Aufruf zum Bildungsstreik 12.11.08

Wir haben die Schnauze voll!

Aufruf der Jugendorganisation REVOLUTION zum bundesweiten Schulstreik am 12. November

Ihr wisst, was an der Schule Scheiße ist. Es fehlt an grundlegenden Sachen wie Lehrpersonal, kostenlosen Lernmitteln, pädagogisch sinnvollen Klassengrößen und einwandfreien Schulgebäuden.
Dafür werden wir mit autoritären und überlasteten LehrerInnen, abgehobenen Behörden, teuren Nachhilfestunden, langen Schultagen, Stress und Selektion konfrontiert. Schule heißt: statt Verstehen zählt Gehorchen, Wissen wird zum Auswendiglernen und Vergessen – Lernen und Leben von SchülerInnen werden zur Hölle.
Wenn das Versagen so offensichtlich ist, beschwören „Experten“, Wirtschaftsbonzen und Politiker, wie wichtig ihnen „die“ Bildung ist und was zu tun sei. Nur, dadurch wird es meist noch schlimmer!

Ob „Bildungsreform“, „Ausbildungspakt“, „Bildungsgipfel“ oder „Bildungsinitiative“: Die Bildungsmisere wird zum Vorwand genommen, noch mehr LehrerInnen rauszuschmeißen, noch mehr Mittel zu kürzen, noch strengere Regeln einzuführen – also kurz: die Bildungsmisere in eine Bildungskatastrophe zu verwandeln!
Natürlich wird dabei viel Mühe in pompöse Inszenierungen und teure Imagekampagnen gesteckt, das lieber in uns, die SchülerInnen, investiert werden sollte.

Das ganze verdammte System …

Dieser verlogene Unfug hat aber eine Ursache. In der Gesellschaft, in der wir leben, dienen Schule und Ausbildung nicht den Bedürfnissen der Mehrheit der Bevölkerung und schon gar nicht der SchülerInnen. Sie dienen dazu, die gesellschaftlichen Verhältnisse und damit die Spaltung der Gesellschaft in Klassen – also das Fundament des Kapitalismus – wiederherzustellen.

Für die Reichen und Superreichen gibt es immer „Spezialschulen“, wirkliche Eliteschulen, wo auch keine „normalen“ SchülerInnen hinkommen.
Für die Mittelschichten, AkademikerInnen und „gehobene“ ArbeiterInnen gibt es eine ganze Reihe von Schulen, Bildungsstätten und Ausbildungsgänge: Unis, Gymnasien über Realschulen bis zur Fachberufsschule.

Schließlich gibt es noch die Haupt- und Sonderschulen. Dort müssen jene hin, die aufgrund der Massenarbeitslosigkeit gerade nicht verwertet werden können oder die für Billigjobs, Leiharbeit oder unqualifizierte Arbeit keine große Qualifikation ’brauchen’.
Immer geht es darum, dass nur die Fachkräfte rauskommen, die vom Kapital verbraucht werden können. SchülerInnen und StudentInnen sollen sich nicht über verschiedene Disziplinen hinweg orientieren, nach Interessen und Fähigkeiten weiterentwickeln und das gelernte Wissen praktisch anwenden und überprüfen. Es müssen schnell und billig halbwissende und loyale ’Experten’ herangezüchtet werden.

Daher ist dieses System immer selektiv und unterdrückerisch. Wer wenig Kohle hat, wer rassistisch diskriminiert wird, wird in der Schule nicht gefördert, sondern nach „Status“ eingeordnet. Die „Reformer“ sehen das Problem nicht in der sozialen Ungleichheit „unserer“ Gesellschaft; sie wollen nur die Auswirkungen dieses Systems abfedern. So kommt trotz aller „Reformen“ von Regierung, Unternehmerverbänden, Bildungsexperten, Reformpädagogen, Gewerkschaftsbürokraten u.a. am Ende immer dieselbe Scheiße raus. So wird die Hierarchie und Ausbeutungsordnung ’unserer’ Gesellschaft in der Schule reproduziert.

Die Kosten der Bildung

Das Kapital will aber nicht nur loyale und flexible Spezialisten, FacharbeiterInnen oder schlecht ausgebildete (und damit billigere) unqualifizierte ArbeiterInnen. Es will für deren Herstellung – also für die Finanzierung der Schulen und Berufsschulen – möglichst auch nichts zahlen. Das sollen die Lohnabhängigen – also meistens die ArbeiterInnen – selbst tun. Daher werden immer mehr Schulen und Universitäten (von der Reinigung, über Küche bis hin zu ganzen Schulen) verkauft und privatisiert, während es für die Masse immer teurer und schlechter wird. Ausreichende Bildung muss dann privat außerhalb der öffentlichen Schule „dazu gekauft“ werden. Die Unternehmer freut’s: Da kann man auch noch reichlich absahnen!

Das trifft umso mehr auf die aktuelle Situation zu, wo wir am Beginn einer tiefen Wirtschaftskrise stehen, wo ohnedies schon Millionen Arbeitslose („überflüssige Arbeitskräfte“) vorhanden sind und noch ein paar Millionen dazu kommen werden. Die Kosten für diese Krise soll wie immer die Arbeiterklasse bezahlen!

Es ist unbedingt notwendig, dass wir uns gegen diese Angriffe wehren und am 12. November gemeinsam auf die Straße gehen. Deshalb: Unterstützt REVOLUTION und unsere Ziele für den Bildungsstreik!

Kostenlose Bildung für Alle! Wiedereinführung der Lernmittelfreiheit! Klassenfahrtsoli für alle – und zwar umsonst!
Nein zur selektiven Bildung! Weg mit dem mehrgliedrigen Schulsystem! Alle SchülerInnen sollen gemeinsam lernen und individuell nach Interessen gefördert werden.
Abschaffung aller Studien– und Schulgebühren! Studien -und Ausbildungsplätze für alle!
Mindesteinkommen für alle SchülerInnen, StudentInnen und Azubis von 1000 Euro Netto!
Rücknahme aller Kürzungen und Arbeitszeitverlängerungen im Bildungsbereich, Neueinstellung von LehrerInnen – voller Personal -und Kostenausgleich in den Bildungsetats!

Für kleine Klassengrößen, bessere Ausstattung und sofortige Rücknahme des Turbo-Abiturs!
Für freie und selbstverwaltete SchülerInnenräume, volle Organisierungs- und Propagandafreiheit aller SchülerInnen an Schulen!
Für volles Aktions- und Streikrecht aller SchülerInnen, LehrerInnen und Beschäftigten!
Für den Aufbau einer SchülerInnengewerkschaft!
Bildung von Ausschüssen, bestehend aus SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern zur Erarbeitung und Kontrolle von Lehrinhalten und Lehrplänen!
Unternehmen raus aus der Schule! Kein privates Sponsoring von Kapitalisten! Gegen jede Form von (Teil)Privatisierung!
Abschaffung des Religionsunterrichts! Keine Ersatzunterweisung in bürgerlicher „Moral“ (Ethikunterricht)!

Elitäre Kaderschmieden statt breite Bildungsmöglichkeiten

Das Bildungssystem in Deutschland befindet sich im neoliberalen Umbau: Eine „Reform“ nach der anderen, vermehrte Abhängigkeit von der Wirtschaft, Turbo-Abitur (G8), schlechte Ausstattung für öffentliche Schulen, Schaffung von Elite-Universitäten, Bachelor-Master-Studiengänge, Studiengebühren.

All das passiert nicht, weil die „falschen“ Politiker an den falschen Stellen sitzen oder weil diese oder jene Partei gerade das Sagen hat. Diese Umstrukturierung orientiert sich an den Erfordernissen der Kapitalisten. Alle oben genannten Maßnahmen haben das Ziel, Bildung ’effizienter’ zu gestalten – aber nicht ’effizienter’ im Sinne der Bevölkerung.
Die Umgestaltung des Bildungssystems ist keine deutsche Angelegenheit – sie wird auch auf europäischer Ebene durch den „Bologna-Prozess“ durchgeführt.

Organisieren gegen Kapitalismus!

Wenn der Kapitalismus das Problem ist, heißt das auch, dass wir uns organisieren müssen, um den Kapitalismus zu bekämpfen und zu stürzen. Dafür wollen wir REVOLUTION aufbauen. Wir wollen es nicht dabei belassen, Symptome zu bekämpfen und Angriffe abzuwehren: wir wollen die Wurzel des Problems beseitigen. Ein interdisziplinäres, offenes, fächerübergreifendes, ungezwungenes oder gar emanzipatorisches Bildungssystem ist mit dem Kapitalismus nicht vereinbar!
Diesen Kampf können wir nur gewinnen, wenn sich SchülerInnen, StudentInnen und Azubis unabhängig organisieren und Aktionsgruppen aufbauen.

Da die Bildungsmisere kein gesondertes, sondern ein gesellschaftliches Problem ist, also gesellschaftliche Ursachen hat, können wir nur im gemeinsamen Kampf mit LehrerInnen, Reinigungskräften, streikenden MetallarbeiterInnen und BusfahrerInnen diesen Kampf gegen Bosse und Bürokraten gewinnen. Wir müssen gemeinsame Aktionen und Strukturen mit Gewerkschaften, Arbeitslosenverbänden, MigrantInnenorganisationen und politischen Gruppen aufbauen und so zu einer gesellschaftlichen Kraft werden.
Das heißt aber auch, dass wir unsere Aktionsformen radikalisieren müssen. Nicht nur Verweigerung und Streik jedes halbe Jahr, sondern Besetzungen und Selbstorganisation müssen gewagt werden.

Ein solcher Kampf für eine Bildung im Sinne der Mehrheit und ihrer Bedürfnisse heißt auch, die Macht- und Systemfrage zu stellen. Die Herrschenden werden niemals freiwillig die Kontrolle über „ihr“ Bildungssystem aufgeben – genauso wenig, wie sie ihre ökonomische und politische Macht freiwillig abgeben. Es stellt sich also die Frage der sozialistischen Revolution und eines Rätesystems, der Zerschlagung des Kapitalismus und seines Herrschaftsapparats.

Daher bauen wir eine globale revolutionäre Jugendorganisation auf und kämpfen für eine Jugendinternationale!
Daher kämpfen wir für eine revolutionäre Weltpartei und eine neue, die Fünfte Internationale. Der Widerstand heute ist der Sieg von morgen!

One Solution – Revolution!