verräter_Innenparteien sollten wir denn wählen? Die Partei „Die Linke“ ist das Linkeste, was das deutsche Parteienspektrum zu bieten hat und stützt sich gleichzeitig auf eine Reihe von Gewerkschaften und Basisorganisationen aus sozialen Bewegungen. Selbst gibt sie vor, sich gegen Sozialkürzungen, Rassismus und Auslandseinsätze der Bundeswehr stark machen zu wollen. Dass die Partei ihre Ideale und Versprechen aber schnell vergisst, sobald sie sich an irgendeiner Regierung opportunistisch beteiligt, haben wir in Berlin, Brandenburg und Thüringen gesehen. REVOLUTION ruft trotzdem dazu auf, die Linke kritisch zu wählen, um ihre falschen Versprechen zu entlarven und ihren Wähler_Innen zu zeigen, dass wir zusammen eine linke, antikapitalistische Partei außerhalb der Parlamente aufbauen müssen. Eine ausführlichere Analyse der sozialen Zusammensetzung und der Rolle der Linkspartei in sozialen Bewegungen veröffentlichen wir auf unserer neuen Homepage.

One Solution: REVOLUTION!

Wenn wir an dieser Stelle jedoch viel rumkritisieren und uns beschweren, sollten wir auch über eigene Alternativen sprechen. REVOLUTION ist eine unabhängige, kommunistische und internationalistische Jugendorganisation, die mit Jugendlichen auf der ganzen Welt für ein politisches Programm gegen Krise, Krieg, Rassismus, Sexismus und Ausbeutung kämpfen will. Nur indem wir Jugendlichen uns unabhängig organisieren, können wir der besonderen Unterdrückung, der wir im kapitalistischen System ausgesetzt sind, begegnen und eigene Erfahrungen im Kampf dagegen machen. Nur indem wir Jugendliche uns kommunistisch organisieren, können wir zusammen mit allen anderen Unterdrückten das System an der Wurzel packen und eine Gesellschaft aufbauen, in der wir alle frei sind und niemand ausgebeutet wird. Nur indem wir Jugendliche uns internationalistisch organisieren, kann dieses Ziel Wirklichkeit werden, alle Menschen auf der Welt befreien und nicht wie die Versuche in Russland, China, Kuba, Nordkorea oder der DDR zu bürokratischen Diktaturen verkommen.

Der Ort unseres Widerstandes ist sowohl die Straße, als auch die Schulen, Unis und Betriebe, in denen wir lernen und arbeiten. Unser Ziel ist die Abschaffung von Ausbeutung, Sexismus und Rassismus sowie die Errichtung eines weltweiten und stabilen Friedens durch den Sturz des kapitalistischen Systems und den Aufbau einer neuen Gesellschaft. Niemand soll mehr hungern, niemand soll mehr im Krieg sterben, niemand soll mehr diskriminiert werden! Diese Gesellschaft soll jegliche Unterdrückungsstrukturen abschaffen, jedem und jeder eine freie Entwicklung ermöglichen und an die Stelle der Produktion für den Profit die Befriedigung der Bedürfnisse aller stellen. Dafür müssen die Orte, an denen gesellschaftlicher Reichtum geschaffen wird, also die Betriebe, Fabriken, aber auch die Schulen und Unis in die Hände derer kommen, die darin produzieren, arbeiten und lernen. Nur indem die Reichtümer der Gesellschaft demokratisch kontrolliert, verwaltet und verteilt werden, können wir soziale Ungleichheit und Bevormundung abschaffen. Die Kraft, die wir dafür gewinnen müssen, ist die Klasse der Arbeiter_Innen. Sind sie es doch, die durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft tagtäglich das Rad der Gesellschaft zum rollen bringen; nur sie können die gesamte Gesellschaft ins Stocken bringen.
Der Kapitalismus kann jedoch nicht über neue Gesetze und Reformen im Bundestag zu einem besseren System reformiert werden. Die staatliche Gewalt bleibt trotzdem in den Händen der nicht-gewählten Offizier_Innen und Polizeichef_Innen, die wirtschaftliche Macht bleibt trotzdem in den Händen der nicht-gewählten Banken und Konzerne und auch die politische Macht wird per Wahl für mehrere Jahre in die Hände der Bürokrat_Innen übergeben, ohne dass sie sich an ihre Versprechen halten müssen und wir das irgendwie kontrollieren könnten.

REVOLUTION stellt dieser „Demokratie“ eine sozialistische Alternative entgegen, in der die Gesellschaft in Form von basisdemokratischen Räten organisiert ist. Diese Räte bilden sich aus den Betrieben, Schulen, Unis und Stadtteilen und wählen Repräsentant_Innen in die jeweils nächst höhere Ebene. Diese Repräsentant_Innen sind ihren Wähler_Innen fortwährend rechenschaftspflichtig und können jederzeit abgewählt werden, sobald sie nicht mehr für das eintreten, wofür sie gewählt wurden. Auch erhalten sie den durchschnittlichen Lohn einer Facharbeiterin, um ihre Interessen an die der Allgemeinheit zu heften. Die Wirtschaft wird demokratisch geplant und richtet sich nach den Bedürfnissen der Gesellschaft. Der Schutz der Gesellschaft wird durch wähl- und abwählbare Arbeiter_Innenmilizen organisiert. Diese Vision können wir nur durch den Sturz des Kapitalismus durch die Revolution der Massen Wirklichkeit werden lassen. Das Parlament kann dafür als ein Podium dienen, um das Bewusstsein dieser Massen anzusprechen. Nie kann es jedoch den Kapitalismus selber stürzen. Sind doch rein-parlamentarische Versuche, die Eigentumsrechte anzugreifen, als nicht verfassungskonform oder durch Putsche seitens des bewaffneten Staatsapparates oder imperialistischer Staaten beantwortet worden.

REVOLUTION ist also die only Solution. Als aktuell noch relativ kleine Organisation werden wir jedoch nicht selber zu den Bundestagswahlen im September antreten und stattdessen den Widerstand gegen die rassistische Politik der Parteien auf die Straße bringen. Für uns ist es deshalb wichtig, nicht nur das maximale Ziel einer befreiten Gesellschaft hochzuhalten, sondern uns auch für die aktuellen Tageskämpfe stark zu machen. Unsere Analyse und unsere Forderungen zu verschiedensten Themen finden sich in unserem politischen Programm, das die Grundlage unserer Politik darstellt. Hier wollen wir nur einmal zeigen, wie wir uns so zu den brisantesten Wahlkampfthemen verhalten, wofür wir einstehen und was wir wollen! Was wir fordern:

Frieden statt Überwachungsstaat!

Die Zunahme von Terroranschlägen trifft vor allem uns Jugendliche, da wir uns verstärkt im öffentlichen Raum und in öffentlichen Verkehrsmitteln aufhalten. Wer Kohle hat, fährt Auto und verbringt den Nachmittag im Tennisclub. Dabei sind es gerade die multinationalen Konzerne und ihre Politiker_Innen, die durch Kapital- und Warenexport in ärmere Länder und durch Kriegseinsätze und Auslandsinterventionen Terrorgruppen wie Daesh oder al-Qaida erst den Nährboden freigebombt haben. Die geringen Chancen, der strukturelle Rassismus und dessen systematische ungleiche Bezahlung, dem wir Jugendliche mit Migrationshintergrund in Deutschland begegnen, treiben leider einige von uns in die Arme dieser rückschrittlichen Organisationen.
Anstatt seine aggressive Außenpolitik zu verändern, baut sich der deutsche Staat lieber nach und nach zum Überwachungsstaat um. Weiter werden fleißig Waffen in den „Nahen Osten“ geliefert und Geschäfte mit terrorunterstützenden Diktatoren wie Erdogan oder dem König von Saudi Arabien gemacht. Während gleichzeitig der berechtigte Widerstand von PKK und PYD kriminalisiert wird. Um ihre Profite zu sichern, unterstützen deutsche Unternehmen rücksichtslos die Zerstörung anderer Länder und wundern sich, wenn sie die Gewalt, die sie vor Ort gesät haben, nun in Form von Terroranschlägen hier zu spüren bekommen. Allein 2016 hat der deutsche Staat Waffen im Gesamtumfang von mehr als 7,86 Mrd. Euro exportiert, das war fast eine Verdopplung im Verhältnis zum Vorjahr.

Der deutsche Staat nutzt das als Vorwand, um die Überwachung immer mehr auszubauen und Polizei und Bundeswehr für den Ernstfall sozialer Ausschreitungen aufzurüsten. Die große Koalition hat dabei keine Kosten und Mühen gescheut, das Grundgesetz an vielen Stellen anzugreifen und außer Kraft zu setzen: so wurde die Vorratsdatenspeicherung wieder eingeführt, die Videoüberwachung mit Gesichtserkennung ausgeweitet, die Befugnisse und das Budget der Geheimdienste erweitert, die massenhafte Durchsuchung der Handys von Geflüchteten erlaubt, die Erfassung aller Reisebewegungen eingeführt und das Alles vor dem Hintergrund legitimiert, dass man uns ja vor Terror schützen wolle. Dass es immer Mittel und Wege gibt, einen Anschlag durchzuführen und diese ganzen Maßnahmen vielmehr dazu dienen, die Macht von Polizei und Staat durch Kontrolle auszubauen und sich gegen möglichen Widerstand aufzurüsten, liegt wohl auf der Hand. So gibt es selbst genug Fälle von Anschlägen, die im Vorfeld entweder bekannte Täter oder sogar bereits bekannte Planungen vorlagen. Nach den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg im Juli dieses Jahres ist zudem auch die Überwachung von linken Gruppen vermehrt in den Fokus gerückt.

Wir werden diese Angriffe auf unsere Freiheiten nicht widerstandslos hinnehmen und fordern stattdessen:

 

– Nein zu allen neuen Überwachungsgesetzen zur Bespitzelung und Einschüchterung der Bevölkerung!

– Für den sofortigen Stopp der Vorratsdatensammlung und die Offenlegung und anschließende Vernichtung aller gesammelten Daten!

– Für die Auflösung aller Geheimdienste, dieser undemokratischen und gegen unsere Freiheiten arbeitenden Institutionen!

– Schluss mit der Ausweitung der Rechte von Polizei und Bundeswehr! Raus mit ihnen aus Schulen, Universitäten und Job-Centern: Schluss mit der öffentlichen Werbung für’s Sterben!

– Nein zu allen Einsätzen der Bundeswehr, ob im Ausland oder im Innern! Für ein Verbot von Waffenexporten!

– Solidarität mit dem Befreiungskampf gegen die imperialistische Unterdrückung, ob in Palästina oder Kurdistan! Für die Streichung aller Terrorlisten, sowie Paragraph 129a und 129b!

– Brecht das bürgerliche Gewaltmonopol! Auflösung aller staatlichen bewaffneten Verbände! Für das Recht auf Selbstschutz durch Organe der Arbeiter_Innenbewegung.

– Gleiche Bildung und gleicher Lohn für alle, damit prekäre Jugendliche nicht von Daesh und Co. abgefangen werden können!

– Für eine multiethnische Massenbewegung aus Jugendlichen und Lohnabhängigen, die gegen Überwachung, Repression und Krieg kämpft!

 

Grenzenlose Solidarität statt Rassismus!

Dass Millionen von Menschen vor Krieg, Verfolgung und Hunger nach Europa flüchten müssen, ist vor allem ein Produkt der militärischen und wirtschaftlichen Interventionen in ihre Heimatländer durch die reichsten Länder dieser Welt. Während diese Menschen also dorthin fliehen, wo die Ursache ihres Unglücks herkommt, machen diese Länder die Grenzen dicht. So hat auch die Europäische Union (allen voran Deutschland) dafür gesorgt, dass aus Europa eine undurchdringliche Festung wird. Für in Afrika produzierte Turnschuhe ist es kein Problem, über das Mittelmeer zu gelangen, für Menschen mit der „falschen“ Hautfarbe stellt es jedoch ein nahezu unüberwindbares Hindernis dar. Schuld am massenhaften Sterben im Mittelmeer sind die, die keine legalen Fluchtwege ermöglichen und die durch sogenannte „Grenzschutzagenturen“ wie Frontex und Co. tausende Menschen in den Tod schicken. Unterstützt wird dies von räuberischen Abkommen mit angeblichen libyschen Küstenwachen. Damit die Leute, die es dann doch lebendig über das Mittelmeer geschafft haben, nicht doch noch auf die Idee kommen, nach Westeuropa zu fliehen, hat Merkel mit dem EU-Türkei-Deal (Erdogan bekommt Kohle von Merkel und lässt dafür keine Geflüchteten nach Europa) und dem Bau von Grenzanlagen in Osteuropa willige Helfer_Innen gefunden, ohne sich selber die Hände schmutzig zu machen.

– Fähren statt Frontex! Züge statt Zäune! Für die Bereitstellung von sicheren Fluchtmöglichkeiten und die Öffnung aller Grenzen!

– Reparationszahlungen für die imperialistische Überausbeutung aus den Profiten multinationaler Konzerne! Verwaltet durch Organe der halbkolonialen fortschrittlichen Bewegungen von Arbeiter_Innen und Bäuer_Innen.

Diese Politik soll abschrecken und die Millionen Flüchtenden davon abhalten, sich überhaupt auf den langen, beschwerlichen und oft tödlichen Weg nach Europa zu machen. Doch egal, wie viele Mauern sie bauen und Soldat_Innen positionieren, das Leid der Menschen ist so groß, dass sie alles in Kauf nehmen werden, um dieser Hölle zu entfliehen. Doch auch auf die Menschen, die es trotz allem nach Deutschland geschafft haben, wartet noch lange kein sicheres Leben. Hier angekommen, werden sie – teilweise jahrelang – in überfüllten Lagern und Heimen zusammengepfercht, ohne Rücksicht auf körperliche und seelische Bedürfnisse. Hinzu kommen weitere rassistische Gesetze, die es Geflüchteten verbieten, zu arbeiten oder sich frei zu bewegen. Die Politik versucht nicht nur, die Bevölkerung der europäischen Staaten und die Geflüchteten zu spalten. Sie versucht auch, die Geflüchteten untereinander zu spalten, indem sie sie in „gute Kriegsflüchtlinge“ und „böse Wirtschaftsflüchtlinge“ einteilt. Das Asylrecht wird im Zuge dessen nach und nach ausgehebelt und mit der „sicheren Drittstaatenregelung“ werden nun Kriegsgebiete (wie Afghanistan) als sicher erklärt und Menschen massenhaft abgeschoben. Die Diskussion über sichere Herkunftsländer erreicht mittlerweile eine neue Qualität, so schreiben Mitglieder der Grünen rassistische Pamphlete die Todeszahlen in Brasilien und Afghanistan – in Brasilien sterben jährlich allein schätzungsweise 200.000 Frauen bei dem Versuch illegaler Abtreibungen.

– Für die Anerkennung aller Fluchtgründe und volle Staatsbürger_Innenrechte für alle sich hier aufhaltenden Menschen!

– Sofortiger Abschiebestopp! Schluss mit allen rassistischen Asylgesetzen und deren Verschärfungen!

– Für dezentrale Unterkünfte, kostenlose psychische sowie medizinische Betreuung! Enteignet leerstehende Bürogebäude und Spekulationsimmobilien, auch in den Villenvierteln ist noch genug Platz!

– Für Schutzräume in den Unterkünften und gesonderte Schutzräume für Frauen und LGTBIA, falls dies gewünscht ist!

Im Schatten dieses gesamtgesellschaftlichen Rechtsrucks hat sich in den letzten Jahren eine neue rassistische Bewegung formiert. Während rechte Bürgerwehren pöbelnd durch die Straßen ziehen, Geflüchtete angreifen und ihre Unterkünfte anzünden, geht die rechtspopulistische AfD mit rassistischen Parolen auf Stimmenfang. Die Anzahl von rassistischen Gewalttaten wächst stetig, gleichzeitig aber auch die rassistischen Ressentiments in der Bevölkerung und die Anzahl der rassistischen Gesetzte, die im Bundestag verabschiedet werden. Dieser Rechtsruck ist kein rein deutsches Phänomen, sondern findet parallel auch mit Trump in den USA, Le Pen in Frankreich, May in Großbritannien oder Szydło in Polen statt. Die Gemeinsamkeit dahinter ist die Angst vor dem sozialen Abstieg, die viele Menschen nach der Krise 2007/08 teilen und die sie anfällig für einfache rassistische Feindbilder macht. Hinzu kommt, dass viele Menschen vorher eigentlich sozialdemokratische Parteien gewählt haben, welche aber wiederum in den meisten Ländern für die großen sozialen Kürzungsprogramme, die Entlassungswellen und die Verschlechterungen der Arbeitsverhältnisse verantwortlich waren. Wir brauchen also eine breite Bewegung, die diese Menschen wieder mit ins Boot holt, um uns dem Rassismus entgegen zu stellen! Eine Bewegung also, die auch soziale Probleme mit aufgreift und Seite an Seite mit Geflüchteten, Lohnabhängigen und Jugendlichen gegen Rassismus und für grenzenlose Solidarität kämpft – die Arbeiter_Inneneinheitsfront!

– Für das Recht auf Selbstverteidigung gegen rassistische Übergriffe: lokale antirassistische Aktionskomitees organisieren!

– Raus mit der AfD aus Stadtteil, Schule, Uni und Betrieb!

– Anhebung des Mindestlohns über die Armutsgrenze und Auszahlung an alle Lohnabhängigen, Jugendlichen und Geflüchtete! Wir wollen mindestens 12 Euro netto die Stunde, um von unserer Arbeit leben zu können!

– Volle Staatsbürger_Innenrechte für Alle! Öffnet die Gewerkschaften auch für Geflüchtete, damit wir Seite an Seite für unsere Arbeitsrechte einstehen können!

– Lasst uns eine antirassistische Bewegung zusammen mit Lohnabhängigen und ihren Organisationen, Jugendlichen und Geflüchteten aufbauen!

 

 




Solidarität mit Hungerstreikenden in Gohardasht – Freiheit für alle politischen Gefangenen im Iran

Freitag, 22.09.2017, 11.00 bis 14.30 Uhr

Iranische Botschaft, Podbielskiallee 67

Seit dem 30. Juli befinden sich etliche politische Gefangene im Gohardasht Gefängnis im Iran im Hungerstreik. Dieser brach aus, nachdem die ohnedies unter miserablen Bedingungen lebenden Gefangenen unter Konfiskation all ihrer persönlichen Gegenstände in eine noch schlechtere Halle im selben Gefängnis umverlegt worden. Dort sind sie täglicher 24h Überwachung per Kamera und Audioüberwachung, selbst auf Toiletten und Waschräumen ausgesetzt. Eine Belüftung mit frischer Luft, sowie hygienische und medizinische Versorgung ist kaum gegeben.

Wir solidarisieren uns mit diesem wichtigen Kampf für demokratische Rechte. Wir fordern die unmittelbare Rückverlagerung der Gefangenen, die Übergabe ihrer Habseligkeiten und letzlich ihre Freilassung. Ebenso fordern wir von den deutschen Medien eine ernstzunehmende Berichterstattung über die demokratischen Kämpfe durch die iranische Bevölkerung anstatt der alleinigen Berichterstattung über jene, die mit ihren eigenen Großmachtinteressen im Hinterkopf, über den Iran sprechen, ohne einen Finger zu krümmen, um die real existierende linke Opposition jemals zu unterstützen.

Mina Khani, Aktivisten von Street Roots hierzu „Während sich der Rechtspopulist Trump, der über eines der größten Atomwaffenarsenale der Welt verfügt, sich diese Woche vor der UN als Hardliner gegenüber dem Iran darzustellen versuchte, finden die tatsächlichen Verbrechen des iranischen Regimes an der Bevölkerung in der westlichen Welt kaum gehör. Nicht selten findet sich gar die linke Opposition gegen Diktaturen im Nahen und Mittleren Osten auch der Repression im deutschen Staat ausgesetzt. Ist dies nicht der Fall, so wird sie zumeist im wahrsten Sinne des Wortes totgeschwiegen. Wir wollen dieses Schweigen brechen.“

Daher ruft der Internationalistische Block all jene, die sich gegen die Iranische Diktatur, für echte Demokratie, Solidarität mit der dortigen Linken und ArbeiterInnenbewegung einsetzen wollen, dazu auf am Freitag, den 22.09. ab 11 Uhr ihre Stimme vor der Iranischen Botschaft in Berlin zu erheben.