Aufstände in Kenia – Worum geht es und wie können wir sie unterstützen?

von Jona Everdeen, Juli 2024

Seit etwas mehr als 2 Wochen finden in Kenia Massenproteste statt. Ihr Ursprung lag in der breiten Ablehnung eines Gesetzes, das Steuererhöhungen einführen sollte, die ausschließlich Arbeiter:innen und Arme treffen. Doch obwohl der Präsident des ostafrikanischen Landes diese inzwischen zu großen Teilen zurückgenommen hat, gehen die Proteste weiter – und richten sich nun gegen ihn selbst, die korrupte Machtelite sowie auch den Imperialismus, der Kenia im Würgegriff hält.

Imperialismus als Ursache der Krise

Auslöser der Proteste waren die vom 2022 gewählten Präsidenten William Ruto vorgeschlagenen Steuererhöhungen, in erster Linie in Form von Mehrwertsteuern auf Waren, die zum Leben essentiell sind. Dadurch sollten insgesamt 2,7 Milliarden US-Dollar aufgebracht werden, um den Staatshaushalt zu stabilisieren und die Rückzahlung von Krediten sicherzustellen. So sollten sie auf Brot, Speiseöl sowie den Besitz eines Fahrzeugs deutlich angehoben werden. Als besonders dreist empfunden wurde auch die Ankündigung, die Steuer auf Menstruationsprodukte zu erhöhen, nachdem im Wahlkampf eine Politikerin aus Rutos Partei angekündigt hatte, diese in Zukunft kostenlos zur Verfügung stellen zu wollen.

Diese Steuern kommen noch zu den durch hohe Inflation massiv gestiegenen Preisen hinzu, die jetzt schon dafür sorgen, dass sich viele in Kenia nur noch eine oder maximal zwei Mahlzeiten am Tag leisten können. Großen Teilen der kenianischen Bevölkerung droht absolute Armut. Wer davon hingegen weit entfernt ist und auch nicht mit zusätzlichen Steuern belastet werden soll, sind die kleine kenianische Bourgeoisie sowie, was die Wut der Massen besonders anheizt, die herrschende Politiker:innenschicht. Denn die Gehälter von Politiker:innen sind im Vergleich zum Durchschnittseinkommen mit die höchsten der Welt und Präsident Ruto selber lebt im Luxus.

Auch auf dem Korruptionsindex steht Kenia auf dem nicht besonders rühmlichen Platz 126 von 180. Doch auch wenn die Korruption und der Luxus der Politiker:innen, während die Massen verelenden, besondere Wut hervorrufen, haben viele in Kenia erkannt, dass diese nur das oberflächliche Problem darstellen, und pfeifen auf Rutos nun einsetzende Schlichtungsversuche nach dem Motto, man könne nochmal neu über die konkreten Sparmaßnahmen diskutieren und, als Zeichen des guten Willens, auch im Präsidialamt beginnen. Denn das Problem liegt nicht darin, so dreist das auch klingt, dass Rutos Frau im Jahr 5 Millionen Euro ohne wirklichen Grund aus der Staatskasse bekommt oder der Präsident mit schickem, 2.800 Dollar teurem Gürtel in die Kirche geht, sondern es verursachen die Sparmaßnahmen als solche. So gibt Ruto selber an, dass Kenia mehr als 60 % seines Staatshaushaltes zur Tilgung von Schulden aufwenden muss. Die Gläubiger:innen? Die ehemalige Kolonialmacht Britannien, die USA, China, die EU und ganz oben natürlich der Internationale Währungsfonds. Dieser hat auch der kenianischen Regierung den neuen Haushalt mit den massiven Steuererhöhungen „empfohlen“. Diese Empfehlung dürfte in etwa den Charakter haben wie Schäubles Rat an die Syriza-Regierung in Griechenland, man sollte vielleicht doch lieber das Diktat der Troika akzeptieren, wenn man nicht wolle, dass diese mit einem brutalen Wirtschaftskrieg das Land ins absolute Elend stürze.

Ruto, der sich selber so wie die meisten Staatschef:innen halbkolonialer Länder nur zu gerne in den Dienst des Imperialismus stellt, in seinem Fall vor allem des westlichen, hatte versucht, die Abgabenforderungen von IWF und Co. einzig und allein auf dem Rücken der Massen zu erfüllen und seinen eigenen Reichtum und den seiner politischen Freund:innen unangetastet zu lassen. Auch wenn er nun bereit zu sein scheint, persönliche Abstriche zu machen, um seine Position irgendwie zu retten, darf die Bewegung nicht dabei stoppen und muss ihre Wut nicht nur gegen die imperialen Statthalter:innen, sondern gegen das System der globalen Unterdrückung selbst richten!

Jugend und Arbeiter:innen haben es satt

Die Massenbewegung, die sich im ganzen Land seit einigen Wochen auf der Straße befindet, mit dem vorläufigen Höhepunkt am 25. Juni beim Sturm auf das kenianische Parlamentsgebäude, ist eine Reaktion auf die Ungerechtigkeit. Die Arbeiter:innenklasse Kenias und besonders die Jugend, die große Teile der Bevölkerung ausmacht (rund zwei Drittel sind unter 25 Jahre alt) leben sowieso häufig in prekären Verhältnissen. 80 % der Beschäftigten arbeiten informell, also ohne jede Jobsicherheit oder Arbeitsschutz. Auch die Arbeitslosigkeit ist hoch, besonders unter Jugendlichen. Die Krise der letzten Jahre, der massive Preisanstieg vor allem für Lebensmittel im Zuge des Ukrainekriegs und die hohe allgemeine Inflation haben die Lage vieler massiv verschlechtert und die schon zuvor nur recht kleine Mittelschicht zusammenbrechen lassen. Die Steuerpläne der Regierung haben das Fass dann zum Überlaufen gebracht. Die Menschen haben Ruto, die Privilegien der Politiker:innenkaste, ihr Elend, ihre Armut, den IWF und die imperialistischen Mächte satt, die dafür verantwortlich sind. Und das zeigen sie auch.

Trotz Rutos „Versprechen“, das Gesetz zurückzunehmen, was jedoch nicht einmal wirklich in seiner Macht steht, nachdem das Parlament es bereits gebilligt hat, gingen die Proteste weiter. Am 27. Juni ließen Protestierende verlauten, dass sie nicht aufhören werden, bevor Ruto zurückgetreten ist. Auch die massive Gewalt von Polizei und Militär konnte die Entschlossenheit bislang nicht brechen. Diese setzten massenhaft Tränengas und immer wieder scharfe Munition ein, töteten damit mehr als 30 Menschen und verletzten hunderte weitere. Auch wurden Menschen von der Polizei entführt, ihr aktueller Verbleib ist unklar. Diese brutalen Repressionen haben die Entschlossenheit der Bewegung jedoch eher bestärkt. Immer wieder gelang es, die massiv mobilisierte Polizei zum Rückzug zu zwingen. In der Bewegung tut sich besonders die Jugend hervor, weshalb Medien auch von einem „Generation-Z-Aufstand“ schreiben. Zu Protesten wird massiv auf sozialen Medien mobilisiert und an Schulen und Unis entstehen Protestkomitees. Die Jugend kämpft für ihre Zukunft und, wie alle Arbeiter:innen und Armen, für ein besseres Leben. Doch wie kann die Bewegung siegen?

Nur die Revolution kann die Menschen befreien!

Es ist gut, dass die Bewegung sich nicht von Rutos Zugeständnissen und seiner vermeintlichen Einsicht täuschen lässt und stattdessen seinen Rücktritt fordert! Und es ist gut, dass die Menschen auf die Repressionen der Staatsgewalt mit Widerstand antworten! Doch das alleine wird nicht reichen, um die Krise zu lösen. Will die Bewegung wirklich den Präsidenten stürzen und das korrupte System, an dessen Spitze er steht, gleich mit, will sie das Land ein für alle Mal von der Ausbeutung durch  den Imperialismus, seit 1963 in seiner halbkolonialen Form, befreien, dann muss sie bereit sein, den nächsten Schritt zu setzen. Die Gründung von Komitees an Schulen und Unis zeigt, was auch anderswo geschehen muss: nämlich in den Betrieben und Armenvierteln, wo die Menschen leben, die keine oder informelle Jobs haben. Diese Komitees könnten nicht nur die Proteste effektiver organisieren und zum Sieg führen, sondern wären auch die Organe, die nach einem möglichen Sturz der Ruto-Regierung in der Lage wären, eine neue, gerechte Ordnung zu etablieren.

In der Protesten wurde immer wieder die Forderung nach einem Generalstreik laut. Diese gilt es, aufzugreifen und durchzuführen! Denn nur ein Generalstreik, der das komplette Land lahmlegt, ist wirklich in der Lage, Regierung und System zu besiegen. Auch hierfür wären Streikkomitees in Betrieben und Stadtteilen zentral. Zur Verteidigung der Bewegung gegen die Repression durch Polizei und Armee ist es ebenfalls nötig, organisierte Selbstverteidigungseinheiten zu schaffen, die eine militante Gegenmacht zu den Truppen des Staates darstellen.

Welche Führung braucht es?

Es sind letztendlich die Arbeiter:innen, die den Kampf anführen müssen, den sie gemeinsam mit Jugend und Kleinbäuer:innen gegen die Regierung und ihre imperialen Herr:innen auszufechten haben. Und diese Arbeiter:innen brauchen eine politische Führung.

Anders als in vielen anderen Ländern gibt es in Kenia eine kommunistische Partei, die eine reale Verankerung in den proletarischen Massen besitzt und in der Bewegung eine aktive Rolle spielt. Diese Partei, als sozialdemokratische Arbeiter:innenpartei entstanden, wandte sich in den letzten Jahren dem Maoismus (Marxismus-Leninismus) zu. Diese Entwicklung nach links führte außerdem auch zu weiteren Abspaltungen, teilweise Richtung chinesischem „Kommunismus“, teilweise unter der Jugend aber auch in Richtung Trotzkismus. Auch wenn die KP Kenias (CKP) eine reale Verankerung in der Arbeiter:innenklasse darstellt, so bleiben ihr Programm und ihre Politik weiter bürgerlich und von der stalinistischen Etappentheorie geprägt, derzufolge heute eine nationale, demokratische Revolution anstehe. So ruft sie in ihrem 10-Punkte-Programm zum Bruch mit dem IWF, Sturz der Regierung, zur Umsetzung einer Reihe sozialer Reformen und Einstellung jeder staatlichen Gewalt gegen die Bewegung auf. Es enthält aber keine einzige darüber hinausgehende Übergangsforderung, geschweige denn ein Konzept, wie der Kampf mit dem für eine sozialistische Umwälzung verbunden werden könne.

So wichtig es daher ist, an die CKP die Forderung zu stellen, mit allen Flügeln der kenianischen Bourgeoisie zu brechen, so wenig stellt sie mit ihrem Programm nichtsdestotrotz die Lösung der Führungskrise der kenianischen Arbeiter:innenklasse dar, sondern vielmehr einen Teil des Problems. Dazu braucht es vielmehr eine revolutionäre Arbeiter:innenpartei, die den Kampf für die Enteignung der internationalen wie nationalen Konzerne mit dem für eine Regierung aus Räten der Arbeiter:innen und Armen verbindet! Wenn dieser Kampf erfolgreich geführt wird, dann können die kenianischen Arbeiter:innen, Armen und Jugendlichen die Krise tatsächlich lösen und ein neues System schaffen, das ihre Bedürfnisse an erste Stelle stellt. Dann kann Kenia zum Beispiel für Dutzende halbkoloniale Länder in ähnlichen Situationen und für Milliarden Menschen werden, wie sie ihre Unterdrückung und ihr Elend beenden können!

Was können wir in den Zentren tun?

Doch der Kampf der Arbeiter:innen und Jugendlichen in Kenia ist nicht nur relevant für Menschen in anderen Halbkolonien, sondern auch für uns. Denn auch wir haben, wenn auch weniger konkret, akut und scharf mit den Folgen der Krise zu kämpfen. Auch wir spüren die gestiegenen Lebensmittel-, Heizkosten und Mieten. Auch wir merken, wie Infrastruktur, Bildung und Soziales durch die neoliberale Ampelregierung dem Dogma des „Sparen, Sparen, Sparen“ geopfert wird. Unsere Länder, Deutschland, Britannien, die USA, sind es, die in der imperialistischen Pyramide ganz oben stehen. Doch nicht wir stehen oben, sondern unsere Bosse und Vermieter:innen. Diejenigen, die in Kenia die Menschen auspressen und ins Elend stürzen, sind dieselben, die das auch mit uns tun. Wir haben nichts gemein mit ihnen, dafür vieles mit den mutigen Kenianer:innen, die gerade in Massen gegen das System ankämpfen, das uns alle knechtet! Zeigen wir ihnen unsere Solidarität, indem wir hier im Herzen der Bestie für die Streichung aller Schulden der halbkolonialen Länder kämpfen und gleichzeitig auch für unsere eigene Freiheit! Kämpfen wir gegen ungerechte Steuern, die die Massen treffen, und holen wir uns, was wir brauchen, bei denjenigen, die fürs Nichtstun massenhaft Geld in Form von Dividenden, Miete und anderen Kapitalrenditen bekommen! Ob Nairobi, London oder Berlin – Sieg für Proletariat und Jugend! Nieder mit dem Imperialismus und seinen Lakai:innen!

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Wir müssen endlich im großen Stil Abschiebungen verhindern!

Gegen jede Abschiebung – Gegen Spaltung zwischen Geflüchteten!

von Jona Everdeen, Juli 2024

Drei geplante Abschiebungen sorgten letzte Woche für öffentliche Empörung und konnten durch Protest vorerst verhindert werden. So sehr wir uns darüber freuen: Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir endlich alle Abschiebungen beenden können.

Abschiebungen durch Proteste gestoppt

Abschiebungen in den Iran, gerade von Oppositionellen, sind keine Ausnahme. Für besondere Wut sorgte die drohende Abschiebung einer 17-jährigen iranischen Kurdin und ihrer Großmutter durch ein Flughafenverfahren. Das ist ein Verfahren, bei dem innerhalb von zwei Tagen entschieden wird, ob eine Person einreisen darf oder nicht. Das geschieht auf willkürlicher Basis und dient dazu, längere rechtliche Asylverfahren zu unterbinden. Ein längeres Verfahren wurde abgelehnt, weil die zuständigen Beamt:innen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge meinten, der Anspruch auf Asyl sei „offensichtlich unbegründet“ und ihr würde „im Iran keine Gefahr drohen“.

Den Schreibtischtäter:innen war egal, dass die Jugendliche an den Protesten gegen das Mullah-Regime vor bald 2 Jahren beteiligt gewesen war. Im Iran drohen Aktivist:innen wie ihr schwere Strafen bis zur Hinrichtung. Deshalb protestierten Menschenrechtsaktivist:innen und Poliker:innen gegen die drohende Auslieferung an das Terrorregime. Am Ende musste das Innenministerium einschreiten und den beiden die Einreise gewähren.

Für Unverständnis sorgte auch der Fall von Robert A. Bevor seine aus Serbien stammenden Eltern nach Deutschland kamen, wurde er in den Niederlanden geboren. Der 31-jährige lebt seit 30 Jahren in Chemnitz. Dort ging er zur Schule und lernte einen Beruf. Arbeiten durfte er nicht, die Ausländerbehörde verweigerte es. Jetzt soll er nach Serbien abgeschoben werden, ein Land, in dem er nicht geboren wurde und dessen Sprache er nicht spricht. Zu Gute kam Robert, dass er sich in der Vergangenheit für die Grünen engagiert hatte. Diese organisierten gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat Proteste in Dresden und Chemnitz und forderten, dass Robert bleiben darf. Das sächsische Innenministerium erfüllte die Forderungen vorerst und reichte einen Antrag bei der Härtefallkommission ein, um die Abschiebung zu stoppen.

Im Fall von Joel, einem 18-jährigen Abiturienten aus Hamburg, wurde bereits entschieden, dass er bleiben darf. Mit seiner Volljährigkeit war sein Aufenthaltstitel abgelaufen. Er sollte nach Ghana abgeschoben werden, getrennt von seinem Vater und seiner Schwester. Mitschüler:innen und eine Lehrerin protestierten dagegen und setzten eine Petition auf, die von 100.000 Menschen unterschrieben wurde. Größere Proteste hätten das Abschieberegime der rot-grünen Hamburger Regierung als Ganzes in Frage stellen können. Vermutlich aus Angst davor lenkte der Senat ein und empfahl einen Aufenthaltstitel gemäß der Härtefallregel. Die Begründung war, Joel sei so gut integriert, dass es falsch wäre, ihn abzuschieben.

Diese Fälle, in denen Abschiebung durch Proteste verhindert wurde, zeigen, was möglich ist, wenn Menschen sich zusammenschließen, um für ihre Mitschüler:innen, Kolleg:innen, Nachbar:innen und Freund:innen einzugestehen. Doch diese Siege dürfen nur der Anfang sein, um gegen die menschenfeindliche Asylpolitik von BRD und EU anzukämpfen. Auf die Unterteilung in „gute“ und „böse“ Ausländer:innen dürfen wir uns nicht einlassen. Jede Abschiebung ist falsch und muss gestoppt werden!

Es trifft immer „die Falschen“?

Die Fälle der letzten Woche haben eines gemeinsam: Es trifft Menschen, die sich in den Augen der deutschen Öffentlichkeit „gut integriert“ haben, oder die voraussichtlich „gut integrierbar“ sind. Klar gibt es zahlreiche ultra-reaktionäre Rassist:innen bei der AfD und beim Dritten Weg, die von Blut und Boden schwadronieren und für die keine Integration mustergültig genug sein kann. Doch die liberalen, sozialdemokratischen und Teile der konservativen Parteien lassen sich gnädigerweise zu Ausnahmen herab: Wer fließend Deutsch kann, einen guten Schulabschluss gemacht hat und brav arbeiten geht, der darf gerne bleiben.

Diese Logik folgt der Erkenntnis, dass Migrant:innen unabdingbar für die deutsche Wirtschaft sind: ohne migrantische Arbeitskräfte könnte sie ihre aktuelle Stärke unmöglich aufrechterhalten, geschweige denn weiterwachsen. Dass allzu viele wahllose Abschiebungen wirtschaftliche Interessen gefährden würden, ist der deutschen Bourgeoisie bewusst. Dementsprechend trugen große Teile der liberalen und konservativen Bourgeoisie die Empörung über die Deportationspläne der Potsdamer Konferenz mit.

Von der Bourgeosie werden Migrant:innen stets zu einem bestimmten Zweck eingesetzt: Als billige Arbeitskräfte, in Konkurrenz zu den gewerkschaftlich organisierten deutschen Arbeiter:innen. Für Migrant:innen ist es schwieriger als für Deutsche, sich über miese Arbeitsbedingungen zu beschweren und dagegen zu protestieren. Sobald sie das tun, sind sie keine „nützlichen“ Ausländer:innen mehr, keine „gut integrierten“. Mit der Abschiebung droht eine Repression, die für deutsche Arbeiter:innen von unbekannter Härte ist.

Bei wem die Ausbildung hin zur „nützlichen Arbeitskraft“ zu aufwändig wäre, oder wer die Anforderungen nicht erfüllt, der muss gehen. Dieser unmenschlichen Logik müssen wir aufs Schärfste widersprechen. Die Zwangsintegration in die Interessen des deutschen Kapitals zeigt deutlich, dass „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ nur eine hohle Phrase ist.

Offene Grenzen statt Überausbeutung!

Für das deutsche Kapital bedeutet „gute Integration“ die Disziplinierung zu braven Untertan:innen, die jeden Scheißjob widerspruchslos hinnehmen, egal wie scheiße die Bezahlung ist und wie viele Überstunden geleistet werden müssen. Wir halten mit noch so vielen Überstunden und noch so schlechter Bezahlung widerspruchslos hinnehmen.

Dieser knallharten Brutalität halten wir eine andere Perspektive entgegen: offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle, dort wo sie leben! Diese Forderung steht im Widerspruch zum Kapitalismus, denn dieser ist in seinem höchsten Stadium, dem Imperialismus, darauf angewiesen, ärmere Länder auszupressen. Daraus werden Extraprofite abgeschöpft, die durch die Ausbeutung der eigenen nationalen Arbeitskraft nicht erreichbar sind.

Diese Extraprofite entstehen aus der Überausbeutung der Arbeiter:innen und kleinen Bäuer:innen halbkolonialer Länder in Afrika, dem „Nahen Osten“, Süd- und Südostasien und Lateinamerika. Diese Überausbeutung ist darauf angewiesen, dass die Grenzen dicht sind. Denn wenn Menschen, die in Nigeria von deutschen Konzernen überausgebeutet werden, ohne Probleme nach Deutschland gehen könnten, dann würde das ganze System nicht funktionieren.

Schluss mit Nützlichkeitsrassismus!

Wir wollen eine Welt frei von Ausbeutung, in Deutschland, in Nigeria, überall auf der Welt! Eine Welt in der jede:r frei von ökonomischen Zwängen entscheiden kann, wo er oder sie leben will. Doch wie kommen wir dahin?

Für uns gilt es, an bestehende Kämpfe anzuknüpfen, um Strukturen zu schaffen, die Abschiebungen verhindern können. Wir müssen die Selbstorganisation Geflüchteter unterstützen und diese mit den Kämpfen der Arbeiter:innenbewegung zu verknüpfen. An die Gewerkschaften müssen wir die Forderung richten, Geflüchtete aufzunehmen. Dadurch wird ihnen ermöglicht, für ihre eigenen Rechte zu kämpfen, und es wird verhindert, dass die Bourgeoisie sie weiterhin als Lohndrücker:innen gegen deutsche Arbeiter:innen einsetzt.

An unseren Schulen müssen wir uns für gerechte und inklusive Bildung für alle organisieren. Es braucht Antidiskriminierungsstellen, die rassistische Unterdrückung bekämpfen, sowie die Aufhebung der Segregation in sogenannte „Willkommensklassen“. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass keine:r unserer Mitschüler:innen mehr abgeschoben wird!

Wir wollen nicht, dass irgendjemand sich in die bürgerliche Ideologie von Leistungszwang und deutscher Leitkultur integrieren muss. „Desintegriert euch!“ steht groß an einer Hausfassade in Neukölln geschrieben. Das ist es, was wir allen migrantischen Arbeiter:innen und Jugendlichen ans Herz legen: den gemeinsamen Klassenkampf!




Wahlen in Frankreich – Scheiß auf Volksfront, Jugend in die Offensive!

von Flo Rojo, Juli 2024

Vorgestern fand der erste Wahlgang bei den Neuwahlen des französischen Parlaments statt. Aus dieser ging Le Pens RN als stärkste Kraft hervor. Wie in den meisten Ländern Europas aber auch weltweit, ist dass einer der Ausdrücke des vorranschreitenden Rechtsrucks in Folge der Führungskrise der Arbeiter:innen. Doch was können wir als Jugendliche dagegen tun?

Demokratie oder Faschismus?

Nach dem immensen Erfolg des Rassemblement National (RN, deutsch: Nationale Sammlungsbewegung) bei den EU-Wahlen letzten Monat, beschloss noch am selben Tag der französische Präsident Emanuel Macron die Auflösung des Parlaments und somit Neuwahlen.

Kurz darauf bildete sich ein linkes Bündnis aus der linkspopulistischen La France Insoumise, den bürgerlichen Arbeiter:innenparteien (Sozialistische und Kommunistische Partei) und den französischen Grünen, die zwar linker als die deutschen, aber trotzdem eine kleinbürgerliche Partei sind. Unter dem Banner der „Neuen Volksfront“ (Nouveau Front Populaire, NFP) schließen sie an eine Taktik an, die schon 1936 kläglich gescheitert ist. Doch warum ist das so?

Der Zusammenschluss, will unter dem Motto „Alles gegen den RN“ die politische Krise Frankreichs herunterbrechen auf die Frage von „Demokratie gegen Faschismus“. Das zeigt sich auch daran, dass sie nun ankündigten in den Wahlkreisen wo sie hinter den Liberalen liegen, ihre Kandidatur zurückzuziehen und somit ganz offen Macrons Bündnis zu unterstützen. Das hat den Zweck, dass „keine einzige Stimme an das RN geht“. Wie richtig es auch ist sich den Rechten entgegenzustellen, kann dieses Bündnis deren Aufstieg nicht verhindern. Das erkennt man auch schon ganz praktisch am Programm der Volksfront selber. Denn selbst ohne die offenen bürgerlichen Parteien bereits im Boot zu haben, ordnen sie sich dem Imperialismus unter, so in der Frage der Wiederaufrüstung oder selbst der Aufrechterhaltung der kolonialen Herrschaft über Kanaky (Neukaledonien). Ihr Ziel ist es dabei im Parlament zusammen mit Macrons Liberalen (welche in der ersten Runde hinter der NFP und dem RN liegen) ein Bündnis aufzustellen um somit eine RN-Regierung zu verhinden. Doch selbst wenn ihr Plan aufgeht, stellt sich die Frage was sie damit bewirkt haben? Werden die Arbeiter:innen nicht mehr ewig schuften müssen bis sie in die Rente können? Werden Migrant:innen weniger rassistisch angegangen werden und wir Jugendlichen Geld für unsere Billdung haben? Wird die Kriegstreiberei ein Ende finden? Die Antwort ist Nein, denn die Taktik der Volksfront bekämpft eben nicht die Ursachen, welche den Aufstieg der Rechten begünstigen.

Denn der Kampf gegen Rechtsruck und Faschismus kann nie ein Kampf mit sondern nur gegen die Kapitalist:innen, ihre Parteien und ihre Ordnung sein! Denn ihr System ist es, welches erst die Bedingungen für den Aufstieg des Rechtspopulismus bis hin zum Erstarken von offen faschistischen Kräften schafft. Sich ihnen in einem „Kampf gegen den Faschismus“ unterzuordnen heißt unsere Kampfkraft abzugeben und die Lösung des Problems faktisch zu verhindern.

Denn die geballte Stärke der Jugend und Arbeiter:innenklasse ist es, die durch Streiks, Besetzungen und Aufstände, bis hin zu einer Revolution, die Überwindung der Probleme erreichen kann. Den Rechtsruck aber auch das was diesen erst geschaffen hat, wie die hohen Lebenserhaltungkosten oder ganz generell die tägliche Ausbeutung und Unterdrückung.

Wenn wir jedoch den Illusionen der netten Fratze der Diktatur des Kapitals, also der „Demokratie“, hinterherrennen, kann unser Kampf kein erfolgreicher sein! Denn der demokratische Staat ist es, der unsere Armut, Ausbeutung und Unterdrückung aufrechterhält. Der demokratische Staat ist es der Kriege führt und Genozide unterstützt. Der demokratische Staat ist es der uns abschiebt und durch seine Handlanger, die Polizei, ermordet. Der demokratische Staat ist es, der uns bis zum Zusammenbruch arbeiten lassen will, damit er auf dem Weltmarkt besser konkurrieren kann. Wenn wir also den demokratischen, bürgerlichen Staat und die Ordnung die er aufrecht erhält wählen, wählen wir nicht das kleinere Übel sondern schaufeln fleißig weiter unser eigenes Grab! Denn die Leute haben die bürgerliche Demokratie und ihre Politik, ob von Macron, Biden oder Habeck, satt und zwar völlig zu Recht!

Der ganze Aufstieg der Rechten ist letztendlich auch ein Ausdruck davon, dass die Organisationen der Arbeiter:innenklasse den Kampf gegen diese Ordnung, an der nicht die Rechten die schlechten Stellen sind, sondern die als ganzes ein Übel ist, nicht konsequent geführt haben. So haben wir es bei den Rentenreformen gesehen, wo die großen Gewerkschaften und linkspopulistischen sowie reformistischen Parteien notwendige und mögliche Generalstreiks verhindert, den Kampf in die Bahnen des Parlaments verschoben und somit geschwächt haben.

Was braucht es dann?

Anstatt mit bürgerlichen Kräften zu liebäugeln und am liebsten zusammen mit Macron eine Regierung zu bilden, braucht es einen Zusammenschluss der Organisationen der Arbeiter:innenklasse und der Gewerkschaften zu einer Einheitsfront, welche die geballte Kampfkraft der Jugend und Arbeiter:innen entfesselt. Dabei müssen wir als Revolutionäre die Jugendlichen und Arbeiter:innen von den Illusionen der reformistischen, bürgerlichen Arbeiter:innenparteien wegbrechen und für ein revolutionäres Programm gewinnen. In einem gemeinsamen Kampf gegen und nicht mit dem Klassenfeind!

Die spontanen Proteste nach der Europawahl und auch nach den Neuwahlen zeigen das Potenzial für eine Bewegung welche diesen Kampf führen kann. Wir als Jugend müssen in diesen Kämpfen eine militante und führende Rolle einnehmen, was in den letzten Jahren schon teilweise passiert ist. Doch darauf müssen wir aktiv ausbauen und, im Bündnis mit der Arbeiter:innenklasse, den Umsturz des Systems vorrantreiben! Auch in der Jugend selber müssen wir die Überzeugung festigen, dass eine revolutionäre Perspektive notwendig ist um unsere Probleme zu lösen.

Um das zu tun müssen wir uns organisieren, an unseren Schulen sowie in Unis und Betrieben. Wir müssen die Orte an den wir uns täglich aufhalten zur Agitation nutzen und Organe wie Schul- und Unikomitees schaffen. Diese können auch langfristig den Grundstein der Selbstverwaltung legen, die eine Ordnung nach dem Zerschlagen des bürgerlichen Staats braucht. Darauf aufbauend müssen wir Schul- und Unistreikkomitees initiieren, um unseren Kampf zu organisieren und als geballte Front den Rechten und den Kapitalist:innen entgegenzutreten!

Um diese Arbeit zu koordinieren und zum Erfolg zu führen braucht es eine unabhängige Jugendorganisation die diesen Kampf vorrantreibt. Sie muss international den kämpfenden Jugendlichen eine revolutionäre Perspektive aufzeigen und dabei den Aufbau einer Jugendinternationale anstreben. Die Organisierung der Jugend in Europa und Weltweit, über die nationalen Grenzen hinaus, ist notwendig, denn wir uns muss klar sein: Genauso wie die Arbeiter:innen, hat die Jugend kein Vaterland und kann nur international organisiert siegen!

Wir fordern:

  • Schluss mit der Volksfront! Es braucht eine Einheitsfront der Jugend und Arbeiter:innenklasse!
  • Nieder mit Macron – Nieder mit der RN! Für ein revolutionäres Programm der Jugend und der Arbeiter:innen!
  • Aufbau von Schul- und Unikomitees sowie einer schlagkräftigen Bewegung gegen die Angriffe der Kapitalist:innen und den Aufstieg der Rechten!
  • Für den Aufbau einer Jugendinternationale!



Unsere Klassenfahrt – unsere Regeln!

von Erik Likedeeler, Juli 2024

Klassenfahrt: Für manche weckt dieses Wort Erinnerungen an die aufregendsten Tage ihrer Schulzeit. Für andere beginnt mit der Busreise ins Schullandheim ein Albtraum, von dem sie sich Jahre später noch nicht erholt haben. Wieder andere dürfen gar nicht erst mitfahren. Wie kann das sein, und was muss passieren, damit solche Reisen für uns alle als erfreuliches Ereignis in Erinnerung bleiben?

Klassenfahrt darf kein Luxus sein!

Wie üblich fängt das Problem beim Geld an: Ein Städtetrip mit Hotel und anspruchsvollem Kulturprogramm wird schnell kostspielig. Wenn Rücksicht auf Schüler:innen aus ärmeren Familien genommen wird, läuft es auf Schullandheim und Wandern hinaus. Eine finanzielle Belastung entsteht aber selbst in der heruntergekommenen Unterkunft mit der ekligen Mensa.

Die Finanzierungsmöglichkeiten sind dürftig: Schulvereine, Wohlfahrtsverbände und die Sozialfonds einiger Bundesländer machen hin und wieder etwas Kohle locker. Für Menschen, die Bürger:innengeld beziehen, gibt es Unterstützungsanträge. Aber all diese Optionen sind unsicher und es gibt viele Voraussetzungen, die zu erfüllen sind, um an Ermäßigungen zu kommen.

Die grundlegende soziale Ungleichheit, die das kapitalistische System verursacht, lässt sich sowieso nicht wegbeantragen. Auch während der Klassenfahrt kristallisieren sich Geldprobleme heraus, mehr als im gewöhnlichen Schulalltag. Während einige Schüler:innen sich noch nicht einmal einen Koffer leisten können, gehen andere vor Ort im Restaurant essen und decken sich bei Shopping-Touren mit neuen Klamotten ein. Dass die Bezuschussung das Problem nicht löst, merken wir daran, dass manche Mitschüler:innen dennoch zuhause bleiben müssen.

Statt entwürdigende Bettel-Anträge mit mäßiger Erfolgsaussicht brauchen wir eine unbürokratische, vollumfassende staatliche Kostenübernahme von Klassenfahrten – finanziert aus den Taschen der Reichen und unter Kontrolle der Arbeiter:innen! Dazu gehören müssen natürlich auch eine genießbare Vollverpflegung vor Ort, sowie Geld für Reiseutensilien und ein Taschengeld.

Kein Schulstress unterwegs!

Mitbestimmung über das Reiseziel und die Aktivitäten auf der Klassenfahrt bekommen Schüler:innen selten. Laut Gesetz müssen alle Aktivitäten der Klassenfahrt irgendwie mit dem Unterricht zusammenhängen. Hier zeigt sich der Bildungs-Chauvinismus des Schulsystems, denn natürlich ist es kein Zufall, welcher Ausflug als „sehenswürdige Hochkultur“ gilt und welcher als „nutzloser Touri-Scheiß“.

Der Leistungsdruck des Schulalltags wird bei Klassenfahrten nicht zurückgestellt, sondern sogar ausgeweitet. In Form von benoteten Referaten und Sportprüfungen wird uns allen die Woche gründlich vermiest. In einer sozial überfordernden Umgebung sollen wir dann auch noch 24/7 auf unsere Note achten.

Die Lehrer:innen betonen dabei gern, dass eine Klassenfahrt anstrengend sein darf, weil sie eben kein Urlaub ist. Aber für einige von uns ist die Klassenfahrt die einzige Reise, die wir uns leisten können, da sollte etwas Urlaub schon drin sein!

Außerdem sind schlecht geplante Sportaktivitäten nicht nur anstrengend, sondern auch gefährlich. Bei meiner Klassenfahrt in ein Skigebiet lagen am Ende 4 Mitschüler:innen mit gebrochenen Knochen in einem Krankenhaus im Ausland. Die meisten von uns hatten nicht einmal Lust auf Skifahren gehabt.

Deshalb müssen Schüler:innen in Zukunft Mitspracherecht bei der Planung der Klassenfahrt haben. Über unsere Reise wollen wir gemeinsam mit unseren Lehrer:innen entscheiden, anstatt uns von der Schulleitung oder der Schulbehörde bevormunden zu lassen! Die Kontrolle über die Lehrpläne und die Abschaffung der Schulnoten gehören zu den wichtigsten Stellschrauben für eine Klassenfahrt nach unseren Vorstellungen.

Keine Klassenfahrt ohne Inklusion!

Auf Klassenfahrten sind Schüler:innen ihren Mobber:innen mehrere Tage lang auf engstem Raum ausgeliefert, ohne Möglichkeit, zu entkommen. Angesichts dessen ist es verständlich, die Klassenfahrt nicht genießen zu können und Heimweh zu bekommen – doch das ist nur ein weiterer Anlass, um von Lehrer:innen und Schüler:innen belächelt zu werden.

Im eng getakteten Programm gibt es kaum Momente zum Ankommen, Durchatmen und Entspannen, und keine Möglichkeit, sich einzelnen Aktivitäten zu entziehen. Häufig wird sich bei Klassenfahrten an den Bedürfnissen der Schüler:innen mit der meisten Energie und der höchsten Belastbarkeit orientiert. Alle anderen müssen sich unterordnen und anpassen.

Neurodivergente und psychisch kranke Mitschüler:innen müssen die ganze Zeit über maskieren, denn Überreizung oder soziale Ängste dürfen im schulischen Kontext nicht existieren. Wenn die Situation unerträglich wird, bleibt ihnen keine andere Wahl, als ihre Diagnosen offenzulegen.

Körperlich behinderte Schüler:innen werden im Zuge von ableistischem Mobbing als Klotz am Bein abgestempelt, wenn Ausflugsziele aufgrund zahlreicher Barrieren abgeändert werden.

Bei der Planung von Klassenfahrten müssen Barrierefreiheit und Inklusion zu den wichtigsten Kriterien gehören – es ist Aufgabe des Lehrplans, das nötige Bewusstsein darüber zu vermitteln. Zusätzlich braucht es Schutzmaßnahmen wie Selbstverteidigungskurse und ein Caucusrecht, um sich gegen Unterdrückung zu organisieren.

Vertrauen statt Taschenkontrollen!

„Wenn du dich nicht benimmst, dann darfst du nicht mit auf Klassenfahrt“ ist eine gern gewählte Wichtigtuerei von Lehrkräften, um Jugendliche im Zaum zu halten – in den meisten Fällen übrigens eine leere Drohung.

Vor der Abreise nimmt die Überwachung an Fahrt auf: Lehrkräfte picken sich gern Schüler:innen heraus, deren Taschen und Koffer durchwühlt werden. Hier merken wir schnell, wer die Lieblingsschüler:innen sind und wer als „Problemkind“ identifiziert wurde.

Am Zielort angekommen geht die Entmündigung weiter, mit lächerlichen Bettruhezeiten, Handyverboten oder verpflichtendem Ausziehen am Nordseestrand. Diesen sinnlosen Regeln sollen wir uns nur unterordnen, damit wir von unangepassten Jugendlichen zu braven zukünftigen Arbeiter:innen diszipliniert werden.

Wenn Schüler:innen beim Konsum von Alkohol und Zigaretten erwischt werden, kommt es vor, dass sie direkt nach Hause geschickt werden. Das Rauchverbot auf Klassenfahrt steht einer Realität entgegen, in der viele Schüler:innen seit Jahren rauchen. Der Anstieg der jugendlichen Raucher:innen ist eine bittere Konsequenz aus Krise, Pandemie und Inflation. Die Jugendlichen werden garantiert nicht damit aufhören, nur weil sie gezwungen sind, es heimlich zu tun.

Den Alkoholkonsum aus Angst vor Strafe verheimlichen zu müssen, kann sogar noch schlimmere Folgen haben, wenn sich Schüler:innen in Notlagen dagegen entscheiden, nach Hilfe zu fragen. Wenn zusätzlich die Eltern informiert werden, bedeutet ein Geständnis nur doppelten Ärger.

Deshalb muss Schluss sein mit den entwürdigenden Taschenkontrollen! Wir brauchen eine zeitgemäße, ergebnisoffene Aufklärung zum Thema Drogen, sowie Straffreiheit für den Konsum auf Klassenfahrt! Über die gemeinsamen Regeln des Zusammenlebens soll nicht über unsere Köpfe hinweg entschieden werden, sondern mit uns zusammen.

Sicherheit statt Geschlechtertrennung!

Häufig wird die engmaschige Kontrolle mit „Horrorstorys“ darüber gerechtfertigt, dass Schüler:innen auf Klassenfahrten schwanger werden würden. Natürlich könnte man mit Gelassenheit und neutraler Aufklärung reagieren, wenn Jugendliche sich dafür entscheiden, Sex zu haben.

Stattdessen wird die Vorstellung von unkontrolliert vögelnden Teenagern als Legitimation genutzt, um die Zimmeraufteilung nach Geschlechtern zu rechtfertigen. Eine rechtliche Grundlage gibt es dafür nicht.

Diese billige Scheinlösung ist für alle scheiße, die nicht mit ihren besten Freund:innen ein Zimmer teilen dürfen. Besonders leiden jedoch trans Personen darunter, denen ihr Geschlecht abgesprochen wird und die als Spanner:innen abgestempelt werden.

Das Misstrauen führt jedoch nicht dazu, dass sexualisierte Gewalt bei Klassenfahrten tatsächlich geahndet wird. Solche Vorkommnisse werden eher heruntergespielt und verheimlicht, um Skandale zu vermeiden und das Gesicht der Schule zu wahren. Als ein Schüler aus dem Jahrgang unter mir eine Kamera in der Dusche der Mädchen installierte, musste er als Konsequenz lediglich die Klasse wechseln.

Um sicher vor Übergriffen zu sein, brauchen wir keine Sexfeindlichkeit und moralische Panik, sondern zeitgemäßen Sexualkundeunterricht und kostenlose Verhütungsmittel. Zusätzlich zu einer unabhängigen, von uns kontrollierten Antidiskriminierungsstelle an der Schule brauchen wir auch auf Klassenfahrt unabhängige Ansprechpersonen, um Täter:innen gemeinsam zur Rechenschaft zu ziehen.

Offene Grenzen für unsere Klassenfahrt!

Bei der Auswahl der Reiseziele geht die Ignoranz weiter: Einige Schullandheime stammen noch aus den 1930er Jahren und wurden damals für die Hitlerjugend gebaut, ohne, dass die Schüler:innen heute darüber aufgeklärt werden. Andere Reiseziele lassen als „Kinder-In***ner-Dörfer“ unreflektiert kolonial-rassistische Mythen aufleben.

Manche Klassenfahrten haben sehr rechte Gegenden oder Länder mit queerfeindlichen Gesetzen zum Ziel, wie z.B. Ungarn. Dadurch werden manche Schüler:innen einer noch größeren Gefahr ausgesetzt als ohnehin schon. Erst letztes Jahr musste eine Schulklasse eine Klassenfahrt abbrechen, weil Schüler:innen rassistisch bedroht worden waren. Für solche Fälle braucht es umfassende Sicherheitskonzepte und psychologische Hilfsangebote.

Zusätzlich werden Klassenfahrten für alle Schüler:innen zum Problem, die keinen deutschen oder europäischen Pass haben. Zwar gibt es spezielle Verfahren, die es Schüler:innen ermöglichen, ohne Pass mitzufahren, dennoch ist das mit Risiken bei der Wiedereinreise verbunden. Dazu kommt die Gefahr von Racial Profiling an Grenzübergängen, also rassistischer Gewalt bei Polizeikontrollen. In Lehrer:innen-Foren wird teilweise empfohlen, geflüchtete Schüler:innen nicht mit ins EU-Ausland zu nehmen, z.B. nach Großbritannien.

Im aktuellen Bildungssystem wird solchen Problemen „vorgebeugt“, indem migrantische Schüler:innen in sogenannte „Willkommensklassen“ ausgesondert werden und gar nicht erst mit auf Klassenfahrt dürfen. Statt rassistischer Segregation und Abschiebung fordern wir gemeinsamen Unterricht, offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle unsere Mitschüler:innen!

Religionsfreiheit erkämpfen!

Eine Klassenfahrt, auf der Gebete verboten werden oder keine Zeit dafür eingeplant wird. Ein Schullandheim, in dem ohne Alternativen Schweinefleisch serviert wird. Der obligatorische Besuch in der örtlichen Kirche. Besonders mies kann sich das auf Schüler:innen muslimischen oder jüdischen Glaubens auswirken.

Der Rechtsruck macht vor den Schüler:innen keinen Halt: Erst vor wenigen Wochen gelangte eine deutsche Schulklasse in die Schlagzeilen, nachdem sie bei einer Klassenfahrt zur Gedenkstätte Auschwitz Videos mit Hitlergrüßen veröffentlicht hatte. Nicht selten kommt es vor, dass auch Lehrkräfte im Namen von Zusammenhalt und Klassengemeinschaft über solche „Späße“ hinwegblicken. Wenn man das hört, ist es fast schon ironisch, wenn die Bundeswehr ihre Jugend-Camp mit einer Klassenfahrt vergleicht.

Was wir brauchen ist eine richtige Aufarbeitung des Faschismus und Kolonialismus im Unterricht: Das Erinnern darf nicht als Rückblick auf „abgeschlossene Zeiten“ betrachtet werden. Der Geschichtsunterricht muss uns auch die theoretische Grundlage für die organisierte Bekämpfung des aktuellen Rechtsrucks vermitteln. Dazu gehört auch der Kampf für Religionsfreiheit an unseren Schulen und auf unserer Klassenfahrt!

Hat dieser Artikel unangenehme Erinnerungen hervorgerufen und dich wütend gemacht? Willst du gemeinsam mit uns Wege finden, unsere Forderungen in die Tat umzusetzen? Möchtest du die Klassenfahrt nachholen, die du in der Schule nie haben durftest? Dann melde dich jetzt zu unserem Sommercamp an! Hier kommst du zur Anmeldung!




How To: Einen Schulstreik gegen Rechts organisieren

von Brokkoli Bittner, Mai 2024

Millionen Menschen waren in den letzten Wochen & Monaten gegen Rechts auf der Straße und in den Schulen diskutieren Schüler:innen, wie man die AfD bekämpfen kann. Während immer noch viele davon überzeugt sind, dass man gemeinsam mit den bürgerlichen Parteien den Rechtsruck aufhalten kann, sehen wir darin keine Perspektive. Die AfD hetzt, aber die Ampel macht die passenden Gesetze dazu. Mit ihrer Zustimmung zur GEAS-Reform der Festung Europa haben die Grünen, die SPD und die FDP dafür gesorgt, dass das Asylrecht in der EU faktisch abgeschafft wird. Eine Forderung, wie sie die AfD schon lange aufgeworfen hat. Wir schlagen für uns Jugendliche & Schüler:innen eine andere Taktik vor: Gemeinsam mit euch wollen wir einen bundesweiten Schulstreik gegen Abschiebungen und AfD organisieren. Warum wir dieses Mittel zur Durchsetzung von Forderungen einsetzen und wie man einen Streik organisiert, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Warum überhaupt ein Streik?

Die Schule bestreiken bedeutet, den Unterricht zu boykottieren und stattdessen gemeinsam für ein politisches Ziel auf die Straße zu gehen. Ein Schulstreik legt zwar nicht wie andere Streiks die Produktion oder das öffentliche Leben lahm, aber er ist ein Akt des politischen Massenprotests und stört den „normalen“ Schulbetrieb. Und das ist auch wichtig und richtig, denn dieser Alltag aus Diskriminierung, kaputtgespartem Schulsystem und Abschiebungen ist nicht normal! Ein Schulstreik gibt uns eine Stimme, indem wir uns klar und deutlich gegen Abschiebungen und AfD positionieren, ohne viel Angst haben zu müssen, von der Schule zu fliegen. Es gibt zwar kein Recht auf Schulstreik, aber er ist auch nicht konkret verboten. Und so haben schon viele große Schulstreiks in der Vergangenheit, ob 2008 gegen die Bildungskürzungen, ob 2016 gegen Rassismus, oder ab 2019 in Fridays for Future gezeigt, dass wir durch unsere Streiks etwas erreichen können.

Voraussetzung: Das Thema muss relevant für Schüler:innen sein

Bevor wir die Menschen in unserem Umfeld zu gemeinsamen Aktionen & Protesten aufrufen können, müssen sie die Problematik auf dem Schirm haben. Für alle, die rassistisch oder sexistisch diskriminiert werden, stellt sich diese Frage meistens nicht, da ihr Alltag vom Rechtsruck durchzogen ist: Schlechtere Noten als „deutsche“ Mitschüler:innen, Ansprachen mit den falschen Pronomen & Namen, Beleidigungen und die ständige Angst vor Abschiebungen. Zehntausende Jugendliche in Deutschland haben keine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis, sondern sind lediglich „geduldet“. Duldung heißt „vorübergehende Aussetzung der Abschiebung“. Und wer soll sich eigentlich auf Mathe konzentrieren, wenn total unklar ist, ob die Duldung nächste Woche noch verlängert wird? Aber spätestens seit der Correctiv-Recherche über Geheimtreffen der AfD mit Rechtsextremen der Identitären Bewegung, gehen Viele auf die Straße, um den Rechtsruck aufzuhalten, die das Problem vorher nicht so deutlich gesehen haben oder geglaubt haben, sie könnten nichts dagegen tun. Man kann also mit Recht sagen, dass Jetzt der optimale Zeitpunkt ist, um gemeinsam Widerstand zu organisieren.

Schritt 1: Mobilisierungen und Druck auf [‘solid], JuSos und die Gewerkschaften/jugenden

Während wir von Schule zu Schule gehen, plakatieren, flyern und unzählige Diskussion führen, die Missstände immer wieder aufs Neue erklären, sollten wir aber eins nicht vergessen: Es gibt bereits eine große Anzahl an Jugendlichen, die erkannt haben, dass sich etwas ändern muss und sich daher einer Jugendorganisation angeschlossen haben, welche sich diese Veränderung auf die Fahnen schreibt. Allein [‘solid] und die JuSos haben zusammen knapp 100.000 Mitglieder. Und beide Gruppen haben den Anspruch formuliert, sich gegen den Rechtsruck zu stellen. Das Problem ist nur, die Führungen dieser reformistischen Organisationen haben kein Interesse daran ihre Mitgliedschaft wirklich zu mobilisieren. Für sie geht es an erster Stelle nicht selten darum, die eigene Karriere in der Partei voranzutreiben, um es sich selbst später einmal nett einzurichten, während man hauptberuflich faule Kompromisse mit den Herrschenden aushandelt. Ihr Problem ist, dass sie letztlich immer die Interessen ihrer Mitglieder verraten müssen, wenn sie nicht bereit sind, den Boden der herrschenden Ordnung zu verlassen. Ähnlich ist es bei den Jugendgewerkschaften, deren Jugendsekretäre häufig vom Apparat selbst eingesetzt und nur noch formal per Wahl bestätigt werden. All das ändert aber nichts daran, dass ihre Basis unter den gleichen Missständen leidet wie wir und diese auch sehen kann. Wenn wir es also schaffen, durch unsere Mobilisierung, und z.B. durch öffentliche Aufrufe, diese Basis in Bewegung zu bringen, so ist auch die Führung zur Handlung gezwungen, will sie nicht ihr noch verbliebenes bisschen Legitimität verspielen wollen. Dasselbe gilt bei der Ausweitung an die Unis bzw. Berufsschulen ebenso für den SDS und in geringerem Maße auch für die SDAJ (Jugendorganisation der DKP (Deutsche kommunistische Partei, entgegen des Namen eher programmatisch reformistisch), die auch mal ihre paar hundert Mitglieder auf die Straße bringen könnte. Genauso wichtig ist Fridays For Future, da sie bereits an den Schulen verankert sind und ihre Mitglieder diese als Räume für politische Kämpfe anerkennen. Auch die Basis von FFF wird regelmäßig von Führungsfiguren wie Luisa Neubauer verraten, die die Ziele und Forderungen der Klimabewegung radikal ausverkauft. Dennoch müssen wir sie zur gemeinsamen Aktion auffordern, denn nur so muss sich Neubauer vor den Augen ihrer Basis rechtfertigen, warum sie letztlich nicht an einem antirassistischen Schulstreik teilnehmen will. Es gilt also, offen auf diese Organisationen zuzugehen und sie von der Notwendigkeit eines antirassistischen Schulstreiks zu überzeugen. Dabei ist die Tatsache, dass die Aktion gemeinsam stattfindet jedoch wichtiger als dass der Schulstreik genau die Form hat, wie wir sie uns vorstellen. Das muss dann in Schritt 2 offen ausdiskutiert und demokratisch beschlossen werden.

Schritt 2: Eine Aktionskonferenz einberufen

Dieser Schritt dient dann dem Zweck offen auszudiskutieren und demokratisch zu beschließen, wie der Schulstreik konkret aussehen kann, was seine genauen Forderungen sein sollen und wie man noch mehr Schüler:innen mobilisieren kann. Um diese Diskussion zu führen, muss also eine Aktionskonferenz einberufen werden, auf der über den Aufruf und den konkreten Streikplan sowie über verschiedene Aktionsformen an den Schulen selbst diskutiert wird. Zu dieser Aktionskonferenz müssen auch die noch skeptischen Teile der Jugend eingeladen werden. Ziel muss es sein, auch mit diesen Teilen zu diskutieren.

Revolutionär:innen haben dabei auch die Aufgabe, die Grenzen von allein auf Schulen und Schülis beschränkten Aktionen aufzuzeigen und auf die Notwendigkeit eines strategischen Bündnisses mit der Arbeiter:innenklasse hinzuweisen. Beim Thema Rassismus muss klar gemacht werden, dass kein:e Arbeiter:in ein Interesse an der ungleichen Bezahlung von Migrant:innen hat. Es muss daher eine Debatte mit den Gewerkschaften über eine Streikbeteiligung geben. Dabei darf die Jugend ihre Kritik an der Gewerkschaft nicht verschweigen und muss klar für die Aufnahme von Flüchtlingen in die Gewerkschaft und für lokale Streikkomitees – nicht nur in den Schulen, sondern auch – in den Betrieben eintreten. Außerdem muss klar sein: Ein Kampf gegen Rassismus muss ein Kampf gegen die Herrschenden sein, denn diese sind dafür verantwortlich, dass Mitschüler:innen abgeschoben werden, migrantische Arbeiter:innen schlechter bezahlt werden und SchülerInnen ihre rassistischen Lehrer:innen nicht abwählen können. Der Kampf gegen Rassismus kann nur erfolgreich sein, wenn er seine materiellen Wurzeln in der kapitalistischen Produktionsweise bekämpft. Doch so wichtig und richtig diese Punkte für Revolutionär:innen sind, machen wir sie nicht zur ultimativen Bedingung für eine gemeinsame Aktion. Das wäre letztlich sektiererisch, schließlich können wir nicht erwarten, dass Jugendliche, die etwas gegen Rassismus machen wollen, automatisch mit einem antikapitalistischen Klassenbewusstsein auf die Aktionskonferenz kommen. Vielmehr müssen wir sie durch die gemeinsame Praxis davon überzeugen–

Schritt 3: Ab auf die Straße!

Wenn wir es geschafft haben, uns auf der Aktionskonferenz über die Erfahrungen an unseren Schulen auszutauschen und gemeinsam demokratisch über die Forderungen des Streiks abgestimmt haben, ist es Zeit, diesen zu organisieren. Wir müssen also all unsere Freund:innen, Mitschüler:innen & Lehrer:innen dazu einladen, an diesem Tag nicht zur Schule, sondern zur Demo oder Kundgebung zu gehen. Vor der Schule Flyer verteilen, ist die optimale Gelegenheit, mit Leute ins Gespräch zu kommen, die man sonst nicht erreichen würde. Zusätzlich hilft es, in der Schule Plakate für den Streik aufzuhängen und den Aufruf über alle möglichen Social Media-Kanäle und Whatsapp-Gruppen zu verbreiten. Gemeinsame Vorbereitungstreffen, z.B. zum Schilder malen sind auch immer motivierend und eine gute Chance zum Vernetzen. Durch das Einberufen einer schulrechtlich verankerten Vollversammlung sorgt man dafür, dass das Thema mehr Aufmerksamkeit bekommt, man mit allen Schülis gemeinsam diskutieren kann und auch alle wirklich erreicht.

Dann bleibt nur noch das Wichtigste zu tun: Zusammen, zahlreich & laut auf die Straße gehen! In Redebeiträgen müssen wir die aktuelle Situationen in unseren Schulen ganz klar kritisieren, aber auch Geflüchteteninitiativen und die beteilligten Organisationen ans Mikro holen. Auf Schildern & in Parolen ist unser Protest so laut, dass selbst die letzte Schulleitung sie nicht länger überhören kann. Und natürlich beschränkt sich unser Kampf nicht nur auf diesen Tag: So lange, wie unsere Forderungen nicht erfüllt sind, gehen wir auf die Straße und legen den Schulalltag lahm- in unserer Stadt und deutschlandweit. Für eine Zukunft, in der alle Schüler:innen ohne Angst vor Abschiebung & Gewalt lernen können. Für eine sichere & gerechte Bildung, gegen den Rechtsruck!

Link zur JgA-Telegram-Gruppe als QR-Code einfügen: https://t.me/jugendgegenabschiebung




Warum rückt die Welt nach rechts?

Von Felix Ruga, April 2024

Wenn wir uns auf der Welt umschauen, läuft uns ein Schauer über den Rücken: In Deutschland ist die AfD in allen Landesparlamenten und dem Bundestag vertreten und stellt mittlerweile Bürgermeister, es drohen Mehrheiten bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland. Zeitgleich sind alle Parteien bis auf die Linkspartei auf eine rassistische Politik gegenüber Geflüchteten eingeschwenkt und wollen sich gegenseitig übertreffen, wer am besten abschieben kann. Bundeskanzler Scholz höchstpersönlich sprach davon, endlich „im großen Stil“ abschieben zu wollen.

Nicht nur in Deutschland hat sich die Lage verschlechtert. Schauen wir in der Welt umher, sieht’s in anderen Ländern nicht besser aus: Trotz seiner Niederlage 2020 steht Trump wieder für die Republikaner:innen in den Startlöchern. Gegen seinen schwachen Kontrahenten Joe Biden hat er gute Karten, diesen November bei den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen klar zu gewinnen.

Georgia Meloni, die Regierungschefin Italiens, gehört der Partei „Fratelli d’Italia“ an, welche aus einer faschistischen Tradition stammt und sich auf einen neoliberalen Rechtspopulismus eingestellt hat. Hier wurde kurzerhand das Bürger:innengeld gestrichen und weitere Angriffe drohen.

Davon kann auch die argentinische Arbeiter:innenklasse ein Lied singen: Dort unternimmt der selbsternannte „Anarchokapitalist“ Javier Milei gerade den Versuch, den Staat autoritär umzubauen und mit der Kettensäge den Sozialstaat zu zerlegen.

Doch dabei hört es nicht auf. Auf dem Großteil der Welt können wir einen Rechtsruck verzeichnen. Von Europa bis zu den Philippinen können wir beobachten, wie Rechtspopulist:innen Erfolg haben. Klar ist: Dem Rechtsruck müssen wir uns entgegenstellen. Aber wie?

Woher kommt der Rechtsruck?

Wenn wir uns effektiv wehren wollen, müssen wir verstehen, wie dieser Rechtsruck zustande kommt. Dazu müssen wir uns anschauen, in was für einer Welt wir leben.

Um dies gleich zu beantworten: Aktuell leben wir im Stadium des Imperialismus. Dieses ist die höchste Stufe des Kapitalismus. Es gibt einen internationalen Weltmarkt samt einer internationalen Arbeitsteilung. Dadurch gibt es zwei Formen von Ländern: imperialistische und unterworfene.

Aus dem Schulunterricht kennen die einen oder anderen den Begriff der „Kolonisierung“. Damals gab es Länder, die offen andere Länder, also Kolonien, abhängig gemacht haben – wirtschaftlich und politisch. Imperialistische Länder machen in einer gewissen Weise das gleiche. Sie halten unterworfene Länder wirtschaftlich abhängig, jedoch politisch formal unabhängig, weshalb wie sie Halbkolonien nennen.

Oberflächlich erscheinen die meisten Halbkolonien als eigene Staaten. Schaut man sich an, wem die Firmen gehören, welche Zuschüsse der Staat bekommt und wie verwoben die Beziehungen mancher Politiker:innen sind, wird klar: Komplett unabhängig agieren die Länder nicht.

Hinzu kommt die fortschreitende Monopolisierung. Konzerne fusionieren, kaufen auf und übernehmen den Markt, während kleinere Firmen und Händler verdrängt oder aufgekauft werden. Das ist ein Prozess, der innerhalb der kapitalistischen Produktionsverhältnisse nicht gänzlich aufzuhalten ist.

Einer kleinen Bäckerei im Dorf ist es unmöglich, in der gleichen Zeit so viele Brötchen herzustellen wie eine Bäckereikette mit mehr Maschinen und Arbeiter:innen. So wird der Preis der Dorfbäckereibrötchen teurer und mehr Menschen gehen zur Bäckereikette, weil es günstiger ist.

Dadurch wird zwar die Produktion effizienter und die Zentralisierung legt die Grundlage für eine demokratische Planwirtschaft, aber die großen Firmen müssten dafür auch enteignet werden, anstatt sich in der finanziellen Konkurrenz zu zerfleischen.

Daneben stehen die kleineren Firmen, die Angst haben, ihre Stellung zu verlieren. Getrieben von der Angst des sozialen Abstieges fangen sie an, herumzubrüllen: Protektionismus, Nationalchauvinismus, Standortborniertheit, das sind ihre Forderungen, um sich zu schützen. Kurz gesagt: Sie wollen das Rad der Zeit aufhalten, um nicht ihren Reichtum zu verlieren, indem sie sich gegen die internationale, arbeitsteilige Struktur des Gesellschaftssystems stellen.

In diesen Verhältnissen werden die Kapitalist:innen gezwungen, immer nach einem Weg zu schauen, wie sie mehr Profit anhäufen können. Profit macht das Kapital mit der Ausbeutung der Arbeiter:innen. Diese arbeiten mit Maschinen und Rohstoffen, und schaffen ungeheure Werte, wovon sie nur einen Bruchteil als Lohn bekommen. Durch immer weitere Investitionen in neue Maschinen werden die Arbeiter:innen aus der Produktion verdrängt und die Investitionen werden immer teurer, während sich der Markt sättigt, woraus sich schnell eine Überproduktionskrise entwickeln kann.

Auswege für diesen Prozess gibt es für Kapitalist:innen nicht viele. Sie müssen andere aufkaufen, fusionieren oder spekulieren. Sind alle Möglichkeiten ausgeschöpft, wird zu rabiateren Methoden gegriffen. Dies kann zum einen durch Sparpolitik und soziale Angriffe auf die Arbeiter:innen umgesetzt werden, zum anderen durch wirtschaftlichen oder militärischen Krieg. Die stärkere Kapitalfraktion kann verstärkt in neue Märkte eindringen, während die Verliererin zurückgelassen wird.

Die Bedeutung der Krise

Der Rechtsruck vollzieht sich verstärkt seit den 2010er-Jahren. Aber wo liegt der Ursprung der Stärke von AfD und Co.?

Im Zuge der Weltwirtschaftskrise 2007/08 standen viele Banken kurz vor dem Bankrott. Viele wurden mit extrem viel Geld gerettet. Die Kosten dafür haben nicht jene getragen, die viel Geld besaßen. Nein, die Kosten wurden auf die Arbeiter:innen abgewälzt. Praktisch wurden die Armen noch ärmer gemacht, durch Leiharbeit, Kürzungen bei Sozialleistungen, sozialen Einrichtungen und so weiter.

Parteien, die die Stimme dagegen erhoben haben, gab es kaum. Im Kern Europas haben Sozialdemokrat:innen wie die SPD dabei geholfen, die Kosten der Krise auf die Arbeiter:innen abzuwälzen. Viele linke Reformist:innen wie die Linkspartei haben es verpasst, kräftig dagegen zu kämpfen. So scheiterten europaweite Streikversuche oftmals an der Blockade durch Gewerkschaftsbürokratien imperialistischer Nationen.

Aktuell passen sie sich dem Rechtsruck an und versuchen, die Wähler:innen, die sie an die AfD verloren haben, mit rechter Rhetorik wiederzugewinnen. Doch andere linksreformistische Parteien, wie SYRIZA in Griechenland, haben offen gegen die Sparpolitik der EU mobilisiert und konnten damit ganze Länder für sich gewinnen. Letztlich mussten sie aber einknicken und haben damit Verrat begangen.

Diese schwere Niederlage hat heute in doppelter Hinsicht Bedeutung für uns: Zum einen wurde die politische Linke schwer geschädigt und konnte sich davon bis heute nicht erholen. Zum anderen konnten die Regierungen alle neoliberalen Tricks wie Sparmaßnahmen und Sozialabbau ausspielen, um die Krise abzuwehren. Nun rollt eine neue Krise über uns hinweg, bei der die alten Tricks ausgeschöpft sind. Deshalb müssen wir mit einem härteren Kampf rechnen, der sich darum dreht, wessen Kapital nun zerstört wird.

An dieser Stelle haben sich die Rechten mit ihrer „Krisenlösung“ positioniert: Rückzug in die nationalen Grenzen, zusammen mit einer extrem neoliberalen Politik, welche die Ausbeutung verschärft und das nationale Kapital bevorzugt, indem Reallöhne und sozial- und arbeitsrechtliche Bestimmungen abgesenkt werden.

Anstatt eine Perspektive aus der globalen Konkurrenz herauszuweisen, erkennen sie diese als unumstößliche Naturgewalt an. Sie stürzen sich mit einer Kompromisslosigkeit hinein, bei der die Arbeiter:innen gezwungenermaßen unter die Räder kommen werden. Um das zu verschleiern, begleiten sie das alles mit reaktionären Ideologien von Vaterland und Familie.

Was für eine Perspektive haben wir?

Wir müssen das Ganze nicht hinnehmen! Es gibt Wege, dieser tristen Zukunft zu entkommen. Das Beispiel von SYRIZA zeigt, dass man auch mit „radikalen Forderungen“ den Rückhalt in der Bevölkerung finden und damit immense Sprengkraft entwickeln kann.

Als REVOLUTION treten wir für eine antirassistische Bewegung ein, bestehend aus Gewerkschaften, Sozialdemokratie, Reformist:innen sowie Sozialist:innen, die sich dem Rechtsruck entgegenstellt. Aktuell sind es die ersteren, die einen Großteil der organisierten Arbeiter:innen hinter sich führen.

Rassismus ist nicht einfach nur so beschissen. Er schwächt auch den Kampf für das objektive Interesse aller Arbeiter:innen: Anstatt zusammen für eine bessere Lebensgrundlage zu kämpfen, bekämpft man sich gegenseitig. Deswegen ist es wichtig, auch soziale Forderungen aufzustellen, wie nach bezahlbarem Wohnraum oder Mindestlohn für alle. Diese Forderungen müssen konsequent mit Antirassismus verbunden werden. Daneben muss auch die Frage der Selbstverteidigung aufgeworfen werden. Denn neben rassistischen Gesetzen gibt es auch Rassist:innen auf der Straße, die Migrant:innen und Linke angreifen.

Aber eine Bewegung reicht nicht aus. Für uns Jugendliche sieht unsere Zukunft beschissen aus: mehr Ausbeutung, mehr Überwachung, weniger Freiheiten und Perspektiven. Es wird immer schwerer, einen Ausbildungsplatz oder einen Job zu finden, von dem wir leben können, ohne den Spießrutenlauf der unbezahlten Praktika oder befristeten Jobs durchlaufen zu müssen. Für diejenigen, die weiblich, queer, migrantisch oder geflüchtet sind, ist das Ganze nochmal bedeutend härter.

Nebenbei werden die Ausgaben für Bildungseinrichtungen gekürzt und unser Selbstbestimmungsrecht über Körper und Sexualität eingeschränkt, oftmals geleugnet. Deswegen brauchen wir Jugendlichen eine eigene internationale Organisation mit einem revolutionären Programm. Ein Programm, das deutlich macht, dass es keine Spaltung aufgrund Herkunft, Geschlecht, Alter oder Sexualität geben darf. Nur so können wir der Unterdrückung von Jugendlichen, auch in der Arbeiter:innenbewegung selbst, entgegentreten.

Wir müssen die aktuelle Problematik mit einer revolutionären Perspektive verbinden. Konkret heißt das: Wir beteiligen uns an aktuellen Kämpfen wie Streiks oder Bewegungen und tragen eine revolutionäre Perspektive hinein, insbesondere an den Orten, an denen wir uns täglich befinden, wie Schulen, Unis oder Betriebe.

Nicht nur für Jugendliche brauche es eine Organisation mit revolutionärem Programm. Uns ist bewusst, dass wir Jugendlichen nicht die einzigen sind, die unter dem System leiden und dass wir allein nicht das System umwälzen können. Für uns ist die Arbeiter:innenklasse die einzige Kraft, die eine Revolution anführen kann, wird doch durch ihre schöpferische Kraft der Großteil des gesellschaftlichen Werts produziert, den sich einzelne privat aneignen. Aus diesem Grund unterstützen wir die Anstrengungen, neue Arbeiter:innenmassenparteien aufzubauen, die offen für ein revolutionäres, sozialistisches Programm kämpfen.




Heteronormativität als Ursache queerer Unterdrückung?

von Sani Maier, März 2024, aus der revolutionären Frauenzeitung FIGHT! Nr. 12

Gesellschaftliche Konventionen

Egal ob in Kinderbüchern, Märchen, Videospielen, der Werbung oder unseren Lieblingsfilmen: Seit jeher strahlen uns dort glücklich verliebte Pärchen entgegen und präsentieren uns die traumhafte Partner:innenschaft, nach der viele dann ihr ganzes Leben lang suchen. In unserer Gesellschaft scheinen erst die Beziehung, dann die Ehe, Kind(er) und ein gemeinsam geführtes Leben, am besten im Eigenheim, besondere Ziele zu sein. Wer kennt nicht die ewigen Fragereien der Familie danach, wann man denn endlich mal den/die Partner:in mitbringe und für Frauen ab Mitte Zwanzig gibt es die übergriffige Frage nach der Kinderplanung gleich gratis dazu. Dabei ist es jedoch alles andere als egal, wie besagte Partner:innenschaft oder Familie konkret aussiehen, sondern streng vorgegeben: Das „ideale“ Paar besteht auch heute noch aus einem Mann und einer Frau: Adam und Eva, Romeo und Julia, Dornröschen und der Prinz, Bonnie und Clyde … etc. Dabei ist sowohl das gegenteilige Geschlecht beider Partner:innen wichtig, setzt also eine klar abgrenzbare Vorstellung von zwei Geschlechtern voraus, aber auch die Tatsache, dass die Beziehung aus genau zwei Personen besteht. Offene Beziehungen oder Polygamie werden nach wie vor kritisch beäugt und in der Ehe schonmal gar nicht berücksichtigt (bis auf bestimmte religiöse und kulturelle Ausnahmen, bei denen aber meistens nur männliche Polygamie erlaubt ist). Unsere Kultur und Bildung, aber auch juristische und institutionelle Strukturen sind also durchzogen von dieser spezifischen Liebes- und Sexualitätsvorstellung und prägen uns von klein auf, ohne dass wir uns dessen überhaupt bewusst sind. Es ist irgendwie einfach „normal“. Der Fachbegriff für dieses Phänomen heißt Heteronormativität. Unsere Entwicklung und unser Selbstverständnis werden also darauf gelenkt, heterosexuelle Partner:innenschaften als normal, natürlich und erstrebenswert anzusehen – sie sind die Norm. Homo- und Bisexualität sowie transgender und Intergeschlechtlichkeit werden als Abweichungen davon je nach gesellschaftlichem Kontext diskriminiert bis gewaltsam unterdrückt. Gleichgeschlechtliche Liebe wird in vielen Staaten kriminalisiert und intergeschlechtliche Säuglinge werden chirugisch an „eindeutig“ binäre Standards angepasst, obwohl keinerlei medizinische Notwendigkeit besteht. Dabei herrscht sowohl in Bezug auf Geschlechter als auch sexuelle/romantische Orientierungen die Annahme, beides sei von Geburt an festgeschrieben und könne sich nicht immer wieder wandeln. Heteronormative Identitäten und Beziehungen stehen in der Hierarchie ganz oben und werden durch verschiedene Privilegien gefördert (z. B. Steuererleichterungen wie Ehegattensplitting oder umfassende und vergleichsweise unkomplizierte Adoptionsrechte). Viele Frauen haben diese Vorstellungen so sehr internalisiert, dass es sich für sie oft so anfühlt, als könnten sie nur in einer Beziehung mit einem Mann wirklich glücklich sein, und suchen deshalb konstant nach männlicher Anerkennung und Bestätigung. Der Begriff Heteronormativität wird dabei oft dem Aufkommen der Queer Studies zugeschrieben, existiert aber bereits seit mehreren Jahrzehnten und wird von unterschiedlichen politischen und philosophischen Theorien mit variierenden Schwerpunkten benutzt. Spätestens seit die Beliebtheit postmoderner Theorien zugenommen hat und das Interesse an Philosophen wie Michel Foucault und der Queer Theory gestiegen ist, kam es zu einer stärkeren Hinwendung zu diskursbezogenen Konzepten von Heteronormativität. Der Diskurs bezeichnet hierbei die gesellschaftliche Produktion von Bedeutungen und „Wahrheiten“, aus denen sich konkrete Machtverhältnisse ergeben wie unter anderem die Heteronormativität. Bis heute liefern die postmoderne oder auch poststrukturalistische Theorie die dominante Erklärung für den Druck, in heteronormativen Verhältnissen zu leben. Während diese Verwendung von Heteronormativität viele Symptome des Phänomens durchaus treffend darstellt, liegen ihr einige problematische Annahmen zugrunde, welche im Folgenden erklärt werden.

Schwächen postmoderner Erklärungsansätze

Grundsätzlich liegt das Problem dieser Ansätze darin, dass der Diskurs Machtverhältnisse erzeuge und in diesem, also in Strukturen des Wissens, die Ursache von Unterdrückung ausgemacht wird. Während wir durchaus zustimmen, dass sich heteronormative Standards und Kriterien durch (unter anderem) unser Bildungs- und Gesundheitssystem ziehen und diese immer weiter verankert werden, so fehlt dieser Feststellung die Erklärung, wie es eigentlich dazu kommen konnte. Gesellschaftliche Institutionen wurden von Menschen erschaffen und werden von diesen fortgeführt. Welche Überzeugungen und Ziele sie dabei mit einfließen lassen, ist nicht willkürlich, sondern abhängig von ihren Umständen und dem Kontext, unter denen sie leben. In den Worten von Marx: „Das gesellschaftliche Sein bestimmt das Bewusstsein.“ Wie wir leben, welche Probleme wir haben und wie wir glauben, diese lösen zu können, spielt also eine Rolle in unseren Interessen und Entscheidungen. Betrachtet man die Gesellschaft aus einer materialistischen Perspektive, fokussiert man sich zuerst auf die Produktionsverhältnisse, da die Art und Weise, wie wir arbeiten, in jeder Phase der menschlichen Entwicklung von entscheidender Bedeutung war und das Zusammenleben bis heute maßgeblich strukturiert. Der Kapitalismus zeichnet sich durch die Tatsache aus, dass wenige Menschen Produktionsmittel besitzen und die Mehrheit ihre Arbeitskraft an diese verkaufen muss, um zu überleben. Kapitalist:innen kaufen diese, bezahlen den Arbeiter:innen aber nicht das volle Äquivalent ihrer geleisteten Arbeit und eignen sich die Differenz selbst an, was die Quelle ihres Profits darstellt. Der Lohn, den sie zahlen, muss allerdings ausreichen, damit die Arbeiter:innen all das kaufen können, was nötig ist, um weiterhin arbeiten zu können: Miete, Essen, Strom, Fahrkarten etc. Wofür sie allerdings nicht zahlen, ist die Arbeit, die privat in den Haushalten geleistet wird: sogenannte Hausarbeit. Kochen, Putzen, Kinder erziehen und versorgen, Sorgearbeit, Kranken- und Altenpflege, Wäsche waschen und vieles mehr zählt zu diesen unbezahlten Arbeiten und ist für die Kapitalist:innen weitestgehend gratis. Den Grund dafür bildet die geschlechtliche Arbeitsteilung, durch welche Frauen über Jahrhunderte hinweg rechtlich und ideologisch in die private häusliche Sphäre verdrängt und zu unentlohnten Hausarbeiterinnen erzogen wurden. Sie sorgen dafür, dass sich die Arbeitskraft ihrer Partner reproduziertund ihre Kinder sichern den Nachschub an Arbeitskräften. All das, was hierfür nicht gezahlt werden muss, vergrößert den Profit der Kapitalist:nnen und macht sie zu Profiteur:innen dieses Systems. So wie es hier beschrieben wurde, würden sich wohl die wenigsten Frauen freiwillig in diese Rolle fügen wollen. Finanzielle Abhängigkeit und die moderne Doppelbelastung aus Haus- und Lohnarbeit sind nur einige der gravierenden Konsequenzen dieser Form der Arbeitsteilung. Es gab also die Notwendigkeit, diese ideologisch aufzuwerten und somit wurde das Konzept der bürgerlichen Kleinfamilie mit klarer geschlechtlicher Rollenverteilung idealisiert, romantisiert und als natürlich verkauft. Gleiches gilt für die Ehe: Was ursprünglich zur Sicherstellung von Monogamie und Vererbung durch eindeutige Abstammungslinien eingeführt wurde, gilt heute als romantischster Tag im Leben eines Paares. Die Kapitalist:innen haben es also erfolgreich geschafft, durch Gesetze, Kultur und Religion, ihre Profitinteressen als „natürliche“ Tatsachen zu etablieren. Es lässt sich nun also auch erklären, warum die Unterdrückung von allen nicht-heterosexuellen, nicht-cis und -monogam lebenden Menschen eine notwendige Konsequenz der kapitalistischen Produktionsweise und ihr vorausgehender Klassengesellschaften ist: All diese Lebensformen und Identitäten passen nicht ins Schema der bürgerlichen Kleinfamilie (Vater, Mutter, Kind) und stellen deren vermeintlich natürlichen Charakter in Frage. Um ihre Profite weiterhin maximieren zu können, werden sich Kapitalist:innen niemals ernsthaft für die Interessen queerer Menschen einsetzen können. Heteronormativität ist also ein Symptom der Klassenverhältnisse und beschreibt die Gesamtheit der Rollenzuschreibungen, die benötigt werden, um den Kapitalismus am Laufen zu halten. Diskurse, Wissensstrukturen, Gesetze und kulturelle Erzeugnisse machen Mittel zum Zweck der Durchsetzung patriarchaler Verhältnisse aus und bilden nicht deren Ursache. Eine Politik, die sich lediglich auf diese Mittel fokussiert, wird nicht in der Lage sein, die Wurzeln des Problems zu lösen, und ewige Symptombekämpfung betreiben. Der Kampf gegen Heteronormativität muss also ein antikapitalistischer sein und das Patriarchat in seinen Grundfesten, also dem Privateigentum an Produktionsmitteln, angreifen. Die private Kontrolle der Produktion muss gemeinschaftlich und demokratisch von den Arbeiter:innen übernommen werden. Nur dann wird es möglich sein, Hausarbeit kollektiv und gemeinschaftlich zu bewältigen und geschlechtliche Arbeitsteilung und damit zusammenhängende Geschlechterrollen zu überwinden.




Berliner Polizei löst Palästinakongress auf – Meinungsfreiheit wird zur Farce

von Martin Suchanek, zuerst erschienen in der Infomail 1251 der Gruppe Arbeiter:innenmacht, April 2024

Einschränkungen demokratischer Rechte gehören mittlerweile zum Normalzustand der „Demokratie“. Die von Merkel und Scholz zur Staatsräson erklärte „bedingungslose Solidarität“ mit Israel verträgt sich offenkundig schlecht mit der Meinungsfreiheit.

Diese kam am 12. April unter die Räder wie selten zuvor in Berlin, einer Stadt, die durchaus auf eine lange Geschichte polizeilicher Gewalt und Willkür zurückblicken kann.

Doch während sich Repression „normalerweise“ auf Demonstrationen, Besetzungen, Blockaden, Akte zivilen Ungehorsams oder das Aufbegehren prekär Beschäftigter konzentriert, galt der Anschlag auf die Meinungsfreiheit diesmal einer Saalveranstaltung, einer demokratisch organisierten Konferenz, dem Palästinakongress.

Staatsräson

Dieser richtet sich nämlich direkt gegen die zur Staatsräson er- und verklärte Solidarität mit Israel, auch wenn dieser Staat gerade rund 40.000 Menschen durch Bombardements und Bodentruppen getötet hat, weit über eine Million Menschen in Gaza vertrieben wurden und akut Hunderttausende vom Hunger bedroht sind. Mit tödlichem Ernst halten die deutsche Regierung wie die bürgerliche Opposition und die faktisch gleichgeschalteten Medien an der Fiktion fest, dass Israel keinen genozidalen Angriffskrieg führe, sondern sein „Recht auf Selbstverteidigung“ ausübe. Und damit nicht genug, Deutschland unterstützt den Krieg nicht nur politisch, diplomatisch, sondern auch militärisch. Allein im Jahr 2023 haben sich die Rüstungsexporte verzehnfacht.

Dieser Krieg wird folgerichtig auch im Inneren weitergeführt. Damit soll einerseits die Schuld des deutschen Imperialismus am Holocaust ideologisch entsorgt werden, andererseits verfolgt der deutsche Staat damit handfeste ökonomische und vor allem geostrategische Interessen.

So gerät schon die Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit zur quasi kriminellen Betätigung. Seit Wochen wird in den Medien, von reaktionären wie „demokratischen“ Stimmungsmacher:innen, nach dem Verbot der Veranstaltung gerufen. Nachdem das rechtlich nicht ging, wurde tagelang gefordert und gedroht, was am 12. April von der Polizei durchgezogen wurde. Berlins rechtskonservativer Bürgermeister Wegner hatte schon lange ein „rigoroses Einschreiten“ beim „kleinsten Verdacht“ gesetzwidriger Aussagen angekündet. Im Klartext heißt das nichts anderes als die angedrohte Kriminalisierung jeder offenen Kritik am Staat Israel und seiner rassistischen Grundlagen, jeder Solidarisierung mit Palästina, jedes Antizionismus und jedes Eintretens für die demokratischen Rechte des palästinensischen Volkes, insbesondere dessen auf nationale Selbstbestimmung.

Provokation

Daher begann der Tag schon mit abstrusen und absurden Schikanen. Die Brandschutzverordnung und das Bauamt wurden bemüht, um einen Vorwand zu finden, nur 250 Personen in die für 600 Menschen ausgelegten Räumlichkeiten zu lassen. Hunderte Menschen konnten daher an der Veranstaltung erst gar nicht teilnehmen. Zudem zog die Polizei den gesamten Prozess des Einlassens der Teilnehmer:innen über Stunden hin. Während hunderten Menschen mit Eintrittskarten der Zutritt von der Obrigkeit verwehrt wurde, schleuste die Polizei – unter frecher Missachtung des Hausrechtes der Veranstalter:innen – prozionistische, hetzerische Journalist:innen von Welt und Co. ein. Darüber hinaus machten die Cops die massive Präsenz uniformierter und aller möglichen Polizist:innen in Zivil zur Bedingung, dass die Veranstaltung überhaupt beginnen konnte.

Trotz all dieser Schikanen, Provokationen und polizeistaatlicher Mittel, von denen Putin und Erdogan, Netanjahu und Biden, aber auch Meloni und Macron noch einiges lernen könnten, begann der Kongress.

Rede von Habh Jamal

In einer ergreifenden Rede entlarvte Hebh Jamal die Lügen, aber auch die Kooperation der Unterdrücker:innen weltweit, eine Kooperation, die keine Verschwörung ist, sondern die das gemeinsame Interesse der herrschenden Klassen an einer imperialistischen Ordnung deutlich macht, die auf Ausbeutung und Unterdrückung basiert. Vor allem machte sie deutlich, dass eine Konferenz, die die Verbrechen der Nakba, die Vertreibung und Unterdrückung der Palästinenser:innen verdeutlicht und die Komplizenschaft des deutschen Imperialismus hervorhebt, auch einen Akt des Widerstandes darstellt.

Denn in der Anklage gegen diese Politik, die die Konferenz schon im Vorfeld erhob, liegt notwendig und untrennbar ein Durchbrechen des Schweigens, ein Moment der Solidarisierung, die zur Aktion, zum Handeln drängt, zur Vertiefung und besseren Koordinierung unserer Bewegung.

Das wollen die deutsche Regierung sowie das gesamte politische Establishment, ob nun Ampelkoalition oder Unionsparteien, ja selbst die AfD und Teile der Linkspartei verhindern. Die Berliner Polizei rückte mit gut 900 Einsatzkräften an, um diesen politischen Auftrag umzusetzen. Und sie tat es.

That’s what imperialist „democracy“ looks like

Die Videobotschaft von Salman Abu Sitta, über den der deutsche Staat wegen seines Engagements ein Einreiseverbot verhängt hatte, wurde schon nach wenigen Minuten und ohne ersichtlichen Grund von der Polizei gestoppt. Dafür wurden schließlich gegenüber der Anwältin der Veranstalter:innen mehrere, einander widersprechende, selbst nach bürgerlichem Recht überaus fragwürdige Gründe geliefert. So erklärte die Polizei einmal, dass die Rede Passagen enthalten könnte, die volksverhetzerisch sein könnten. Dies würde geprüft werden. Frei nach dem Motto „Viel hilft viel“ hieß es später, dass Salman Abu Sitta ein politisches Betätigungsverbot in Deutschland habe. Seit wann und woher, wussten die Polizeikräfte ebenso wenig zu erklären wie die Frage, ob das Abspielen einer Videobotschaft überhaupt darunter falle. Doch wer braucht schon Gründe, wenn er das Gewaltmonopol auf seiner Seite hat? Und um gleich alle Unklarheiten aus der Welt zu schaffen, dass hier das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit mit Füßen getreten wird, wurde der Kongress auch gleich für Samstag und Sonntag samt sämtlicher Nachfolgeveranstaltungen verboten.

Die Polizei konnte den Kongress sprengen und auflösen. Doch sie wird uns weder zum Schweigen bringen noch wird sie ihr Ziel erreichen, unsere Bewegung, die wächst und stärker wird, zu zerstören.

Im Gegenteil. Die willkürliche Auflösung des Kongresses und der Anschlag auf die Meinungsfreiheit offenbaren nicht nur den repressiven Charakter der Polizei. Sie verdeutlichen auch den antidemokratischen Charakter der deutschen Regierungspolitik. Und sie zeigen die enge Verbindung von imperialistische Politik und der monopolisierten öffentlichen Meinung. Denn neben der Repression stehen wir auch einer orchestrierten Hetze und Verleumdung samt einer massiven Welle antipalästinensischen, antimuslimischen und antiarabischen Rassismus’ entgegen.

Dass die deutschen Medien auch gegen Genoss:innen der Gruppe Arbeiter:innenmacht und von REVOLUTION hetzen, zeigt unserer Meinung nach nur, dass wir etwas richtig gemacht haben. Wir wollen aber nicht vergessen, dass das deutsche Establishment in den letzten Wochen auch seine antisemitische Seite zeigt, wenn sie antizionistische Juden und Jüdinnen, vor allem die Genoss:innen der „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“, öffentlich diffamiert und die Berliner Sparkasse ihr Vereinkonto sperrt. Vor allem aber dürfen wir nicht vergessen, dass es vor allem unsere palästinensischen Genoss:innen sind, die auf das Brutalste angegriffen, deren Vereine und Organisationen bedroht und kriminalisiert werden und über denen das Damoklesschwert der Abschiebung hängt, während zugleich ihre Freund:innen und Angehörigen sterben oder vertrieben werden.

Heute, am 12. April 2024, haben die Wegners und Giffeys, die Scholz’ und Baerbocks unseren Kongress auflösen können. Sie verfügen über die Machtmittel, dies zu tun. Doch sie mögen sich ihres „Erfolges“, ihres „Sieges“ über unsere demokratischen Rechte nicht zu sicher sein – und gewiss werden sie sich nicht zu lange darüber erfreuen. Auch wenn sie vermochten, unseren Kongress aufzulösen, so wurde er – und dies ist ein Stück Ironie der Geschichte – weltweit bekannter. Vor allem hat die Repression weit mehr Menschen den  reaktionären, antidemokratischen Charakter des deutschen Kapitalismus vor Augen geführt, als es unsere Reden, Beiträge, Diskussionen, Beschlüsse allein vermocht hätten. Gerade der deutsche Imperialismus hat sich über Jahrzehnte das Image aufgebaut, vergleichsweise „demokratisch“ und „wertebasiert“ zu sein. Diese selbstgefällige Lüge entlarvt er gerade selbst.

Wir werden dafür sorgen, dass sie ihm im Halse steckenbleibt. Sie können einen Kongress verbieten, unseren Widerstand, Kampfeswillen, unsere Entschlossenheit werden sie nicht brechen. Denn wir kämpfen im Gegensatz zu ihnen für eine gerechte Sache, für Freiheit und Selbstbestimmung des palästinensischen Volkes, für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung.




Die Geschichte der Kufiya – Modeaccessoir und Widerstandssymbol

Von Bailey Zirvena, Februar 2024

Die Kufiya, auch Palästinensertuch genannt, existiert im arabisch-sprachigen Kulturraum in verschiedenen Farben, unterschiedlichen Mustern und kann sowohl als Kopftuch als auch als Schal getragen werden. Ihre Geschichte reicht weit zurück. Ihren Namen erhält sie von der Irakischen Stadt Kufa.

Die palästinensische Kufiya oder كوفية Keffiyah ist leicht wieder zu erkennen: Meistens in schwarz und weiß gehalten, das Netzmuster, das für Fischerei und dadurch für die Verbindung zum Mittelmehr steht, die gebogenen Olivenblätter, die an die lange Geschichte der palästinensischen Olivenbäume erinnern und die breiten Streifen am Rand, die die historischen Handelsrouten repräsentieren.

Als Kopftuch schützte sie vor der Sonne, doch in den 30er Jahren schützte sie ebenfalls die Identität ihrer Träger:innen. Im Arabischen Aufstand ab 1936 gegen die Kolonialmacht Großbritannien verhüllten Freiheitskämper:innen mit der Kufiya ihre Gesichter. So ist sie ein etabliertes Symbol für Wiederstand und Selbstbestimmung.

Mit der Gründung Israels 1948 und den folgenden Widerstandsbewegungen wurde die Kufiya vor allem in den 70er Jahren durch den Vorsitzenden der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) Jassir Arafat bekannt, der selten ohne Kufiya zu sehen war.

Seit den 68ern hat sich die Bedeutung der Kufiya als Palituch, als Zeichen der Solidarität mit dem palästinensischen Freiheitskampf und dem Kampf gegen Imperialismus in Deutschland etabliert.

In den 2010ern führte die Beliebtheit dazu, dass die westliche Modeindustrie versuchte das inzwischen hoch politische Muster der Kufiya zu kommerzialisieren, wodurch die Kufiya zu einem Trend-Gegenstand wurde. Statt damit die Aufmerksamkeit auf die Unterdrückung der Palästinenser:innen zu lenken, wurde die Kufiya auf einmal völlig von ihrer Bedeutung und Geschichte gelöst und zu einem stumpfen Mittel der Ausbeutung arabischer und palästinensischer Kultur. Heute würde man das einen klassischen Fall kultureller Aneignung nennen. Westliche Konzerne aus Ländern, die die israelische Besatzung unterstützen, nehmen sich die Widerstandssymbole der Unterdrückten, verdrängen deren Bedeutung und machen damit am Ende Profit. Doch die wahre Bedeutung der Kufiya überstand auch diese Phase.

Heute richtet sich der Genozid in Palästina nicht nur gegen die Palästinensische Bevölkerung, sondern auch gegen ihre Kultur, Traditionen und die Spuren ihrer Existenz. Nichts ist sicher: Moscheen, Kirchen, Archive, Olivenbäume… und auch die traditionelle Herstellungsweise der Kufiya. Es gibt kaum noch traditionell hochwertig produzierte Kufiyas, im Westjordanland gibt es nur noch eine einzige Fabrik.

Währenddessen riskieren junge Menschen in den USA sogar ihre Gesundheit durch öffentliches Tragen der Kufiya, wo in Vermont drei palästinensisch-amerikanische Studenten, die ihre Kufiya trugen, auf offener Straße angeschossen wurden. Die Rhetorik, die durch die Medien besonders seit dem 7. Oktober verbreitet wird, entmenschlicht Palästinenser:innen und stellt sie als terroristisch dar. Solche Mittel führen in einer Gesellschaft, in der arabisch-sprechende Menschen oder Muslim:innen schon lange angefeindet werden dazu, dass der Hass in Taten umschlägt.

An Berliner Schulen darf das Tragen einer Kufiya seit dem 16.10.23 verboten werden. Dieses Verbot stellt ein weiteres Mittel in dem Versuch, alle Symbole des Anti-Zionistischen Kampfes zu tabuisieren oder sogar zu kriminalisieren, dar. Viele mutige Schüler:innen haben sich von diesem Verbot nicht abhalten lassen ihre Solidarität offen zu zeigen. Sie trotzen damit dem Versuch der Schulen, die Thematik zu ignorieren oder einseitig zu behandeln. Durch das offene Tragen des Palituchs lässt sich die Gewalt, die in Palästina geschieht nicht so einfach im Alltag verdrängen.

Da die Schule ein politischer Raum ist und gleichzeitig der Ort an dem sich Jugendliche am meisten aufhalten, müssen wir auch dort die Möglichkeit haben politische Symbole zu tragen und sich politisch auszudrücken. Deutschland versucht durch Einschränkungen des Versammlungsrechts, der Meinungsfreiheit und auch durch das Verbot palästinensischer Freiheitssymbole der Welle an Solidarität in Deutschland Reichweite zu rauben und es damit so schnell wie möglich hinter anderen Themen verschwinden zu lassen. Doch man kann unseren Kampf nicht weg verbieten oder verstecken. Wir bleiben laut und wir bleiben sichtbar.

Die Kufiya muss sowohl ein Symbol für die palästinensische Kultur und Geschichte als auch für die Befreiung der palästinensischen Bevölkerung bleiben. Ihre Verbot stellt einen rassistischen Angriff auf ihre Träger:innen dar, ebenso wie das kategorische Abstempeln jeglicher Palästina-Solidarität als Antisemitismus. Um an unseren Schulen dagegen vorgehen zu können, brauchen wir unabhängige Antidiskriminierungsstellen, die unsere Kämpfe und Erfahrungen ernst nehmen und für unsere Rechte einstehen.




Wahlen Türkei: Erdoğan verliert!

von Dilara Lorin, April 2024, zuerst erschienen in der Arbeiter:innenmacht Infomail 1250

Die Kommunalwahlen in der Türkei vom 31. März endeten mit einem Sieg der CHP als stärkste Kraft, während die AKP eine Niederlage hinnehmen musste. Von insgesamt 81 Bürgermeisterämtern errangen die CHP 31 und die AKP 24. Die CHP gewann auch in den fünf größten Städten des Landes, darunter Istanbul, Ankara und Izmir. Nach Wahlerfolgen in diesen Städten äußerte Erdoğan einst: „Wer Istanbul und Ankara gewinnt, hat das Land in der Hand.“ Heute, einige Kommunalwahlperioden später, hat sich die Situation jedoch geändert und der „Große Mann am Bosporus“ hat an Macht verloren. Dabei kommt der Erfolg der CHP für viele Menschen unerwartet.

Nur wenige Monate, nachdem Erdoğan am 28. Mai zum Präsidenten des Landes gewählt wurde, scheint seine Popularität zu schwanken und das Volk scheint ihn und die aktuelle Politik abzustrafen. Insbesondere der wiederholte Erfolg von Ekrem İmamoğlu (CHP) in Istanbul, mit einem größeren prozentualen Abstand als davor, hat die Unbesiegbarkeit der AKP erschüttert.

Unmut in der Bevölkerung

Die wirtschaftliche Lage hat sich in den letzten Jahren kaum erholt. Die Coronapandemie, das Erdbeben vom 6. Februar im letzten Jahr, die globale Wirtschaftskrise und der Einbruch der Baubranche in der Türkei sowie die fatale Wirtschaftspolitik und Instabilität Erdoğans haben dazu beigetragen. Im Februar belief sich die Inflationsrate auf 67 %. Grundnahrungsmittel sind für einen Großteil der Arbeiter:innen kaum noch erschwinglich.

Die anhaltend schlechte Wirtschaftslage in der Türkei trifft insbesondere die Mittelschicht und führt zu einer verstärkten Prekarisierung von Arbeiter:innen und Arbeitslosen. Während des Wahlkampfes spricht Erdoğan in seinen Reden von einer starken Wirtschaft und einer positiven Zukunftsaussicht. Allerdings wird bei genauerer Betrachtung der Zahlen eine Tendenz immer deutlicher: Die Armut nimmt mit jedem Monat zu. Der aktuelle Mindestlohn von 17.000 TL (487 Euro) liegt bereits unter der Armutsgrenze von 20.098 TL für eine vierköpfige Familie. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ein/e Alleinverdiener:in aufgrund der seit fünf Jahren steigenden Kosten für Nahrungsmittel nicht mehr in der Lage ist, eine Familie zu ernähren.

Der Anteil der Menschen, die unter der Hungers- und Armutsschwelle leben müssen, ist im März, im Monat der Kommunalwahlen, um 5,9 % bzw. 11 % angestiegen. Dabei stellt die Hungerschwelle die Minimumausgaben für Lebensmittel einer vierköpfigen Familie dar, wenn diese sich ausgewogen ernähren soll; die Armutsschwelle ist eine Kennzahl, welche die Minimalausgaben einer vierköpfigen Familie beschreibt. Diese alarmierende Nachricht wurde im März von der Konföderation der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes Birlesik Kamu-is Konfederasyonu veröffentlicht. Eine wichtige Wählerbasis für Erdoğan und die AKP waren unter anderem auch Rentner:innen, deren Lage sich ebenfalls verschlechtert hat. Laut der Gewerkschaft DISK liegt die Durchschnittsrente bei einem Sechstel im Vergleich zu den Renten in den zentraleuropäischen Ländern. Im Vergleich zum Mindestlohn war die Rente in der Türkei im Jahr 2002 noch um 22 % höher. Im Jahr 2023 lag sie jedoch etwa 26 % darunter.

Aber auch die Konkurrenz von rechtskonservativer Seite führte zur Niederlage der AKP. Die Yeniden Refah Partisi (Neue Wohlfahrtspartei), die in der Vergangenheit vor allem den religiösen Teil der Bevölkerung, der sich aufgrund der wirtschaftlichen Misere zunehmend von der AKP abwandte, für sich gewinnen konnte, erhielt 6 % der Stimmen und gewann die Wahlen in den Städten Yozgat und Sanliurfa. Dabei war die Yeniden Refah Partisi bei den Präsidentschaftswahlen noch Teil von Erdoğans „Volksallianz“, entschied sich bei diesen Wahlen jedoch, eigene Kandidat:innen aufzustellen, nachdem in Gesprächen mit der AKP anscheinend keine Kompromisse gefunden wurden. Auch Kandidat:innen, die aus der AKP ausgetreten sind oder auf deren Listen keinen Platz erhalten haben, lassen sich auf denen der YRP wiederfinden. Somit ist es nicht verwunderlich, dass enttäuschte Wähler:innen der AKP zur YRP übergehen, wenn sie nicht die CHP wählen. Dabei ist es auch die YRP gewesen, die unter anderem im Parlament die AKP und ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel anprangerte und dadurch auch viele Stimmen gewann, die sich aus islamischer Hinsicht mit dem palästinensischen Volk solidarisieren.

DEM – ein Jubelschrei der Kurd:innen wird laut

Die DEM-Partei (Die Partei der Völker für Gleichberechtigung und Demokratie), welche vor Dezember 2023 noch HEDEP (Partei für Emanzipation und Demokratie der Völker), davor HDP (Demokratische Partei der Völker) hieß, gewann vor allem in den kurdischen Provinzen. Dabei konnten in 10 Bezirken Bürgermeisterämter geholt werden, wobei sie dadurch zur viertstärksten Kraft des Landes wurde. In über 65 Landkreisen, Bezirken und Gemeinden konnte sich DEM als die stärkste Kraft etablieren. Eine große Freude breitete sich vor allem in den kurdischen Gebieten über den Sieg aus, der trotz erzwungener Umbenennung der Partei, starker Repressionen, Haftstrafen, Einschüchterungen und Verbotsverfahren zu einer Stärkung und Ausweitung der Stimmen für sie geführt hat.

In Manisa, Mersin und Izmir sowie in vielen Bezirken Istanbuls und anderen Orten hat die DEM-Partei keine Kandidat:innen aufgestellt, nachdem Gespräche mit der CHP bezüglich der Wahl geführt wurden. Diese Orte sind vor allem diejenigen, in denen die CHP stärker vertreten ist. Die Politik der „kleinen Helferin“ ist für die DEM-Partei fatal, da sie der CHP in diesen Gebieten ihre Wähler:innenschaft überlässt. Es war schließlich auch die CHP, die die AKP bei der Aufhebung der Immunität der HDP-Abgeordneten unterstützte, um viele von ihnen, einschließlich des Co-Parteivorsitzenden Selahattin Demirtas, ins Gefängnis zu brachte.

Ein Wolf im Schafspelz: CHP

Die Liste der Unterstützung der Unterdrückung des kurdischen Volkes seitens der CHP ist lang und geht weit in die Geschichte der Türkei zurück. Aufgrund ihrer nationalistischen und bürgerlichen Ausrichtung kann diese Partei keineswegs als progressiv eingestuft werden.

Obwohl es verständlich ist, dass viele Menschen und Arbeiter:innen in der Nacht vom 31.03. auf den 01.04.2024 auf den Straßen waren und die Niederlage der AKP gefeiert haben, so sollte der Sieg der CHP für linke und revolutionäre Kräfte kein Grund zur Freude sein. Die CHP ist bereits bei den Präsidentschaftswahlen im Mai 2023 durch rassistische und hetzerische Kommentare und Forderungen gegenüber geflüchteten Menschen und Asylbewerber:innen aufgefallen, wobei sie Erdoğan mit der Forderung nach sofortiger Ausweisung von drei Millionen Menschen sogar rechts zu überholen versucht hat.

Im Wahlprogramm für die Kommunalwahlen 2024 wird unter anderem festgehalten, dass Maßnahmen zur Förderung der Rückkehr von Geflüchteten und Asylbewerber:innen in enger Zusammenarbeit mit „zuverlässigen“ NGOs vorangetrieben werden sollen. Die Stimmungsmache zeigt Folgen: Täglich werden Geflüchtete auf der Straße angegriffen, und diese Taten enden tragischerweise oft in Mord. Die indirekte Wahlunterstützung in einigen Orten, welche die DEM-Partei als linke Opposition der CHP geleistet hat, indem sie keine eigenen Kandidat:innen aufstellen ließ, ist zu kritisieren und zeigt selbst den kleinbürgerlichen Charakter der Politik der DEM.

Aktuelle Erhebungen in Wan und anderen Städten – ein erster Erfolg

Im Vergleich zu den Kommunalwahlen 2019, bei denen die HDP 65 Kommunen gewinnen konnte, konnte sich die DEM behaupten. Nach den Erfolgen vor 5 Jahren wurden jedoch in 48 Kommunen die Bürgermeister:innen von der Regierung abgesetzt und durch AKP-nahe Verwalter:innen ersetzt und dadurch staatlich zwangsverwaltet.

Auch in diesem Jahr wurde der Erfolg der DEM-Partei in den kurdischen Provinzen schon am 2. April seitens der Regierung in Frage gestellt. Schon während der Wahl wurden Wahlbetrug und Wahlfälschung angewandt. Dabei berichtete die DEM noch am selben Tag, dass bis zu 46.000 Staatbedienstete – darunter vor allem Polizist:innen und Soldat:innen – in den kurdischen Gebieten ihre Stimme abgegeben hatten, obwohl diese nicht aus diesen Orten stammen, sondern dahin transferiert wurden, um die Stimmabgabe zu Gunsten der Regierung zu beeinflussen.

Am Morgen des 2. April folgte dann der erste Schlag der Regierung gegen die DEM. In Wan (türkisch: Van) wurde nicht dem gewählten DEM-Politiker Abdullah Zeydan (55 %), sondern dem AKP-Kandidaten Abdulahat Arvas, welcher lediglich 25 % der Stimmen für sich gewinnen konnte, die Ernennungsurkunde überreicht. Zeydan wurden auf Anordnung der türkischen Regierung die Bürgerrechte entzogen, die er erst im vergangenen Jahr wiedererlangt hatte, nachdem er 2016 als HDP-Abgeordneter verhaftet worden war und fünf Jahre im Gefängnis verbracht hatte. Wan ist die Provinz, in der die DEM in allen Bezirken die Mehrheit errungen hat, was noch deutlicher macht, dass seit diesem bürokratischen und undemokratischen Akt der AKP die Menschen auf die Straße gehen, um dagegen zu protestieren.

Die DEM-Partei rief richtigerweise kurzerhand zu Protesten auf und erklärte in ihrer Pressemitteilung, dass Respekt vor den Wähler:innen eingefordert werden soll. Der Co-Vorsitzende der DEM-Partei erklärte in einer Ansprache in Wan: „Wan ist das Herz Kurdistans und die Menschen in Wan haben zu Newroz, bei den Wahlen und heute hier auf diesem Platz deutlich gemacht, dass die Forderung der Kurdinnen und Kurden nach Freiheit und Demokratie nicht mit Gewalt und Zwangsverwaltung unterdrückt werden kann. Seit zwei Wahlperioden werden unsere Rathäuser von Treuhänder:innen zwangsverwaltet und jetzt soll ein weiteres Mal der Willen der Bevölkerung mit einem politischen und juristischen Komplott ausgeschaltet werden. Das werden wir nicht zulassen. Dieser Putsch wird keinen Erfolg haben, wenn wir trotz Repression, Knüppeln und Tränengas weiter zusammenhalten. Wir werden die von uns gewonnenen 14 Rathäuser in der Provinz Wan verteidigen.“ Am selben Tag fand eine Sondersitzung des Vorstands der Partei statt, welcher auch der CHP-Abgeordnete Sezgin Tanrıkulu beiwohnte. Straßenbarrikaden wurden errichtet und Tausende Menschen folgten diesem Aufruf. Die Geschäfte in Wan blieben größtenteils geschlossen. Der Staat reagiert mit massiver Gewalt und Repression und stürmt das Parteigebäude der DEM. Doch der Protest weitete sich rasch aus: Weitere Städte, darunter Colemêrg (türkisch: Hakkari), Gever (Yüksekova) und Amed (Diyarbakir) schlossen sich dem Ausstand an.

Die Ausweitung der Proteste und der Druck, den sie auf die Regierung ausübten, hatten Erfolg: Noch am Mittwoch, dem 3. April, entschied der Hohe Wahlausschuss, welche zuvor den Kandidaten der AKP zugelassen hatte, über den Einspruch der Partei DEM und beschloss, den Wahlsieger Zeydan anzuerkennen.

Ein Funke ist entfacht

Die Proteste zeigen, dass sich das kurdische Volk seiner Stärke in diesem Land bewusst ist. Sie zeigen aber auch die Schwäche der AKP und ihren mangelnden Rückhalt in der Bevölkerung. Denn als die Regierung 2016 nach den Kommunalwahlen in den mehrheitlich kurdischen Kommunen die Bürgermeister:innen absetzte und durch eigene Kandidat:innen zwangsverwalten ließ, brachen ebenfalls starke Proteste aus, die jedoch blutig niedergeschlagen wurden. Über die Städte des stärksten Widerstandes wurden Ausgangssperren verhängt, Journalist:innen der Zutritt verweigert und mehr als 200 Menschen ermordet. Der Versuch, den gewählten Bürgermeister der DEM in Wan abzusetzen, ist daher ein Versuch der Demonstration der Unterdrückung und Repressionsmaschinerie. Dass dies innerhalb eines Tages wieder zurückgenommen wurde, zeigt aber auch die Angst vor einer Ausweitung der Proteste und davor, dass der Funke des Aufbegehrens weitere Gebiete erfassen und sich auch über ganz Kurdistan ausbreiten könnte. Dabei sollten die Proteste nicht stehenbleiben, denn die nächsten Wahlen sind erst in 4 Jahren. In der Zwischenzeit kann der Staat trotzdem seine repressiven und unterdrückerischen Handlungen ausüben. Denn eines muss klar sein: kein Vertrauen in staatliche Strukturen!

Die DEM-Partei kann dabei eine tragende Rolle einnehmen und hat als Massenpartei auch die Aufgabe, die aktuellen Proteste auszuweiten. Aufgabe von reformistischen, aber auch radikalen kleinbürgerlichen Parteien ist es dabei nicht, lediglich in Parlamenten und anderen Gremien Sitzplätze zu gewinnen, sondern den Raum der Wahl zu nutzen, um Bewegungen und Forderungen publik zu machen. Sie muss Vorreiterin der aktuellen Proteste sein und diese weiter über das ganze Land ausweiten.

Dabei muss sie aber vor allem versuchen, die Unterstützung der türkischen, progressiven Teile der Arbeiter:innenklasse wieder für sich zu gewinnen, denn die Unterstützung der kurdischen Bevölkerung hat in den letzten Wahlen stagniert. Gegen die Krisen, die Armut und Unterdrückung müssen Gewerkschaften unter Druck gesetzt werden, um landesweit für ein Sofortprogramm gegen die Preissteigerungen, für einen Mindestlohn und Mindestrenten, die die Lebenshaltung decken, und für eine automatische Anpassung dieser an die Inflation zu kämpfen. Dies muss von Ausschüssen der Gewerkschaften und Lohnabhängigen kontrolliert werden.

Um dieses Ziel umzusetzen, sind politische Massenstreiks (bis hin zum Generalstreik) sowie massive Demonstrationen notwendig, die von lokalen Aktionskomitees organisiert und kontrolliert werden. Gegen die Repression und Provokationen durch Staat und Rechte müssen Selbstverteidigungsorgane gebildet werden.

Es kann letztendlich nur eine starke Bewegung der Unterdrückten und Arbeiter:innen gegen die zukünftigen  Komplotte der Regierung, die Wirtschaftskrise, Unterdrückung und Armut vorgehen. Um solch eine Bewegung aufzubauen, welche auch in den wirtschaftlich stärkeren Städten im Westen des Landes die Arbeiter:innen und Unterdrückten für sich gewinnt, müssen die DEM und andere linke Parteien und Organisationen anfangen, vermehrt Basisstrukturen in den Städten, an Unis und in Betrieben aufzubauen. Auch die Basis der CHP muss angesprochen werden, um die Politik der Partei zu entlarven, welche mittels Rassismus versucht, die Bevölkerung zu spalten, und deren nationalistische Ausrichtung keine Lösungen bieten kann. Vor allem aber müssen die Gewerkschaften in den Kampf gezogen werden – ihnen kommt eine Schlüsselrolle bei einer wirklichen Konfrontation mit der Regierung zu.

Es braucht außerdem Selbstverteidigungseinheiten der Unterdrückten- und Arbeiter:innen, die die Parteigebäude, Rathäuser etc., die von der DEM gewonnen wurden, gegen Repression verteidigen. Die Türkei sitzt schon lange auf einem absteigenden Ast und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Bevölkerung den Druck von Armut, Hunger und Rassismus nicht mehr aushalten kann. Aufflammende Bewegungen gegen die Regierung dürfen aber keine Hoffnung in die CHP vorheucheln und müssen die Unterdrückten des Landes mit den Arbeiter:innen vereinen. Dies kann letztlich nur eine revolutionäre Arbeiter:innenpartei auf Grundlage eines revolutionären Programms vorantreiben.