Bericht von der antifaschistischen Demonstration in Pforzheim – Den Widerstand auf die Spitze treiben!

Schnee, klirrende Kälte und trüber Himmel begrüßte aus wettertechnischer Sicht die angereisten Gegendemonstranten am Samstag den 23. Februar. Trotz der schlechten Witterung trafen sich in der Pforzheimer Innenstadt ca. 800 Menschen auf der antifaschistischen Kundgebung um 15:30 Uhr. Seit ca. 20 Jahren nutzen Rechtsradikale aus der Umgebung und größerem Umfeld den Jahrestag der Bombardierung Pforzheims, um ihren Geschichtsrevisionismus voranzutreiben und Deutschland in die Rolle eines Kriegsopfers zu drücken. Er bot die Möglichkeit eine Schnittstelle zu finden zu konservativen bis rechten Personen aus der Bevölkerung. Und andererseits stärken sie durch solche zeremoniellen Ereignisse auch den inneren Zusammenhalt.

Das Vorgehen der Stadt und der bürgerlichen Presse war gemeinhin das Fackelgedenken auf dem stadtnahen Wartberg zu ignorieren und ihnen keine öffentliche Plattform zu bieten. Der „Erfolg“ dieser Taktik bestand darin, dass dieses Ereignis für die Nazis zu einem festen Datum wurde und sie ungestört agieren konnten.

Quelle: Rash Stuttgart

Quelle: Rash Stuttgart

Schon im Vorfeld sorgten Stadt und Ordnungsamt dafür, dass es zu keinen größeren Protestaktionen wie einer Demonstration oder Blockaden kommen würde. Mit 1600 Beamten, einem Helikopter und einer Pferdestaffel, wollte man alles darauf setzen diese Linie durchzudrücken. Die angereisten Antifaschist_Innen hatten jedoch kein Interesse daran, unverrichteter Dinge wieder abzureisen. Im Zuge einer spontanen, kämpferischen und sehr dynamischen Demonstration löste sich kurz nach Beginn der Großteil der Demo von der geplanten Route und rannte durch die Stadt in Richtung Wartberg.

Die Polizei war auf dieses Szenario bereits eingestellt, löste bereits kurz nach dem Richtungswechsel die begleitenden Polizist_Innen von der Demo, um sie woanders wieder einzusetzen. Der komplette Weg des Demo-Zuges wurde aus der Luft überwacht. Auf dem Berg hatte man bereits im Voraus Bauzäune aufgebaut und Mannschaftswagen positioniert. 300-400 Demonstrant_Innen liefen kurz vor Erreichen des Zieles auf einem Bauzaun auf und wurden von mehreren Hundertschaften gekesselt. Eine andere Gruppe schaffte es einen der Hauptzufahrtswege zu blockieren, wurde jedoch auch von Einheiten angegangen. Die Polizei trat dabei mit äußerster Entschlossenheit auf, tat sich durch ständige Schikane, Provokation und Angriffen hervor. Wenige, unüberlegte Aktionen seitens der Teilnehmer_Innen nutzte man dazu, die gesamten Blockierer_Innen rechtlich wie pressetechnisch zu diffamieren. Sogar mit „Frauen und Kinder zuerst“ wollte man die Demonstrant_Innen beim Abführen in kleinere Gruppen aufspalten.

Der Kessel auf freiem Feld wurde so lange wie für sie zweckmäßig aufrechterhalten, alle Insassen wurden durchsucht und von Kopf bis Fuß abgefilmt. Die Letzten verbrachten knapp 6 Stunden in der Kälte, bis der Kessel um 23.20Uhr aufgelöst wurde. Die Polizei schleuste 95 Nazis auf den Berg und ermöglichte ihnen ihre Fackeln zu entzünden. Eine andere Gruppe von ca. 100 Nazis fuhr direkt weiter in den kleinen Ort Mühlacker und vollzog dort eine Demonstration.

Einerseits kann gesagt werden, dass es ein Erfolg war, nach all den Jahren einen gemeinsamen antifaschistischen Widerstand zu organisieren und die Thematik des präsenten Nationalismus kritisch in den öffentlichen Fokus zu rücken. Andererseits war es den Faschist_Innen dennoch möglich zumindest Teilweise ihr Ziel zu erreichen. Klar ist jedoch, nur durch gute Organisierung und zielgerichtetem Auftreten kann erfolgreich agiert werden gegen Faschist_Innen wie gegen die Repressionsorgane.

Betrachtet man den Grund des ungemein großen Polizeiaufgebot, stellt sich die Frage: Wieso werden die Aufmärsche dieser anti-demokratischen Gruppen mittels immenser Kosten und Mühen durchgesetzt? Bringt man dies in Kontext mit den Geschehnissen in Südeuropa, drängt sich einem die Erkenntnis auf, das die Staatsmacht mit allen Mitteln eine Gegenkraft zu den sozialkämpferischen Gruppen aufrechterhalten will. Wohl wissentlich, dass auch in Deutschland die Angriffe auf die Arbeiterklasse noch zunehmen, werden die Faschist_Innen wieder Mals als Mittel genutzt, einer möglichen proletarischen Revolution zu begegnen. Für uns kann es nur als Bestärkung gelten, dass ausschließlich durch Organisierung des Klassenkampfes der Faschismus letztendlich besiegt werden kann.

Mit den Worten des spanischen Anarchisten Buenaventura Durruti:
„No government fights fascism to destroy it. When the bourgeoisie sees that power is slipping out of its hands, it brings up fascism to hold onto their privileges.“