Vorwort zur Weltlage und ihrer multiplen Krisen (Programm)

Vorwort, 2023

Das Programm der internationalistischen Jugendorganisation Revolution, welches du in deinen Händen hältst ist bereits 2018 veröffentlicht worden. Deshalb sind einige der genannten Beispiele nicht mehr brandaktuell. Allerdings hat sich deshalb an den programmatischen Schlussfolgerungen nichts grundlegend geändert. Deshalb haben wir uns entschieden das folgende Vorwort zu verfassen, welches der neuen Auflage des Programms vorangestellt wird und es in den Kontext der politisch-ökonomischen Weltlage 2023 stellt.

Wir leben in einer Epoche multipler Krisen. Wie viele das genau sind, darüber lässt sich streiten. Fakt ist jedoch, dass Hunger, Kriegsgefahr, Klimawandel, Umweltzerstörung, das Coronavirus, Inflation und wirtschaftliche Krisen das Leben auf der Erde für einen großen Teil der Menschheit zur Hölle machen.

Die Inflation betrug 2022 weltweit durchschnittlich 8,75 %, womit 2022 das Jahr mit der höchsten Inflation seit 1996 ist. Die Inflation ist jedoch sehr unterschiedlich verteilt. Halbkolonien wie Türkei, Sri Lanka oder Libanon erreichen Inflationswerte von über 80 %. Doch auch die Länder Europas und die USA, also imperialistische Kerngebiete, haben eine Inflation von ca. 10 %. Um der Inflation entgegenzuwirken, erhöhen die Zentralbanken vieler Ländern nun den Leitzins. Viele sogenannten Zombieunternehmen, die durch niedrigen Zinsen seit der Weltwirtschaftskrise 2007/8 am Leben erhalten wurden, werden deshalb in den nächsten Jahren bankrott gehen. Durch weitere neoliberale Politik werden die Kosten für diese Probleme auf die Arbeiter_Innenklasse abgewälzt werden. Der Verfall des Lebensstandards ist deshalb heute schon für die arbeitende Bevölkerung enorm. Investitionen, die mehr produktives Kapital und damit auch ein Ende der Inflation, sowie eine gründe Wende schaffen könnten sind dagegen nicht im Sicht.

Doch nicht nur die Inflation hat sich erhöht, auch das Wirtschaftswachstum international hat sich verlangsamt. 2022 hat es nur 3,6 % betragen. Für 2023 sind nur noch 3 % vorausgesagt. Diese Prognosen sind sehr optimistisch. Sie gehen beispielsweise davon aus, dass sich der Ukrainekrieg nicht ausweitet, es keine Coronalockdowns mehr oder neuen Handelskriege oder Sanktionen gibt. So oder so steuern wir wahrscheinlich auf eine Kombination aus wirtschaftlicher Stagnation und eine anhaltende Inflation zu: Eine sogenannte Stagflation.

Die Coronakrise hat einen großen Anteil daran die Krisen zu verschärfen. Hunderttausende sind gestorben, Millionen haben mit den Spätfolgen der Erkrankung zu kämpfen. Auch psychische Folgen der Lockdowns und der damit verbundenen Leiden wirken sich bis heute aus. In der auf die Pandemie folgenden Wirtschaftskrise, die durch Corona verstärkt und synchronisiert, jedoch nicht ursächlich bedingt wurde, verloren Millionen ihren Job. Viele davon, vor allem Frauen, konnten bis heute nicht zu ihrer Arbeit zurückkehren. Durch das weitere Vordringen des Menschen in die Natur und das nicht vorhandene internationale Gesundheitskrisenmanagement während der Pandemie ist klar, dass ähnliche Szenarien in Zukunft wahrscheinlich sind.

Eine Antwort der herrschenden Politik auf die wirtschaftlichen Probleme ist nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Die immer stärker werdenden Konflikte zwischen den Staaten werden mit Wirtschaftssanktionen, Handelskriegen oder realen militärischen Mitteln ausgetragen und verschärfen die Probleme der Menschheit unweigerlich. Der Ukrainekrieg hat die Bereitschaft der imperialistischen Mächte bewiesen, dass sie für ihre Interessen bereit sind Kriege anzufangen und anzuheizen und so ganze Länder zu zerstören. Dabei kann auch die NATO verbrecherische Angriffskriege anfangen, wie uns der Angriff der Türkei auf die kurdisch-arabischen Autonomiegebiete (Rojava) im Norden Syriens beweist.

Die Sanktionen im Zuge des Ukrainekrieges haben die Inflation weiter angeheizt und lassen die eigene Bevölkerung für die Ziele der Regierungen bluten. Dies konnte nur erreicht werden, indem die Bevölkerung in einen nationalistischen Kriegstaumel versetzt wurde. Antikriegsproteste waren bisher sehr klein (wie in Westeuropa) oder wurden schnell unterdrückt (wie in Russland). Auch wenn der Ukrainekrieg momentan die Titelbilder der internationalen Presse dominiert, steht im Fokus unserer Periode der Konflikt zwischen USA und China. Sie ringen weltweit um militärischen und wirtschaftlichen Einfluss. Stellvertretend dafür ist das Race-of-Space, der Kampf um die Vorherrschaft im Weltraum, der an die Zeiten des Kalten Krieges erinnert.

Auch die UN-Klimagipfel entpuppen sich ein ums andere Mal als vollkommen überflüssig. Die CO2 Emissionen sind seit 1980 sogar kontinuierlich gestiegen. An eine Treibhausgasneutrale Zukunft 2050 glaubt eh niemand ernsthaft mehr. Währenddessen haben Artensterben, eine Störung des Nitratkreislaufes und Umweltverschmutzung (zu Meer und zu Lande) zugenommen und zum Teil irreversible Kipppunkte erreicht. Umweltkatastrophen gigantischen Ausmaßes häufen sich. Die neuen Dimensionen von Umweltkatastrophen führte uns 2022 die Überschwemmung 1/3 der Landfläche Pakistans vor Augen, währenddessen 33 Millionen Menschen vertrieben wurden und ein großer Teil der Landwirtschaft und der Wirtschaft allgemein zum Erliegen kam. Bis 2050 könnten sogar bis zu eine Milliarden Menschen zu Klimaflüchtlingen werden. Doch nicht nur das. Über 800 Millionen Menschen auf der Welt hungern. Das bedeutet, dass jeder 10. Mensch nicht genug Nahrung hat. Mit dem Steigern der Weltbevölkerung und dem Ausweiten der Krisen wird diese Zahl wahrscheinlich zunehmen, denn Bevölkerungswachstum, Krieg und der Klimawandel sind die hauptsächlichen Gründe für diese unverstellbare Zahl.

Weltweit sind die Menschen bereits gegen die Krisen und den Weg der Regierung mit ihnen umzugehen auf die Straße gegangen und waren vielfach bereit dafür alles zu riskieren. Momentan lehnen sich die Menschen z.B. im Iran gegen ihre klerikale und diktatorische Regierung auf. Diese Kämpfe haben uns zwar den heroischen Kampfgeist dieser Menschen vor Augen geführt, jedoch haben sie nie zu bahnbrechenden Erfolgen geführt. Der Hauptgrund dafür war, dass alle diese Bewegungen reformistische und kleinbürgerliche Führungen hatten. Sie strebten immer nur begrenzte demokratische Reformen an, vielfach in Zusammenarbeit mit der herrschenden Kapitalist_Innenklasse, der alten Militärführung oder bürgerlichen Parteien. Die Ergebnisse waren immer ein Patt und damit die Zementierung des Status quo oder die blutige Konterrevolution. In vielen Ländern haben die reformistischen Parteien und Gewerkschaften die Arbeiter_Innenklasse längst an den Staat und seine Interessen gebunden. Eine der multiplen Krisen ist also auch eine Führungskrise der Arbeiter_Innenklasse. Das Scheitern der Arbeiter_Innenklasse seit der Krise 2007/8 bis heute hat viele Unterdrückte demoralisiert und so den Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen und Regierungen ermöglicht, in deren Windschatten auch der Faschismus erstarkt. Solche Bewegungen und Regime machen den Kampf für eine bessere Welt noch schwieriger und bedrohen unsere Lebenslage ganz besonders. Sie sorgen auch für einen rassistischen und sexistischen Rollback, die das Leben von Frauen, queeren Menschen und POC´s bedrohen.

Vor diesem Hintergrund dieser globalen Krisen wollen wir jedoch nicht resignieren. Wir sind überzeugt, dass es einen Weg vorwärts gibt. Die objektiven Bedingungen für eine Revolution, wie ein hoher Grad der Industrialisierung und ein offensichtliches Scheitern des Kapitalismus die Probleme der Menschheit zu lösen, sind bereits gegeben. Auch sind die Menschen weltweit bereit für eine bessere Welt zu kämpfen. Wir müssen die verschiedenen Kämpfe koordinieren, zuspitzen und mit einer sozialistischen Perspektive verbinden.

Diesen Kampf können wir aber nicht alleine führen. Nicht in einem Land, nicht als lokale Gruppe in einer Stadt oder Region und schon gar nicht als einzelne Personen. Nur mit den Bekannten politisch zu diskutieren und hin und wieder auf eine Demo zu sein ist zwar lobenswert, wird aber nicht dazu führen, dass eine alternative Macht gegen die herrschenden Regierungen entsteht. Wenn wir unsere Forderungen und Positionen publik machen und auch tatsächlich gegen den Widerstand der bürgerlichen Regierungen und rechten Organisationen durchsetzen wollen, dann müssen wir uns organisieren. Nur eine politische Organisation hat die Möglichkeit verschiedene Kämpfe zusammenzuführen, international zu koordinieren und zuzuspitzen. Eine solche Organisation muss sich natürlich auf eine gemeinsame Politik einigen deren Umsetzung die Organisation anstrebt.

Die Grundlage dieser Politik sollte irgendwo zusammenfassend niedergeschrieben werden. Eine solche Schrift wird politisches Programm genannt. Unser Programm hältst du gerade in den Händen. Es konserviert die Erfahrungen unser Organisation, aber auch der gesamten Arbeiter:innenbewegung in deren Tradition wir stehen. Das Programm ist aber nicht in Stein gemeißelt. Alle Mitglieder haben das Recht Änderungen einzubringen und innerhalb der Organisation für deren Akzeptanz zu kämpfen. Das Programm gibt eine grobe Handlungsanweisung für alle Aktivist:innen unserer Organisation. Es bietet auch die Möglichkeit die Mitglieder, insbesondere die Führung auf die Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen zu überprüfen.

Jede Person, die die grundlegende Richtung unseres Programmes gut findet, kann uns beitreten und mit uns zusammen gegen Unterdrückung und die multiplen Krisen des Kapitalismus kämpfen. Zusammen werden wir stark genug sein die Aufgaben zu bewältigen, die wir uns gestellt haben. Also tritt uns bei und werde Teil einer fortschrittlichen Bewegung, die Schluss mit Krieg, Krise und Ausbeutung macht. Es ist noch nicht zu spät!

Für diesen Kampf schlagen wir folgendes Programm vor.




Let’s talk about sex: Über Konsens reden – aber wie?

Von JK Singh

Im Sexualkundeunterricht in der Schule
wird uns nicht viel beigebracht. Zwar können wir uns glücklich
schätzen, dass wir lernen, wie wir Kondome über Bananen stülpen
und wir auch mal einen seitlichen Anschnitt einer Vagina sehen oder
bekommen ’nen Tampon in die Hand gedrückt. Aber so wirklich
hilfreich ist’s dann auch nicht, wenn man versucht Sex zu haben. Im
Unterricht liegt der Fokus auf Genitalien, wobei die weiblichen an
der Stelle oftmals falsch dargestellt werden, (So ist beispielsweise
die Klitoris kein kleiner Punkt, der gaaaanz schwer zu finden ist),
Homo-, Bi- und Asexualität werden nicht wirklich angerissen und über
Intimität, Verantwortung oder Gefühle wird so gut wie nie geredet.
Stattdessen können wir dann auf die breite Palette der verzerrten
Darstellung von Intimität und Sexualität in der bürgerlichen
Gesellschaft zurückgreifen.

Ähm, was?

Ob in Filmen oder Serien: Intimität
wird in Extremen dargestellt. Entweder ist die Grundlage Liebe bis
ans Ende des unendlichen Universums, oder es geht darum seinen
eigenen Wert zu beweisen, in dem man Jemanden ins Bett bekommt.
Dazwischen gibt’s nicht viel zu finden. Voll romantisch und so.
Meist weiß der Mann auch natürlich, was die Frau braucht. Ohne zu
fragen, kann er einfach fühlen, dass die Frau jetzt geküsst werden
will und per Gedankentelekinese fügt sich alles nahtlos in einander
bis man auf einmal nackt ist –und die Frau durch reine Penetration
einen Orgasmus bekommt. Das ist noch die nette Variante, schließlich
gibt’s noch genügend Momente, wo die Frau auch Nein sagt, aber der
Mann natürlich ganz genau weiß, dass das nur ein geheimes Codewort
für „Fick‘ mich“ ist. Dementsprechend wird auch gehandelt und
als Zuschauer_In weiß man nicht, was man nun mit der Form der
sexuellen Gewalt, die man gerade gesehen hat, anfangen soll.

Was kann dadurch passieren?

Zusammengefasst hört sich das eher
ungeil an. Ist es auch. Die Idee, dass man sein Gegenüber erobern
muss, führt in der Praxis zu vielen Problemen. So kommt es zum
Überschreiten von sexuellen Grenzen und zu Übergriffen. Das kann
bewusster passieren, beispielsweise wenn man ein „Nein“ nicht als
„Nein“ wertet, weil man glaubt, man(n) muss die andere Person
überzeugen. Oder unbewusster, wenn man es einfach macht, weil man
glaubt, dass Nachfragen ein Zeichen des Unwissens und von Schwäche,
ist. Ebenso fühlt man sich selber unter Druck gesetzt, weil man
versucht einem Idealtyp zu entsprechen, den es so gar nicht gibt.
Sexualität verkommt also vielmehr zu einer Einzelleistung bei der
man auf magische Art und Weise weiß, was der Andere denkt und sich
selber „beweisen“ muss.

Aber warum ist das so?

Das liegt vor allem daran, dass in der
bürgerlichen Gesellschaft Sex in erster Linie dazu da ist, die
Fortpflanzung zu sichern. Für die herrschende Klasse Nachkommen, an
die sie ihren Besitz vererben (diese Vererbung findet meist über die
männliche Linie statt). Für die Arbeiter_Innenklasse wird so die
Existenz der Familie weiter gesichert, die unter anderem auch der Ort
ist an dem man sich selber erholen kann und die eigene Arbeitskraft
reproduzieren kann. Das hört sich jetzt stark veraltet an, ist aber
die Grundlage auf der sich heute viel abspielt. Das liegt daran, dass
im Kapitalismus 1. Immer bürgerliche Staaten und Großkonzerne in
wirtschaftlicher Konkurrenz stehen und daher möglichst viele neue
Arbeitskräfte auf dem Markt benötigen. Und 2. Insbesondere bei der
Unterdrückung von Frauen, dass diese in die unbezahlte Hausarbeit
und das Rollenklischee der Erzieherin gedrängt werden müssen, damit
die Kapitalist_Innen möglichst wenig aufbringen müssen für die
Reproduktionsarbeit, denn sonst würden sie ja weniger Profit machen.
So wird diese ins Private verdrängt. Sowohl die patriarchale
Vererbung, als auch die private Reproduktionsarbeit sorgen dafür,
dass sich Frauen in die typisch bürgerliche Familie einordnen
sollen, denn nur so kann der Mann sein Eigentum auch an „seine
Kinder“ vererben und hat in der Arbeiter_Innenklasse einen
Rückzugsort zur Erholung. Die Frauen werden zu reinen Geburten- und
Erziehungsmaschinen degradiert, die an Sex keinen Spaß haben müssen.
Sie sollen sich nur auf einen Mann fixieren, den sie ein Leben lang
lieben, und um zu rechtfertigen, dass sie nun auch noch den Großteil
der Hausarbeit (neben ihrer Arbeit) unbezahlt leisten müssen, werden
sie als weniger wert und dümmer dargestellt. All dies spiegelt sich
also in unserer Gesellschaft wider. Auch das Thema Sex, wie die
Hausarbeit, wird weiter ins Private verdrängt. Die 68er-Bewegung hat
für viele Errungenschaften in Bezug auf die Zurückdrängung von
veralteter Sexualmoral eine wichtige Rolle gespielt, trotzdem konnte
sie das Grundproblem nicht aufbrechen. So kommt es dazu, dass wir nun
an vielen Stellen einen offeneren Umgang mit Sexualität haben, aber
im Zuge dessen auch eine Liberalisierung des Sexualmarktes mit all
seinen negativen Facetten.

Das heißt: Sexualität im Kapitalismus
hat gar nicht den Zweck der eigenen Entfaltung. Auch wenn es so
scheint, dass man als Individuum unbegrenzte Freiheiten genießen
kann, geht es darum gar nicht. Vielmehr ist Sexualität stark davon
geprägt, dass existierende Unterdrückungsmuster wie Rassismus,
Sexismus und LGBTIA+ Diskriminierung mitreproduziert werden, die
aktiv verhindern, dass wir uns frei entfalten und Vorurteile wieder
spiegeln. So kommt es beispielsweise auch dazu, dass nicht-weiße
Frauen stark exotisiert werden oder es allgemein eine sehr starke
Fokussierung auf den Mann als Initiator gibt, während die Frau
oftmals stummes Beiwerk ist. Unser Sex-Leben ist also auch immer eine
Frage unserer Sozialisierung und kann nicht getrennt von der
Gesellschaft betrachtet werden.

Was hilft dagegen?

Die feministische Bewegung hat in
diesem Rahmen zwei Konzepte erarbeitet. Zum einen gibt es das „Nein
heißt Nein!“-Konzept. Das basiert darauf, ein Nein als solches
anzuerkennen, ohne nochmal Nachfragen zu stellen, die Druck aufbauen
können (Bist du dir sicher? Willst du nicht noch mehr trinken? Etc.)
und die Grenzen des Gegenübers zu akzeptieren. Das sollte eigentlich
recht klar sein, ist es aber vielerorts nicht. Allerdings klammert
dieses Konzept auch ein paar wichtige Dinge aus. So werden wir in
dieser Gesellschaft mit bestimmten Rollenbildern sozialisiert. Nicht
Jede_R hat die Möglichkeit aus sich heraus „Nein“ zu sagen.
Hinzu kommt, dass man erst wenn’s zu spät ist Feedback bekommt –
also, wenn man dabei ist eine Grenze zu überschreiten. Deswegen
wurde das Zustimmungskonzept „Ja heißt Ja“ entwickelt. Durch
aktives Nachfragen soll eine Verletzung der Grenzen vermieden werden,
damit sexuelle Handlungen nicht nur eine Einbahnstraße sind.

Das sagt sich so einfach, oder doch
nicht?

Wir wollen ehrlich sein: Aktiv
nachzufragen ist verdammt schwer. Das allgemein existierende Bild von
Sex in unserer Ecke der Gesellschaft gibt uns zu verstehen: Sex ist
immer toll und super heiß, dein eigener Wert wird dadurch bestimmt,
dass du ohne zu reden dein Gegenüber zum Orgasmus bringst und
einfach so total geile Sachen machst. Sex wird dadurch mehr zur
individuellen Leistung und nicht etwas, dass man gemeinsam hat. Oben
drauf kommen die stereotyphaften Erwartungen. Bei der männlichen
Sozialisierung gilt Nachfragen als schwach – schließlich nimmt
sich ein richtiger Mann, was er haben will und zeigt so seine Stärke.
Die weibliche Sozialisierung zeichnet sich dadurch aus, Sachen
hinzunehmen, schließlich muss man dem Typen auch gefallen.

Davon abgesehen, mischen sich je nach
Situation noch Versagensängste und die Angst aufgrund der eigenen
Bedürfnisse verurteilt zu werden rein. Insgesamt ergibt das also
eher einen Cocktail voller Zweifel, den man nicht so einfach
heruntergeschluckt bekommt. Also nein. Aktiv nachzufragen oder über
die eigenen sexuellen Wünsche zu reden, fällt vielen von uns
verdammt schwer. Es ist unangenehm, peinlich und man hat Angst. Aber
es lohnt sich. Die Frage ist nur:

Wo fängt man überhaupt an?

Auseinandersetzung mit sich selbst?

Sexuellen Konsens zu lernen, klappt
nicht von heute auf morgen. Es ist ein Prozess. Dabei lohnt es sich,
sich erst mal mit sich selber auseinander zu setzen. Mit den eigenen
Bedürfnissen, den eigenen Wünschen, den eigenen Grenzen. Wer das
noch nie gemacht hat, dem fällt das wahrscheinlich ganz schön
schwer. Weibliche Sozialisierung und auch manche psychischen
Krankheiten erschweren die Auseinandersetzung damit. Praktisch kann
das dann so aussehen, dass man sich selber Fragen stellt und diese
nach und nach beantwortet. Beispielsweise: Kann ich gut „Nein“
und „Ja“ sagen? Kann ich mich selber akzeptieren? Worauf habe ich
eigentlich Lust, was will ich erleben? Habe ich Angst vor
Zurückweisungen? Wenn ja, was macht das mit mir? Daneben kann es
helfen, sich mit seinem Körper auseinanderzusetzen.
Gesellschaftliche Schönheitsideale können einen riesigen Druck
ausüben – ob zu große Brüste, ein zu kleiner Penis letzten Endes
wird dafür gesorgt, dass sich 99% aller Menschen nicht wohl in ihrer
Haut fühlen. Das hat auch automatisch Auswirkungen darauf, wie wir
uns vor anderen fühlen. Dessen sollte man sich bewusst sein und
anfangen, existierende Schönheitsideale kritisch zu hinterfragen.

Und zuletzt: Redet ernsthaft mit
Freund_Innen über Sexualität. Hört sich komisch an mit Menschen
mit denen man nicht intim werden will drüber zu reden, aber der
Austausch mit anderen kann einen aufzeigen, wie Grenzen bei Anderen
aussehen oder man vielleicht gar nicht alleine mit seinen Ängsten
und Schwierigkeiten ist. Das ist gerade in männlichen
Freundeskreisen schwer, da es eine große Hemmschwelle gibt über
Gefühle zu reden und gerade in der Schule Sexualität was ist, mit
dem sich profiliert wird. Aber auch das kann angegangen werden. Dort
hilft es vielleicht, so etwas nicht gleich in einer Gruppe, sondern
im Zwiegespräch mit einem besonders guten Freund, zu besprechen.
Wenn es keine Möglichkeit gibt mit Freunden darüber zu reden, kann
man sich natürlich auch noch andere Wege suchen. Wenn man z.B.
relativ offene Eltern hat oder, wenn gar nichts mehr geht, kann man
auch versuchen eine Psychologin/ einen Psychologen auf zu suchen. Im
Gegenteil zu gängigen Klischees, sind diese nicht nur für
psychische Krankheiten, sondern auch einfache psychische Probleme da.

Auch wenn sich das anstrengend anhört,
lohnt es sich diese Schritte auszuprobieren und sich daran
weiterzuentwickeln. Seine eigenen Bedürfnisse, Grenzen und Wünsche
herauszufinden – und dann auch aussprechen zu können, ist eine
gute Grundlage, um das Gespräch mit Anderen zu suchen.

Wo fängt man zu zweit an?

In Realität schlägt das Herz wie wild
und man ist sich nicht so ganz sicher was gerade passiert und
irgendwie küsst man sich dann. Oder man ist betrunken auf ’ner
Party. Oder, oder, oder. Aber selten hat man sich vorher mal die
Zeit genommen, zu fragen, was das Gegenüber will. Hat man ja auch
nicht gelernt. Dabei ist das recht leicht. Ein guter Einstieg ist es
am Anfang zu fragen, wie gut sie/ er die eigenen Bedürfnisse und
Grenzen äußern kann. Also: Wie leicht fällt es einem überhaupt
„Nein“ in konkreten Momenten zu sagen? Klappt das einfach oder
wäre ein Handzeichen besser? Woran merke ich, was der anderen Person
gefällt? Wie kommt man aus unangenehmen Situationen raus? Was gibt
Sicherheit? Was macht Angst? Was ist einem verdammt peinlich?

Die Fragenliste kann man noch um ein
paar mehr erweitern. Dabei gilt die Regel: Statt anzunehmen, dass man
weiß, was man macht, fragt man einfach mal nach. Auf Basis dessen
können dann Vereinbarungen untereinander entstehen, wie
beispielsweise non-verbale Kommunikation. Oder einem fällt es schwer
die Initiative zu ergreifen und man findet es gut, dass der andere
sie ergreift und das auch praktisch machen soll. Aber nicht einfach
aus dem Nichts heraus.
Gleichzeitig sollte man sich bewusst sein,
dass es auch Machtverhältnisse gibt, die die Antworten verzerren
können und die einem Umgang auf Augenhöhe im Weg stehen können.
Diese gehen oftmals mit existierenden Unterdrückungsmechanismen, wie
Sexismus oder Rassismus einher, wie beispielsweise die typisch
weibliche Sozialisierung, die dafür sorgt, dass man eher hinnimmt,
was die andere Person macht. Aber auch andere Dynamiken wie
Wissenshierachien/ Erfahrungshorizont, Drogenkonsum,
Abhängigkeitsverhältnisse (finanzielle beispielsweise) oder ein zu
großer Altersunterschied können beispielsweise dazu führen kann,
dass dem einem Gegenüber mehr Bewusstsein zugeschrieben wird, als da
ist und die eine Person sich einfach unterordnet.

Das bedeutet auch, sich bewusst zu
sein, Konsens nicht immer dafür sorgt, dass Alles gut geht. Das
Zustimmungsprinzip Ja heißt Ja ist an der Stelle kein abstraktes,
starres Regelwerk. Manche Sachen sind klar, wie „Nein heißt Nein“.
Aber sexueller Konsens beschreibt eigentlich ein Verhältnis zwischen
den Menschen, die miteinander intim werden und kann deswegen sehr
unterschiedlich praktiziert und ausgeübt werden. Es geht darum, zu
versuchen keine Gewalt zu reproduzieren und sein eigenes Bedürfnis
nicht einfach so durchzusetzen, sondern gemeinsam das zu machen, was
einander Spaß macht. In dem Wissen und unter Berücksichtigung, dass
es Sozialisierung und gesellschaftliche Unterdrückungsmuster gibt,
die dabei im Weg stehen können bzw. den Zugang dazu erschweren.
Manchmal merkt man erst im Nachhinein, dass die Situation gar nicht
so abgelaufen ist, wie man es gewollt hat. Das kann passieren, auch
wenn man sich Mühe gibt. Sexualität ist von Natur aus ein
Spannungsfeld und gleichzeitig gibt es in unserer Gesellschaft
unfassbar viele Unterdrückungsmomente. Deswegen gehört auch dazu,
dass man im Nachhinein bereit ist, über das Erlebte zu reden, Kritik
anzunehmen oder Sachen, bei denen man sich unsicher war, selber aktiv
anzusprechen. Sex ist also unmöglich wirklich angenehm und schön
für beide, ohne Zusammenarbeit und gegenseitige Rücksichtnahme und
Vertrauen.

Das hört sich alles anstrengend und
0 romantisch an!

Für Manche ist’s anstrengend, sich mit
sich und den Bedürfnissen anderer auseinander zu setzen. Wenn du
aber nicht gerade darauf stehst, andere zu verletzen (was, wenn es im
konsensualen Rahmen passiert, wiederum voll ok ist) und dein eigenes
Bedürfnis über Andere zu stellen, dann merkst du, dass das der
praktikabelste Weg ist. Die Idee von Romantik, die uns in Filmen und
Serien beigebracht wird, basiert darauf, dass sie grenzüberschreitend
ist. Und was ist daran bitte romantisch? Es scheint nur oftmals
leichter, weil man sich der Gefahr entzieht einen Korb zu bekommen.
Solche Aussagen sind an der Stelle nur Aussagen mit der man sich aus
der Verantwortung ziehen möchte.

Also machen wir das alle so und wir
haben eine befreite Gesellschaft?

Nein. Leider ist dem nicht so. Es gibt
es Leute, die von der aktuellen Gesellschaftsdynamik profitieren.
Diese haben gar kein Interesse Etwas zu ändern, denn um die
Grundlage dieser Unterdrückungsformen zu beenden, müssten diese
Menschen ihren Besitz und ihre Privilegien aufgeben. Dementsprechend
kann die Grundlage, die das Bewusstsein erzeugt, dass es in Ordnung
ist, einfach so mit Leuten zu schlafen, ohne zu Fragen nicht einfach
so verschwinden und wird weiter reproduziert. Es ist also gar nicht
möglich, dass alle Menschen das einfach so machen. Schließlich
wurden die Meisten anders sozialisiert. Wir müssen also erst eine
Grundlage dafür schaffen.

Also können wir es auch gleich
lassen?

Auch nein. Als Revolutionär_Innen
wissen wir zwar, dass wir in der bürgerlichen Gesellschaft nicht
einfach so befreit leben können. Schließlich sind wir uns den
Zwängen, wie beispielsweise dem Zwang unsere Arbeitskraft verkaufen
zu müssen, nicht einfach so entledigen. Oder einfach so die Art und
Weise, wie wir sozialisiert wurden, abwaschen und neu anfangen. Aber
wir können uns den Mechanismen innerhalb der bürgerlichen
Gesellschaft bewusst sein. Wir können, aber müssen auch
gleichzeitig. Schließlich kämpfen wir für eine befreite
Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Das klappt am
besten, wenn wir schon im Hier und Jetzt für Verbesserungen kämpfen
und versuchen mit gesellschaftlichen Diskriminierungen einen Umgang
zu finden, statt das Ganze auf die Zeit „nach der Revolution“ zu
verschieben. Deswegen fordern wir beispielsweise: die
Vergesellschaftung der Hausarbeit, weil sie eine Grundlage des
Sexismus in der bürgerlichen Gesellschaft angreift, und eine enorme
Entlastung für die Arbeiter_Innenklasse wäre. Zudem haben wir uns
als Organisation dazu entschieden, aktiv sexuellen Konsens als
Bestandteil in unserer Debattenpraxis aufzunehmen. Erfolgreich kann
das Ganze aber nur sein, wenn wir dem System die Grundlage entziehen,
indem wir die bürgerliche Familie und die geschlechtlichen
Stereotype auf den Müllhaufen der Geschichte verbannen! Dies können
wir aber erst in einem System ohne Lohnarbeit machen, wo die
Entscheidung nicht mehr in den Händen der (meist männlichen)
herrschenden Klasse liegt. Deswegen müssen wir kollektiv die
Produktion in unseren Besitz nehmen, die Kernindustrien enteignen und
unter demokratische Planung der Arbeiter_Innenklasse stellen. Erst
dadurch können wir auch die Reproduktion der Arbeitskraft kollektiv
bestimmen und damit der doppelten Ausbeutung der Frau, Sexismus und
Rollenklischees den Boden entziehen. So wird sich auch die
Sozialisierung und das Recht auf guten Sex für alle, der nicht ins
Privatgespräch gedrängt wird, verändern.




Bildung und Schule im Kapitalismus

Langweilige Lerninhalte, die keine:r braucht, vergammelte Schulgebäude, Notenterror, Schulstart mitten in der Nacht, Konkurrenzdruck, Diskriminierung, Ungerechtigkeit und Berge aus Hausaufgaben: Warum wundert sich eigentlich noch jemand, dass so viele von uns keinen Bock mehr auf Schule haben? Das Heft in deinen Händen will dir helfen zu verstehen, warum die Situation in unseren Schulen so scheiße ist, wie sie ist und gleichzeitig Möglichkeiten aufzeigen, was wir dagegen machen können! Wir, das sind Jugendliche von REVOLUTION, gehen teilweise selber zur Schule und haben uns gefragt, was hier eigentlich konkret schiefläuft. An unseren Schulen haben wir bereits viele Erfahrungen damit gemacht, Widerstand gegen dieses beschissene Bildungssystem zu leisten, die wir hier mit euch teilen möchten.

1. Schule wie sie sein könnte

Die Schule ist kein Ort, an dem wir gerne sind. Wir werden dort miteinander verglichen, unter Druck gesetzt, ausgepowert und oft sogar diskriminiert, erniedrigt, vorgeführt und aussortiert. „Das war halt schon immer so, da muss man durch, das wird auch immer so sein“, kriegen wir dann oft zu hören, wenn wir uns über diese Zustände beschweren. Damit soll uns suggeriert werden, dass die Schule so, wie sie heute aussieht, alternativlos ist und wir das zu akzeptieren haben. Dabei ist es überhaupt nicht selbstverständlich, dass wir nicht gerne zur Schule gehen. Eigentlich entwickelt nämlich jeder Mensch kurz nach seiner Geburt einen angeborenen Lerntrieb und eine natürliche Neugier, um seine Umwelt zu entdecken und zu verstehen. Das aktuelle Schulsystem schafft es jedoch erstaunlicherweise jeden Tag aufs Neue, uns diesen angeborenen Lerndrang abzutrainieren.Dabei teilt es uns in „dumme“ und „schlaue“, „gute“ und „schlechte“  Schüler:innen ein. Diese Trennung hat so gut wie nichts mit unseren tatsächlichen Eigenschaften und Fähigkeiten zu tun, sondern wird vom Charakter des Unterrichts und dem mehrgliedrigen, aussortierenden Schulsystem produziert. Aber gibt es denn wirklich keine Alternative? Kann Schule auch anders sein? Wie sieht eine Schule aus, in der wir gerne sind?

Bildung für Alle!

Zunächst sollten erst einmal alle Menschen Zugang zu dieser Schule haben, egal ob sie geflüchtet sind, oder schon immer hier wohnen, wie viel Geld sie haben, ob sie einen festen Wohnsitz besitzen oder nicht, welches Geschlecht sie haben usw. Bildung muss für Jede_n gleichermaßen zugänglich sein! Dabei wollen wir nicht in Schulen mit „abgestuften Bildungsniveaus“ abgeschoben werden. Das mehrgliedrige Schulsystem mit seiner Trennung in Hauptschule, Realschule und Gymnasium bietet uns nämlich alles andere als eine bessere Lernumgebung. Vielmehr will es einige von uns zur zukünftigen Elite ausbilden, während die anderen für diese arbeiten sollen. Wir wollen keine Trennung von Hand- und Kopfarbeit, sondern eine Schule, die uns allen die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten bietet und in der wir unsere Stärken und Talente selber entdecken können.

Unterricht zusammen gestalten!

Aber auch im Unterricht selbst darf es keine Benachteiligungen geben: Wir wollen eine Schule, die sich unseren Bedürfnissen anpasst und sich nach uns ausrichtet und nicht ihre eigenen Fehler auf uns abwälzt und unsere schlechten Noten damit erklärt, dass wir Frauen sind, Deutsch nicht unsere Muttersprache ist, unsere Eltern wenig Geld haben, wir in einem bestimmten Stadtteil wohnen oder irgendein_e Mediziner:in sagt, dass wir eine Behinderung haben. Wenn unsere Mitschüler:innen eine andere Sprache sprechen, anders aussehen, sich anders verhalten oder äußern, erkennt das unsere Schule nicht als ein Defizit, sondern eine Bereicherung für uns alle an. Im Unterricht gibt es keinen Leistungsterror und Notendruck, sondern er ist so aufgebaut, dass wir uns dabei am besten und frei entwickeln können. Die Bedürfnisse an Lerninhalten sollen dabei von uns Schüler:innen, den Lehrer:innen und den anderen Beschäftigten an der Schule gleichermaßen zusammen ermittelt werden. Auch durch frei zugängliche Materialien und selbstregulierte Lern- und Pausenphasen kann uns die Schule dabei helfen zu entdecken, was wir wirklich gut können. Dabei wollen wir nicht alleine dastehen, individuell bewertet werden und für uns selber kämpfen müssen. Vielmehr wollen wir lernen, Aufgaben kollektiv zu bearbeiten. Und das nicht in einer blöden Teamarbeit, in der wir zu viert ein Arbeitsblatt ausfüllen dürfen, sondern durch bewusste Gruppenbildungsprozesse, in denen wir unsere eigenen Stärken und die der anderen kennenlernen und uns so aneignen, wie wir gemeinsam Probleme und Aufgaben lösen können. Kein stupides Auswendiglernen, Wiedergeben und Auskotzen, sondern kollektive, demokratische und kreative Lernprozesse, die uns zu kritischem und emanzipatorischem Denken befähigen. Die Lehrer:innen sind dabei keine allwissenden Autoritäten, die uns sagen, was wir zu tun und zu lassen haben, sondern wirken als Unterstützer:innen für unsere Lernprozesse. Unsere Schule soll ebenso nicht nur aus trockener Theorie bestehen und ein, vom gesellschaftlichen Leben abgekapselter, Elfenbeinturm sein. Warum sollten wir uns die ersten 20 Jahre unseres Lebens ausschließlich mit Input vollpumpen lassen, um die folgenden 50 Jahre nichts mehr zu lernen und nur noch zu arbeiten? Wir wollen keine Trennung zwischen Lernen und Arbeiten, sondern eine Schule, die ein lebenslanges Lernen ermöglicht und in der geistig-schöpferisches Denken und Lernen, praktische Arbeit und gesellschaftlich-nützliche Tätigkeit miteinander verknüpft werden. 

Neue Schule, neue Gesellschaft

Klingt cool? Funktioniert aber alles nicht in einer Gesellschaft, die auf der kapitalistischen* Verwertungslogik aufbaut und kein Interesse daran hat, demokratisch und kollektiv erzogene und kritisch denkende Menschen herauszubilden! Genauso wie die Schule, so ätzend wie sie heute ist, ein wichtiger Bestandteil der kapitalistischen Gesellschaftsordnung ist, kann unsere Schule, wie wir sie gerne hätten, nur Bestandteil einer anderen Gesellschaftsordnung sein. Eine von Grund auf demokratische Gesellschaft, in der über die Politik und die Wirtschaft in Räten in der Schule, im Betrieb oder im Stadtteil entschieden wird. Auch die Entscheidungen über Schule, Lerninhalte, Finanzmittel usw. werden dann nicht mehr von unfähigen Politiker:innen und kommerziellen Unternehmen gefällt, sondern von der gesamten Gesellschaft geplant. Eine solche Gesellschaft kann auch eine Schule schaffen, in der wir gerne sind. Deshalb lasst uns die Schule als Ausgangspunkt nehmen, um für eine solche sozialistische Gesellschaft zu kämpfen!

2. Bildung und Schule im Kapitalismus

Was ist Bildung?

Wenn wir den gesellschaftlichen Zweck von Bildung betrachten, dann hören wir viele hohle Worte. Während die einen sagen, dass Bildung immer neutral sein muss, sagen die anderen, dass mit nur genügend Bildung und Aufklärung eine bessere Gesellschaft erschaffen werden kann. Wir Marxist:innen* lassen uns von diesem Palaver nicht täuschen und wissen, dass die Aufgabe von Bildung und Erziehung im Allgemeinen in jeder Form von Klassengesellschaft* eine Klassenerziehung unter Kontrolle der herrschenden Klasse zur Rechtfertigung ihrer Herrschaft und zur Aufrechterhaltung der bestehenden Ordnung ist. Was das genau bedeutet, wollen wir im Nachfolgenden verdeutlichen. Natürlich existierte Bildung schon vor der Entstehung des Kapitalismus*, jedoch erhielten sie in den vorhergehenden Klassengesellschaften vor allem die Herrschenden, um ihre Stellung wahrnehmen zu können. Die unterdrückten Massen in der Antike und im feudalen Mittelalter wurden meist nur im Zuge der familiären Erziehung für ihre gesellschaftliche Funktion ausgebildet. Beginnen müssen wir jedoch mit der Frühgeschichte des kapitalistischen Wirtschaftssystems:Nachdem die feudale, ständische Gesellschaftsordnung des Mittelalters auf- gebrochen wurde, waren die meisten Menschen Besitzlose, die zum Überleben nur ihre eigene Arbeitskraft verkaufen konnten. Jedoch hatten sie auch keinen Herren mehr über sich, der ihnen eine spezifische Arbeit aufzwingen konnte. Vorher war die Familie der Dreh- und Angelpunkt ihres Lebens. Jetzt wurden sie vereinzelt und in die Arbeitsstätten gedrängt. Diese Ausdünnung der Familien führte zunehmend zur sozialen Verwahrlosung der Kinder aus Arbeiter:innenfamilien, die schon früh in die Fabriken mussten, um ihren Beitrag zur Familie zu leisten. Die Ideologie der Familie als Mittelpunkt des Lebens brach zusammen. Dadurch, dass Frauen und Kinder nun nicht mehr unter der Aufsicht des Mannes auf dem Feld arbeiten mussten, sondern selber in der Fabrik ihr eigenes Gehalt bekamen, wurde die Autorität des Mannes innerhalb der Familie immer mehr infrage gestellt. Im Allgemeinen führte die zunehmende Vereinzelung und das ins Wanken geratene Bild der altertümlichen Familie zu zunehmenden Depressionen, häuslicher Gewalt bis hin zum (Selbst-)Mord. Dieses Verhalten begründet sich vor allem dadurch, dass den Menschen immer wieder das Ideal der alten Familienordnung eingebläut wurde, welches sich in der neuen wirtschaftlichen Ordnung gar nicht mehr aufrechterhalten ließ. Ein Gegensatz zwischen Idealbild und tatsächlichen Gegebenheiten. Dies führte ebenfalls zur Zuspitzung des Klassenkampfes* rund um Forderungen wie höhere Löhne, sichere Arbeitsbedingungen und (gewerkschaftliche) Organisationsfreiheit. Eine Reihe von Streiks richtete sich damals aber auch gegen Frauen- und Kinderarbeit. Diese hatten einen zwiespältigen Charakter, da sie zum einen das Ziel hatten die bürgerliche Familie unter patriarchaler* Ordnung erneut zu stärken und zum anderen sich gegen die Verrohung der Klasse und für ihre soziale Absicherung zu kämpfen. Auch für den Kapitalismus ergaben sich daraus schwerwiegende Probleme, denn er ist darauf angewiesen, dass sich die Arbeiter:innen* selber darum kümmern, genug neue Arbeiter:innen zu „produzieren“ und am nächsten Tag wieder auf der Matte stehen zu können. Wie sollte die Produktion aufrechterhalten werden, wenn immer mehr Frauen und Kinder arbeiten müssen, die sich dann nicht mehr um Haushalt und Erziehung kümmern können? Hierbei offenbart sich ein gesellschaftliches Problem innerhalb der Kapitalist:innenklasse*. Als einzelne Unternehmer:innen wollten sie immer mehr Profite einfahren, wenn möglich auch über die Grenzen der körperlichen Erschöpfung ihrer Arbeiter:innen hinaus, egal ob jung, alt, weiblich oder männlich. Das müssen sie auch, denn wer keine Profite mehr einfährt, geht in der freien Konkurrenz unter. Als Gesamtklasse der Kapitalist:innen* wollten sie aber auch die herrschende Ordnung aufrechterhalten. Dafür brauchten sie etwas, das die Interessen ihrer gesamten Klasse mit Gewalt und Zwang umsetzen kann. Dies erweiterte den Rahmen des Staates massiv. Zuvor vor allem eine Institution zur gewaltsamen Durchsetzung der herrschenden Interessen gegenüber den Armen und Unterdrückten, nun eine scheinbar neutrale Instanz, die zwischen den Klassen  vermittelt Da der Staat für die Bildung verantwortlich ist, erscheint es uns oft so, als sei sie  neutral und stehe über den Klassen. Tatsächlich wurde der Staat aber von der Kapitalist:innenklasse erschaffen und hat immer nur dem Zweck gedient, die Interessen ihrer Klasse durchzusetzen. Das Beispiel der Einführung der allgemeinen Schulpflicht zeigt, wie das in Bezug auf die Bildung funktioniert. So gingen vorher nur Kinder aus der herrschenden Klasse zur Schule, um später selber in der Lage zu sein, herrschen zu können. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts sollten aber immer mehr Kinder zur Schule gehen und auch die Schulzeit selber wurde stetig länger. Das lag daran, dass sich die Produktion weiterentwickelte und höhere Ansprüche an die neuen Generationen von Arbeiter:innenjugendlichen gestellt wurden. Damit der Bedarf der Kapitalist:innen an besser ausgebildeten Arbeiter:innen gestillt und mehr Kinder in die Schule geschickt werden konnten, sorgte der Staat dafür, dass die Familien nicht mehr auf die finanzielle Unterstützung durch die Löhne ihrer Kinder angewiesen waren. So wurde dieser Wegfall durch höhere Löhne für die arbeitstätigen Teile der Familie und durch Kindergeld ausgeglichen. Kinder und Jugendliche mussten also, um in die Schule gehen zu können, aus dem Produktionsprozess ausgegliedert werden. Die Kapitalist:innen konnten sich dieses kostspielige Abenteuer aber nur leisten, indem sie andere Länder auf der Welt stärker ausbeuteten und sich so ihre verloren gegangenen Profite zurückholten.Heute leben wir in einer Zeit, in der Konzerne nicht nur auf nationaler Ebene produzieren, sondern sich multinationale Riesenkonzerne herausgebildet haben. Getrieben durch die internationale Konkurrenz erleben wir hier ein verstärktes Jagen nach Extraprofiten. Dieses macht auch vor den Reproduktionskosten* nicht halt und zwingt gigantische Menschenmassen tagtäglich in die Subsistenzwirtschaft* oder die Halblegalität, produziert damit auch erneut Kinderarbeit. Bildung ist hierbei oftmals ein stärker klassenspezifisches Gut, internationale Zahlungen der ausbeutenden Nationen eher symbolisch. Das kann in Form von Konzernspenden oder staatlicher „Entwicklungshilfe“ passieren. Ein bisschen was reicht aber auch schon, denn die meiste Kopfarbeit soll ja schließlich in anderen Teilen der Welt geleistet werden. In Afrika, Asien, Südamerika oder Osteuropa steckt der Westen also ein bisschen Kohle in die Bildung, aber würde nicht auf die Idee kommen, die Löhne der Arbeiter:innen zu erhöhen, um auch hier Kinder vom Zwang zur Arbeit zu befreien. Aus dieser Ausbildungszeit entsteht v.a. in den ausbeutenden Nationen eine allgemein-menschliche Entwicklungsphase, die in einem zeitlich so langen und umfassenden Maß historisch nicht zuvor existierte, die Jugend.Hierbei wollen wir die Jugend nicht romantisieren, da mit dieser auch eine spezifische Unterdrückung einhergeht, jedoch ist es auch ein historisch neues Phänomen, dass Jugendkulturen enormen Einfluss auch auf ältere Generationen gewonnen haben und sogar teilweise zum (kulturellen) Leitbild werden. Aber zurück zu den Schattenseiten: Jugendunterdrückung bedeutet Bevormundung. Sie bedeutet wirtschaftliche Abhängigkeit von Erziehungsberechtigten, politische Entmündigung in Wahlen und im Alltag, fehlende Selbstbestimmung über den eigenen Körper und die eigene Sexualität. Sie rechtfertigt Unterbezahlung, wie wir in Deutschland mit der Einführung des „flächendeckenden Mindestlohns“ sehen können, von dem beispielsweise Jugendliche ausgeschlossen sind. Jugendunterdrückung bedeutet noch vieles mehr, wir wollen hiermit nur deutlich machen, dass sie System hat, sie dient der Unterordnung und Gefügigmachung in Schule und Familie, eine ideale Vorbereitung auf die Arbeitswelt als lohnabhängiger Mensch.

Ideologische Erziehung in der Schule

Schule hat im Kapitalismus* jedoch nicht nur eine Gesellschaftsstabilisierende Funktion, sondern auch einen ideologischen, sich auf das allgemeine Bewusstsein auswirkenden Faktor. Die herrschenden Ideen einer Zeit waren stets nur die Ideen der herrschenden Klasse (Marx/Engels – Das Manifest der kommunistischen Partei). Bildung hat also in jeder Gesellschaftsform die Aufgabe, nicht nur zur wirtschaftlichen Aufrechterhaltung des Systems beizutragen, sondern dieses System auch in die Köpfe der Gesellschaftsmitglieder zu pflanzen. Hierbei tut der Kapitalismus so, als sei er ein System, indem alle Menschen dieselben Rechte und somit die gleichen Voraussetzungen hätten. Mal abgesehen davon, dass zum Beispiel Geflüchtete vom Kapitalismus stark entrechtet werden, braucht der Kapitalismus einfach weniger rechtliche Einschränkungen, da das seine inneren ökonomischen Gesetze schon von alleine regeln. Sind doch jene, die sich eine dauerhafte Ausbildung für „ihre“ Kinder nicht leisten können, irgendwann dazu gezwungen, die Schüler:innen aus der relativ isolierten Bildungswelt in die „Arbeitswelt“ zu stecken. Das Gleiche gilt für die, die sich die Nachhilfe nicht leisten können oder nicht genügend freie Zeit oder spezifisches Wissen besitzen, um den Kindern bei den Schulaufgaben zu helfen. Der Ausschluss von Arbeiter:innenjugendlichen aus der höheren Bildung passiert somit meistens automatisch, ohne dass der Staat noch groß nachhelfen muss. Doch nicht nur die Länge des Aufenthaltes in Bildungseinrichtungen, sondern auch ihr Inhalt bestimmt die Bewusstseinsentwicklung. Dies basiert darauf, dass der Staat eine Monopolstellung* über die Bildung hat. Davon sind nur diejenigen befreit, die es sich leisten können, auf Privatschulen zu gehen oder zu Hause unterrichtet zu werden. Aus dieser Alleinherrschaftsstellung folgt auch, dass der Staat alleine entscheiden kann, welcher Lehrstoff auf welche Weise unterrichtet werden soll. Das bedeutet u. a. die Darstellungsweise von historischen Ereignissen, die Selbstkritik des Staates und des Kapitalismus, es bedeutet aber auch die bewusste Überlastung von Schüler:innen durch Dinge wie Bulimie-lernen, durch das zwanghafte Einhalten von Lehrplänen, die Unmöglichkeit der Selbstbestimmung und -entfaltung. Diese diktatorische Form des Lernens – die anfangs aus still sein und ruhig sitzen besteht, bis dies zur Selbstverständlichkeit wird – tötet weite Teile von Kreativität ab und presst die Schüler:innen in eine vorgegossene Form. Hierbei wird Lehrer:innen eine zentralisierte, weitgehend „Arbeitswelt“-fremde Ausbildung auf sachlicher und pädagogischer Ebene erteilt. Der Frontalunterricht ist hierbei ein stark hierarchisch geprägtes Mittel, welches  sehr an militärische Disziplin erinnert. Lehrer:innen müssen außerdem, um ihren Beruf ausüben zu dürfen, die freiheitlich demokratische Grundordnung unterzeichnen, diese umfasst auch das Recht auf Privatbesitz an Produktionsmitteln*, ein Recht also, welches diese Klassengesellschaft* aufrechterhält. 

Jugendunterdrückung: Ergebnis der Trennung von Öffentlichkeit und Privatheit

Ein elementares Problem der Bildung in jedweder Klassengesellschaft * ist die scheinbare Trennung von Bildungs- und Arbeitswelt. Diese isoliert die Schüler:innen von den konkreten Problemen und Prozessen der Außenwelt und schafft eine rein künstliche Konkurrenzsituation rund um das Notensystem und Zukunftsangst bzw. Perspektivlosigkeit. Hierbei tut der Kapitalismus* wieder so, als hätten wir alle die gleichen Chancen und leugnet dabei strukturelle Unterdrückung wie beispielsweise Rassismus, Sexismus oder die Existenz von Klassen. Wenn die Unterschiede dann doch zu sehr auffallen, führt er sie auf angeblich zu geringe Aufklärung und Intelligenz zurück. Denn im Vordergrund steht: Machst du was, dann wirst du was. Dabei ist der Kapitalismus ein System, dass nicht in der Lage ist Menschen vor Krieg und Armut zu beschützen, vollkommen egal wie intelligent diese sind. Dies führt zum einen zur Demoralisierung und Verlust des Interesses am Lernen an sich für einen großen Teil der Schüler:innen. Und zum anderen dazu, dass die Ausbildung neuer Generationen von Arbeiter:innen* nicht als gesellschaftlich notwendige und für alle Mitglieder wichtige Aufgabe wahrgenommen wird. Dies reproduziert und legitimiert wiederum die Jugendunterdrückung. Hieraus werden unbezahlte Praktika, Benachteiligung im Beruf, Unterbezahlung in der Ausbildung und vieles weiteres gerechtfertigt.  Denn die (Aus-)Bildung wird als individuelle Karrierechance und nicht als gesellschaftlich notwendiges Produkt begriffen.

Die Schüler:innenvertretung: Mittel zur Mitbestimmung?

Doch gibt es nicht auch in der Schule Möglichkeiten der Mitbestimmung? Die jährlichen Schüler:innensprecher:innenwahlen und die Schüler:innenvertretung klingen super, sind aber eine ziemliche Mogelpackung. Erst einmal wird Schüler:innen in jungen Jahren vollständig die Interessenvertretung untersagt. Erst in den mittleren und höheren Schuljahren dürfen sie ihre eigenen Schüler:innenvertretungen wählen. Diese ähnelt in vielen Punkten dem parlamentarischen System der Bundesrepublik Deutschland. So können die Schüler:innen in regelmäßigen Abständen wählen. Eine Überprüfung, ob die Gewählten auch wirklich im Interesse der Schüler:innen handeln, geschweige denn eine mögliche Abwahl sind dabei wie auch im politischen System der BRD nicht vorgesehen. Auch die Einflussmöglichkeiten der Schüler:innenvertretungen sind winzig, obwohl sie die Mehrheit der Menschen, die sich in der Schule aufhalten, vertritt. So haben sie keinerlei Einfluss auf Unterrichtsinhalte, Bildungsetats oder rechtliche Mittel um Schüler:innen vor Willkür und Repression* zu beschützen. Es handelt sich vielmehr um eine Art Vorschlagsrecht. Vor allem schließen sie aber einen Großteil der Schüler:innenschaft aus der aktiven Beteiligung aus. Sie gewöhnen sie somit an das politische System in Deutschland und an die kommenden Jahre der realen Stimmlosigkeit und beschränkten Selbstorganisierung. So kommt es, dass die meisten Schüler:innenvertretungswahlen zu Beliebtheitswahlen verkommen. Sollte es mal vorkommen, dass einzelne Schüler:innen richtig viel Kraft und Energie in die Schüler:innenvertretungen stecken, wird das nicht als schulische Leistung anerkannt. Mit Glück wird es vielleicht auf dem Zeugnis irgendwo am Rand erwähnt. Somit steht das ehrenamtliche Engagement scheinbar im Gegensatz zum schulischen Erfolg, da wir uns entscheiden müssen, ob wir die Zeit lieber zum Lernen oder zum Politikmachen verwenden. Dies ist kein zufälliges Phänomen. Hier sieht man deutlich, wie uns die Struktur der Schüler:innenvertretung an das parlamentarische System gewöhnen soll. Jede Gesellschaft benötigt die Bildung, um ihre Mitglieder im Sinne ihres politischen Systems zu erziehen, auch eine befreite Gesellschaft*. Diese würde den Schüler:innen jedoch vollste Mitbestimmungsrechte garantieren. Doch was sind das für Formen, die nicht nur beschränkte Mitbestimmung, sondern volle Selbstbestimmung ermöglichen? Darauf wollen wir im späteren Verlauf eingehen.

Bildung & Krise

In Zeiten verschärfter wirtschaftlicher Krisen versucht das Kapital die Schulzeit zu verringern und auch die Kosten für Bildung auf die arbeitende Bevölkerung abzuwälzen. Steigende Lehrmittelkosten für Schulbücher, Druckkosten, Exkursionen, Taschenrechner und vieles mehr sind gute Beispiele dafür (Studiengebühren im Hochschulbereich). Eine gesamte Schulklasse freut sich auf die Klassenfahrt, aber für Einige ist dieses soziale Event unbezahlbar. Während für die Armen Bildung immer teurer wird, schicken immer mehr Eltern aus der Kapitalist:innenklasse*, der Mittelschicht oder den oberen Schichten der Arbeiter:innenklasse* ihre Kinder auf Privatschulen. Wer eine gleichberechtigte Gesellschaft aufbauen will, muss diese abgeschotteten Inseln der guten Bildung für die Reichen scharf kritisieren! Ein anderer Ausdruck der sozialen Auseinanderentwicklung ist das mehrgliedrige Schulsystem. Hier wird selektiert, bevor die Entwicklung des menschlichen Gehirns überhaupt abgeschlossen ist und ohne soziale Ungleichheiten innerhalb der Schule zu berücksichtigen. In Zeiten der Wirtschaftskrise heuchelt die jeweilige Schulgliederung die soziale Perspektive vor und tut so, als gäbe es höher- und minderwertige Aufgaben in der Gesellschaft. Diese Hierarchisierung ist Blödsinn, denn es sollte einzig und allein darauf ankommen, ob eine Tätigkeit gesellschaftlich notwendig ist. In Deutschland, aber auch darüber hinaus, sehen wir in den letzten Jahrzehnten einen zunehmenden Rückgang der Vollbeschäftigung. Das Bild von der schönen sozialen Marktwirtschaft, in der niemand arbeitslos ist, fängt an zu bröckeln. Spätestens seit der Agenda 2010** (u.a. „Hartz IV-Reform“) wurde ein großer Teil der Arbeiter:innenklasse, selbst mit Job, in die Armut gedrängt. Durch die wirtschaftspolitischen Reformen haben viele Unternehmen keine Festanstellungen mehr vergeben, um flexibler auf die Wirtschaftskrisen reagieren zu können und Geld zu sparen. So müssen sehr viele Arbeiter:innen beim Arbeitsamt aufstocken oder schlagen sich mit mehreren „Minijobs“, befristeten Verträgen, Leih- und Zeitarbeit, Praktika usw. durchs soziale Elend. Während die Bildung in Krisenzeiten teurer wird, haben also viele Menschen aus der Arbeiter:innenklasse weniger Geld, um sie zu bezahlen. Viele Lohnabhängige erkennen jedoch nicht, dass dieses Problem nicht nur sie, sondern ihre ganze Klasse betrifft. Das liegt unter anderem daran, dass es vielen Leuten hier in Deutschland, aber auch in anderen „westlichen“ Ländern, durch die Globalisierung und die internationale Arbeitsteilung so vorkommt, als gebe es hier gar keine richtige Arbeiter:innenklasse mehr. Das ist natürlich Quatsch, denn auf internationale Ebene sieht man sogar, dass die Arbeiter:innenklasse weltweit mehr und mehr wächst. Insbesondere in Asien.

Exkurs: Einflussversuche des Kapitals in Bildung

Während jede Form von demokratischer Kontrolle der Schüler:innen und Arbeiter:innen* über die Bildung massiv bekämpft wird, erleben wir regelmäßig unterschiedliche Formen von Privatisierungen der Bildung. Der Staat gibt also ein bisschen was von seiner Hoheit über die Bildung ab. Das kann teilweise durch die Kooperation mit privaten Unternehmen in Form von Public-Private-Partnerships passieren, aber auch, indem Kinder wieder stärker in die Familie zurückgedrängt werden. Dies ergibt sich aus dem bereits geschilderten Widerspruch zwischen den Interessen der Kapitalist:innenklasse* als Ganzes und den Interessen ihrer Einzelteile, also den einzelnen Unternehmer:innen. Ein Beispiel hierfür ist die Verkürzung des Abiturs in Deutschland von 13 auf 12 Jahre. Diese Verkürzung der Lernzeit steht eigentlich den stetig steigenden Anforderungen an die neuen Arbeiter:innen entgegen, während es gleichzeitig die Zeit der Jugend verkürzt und die Schüler:innen schneller zur Arbeit zwingt. Auch wenn diese Veränderung mittlerweile als gescheiterte Reform erklärt und in einzelnen Ländern wieder zurückgenommen wird. Ebenfalls sind Maßnahmen, wie die Pisa-Studie aber auch die Bologna-Reform (Studierendenbeispiel: Einführung des Bachelor-Master-Systems) Ausdruck der internationalen Arbeitsteilung, die zunehmend versucht, gleiche Standards zu schaffen. Darüber hinaus versuchen die Kapitalist:innen* die Kosten für die Ausbildung ihrer zukünftigen Arbeiter:innen noch stärker auf den Staat abzuladen. Dafür versuchen sie Einfluss auf die Lehrpläne zu nehmen, welche „marktkonformer“ gestaltet werden sollen. Inhalte, die für sie weniger relevant sind, sollen so gekürzt und durch andere ersetzt oder gänzlich gestrichen werden. Vor allem kreative, soziale und sportliche Unterrichtsfächer sollen Schritt für Schritt verdrängt werden. Vertreter:innen des Kapitals argumentieren oft, dass die Wirtschaft noch mehr Einfluss auf die Bildung nehmen müsse, um zu verhindern, dass es in bestimmten Fächern einen Überschuss an Expert:innen gebe, während in anderen Fächern Fachkräftemangel herrsche. Damit machen sie auf ein wirkliches Problem aufmerksam, dass aber vielmehr ein Ergebnis der kapitalistischen* Wirtschaft ist. Da es hier nur um Profit geht und Konkurrenz das bestimmende Prinzip des Wirtschaftens ist, kann es keine demokratische und an den Bedürfnissen orientierte Planung geben, sodass sich Bildung immer den ständigen Krisen, Aufschwüngen und Stagnationen unterwerfen muss. Das Bildungswesen im Kapitalismus schafft so riesige ungenutzte oder verschwendete Potentiale: Wer kennt sie nicht, die Legende der taxifahrenden Soziologiestudentin?

Selektion

Bildung ist jedoch eine teure Angelegenheit für das Kapital (bzw. den Staat), weshalb nur so viel Bildung zur Verfügung gestellt wird, wie dringend nötig ist. Das sieht man daran, dass in Deutschland im Schnitt nur 26% der Jugendlichen eine „hohe Qualifikation“ (=Hochschulabschluss oder Meisterbrief) erreichen. Eine ganzheitliche, ausführliche und allgemeine Bildung der gesamten Arbeiter:innenklasse* ist daher im Kapitalismus* nicht zu gewährleisten. Stattdessen werden Kosten und Ausbildungszeit durch frühe und ständige Selektion* reduziert und damit gleichzeitig dafür gesorgt, dass dem Kapital stets eine große Menge an weniger ausgebildeten Arbeitskräften zur Verfügung steht, die für schlechter bezahlte Arbeit eingesetzt werden können. Was hätten die profitorientierten Unternehmen in Deutschland davon, wenn wir alle Doktortitel hätten und ein fünfstelliges Gehalt im Monat verlangten? Über Noten, ein mehrgliedriges Schulsystem, Numerus Clausus usw. wird eine permanente Konkurrenzsituation unter Jugendlichen geschaffen und im Hinblick auf die spätere Stellung im Produktionsprozess selektiert. Dieser Prozess findet vor allem anhand von Klassenlinien statt, wie im Folgenden gezeigt wird. Insbesondere in Krisenzeiten wird der Selektionsdruck zusätzlich verschärft, da der Staat durch die zunehmende internationale Konkurrenz und die schwindenden Einnahmen dazu gezwungen ist, im Bildungs- und Sozialwesen massive Kürzungen vorzunehmen, um nicht die Profite der Konzerne antasten zu müssen. Dann wird zum Beispiel die Lernzeit für das Abitur von 13 auf 12 Jahre gekürzt und durch die gestiegene Stoffdichte noch weiter selektiert. Die kapitalistische Ideologie behauptet dennoch, dass mit genügend Fleiß und Durchhaltevermögen jede:r Jugendliche alles schaffen kann. Wir sehen aber, dass das deutsche Bildungssystem mit seinen Selektionsmechanismen gar nicht vorsieht, dass uns allen das größte Maß an Bildung zukommt und wir alle unsere  Träume erfüllen können. Die Verantwortung wird dafür aber nicht im System, sondern individuell bei uns gesucht. Dies führt zu selbstauferlegtem Leistungswahn, Druck, Depressionen, Suizid, Unsicherheit und mangelndem Selbstbewusstsein bei vielen von uns.

Bildung & soziale Ungleichheit

Wie wir bereits erklärt haben, hat das Bildungssystem vor allem die Aufgabe, die bestehende gesellschaftliche Ordnung aufrechtzuerhalten. Das bedeutet also auch, dass es die bestehende soziale Ungleichheit und Benachteiligung bestimmter Gruppen von Menschen aufrechterhält. Gleichzeitig wird uns dabei aber erzählt, dass unsere Erfolge und Misserfolge in der Schule einzig und allein mit unserer persönlichen Leistung zu tun haben. Im Folgenden wollen wir diesen Mist an den vier Komponenten Klassenherkunft, Geschlecht, Migration und Behinderung veranschaulichen.

Klassenherkunft

Die Pisa-Studie hat aufgezeigt, dass die Chance für Kinder steigt, einen guten Schulabschluss zu kriegen, je mehr ihre Eltern verdienen, je sozial anerkannter der Beruf der Eltern ist und je höher der eigene Bildungsabschluss der Eltern ist. Nur 24% der Kinder, deren Eltern nicht studiert haben, erlangen selber einen Hochschulabschluss. Je weniger Kohle unsere Eltern haben, desto schlechter unsere Chancen in der Schule. Auch wenn es um Nachhilfe und Förderung geht: Wessen Eltern keine gute Schulbildung bekommen haben oder den ganzen Tag arbeiten müssen, haben auch kaum die Möglichkeit beim Lernen zu helfen. Dabei verlagert das deutsche Bildungssystem immer mehr Inhalte in die Privatsphäre: seien es Hausaufgaben, die Prüfungsvorbereitung oder das Nachholen von Lernstoff, der in der kurzen Zeit nicht nachvollziehbar war. Dabei sollen dann die Eltern oder teure Nachhilfelehrer:innen helfen. Ganztägige Schulmodelle, bei all ihren Schwächen, hätten hierbei die Aufgabe, dies auf gleichberechtigter Ebene anzubieten.

Geschlecht

Schülerinnen haben im Durchschnitt bessere Noten als Schüler. So haben nach einer Statistik zu Schulnoten des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2007 40% der Jungen eine Abiturnote die schlechter als 3,0 war, während es bei den Mädchen nur 33,4% waren. Auch der Anteil an Schülerinnen, die Abitur machen, hat massiv zugenommen. Waren 1950 noch 32,8% der Schüler:innen weiblich, so sind es im Jahr 2013 54,6% gewesen, so das statistische Bundesamt. Doch immer noch haben Lehrer:innen starke Geschlechterstereotype – wie auch in der gesamten Gesellschaft präsent – im Bezug auf spezifische Fächer. So sind Jungen angeblich besser veranlagt für Naturwissenschaften, während Mädchen eine tendenzielle Begabung für Sprachen haben. Dies ergibt sich aus der erzwungenen Rolle der Frau in der Familie, die ein Schwerpunkt des weiblichen Lebens in der Rolle der Mutter sein soll. Noch immer werden 2/3 der Hausarbeit in der BRD von Frauen erledigt. Gleichzeitig verdienen Frauen in der BRD im Durchschnitt 23% weniger als Männer. Auch mit besseren Noten werden Frauen also massiv im Beruf und im gesellschaftlichen Leben benachteiligt.

Migration

Dadurch, dass unser Staat Menschen mit Migrationshintergrund systematisch in der Arbeitswelt benachteiligt, treffen auch auf viele migrantische Jugendliche dieselben Probleme zu, die wir schon im Punkt „Klassenherkunft“ erläutert haben. Das deutsche Bildungssystem hält aber noch einige zusätzliche Hindernisse und Diskriminierungsstrukturen bereit. So basiert die Bildung hier darauf, nur in einer Sprache unterrichtet zu werden. Anstatt Mehrsprachigkeit für den Unterricht zu nutzen, macht es das Bildungssystem Schüler:innen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, somit erheblich schwerer, alles in derselben Zeit zu verstehen. Noch schwieriger wird es, wenn es um Fachsprache geht. Der Staat würde aber nicht auf die Idee kommen, selber massiv in Sprachkurse und Förderangebote zu investieren. Stattdessen macht er einfach die Erziehung in den Familien dafür verantwortlich. Da aber die meisten migrantischen Familien selber nicht genügend Sprachförderungsangebote vom Staat bekommen haben, ist es vielen unmöglich, „ihren“ Kindern die deutsche Sprache perfekt beizubringen. Rassistische Stereotype und Einstellungen bei Lehrer:innen tun dann noch ihr Übriges. So kommt es, dass Kinder, deren Eltern nicht in Deutschland geboren sind, nur 4 % der Schüler:innen in Gymnasien darstellen, aber 20% der Schüler:innen in Hauptschulen. Während uns Rassist:innen von der AfD erzählen wollen, dass schlechte Noten an mangelnder Intelligenz liegen, ist der Grund vor allem die systematische Benachteiligung.

„Behinderung“

Niemand von uns ist „behindert“. Stattdessen werden wir zu „Behinderten“ gemacht, wenn wir aufgrund irgendwelcher Eigenschaften, Erfahrungen etc. nicht den Anforderungen, die die kapitalistische* Konkurrenzlogik an uns stellt, gerecht werden können. In der Schule ist dafür der Begriff „sonderpädagogischer Förderbedarf“ in Mode gekommen. Einmal damit gelabelt, werden wir meistens auf sogenannte Förderschulen abgeschoben und dürfen mit diesem Schulabschluss für den Rest unseres Lebens eine Vielzahl von Jobs nicht machen und werden immer eine viel schlechtere Bezahlung akzeptieren müssen, so verdienen beispielsweise Werkstattbeschäftigte im Schnitt 180€ pro Monat. Menschen zu „Behinderten“ zu machen ist also ein wichtiger Selektionsmechanismus im Bildungssystem. Dabei sind eigentlich nicht wir das Problem, sondern die Lernumgebung, die nicht in der Lage ist, sich auf unsere Bedürfnisse einzustellen. Wenn ein Kind in der Grundschule nicht still im Frontalunterricht sitzen kann, sollte vielmehr die Lernform überdacht werden, anstatt das Kind mit ADHS zu labeln und es mit Medikamenten vollzustopfen. Besonders betroffen sind auch hier wieder Kinder aus Arbeiter:innenfamilien, da laut Studien die Wahrscheinlichkeit der Diagnostizierung eines „sonderpädagogischen Förderbedarfs“ in dem Maße steigt, in dem das Einkommen der Eltern sinkt. „Behinderung“ ist also keine medizinische, sondern eine soziale Frage!

Erziehung & Konkurrenz

Dass man im Kapitalismus* am besten überlebt, wenn man die Ellenbogen ausfährt, nach unten tritt und sich nach oben streckt, soll uns schon in der Schule beigebracht werden. Für diese Erziehung zur Konkurrenz spielt das Notensystem eine große Rolle. Die Noten geben dabei nicht an, wie gut wir den Stoff wirklich verstanden haben, oder ob wir persönliche Lernerfolge erzielt haben. Vielmehr zeigen sie nur, wie gut wir im Verhältnis zu unseren Mitschüler:innen abgeschnitten haben. So sollen wir lernen, unsere Leistung nicht nach unseren persönlichen Maßstäben zu beurteilen, sondern uns immer an den Anderen zu messen und zu versuchen, sie zu übertreffen. Noch dazu wird Lernen so zur absoluten Drucksituation, was die schulischen Leistungen vielen wissenschaftlichen Studien gemäß sehr negativ beeinflusst. Dabei erwartet die Schulleitung von einer guten Lehrkraft, dass die Klassenarbeit einen „ausgeglichenen Notenspiegel“ hervorbringt: also nicht zu viele 1en, ein breites Mittelfeld und ein paar 4en, eine 5 und eine 6. Wenn alle Schüler:innen gut oder sehr gut abschneiden würden, wäre die Arbeit in der Logik unseres Bildungssystems definitiv zu leicht gewesen. Wer also etwas schneller verstanden hat und den anderen Schüler:innen dabei helfen will, schwächt in diesem System eher seine eigenen Chancen. Ziel einer befreiten Gesellschaft ist es, dass das Handeln für das eigene Wohl mit dem Handeln für das Wohl der Allgemeinheit einhergeht. Deshalb sind wir für die Abschaffung aller Noten und für eine Ausbildung und gegebenenfalls Überprüfung nach Fähigkeiten und gesellschaftlichen Bedürfnissen. 

Kommandoprinzip

Die ersten Schuljahre sollen uns vor allem disziplinieren, ob über pädagogische oder offener repressive Maßnahmen. Ziel ist es hierbei stillschweigende Kinder zu formen, die die Masse an Stoff unhinterfragt aufnehmen und sich nicht beschweren. Wer das schon in der Schule verinnerlicht hat, soll sich auch später im Betrieb so verhalten. Extrovertierte Jugendliche werden mit Nachsitzen, Klassenbuch- und Hausaufgabenhefteinträgen, schlechten Noten, Tadeln oder Sonstigem bestraft. Wenn das nicht hilft, wird uns AD(H)S attestiert und wir werden mit Medikamenten ruhig gehalten. Viele Eltern übernehmen dieses Prinzip in die eigene Erziehung, da sie sich ja wünschen, dass ihre Kinder erfolgreich in der Schule sind. Die Faustregel lautet dabei: Mach was dir gesagt wird, dann hast du weniger Probleme. Diese Form von Erziehung steht im krassen Gegensatz zum Idealbild der Aufklärung von Bildung, die durch Wissensvermittlung eine befreite Form von Mensch schaffen möchte, der die Gesellschaft stets kritisch hinterfragt.

Warum eigentlich noch zur Schule gehen?

Auch wenn hier sehr viel blöd läuft, ist das allgemeine Bildungswesen eine historische Errungenschaft. Neben der Tatsache, dass wir zu guten Arbeitskräften ausgebildet werden sollen, ermöglicht es uns auch, uns Wissen über den Produktionsprozess hinaus anzueignen. Es vermindert zum Beispiel auch die Rate von Analphabetismus, was wiederum auch die Verbreitung revolutionärer Gedanken erleichtert. Da wir für eine Gesellschaft kämpfen, in der wir alle – die gesamte Arbeiter:innenklasse* – die Politik und die Produktion demokratisch leiten, ist es für uns auch notwendig, schon jetzt die nötige Bildung zu erhalten, die dafür gebraucht wird. Bildung ist und bleibt dabei eine Aufgabe des Staates. Wird Bildung in die Familie zurückgedrängt, leiden darunter insbesondere Jugendliche aus Arbeiter:innenfamilien, besonders wenn sie Frauen sind. Wir fordern also nicht die Auflösung des staatlichen Bildungsmonopols*. Wir wollen aber, dass es jemand anderes kontrolliert: nämlich die, die Bildung bekommen und die, die sie machen. Wir fordern eine Kontrolle des Bildungssystems durch demokratische Gremien von Lernenden und Lehrenden, so wie jeder Bereich der Gesellschaft von denen kontrolliert werden soll, die ihn ausmachen. Darauf ist dieser Staat, der nur die Interessen der Kapitalist:innenklasse* repräsentiert, jedoch nicht ausgelegt. Deswegen muss die Arbeiter:innenklasse im Schulterschluss mit der Jugend und anderen unterdrückten Teilen der Gesellschaft den bürgerlichen Staat zerschlagen und durch die eigenen, wirklich demokratischen Strukturen ersetzen, um damit nach und nach jegliche Form von Staatsgewalt überflüssig zu machen. So können die Klassengegensätze überwunden und eine Gesellschaft aufgebaut werden, in der jeder Mensch nach seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen frei leben kann, der Kommunismus*. Trotzdem unterstützen wir auch jeden Kampf um Reformen des Bildungswesens zur Verbesserung der Bildung im Interesse für uns alle. Auch kleine Schritte können die Bedingungen in unseren Schulen verbessern. Wenn wir jedoch immer weiter für unser Recht auf Mitbestimmung kämpfen, werden dem Staat und Kapitalist:innenklasse einen Riegel vorschieben. Uns muss immer bewusst sein: eine befreite Schule ist nur in einer befreiten Gesellschaft möglich. Einen Weg zu dieser Perspektive wollen wir bereits im Kleinen aufzeigen. 

3. Für eine kämpferische Gewerkschaft!

Als Sozialist:innen besteht unsere politische Arbeit nicht nur darin uns selbst, sondern auch andere Menschen für revolutionäre Politik zu begeistern. Neben den Inhalten unserer Politik müssen deshalb auch unmittelbare Erfolge für uns sprechen können. Erfolge sind in diesem Zusammenhang auch die Verbesserung der Lebens-, bzw. Arbeitsbedingungen im Hier und Jetzt, im Kapitalismus*. Für solche Erfolge müssen wir kämpfen, nicht nur mit lokalen (Schüler-)Gruppen. In der Geschichte der Arbeiter:innenbewegung stellte sich die Gewerkschaft als Ort des Zusammentragens der verschiedenen Kämpfe um Forderungen nach höherem Lohn, nach Krankengeld usw. als eins der besten Mittel heraus, diese umzusetzen. Denn wo sich viele Arbeiter:innen* oder Schüler:innen organisieren, können ihre Kämpfe auch erfolgreich sein. Ein kleiner Streik macht keinem:r Bourgeois, keinem:r Fabrikbesitzer:in Angst, wenn wir aber nicht nur eine Schule unter vielen, nur einen Zulieferer unter vielen bestreiken, sondern alle, dann geht es an die Substanz, dann finden auch unsere Forderungen Gehör. Praktisch jede:r weiß grundlegend, was eine Gewerkschaft ist, oder hat zumindest schon von einer gehört. Spätestens wenn wieder ein Fußballgroßereignis á la WM auf der Tagesordnung steht und die Lokführer:innengewerkschaft es wagt sich auch nur über die Möglichkeit von Streiks zu unterhalten, können und dürfen es die Medien nicht verpassen sich über die scheinbar radikalen Gewerkschafter:innen auszulassen. Schnell wird dann aus dem ganz normalen Arbeitskampf, dem Kampf um bessere Löhne und Arbeitsbedingungen, ein Angriff auf die Zivilgesellschaft durch die sowieso schon besser gestellten Arbeiter:innen. Denn diejenigen Arbeiter:innen mit wirklich kampfstarken Gewerkschaften wie in der Chemie oder Metallindustrie, bei den Lokführer:innen oder bei den Pilot:innen sind meist auch die besser gestellten Arbeiter:innen. Warum? Ganz einfach gesagt, weil ein Streik mehr weh tut, wenn er zentrale industrielle Bereiche oder das Transportwesen lahmlegt.Hetze gegen Gewerkschaften ist ein wenig vielschichtiger, als sie auf den ersten Blick scheinen mag. Nicht nur gegen die kampf- bzw. streikerprobten Arbeiter:innen die auch unsere Kämpfe vorantreiben können, wird gehetzt, sondern gegen gewerkschaftliche Organisierung an sich, welche sich doch in der Geschichte als starke Waffe der Arbeiter:innen gegen die Kapitalist:innen* herausgestellt hat. Erfolge von Kämpfen, die unmittelbar aus der Organisierung von Arbeiter:innen erfolgten und nur über Streiks umgesetzt werden konnten, sind zum Beispiel das allgemeine einkommensunabhängige Wahlrecht, die Krankheits- und Altersversorgung oder aber die Verteidigung der demokratischen Republik gegen adelstreue rechte Putschisten (Deutschland 1920), um nur einige, unzusammenhängende Bespiele zu nennen. Gewerkschaften sind also offensichtlich zu mehr in der Lage als „nur“ die Kämpfe um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen zu führen. Sie können politische Interessen der Arbeiter:innen umsetzen, indem sie die Kapitalist:innen zu Kompromissen zwingen. Unabhängig vom politischen Programm ist eine Gewerkschaft also ein Kampfbund aller Arbeiter:innen, die Einheitsfront der Ausgebeuteten gegen die Ausbeuter:innen. Warum sollten wir Schüler:innen solche Strukturen nicht auch haben? 

Organisierung von Oben

Anfang 2016 rief die FIDL, die unabhängige demokratische Schüler:innengewerkschaft, gemeinsam mit den großen französischen Gewerkschaften zu Streiks und Demonstrationen auf. Diese richteten sich unmittelbar gegen die Politik der PS, der französischen sozialdemokratischen Partei. Konkret ging es um die sogenannte Khomri-Reform. Eine „Neuerung“ auf dem Arbeitsmarkt, die die 35 Stunden Woche faktisch aufheben und diverse Rechte am Arbeitsplatz wie zum Beispiel den Kündigungsschutz verwässern soll. Dazu aufzurufen war richtig. Dieser Angriff stellt natürlich einen Angriff auf ältere Schüler:innen, also angehende Arbeiter:innen* dar, welche es als Jugendliche ohnehin schwer genug haben, einen sicheren Job zu bekommen. Dass die FIDL sich mit ins Boot der aufrufenden Gewerkschaften setzte, kam trotzdem unerwartet. Lange schon gab es Proteste gegen die Reformen ohne die Beteiligung der Schüler:innen. Die Führung der Gewerkschaft musste auf den Druck ihrer eigenen Mitglieder reagieren, welche von sich aus demonstrieren wollten. Mit oder ohne „ihre“ Gewerkschaftsführung. Wieder einmal rannte die Führung der Bewegung hinterher erst, als die Bewegung an sich schon zu groß war, um sich vor ihr zu verschließen, anstatt selbst initiativ zu werden und solche Kämpfe mit eigenen Forderungen zu unterfüttern, gar anzuführen. Wieder einmal zeigt sich, dass die Gewerkschaftssbürokrat:innen Probleme lieber aussitzen und nur in der größten Not zur Tat, zum Streik, greifen. Als Schnittstelle zwischen den organisierten Arbeiter:innen und den Interessensgruppen der Kapitalist:innen*, den Arbeitgeberverbänden, welche nicht unmittelbar von uns Arbeiter:innen kontrolliert werden kann, ist die Bürokratie von der widerlich rassistischen und sexistischen Ideologie der Kapitalist:innen durchdrungen. Sie scheut sich in der Regel Position für die Rechte, seien es auch nur Arbeitsrechte, von Geflüchteten, von Migrant:innen oder von Frauen zu beziehen und begnügt sich damit das bürgerliche Märchen der Chancengleichheit unzerkaut zu schlucken. Trotzdem kann auch eine korrumpierte Bürokratie fortschrittliche, antirassistische Kämpfe führen. So führte 2013  unter anderem die FIDL eine spontane Bewegung mit landesweiten Streik- und Protestaktionen gegen die Abschiebung einzelner Schülerinnen und Schüler an französischen Schulen an. Wieder als Reaktion auf eine existierende Bewegung, denn unabhängig von der eigenen Gesinnung ist jede Bürokratie von der von ihr verwalteten Masse abhängig. Obwohl sich die FIDL, so wie auch andere Gewerkschaften, als frei und unabhängig bezeichnet, ist sie doch politisch und finanziell abhängig von der PS, der sozialdemokratischen Regierungspartei. Wie auch in Deutschland und sonstwo, wo es sozialdemokratische Parteien wie die SPD oder PS gibt, ist deren Kurs gegenüber den Kapitalist:innen ein sozialpartnerschaftlicher. Ähnlich verhält es sich mit den meist auch von ihnen dominierten Gewerkschaften. Grob gesagt äußert sich dieser Kurs darin, dass die Kapitalist:innen den Bürokrat:innen Brotkrumen für die von ihnen vertretenen Arbeiter:innen anbieten. Selbst genießen sie aufgrund ihrer hohen Funktion in der Gewerkschaft besondere Privilegien, einen hohen Lohn und einen sicheren Arbeitsplatz, wenn man sich an die allgemeinen, opportunistischen Spielregeln hält. Von sich aus kommen die Gewerkschaftsbürokrat:innen selten auf die Idee Kämpfe einzuleiten, eher reagieren sie notgedrungen auf Angriffe. Sicherlich nicht zuletzt, weil sie selbst zu der Schicht besser gestellter Arbeiterinnen und Arbeiter gehören. Damit einhergehen nicht nur versäumte Kämpfe für die Arbeiter:innen. Letztlich sind die Privilegien, die sich aus der besonderen Bedeutung der höher gestellten Arbeiter:innenschaft für die Kapitalist:innen ergeben, auch eine Grundlage für arbeiter:innenfeindliche Ideologie innerhalb der Arbeiter:innenklasse. Besonders stark wird diese pro-kapitalistische Ideologie bei den Bürokrat:innen* der Gewerkschaften deutlich. Sehen sie sich doch als (Sozial-)Partner:innen des Kapitals, mit dem sie verhandeln, anstatt ihm den Kampf anzusagen. So kommt es nicht von ungefähr, dass zentrale Punkte fortschrittlichen, proletarischen Bewusstseins kaum Widerhall in den Reihen der Arbeiter:innen finden. So positioniert sich der DGB, der Dachverband deutscher Gewerkschaften, selten zu international koordinierten Streikversuchen. Außer Grußbotschaften an die tatsächlich kämpfenden Arbeiter:innen regt sich in den Reihen der deutschen Gewerkschaftsbürokrat:innen wenig. So bei den letzten europaweiten Streiks gegen die Sparpolitik, die den am stärksten von der Krise betroffenen Ländern der EU, zum Beispiel Griechenland oder Spanien, diktiert wird. Auch die historischen Angriffe der Agenda 2010*, welche den Weg für die sich immer stärkende Ausweitung der Leih- und Zeitarbeit oder der Hartz-Reformen. Auch das jüngst beschlossene Tarifeinheitsgesetz, welches nur noch der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern innerhalb eines Betriebes erlaubt Tarifverhandlungen in diesem Betrieb zu führen, wurde vom DGB sogar unterstützt! Dass keine dieser Reformen im Interesse der Arbeiter:innen als Klasse ist, sondern nur der Beschneidung ihrer Rechte dient, ist mehr als offensichtlich. Der soziale Frieden wird dabei gewahrt, indem den Stammbelegschaften der einzelnen Betriebe zugesichert wird, dass sie ihre Plätze bis zur Rente sicher haben. Dass die Stelle danach eben keine Vollzeitstelle mehr ist, sondern z. B. an Leiharbeiter:innen vergeben wird, welche sich mit weit schlechteren Löhnen zufrieden geben müssen, wird billigend in Kauf genommen. Die Privilegien der einen werden so zum Leid der anderen und auch das trägt dazu bei, die Klasse zu spalten und ein ideologisches Gefälle zwischen Facharbeiter:innen und den angeblich minder qualifizierten Aushilfskräften zu schaffen. 

Organisierung von Unten

Wenn auch nicht im Aufbau der Gewerkschaft so, aber doch in der Schlagkraft und in der Militanz der Aktionen fortschrittlicher und konsequenter waren die Schüler:innen in Brasilien. Im Herbst 2016 brach eine Welle von Besetzungen über die großen Städte herein. Weder waren es radikale Linke, die sich für die Besetzung von Häusern entschieden haben, noch waren es die Studentinnen und Studenten, die ihre Hörsäle einnahmen. Es waren die Schüler:innen, die von sich aus anfingen Schulen zu besetzen. Hunderte von Schulen waren verschlossen für Rektor:innen und rückschrittliche Lehrer:innen, verschlossen für diejenigen, die sich mit Brasiliens Bildungssystem der zwei Klassen abgefunden haben. In den Schulen wurden interessante Seminare, beispielsweise zur Russischen Revolution oder dem Arabischen Frühling gegeben. Es wurde sich mit Antisexismus und Antirassismus auseinandergesetzt. Es wurde sich selbst organisiert. Vom Essen über die Lehrinhalte bis zum notwendigen Wachschutz nahmen die Schüler:innen alles selbst in die Hand. Gerade die Rolle von jungen Frauen, welche vermehrt im Mittelpunkt der Aktivitäten standen und die Bewegung nach außen hin vertraten, ist besonders hervorzuheben. Die Bildung in Brasilien ist gnadenlos unterfinanziert. Einsturzgefährdete Schulgebäude, teilweise ohne Strom, großteils ohne Klimaanlage sind die Regel. Die Klassen an den öffentlichen Schulen platzen aus allen Nähten und die Lehrinhalte richten sich nahezu ausschließlich nach den Inhalten der zentralen Abschlussprüfungen. Immer mehr Schulen wurden geschlossen und im Gegenzug immer mehr Stadien und Arenen aufgebaut. Nachdem für die WM 2014 und die olympischen Spiele 2016 genug Geld vorhanden gewesen war, neue Prunkbauten und Viertel aus dem Boden zu stampfen (und dafür ärmere Viertel einzustampfen), war den meisten Schüler:innen klar: Für sie tut keine:r was, sie müssen sich selbst organisieren, um für ihre Belange zu kämpfen. Im Zuge dessen wurden immer mehr Schulen besetzt und die Bewegung vernetzte sich mit anderen. Die Angriffe seitens der Medien und der Regierung wurden erfolgreich abgewehrt. Hiermit sind weniger die praktischen Angriffe, die auf der Tagesordnung standen, wie gewalttätige Räumungsversuche und Denunziation der Organisator:innen gemeint. Wie immer versuchte die Regierung, den Protest zu spalten, die Medien den Protest zu isolieren. So wurden Verhandlungsangebote seitens der zuständigen Minister:innen mit einzelnen Schulen zu deren Forderungen abgelehnt. Auch fiel man nicht auf den Trick der Medien herein, die Proteste „erfolgreich“ abzuschließen, da ja schon Versprechungen der Regierung in diesem Jahr keine weiteren Schulen zu schließen gemacht wurden und nun die Zeit der Mäßigung gekommen sei. Für Angriffe dieser Art war die Bewegung zu stark. Sie hatte sich Gedanken gemacht. Nicht nur jede Schule organisierte sich selbst in Form von täglichen Plena und Kommissionen, auf denen alles demokratisch entschieden und umgesetzt wurde. Auch die nächsthöhere Instanz, welche die Bewegung nach außen hin vertrat und befugt war zu verhandeln, war demokratisch gewählt und von der Basis, von den kämpfenden Schüler:innen kontrolliert. Über das Rotationsprinzip, demnach politische Funktionen immer nur auf einen kurzen Zeitraum vergeben werden, um keine klassische, korrupte Bürokratie, sondern einen lebendigen Apparat zu erzeugen, konnte eine solche Kontrolle durch die Basis gewährleistet werden. Diese Erfahrungen sollten uns ein positives Beispiel sein, wie eine unabhängige Gewerkschaft von Schüler:innen aufgebaut sein kann, auch wenn neben der Form maßgeblich der Inhalt über den Erfolg entscheidet.

Warum Schulstreik?

Uns muss klar sein, dass der Schulstreik kein Streik im herkömmlichen Sinne ist. Streiken z.B. die Arbeiter:innen* bei Siemens, die durch ihre Ausbeutung Milliarden an Mehrwert produzieren, dann tut das den Boss:innen von Siemens ziemlich weh und sie sehen sich einem starken Druck ausgesetzt, entweder den Forderungen der Arbeiter:innen irgendwie entgegenzukommen oder den Streik mit Propaganda und roher Gewalt zu brechen. Da wir in der Schule nicht direkt Mehrwert für eine_n konkrete_n Kapitalist:in* produzieren, fehlt uns auch dieses konkrete Druckmittel. Wie oben schon ausgeführt liegt unsere Bildung weniger im direkten Interesse von einzelnen konkreten Kapitalist:innen und mehr im Interesse der Kapitalist:innenklasse als ganze. Gegen diese richtet sich also unser Streik und ist vielmehr ein politischer Streik, das also, was bei uns in Deutschland den Arbeiter:innen eigentlich verboten ist. Wir wollen damit neben den Forderungen, die wir eh schon auf die Straße tragen, wie zum Beispiel Themen des Antirassismus, der Kampf gegen das 12 Jahre Turbo Abi oder aber den Kampf gegen die Aufteilung in verschiedene Schultypen, auch gegen die Trennung von Produktions- und Reproduktionsarbeit* vorgehen. Denn natürlich hat auch jede:r spätere „Arbeitgeber:in“ was davon, wenn wir lesen, schreiben und rechnen können, insofern ist auch das zur Schule Gehen Teil gesellschaftlicher Arbeit und kann dementsprechend bestreikt werden. Auch können wir so gegen die vermeintliche Unselbstständigkeit von Jugendlichen vorgehen, indem wir uns und andere organisieren, nicht zuletzt, um eigene Erfahrungen in der Organisierung und politischen Bildung zu sammeln. Allein können wir aber keinen Kampf für eine wirklich gerechte Bildung führen, da wir Jugendliche nicht die Masse noch die gesellschaftlichen Druckmittel, wie zum Beispiel Schlüsselposten in Industrie oder Transportwesen, in der Hand haben. Der Streik gibt uns jedoch ein eigenes Podium im Klassenkampf* und kann uns so helfen, gegen die vorherrschende Jugendunterdrückung vorzugehen.

Was fehlt?

Der Kampf um bessere Existenzbedingungen ist wichtig, genauso wie die Organisierung aller möglichen Kräfte gegen den Kapitalismus*. Dass diese Kämpfe überhaupt getrennt werden, ist nicht das Ergebnis einer Entscheidung von Streikenden oder aber von kämpfenden Arbeiter:innen*. Diese Trennung ist Ergebnis eines Kampfes zweier bürokratischer Bollwerke. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts kämpften SPD und Gewerkschaften Hand in Hand für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen, für demokratische Forderungen und für Verstaatlichungen. In dieser Zeit entwickelte sich in den Reihen der Gewerkschaft eine Bürokratie, die engeren Kontakt zu den Arbeitgebern suchte, für „Verhandlungen auf Augenhöhe“. Die Positionen in der Führungsriege waren keine sozialistischen mehr. Man ging davon aus, im System durch den Kampf für ein besseres Leben Gerechtigkeit schaffen zu können, ohne den parlamentarischen Überbau, ohne seine Grundlage, den Kapitalismus an sich, infrage zu stellen. Diese Positionen kollidierten unmittelbar mit den noch sozialistischen Positionen der SPD, welche den Anspruch hatte politische und wirtschaftliche Kämpfe anzuführen. Der Konflikt der beiden Positionen spitzte sich an der Losung des politischen Generalstreiks als Mittel im Kampf gegen den Kapitalismus so weit zu, dass als Ergebnis des Streits Gewerkschaften und Arbeiterparteien sich als gleichrangige Organisationen der Klasse betrachtend jede mit den eigenen Mitteln unter der den eigenen Forderungen Kämpfe ausruft und anführt (festgehalten 1906 im Mannheimer Abkommen). Das Ergebnis dieses politischen Streits war letzten Endes nicht weniger als der bewusste Verzicht auf die mächtigsten Kampforgane der Arbeiter:innenklasse für politische Auseinandersetzungen. Die Kämpfe in Brasilien schafften es sogar, einen Schritt weiter zu gehen als viele Arbeiter:innen hier, denn neben der eigenen Organisierung ihrer Kämpfe aus den kämpfenden Massen heraus positionierten sie sich politisch. Die Ablehnung von Sexismus und von Rassismus, sowie die Ablehnung der rein weißen, männlichen Regierung in Brasilien ist sicherlich eine wichtige Voraussetzung, um das Bewusstsein der Schüler:innen gegen die Angriffe und Spaltungsversuche des Kapitals zu schärfen. Weiter wird man jedoch mit der politischen Arbeit in Gewerkschaften allein nicht kommen. Als Revolutionär:innen stellen wir in allen Kämpfen den Pol dar, der neben den unmittelbar aufgestellten Forderungen auch immer das System des Kapitalismus’ als Ursache für die angeprangerten Probleme begreift. Deshalb darf eine Gewerkschaft als Kampfstruktur nicht die revolutionäre Organisierung ersetzen. Vielmehr stellen sie eine ausgezeichnete Plattform dar, die eigene Politik vor den Massen der Organisierten Arbeiter:innen, Schüler:innen und Student:innen zu vertreten und durchzuführen. An sich werden die, mit denen wir gemeinsam streiken, nicht automatisch auch ein revolutionäres Bewusstsein erlangen. Ein Streik begnügt sich meist damit, Forderungen um kleine unmittelbare Verbesserungen aufzustellen und spätestens, wenn diese umgesetzt sind, setzt oder stellt sich jede:r wieder an die Schulbank oder den Arbeitsplatz. Ein zentrales Element wird hier meist ausgeklammert: der politische Charakter von Streiks und der politische Charakter von Gewerkschaften, welcher beiden durch die Ideologie des Reformismus abgesprochen wurde. Gegen diese Ideologie gilt es zu kämpfen und zwar über Losungen wie die des unbefristeten politischen Generalstreiks. Denn zu glauben, dass Politik nicht unmittelbar etwas mit den Lebensbedingungen der Arbeiter:innen zu tun hat, wäre fatal. So können zentrale Angriffe auf die Rechte der Arbeiter:innen abgewehrt werden. Würde beispielsweise ein Freihandelsabkommen á la TTIP, ein Kriegseinsatz in Afghanistan oder aber die Grundlage für das System der Leih- und Zeitarbeit, die Agenda 2010*, umgesetzt werden, wenn sich die Arbeiter:innen mit Massenstreiks dagegen wehren? Nein! Mit Sicherheit würden keine Regierung und keine Partei, die ja trotz des bürgerlichen Charakters, von den Massen abhängig sind Gesetze gegen die mehrheitlichen Proteste der Arbeiter:innen durchsetzen. Diese unbefristeten politischen Streiks stellen unmittelbar die Frage nach der Macht im Staat, also die Frage nach der Herrschaft der einen Klasse über die andere. Gleichzeitig bringt ein solcher Streik den Kapitalismus ins Wanken, da ja jeder Betrieb, um Wert zu schöpfen, Arbeitskraft ausbeuten muss. Wenn diese Wertschöpfung zum Erliegen kommt, bangen also nicht nur der bürgerliche Staat, sondern auch die Klasse der Kapitalist:innen* um ihre eigene Existenz. Solche Kämpfe erhöben die Gewerkschaft als Organisierung der Arbeiterklasse gegen Armut und Verelendung zu einer Organisation mit politischen Zielen, zu einer Organisation, die die Interessen der Klasse tatsächlich vertreten und durchsetzen kann, um sich der eigenen Stellung und der eigenen Macht bewusst zu werden.

Kämpfe verbinden!

Tatsächlich kann eine solche Gewerkschaft im bürgerlichen Staat, welcher Streiks außerhalb von Tarifverhandlungen illegalisiert und Strafen wie Entlassung oder sogar Entschädigungszahlungen für „wilde Streiks“ verhängt, kaum existieren. In Indien zum Beispiel ging es soweit, dass die Initiator:innen eines Streiks, welcher Ausschreitungen zur Folge hatte, zum Tode bzw. zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt wurden. Auch werden wohl die wenigsten Gewerkschaften dazu die Bereitschaft aufweisen, auf einmal für politische Forderungen zu kämpfen, auf einmal selbst initiativ zu werden. Denn die Gewerkschaft hat kein Programm, sie organisiert Arbeitende eines Bereiches um ihre eigenen Forderungen. Um alle Gewerkschaften tatsächlich an einem Strang ziehen zu lassen, braucht es eine revolutionäre Partei, die dazu in der Lage ist, von sich aus Massen zu mobilisieren, um der Gewerkschaftsführung gar keine andere Wahl zu lassen, als mitzuziehen und die politischen Forderungen zu unterstützen. Gleichzeitig wirft die Entscheidung, sich einem revolutionären Programm anzuschließen, die Frage auf, welcher Organisation man angehören will. Einer Organisation mit verknöcherter bürokratischer Spitze oder aber der revolutionären Organisation der kämpfenden Massen. Letzteres macht die Gewerkschaft durch die Aufhebung der Trennung politischer und wirtschaftlicher Kämpfe als „unpolitische“ Koordinatorin überflüssig. Sie kämpft nur noch in Form einer basisdemokratischen Gewerkschaftsopposition mit einem eigenen Aktionsprogramm um die Führung unmittelbarer ökonomischer Kämpfe. Ein revolutionäres Bewusstsein kann nur unter großen Teilen der Gesellschaft verbreitet werden, indem Revolutionär:innen nicht nur Forderungen wie eine bessere Finanzierung des Bildungswesens oder aber das Recht auf Mitbestimmung der Lehrpläne auf die Tagesordnung setzen. Wir wollen nicht einfach nur, dass alles besser und netter wird, wir als Lehrende und Lernende wollen selbst bestimmen wie wir das Geld ausgeben und was wir lernen. Wir wollen eine Grundsicherung für Schüler:innen und Studierende unabhängig vom Verdienst und der Situation ihrer Eltern und wir wollen nichts für Bildung und Kultur und öffentlichen Nahverkehr bezahlen müssen. Solche Forderungen sind es, die nachvollziehbar anhand der Bedürfnisse von uns Jugendlichen jeder_m die Grenzen des kapitalistischen Systems aufzeigen, welches uns diese Privilegien mit absoluter Sicherheit nicht zugestehen wird. Solche Forderungen sind es, welche als Katalog, zusammen mit den Forderungen die von den Gewerkschaften bzw. ihren Mitgliedern, aufgestellt werden und Forderungen nach dem Umsturz des Kapitalismus, der Arbeiter:innenbewegung vorgeschlagen, zusammen mit ihr diskutiert und umgesetzt werden müssen. Wir müssen jedes Podium und jede Struktur nutzen, um unsere Forderungen unter die Leute zu bringen. Deshalb wollen wir eine kämpferische Gewerkschaft, in der sich Jugendliche, egal ob Schüler:innen oder Studierende gemeinsam, basisdemokratisch organisieren, um für ihre Forderungen erfolgreich kämpfen zu können. Dabei sollten wir auch versuchen die Schüler:innenvertretungen und die Studierendenparlamente für unsere Forderungen zu begeistern, jedoch darf sich unser Kampf nicht auf den Kampf in diesen light Versionen von Parlamenten beschränken. Diese Gremien haben kaum Möglichkeiten den Schulalltag mitzugestalten. Außerdem haben Lehrer:innen und Schuldirektor:innen meist einen zu starken Einfluss auf diese, weshalb der Kampf auch immer außerhalb der unmittelbaren schulischen Gremien geführt werden muss. In einer Gewerkschaft wollen wir Sozialist:innen für ein revolutionäres Programm der Jugend einstehen, diese also als Podium nutzen, um unsere Ideen vor einer großen Masse zu verbreiten und zu verteidigen. Gleichzeitig müssen wir uns aber den Rahmen vor Augen halten, in dem eine Gewerkschaft agieren kann. So kann die Organisierung in dieser nie die Organisierung in einer revolutionären, antikapitalistischen, internationalistischen Organisation ersetzen, da nur sie die Kämpfe verbinden, die Mittel im Kampf frei wählen und ein revolutionäres Programm vertreten kann.

Fremdwörterlexikon

Agenda 2010: Reform des sozialen und Arbeitsmarktsystems auf Kosten der Arbeiter:innen. Geplant und umgesetzt wurde es 2003 bis 2005 unter der Regierung der SPD und Bündnis90/Die Grünen. Diese Reform stürzte große Teile der arbeitenden Massen in die Zeit- und Leiharbeit. So konnten die Lohnstückkosten in Deutschland im Schnitt massiv reduziert und Deutschland wieder Exportweltmeister werden. Ebenso wurde Hartz IV eingeführt, eine massive Verschlechterung der Existenzsicherung für Arbeitslose, die diese wiederum rigoroser in die Arbeitswelt drängt und dazu bringt, Jobs zu den miesesten Bedingungen anzunehmen.

Produktionsmittel: Alles das, was zur Produktion von Gütern benötigt wird. Also zum Beispiel Fabriken, Grundstücke, Rohstoffe und Maschinen

.Kapitalismus, kapitalistisch: Dieses Wirtschaftssystem hat im 18. Jahrhundert in Europa die Feudalordnung abgelöst. Heute hat sich der Kapitalismus nahezu auf der gesamten Welt ausgebreitet. Die konkurrenzorientierte kapitalistische Wirtschaft ist nicht darauf ausgerichtet, menschliche Bedürfnisse zu befriedigen, sondern hat nur zum Ziel, Profite zu maximieren. Die Produktionsmittel befinden sich im Privatbesitz einiger weniger Menschen, sodass der Großteil der Menschheit nur ihre Arbeitskraft verkaufen kann, um sich ihr Leben durch den Lohn zu finanzieren.

Befreite Gesellschaft, Kommunismus, kommunistisch: Eine Gesellschaftsordnung, in der niemand mehr geknechtet wird, sich jeder Mensch frei entfalten kann und in der keine Ausbeutung, keine Armut, kein Krieg, kein Sexismus, kein Rassismus und keine LGBTIA+-Feindlichkeit existiert. Grundvoraussetzung dafür ist, dass das Privateigentum an Produktionsmitteln abgeschafft wird und die Wirtschaft unter demokratischer Planung aller auf die Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse ausgerichtet ist. Diese Gesellschaft bezeichnen wir als befreite, klassenlose Gesellschaft oder Kommunismus.

Produktionsverhältnis: Die Frage, wer in Besitz der Produktionsmittel ist, bestimmt das Produktionsverhältnis und die Art und Weise, wie die Produktion, der Verbrauch, der Austausch und die Verteilung von Produkten in einer Gesellschaft geregelt sind. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Wirtschaft, sondern auf jegliche zwischenmenschlichen Beziehungen.

Klassengesellschaft: Sobald sich die Produktionsmittel innerhalb einer Gesellschaft nur im Besitz einer bestimmten Gruppe befinden, entsteht ökonomische, soziale und politische Ungleichheit und es bilden sich Klassen heraus. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass eine Klasse die andere ausbeutet und sie somit in einem unversöhnlichen Gegensatz zueinander stehen. So ist nicht nur der Kapitalismus eine Klassengesellschaft, sondern auch der mittelalterliche Feudalismus oder die antike Sklavenhaltergesellschaft.

Klassenkampf: Jede Klasse muss um ihre eigene ökonomische Existenz kämpfen. Da in einer Klassengesellschaft immer ein unversöhnlicher Gegensatz zwischen zwei Klassen besteht, steht der Kampf um die eigene Existenz einer Klasse immer im Widerspruch zu den Interessen der anderen Klasse. Indem in der Geschichte der Menschheit immer eine Klasse die Herrschaft einer anderen abgelöst hat, haben wir uns von der Sklavenhaltergesellschaft zum Feudalismus und schließlich hin zum Kapitalismus entwickelt. Auch hier kämpfen zwei Klassen gegeneinander, auch wenn das nicht immer mit Waffengewalt passiert und uns das nicht immer direkt wie ein Kampf vorkommen mag. Aber jede Forderung nach höheren Löhnen oder mehr Freizeit, jeder Streik und auch jede Kürzung von Sozialleistungen, jede Kündigung und jede unbezahlte Überstunde sind Ausdrücke des ökonomischen Klassenkampfes. Im Kapitalismus bedeutet der Klassenkampf der Arbeiter:innenklasse, der auf den Sturz der unterdrückerischen Kapitalist:innenklasse gerichtet ist, letztendlich auch den Kampf für den Sozialismus und die befreite Gesellschaft.

Bourgeoisie/ Kapitalist:innenklasse: Im Kapitalismus gehören die Produktionsmittel nur einigen wenigen Menschen. Diese bezeichnen wir als Kapitalist:innen oder Bourgeoisie. Wer selber keine Produktionsmittel besitzt, ist darauf angewiesen, seine oder ihre Arbeitskraft gegen einen Lohn an die Bourgeoisie zu verkaufen. Diese Abhängigkeit erlaubt es der Bourgeoisie ihre Profite zu maximieren, indem sie den Lohn nach unten drückt und somit die Arbeitskraft anderer ausbeutet.

Proletariat/ Arbeiter:innenklasse: Wer selber keine Produktionsmittel besitzt, muss irgendwo arbeiten gehen, um sich seinen Lebensunterhalt vom Lohn zu finanzieren. Diese Klasse bildet die große Mehrheit aller Menschen auf der Welt und wird als Proletariat oder Arbeiter:innenklasse bezeichnet. Dabei ist es egal, ob man in einer Fabrik arbeitet, als Supermarktkassierer:in, als Bankangestellte:r, als Pilot:in oder als Fahrradkurier:in. Bürgertum, bürgerlich: Bürgertum ist eine weitere Bezeichnung für die Klasse der Kapitalist:innen. Wenn etwas bürgerlich ist, dann unterstützt es in irgendeiner Weise die gesellschaftliche Ordnung, in der die wirtschaftliche und politische Macht in den Händen der Kapitalist:innen ist.

Marxist:in, Marxismus, marxistisch: Die Schriften von Karl Marx legten im 19. Jahrhundert den Grundstein für die Analyse des Kapitalismus und gaben Antworten, wie dieser überwunden werden kann. Marx entwickelte eine eigene Philosophie und eine eigene Wissenschaft die wir als Marxismus und ihre Anhänger:innen als Marxist:innen bezeichnen. Der Marxismus wurde von vielen Menschen in vielen Ländern im Kampf erprobt und theoretisch weiterentwickelt. Wir beziehen uns hier vor allem auf Karl Marx, Friedrich Engels, Wladimir Iljitsch Lenin, Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Leo Trotzki.

Monopol: Wer ein Monopol innehat, besitzt in diesem Bereich das absolute Vorrecht oder die Alleinherrschaft. Privatisierung: Staatlicher Besitz oder Verantwortungen und Befugnisse werden in privaten Besitz oder an nicht-staatliche Akteure überführt. Privater Besitz kann einem Konzern gehören, aber auch zum Beispiel der bürgerlichen Familie.

Gewerkschaftsbürokratie: Hiermit sind die Chefs und Vorsitzenden der Gewerkschaften gemeint. Sie verdienen das Zehnfache der anderen Gewerkschaftsmitglieder und handeln nicht im Interesse der organisierten Arbeiter:innen. Anstatt zusammen mit ihnen Streiks gegen die Ausbeutung zu organisieren, sitzen sie mit den Kapitalist:innen am Verhandlungstisch und versuchen schlechte Kompromisse zu finden.

Reaktionär: Reaktionär bedeutet rückschrittlich. Wenn sich also bereits bestimmte Errungenschaften erkämpft wurden und diese dann wieder erneut in Frage gestellt werden, ist das reaktionär. Beispiele für reaktionäre Ideologien sind Rassismus und Faschismus.

Patriarchal: Soziale Ordnung in der Männer, im speziellen Väter (lat.: pater), die führende Position in sozialen Gruppen wie Familien, Stämmen o. ä. einnehmen.

Reproduktionsarbeit: Zur Aufrechterhaltung der Arbeitskraft nötige Arbeit. Reproduktionsarbeit wird in unserer Gesellschaft in das Privatleben gedrängt und verschleiert damit ihren Charakter als gesellschaftlich notwendige Arbeit. In Familien übernehmen diese oft die so doppelt (durch Lohnarbeit und Reproduktionsarbeit) ausgebeuteten Frauen.

Repression: Gewaltsame Unterdrückung oder Niederschlagung von gesellschaftlichem Widerstand.

Subsistenzwirtschaft: Entspricht einer teilweisen Selbstversorgung. In vielen Ländern der Welt reicht der Lohn von ausgebeuteten Arbeiter:innen nicht aus, um eine Versorgung zu gewährleisten. Deshalb sind viele Menschen in stark ausgebeuteten Ländern (z. B. Polen, Ukraine) darauf angewiesen, eigene Produkte auf ihrem Land anzubauen und sich so zum Teil selbst zu versorgen.

Selektion: Bewusste Ausgrenzung sozial benachteiligter Glieder der Gesellschaft.




Handlungsvorschlag: Antikapitalistische und revolutionäre Politik an der Schule

Raus aus den Hinterzimmern!

Wenn wir uns tagtäglich in der Schule aufhalten, begegnet uns viel Abfall: Sexismus, Rassismus, Homophobie und auch sonst alles, was es an Unterdrückungsmechanismen gibt. Eigentlich logisch, denn unsere Schulen sind nicht losgelöst vom Rest dieser Gesellschaft. Könnte man jetzt meinen: eh alles Scheiße, bringt doch nix. Aber ganz so ist es auch nicht. Denn wo Unrecht geschieht, gibt es immer Menschen, die das wahrnehmen und dagegen aufbegehren. Speziell unter uns Jugendlichen, denn uns eint eine gemeinsame Unterdrückungserfahrung die wir alle kennen (siehe: Jugendunterdrückung, Ergebnis der Trennung von Öffentlichkeit und Privatheit). Unser Wille aufzustehen, zu rebellieren ist groß. Weil es unsere Zukunft ist, die verspielt wird, und wir der Gesellschaft eben noch keine 50 Jahre ausgesetzt waren und sie als unausweichlich anerkennen. Aber nur wenige kommen von der Wahrnehmung zum Handeln gegen Unterdrückung. Ein Grund dafür ist die hauptsächliche Aufgabe der Schule: zu treuen Untertanen des Kapitalismus zu erziehen (siehe: Was ist Bildung?). Ein anderer ist einfacher: die Meisten von uns haben kaum Möglichkeiten, mit fortschrittlichen und solidarischen Lösungsansätzen in Kontakt zu kommen. Revolutionäre Politik findet oft nur in Hinterzimmern von Kneipen, Demos oder szeneinternen Veranstaltungen statt. Das ist ein Problem, denn Bewusstsein bildet sich schließlich nicht von alleine, sondern in der Diskussion und Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Positionen und der Debatte über die eigene Praxis. Dieses Problem wollen wir angehen! Wir können uns in unseren Schulen organisieren und so linke und revolutionäre Politik dort bekannt machen, wo wir alle täglich gezwungen werden uns aufzuhalten. Wir können anfangen zu kämpfen und beweisen, dass wir gewinnen können. Basierend auf unseren Erfahrungen soll es diesem Teil darum gehen, wie das praktisch funktionieren kann.

Kleines 1×1 der Aktionsformen

Es gibt viele Möglichkeiten, unsere Mitschüler:innen für solidarische, linke und revolutionäre Positionen zu gewinnen. Ein paar wollen wir euch hier vorstellen. Manche sind einfacher zu organisieren als andere. Manche können bereits von einer kleinen Gruppe umgesetzt werden. Für andere braucht es eine größere Unterstützung der Mitschüler:innen, die oft nur durch längere Arbeit vor Ort vorbereitet werden kann. Für manche kann es Ärger geben für andere nicht. Alle wurden schon mal ausprobiert und für gut befunden, aber nicht alle sind zu jeder Zeit sinnvoll. Ein Gefühl dafür kann man sich über die eigene Praxis erwerben. Über den Mut, Dinge auszuprobieren und sie (selbst-)kritisch auszuwerten. Oft macht es Sinn, unterschiedliche Aktionsformen zu kombinieren, um euer Anliegen umzusetzen und die Gruppe zu vergrößern. Prinzipiell gilt: Aktionen schaffen Aufmerksamkeit, aber Inhalte Überzeugungen. Also lohnt es sich für eine Kampagne sowohl inhaltliche als auch aktivistische Aktionsformen zu kombinieren.

Flyer, Flugblatt, linke Schüler:innenzeitung: Ein einfacher, aber sehr effektiver Weg, Anderen eure Ideen mitzuteilen ist es sie einfach mal aufzuschreiben und vor dem Unterrichtsbeginn zu verteilen. Das kann von einem kleinen Zettel bis zu einer mehrseitigen Zeitung reichen. Damit die Anderen aber nicht nur lesen und denken, sondern auch zum Handeln gebraucht werden, empfiehlt es sich auch immer zu einer gemeinsamen Aktion einzuladen. Gleichzeitig sind Texte ein kollektives Produkt der Gruppe. Die Diskussion darüber ermöglicht, strukturiert über politische Inhalte zu diskutieren.

Social Media: Mit Instagram, Facebook, Twitter und Co. kann mit relativ wenig Aufwand eine große Reichweite erzielt werden. Es kann also ein guter Verstärker für eure Politik vor Ort sein, wenn ihr Berichte von Aktionen, Texte, Einladungen zu Gruppentreffen oder Demos teilt. Wenn ihr Bilder von Personen postet, achtet darauf, dass diese damit einverstanden sind und ggf. die möglichen Konsequenzen kennen.

Transparente Aufhängen: Ihr braucht ein bisschen Aufmerksamkeit für eure Aktion? Schnappt euch ein Stück Stoff und Pinsel, findet jemanden, der gut Klettern kann und hängt es so an eure Schule, dass es nicht mehr einfach zu erreichen ist. Solange alle Beteiligten die Fresse halten und ihr es nicht mit dem Gruppennahmen unterschreibt, kann euch auch niemand nachweisen, dass ihr das wart.

Sprühkreide: Auch gut für Aufmerksamkeit. Es gilt: Sprühkreide ist abwaschbar und (normalerweise) nicht strafbar, Lack schon. Eure Entscheidung, aber überlegt gut, ob unter Umständen mehr Leute eine beschmierte Schule scheiße statt cool finden. Wenn ihr niemanden habt, der gut malen kann, empfehlen sich Stencils. Sonst gilt auch: Fresse halten und nicht unterschreiben.

Wahlen zum Schüler:innenparlament oder zur/zum Schulsprecher:in: Auch wenn wir die Schüler:innenparlamente kritisch beurteilen (siehe: Die Schüler:innenvertretung: Mittel zur Selbstbestimmung?), bringen die Wahlen dazu auf jeden Fall eins: Die Möglichkeit viele (oder alle) in eurer Schule mit euren Positionen zuzuballern (egal ob ihr gewinnt oder nicht). Außerdem bringt sie noch was: Am Ende des Tages müssen sich alle entscheiden, was sie unterstützen: links oder rechts. Und noch ein Tipp: macht konkrete Vorschläge anstatt euch hinter Phrasen zu verstecken: Was ist jetzt möglich? Was is drinne, wenn wir uns organisieren? Wie sieht unsere Utopie aus?

Vollversammlungen: In den meisten Schulgesetzen (das ist in jedem Bundesland unterschiedlich. Lohnt sich immer es zu kennen) gibt es das Recht auf mehrere Schüler:innenvollversammlungen pro Jahr, die als verpflichtende Veranstaltungen für alle Schüler an Stelle des regulären Unterrichts stattfinden. Inhalte der Versammlung werden allein durch die Schüler:innen festgelegt, also meist durch das Schüler:innenparlament oder Schulsprecher:innen. Das ist ein super Mittel, um fast alle Mitschüler:innen zu erreichen. Meistens freuen sich sogar die Unpolitischen, weil dann der Unterricht ausfällt.

Offenes Gruppentreffen: Um neue Leute in die Aktivitäten einzubinden und für eure Ideen zu gewinnen, ist es gut, immer wieder zu offenen Treffen einzuladen. Neben Diskussionen können hier auch Aktionen und Kampagnen gemeinsam vorbereitet werden. Wenn ihr eine:n Lehrer:in, Sozialarbeiter:in oder FSJ-Menschen kennt, der euch unterstützt, ist es gut, das nach dem Unterricht in der Schule zu veranstalten. Wenn nicht, fragt doch mal im nächsten Jugendclub, in der Cafeteria oder den nächsten Imbiss/Café.

Workshops, Veranstaltungen, Filmabende: Um ein bisschen tiefer in die Diskussion zu gehen, kann es sinnvoll sein inhaltliche Hofpausen oder Abende anzubieten. Holt euch einen öffentlichen Raum, spielt einen politischen Film und diskutiert hinterher drüber. Wenn ihr euch das zutraut, macht einfach selber einen Workshop oder ladet linke Aktivist:innen, deren Politik ihr feiert zu euch ein.

Konzerte, Tresen, Kultur: Angeblich zu jung zum Feiern und/oder keine Kohle, um die teuren Preise zu bezahlen? Wir alle kennen das. Also warum nicht selber machen und ein Gegenangebot schaffen? Auch Feiern ist politisch. Fragt euch doch in der Vorbereitung, wie es gelingen kann einen Raum zu schaffen, in dem sich alle wohlfühlen: unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht und Geld in der Tasche. Wie kann konsumiert werden ohne Verbote, Gruppenzwang und Missbrauch? Wie schaffen wir es, dass sich nicht nur über die neuen Sneakers, sondern auch über Politik geredet wird?

Freiräume: An den meisten Schulen gibt es keinen Raum, den wir selbstbestimmt nutzen und gestalten können. Wenn wir einen Raum für uns durchsetzen können, kann das ein erster Schritt sein, um aus der kapitalistischen Schule unsere Schule zu machen. Die Nutzung kann so vielfältig seien wie wir es sind: ein Raum zum Lernen, Feiern, Politikmachen, Kickern, Kochen in den Pausen… Und über die gemeinsame Verwaltung lernen wir gleich Demokratie von unten. Selbstbestimmt und unabhängig.

Unterschriftenlisten: Klingt langweilig und führt (alleine angewandt) nur selten dazu, dass ihr euer Ziel durchsetzen könnt. Aber die Hemmschwelle, für z. B. einen Schüler:innenraum zu unterschreiben, ist gering. Sollte eure Forderung dann abgelehnt werden, ist hinterher auch allen klar, wie demokratisch die Schule eigentlich wirklich ist. Sollte das passieren ist es dann auch leichter andere von der Notwendigkeit radikaler Kampfformen zu überzeugen. Es ist immer gut, diese auf Papier zu haben, um in Kontakt zu Anderen zu kommen, parallel dazu kann noch online eine eingerichtet werden.

Kundgebungen: Motivieren und informieren und sind leichter zu machen als gedacht. Besonders gut in Hofpausen. Ihr braucht nur eine Onlineanmeldung bei der Polizei, ein Paar Boxen (mit Akku oder Generator) oder Megaphone, Musik und Reden, ein Transparent und ein paar Flyer. Einschüchtern lassen braucht man sich auch nicht, Versammlungsrecht (Grundgesetz) steht über der Schulplicht (Schulgesetz). Auch hier gibt’s meistens bereitwillig Hilfe von der revolutionären Jugendorganisation eures Vertrauens.

Schulboykott und Streik: Zwar nicht so einfach umzusetzen, aber eine der besten Möglichkeiten die ihr habt, um Schüler:innen von euren Ideen zu überzeugen und gemeinsam mit euch zu demonstrieren. Dahinter steckt eine einfache Überlegung: obwohl wir fast nie mitentscheiden dürfen gibt es ohne unsere Anwesenheit keinen Unterricht und keine Schule. Und genau das wollen wir nutzen, um unsere Forderungen durchzusetzen. Rechtlich gesehen darf keine Unterrichtsstunde stattfinden, wenn weniger als 50% der Schüler:innen anwesend sind. Auch das lässt sich nutzen. Wo wir nicht gehört werden müssen, wir uns unser Recht erzwingen, denn gemeinsam sind wir stark. Das lässt sich auf eine:n einzelne:n Lehrer:in anwenden, auf eine Schule oder ein ganzes Land. Es lässt sich als eintägige Aktion durchführen, sodass ein Warnsignal gesendet wird oder so lange bis wir gewonnen haben.

Blockaden: Funktioniert nach derselben Logik: wo wir nicht gehört werden, setzen wir unser Anliegen massenhaft selber um. Hier kann am Tag des Streiks die Eingangstür zugekettet oder Werbepersonal der Bundeswehr durch eine Masse an Schüler:innen am Betreten der Schule gehindert werden. Wichtig ist, dass ihr viele seid, denn eine Masse ist nur schwer zu bestrafen.

Besetzung: Eine militante Form des Protests. Die Logik: wird uns unsere Freiheit verwehrt dann nehmen wir sie uns gemeinsam. Wenn es gelingt, können wir in der Praxis beweisen, dass wir uns sehr wohl selbst verwalten können, demokratisch, von unten, gleichberechtigt mit allen beteiligten! Der Rahmen könnte unterschiedlich ausfallen: ein Schüler:innenfreiraum, den Eingangsbereich während des Streiks, um zu informieren, einige Räume, um eigenständig zu lernen und Workshops zu organisieren oder die ganze Schule. Klar sollte aber sein, dass ihr viele Mitstreiter:innen und Unterstützende braucht, um darauf folgende Repressionen abzuwehren. Und die Repression wird in der einen oder anderen Form kommen, denn die Obrigkeiten fürchten nichts mehr als einen Machtbeweis, als eine offene Herausforderung durch die Massen. Eine Revolution ist heruntergebrochen auch nichts anderes als eine (organisierte) massenhafte Besetzung der Fabriken, Banken, Polizeistationen, Schulen usw. durch die Unterdrückten und die Errichtung einer (koordinierten) Selbstverwaltung (wir nennen das Rätedemokratie). Keine Frage: es dauert manchmal eine Weile, bis man hier hinkommt. Aber Schulbesetzungen hat es schon gegeben, Revolutionen auch.

Demonstrationen: Überall in der Gesellschaft wird gekämpft gegen Sexismus, Rassismus, Ausbeutung und Krieg. Nur wenn wir alle gemeinsam handeln können wir die Symptome, aber auch den Kapitalismus besiegen. Deshalb lohnt es, sich an Demonstrationen zu beteiligen und in der Schule dafür zu mobilisieren. Außerdem schafft es Motivation für die teilweise langwierige Arbeit in der Schule. Unterrichtsdiskussion und Vorträge: In manchen Fächern wie Erdkunde, PW oder Geschichte wird viel diskutiert und gleichzeitig viel reaktionäre Propaganda verbreitet. Hier revolutionäre Positionen zu diskutieren bringt viel und kann eure Mitschüler:innen überzeugen. Lasst eurer Lehrkraft oder euren Mitschüler:innen nix durchgehen, denn wer gut argumentiert kann auch nicht bestraft werden. Wenn ihr euch noch unsicher seid, bereitet euch doch einfach zusammen mit eurer Gruppe darauf vor. Kling einfach, ist aber einer der wichtigsten Sachen! Nur wer sich grade macht, gewinnt!

Flashmob: Wer Bock auf kreativen Output hat, sollte mal über diese Aktionsform nachdenken. Ein Flashmob ist im Grunde so etwas wie ein kleines Theaterstück von 5 bis 10 Minuten. Z. B. eine Mauer aus bemalten Kartons bauen mit Fakten über die europäische Außengrenze und dann die Zuschauer:innen animieren diese einzureißen. Funktioniert erstaunlich gut und kann gut eine andere Aktion bewerben. Einfach mal googeln, wenn ihr eine Anregung braucht.

Video: Um Aufmerksamkeit für Aktionen zu generieren, funktionieren kleine Videos meistens sehr gut. Hierfür lohnt es sich auf jeder Aktion ein paar Videomitschnitte zu machen. Nach einer Weile gibt es dann genug Material, das zusammengeschnitten werden kann. Achtet darauf, dass keine Gesichter von Menschen zu sehen sind, die das nicht wollen.

Legal? Illegal? Scheißegal!

Einige dieser unverbindlichen Vorschläge sind nicht legal und können euch, wenn ihr dabei erwischt werdet, in Schwierigkeiten bringen. Von Schulkonferenzen über Verweise sogar bis hin zu kleinen Geldstrafen können euch Lehrer:innen, Direktor:innen oder die Polizei in eurer politischen Entfaltung unterdrücken. Lasst euch davon nicht kleinkriegen, sondern organisiert eine Öffentlichkeit und fordert Mitschüler:innen, Lehrer:innen, Eltern, aber auch Gewerkschaften wie die GEW (Lehrer:innengewerkschaft) oder Politiker:innen zur Solidarität auf. Eine schlechte Note für die Teilnahme an einem Schulstreik oder die Drohung mit dem Schulverweis, wenn man ein Transpi aufgehängt hat, sollen euch einschüchtern. Sowas zeigt, dass es in der Schule nicht darum geht, dass Schüler:innen lernen sich eigenständig aktiv einzubringen und für ihre Meinung einzustehen -und das gilt es aufzuzeigen. Außerdem sollte ihr niemandem erzählen, wer sich an rechtlich zweifelhaften Aktionen beteiligt hat, um euch und eure Genoss:innen nicht unnötig in Gefahr zu bringen.

An der Schule organisieren!

Die Möglichkeiten, Politik in die Schule zu tragen sind also vielfältig. Nur alleine wird das nix. Wenn wir uns aber zusammenschließen und politische Schulgruppen organisieren, sind unsere Möglichkeiten groß. Wenn wir viele werden und uns vernetzen sogar grenzenlos. Um viele zu werden, müssen wir jedoch anfangen dort neue Leute für unsere Ideen zu gewinnen, wo wir uns täglich aufhalten müssen: in den Schulen. Es gibt unterschiedliche Formen von Schulgruppen. Unabhängig von der Form gibt es jedoch einige Grundvoraussetzungen für den erfolgreichen Aufbau politischer Schüler:innengruppen:

Grundlagen politischer Organisation an Schulen

In unserer politischen Arbeit an der Schule müssen wir unser Bewusstsein an der Praxis und Diskussion (weiter-)entwickeln. Dabei bewegen wir uns in einem permanenten Spannungsfeld zwischen systematischer Jugendunterdrückung und dem Versuch, uns in der Schule zu gehorsamen Untertanen des Kapitalismus zu erziehen. Unsere Gruppe an der Schule dient jedoch dazu, uns gegenseitig und selbst zu prägen und erziehen, sowie praktische Fortschritte zu erkämpfen. Dafür braucht es die freie Diskussion. Soll diese gelingen müssen wir in der Lage sein, Funktionen der Jugendunterdrückung als auch Einflüsse der ideologischen Erziehung innerhalb der Gruppe zu verdrängen. Dazu dienen die drei Grundlagenpunkte, die deshalb als Grundlage jeder Organisierung von links an der Schule betrachtet werden können. Unabhängig von Lehrer:innen, Eltern und Erwachsenen: Alle von uns kennen das Symptom, dass unsere Meinung, weicht sie ab von der Meinung vermeintlicher Autoritäten, auf einmal nix wert sein soll. Mit einer plumpen Argumentation von „Unerfahrenheit“ wird sie dann abgetan oder sogar bestraft. Eine freie Diskussion innerhalb der Gruppe ist nicht möglich, wenn wir Angst haben müssen dass unsere geäußerten Gedanken Repression zur Folge haben. Sei es im Elternhaus oder in der Schule. Deshalb ist es sinnvoll, dass unsere Treffen ohne Erwachsene stattfinden. Gezielte Zusammenarbeit mit Eltern oder Lehrern für die Umsetzung gewisser Punkte (wie z. B. ein Schüler:innenraum) schließt sich dadurch natürlich nicht aus.

Finanzielle Unabhängigkeit: Geld ist in dieser Gesellschaft immer ein Druckmittel. Auf Jugendliche wirkt es besonders stark, weil wir finanziell stärker von anderen abhängig sind, also keinen regelmäßigen Lohn oder regelmäßige Zahlungen erhalten. Dabei sind wir immer von der Zahlungsmoral unserer Eltern uns gegenüber oder von schlechten Löhnen, welche sich oft unterhalb der Grenze des Mindestlohns bewegen, abhängig. Ebenso dienen Geldzuschüsse auf Jugendgruppen als Kontrollmittel. Während die Schule vielleicht noch ein paar Euro für einen Filmabend gegen Sexismus locker macht, wird sie sicher keinen Schulstreik bezahlen. Auch die meisten andern Fördermittel sind an das Akzeptieren der „freiheitlich demokratischen Grundordnung“ gebunden. Also an die Akzeptanz dieser Gesellschaft. Deshalb gilt: über die politischen Inhalte der Gruppe und die Ausgaben, die damit verbunden sind (z. B. für Flyer) entscheiden allein die Gruppenmitglieder. Wir machen keinen Kompromiss am Inhalt für Geld, unsere Meinung ist nicht käuflich!

Unabhängig vom Schülerparlament: Ideologische Erziehung findet im Unterricht statt. Aber auch im Schülerparlament. Grob gesagt werden wir in einem nahezu rechtlosen Miniparlament zu einer Scheindemokratie erzogen. Außerdem befinden sich im Schülerparlament fast immer Sexist:innen, Rassist:innen und andere Reaktionäre. Oder einfach die mit der größten Klappe. Zu versuchen das Parlament zu einer linken Gruppe zu machen, ist wie der Versuch, den Regen von unten nach oben steigen zu lassen. Eine Schulgruppe darf sich davon nicht abhängig machen kann aber ggf. als Fraktion in Schülerparlament auftreten, um gewisse Rechte (z. B. Vollversammlungen) zu nutzen.

Darüber hinaus gibt es einige Methoden, die sich in der Praxis als sinnvoll erwiesen haben, um neue Leute anzusprechen und unsere Kapitalismuskritik anschaulich zu machen:

Offenes Auftreten: Wer neue Leute außerhalb des Freundeskreises erreichen will muss für alle ansprechbar sein. Ohne offene Veranstaltungen und einige bekannte Gesichter wird es sonst schwer für Mitschüler:innen, deren Interesse durch Aktionen geweckt wurde, selbst aktiv zu werden. Wo die Gefährdung durch z. B. Nazis zu hoch ist, lohnt es sich Mischformen zu suchen. Etwa eine linke Organisation, die eure Flyer für euch verteilt, aber eine offene Veranstaltung im Jugendclub.

Sichtbare Probleme im Zusammenhang mit Kapitalismus erklären: Meist erkennt man gesellschaftliche Probleme erst in ihren Auswirkungen, wenn sie einen selbst betreffen. Ein:e Mitschüler:in die schlechte Noten bekommt, weil die Lehrkraft sie nicht leiden kann findet das normalerweise scheiße. Logischerweise kämpfen wir ganz praktisch gegen diese Ungerechtigkeit. Es lohnt sich aber immer den Zusammenhang zum System zu aufzudecken. In dem Beispiel könnte es sein, warum Selektion, Leistungsterror und autoritäre Prinzipien für den Kapitalismus notwendig sind (siehe: Bildung und soziale Ungleichheit). Eine allgemeine Kritik wie: Rassismus, Unterdrückung und Kapitalismus sind scheiße kann natürlich auch mal sein, funktioniert aber meistens schlechter um neuen Leute zum Weiterdenken zu bewegen, da es wenig greifbar bleibt.

Lösungen vorschlagen: Es ist immer ein wichtiger Schritt herauszufinden, wogegen man ist und warum man etwas ablehnt. Die Meisten bleiben aber hier stehen. Daraus erwächst Perspektivlosigkeit und Argumentationen wie „Kapitalismus ist nicht gut aber das einzige, was funktioniert“. Um die Leute von da abzuholen ist es wichtig, konkrete Vorschläge zu machen, wie etwas besser laufen könnte. Das lässt sich z. B. in Forderungen gut verpacken. Um eine revolutionäre Position auszuformulieren, klappt es gut sich einem Problem zu widmen, Vorschläge zu seiner Bekämpfung zu machen und diese mit der Systemfrage, also seiner Überwindung im Kontext der Zerschlagung des Kapitalismus zu verbinden. An dem Beispiel von oben könnte ein Ende der Benotung nach Sympathie und Geschlecht kombiniert werden mit dem Vorschlag, dass Schüler:innen das Recht haben sollten ihre Lehrer:innen abzuwählen. In der letzten Stufe könnte vorgeschlagen werden, dass Bildung nicht nur Arbeitskräfte schaffen, sondern tatsächlich zum Vermitteln des Selberdenkens und so der freien Entfaltung dienen sollte. Die Wahrheit ist immer konkret!

Erste Schritte für den Gruppenaufbau

Der schwerste Schritt ist oft der Anfang. Das größte Hemmnis sind oft unsere Furcht vorm Versagen und unser Selbstbewusstsein. Doch eigentlich haben wir nix zu verlieren. Im schlimmsten Fall bleibt es so beschissen wie vorher. Um den Start trotzdem etwas zu erleichtern, wollen wir hier eine Möglichkeit für die ersten Schritte vorstellen. Am Anfang steht immer, sich selbst Gedanken zu machen und das Umfeld zu beobachten Welche Probleme werden an der Schule wahrgenommen? Welche Themen stoßen bei den Mitschüler:innen auf Interesse? Welche Probleme existieren werden aber kaum wahrgenommen? Parallel dazu kann man schon mal anfangen seinen Freundeskreis und Bekannte anzuhauen und Ihnen die Ideen vorzustellen. Wenn sich gleich viele finden, ist das gut. Aber oft fangen 3-4 Menschen an eine Gruppe aufzubauen. Auf einem ersten Vorbereitungstreffen könnt ihr dann klären, welche Themen ihr ansprechen wollt, einen öffentlichen Raum klären und einen Vorstellungstext schreiben. Damit geht’s dann an die Öffentlichkeit. Ob ihr ihn verteilt oder einfach die ganze Schule damit zuklebt, ist eure Entscheidung. Seid kreativ, benutzt alles, was hilfreich ist: Chatgruppen, Internetplattformen… Hiermit wird zu einem ersten offenen Treffen eingeladen. Auf dem ersten Treffen sollte man dann nochmal demokratisch entscheiden, wozu ihr arbeiten wollt. Ihr solltet offen für die Ideen anderer sein, aber auch schon einen Vorschlag haben damit keine Atmosphäre der Ratlosigkeit entsteht. Auf den Treffen, die fortan regelmäßig stattfinden sollten, ist es immer gut, einen Diskussionsteil und einen praktischen Teil zu haben. Auf dem ersten Treffen kann beispielsweise gleich eine Liste mit Themen, über die ihr euch informieren und austauschen wollt, erstellt werden. Außerdem könnt ihr gleich anfangen, eine praktische Aktion vorzubereiten. Das macht nicht nur Spaß, sondern sorgt auch dafür, dass ihr mehr werden könnt. Am besten kombiniert ihr gleich ein paar Aktionsformen. Wichtig ist es keine Angst davor zu haben zu polarisieren. Wer kontroverse Themen anstößt, stößt eine Diskussion an. Nicht alle werden das gut finden, wenn sie dadurch „gezwungen“ werden sich zu positionieren. Für euch ist das aber gut, wenn die Mitschüler:innen sich zwischen links und scheiße entscheiden müssen. Das heißt nämlich auch, dass sie sich Gedanken machen und über eure Argumente nachdenken. Ansonsten gilt: dran bleiben, sich nicht demotivieren lassen, wenn mal was nicht klappt. Bringt Geduld mit, die Welt wird schließlich nicht an einem Tag verändert.

Unterschiedliche Formen der Schulgruppe

Im folgenden Abschnitt wird es darum gehen, welche Formen der Organisierung an der Schule zur Verfügung stehen. Sie lassen sich unterscheiden in zwei Formen der politischen Organisierung und eine Abgrenzung dieser zur Bündnispolitik (Einheitsfront) an der Schule. Sie alle einen die oben ausgeführten Grundsätze. Sie unterscheiden sich vor allem im Bezug auf die politische Klarheit und Homogenität (also dem Programm). Welche Form gewählt wird, ist abhängig vom durchschnittlichen Bewusstsein an der Schule und der beteiligten Aktivist:innen. Für Revolutionär:innen ist es zentral sie zu kennen, die Situation korrekt, und immer wieder neu, einzuschätzen und die Taktik anzuwenden.

Die kommunistische Schulgruppe

Ziel aller revolutionären Kommunist:innen ist der Aufbau kommunistischer Gruppen an der Schule, als Teil der unabhängigen kommunistischen Jugendorganisation. Dies erklärt sich logisch aus unserer Überzeugung, die wir aus der Geschichte, Theorie und Praxis herleiten. Hierbei ist für die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus, den Aufbau einer Rätedemokratie und den Sozialismus als Übergang zur komplett befreiten Gesellschaft (dem Kommunismus) eine revolutionäre Organisation notwendig. Die Notwendigkeit einer solchen Organisation erklärt sich aus der erdrückenden Macht des bürgerlichen Staats. Wenn wir diesen besiegen und uns selbst befreien wollen, müssen auch wir organisiert und konsequent auftreten. Eine halbwegs fertige Jugendorganisation (die wir noch nicht sind) hat dabei die Basiseinheiten dort, wo das gesellschaftliche Leben von uns Jugendlichen stattfindet: in den Schulen und Ausbildungsbetrieben. Als Basiseinheiten teilen die kommunistischen Schulgruppen dabei die politischen Überzeugungen (das Programm) mit der Organisation. Sie wirbt und kämpft hier für konsequent revolutionäre Positionen. Gleichzeitig darf die kommunistische Schulgruppe ihren Mitgliedern nicht als Ersatz für die politische Organisation gelten. Sie teilt die gemeinsam koordinierte und in der Organisation geplante Praxis (demokratischer Zentralismus). An dieser Stelle muss jedoch festgestellt werden, dass sich kommunistisches Bewusstsein nicht aufzwingen lässt. Es erwächst aus der Diskussion, der eigenen praktischen Erfahrung und dem erfolgreichen Kampf der kommunistischen Organisation. Die Differenzen zum vorherrschenden bürgerlichen Bewusstsein sind riesig, aber auch die zum durchschnittlichen linken groß. In Deutschland existiert jedoch keine kommunistische Organisation mit Massenbasis. So können wir unsere Positionen nur sehr begrenzt in der Praxis beweisen. Als Folge dessen ist es oftmals schwer unsere Mitschüler:innen direkt für den Kommunismus zu gewinnen. Selbstverständlich hindert uns das nicht daran es zu versuchen, auch werden wir diese Absicht nie verschweigen. Kommunistische Schulgruppen sind deswegen heutzutage oft noch klein. Oft sind es wenige fortschrittliche Genoss:innen, die innerhalb von linken Schulgruppen oder Aktionskomitees Fraktionen bilden. Sie argumentieren innerhalb dieser geduldig für das revolutionäre Programm. Sie versuchen die Praxis in eine revolutionäre Richtung zu lenken und werten gemachte Fehler geduldig aus. Sie machen ihre Politik jedoch niemals abhängig von diesen Strukturen, da diese meist bürgerlich durchdrungen sind. Da sie unabhängig bleiben, planen Schulgruppen eigenständig Aktionen setzten diese auch um. Aber die Basiseinheiten der revolutionären kommunistischen Jugend haben immer zwei Vorteile: die besten Kämpfer:innen an ihrer Seite und die logischen und konsequentesten Argumente auf ihren Zungen.

Linke Schulgruppe

Aus den genannten Schwierigkeiten unterstützen wir jedoch auch das Entstehen unabhängiger, linker Schüler:innengruppen bedingungslos. Dies trifft insbesondere auf Schulen zu, in denen das durchschnittliche Bewusstsein eher rechts ist, oder zu wenige Genoss:innen vorhanden sind, um eigenständig handlungsfähig zu sein. Jede linke Schulgruppe ist hierbei ein Schritt nach vorne, insbesondere in Zeiten des Rechtsrucks. Wir respektieren das Bedürfnis nach Unabhängigkeit als logische Konsequenz der Jugendunterdrückung. Eine linke Schulgruppe zeichnet sich hierbei durch ein gemeinsames Verständnis aus (z. B. gegen Sexismus, Rassismus, Homophobie und Ausbeutung). Wenn man so will eine Art Programm in roher Form. Zusätzlich gibt es auch hier eine gewisse organisatorische Verbindlichkeit, z. B. Mitgliedsbeiträge oder gemeinsames Verteilen der erstellten Flyer. Besonders wichtig ist es hierbei das richtige Verhältnis von Diskussion und Aktion zu entwickeln. An der eigenen Praxi lässt sich dabei Theorien am besten diskutieren, da sie so anschaulich und überprüfbar wird. Weder reine Theoriezirkel noch ausschließlich aktionistische Gruppen führen zu einem erfolgreichen Aufbau. Wir, als Jugendorganisation, finden es wichtig, dass sich Jugendliche anpolitisieren und selbst aktiv werden, sind aber der Meinung, dass es aber nicht bei linken Schüler:innengruppen bleiben kann, wenn wir die Gesellschaft nachhaltig verändern wollen. Dazu braucht es -wie schon erwähnt- eine organisierte Kraft, die ein Programm hat und dafür argumentieren wir in den linken Schulgruppen.

Die Formen der politischen Organisation unterscheiden sich von der Bündnispolitik, die wir hier nur kurz anreißen werden. Bündnisse sind von der politischen Meinung wesentlich breiter aufgestellt. Der Vorteil in der Masse macht sie jedoch auch kurzlebiger da sie bei Meinungsverschiedenheiten schneller zerbrechen. In der momentanen Praxis sind vor allem Aktionsbündnisse relevant. Also kurzfristige Allianzen für die Durchsetzung eines Zieles. Beispielsweise die Gegenmobilisierung zu einer Rassist:innendemo, die an der Schule vorbeiführt, Schulstreiks zur Erkämpfung eines Schüler:innenraums etc. Politische Gruppen sollten stets darauf achten, dass sie ihre eigene (weiterreichende) Position nicht zugunsten der größeren Masse zu verschweigen. Also die Unabhängigkeit in Idee und Praxis nicht aufgeben, sich nicht vom Druck der bürgerlichen Ideologien brechen lassen. Sie können von bereits existierenden Schulgruppen organisiert werden. In manchen Fällen, z. B. bei in einer besonders reaktionären Schule, sind sie jedoch auch ein Mittel für einzelne Antikapitalist:innen, eine erste Bewegung unter den Mitschüler:innen zu schaffen. Das Ziel ist hierbei, neben der Durchführung der gemeinsamen Aktion, andere durch die gemeinsame Praxis für revolutionäre Gedanken zu gewinnen. Bei großer Stärke ist es möglich eine andere Form des Bündnisses ins Leben zu rufen. Einen sogenannten Schüler:innenrat. Dieser ist langfristiger angelegt und wird als revolutionär demokratischer Gegenentwurf zum Schüler:innenparlament positioniert. Alle Schüler:innen (außer aktive Rassist:innen, Sexist:innen, Nazis …) sind hier stimmberechtigt und Funktionen (wie Sprecher:innen) jederzeit wähl- und abwählbar. Praktische Relevanz fand er in letzter Zeit vor allem bei der Verwaltung von Schülerräumen und Besetzungen.

FAQ

Wie soll ich das bezahlen? Das Einfachste ist es, Mitgliedsbeiträge zu nehmen und sich eine Aktion zur Finanzierung einfallen z u lassen. Z. B. Getränkeverkauf auf dem eigenen Filmabend, Grillen oder eine Party organisieren. Wenn ihr Finanzanträge stellen wollt, lohnt es sich rauszufinden welche Studierendenvertretungen (AStA) links sind und dort mal nachzufragen. Auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat eine monatliche Ausschüttung für Projekte und manchmal gibt’s auch bei den Gewerkschaften was zu holen. Seid vorsichtig bei allem, wo ihr die „freiheitlich demokratische Grundordnung“ unterschreiben müsst. Das ist schonmal nach hinten losgegangen. Achtet immer auf eure finanzielle Unabhängigkeit.

Was ist, wenn es Stress mit der Schulleitung gibt?

Die erste Regel ist: wenn ihr viele seit können sie euch nix. Die zweite: lest das Schulgesetz! Oft verstoßen Schulleitungen dagegen. Wenn es (was selten vorkommt) wirklich Ärger geben sollte, schafft Öffentlichkeit! Bei der Abwehr von Repression unterstützen wir jedes linke Projekt bedingungslos.

Was ist wenn es Ärger mit der Polizei gibt?

Falls ihr bei irgendwas festgenommen werdet unbedingt die Aussage verweigern! Ihr müsst nur das angeben, was auf eurem Ausweis steht und dass ihr Schüler:in seid, egal was sie euch erzählen. Danach nehmt ihr Kontakt zur Roten Hilfe e. V. auf! Hier gibt’s rechtliche und finanzielle Unterstützung. Wir können euch auch nur das Material der Roten Hilfe empfehlen wie z. B. die Broschüre „Was tun wenn’s brennt?“

Ist es erlaubt, meine Schule zu bestreiken oder Kundgebungen während der Schulzeit zu machen?

Rechtlich ist das ein Graubereich. Theoretisch steht die Versammlungsfreiheit (Grundgesetz) über der Schulplicht (Schulgesetz). Durchgeklagt hat das aber noch niemand. Legitim ist es aber allemal.

Wie melde ich Kundgebungen und Demonstrationen an?

Einfach online bei der Polizei. Kundgebungen und Demonstrationen müssen in der Regel 48 Stunden vor ihrem Start angemeldet werden von einer Person über 18. Meldet sie an, bevor (!) ihr Flyer dafür verteilt. Es existiert ein polizeiliches Register, wo alle Anmelder:innen gespeichert werden. Seit euch dessen bewusst und ändert diesen nicht zu oft.

Was ist ein V.I.S.D.P.

Verantwortlicher im Sinne des Pressegesetzes“ muss klein auf alles rauf was ihr öffentlich verteilt. Es soll schon öfter mal vorgekommen sein, dass die angegebenen Namen und Adressen gar nicht existieren. Ist bis jetzt noch nie jemandem aufgefallen …

Wo kann ich drucken?

Auch hier lohnt es sich manchmal linke Studierendenvertretungen zu fragen. Sonst versucht Zugriff auf den Schulkopierer zu bekommen. Manchmal muss man auch in den Kopierladen rennen, das ist allerdings recht teuer. Die billigste Onlinedruckerei (für Hochglanz) ist Flyeralarm. Die ist allerdings so billig, weil sie beschissene Arbeitsbedingungen hat.

Wie mache ich ein Layout?

Es muss nicht immer Photoshop sein: Auch Plakate und Flyer, die man mit der Hand malt und dann kopiert, können Menschen erreichen. Ansonsten kann man auch sehr leicht mit Microsoft Word kleine Flyer erstellen einfach erstellen oder kostenlose Programme wie GIMP, Inkscape oder Skribus. Fürs “Professionelle” gibt‘s InDesign von Adobe, was vielleicht in euer Schule zur Verfügung steht.




The road to REVOLUTION (Programm)

Programm der internationalen kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION, 2018

Es herrscht Krise!

International befinden wir uns in einer Periode stetiger Unsicherheit. Stetig sind wir der Gefahr neuer Einbrüche des Wirtschaftssystems und drohenden neuen Kriegen ausgesetzt, verbunden mit immer folgenschwereren Angriffen auf uns Jugendliche, Arbeiter_innen und Unterdrückte. Die Finanzkrise von 2007/08 hält bis heute an. Vielerorts werden von unterschiedlichen kapitalistischen Staaten Rettungspläne gebastelt, die zu einem Ende dieser Krise führen sollen. So erleben wir eine langjährige Niedrigzinspolitik1 der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank, staatliche Konjunkturprogramme des chinesischen Staates2 und das Anwachsen von neuen Spekulationsblasen. Hierbei handelt es sich um das künstliche Hinauszögern weiterer Kriseneinbrüche.

Relevante Möglichkeiten zur Abwälzung der Krisenlast auf einzelne Nationalstaaten waren in den vergangenen Jahren der zunehmende soziale Kahlschlag in wirtschaftlich schwachen, unterdrückten Nationen. Wie beispielsweise in Griechenland, wo an Kredite unmittelbare Sanktionen zur Drückung des allgemeinen Lebensstandards gebunden sind. Aber auch Angriffe auf die eigene lohnabhängige Bevölkerung in wirtschaftlich führenden Nationen, wie in Frankreich, können wir beobachten. Dort wird seit Jahren das Arbeitsrecht massiv angegriffen, um eine effizientere Ausbeutung der Arbeiter_innen und Jugend zu ermöglichen.

Zu guter Letzt erleben wir eine zunehmende Konkurrenz zwischen einzelnen imperialistischen Nationen und Blöcken, die versuchen die Einflussgebiete der anderen Staaten einzugrenzen. Ob im Kampf um Syrien und der Ukraine militärisch oder beim Landgrabbing3 und dem Ankauf von Firmenanteilen wirtschaftlich – die Auseinandersetzungen nehmen zu. Auch Konflikte um Währungen und Wirtschaftssanktionen finden sich wieder häufiger auf der Tagesordnung. Wir erleben einen zunehmenden Kampf um die Neuaufteilung der Welt. Dabei herrscht die Krise nicht nur, sie ist es auch, die diese Entwicklung antreibt. Was wir erleben, ist keine rein konjunkturelle Krise, die in einzelnen Bereichen der Wirtschaft stattfindet. Nein, diese Krise umfasst die ganze Welt und alle Wirtschaftsbranchen! Oberflächlich drückt sie sich aus in einem Einbruch von Konsum, Investition und einem geringen Wachstum. Konkret haben wir es jedoch mit einer sogenannten Überakkumulationskrise4 zu tun. Das bedeutet einerseits die Abnahme des Anteils menschlicher Arbeit am einzelnen Produkt im Zuge des ständigen Zwangs zu Modernisierungen. Andererseits die Zunahme der Überproduktion an Waren, aufgrund der gesteigerten internationalen Produktivität. Daraus entsteht eine zunehmende Überproduktion. Diese wird jedoch im Zuge der dabei ausbleibenden Gewinnerwartungen ebenfalls zum Problem. Das investierte Kapital kann nicht produktiv verwertet werden. Auswirkungen sind massive Arbeitslosigkeit, brach liegende Geldmengen, Kauf von Land und Wohnraum und Zunahme von Spekulation. Dieser Prozess führt zu zunehmender globaler Spannung. Im Rahmen des Kapitalismus kann dieses Problem nur durch die massive Vernichtung von Kapital und Produktionsstätten zeitweise verbessert werden5. Die bestehenden Krisenbewältigungsmaßnahmen (Konjunkturprogramme, Niedrigzinspolitik, etc.) sind verzögernde, aber nicht beendende Antworten auf die Krise.

Diese Auseinandersetzungen finden zwar über unsere Köpfe hinweg statt, doch sie stoßen bei den Ausgebeuteten und Unterdrückten auf Widerstand. So brachte diese Reihe gigantischer historischer Angriffe auch die größten Formen des Widerstands auf die Straßen unserer Welt. Im September 2016 traten 180 Millionen indische Arbeiter_Innen in den Generalstreik, um die Erhöhung des Mindestlohns zu fordern. Gegen die Amtseinführung von Donald Trump demonstrierten Millionen – vor allem Frauen.

Der wohl deutlichste massenhafte Widerstand spiegelte sich aber im arabischen Frühling im Jahr 2011 wider. Die Revolutionen im arabischen Raum brachen aus, weil die zunehmend miserablen Lebensbedingungen der Armen und Arbeiter_innen zu Empörung und Unzufriedenheit führten. Während die Herrschenden zu weiteren Angriffen gezwungen waren , gab es über 40 Hungerrevolten in diesem Zeitraum. Es kam zum Sturz der alten Regime und die Frage der Staatsmacht lag auf der Straße. Dies offenbart, dass diese Gesellschaft auf Sand gebaut ist und dass auch die autoritärsten Regime unter dem Druck sozialer Widersprüche zerfallen können. Hierbei konnten die Kämpfer_innen und ihre Organisationen allerdings kaum über demokratische Forderungen hinauszukommen, nach Rechten auf freie Wahlen oder auch bessere Lebensbedingungen. Diese Forderungen hatten einen klassenübergreifenden Charakter und orientierten sich in erster Linie an den grundlegenden Fragen des Alltags. Sie vermochten es aber nicht, der Bewegung ein Programm zu geben, welches die Frage der Macht im Staat und über die Produktion aufwarf und damit das System als ganzes in Frage stellte. Es hätte eine Organisation gebraucht, die das spontane Bewusstsein der Massen mit einem klaren Programm hin zur Zerschlagung der herrschenden, kapitalistischen Ordnung entwickelt.

Der arabische Frühling blieb auf halber Strecke stehen und gab der herrschenden Klasse und rückschrittlichen Kräften dadurch die Möglichkeit sich neu zu ordnen und zum Gegenschlag auszuholen. Der Imperialismus konnte sich, wie durch el-Sisi in Ägypten, neue Marionettenregime aufbauen. Das fand auf blutige Art und Weise statt und zwingt heute hunderttausende Menschen in die Flucht. Die finale Niederschlagung des arabischen Frühlings erlebten wir im Fall Aleppos in Syrien im Dezember 2016. Insgesamt erleben wir auf internationaler Ebene eine Veränderung innerhalb des Klassenkampfes aus der revolutionären Phase, eingeleitet durch den arabischen Frühling bis zur Kapitulation von SYRIZA im OXI-Referendum im Sommer 2015, hinein in eine konterrevolutionäre Phase von Putschen und dem Aufstieg rechtspopulistischer Parteien bei gleichzeitiger Desorientierung der Arbeiter_innenbewegung international. Wir befinden uns in einer Periode der Krise, in der sich das Bewusstsein aktuell zunehmend nach rechts entwickelt und Revolutionär_innen vermehrt gezwungen sind gegen den Strom zu schwimmen.

Doch wie kommt es überhaupt dazu? Der Kapitalismus ist eine Gesellschaft von Ungleichheit, in der einige Wenige den größten Teil des Vermögens besitzen. Den Arbeiter_Innen, die durch ihre Arbeit tagtäglich neue Werte schaffen, wird nur so viel bezahlt , wie sie sich durch gemeinsame Organisierung und gewerkschaftlichen Kampf herausschlägt. Dort wo die Arbeiter_innen kaum oder gar nicht gewerkschaftlich organisiert sind, hat der Kapitalismus die Tendenz ihren Lohn auf die unmittelbare Erhaltung ihres Lebens oder gar darunter zu drücken. Eine solche Gesellschaft, deren Ziel die schier unendliche Anhäufung von Kapital ist, kann weder die Bedürfnisse aller Teile der Welt befriedigen, noch ist sie in der Lage, friedlich zu existieren. Denn Kapitalismus bedeutet Krieg, Krise und Ausbeutung. Nur durch die bewusste und organisierte Erhebung der Arbeiter_innen und Unterdrückten international kann die Unterdrückung ein für alle mal aufgehoben werden. Der Kapitalismus muss zerschlagen und durch eine sozialistische Gesellschaft ersetzt werden!

Die Revolution & die Arbeiter_Innenklasse

Im Kapitalismus gibt es zwei Hauptklassen. Die Arbeiter_innenklasse (oder Proletariat) und die Kapitalist_innenklasse (oder Bourgeoisie). Die Bourgeoisie ist die herrschende Klasse in dieser Gesellschaft, sie besitzt die Produktionsmittel (Fabriken, Maschinen, etc.). Die Arbeiter_innenklasse ist im Wesentlichen eine Klasse, die keinen Besitz an Produktionsmitteln hat. Sie ist gezwungen ihre Arbeitskraft an die Kapitalist_innen zu verkaufen, die sich daraus den Mehrwert aneignet und somit die Arbeiter_innenklasse ausbeutet. Zwischen diesen beiden Klassen kann es keinen dauerhaften Ausgleich geben. Neben den beiden Hauptklassen gibt es noch andere Klassen und Schichten, wie das Kleinbürger_innentum6 oder die lohnabhängigen Mittelschichten7. Über die Gesellschaft erhebt sich scheinbar unabhängig von den Klassen der Staat. Doch dieser handelt im Interesse der herrschenden Klasse und hat ein Interesse an der Aufrechterhaltung des bestehenden Gesellschaftssystems, aus dem er entspringt.

Als Jugendorganisation ist es unsere Aufgabe Jugendliche zu organisieren. Doch für uns alleine ist es nicht möglich den Kapitalismus zu stürzen, vielmehr fällt diese Aufgabe dem Proletariat zu. Die letzten Jahrzehnte haben wesentliche Veränderung in der Situation der Arbeiter_innenklasse gebracht, die Mehrheit des Proletariats befindet sich heute nicht mehr in Europa und Nordamerika sondern in Asien, Afrika und Südamerika. Staaten wie China haben eine hunderte Millionen starke Arbeiter_innenklasse. In Europa und Nordamerika hat sich die Arbeiter_innenklasse ausdifferenziert und ist nicht mehr in erster Linie in der klassischen Schwerindustrie beschäftigt. Doch all das ändert nichts an der historischen Aufgabe der Arbeiter_innenklasse: Dem Sturz des Kapitalismus.

Natürlich ist zum aktuellen Zeitpunkt die Mehrheit der Arbeiter_innenklasse nicht revolutionär gesinnt und hegt sehr oft auch dazu noch rassistische, nationalistische, sexistische, homophobe oder ähnliche Vorurteile – die letztlich essentiell zur Aufrechterhaltung der Klassenherrschaft der Kapitalist_innen sind, weil sie die Einheit der Arbeiter_innenklasse untergräbt. Doch die Orientierung von Kommunist_innen auf die Arbeiter_innenklasse als die Klasse, die die revolutionäre Umwälzung durchführen muss, ist nicht aufgebaut auf das aktuell vorherrschende Bewusstsein. Dieses ist in einer Klassengesellschaft nämlich immer mehr oder weniger Ausdruck der Interessen der herrschenden Klasse. Deshalb muss der Kampf um das Bewusstsein immer mit dem Klassenkampf selbst verbunden sein. Die relevante Frage ist demnach vielmehr, wer im heutigen Gesellschaftssystem die Möglichkeit auf der einen Seite und ein objektives Interesse auf der anderen Seite hat um dieses System zu stürzen.

Die Arbeiter_innenklasse hat durch ihre Stellung in der Produktion die Möglichkeit den Kapitalismus in seinem Herzen zu treffen – in der Erwirtschaftung von Profit. Durch Streiks, Fabrikbesetzungen und ähnlichem ist es für die Arbeiter_innenklasse möglich die Reproduktion des Kapitals anzuhalten und den reibungslosen Ablauf der Wirtschaft zu behindern. Dadurch lassen sich zwar wichtige Reformen gegen die Kapitalist_innen erkämpfen, aber der Streik – insbesondere ein Generalstreik – können potentiell eine wichtige Rolle für eine soziale Revolution und die Eroberung der Macht spielen. Die Arbeiter_innenklasse produziert für die Kapitalist_innen. Diese schöpfen dann den dabei produzierten Mehrwert ab und verdienen dadurch an dem unbezahlten Teil der Arbeit, nämlich dem Wert, der mehr ist als das, was die Arbeiter_innen bezahlt bekommen. Die Arbeiter_innenklasse hat deshalb ein objektives Interesse daran, dieses Ausbeutungsverhältnis zu beenden. Die rechtliche Gleichstellung von Lohnarbeiter_in und Kapitalist_in in unserer Gesellschaft verschleiert dieses Verhältnis und deshalb ist diese Ausbeutung „normal“ für nahezu alle Menschen. Die Aufgabe von Kommunist_innen ist es, dieses Verhältnis offen zu legen und die Arbeiter_innenklasse für einen revolutionären Umsturz dieser Verhältnisse zu gewinnen. Diese Aufgabe fällt der revolutionären Partei zu, deren strategisches Ziel der Umsturz dieser Gesellschaft durch eine sozialistische Revolution ist und die die Avantgarde8 der Arbeiter_innenklasse hinter einem revolutionären Programm des wissenschaftlichen Sozialismus vereinigt. Für uns ist deshalb das Proletariat das revolutionäre Subjekt und wir kämpfen für seine bewusste Organisierung als Klasse. Auch als Jugendorganisation vertreten wir deshalb einen proletarischen Klassenstandpunkt und versuchen in erster Linie die Jugend der Arbeiter_innenklasse zu organisieren.

Imperialismus – der Kapitalismus in seinem höchsten Stadium

Die Welt, in der wir leben, ist von einigen wenigen mächtigen Nationen und einem Weltmarkt dominiert, den wenige große Konzerne kontrollieren. Der Kapitalismus ist in seinem höchsten Stadium, dem Imperialismus, angekommen. Der Imperialismus selbst ist ein Produkt des kapitalistischen Wirtschaftssystems. Er beschreibt die zunehmende Zentralisation der Produktion9, deren Ergebnis z.B. die Entstehung sogenannter multinationaler Konzerne ist. Diese Konzerne haben ihren Ursprung meist in Europa, den USA, China und Japan, produzieren jedoch in halbkolonialen Ländern, um niedrigere Produktionskosten zu haben. Die Welt ist dabei nahezu vollkommen einem einheitlichen Wirtschaftssystem unterworfen, welches allen Regionen seinen Stempel aufdrückt. Im Zuge dessen entwickelt sich auch zunehmend eine internationale Arbeitsteilung. Hierbei nimmt der Export von Kapital im Verhältnis zum Warenexport eine neue Qualität an. Das führt zur Entwicklung finanzkapitalistischer Unternehmen, also der Fusion von produzierenden Firmen mit Banken unter Dominanz des Kapitals. Dabei bilden sich international agierende Kapitalverbände heraus.

Die vollkommene Aufteilung der Welt unter einzelne Kapitalverbände ist abgeschlossen. Es gibt keinen Rohstoff mehr ohne Besitzer_in und kaum einen Fleck auf der Erde, der nicht einer Nation zugeordnet ist. Dies erhöht das Potential grenzüberschreitender Kämpfe. Das Kolonialsystem wurde im Verlauf des 20. Jahrhunderts durch ein System aus internationalen Abhängigkeiten und indirekter Dominanz ersetzt. Die ehemaligen Kolonien sind heute zumeist formal-politisch unabhängig, aber weiter wirtschaftlich abhängig von den imperialistischen Nationen. Wir nennen diese Länder deshalb Halbkolonien. So lässt beispielsweise das europäische Unternehmen H&M seine Kleidung in Südostasien produzieren, zu extrem niedrigen Kosten, um das Produkt dann auf der ganzen Welt günstig verkaufen zu können. Diejenigen, die die Kleidung produzieren, zum Beispiel in Bangladesh, haben jedoch weder genug Lohn um sich dieses Produkt selbst leisten zu können, noch die politische Macht, um an ihren Arbeitsverhältnissen etwas zu verändern. Der Imperialismus ist somit die Vorherrschaft der Großindustrie gegenüber der kleinen und mittleren Industrie auf dem Weltmarkt. Im Verlauf des internationalen Wettbewerbs nimmt dabei die Zahl der konkurrierenden Großkonzerne stetig ab, einige wenige Konzerne dominieren den Weltmarkt. Diese Zentralisierung schafft aber auch die objektive Voraussetzung für die Arbeiter_innenkontrolle der Produktion und die Infrastruktur für ein sozialistisches Weltsystem. Doch der Imperialismus bringt auch die Gefahren einer neuen Qualität historischer Krisen, Zerstörung der Natur und Weltkriege mit sich. Um diese internationale Arbeitsteilung bewusst aufrecht zu halten, müssen die meisten Nationen dieser Erde künstlich unterentwickelt gehalten werden. Das Kolonialsystem der direkten Gewaltherrschaft musste aufgrund der sinkenden Profitabilität der Kolonien und des Drucks der nationalen Befreiungsbewegungen durch ein System der indirekten Abhängigkeiten und Ausbeutungsmechanismen ersetzt werden. Die Entwicklung in den Halbkolonien wird von den imperialistischen Nationen z.B. mit wirtschaftlicher Erpressung bewusst verhindert. Grund dafür ist, dass diese Länder als abhängige Rohstofflieferanten und Billiglohnstandorte nützlicher sind, als wenn sie sich zu konkurrierenden Nationalstaaten entwickeln. Bestenfalls kommt es zu einer abhängigen, einseitigen Industrialisierung. So ist zum Beispiel Nigeria einer der größten Rohölförderer der Welt, besitzt jedoch nur vier eigene Ölraffinerien und kann das Öl nicht für die eigene Wirtschaft nutzen, sondern ist zum Export gezwungen. Dadurch ist Nigeria weiterhin stark abhängig, Benzin und Diesel zu kaufen.

Der Imperialismus schafft massive Anhäufungen von Geld und Reichtum in extrem wenigen Händen. Dort wo die Forderungen unseres Programms Geld erfordern treten wir für die Finanzierung dessen durch die massive Besteuerung von Reichtum und Kapital ein.

3.1 Kampf um die Neuaufteilung der Welt

Wenn wir uns heute die Herrschenden ansehen, so sehen wir zunehmende Konkurrenz und Uneinigkeit. Keine Kraft will der anderen das Feld überlassen. Neben dem Nahen Osten ist der Pazifik einer der neuen Brandherde der Neuaufteilung der Welt. Dort kommt es aktuell zu einem rasantes Wettrüsten zwischen China und den USA um die Seehoheit, insbesondere um das Südchinesische Meer als internationales Haupthandelsgewässer. Hier können sich die kleinsten Vorkommnisse extrem schnell hochschaukeln. Der Konflikt um die Spratly-Inseln10, der seit 2015 anhält, ist hierfür nur ein Beispiel. Wer diese zum eigenen Hoheitsgebiet zählen kann, kontrolliert den Seeweg. Aktuell konkurrieren hier Vietnam, Taiwan, China, die Philippinen, Malaysia und Brunei um die unterschiedlichsten Inseln. Die USA planen um ihre weltpolitische Vormachtstellung zu sichern bis 2020 mehr als 50% der eigenen Flotte in der Region zu stationieren.

Doch wer wird in die Kriege der Herrschenden eingezogen? Wir Jugendlichen sind im Kriegsfall die ersten die zum Dienst an der Waffe gezwungen werden. Für Soldat_innen fordern wir hierbei volle demokratische Rechte, wie auf Selbstorganisierung und Befehlsverweigerung. In der Klasse streben wir eine breite Antikriegsbewegung an, die sich nicht im bürgerlichen Pazifismus verfängt. Für uns ist die oberste Aufgabe im Falle eines Kriegs zwischen imperialistischen Ländern die Position des revolutionären Defätismus. Der revolutionäre Defätismus stellt nämlich die Niederlage der „eigenen“ Bourgeoisen und ihren Sturz durch die Umwandlung des Krieges in einen Bürger_innenkrieg auf die Tagesordnung. Nur so können wir einen Kampf gegen die Politik der nationalen Einheit, wie sie so oft von reformistischen und kleinbürgerlichen Kräften unter dem Vorwand des kleineren Übels, abwehren. In militärischen Auseinandersetzungen zwischen unterdrückten und unterdrückenden Nationen stehen wir auf Seite der unterdrückten und fordern die Niederlage des Imperialismus.

Die aktuelle Krise verstärkt die Kämpfe um wirtschaftliche Einflussgebiete und die Vorherrschaft in bestimmten Regionen der Erde. Sie sind logische Konsequenz des Gegensatzes der stetigen Überakkumulation von Kapital bei gleichzeitig begrenztem Territorium. Der Zwang zur stetigen Kapitalanhäufung ist ein grundlegendes Merkmal des Kapitalismus. Stoßen die imperialistischen Blöcke an ihre Grenzen setzt über kurz oder lang der Kampf um die Neuaufteilung der Welt ein, ob durch Handelskriege, gezielte Blockbildung oder militärische Auseinandersetzungen. Kriege wie in Syrien und der Ukraine, aber auch die zunehmende Bedrohung einer imperialistischen Intervention gegen Nordkorea zeigen, wie notwendig der Aufbau einer Antikriegsbewegung unter der Losung “Der Hauptfeind steht im eignen Land” ist. Dabei ist es die Aufgabe von RevolutionärInnen in den imperialistischen Ländern gegen ihre Bourgeoisie anzukämpfen und das Herz der Bestie zu zerstören.

  • Für die Zerschlagung aller imperialistischen Militär- und Wirtschaftsbündnisse! Für die Niederlage des Imperialismus – sofortiger Abzug aller imperialistischen Truppen und ihrer Handlanger.
  • Keinen Menschen, keinen Cent, keinen Fußbreit dem Militarismus! Für die Zerschlagung von Polizei und Militärapparat und aller privaten „Sicherheits“agenturen. Für demokratisch legitimierte Arbeiter_innenmilizen unter Kontrolle von Räten!
  • Internationalismus muss praktisch werden! Kampf der eigenen Bourgeoisie und ihrem Staat: für die Niederlage des „eigenen“ imperialistischen Landes!
  • Zerschlagt die Rüstungsindustrie! Verstaatlicht ihre Kriegsprofite und ersetzt die fehlenden Jobs durch neue im öffentlichen Interesse.
  • Eure Krise zahlen wir nicht! Nehmt das Geld von den Profiten der Banken und Konzerne. Verstaatlichung aller Unternehmen unter Arbeiter_innenkontrolle, die das nicht umsetzen wollen!

3.2 Freihandel und Protektionismus

In der aktuellen Krise haben wir auch eine zunehmende Spaltung innerhalb der herrschenden Klasse, die sich oberflächlich betrachtet in der Frage Freihandel gegen Protektionismus ausdrückt. Dies geschieht sowohl auf internationaler Ebene, als auch innerhalb der führenden imperialistischen Nationen. Zwei der relevantesten Beispiele hierfür sind der Brexit und die unterschiedlichsten Freihandelsabkommen, wie TTIP, CETA und Co. Dabei ordnen sich weite Teile der Arbeiter_innenbewegung einzelnen Fraktionen der Kapitalist_innen im Sinne einer Politik des kleineren Übels unter. Hier zeigen sich die Grenzen des imperialistische Weltsystem. Dieses versucht zum einen, die fortschrittliche Tendenz der Vereinheitlichung der Produktion international umzusetzen, was ebenfalls eine wesentliche Bedingung der internationalen Kontrolle der Produktion durch die Arbeiter_innenklasse wäre. Jedoch stößt dies gleichzeitig an die Interessen einzelner Gruppen von Kapitalist_innen und steht deren Existenzgrundlage entgegen. Zum anderen unterhöhlt diese Vereinheitlichung stets die Kampfbedingungen und elementare Lebensgrundlagen der Arbeiter_innenklasse. Wir beantworten die Vereinheitlichung der Produktion nicht mit dem Schrei nach nationaler Abschirmung. Denn die internationale Solidarität von Arbeiter_innen und Jugendlichen ist notwendige Voraussetzung der erfolgreichen sozialistischen Revolution international. Allerdings dient der Freihandel immer den Kapitalist_innen auch als Ausrede um schwächere Länder zu unterwerfen und erkämpfte Rechte der Arbeiter_innenbewegung zu untergraben. Wir fordern den unabhängigen Kampf der Arbeiter_innenbewegung gegen beide Ausdrücke kapitalistischer Einzelinteressen in der Krise. So stellt sich dies auch bei der Frage der Zukunft der EU. Für uns ist die rückschrittliche Rückkehr zum scheinbar unabhängigen Nationalstaat fehlerhaft, schürt dies doch den Chauvinismus und erschwert den notwendigen Kampf auf europäischer Ebene. Wir setzen beiden Szenarien kapitalistischer Herrschaft die Losung der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa entgegen. Somit kämpfen wir für die Zerschlagung der bestehenden EU und die fortschrittliche Ersetzung durch einen Zusammenschluss von Arbeiter_innenstaaten.

  • Zerschlagt das neoliberale, militaristische und undemokratische Projekt der EU. Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!
  • Für die Auflösung von Welthandelsorganisation, UNO Sicherheitsrat und allen imperialistischen Agenturen! Für die Erlassung aller Schulden, sowie Reparationszahlungen an die halbkoloniale Welt!
  • Für internationale Produktions- und Lebensmittelstandards festgelegt und kontrolliert durch Organe der Arbeiter_innenbewegung.
  • Gegen ihre Monopole hilft nur die Arbeiter_innenkontrolle der Produktion international, gestützt auf die globale Rätemacht!

3.3 Nationale Selbstbestimmung

Mit dem Aufkommen des Kapitalismus wurde ein nationaler Binnenmarkt notwendig. Deshalb entstanden die ersten Nationen mit dem Kapitalismus und werden letztlich auch mit ihm unter gehen. Doch durch die ungleichzeitige und kombinierte Entwicklung des Kapitalismus und dem Vorsprung mancher Länder gegenüber anderen bildete sich auch ein Weltmarkt heraus, auf dem eine handvoll mächtiger, imperialistischer Nationen das Schicksal der großen Mehrheit der Ländern bestimmt und für sich nützt. Als konsequente Antiimperialist_innen kämpfen wir gegen nationale und koloniale Unterdrückung wie zum Beispiel in Kurdistan und Palästina. Nationale Unterdrückung ist ähnlich wie Frauen- oder Jugendunterdrückung ein Instrument der Verschleierung der wahren Widersprüche in der kapitalistischen Gesellschaft. Nationale Unterdrückung äußert sich auf viele verschiedenen Weisen, so zum Beispiel in der Unterdrückung der Sprache oder der Kultur. Daraus folgt für uns, dass wir das Recht auf nationale Unabhängigkeit dort unterstützen, wo soziale Bewegungen es aufwerfen. Dieser Unterstützung gehen einige Grundkriterien zuvor. So darf das Ziel des Aufbaus der Nation, nicht die Unterwerfung ethnischer oder nationaler Minderheiten zum Ziel haben. Außerdem muss die Forderung von weiten Teilen der Unterdrückten aufgeworfen werden. Kurz gesagt: Dort wo eine nationale Bewegung im Bewusstsein und einer bestimmten Region vorhanden ist, erkennen wir eben jenes Recht an. Das tun wir weil gleiches Recht für alle gelten sollte und die unterdrückten Massen die Frage selber aufwerfen. Nicht, weil wir glauben würden, dass ein neuer Nationalstaat alle Probleme der Arbeiter_innenklasse in Halbkolonien lösen würde. In solchen Gebieten stehen oftmals Teile der lokalen Bourgeoisie zusammen mit der Klasse der Arbeiter_innen, der Bäuer_innen und Jugend in Bewegung gegen die Auswirkungen des Imperialismus und führen diese oftmals an. Doch ist einmal das Ziel der nationalen Selbstbestimmung erreicht, wird die Bourgeoisie ihre Macht auch gegen das Proletariat mit aller Macht verteidigen, auch wenn diese zuvor Seite an Seite gegen die nationale Unterdrückung kämpften. Die Revolutionär_innen, welche sich vor Ort zumeist in der Unterzahl befinden, dürfen die Aufnahme kommunistischer, massenhafter Methoden (im Gegensatz zu den meist vorherrschenden individuellen Aktionen kleiner Teile der Bevölkerung) nicht zur Bedingung der Berechtigung eines Widerstandes erheben. Die Aufgabe ist es den berechtigten Widerstand praktisch und politisch zu unterstützen und gleichzeitig die Notwendigkeit der proletarischen Revolution und somit auch von der herrschenden Klasse unabhängigen Führung aufzuzeigen. Ein Mittel dazu ist die antiimperialitische Einheitsfront. Diese zielt darauf ab, den Imperialismus als den Grund der nationalen Unterdrückung zu entlarven und gleichzeitig reaktionäre Führungen von der fortschrittlichen Bewegung zu trennen. Das Beispiel Palästinas zeigt, dass sich führende Kräfte wie die Hamas auf das reaktionäre Konzept islamischer Theokratie stützen und für repressive Gesetze kämpfen. Mehr als das, sie blockieren eine fortschrittliche und radikale Lösung, da ihre reaktionären Ideen, von Antisemitismus bis Sexismus nicht zeigen, wie die unterdrückten Teile der palästinensischen Bevölkerung und die israelische Arbeiter_innenklasse einen gemeinsamen Kampf für ihre Befreiung führen können. Auch wenn wir die politische Führung ablehnen, so ist der Widerstand ein berechtigter und bei Angriffen im Interesse des Imperialismus, kämpfen wir Seite an Seite mit der Führung des palästinensischen Widerstands bei Aufrechterhaltung unserer Kritik und organisatorischen Unabhängigkeit. Dabei lehnen wir das Mittel der Volksfront, also eine Unterordnung des revolutionären Kommunismus unter den einen oder anderen Flügel der Bourgeoisie ab. Genauso lehnen wir die Fetischisierung der Guerilla- aktik11 ab. Wir kämpfen konsequent um die politische Führung der Arbeiter_innenklasse und überlassen diese nicht der Bourgeoisie. Dies bedeutet, dass der Kampf um nationale Selbstbestimmung nur im konsequenten Kampf gegen das imperialistische Weltsystem auf internationaler Ebene gewonnen werden kann. Unsere Perspektive kann sich dem entsprechend niemals der Bewegung und ihrem Bewusstseinsstand unterordnen. Ebenso muss sie aufzeigen , dass keine angebliche demokratische, kapitalistische Etappe zur Entwicklung eines eigenständigen bürgerlichen Staates möglich oder notwendig ist. Vielmehr muss die bürgerliche Etappe, d.h. die Verteilung des Großgrundbesitzes an die armen Bäuer_innen, schon von einer Arbeiter_innenregierung angeleitet werden und nahtlos in die sozialistische Etappe, also eine Enteignung des Privatbesitzes an Produktionsmitteln, übergehen.

  • Für das Recht auf nationale Selbstbestimmung. Für bindende Abstimmungen über Fragen der nationalen Selbstbestimmung und Autonomie in der betreffenden Region kontrolliert durch Organe der Arbeiter_innen, Bäuer_innen und Armen.
  • Enteignet die nationalen und internationalen Kapitalist_innen! Verjagt die Großgrundbesitzer_innen, besetzt das Land und kollektiviert es für die, die es brauchen. Für den Aufbau einer Regierung der Arbeiter_innen, Bäuer_innen und Armen.
  • Für internationale Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf und Selbstbestimmungsrecht für die Kurd_innen in der Türkei, Irak, Iran und Syrien. Für die Niederlage der Besatzungsarmeen. Ein echtes Ende der Unterdrückung kann es nur durch die sozialistische Revolution geben.
  • Freiheit für die durch das israelische Militär besetzten Gebiete! Schluss mit der zionistischen Unterdrückung und für den Aufbau eines vereinigten, säkularen und sozialistischen Palästinas, indem Angehörige verschiedener Religionen und Atheist_innen gleichberechtigt leben können. Für eine vereinigte, sozialistische Föderation im gesamten Nahen Osten!

Kapitalismus: Totengräber unserer Lebensgrundlage

Die katastrophalen Auswirkungen des globalen Kapitalismus lassen sich nicht nur auf sozialer Ebene erkennen, sondern verstärkt auch auf ökologischer Ebene. Während führende bürgerliche Politiker_innen den menschlich verursachten Klimawandel leugnen, zeigen sich die Auswirkungen in vielen Ländern und Teilen der Erde jedes Jahr mit steigender Heftigkeit. Doch die Gefahr der weltweiten Umweltzerstörung beschränkt sich nicht nur auf den Klimawandel. Die Versauerung der Meere infolge hoher CO2-Konzentration in der Atmosphäre, die weltweite Umweltverschmutzung (insbesondere durch Plastik), das weltweite Artensterben oder die Störung des Stickstoff- und Phosphorkreislaufes v.a. durch die Landwirtschaft sind alles Bedrohungen der Umwelt, welche existenzielle Gefahren für menschliche Zivilisationen bedeuten. Die Folgen der Veränderung von Ökosystemen durch den Menschen sind zwar noch nicht abschließend bekannt, dennoch sind schon heute Millionen Menschen von der Zerstörung ihrer Lebensgrundlage bedroht. Obwohl ein Großteil der Umweltzerstörung auf das Konto der imperialistischen Nationen geht, sind es vor allem die Menschen in Halbkolonien, die darunter massiv zu leiden haben.

Die Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 hat uns nur einmal wieder dramatisch vor Augen geführt, was für zerstörerische Kräfte der Kapitalismus entfalten kann. 2017 waren laut Angaben der UNO wieder 20 Millionen Menschen allein in vier Ländern (Nigeria, Somalia, Jemen und Südsudan) vom Hungertod bedroht. Insbesondere in der Sahelzone droht der Klimawandel die Hungerkrisen zu verschärfen. Alleine in Bangladesch werden bis 2050 15 Millionen Klimaflüchtlinge erwartet, ganze Inselstaaten sind von der Auslöschung bedroht. Diese punktuellen Beispiele stehen repräsentativ für eine globale Entwicklung, die sich in den nächsten Jahren noch massiv verschärfen wird.

Der Kapitalismus als solches ist bestrebt Profite zu erwirtschaften – alles andere ist diesem heiligen Ziel untergeordnet. Das bedeutet aber auch, dass unter gewissen Umständen Teile der herrschenden Klasse Profit aus ökologisch sinnvollen Wirtschaftsaktivitäten ziehen können. Doch auch diese Bereiche sind im Kapitalismus dem Zwang zur Anhäufung von Kapital unterworfen und führen somit im Endeffekt zu insgesamt größerem Gesamtressourcenverbrauch trotz höherer Einzeleffizienz. Der Kapitalismus ist grundsätzlich auf die Erwirtschaftung schneller Profite ausgelegt, denn so kann man am besten seine Konkurrenz im Wettbewerb ausstechen. Langfristige Planung und eine Ausrichtung auf ökologische Nachhaltigkeit sind dem Kapitalismus fremd. Auf globaler Ebene ist kein grüner Kapitalismus möglich.

Die aktuelle Ökologiebewegung ist größtenteils von bürgerlichen und kleinbürgerlichen Kräften dominiert, die wahlweise für grüne Technologien im Kapitalismus eintreten (z.B. die Grünen) oder für die Ablehnung von Technologien und eine Rückbesinnung auf kleine, weil angeblich „ökologischere“, Produktion. Nur eine demokratische und weltweite Planwirtschaft ist dazu im Stande, eine umfassende Analyse der ökologischen Probleme in die Planung der Produktion und die Weiterentwicklung von Technologien einzubeziehen. Unsere Aufgabe ist es die legitimen Kämpfe gegen Umweltzerstörung und Klimawandel mit dem Kampf gegen den Kapitalismus zu verbinden. Nur so können wir ein Wirtschaftssystem schaffen, das gestützt auf eine global geplante Organisation der Produktion, die wirtschaftlichen Notwendigkeiten mit ökologischen Zielen in Einklang bringen kann. Die individualistische Herangehensweise der Konsumkritik und des fairen Handels können sich viele Menschen nicht leisten. Zudem sind sie einerseits dem gravierenden Ausmaß der Situation vollkommen unangemessen, noch ein funktionierender Weg zu einer ökologischen Gesellschaft.

Wir gehen weder davon aus, dass die ökologische Krise im Kapitalismus gelöst werden kann, noch gehen wir davon aus, dass in der industriellen Produktionsweise selbst die Ursache der Krise zu finden ist. Vielmehr geht es darum, die existierenden Produktionsweisen innerhalb ökologischer Grenzen zum Nutzen der Menschheit einzusetzen, statt für die Maximierung von Profit. Das Bedeutet hinsichtlich des Ressourcenverbrauchs und der Schadstoffemissionen eine Konzentration und Reduktion auf gesellschaftlich sinnvolle Produktion, die nur durch eine Planwirtschaft zu realisieren ist. Wir fordern deshalb:

  • Massive staatliche Investitionen in die Entwicklung neuer umweltfreundlicher und CO2-neutraler Technologien.
  • Begrenzte Rohstoffe dürfen nicht als (Sonder)Müll enden! Für die Offenlegung der Müllentsorgung der Industrie. Für ein konsequentes, gesellschaftliches Recyclingsystem auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand.
  • Schnellstmögliche Schließung von Kohle- und Atomkraftwerken sowie Frackinganlagen! Aufbau eines Energienetzes mit erneuerbaren Energien. Entschädigungslose Verstaatlichung unter Arbeiter_innenkontrolle aller Unternehmen, die sich weigern auf umweltschonende Technologie umzusteigen.
  • Globale Klimagerechtigkeit! Die imperialistischen Staaten sollen für die von ihnen verursachten Schäden bezahlen! Gegen Patente auf Nahrungsmittel und Technologien!
  • Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und kostenlose Nutzung durch alle! Verstaatlichung aller Transport- und Energieunternehmen unter Arbeiter_innenkontrolle!
  • Sinnhafte, massenhafte, direkte Aktionen gegen Fracking, Pipelines, Kohle- und Atomkraftwerke nach Möglichkeit gemeinsam mit den Belegschaften!

Wer ist eigentlich diese Jugend?

Die Jugend im Kapitalismus ist eine spezifische Phase in der Entwicklung des Menschen zwischen der Kindheit, ein Stadium in denen die Grundvoraussetzungen zur gesellschaftlichen Teilhabe anerzogen werden (wie Sprache oder zwischenmenschlichem Umgang) und dem vollwertigen Eintritt in die „Arbeitswelt“. Im Proletariat ist die Jugend ein reproduktiver Lebensabschnitt, der zur Herstellung der Anforderung an den Arbeitsprozess dient. Die Jugend anderer Klassen hingegen wird auf die Anforderungen ihrer jeweiligen Zukunft in ihrer Klasse ausgebildet.

Dabei ist die Jugend als verallgemeinertes Phänomen, also als klassenübergreifendes, erstmals im entwickelten Kapitalismus entstanden. Dies liegt an den stetig zunehmenden Anforderungen an die Arbeitskraft im Zuge der regelmäßigen technischen Erneuerungen in der Produktion. Der Prozess der Ausbildung findet zumeist außerhalb eines konkreten Berufes statt und produziert deshalb keinen Mehrwert für die Kapitalist_innen. Das macht es für einzelne Unternehmen sehr teuer und aufwändig, die gesamte Ausbildung (abgesehen von einer spezifischen Spezialisierung) zu übernehmen da sie ansonsten im Wettbewerb gegenüber anderen Unternehmen unterliegen würden, die das nicht machen, weil die Arbeiter_innen auch einfach zu neuen Kapitalist_innen wechseln könnten. Deshalb ist der Staat, der im allgemeinen das gemeinsame Interesse der Kapitalist_innen vertritt, gezwungen diese Ausbildung vorzunehmen, während die Unternehmen lediglich spezialisiertes Wissen vermitteln. Dies führt zu zwei Sichtweisen auf die Jugend. Zum einen wird es als Phase der individuellen Bereicherung an Wissen betrachtet um anderen als unproduktiv, somit gering wertgeschätzt und deshalb auch nicht entlohnt. Die Individualisierung der Ausbildung wird vom Staat dafür genutzt sich aus der Verantwortung für den Aufwand der Ausbildung heraus zu ziehen (Lebenslanges Lernen, Weiterbildung, etc.). Bei der Jugend handelt es sich um die Reproduktion der Klassengesellschaft und des herrschenden Bewusstseins. Dies wird der bürgerlichen Kleinfamilie12 aufgetragen, von der Jugendliche finanziell abhängig sind. Um die Phase der Entwicklung den kapitalistischen Ansprüchen anzupassen, sind Jugendliche auch rechtlich stark eingeschränkt. So dürfen wir nicht wählen, über unseren eigenen Körper nicht vollkommen selbst entscheiden, haben kein Recht auf die Verfügung über unser Eigentum und unterliegen hierbei der Bevormundung von Familie, Ausbildungsstätte und Staat.

Die Länge der Jugend ist hierbei jedoch nicht immer und überall gleich. So können wir in vielen halbkolonialen Nationen im Zuge der Krise nicht von einer Verlängerung der Jugend sprechen. Dort ist die Familie viel mehr noch eine Einheit, die teilstaatliche Aufgaben übernimmt, wie Kranken- und Altenpflege, oder größere Teile der Kindererziehung. Aufgrund dessen ist eine Finanzierung der unbezahlten Ausbildung nur in den wohlhabenderen Schichten der Arbeiter_innenklasse, des Kleinbürger_innentums oder der Bourgeoisie möglich. Das führt dazu, dass große Teile der Jugend schon früh arbeiten gehen müssen. In vielen halbkolonialen Ländern kann deshalb nicht von Jugend als einer allgemeinen Gegebenheit gesprochen werden. Jugend gibt es im imperialistischen Weltsystem, welches die Lebensgrundlagen der überausgebeuteten Arbeiter_innen systematisch unterhöhlt, nicht überall.

In imperialistischen Nationen erleben wir eine teilweise Verlängerung der Jugend. Begriffe wie „Generation Praktikum“ sprechen für einen schleichenden, verlängerten Übergang in die Arbeiter_innenklasse in weitgehend unbezahlter Weise – im Schnitt beträgt der Lohn für ein Praktikum weitaus weniger als die Mindestlöhne. Aber auch junge Arbeiter_innen werden vermehrt als Lohndrücker_innen eingesetzt über Leih- und Zeitverträge, Werkverträge oder auch geringfügige Beschäftigungsverhältnisse. Im Gegensatz zu anderen Unterdrückungsformen im Kapitalismus endet die Jugendunterdrückung mit dem Erwachsenwerden, aber nicht abrupt mit der Volljährigkeit, sondern erstreckt sich meist über mehrere Jahre. So findet eine rechtliche und strafmündige Gleichstellung auf der einen Seite, eine wirtschaftliche Eigenständigkeit auf der anderen Seite meist ungleichzeitig statt. Auf der dritten Seite wird den Jugendlichen oftmals aufgrund eines fehlenden Erfahrungsschatzes die eigenständige Entscheidungsfähigkeit abgesprochen. Unser Ziel ist hierbei die Abschaffung der Jugend als eine Unterdrückungsform – nicht jedoch ihrer positiven Errungenschaften. Wir kämpfen somit gegen rechtliche Benachteiligung, wie dem Ausschluss vom flächendeckenden Mindestlohn. Auch die Isolierung der Jugend innerhalb ihrer Ausbildung muss abgeschafft werden, um die Notwendigkeit und das gesamtgesellschaftliche Interesse für die einen zu verdeutlichen, während die anderen ihren Lernprozess besser mit konkreten und produktiven Anforderungen verbinden können.

Kampf der Jugendunterdrückung!

Als Jugendliche sind wir in der Schule, am Arbeitsplatz, im Rechtssystem und in der Familie Unterdrückung unterworfen. Wenn wir überhaupt das Glück haben, in einem Land geboren zu werden in dem es öffentlich zugängliche Schulbildung gibt, werden wir von Lehrer_innen bevormundet sowie durch Leistungsdruck und Konkurrenz auf „den Arbeitsmarkt vorbereitet“. Wenn wir schon in jungen Jahren arbeiten müssen, dann bekommen wir deutlich weniger Lohn und müssen oft unter schwierigsten Bedingungen arbeiten. Das ist auch einer der Gründe dafür, warum Jugendliche sich so oft gegen den Kapitalismus und seine Auswirkungen zur Wehr setzen. Jugendunterdrückung heute ist eng mit dem Kapitalismus verknüpft und kann nur durch dessen Überwindung abgeschafft werden. Als Spaltungslinie innerhalb der Gesellschaft ist sie äußerst nützlich für das herrschende System zusätzlich zur strukturellen Überausbeutung (die ein „normales“ Maß überschreitet) von großen Teilen der arbeitenden Jugend.

6.1 Gleiche Rechte und Möglichkeiten

Jugendliche sind in unterschiedlichsten Ländern unterschiedlichsten Formen der rechtlichen Unterdrückung unterworfen. Wir dürfen nicht über unseren eigenen Körper entscheiden – unsere Eltern oder Erziehungsberechtigten „übernehmen“ das für uns. Zusätzlich dürfen sie bis zur Volljährigkeit über unser Eigentum entscheiden – wenn wir überhaupt das Recht darauf haben. In fast allen Ländern liegt das Alter der Strafmündigkeit deutlich unter dem Alter der Volljährigkeit. Die meiste Zeit unserer Jugend verbringen wir rechtlich entmündigt, ohne Wahlrecht, ohne die Möglichkeit auf ein selbstbestimmtes Leben. Grund genug dagegen anzukämpfen.

Die Frage wann Menschen unserer Meinung nach volle rechtliche Gleichstellung, also die Volljährigkeit erreicht haben sollten, lässt sich nicht unabhängig von sozialen und wirtschaftlichen Umständen pauschal für alle Länder beantworten. In fast allen Ländern dieser Erde ist sie aber deutlich zu hoch angesetzt und wir kämpfen dafür, dass Jugendliche früher zu ihren vollen Rechten kommen können.

Als Jugendliche haben wir oft noch viel weniger finanzielle Möglichkeiten als der Großteil der Arbeiter_innenklasse und sind deshalb oft dazu genötigt, unsere Freizeit im öffentlichen Raum ohne eine sinnvolle Infrastruktur zu verbringen. Jugendzentren sind oft genug Mangelware, auch sonstige Angebote sind spärlich und zumeist von oben nach unter angeleitet, eine Selbstorganisierung ist oft kaum möglich. Dies verwehrt uns die Möglichkeit uns besser zu bilden und auf eigene Art zu lernen, sondern auch die Möglichkeit uns sozial zu organisieren.

  • Frühere rechtliche Gleichstellung von Jugendlichen, angepasst an die Situation der jeweiligen Länder!
  • Wer arbeiten darf, soll auch wählen dürfen! Für das Wahlrecht ab dem Zeitpunkt des legalen Berufseintrittsalters.
  • Für das Recht auf Eigentum und die eigenständige Verfügung darüber! Für die Selbstbestimmung über den eigenen Körper!
  • Für Selbstverwaltete Freiräume für Jugendliche, den massiven Ausbau von Jugendzentren und kostenlose Zugang zu einem ausgebauten Freizeit- und Kulturangebot für Jugendliche bezahlt durch die Besteuerung der Reichen
  • Kostenloser Zugang zu außerschulischen Kursen und Aktivitäten
  • Für die ökonomische Unabhängigkeit von Schüler_innen, Studierenden und Jugendlichen in Ausbildung! Für ein Mindesteinkommen, angepasst an die Lebenssituation im jeweiligen Land durch die Besteuerung von Reichtum und Kapital.

6.2 Erziehung und Ausbildung

Im Kapitalismus gilt die Familie als „Grundeinheit der Gesellschaft“, diese Sicht findet sich sogar in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wieder. Die klassische bürgerliche Kleinfamilie mit einem Mann als „Familienoberhaupt“ und danach der Frau und den Kindern ist das Ideal nach dem zu streben sei. Für uns Jugendliche bietet die Familie in erster Linie Bevormundung und Abhängigkeit, auch wenn sie oft der einzige emotionale Rückhalt ist, den wir haben – gerade das macht dieses System so tückisch. Für ihre Eltern müssen die Kinder, vor allem in Halbkolonien, kostenlose (Haus)Arbeit verrichten. Weibliche Jugendliche werden schon früh in der Familie in ihre Rolle im Haushalt gedrängt und erfahren oft noch einen größeren Entzug von Rechten und Unabhängigkeit. Wir wollen die bürgerliche Familie als Norm durch andere Formen des Zusammenlebens ersetzen, wo Hausarbeit und Kindererziehung gesamtgesellschaftlich verteilt sind. Das passiert nicht auf Knopfdruck, sondern ist ein langer Prozess, auch nach einer Revolution, den wir bewusst voran treiben wollen. Wir wollen möglichst viele Aspekte der Erziehung und Bildung unter die Kontrolle der Gesellschaft stellen und an die Stelle von Tradition und Willkür sollen Planung und Wissenschaftlichkeit treten. Die technisch-industrielle Entwicklung hat es im Kapitalismus notwendig gemacht, dass die zukünftigen Arbeiter_innen eine gewisse Bildung bekommen. Ein System, das auf Profit ausgerichtet ist, wird uns jedoch immer nur so viel Bildung zur Verfügung stellen, wie es unbedingt für das System nötig ist. Eine umfassende, an unseren Interessen ausgerichtete und allgemeine Bildung für alle ist im Kapitalismus also nicht möglich. Um Kosten einzusparen und die soziale Ungleichheit aufrechtzuerhalten wird stattdessen ausgesiebt wo es nur geht, schließlich braucht die herrschende Klasse zwar ein paar kluge Köpfe in den Chefetagen, aber vor allem eine große Menge an preisgünstigen Arbeitskräften. In Zeiten der Krise bleibt dann für Bildung noch weniger Geld übrig, sodass die Kosten dafür vermehrt ins Private, also in unsere Familien und unsere eigenen Geldbeutel ausgelagert werden. Das hat zur Folge, dass klassenbedingte Bildungsungleichheiten noch stärker zementiert werden. In Halbkolonien sieht die Lage noch schlechter aus, sodass sogar häufig nur Kinder aus Familien der herrschenden Klasse Zugang zu Bildung haben. Auch hier besteht ein Zusammenhang zwischen dem Entwicklungsgrad der Wirtschaft und dem Maß an Bildung, das Jugendliche erhalten. In Ländern wie Japan oder Südkorea hingegen ist der Leistungsdruck so hoch und das Klima in der Schule so schlecht (z.B. durch Mobbing), dass das zu extrem hohen Selbstmordraten unter Jugendlichen führt.

  • Für kostenlose, flächendeckende Kinderbetreuung rund um die Uhr.
  • Für massive Investitionen in Bildungseinrichtungen & kostenlose Schul- und Universitätsbildung sowie deren Ausfinanzierung durch den Staat.
  • Schulpflicht bzw. Ausbildungspflicht bis zur gesetzlichen Volljährigkeit. Schluss mit Selektion! Für eine gemeinsame Schule für alle, ohne soziale Auslese im Kindesalter!
  • Für den Aufbau von Schüler_innen- und Studierendengewerkschaften, dort wo keine existieren! Auch wir müssen uns zu Wehr setzten gegen Kürzungen, Sparmaßnahmen und Unterdrückung an den Schulen und Universitäten!
  • Schluss mit reinem Frontalunterricht! Für eine Modernisierung des Bildungssystem durch Miteinbeziehung in die Produktion und Förderung des selbstständigen Lernens! Für die Kontrolle des Lehrplans durch die Arbeiter_innenbewegung sowie durch uns Jugendliche.
  • Für eine völlige Trennung von Staat und Kirche – Verbot aller religiösen Schulen! Für die Verstaatlichung aller Privatschulen! Bildung muss gesellschaftlich kontrolliert werden!
  • Für den Ausbau von Schutzräume für Kinder und Jugendliche! Niemand soll bei seiner Familie bleiben müssen, wer das nicht möchte!
  • Für die Förderungen neuer Formen des Zusammenlebens beispielsweise durch den Ausbau und die Weiterentwicklung des sozialen Wohnungsbaus!

6.3 Wirtschaft und Arbeit

Jugendliche sind zu einem viel höheren Anteil als die Durchschnittsbevölkerung von Arbeitslosigkeit betroffen. Oft bietet uns auch die beste Ausbildung keine Garantie für eine glückliche und erfüllte Zukunft. In Ländern wie Griechenland ist jede_r zweite Jugendliche aufgrund der Wirtschaftskrise und der erbarmungslosen Sparpolitik auf der Suche nach Arbeit. Zum ersten Mal seit dem zweiten Weltkrieg hat eine ganze Generation in Europa keine Aussicht auf ein besseres Leben als ihre Eltern. Wenn wir Jugendliche einen Job finden, bekommen wir oft genug auch nur einen Bruchteil dessen bezahlt was unsere älteren Kolleg_innen bekommen. Oft genug gibt es für Praktika und ähnlichem überhaupt keine Entlohnung oder wir müssen uns an Zeitarbeitsfirmen und andere Halunken verkaufen. In den existierenden Gewerkschaften sind Jugendliche meist stark unterrepräsentiert und ihre Anliegen finden nur wenig Gehör. Hier müssen wir uns unsere Stellung erkämpfen und mehr Jugendliche in Gewerkschaften organisieren um keine zusätzliche Spaltung der Arbeiter_innenklasse zu ermöglichen und als Lohndrücker_innen missbraucht zu werden. In vielen Ländern der Welt zählt Kinderarbeit noch immer zur traurigen Realität. Es dürften insgesamt etwa eine Viertelmilliarde Kinder sein. Weltweit sind Millionen von Jugendlichen von Armut und Hunger betroffen und müssen in Slums oder auf der Straße um ihr Überleben kämpfen. All das obwohl wir noch nie dagewesen technische und produktive Möglichkeiten haben um zum Beispiel alle Menschen auf der Welt zu ernähren. Das aktuelle System bietet uns keine Perspektive. Für eine sinnvolle Zukunft müssen wir es bekämpfen und besiegen.

  • Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit – international!
  • Arbeitszeitverkürzung und Aufteilung der Arbeit auf alle Hände bei vollem Lohnausgleich!
  • Mindestlohn für Jugendliche und junge Arbeiter_Innen, auch für solche, die keine abgeschlossene Berufsausbildung haben!
  • Für volle und unbefristete Übernahme aller Jugendlichen nach der Ausbildung – bei Verweigerung der Übernahme Strafzahlung! Für die Abschaffung aller Quoten, die die Übernahme beschränken.
  • Volle wirtschaftliche Rechte – inklusive des Rechts auf Arbeitsniederlegung – für Jugendliche!
  • Breite Kampagnen zur gewerkschaftlichen Organisierung von Jugendlichen. Gerechte Repräsentanz in den Gremien der Gewerkschaften. Wir wollen uns nicht bevormunden lassen.
  • Verbot und Bekämpfung von Kinderarbeit – auch durch bessere Bezahlung für erwachsene Lohnabhängige!
  • Massive staatliche Investitionen in Bildung, Soziales, Umwelt und Gesundheit durch Besteuerung des Kapitals. Für ein staatliches Beschäftigungsprogramm – kontrolliert durch die Arbeiter_innenbewegung!

6.4 Kapitalismus macht krank

Der tagtägliche Leistungsterror macht uns krank! Wir Jugendlichen sind besonders dem gegenüber anfällig. Mittlerweile sind knapp ein Fünftel aller Jugendlichen besonders anfällig für psychische Erkrankungen. Dies nimmt vor allem im Laufe der Krise zu. Denn wir sind es die von verstärkter Unsicherheit, Lohndrückung und Flexibilisierung des Arbeitsmarktes im Interesse des Kapitals besonders betroffen sind. Die kapitalistische Ideologie erzählt uns, dass alle alles schaffen können, wenn man sich nur richtig anstrenge. Stattdessen sind unsere Chancen meistens durch unseren Klassenhintergrund und anderen Unterdrückungsmechanismen vorbestimmt. Viele von uns denken aber, dass nicht die Gesellschaft, sondern sie selber daran schuld sind, weshalb viele Jugendliche unter geringem Selbstbewusstsein und selbstauferlegtem Leistungsterror leiden. Aber nicht nur das, durch die strikte Trennung von Arbeit und Bildung in der Schule wissen wenige von uns was in dieser Gesellschaft werden wollen und sind dadurch besonders anfällig für Erkrankungen. Andere zerbrechen unter dem Druck gesellschaftlicher Schönheitsideale oder Sexualnormen. Wiederum andere werden zu Kranken gemacht, durch den Stempel der Behinderung, das kann bereits bei Verhaltensauffälligkeiten passieren. Dabei ist es ein gesellschaftliches Problem, das auch durch bewusste gesellschaftliche Integration und volle Ausfinanzierung von Behandlungsangeboten gegen psychische und physische Behinderungen, gezielter Weiterentwicklung dieser, eine Förderung der Forschung und durch gemeinschaftliche Ausbildungsangebote ausgeglichen werden kann. Denn es ist die Gesellschaft die uns krank macht!

  • Massive Investitionen in das Bildungs- und Gesundheitswesens unter Besteuerung der Reichen – für die bedarfsgerechte Personaldeckung!
  • Weg mit der religiösen oder sonstigen Brandmarkung von Behinderungen. Für eine Gesellschaft, die sich an den Bedürfnissen Aller orientiert und nicht die Menschen mit besonderen Bedürfnissen als „Behinderte“ abstempelt und isoliert!
  • Stoppt die Diskriminierung von Menschen mit „Behinderung“ und nieder mit den physischen und sozialen Barrieren im öffentlichen Raum!
  • Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen! Psychische Probleme als legitimen Krankheitsgrund anerkennen. Für breite Aufklärungskampagnen und besseren Umgang mit Betroffenen in Schulen, Unis und Betrieben!
  • Für die volle Bezahlung von Menschen, die nach ihren Möglichkeiten einen gesellschaftlichen Beitrag leisten.

Wofür eine revolutionäre Jugendorganisation?

Unsere Aufgabe als Revolutionär_innen ist es, einen klaren Antikapitalismus in die bestehenden Kämpfe einzubringen und die Halbherzigkeit und Unzulänglichkeit der bestehenden Führungen offen zu legen. Für den Kampf gegen den Kapitalismus braucht es eine revolutionäre Organisation mit einer klaren Politik und einem gemeinsamen Verständnis dieser. In unseren Reihen begrüßen wir alle, die sich diesem Ziel offen und ehrlich verschreiben und ihren Beitrag leisten wollen.

Jugendliche erfahren in dieser Gesellschaft eine besondere Unterdrückung. Wir werden in den unterschiedlichsten Bereichen dieser Gesellschaft unterdrückt, das zieht sich sogar bis in die Arbeiter_innenbewegung und die Linke hinein, die natürlich nicht abgeschottet von der restlichen Gesellschaft existiert. Dabei merken vor allem wir Jugendlichen in den unterschiedlichsten Kämpfen oftmals den Ausverkauf einer Bewegung im Interesse einzelner Teile der Bewegung. Wir müssen deshalb auch hier darum kämpfen gehört zu werden und organisieren uns deshalb als Jugendliche gesondert von Parteien und Gewerkschaften um ohne Bevormundung und Unterdrückung für unsere Anliegen kämpfen zu können. REVOLUTION versucht ein Sprachrohr für Jugendliche zu sein, die in solchen Bewegungen oft, obwohl sie die meisten Aktivist_innen auf er Straße sind, in den Verhandlungen nicht vertreten werden. Das bedeutet auch basisdemokratischen Strukturen, dort zu fordern und aufzubauen, wo sich die Kämpfenden bewegen, ob in der Schule, im (Ausbildungs-)Betrieb oder der Hochschule.

Jugendliche sind oftmals militanter, haben wegen ihrer schlechten Lage und Perspektive weniger Niederlagen erfahren müssen und haben weniger zu verlieren. Es ist die Aufgabe der unabhängigen Jugendorganisation den Kampf der Jugendlichen mit dem der Arbeiter_innenklasse zu verbinden. Es ist die Arbeiter_innenklasse, durch deren schöpferische Kraft dieses System geschaffen wird und die Klasse, die den Kapitalismus beenden kann. Die Jugendlichen müssen jedoch ihren eigenen Weg zu sozialistischen Ideen finden, wie sonst sollen neue und mutige Aktivist_innen sich entwickeln, wenn nicht an eigenen Erfahrungen?

Kampf der Frauenunterdrückung!

Systematische Frauenunterdrückung ist, zusammen mit der Jugendunterdrückung, die älteste Form sozialer Unterdrückung in menschlichen Gesellschaften. Zusammen mit der Entwicklung von Klassen wurde auch die gesellschaftliche Unterdrückung von Frauen verfestigt. Der Kapitalismus hat diese Unterdrückung also nicht erfunden, sondern aus alten Klassengesellschaften übernommen, aber auch eigene Aspekte dazu entwickelt. Da Frauenunterdrückung unmittelbar mit der Existenz von Klassengesellschaften verbunden ist, dürfen wir uns nicht der Illusion hingeben, sie ohne eine generelle Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse abschaffen zu können.

Aber nur weil Frauenunterdrückung unmittelbar mit dem Kapitalismus verbunden ist, bedeutet das nicht, dass sie überall, wo der Kapitalismus existiert (und das ist nahezu auf der ganzen Welt der Fall) die selbe Form und die selbe Schärfe annehmen würde. In vielen Ländern der sogenannten „Dritten Welt“ erleben wir ganz andere Formen der Frauenunterdrückung als in den imperialistischen Zentren. Frauen in Saudi Arabien stehen unter der unmittelbaren Vormundschaft von Vätern, Brüdern oder Ehemännern und dürfen beispielsweise ohne deren Zustimmung das Land nicht verlassen. Das restriktive Abtreibungsrecht in Brasilien zwingt jährlich Millionen Frauen, illegale Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Diese kosten Schätzungen zufolge jährlich 200.000 Frauen das Leben (2014). Auch Frauenmorde sind keine Seltenheit: Ob nun die Femizide in Lateinamerika, Ehrenmorde durch männliche Verwandte oder die „Hexen“verbrennungen in Indien. Ein Problem, das speziell in Halbkolonien vorkommt, ist die weibliche Genitalverstümmelung, die jährlich bis zu 3 Millionen Frauen und Mädchen betrifft (2016) und nicht nur das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper, sondern auch die eigene Sexualität vollkommen ignoriert und zu lebenslangen Schmerzen und sogar dem Tod führen kann.

In den sogenannten „westlichen“ Ländern verdienen Frauen für die gleiche Arbeit signifikant weniger, sind sexistischen Rollenbildern unterworfen und müssen immer noch den Großteil der Hausarbeit und Kindererziehung erledigen. Auch dort erfahren sie aber immer noch Belästigungen oder sexualisierte Gewalt, auch wenn in rechtlicher Sicht weitgehende Gleichstellung erreicht ist. Die Frauenunterdrückung drückt sich jedoch nicht nur rechtlich aus. Sie ist auch sozial verankert. Beispielsweise im Idealbild der bürgerlichen Kleinfamilie, weshalb eine rechtlich-faktische Gleichstellung nicht zur Aufhebung der gesellschaftlichen Unterdrückung führen kann. Einer der wichtigsten Aspekte hierbei ist die immer noch stark existierende ökonomische Abhängigkeit von vielen Frauen speziell in der bürgerlichen Familienkonstellation. Das heißt: Wenn wir Frauenunterdrückung effektiv bekämpfen wollen, dann müssen wir die Hausarbeit vergesellschaften und mit geschlechtlicher Arbeitsteilung brechen. Zwar haben es manche Frauen geschafft, führende Positionen auf Seiten der herrschende Klasse einzunehmen, aber Angela Merkel und Co. zeigen uns, dass nicht „alle Frauen“ die selben Interessen haben. Vielmehr müssen unterdrückte und proletarische Frauen gemeinsam mit ihren Klassengeschwistern kämpfen.

Es zeigt uns aber auch, dass eine rein rechtliche Gleichstellung bei weitem noch keine reale Gleichstellung bedeutet, aber vor allem können wir daraus lernen, dass wir durchaus auch begrenzte Verbesserungen in diesem System erreichen können (auch wenn wir uns niemals auf eine dauerhafte Verbesserung durch Reformen verlassen sollten). Die Frauenrechte, die in vielen Ländern erreicht wurden, waren aber immer ein Produkt eines gesellschaftlichen Kampfes, niemals haben uns die Herrschenden etwas geschenkt. Die Arbeiter_innenbewegung erkämpfte Anfang des 20. Jahrhunderts das Frauenwahlrecht, die Frauenbewegung in den 70er Jahren vollendete dann weitgehend die rechtliche Gleichstellung. All diese Errungenschaften mussten erkämpft werden.

Aktuell können wir im Zuge der Krise und der reaktionären Entwicklungen in vielen Ländern auch erneute Angriffe auf Frauenrechte wahrnehmen. In Polen sollte 2016 das ohnehin schon rückschrittliche Abtreibungsrecht weiter verschärft werden, doch durch massenhaften Protest und Frauenstreiks konnte diese rückschrittliche Verschärfung abgewehrt werden. Das zeigt uns, dass Protest auch in Zeiten des verschärften Klassenkampfes von oben noch funktionieren kann. Wir müssen in allen fortschrittlichen Kämpfen für eine Verbindung dieser Kämpfe und die Perspektive einer weltweiten sozialistischen Revolution eintreten, denn nur so können wir die Frauenunterdrückung ein für alle mal beenden.

  • Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, kontrolliert durch Ausschüsse der arbeitenden Frauen. Gewerkschaften müssen verstärkt auf die Organisierung von Frauen hinarbeiten und Kampagnen für diese Forderung durchführen.
  • Für die volle rechtliche Gleichstellung von Männern und Frauen in allen Bereichen.
  • Für die Möglichkeit auf einfache und rasche Scheidungen, für gleiche Rechte von Ehepartner_innen.
  • Organisierte Selbstverteidigung von Frauen gegen sexistische und sexualisierte Übergriffe auch gemeinsam mit anderen Unterdrückten Gruppen und der Arbeiter_innenbewegung. Keine Frau darf der Gefahr von Vergewaltigung und Missbrauch ausgeliefert werden.
  • Schutzräume und Beratungszentren für Betroffene häuslicher und sexistischer Gewalt und familiärer Unterdrückung, auch für geflüchtete Frauen.
  • Für die Vergesellschaftung der Hausarbeit – kostenlose und flächendeckende Kinderbetreuung, Wäschereien in Wohnblocks und Kantinen in Betrieben, Stadtteilen und Dörfern.
  • Kostenloser und freier Zugang zu Abtreibungen. Kostenloser Zugang zu Hygieneprodukten und Verhütungsmitteln.
  • Für den vollen rechtlichen und körperlichen Schutz von schwangeren Frauen in der Arbeitswelt und der Ausbildung, sowie der Möglichkeit, Kinder außerhalb der eigenen Familie zu erziehen!
  • Gegen alle kulturellen oder religiösen Praktiken, die das körperliche Selbstbestimmungsrecht von Frauen angreifen.
  • Sexarbeit ist Arbeit! Gegen die Zuhälterei! Gegen die Stigmatisierung von Sexarbeiter_innen! Für ihre gewerkschaftliche Organisierung! Gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution helfen offene Grenzen für alle und die Kontrolle der Sexindustrie durch die Sexarbeiter_innen selbst!
  • Für die Durchbrechung jeglicher sexistischer Rollenbilder und Klischees auf gesellschaftlicher und kultureller Ebene.
  • Hoch die internationale Solidarität: Für eine proletarische, multiethnische Frauenbewegung, die alle Unterdrückungsformen miteinbezieht und die Probleme international thematisiert und zusammen kämpft!

Kapitalismus führt zu Flucht und Rassismus

Rassismus ist eine systematische Unterdrückung aufgrund verallgemeinerter Zuschreibungen gegenüber nationalen, ethnischen oder religiösen Bevölkerungsgruppen. Diese werden zumeist anhand äußerer Merkmale – vor allem in Bezug auf die Hautfarbe – eingeteilt. Dabei dient der Rassismus meist der Unterteilung in angebliche über- und unterlegene Menschen.

Jedoch handelt es beim Rassismus nicht nur um den offenen Menschenhass von Rechtsradikalen und Faschist_innen. Er ist nicht die reine Form des Fremdenhasses, wie er in den unterschiedlichsten Klassengesellschaften existiert hat. Vielmehr hat er seine Wurzeln in der Entstehung des kapitalistischer Nationalstaates. Denn in vorkapitalistischen Gesellschaften war es durch Annahme der herrschenden Religion oftmals möglich sich der Unterdrückung diesbezüglich weitgehend zu entziehen. Das ist im Kapitalismus nicht so einfach möglich. Heute erleben wir im Nationalstaat die für spezielle Gruppen unüberwindbare Unterteilung in Staatsbürger_innen und nicht-Staatsbürger_innen, mitsamt der rechtlichen und sozialen Unterscheidung in Bezug auf Lohnhöhen, Wahlrecht, Sicherung des Aufenthaltsstatus usw. Außerdem wandelt sich die Ausprägung des Rassismus ständig. Während sich im Zuge des Rückgangs von Vollbeschäftigung in den imperialistischen Nationen des europäischen Kontinents die rassistische Hetze auf die angeblichen “Gastarbeiter_innen” stützte, so erleben wir spätestens seit dem 11. September 2001 und dem „Krieg gegen den Terror“ einen Wandel hin zum antimuslimischen Rassismus – oder gegenüber jenen die als Muslim_innen gesehen werden, unabhängig davon, ob diese Personen es auch tatsächlich sind.

Im imperialistischen Weltsystem rechtfertigt der Rassismus die Überausbeutung großer Teile der Menschheit zumeist in den halbkolonialen Ländern und dient der Entsolidarisierung weiter Teile der Arbeiter_innenklasse in den imperialistischen Nationen. Der Imperialismus ist hier ein verstärkender Aspekt, weil die ungleiche Entwicklung imperialistischer und halbkolonialer Staaten zu einer systematischen Entwertung von Arbeitskraft führt. Das heißt die Löhne in vielen Ländern sind sehr gering und werden durch gegenseitig Konkurrenz weiter gedrückt. In Kriegszeiten dient der Rassismus oftmals – aber vor allem der Chauvinismus13 im Sinne der “Einheit der Nation” – also dazu die Besatzung anderer Länder zu legitimieren. Als Revolutionär_innen unterstützen wir alle Kämpfe, die die Solidarität innerhalb der unterdrückten Klassen fördern und zwischen die herrschende und unterdrückte Klasse einen Keil treiben. Somit muss unser Kampf für die Gleichberechtigung aller Unterdrückten von einem globalen, internationalistischen Standpunkt aus geführt werden.

Aktuell ist die „Black Lives Matter“-Bewegung die größte antirassistische Bewegung in den USA seit Jahrzehnten. Sie vereint die unterdrückte schwarze Bevölkerung mit fortschrittlichen Aktivist_innen. Trotz enormer Fortschritte und großen Demonstrationen war es bist jetzt nicht möglich, diese Kämpfe ausreichend mit denen der Arbeiter_innenbewegung zu verbinden. Hier treten wir als Kommunist_innen für gegenseitige Solidarität und eine revolutionär-sozialistische Perspektive ein. Wie auch die Frauenunterdrückung ist auch der Rassismus eng mit dem Kapitalismus verbunden und kann erst mit dessen Überwindung endgültig abgeschafft werden bis dahin treten wir ein für:

  • Schluss mit der Spaltung! – Volle Staatsbürger_innenrechte für alle dort, wo sie gerade leben! Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit!
  • Für das Recht auf Selbstverteidigung gegen rechten und polizeilichen Terror! Für die Organisierung von Selbstverteidigungsstrukturen der Unterdrückten gemeinsam mit den Organisationen der Arbeiter_innenklasse, der Jugend und anderer unterdrückter Gruppen.
  • Im Kampf gegen staatlichen Rassismus und die faschistischen Banden auf der Straße hilft nur eine multiethnische Arbeiter_innenbewegung.

9.2 Flucht

Im Jahr 2016 befanden sich mehr als 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Dies ist die bisher höchste gemessene Zahl an Geflüchteten. Die Fluchtursachen sind hierbei vielfältig, sie reichen von Krieg und Vertreibung, über Diskriminierung bis hin zu Flucht aufgrund von Klimawandel und Umweltzerstörung. Hinter all diesen Gründen steckt die systematische Zerstörung des Planeten (durch Industrie und Krieg) und die Spaltung der Menschheit durch den Kapitalismus, die durch die Krise seit 2007/08 noch mehr verstärkt wurde. Die flüchtenden Menschen sind also ein Ergebnis von Überausbeutung und Barbarei des Imperialismus.

2015 erreichten 1,3 Millionen Geflüchtete Europa . Im Zuge dessen schafften sie es Löcher in die Festung Europa zu reißen. Hunderttausende solidarisierten sich mit den Geflüchteten. Die Grenzen der EU-Staaten waren zeitweise geöffnet. Die unterschiedlichen Lager der herrschenden Klasse waren sich uneinig ob man sich lieber national abschotten sollte, oder ob doch lieber die Grenzen für den freien Warenverkehr offen bleiben sollten.

Die Refugee-Solidaritätsbewegung scheiterte schließlich. Sie war nicht international koordiniert und schaffte es nicht die vielen solidarischen Menschen hinter einem Programm, mit einer klaren antikapitalistischen Kampfperspektive zu vereinen. Da die Bewegung zumeist nicht politisch für die Geflüchteten eintrat, überließ sie das politische Feld den Rechten. Deshalb mündete diese Polarisierung schließlich auch in einem gesellschaftlichen Rechtsruck. Was folgte waren stetige neue rassistische Asylpakete, zunehmende rassistische Hetze über “muslimischen Terror”, Aufrüstung des europäischen Grenzregimes, Pakte mit unterdrückerischen Regimen (wie der EU-Türkei-Deal) und eine rassistische Massenbewegung auf der Straße, mitsamt einer massiven Steigerung der rassistischen Gewalttaten bis hin zu Mord und Brandanschlägen.

Gegenüber einer solchen Offensive können wir uns nicht auf den bürgerlichen Klassenstaat verlassen. Revolutionär_innen müssen zu jeder Zeit die Notwendigkeit der Selbstverteidigung durch Aktionsstrukturen aus Arbeiter_innen, Geflüchteten und Jugendlichen betonen. Um die gesellschaftlich gezielte Isolation von Geflüchteten zu überwinden braucht es die Aufnahme von Geflüchteten in die Gewerkschaften und die volle Integration in die sozialen und ökonomischen Kämpfe. Geflüchtete sind ein Ausdruck dafür, dass dieses Gesellschaftssystem nicht in der Lage ist die Bedürfnisse aller Menschen zu befriedigen.

  • Weg mit allen rassistischen Asyl-Gesetzpaketen! Weg mit allen Sonderdeals zur Abwehr sogenannter “Flüchtlingsströme“, ob EU-Türkei-Deal oder die Übereinkünfte mit der libyschen Küstenwache im Mittelmeer. Für offene Grenzen und sichere Fluchtrouten!
  • Zerschlagt die Festung Europa! Weg mit Frontex14 und allen nationalen Grenzschutzeinheiten! Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa.
  • Weg mit allen Sonderdeals zur Abwehr sogenannter “Flüchtlingsströme“, ob der EU-Türkei-Deal oder die Übereinkünfte mit der libyschen Küstenwacheim Mittelmeer.
  • Gegen unmenschliche Geflüchtetenheime! Für dezentrale Unterbringung! Enteignung leerstehender Wohnung und massiven Ausbau des sozialen Wohnbaus als Unterkunft für flüchtende Menschen.
  • Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit. Schluss mit dem Arbeitsverbot für Geflüchtete.
  • Für den gemeinsamen Kampf von legalen und illegalisierten Arbeiter_innen! Für eine massive Kampagne zur Organisierung von Geflüchteten durch die Gewerkschaften.

Die Rechten auf dem Vormarsch

Das Erwachen neuer und alter rechter Kräfte dürfte niemandem entgangen sein. Die wirtschaftliche – und die daraus entstehende politische Krise war Öl ins Feuer der Rechten. Ob Donald Trump in den USA, der sogenannte Rechtspopulismus in Europa, die neoliberalen Rechtskonservativen in Südamerika oder aber auch Kräfte wie Duterte auf den Philippinen, Erdogan in der Türkei oder Modi in Indien,wir sehen klar, dass es sich dabei um ein globales Phänomen handelt. Umso wichtiger ist es, diese Kräfte zu verstehen um sie bekämpfen zu können.In der aktuellen Konjunktur bedienen sich viele rückschrittliche Kräfte, die mit der aktuellen neoliberalen Fraktion der herrschenden Klasse unzufrieden sind, gewisser sozialer Floskeln auf der einen und Rassismus auf der anderen Seite. So mobilisieren sie vorallem unzufriedene Schichten des Kleinbürger_innentums, der Mittelschichten oder auch rückständigere Teile der Arbeiter_innenklasse für sich zu Oft stellen sie sich als Außenseiter_innen gegen das Establishment dar, obwohl sie selbst Teil der Elite sind und eine Fraktion der herrschenden Klasse vertreten. Einmal an der Regierung betreiben sie aber zumeist eine Politik der sozialen Angriffe auf die große Mehrheit der Bevölkerung. Eindrucksvoll hat diese Politik Trump in den USA dazu befähigt als kompletter Außenseiter die Wahlen gegen Hillary Clinton zu gewinnen. Dabei gelingt es diesen Kräften manchmal sogar in die Kernschichten der Arbeiter_innenklasse vorzudringen. Von der jahrelangen, neoliberalen Politik der Sozialdemokratie angeekelt suchen Teile der Arbeiter_innenklasse den Ausweg über diese reaktionären Kräfte. Das ist die Konsequenz des Fehlens einer glaubhaften Linken, die Politik gegen Sozialabbau, Ausbeutung und Rassismus in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellt.

Einhergehend mit diesem Trend lässt sich auch eine immer autoritärere Entwicklung in vielen Staaten erkennen. Das sieht man an verstärkter Überwachung, dem Ausbau der Befugnisse der Polizei bis hin zum Einsatz des Militärs im Inneren und der Inkraftsetzung von Ausnahmezustandsregelungen. Zwar ist diese Tendenz nicht ausschließlich auf klassische rechte Kräfte an der Macht beschränkt, wie Hollande und Macron in Frankreich zeigen, doch zumeist stehen sie klar für einen weiteren Ausbau dieser undemokratischen Tendenz. Oft konzentriert sich dabei die Macht auf weniger und weniger Personen. Manchmal scheint sogar eine einzelne Person (wie z.B. Erdogan oder Duterte) – gestützt auf Militär und Polizei – herrschend über der Gesellschaft zu stehen. Solche Regime nennen wir Bonapartismus. Große Teile der kapitalistischen Klasse werden hierbei sogar von der direkten Beteiligung an der Macht ausgeschlossen, obwohl es sich bei diesen bonapartistischen Kräften klar um Verteidiger der herrschenden Ordnung, des Kapitalismus, handelt.

Sehr oft werden diese Kräfte von Linken als faschistisch bezeichnet, einige sind vom Faschismus auch gar nicht mehr so weit entfernt. Doch für uns ist Faschismus keine politische Beleidigung für Reaktionäre. Vielmehr ist Faschismus der radikalste und letzte Ausweg für die Kapitalist_innen zur Rettung ihres Systems und auch oft, um die Nation geeint in den Krieg zu führen und jegliche Opposition auszuschalten. Gestützt auf eine reaktionäre Massenbewegung aus Kleinbürger_innen, Mittelschichten und reaktionären Teilen der Arbeiter_innenklasse ist ihr Ziel die Zerschlagung der organisierten Arbeiter_innenbewegung und die vollkommene Aufspaltung der Arbeiter_innenklasse. Dafür ist es notwendig, die bürgerliche Demokratie hinter sich zu lassen und die Macht im Staat zu übernehmen. Faschistische Kräfte bedienen sich dabei in erster Linie dem Mittel der Gewalt auf der Straße und des Terrors und nicht der legalen Mitteln des bürgerlichen Parlamentarismus. Die Gewalt der Faschist_innen richtet sich nicht nur gegen die organisierte Linke und Arbeiter_innenbewegung, sondern auch gegen gesellschaftlich unterdrückte Minderheiten. Wir stellen dem die organisierte Selbstverteidigung der Betroffenen im Bündnis mit der Arbeiter_innenbewegung entgegen – ohne Vertrauen auf den bürgerlichen Staat. Für die Bekämpfung dieser vielfältigen reaktionären Strömugen ist eine Einheitsfront15 der unterschiedlichen Organisationen der Arbeiter_innenklasse, sowie der Kampf gegen die Verelendung der Bevölkerung unter der kapitalistischen Sparpolitik notwendig.

All diese verschiedenen reaktionären Phänomene haben ihre sozialen Wurzeln im herrschenden Gesellschaftssystem. Sie sind der brutalste Ausdruck von Unterdrückung, Ausbeutung und Krieg. Solange der Kapitalismus existiert, ist die Gefahr des Faschismus niemals gebannt. Deshalb muss unser Antifaschismus auch immer antikapitalistisch sein – wir bekämpfen den Faschismus nicht mit Mitteln der bürgerlichen Demokratie, sondern mit revolutionärem Antifaschismus. Nur die soziale Revolution und der Aufbau einer globalen, klassenlosen Gesellschaft bieten die Möglichkeit die Gefahr des Faschismus ein für alle Mal auf dem Müllhaufen der Geschichte verschwinden zu lassen.

  • Verteidigt alle demokratischen Rechte! Für allgemeines Wahlrecht, Recht auf Organisierung und Versammlung, Recht auf freie Meinungsäußerung.
  • Kampf gegen Ausbeutung, Sparpolitik und Unterdrückung, um den Faschist_innen das Wasser abzugraben und die Arbeiter_innenklasse zu vereinigen.
  • Kein Vertrauen in den kapitalistischen Staat beim Kampf gegen den Faschismus!Organisierte Selbstverteidigung gegen Faschist_innen, Rassist_innen und den reaktionären bürgerlichen Staat.
  • Keine Plattform für Faschist_innen, für direkte Aktionen gegen ihre Aufmärsche und Kundgebungen – massenhaft, militant und organisiert!
  • Verbote der Faschist_innen werden nur zu oft gegen Linke und Revolutionär_innen verwendet! Wir selbst müssen für die Zerschlagung faschistischer Strukturen sorgen!
  • Für eine Einheitsfront aller Organisationen der Arbeiter_innenbewegung gegen den Faschismus und andere Rechte.

Kampf der Reaktion, Kampf für Religionsfreiheit!

Religion ist ein wichtiges Thema für viele Menschen. In einer Welt, in der Elend und Ungerechtigkeit tagtägliche Realität sind, ist der Glaube an eine Kraft der Gerechtigkeit und des Guten, die über der chaotischen Welt der Menschen steht, weit verbreitet. Religionen sind Lebensrealität für die Mehrheit der Menschen und auch für die Mehrheit der Arbeiter_innenklasse und Jugend. Das wird sie auch bleiben, solange wir in einer Gesellschaft leben, in der Hunger, Krieg und Not nicht abgeschafft sind.

Für uns ist keine Religion schlechter als eine andere. Vielmehr ist es eine Frage der gesellschaftlichen und politischen Umstände, wie stark religiöse Vorstellung zur Ideologie rückschrittlicher Bewegungen werden. Die Funktion von etablierten Religionen ist allerdings immer auf die Versöhnung der Klassengegensätze gerichtet.

Wir sind für die volle Religionsfreiheit, aber auch für das Recht, keiner Religion zu folgen – Religion sollte Privatsache sein. Das bedeutet für uns, dass Religion im Privaten frei ausgelebt werden darf, solange damit keine Unterdrückung einher geht. Die Unterdrückung, die wir in der kapitalistischen Gesellschaft erfahren, besteht auch in religiösen Gemeinschaften fort, denn religiöse Überzeugungen können die realen Umstände nicht verändern. Religiöse Institutionen werden nicht zufällig im Kapitalismus oft als große, kapitalistische Unternehmen im Interesse einiger weniger geführt. Sie verfestigen die Unterdrückung und haben meist klare Verbindungen zum Staat und zur bürgerlichen Klasse. In Krisenzeiten beispielsweise vertraut der Staat vermehrt auf religiöse Institutionen, um fortschrittliche Bewegungen zu unterdrücken, oder setzt reaktionäre Forderungen um, wie Abtreibungsverbote.

Wir treten für die strikte Trennung von Staat und religiösen Institutionen ein: keine religiös inspirierten Gesetze, keine Finanzierung von religiösen Schulen, kein verpflichtender Religionsunterricht, keine Zurschaustellung religiöser Symbole durch öffentliche Einrichtungen (wie zum Beispiel Kreuze in Schulen) und die Offenlegung aller Finanzquellen von religiösen Institutionen.

Trotz freier Religionsausübung darf niemand in seinen demokratischen Rechten eingeschränkt werden. Wir verteidigen jede Person, die auf Grund ihrer Religion diskriminiert wird und stellen uns gegen jede Diskriminierung, die mit religiöser Überzeugung gerechtfertigt wird. Atheismus ist für uns kein Mitgliedskriterium, solange man konsequente Kämpfer_in gegen Unterdrückung und Kapitalismus ist ist es egal ob oder welchem Glauben man anhängt.

  • Nein zu allen religiösen Gesetzen oder Gesetzen, die auf religiösen Bräuchen beruhen. Für den Sturz aller religiösen Regime! Für die volle Religionsfreiheit – aber für die Abschaffung aller religiösen Schulen, Gerichte und staatlichen Institutionen.
  • Für die freie Wahl über Ausübung oder nicht Ausübung von Religion nur mit aktiver Zustimmung der Beteiligten! Für das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper und das Recht auf freie Partner_innenwahl.
  • Für das Ende jeglicher religiöser Diskriminierung – für das Recht religiöse Symbole zu tragen oder nicht zu tragen.
  • Enteignet und verstaatlicht die riesigen Besitztümer, Ländereien und Unternehmen der religiösen Organisationen – die Gläubigen dürfen ihre Glaubensstätten aber weiter unentgeltlich nutzen.

Unser Körper, unser Sex – unser Recht!

Als Jugendliche sehen wir uns in vielen Bereichen unseres Lebens eingeschränkt, ein wichtiger davon ist die Sexualität. An vielen Orten ist Sex vor der Ehe immer noch verpönt oder sogar harten Strafen unterworfen. Doch diese gesellschaftliche Brandmarkung oder auch Kriminalisierung halten Menschen nicht davon ab Sex zu haben. Vielmehr führen sie dazu, dass eine angemessene Aufklärung nicht stattfindet oder vollkommen unzureichend ist. Deshalb ist in vielen Teilen der Erde mit sexueller Aktivität nicht nur eine gesellschaftliche Demütigung, sondern auch eine gesundheitliche Gefahr verbunden. In Afrika infizieren sich jährlich 1,5 Millionen Menschen (2016) mit HIV und viele hunderttausend sterben daran. Die katholische Kirche mit ihrer Ablehnung von Verhütungsmitteln hat wesentliche Schuld an diesen Zahlen.

12.1 Sexuelle Selbstbestimmung

Die Ausweitung von allgemein zugänglichen Verhütungsmitteln in Europa und Nordamerika führte nach dem 2. Weltkrieg zu einer Lockerung der Last auf vielen Frauen, insbesondere die Pille hatte dabei positive Auswirkungen. Wir treten deshalb für eine Ausweitung der Forschung in medizinisch gut verträgliche und sichere Verhütungsmittel ein, sowie den freien Zugang zu diesen – insbesondere für Jugendliche, weil junge Menschen sich diese oft nicht leisten können. Weltweit gibt es in Schulen meist überhaupt keinen Aufklärungsunterricht und wenn es diesen gibt, dann spiegelt sich in ihm die bürgerliche Sexualmoral wieder. Nicht-heterosexuelle und nicht-monogame Sexualität wird kaum bis gar nicht behandelt und wenn mit verstaubten moralischen Kategorien bedacht.

In vielen Ländern ist die reaktionäre Praktik von Zwangsverheiratungen immer noch eine wichtige Frage. Jährlich werden mehr als 11 Millionen (2016) Mädchen gezwungen vor dem 18. Lebensjahr zu heiraten. Wir kämpfen dafür, dass sich Jugendliche frei ihre Sexual- und Ehepartner_innen aussuchen können und bekämpfen dabei alle rückschrittlichen Formen der Zwangs- und arrangierten Heirat. Jugendlichen wird in fast allen Ländern der Welt Geschlechtsverkehr rechtlich verboten oder eingeschränkt. Wir stellen uns gegen diese Einschränkung, solange es sich dabei um mündige Menschen handelt – und das ist nicht mithilfe eines Schutzalters sichergestellt.

Gleichzeitig muss auch gesehen werden, dass ein tatsächliches Bekämpfen von sexualisierten Übergriffen auch nur möglich ist, wenn den Betroffenen Gehör geschenkt wird. Nein heißt Nein und das muss auch so anerkannt werden. Darüber hinaus streben wir es an vor jedem sexuellen Kontakt nachzufragen ob er stattfinden darf. Dabei kann allerdings auch ein erfragtes Ja in einem gewissen Machtgefüge (ökonomische oder altersbedingte Abhängigkeit, soziale Konstellation, mentaler Zustand u.ä.) nicht dem entsprechen, was die Person eigentlich will.

  • Freier und kostenloser Zugang zu Verhütungsmitteln, für den Ausbau der Forschung an nicht-hormonellen Verhütungsmitteln!
  • Für angemessenen, verpflichtenden Aufklärungsunterricht vor der Geschlechtsreife und die gleichberechtigte Darstellung aller Formen von Sexualität und des einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs.
  • Kampf aller Formen der Zwangsheirat, für die freie Wahl der Partner_innen.
  • Für die Abschaffung aller Gesetze, die einvernehmlichen Sex zwischen mündigen Menschen untersagen, keine Altersbeschränkungen auf einvernehmlichen Sex!
  • Für sexuellen Konsens! Sexuelle Handlungen nur mit aktiver und gleichberechtigter Zustimmung aller Beteiligten!

12.2 LGBTIA-Rechte16

Die bürgerliche Sexualmoral – tief verankert im Konzept der bürgerlichen Kleinfamilie und der damit verbundenen Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Normen – stellt oft die Sexualität von Jugendlichen und Frauen als passiv und minderwertig dar. Frauen wird überhaupt oft abgesprochen so etwas wie eine eigenständige Sexualität zu haben. Vielmehr sollten sie als passives Sexualobjekt für den männlichen Teil der Gesellschaft dienen. Auch werden immer noch Abweichungen von der herrschenden geschlechtlichen und sexuellen Norm als krank und verwerflich angesehen. Solche Ansichten sind rückschrittlich und unwissenschaftlich.

Zusätzlich zur Unterdrückung der freien Ausübung ihrer Sexualität von Jugendlichen und Frauen, verfolgt die bürgerliche Klassengesellschaft auch alle Formen der Sexualität, die nicht in das herrschende Bild der monogamen Ehe zwischen einem Mann und einer Frau passen. Homosexualität ist immer noch zutiefst geächtet und wird in manchen Ländern mit dem Tode bestraft. Auch Personen, deren soziales Geschlecht nicht mit ihrem biologischen Geschlecht übereinstimmt, Inter- oder Transmenschen werden in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz benachteiligt und unterdrückt. Dabei wird oft das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper eingeschränkt, ähnlich wie das Verbot der Abtreibung für Frauen.

Gepaart mit anderen sozialen Unterdrückungsformen drückt sich das in heftiger gesellschaftlicher Unterdrückung aus, so haben zum Beispiel nichtweiße Transfrauen in den USA eine Lebenserwartung von 35 Jahren (gegenüber einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 79 Jahren). Angriffe gegen homosexuelle und transsexuelle Menschen werden häufig von Faschist_innen unter dem wohlwollenden Schutz durch die staatlichen Organe zugelassen – wenn nicht überhaupt von diesen ausgeführt. In Osteuropa zum Beispiel verbündet sich die orthodoxe Kirche mit Ultranationalist_innen und Neonazis gegen die dort statt findenden Regenbogenparaden.

Im Endeffekt handelt es sich bei der Spaltung anhand von Sexualität und sexueller Identität um Spaltungen innerhalb der Arbeiter_innenklasse und Jugend, die wir bekämpfen müssen um die Arbeiter_innenklasse und Jugend im Kampf gegen den Kapitalismus zu einen. Deshalb bekämpfen wir auch die (klein)bürgerlichen Ideologien, die im Endeffekt eine unrealistische Erreichung der Gleichstellung im Kapitalismus erkämpfen wollen, oder gar einen Kampf innerhalb der herrschenden Klasse (ähnlich dem bürgerlichen Feminismus) darstellen. Die Abschaffung von dieser Formen der Unterdrückung kann nur mit der Überwindung dieses Systems vollzogen werden.

  • Für rechtliche und sonstige Gleichstellung, sowie Freiheit der Ausübung aller Formen der Sexualität. Verbot der Diskriminierung aufgrund von Geschlecht oder sexueller Orientierung!
  • Für das Recht auf medizinische Geschlechtsangleichung an die soziale Geschlechtsidentität – kostenfrei und ohne unnötigen bürokratischen Akt!
  • Intersex17 ist eine Identität!. Medizinische, kosmetische Eingriffe z.B. zur Geschlechtsangleichung nur mit Zustimmung der betroffenen Person.
  • Gegen eine erzwungene Einteilung von Mann und Frau. Es gibt Menschen, die können oder wollen sich nicht klar einem der beiden Geschlechter zuordnen.
  • Gegen die Pflicht das eigene Geschlecht in offiziellen Dokumenten anzugeben! Für den Ausbau an Unisex-Orten im öffentlichen Raum, wie Toiletten oder Umkleiden!
  • Zurückdrängung aller Formen der Rollenklischees, Diskriminierung und Ausgrenzung in der Jugend und Arbeiter_innenklasse!

Recht auf Rausch?

Der weltweite „Krieg gegen Drogen“ hat unvorstellbares Leid und Elend über weite Teile der Welt gebracht. Allein in Mexiko forderte er in den letzten 10 Jahren (2007-2017) Schätzungen zufolge vermutlich mehr als 100.000 Todesopfer. Unter diesen Todesopfern dürfte sich eine große Zahl an Jugendlichen befinden, die sich entweder wegen Perspektivlosigkeit und Armut Kartellen anschließen oder zwischen die Fronten geraten. Die imperialistischen Nationen, allen voran die USA, führen ihren scheinheiligen Krieg nun schon seit Jahrzehnten, wirkliche Erfolge sind nicht jedoch in Sicht. Stattdessen treibt die Illegalisierung von Drogen die Preise dieser nur noch weiter in die Höhe und verschafft den Kartellen, die nichts anderes als illegale kapitalistische Unternehmen sind, riesige Profite. Die Arbeiter_innen in der Drogenindustrie sind hierbei aufgrund der Kriminalisierung massiver Willkür und gefährlichsten Arbeitsbedingungen ausgesetzt. Oft werden Drogen auch gezielt von kapitalistischen Geheimdiensten eingesetzt um fortschrittliche Bewegungen zu kriminalisieren oder deren Kampfkraft zu schwächen, wie das beispielsweise bei den Black Panthers18 in der USA der Fall war.

Etwa einer Viertelmilliarde Menschen (2015) weltweit konsumieren illegale Drogen. Die Mehrheit davon in halbkolonialen Ländern. Drogenkonsum ist ein direktes Ergebnis aus dem Leben in einer Welt von Unterdrückung, Elend und Perspektivlosigkeit – dem Kapitalismus. Doch die Illegalisierung von Drogen führt in keinster Weise zu einer Lösung dieses Problems. Vielmehr drängt sie Drogenabhängige – viele von ihnen Jugendliche – an den Rand der Gesellschaft und auf die Straße. Die Kriminalisierung von Drogenkonsument_innen und kleinen Dealer_innen dient oft als Vorwand für eine Kriminalisierung rassistisch unterdrückter Gruppen. In den USA nimmt die Gefängnisindustrie mittlerweile riesige Ausmaße an und ihre Profite betragen viele Millionen Dollar. Wir treten für die sofortige Legalisierung und Entkriminalisierung aller Drogen unter strikter Kontrolle des Staates ein, somit kann die Qualität garantiert werden und Süchtige vermeiden die Gefahr von vielen Risiken – wie der Ansteckung mit HIV. Gleichzeitig fordern wir Aufklärungskampagnen um ein breites Wissen über Drogen und deren Auswirkungen zu schaffen.

  • Schluss mit dem imperialistischen „Krieg gegen Drogen“.
  • Breite und ehrliche Aufklärungskampagnen über die Gefahren und Nutzung von Drogen. Für legalen Zugang zu Drogen nach einem durchlaufenen Aufklärungsprogramm, das kostenlos und zugänglich für alle ist. Baut das Gesundheitssystem, Entzugskliniken und Hilfsstellen aus!
  • Für die Legalisierung aller Drogen – Produktion und Verkauf unter staatlichem Monopol, kontrolliert von Produzent_innen und Konsument_innen.
  • Stoppt die Gefängnisindustrie – Resozialisierung und nicht Haftstrafen sollten im Mittelpunkt stehen!

Warum wir ein Programm brauchen

Das Programm ist das Kampfmittel mit dem unsere Mitgliedschaft in die inhaltlichen und praktischen Auseinandersetzungen zieht. Es ist die zusammengefasste Erfahrung der Organisation in Verbindung mit den historischen Erkenntnissen der internationalen Bewegung von Arbeiter_innen und Jugendlichen. Doch womit beginnt das Programm? Der Kapitalismus durchdringt nahezu alle Ecken und Winkel dieser Erde und drückt ihnen seinen Stempel auf. Krisen und Kriege sind längst keine lokalen Phänomene mehr, sondern Ausdruck der internationalen Arbeitsteilung, unsere Schlüsse müssen somit immer aus der internationalen Entwicklung erfolgen. Kurzum, das Programm leitet aus den gesellschaftlichen Verhältnissen die Aufgaben für die Revolutionär_innen ab – es ist eine Anleitung zum Handeln. Für uns gibt es zwei elementare Bestandteile dieses Programms. Die absolute Unabhängigkeit von unseren Unterdrücker_innen, den Kapitalist_innen,weil diese von diesem System profitieren und keinerlei Interesse daran haben, es zu beenden. Der andere zentrale Punkt ist die Übergangsprogrammatik.

Die ersten marxistischen Parteien, die Sozialdemokratie Ende des 19. Jahrhunderts, hatten ihr Programm traditionell in zwei Teile geteilt.Auf der einen Seite gab es die sogenannten Minimalforderungen wie den 8-Stunden Tag, die Trennung von Staat und Kirche oder das allgemeine Wahlrecht. Auf der anderen Seite standen Forderungen, die erst im Sozialismus selbst und nicht, wie die Minimalforderungen, schon im Kapitalismus umsetzbar sind. Im Programm war nicht weiter ausgeführt, wie man von den Minimal- zu den Maximalforderungen übergehen sollte, beziehungsweise was die Brücke dazwischen sei. Indirekt war klar, dass das die sozialistische Revolution sein müsse. Doch Anfang des 20. Jahrhunderts passten sich diese Parteien immer mehr dem Kapitalismus an und die Maximalforderungen waren bald nur mehr etwas für die Sonntagsreden. Diese Trennung des Programms begünstigte daher den Reformismus und Opportunismus der Sozialdemokratie. Wir stellen dieser Trennung von Minimal- und Maximalforderungen sogenannte Übergangsforderungen entgegen. Dabei wird versucht an das aktuelle Bewusstsein der Arbeiter_innenklasse und Jugend anzuknüpfen – ohne sich daran anzupassen – und es mit dem Ziel der sozialistischen Revolution zu verknüpfen. Die Umsetzung von Übergangsforderungen – wie die Aufteilung der Arbeit auf alle Hände – ist auf Dauer unvereinbar mit dem Funktionieren der kapitalistischen Klassengesellschaft in der wir gerade leben. Die Perspektive der sozialistischen Revolution soll damit nicht irgendwo in weiter Zukunft einmal umsetzbar sein, sondern den fortgeschrittensten Teilen der Jugend und der Arbeiter_innenklasse muss klar werden, dass sie schon heute eine Notwendigkeit ist.

Doch das Programm ist wertlos, wenn es von der Mitgliedschaft der kommunistischen Organisation unberücksichtigt bleibt. Für uns ist es mehr als eine Glaubensbekundung. Deswegen haben wir demokratische Rechte und Pflichten, die eine freie Diskussion um politische Fragen in unseren eigenen Reihen erst möglich machen. REVOLUTION ist eine demokratisch zentralistische Organisation, das bedeutet eine maximal freie Debatte nach Innen und das geschlossene Auftreten nach Außen. Dafür braucht es aber eine Gruppe von Aktivist_innen, die die gemeinsamen Entscheidungen nach außen verteidigen. Dies ist notwendig, da wir innerhalb der Arbeiter_innenbewegung eine Schwäche der Revolutionär_innen sehen, diese sind nicht ausreichend in der Lage sich in der Jugend und Klasse zu verankern, welche ideologisch von reformistischen und offen bürgerlichen Kräften angeführt wird. Das geschlossene Auftreten nach außen kann jedoch auch bei zunehmenden inneren Konflikten zum Zerbrechen der Gruppe führen Hierfür braucht es eine Reihe demokratischer Möglichkeiten, zwei davon sind das Fraktions- und Tendenzrecht19. Ein weiteres demokratisches Recht ist das Recht von gesellschaftlich unterdrückten Teilen auf gesonderte Treffen. Dort soll etwaige Unterdrückung innerhalb der Organisation und der Kampf der Organisation gegen diese Unterdrückung – vor allem auch in der Gesellschaft – diskutiert werden. Die Ergebnisse haben einen wichtigen Stellenwert für revolutionäre Organisationen.

In der aktuellen Situation sind wir oft mit Abwehrkämpfen beschäftigt, doch auch hier muss klar gezeigt werden, dass die Lösung der Probleme der heutigen Gesellschaft nur durch den Sturz der herrschenden Ordnung möglich ist. Mut und Ehrlichkeit sind hier essentiell um das Vertrauen der fortschrittlichsten Aktivst_innen und schließlich der Massen zu gewinnen – zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat!

Reformismus & Linkspopulismus

Wir sind nicht die einzigen, die sich den Kampf für eine bessere Welt auf die Fahnen geschrieben haben. Die Arbeiter_innenbewegung hat eine ganze Reihe von unterschiedlichen Organisationen hervorgebracht, die auf die eine oder andere Weise dieses System beenden oder zumindest gerecht umgestalten wollen. Die größten davon versuchen meist sich diesem Ziel mit dem Mittel der Reform zu nähern. Die großen sozialdemokratischen Parteien wurden vor mehr als 100 Jahren zumeist auf marxistischer Basis gegründet. Sie entfernten sich aber über kurz oder lang von dieser Tradition und mutierten zu zentralen Stützen dieses Systems. Wie wir in vorhergegangenen Kapiteln festgestellt haben, ist diese Welt schon lange reif für eine neue Gesellschaft, doch der Kapitalismus hält sich verbissen am Leben. Ein zentrales Element dafür sind reformistische Organisationen, die versuchen einen strategischen Kompromiss zwischen der Arbeiter_innenklasse und der Bourgeoisie umzusetzen. Dabei landen sie notwendigerweise im Lager der herrschenden Klasse, denn im Kapitalismus ist es unmöglich die Interessen des Proletariats und der Bourgeoisie zu vereinen. „Neutralität“ führt einem immer ins Lager des Stärkeren, das der Kapitalist_innen!

In Zeiten wirtschaftlichen Aufschwunges schaffen es solche Organisationen – zumeist eng verknüpft mit den großen Gewerkschaften – positive Reformen gegen das Kapital durchzusetzen. Dabei greifen sie mal mehr und mal weniger auch zu radikalen Aktionsformen wie Streiks oder Demonstrationen, obwohl sie dabei immer versucht diese bürokratisch von oben herab zu kontrollieren. In Zeiten der Krise – vor allem aber auch in Zeiten des zugespitzten Klassenkampfes – spielen sie aber zumeist eine reaktionäre Rolle. Sie verteidigen das bürgerliche System gegen die Arbeiter_innenklasse. Als 1918/19 das deutsche Proletariat gewillt war eine sozialistische Revolution durchzuführen, gelang es der Sozialdemokratie sich an die Spitze dieser Bewegung zu setzen und sie in die Niederlage zu führen, während gleichzeitig revolutionäre Kräfte erbittert bekämpft wurden.

Das alles zeigt, dass wir uns nicht einfach nur uneinig über die Mittel zur Umsetzung des Ziels sind. Nein, die Unterschiede liegen tiefer. Die soziale Stütze des Reformismus liegt in der imperialistischen Überausbeutung der halbkolonialen Welt. Mit dieser Überausbeutung und der sich daraus ergebenden Extraprofiten20 ist es in den imperialistischen und manchen reicheren halbkolonialen Ländern möglich einen gewissen Teil der Arbeiter_innenklasse besser zu bezahlen. Auf diese Schicht stützt sich der Reformismus und seine Bürokratie. Sowohl die Gewerkschaftsbürokratie als auch die Spitzen der reformistischen Parteien haben somit immer ein Interesse daran, die imperialistische Überausbeutung und den Kapitalismus aufrecht zu halten. Trotz dieser gravierenden Unterschiede stellen diese Kräfte in vielen fortschrittlichen Kämpfen und Bewegungen die Führung dar und wir können sie nicht einfach ignorieren. Vielmehr müssen wir eine Zusammenarbeit mit ihnen anstreben ohne uns ihrer Führung unterzuordnen. Nur in der Aktion ist es möglich unsere Politik auch ihrer Massenmitgliedschaft ernstzunehmend näher bringen zu können. Nur in Zusammenarbeit mit diesen Organisationen wird es uns gelingen ihre falsche Politik zu entlarven und ihre Mitgliedschaft für den revolutionären Weg zu gewinnen. Dieses Vorgehen nennen wir Einheitsfronttaktik.

Neben den klassisch sozialdemokratisch-reformistischen Parteien und Jugendorganisationen haben sich auch in der Zeit Krise neue Parteien und Organisationen stärken können beziehungsweise sind neu entstanden. SYRIZA in Griechenland hat mit dem Verrat an der griechischen Jugend und Arbeiter_innenklasse eindrucksvoll bewiesen, dass auch der reformistische Eurokommunismus21 – wenn auch eine linker – keinen anderen Charakter als der „klassische“ (sozialdemokratische) Reformismus hat. Wir können auch sehen, dass linkspopulistische Kräfte an Einfluss gewinnen. Das klassische Beispiel hierfür ist die spanische Partei Podemos, gegründet von linken Intellektuellen rund um den Uniprofessor Pablo Iglesias. Podemos schaffte es in Zeiten der Krise sich vielen fortschrittlichen Jugendlichen und Arbeiter_innen als Alternative anzubieten, doch hat kein grundlegend besseres Konzept zur Überwindung des Elends als andere linksreformistische Kräfte. Beim Linkspopulismus handelt es sich aber um keine Strömung der organisierten Arbeiter_innenklasse, sondern um eine klassenübergreifende Bewegung. Organisationen wie Podemos, die sich auf eine kritische Masse aus dem Internet stützen, versuchen durch ihre Aktionsformen nicht einmal die Arbeiter_innenklasse in Formen von Streiks und Massenversammlungen als Orte des Kampfes und politischen Austausches zu organisieren.

In allen Bewegungen treten wir gegen jegliche bürokratische Dominierung durch die etablierten Kräfte ein. Wir kämpfen für gemeinsame demokratische Organe der Bewegungen, in denen Freiheit der Kritik und direkte Demokratie eine schlagkräftige Organisierung der Bewegung ermöglicht. In Gewerkschaften kämpfen wir gegen die bürokratische Herrschaft durch die etablierten Gewerkschaftsführer_innen und für die Kontrolle durch die Basis. Nur durch eine direkt kontrollierte, demokratisch gewählte Führung und eine aktive Basis können auch Gewerkschaften zu Instrumenten der Arbeiter_innenklasse und Jugend zu ihrer Befreiung werden.

Stalinismus ist kein Sozialismus!

1917 wurde zum ersten Mal in einem Land von den Arbeiter_innen und den Bäuer_innen die Macht erobert. Die russische Oktoberrevolution brachte zum ersten Mal die Massen dazu die Gesellschaft direkt zu bestimmen und zu lenken. In den Fabriken bestimmten Ausschüsse der Arbeiter_innen was und wie produziert wird, auf dem Land wurde der Großgrundbesitz enteignet und an die arme Landbevölkerung verteilt. Die rechtliche Gleichstellung der Frau wurde umgesetzt und die Vergesellschaftung der Hausarbeit begonnen, die alten zaristischen Gesetze gegen Homosexualität wurden abgeschafft. Diese Revolution war der größte bisher vollzogene Schritt in Richtung einer befreiten Gesellschaft.

In weiten Teilen Europas (Deutschland, Österreich, Ungarn, Finnland, Italien,…) kam es zur selben Zeit zu ähnlichen Bewegungen der Arbeiter_innenklasse, die jedoch durch den Verrat der Sozialdemokratie größtenteils verhindert werden konnten. In Russland entbrannte währenddessen ein blutiger Bürger_innenkrieg, der bis 1922 andauern sollte und in dem gut ein dutzend anderer Staaten gegen die revolutionäre Rätemacht militärisch eingriffen. Die Revolution blieb nur auf Russland beschränkt, welches nach dem Welt- und Bürgerkrieg wirtschaftlich total am Ende war. Die Held_innen der Oktoberrevolution waren im Bürgerkrieg gefallen. Auch das Bündnis zwischen Bäuer_innen und Arbeiter_innenklasse war gebrochen, da die Landbevölkerung im Bürger_innenkrieg mit Gewalt dazu gezwungen werden musste, die Städte mit Nahrung zu versorgen. Dies alles sorgte dafür, dass die Arbeiter_innenklasse sehr geschwächt war, was den Aufstieg einer bürokratischen Schicht ermöglichte, die im Gegensatz zu den Arbeiter_innen und der Entwicklung zum Kommunismus stand. Ihr höchster Repräsentant war Stalin.

Die Macht wurde nicht mehr von den in Räten organisierten Massen ausgeübt, sondern von einer kleinen privilegierten Schicht von Funktionär_innen der Partei und des Staates. Die revolutionären Teile der Partei wurden ausgeschlossen, verfolgt und ermordet. Die Sowjetunion verkam in eine Karikatur des Sozialismus. Wir lehnen klar die Entwicklungen in der ehemaligen Sowjetunion, sowie aller nach ihrem Vorbild aufgebauten Regime (China, Vietnam, Osteuropa, Kuba, Nordkorea) ab. Gleichzeitig wurde in der Sowjetunion die Arbeiter_innenklasse politisch unterdrückt, aber die gesellschaftliche Produktion beruhte auf verstaatlichtem Eigentum und Planwirtschaft. Deshalb nennen wir solche Staaten degenerierte Arbeiter_innenstaaten, die wir gegen den Imperialismus und kapitalistische Eingriffe verteidigen. Die Verteidigung der geschichtlich fortschrittlichen Eigentumsverhältnisse (der Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln) hätte im Endeffekt nur mit einer erfolgreichen politischen Revolution (die im Gegensatz zu einer sozialen Revolution nicht die Eigentumsverhältnisse ändern muss) gegen die herrschende Kaste durchgesetzt werden können. Stattdessen sahen wir, wie die Unzufriedenheit mit den diktatorischen Regimes stieg. Die Massen richteten sich schließlich gegen die herrschende Bürokratie, es kam allerdings unter anderem wegen einem Fehlen kommunistischer Perspektive, nicht zur politischen Revolution. Stattdessen wurde der Kapitalismus wiederhergestellt. Die Lehren, die wir aus der Vergangenheit ziehen können, sind, dass wir gegen jegliche Privilegien für Partei- oder Staatsbedienstete eintreten müssen. Alle Funktionär_innen dürfen nicht mehr als das Durchschnittsgehalt von Facharbeiter_innen bekommen. Die Beamt_innenschaft darf nicht institutionalisiert werden, sondern muss stetigem personellen Wechsel unterworfen sein. Alle Funktionär_innen müssen der Transparenz verpflichtet und jederzeit wähl- und abwählbar sein. Die Struktur der Rätedemokratie hätte im Kampf mit der alten Bürokratie neu aufgebaut werden müssen. Auch die Wirtschaftsplanung, im Stalinismus von einer abgehobenen Technokrat_innenschicht22 übernommen, hätte unter die demokratische Kontrolle durch Produzent_innen und Konsument_innen gestellt werden müssen.

Im Endeffekt bewies die Sowjetunion eindrucksvoll, dass die Revolution, wenn sie auf einzelne Länder beschränkt bleibt, niemals erfolgreich sein kann. Ohne Weltrevolution ist sie dazu verurteilt in einem Land zu scheitern. Die stalinistische These vom „Sozialismus in einem Land“ diente im Endeffekt nur dazu, die Interessen des Weltproletariats den Interessen der Sowjetbürokratie unterzuordnen. Das wurde spätestens im spanischen Bürgerkrieg eindrucksvoll bewiesen, als die Stalinist_innen sich an vorderster Front gegen die revolutionär-sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft stellten.

In manchen Ländern, wie Vietnam oder China, haben wir in den letzten Jahrzehnten eine massive Umgestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse sehen können. Obwohl die herrschenden „kommunistischen“ Parteien noch an der Macht sind, wurde langsam der Kapitalismus wieder eingeführt. Die von Stalinist_innen gern erzählte Behauptung, dass deshalb die herrschenden „kommunistischen“ Parteien die beste Garantie gegen die Wiedereinführung des Kapitalismus wären, ist somit als das entlarvt was sie ist – eine Lüge zur Rechtfertigung von Vorrechten und Bürokratie. Doch auch dort wo der Stalinismus (teilweise auch auftretend als Maoismus) in aktuellen Bewegungen eine führende Rolle einnimmt wenden wir die selbe Taktik der Einheitsfront wie gegenüber den reformistischen Organisationen an, denn der Stalinismus ist zumeist nichts viel anderes als das.

Anarchismus

Ähnlich wie wir streben Anarchist_innen oft eine klassen-, staats- und herrschaftsfreie Gesellschaft an. Viele von ihnen sprechen sich auch für eine Revolution gegen den Kapitalismus aus und manche beziehen sich dabei auch auf die Arbeiter_innenklasse. Doch in entscheidenden Punkten teilen wir die strategische Ausrichtung von Anarchist_innen nicht. Allen Anarchist_innen ist gemein, dass sie jegliche Form von Staat ablehnen. Wir gehen davon aus, dass nach der erfolgreichen Revolution die alte Gesellschaft nicht einfach von selbst aufgeben wird, sondern danach streben wird die Revolution rückgängig zu machen. Das zeigt die Geschichte aller bisherigen Revolutionen. Nach der Revolution wollen wir einen proletarischen Halbstaat schaffen, organisiert in Räten und gestützt auf eine Arbeiter_innenmiliz zur bewaffneten Verteidigung gegen die Konterrevolution. Dieser Halbstaat verteidigt die Klassenherrschaft des Proletariats und repräsentiert die Interessen der Mehrheit der Menschen. Da er als einziger Staat die Möglichkeit zum Absterben in sich trägt, bezeichnen wir ihn als Halbstaat.

Außerdem lehnen Anarchist_innen jegliche Parteien ab. Sie sind der Meinung, dass Parteien an sich autoritär seien und ein Instrument wären um die Herrschaft einer kleinen Minderheit über die gesamte Klasse zu manifestieren. Einmal abgesehen davon, dass es auch in der Vergangenheit anarchistische Organisationen gab, die sich nur dem Namen nach von Parteien unterschieden (wie die FAI in Spanien23), gehen wir davon aus, dass zur Eroberung der Macht die fortschrittlichsten Teile der Arbeiter_innenklasse in einer Partei organisiert sein müssen, um das gesamte Proletariat für den Kommunismus zu gewinnen. Ein spontanes Entstehen von kommunistischem Bewusstsein ist in einer Gesellschaft, die ideologisch von der Bourgeoisie beherrscht wird, nicht möglich.

Viele Anarchist_innen haben außerdem eine Überbetonung von isolierten „radikalen“ Aktionen, um das Bewusstsein der Mehrheit mitzureißen. Diese „Propaganda der Tat“ ersetzt das Handeln der Massen durch die Aktionen von einer schon dafür gewonnenen Minderheit. Anstatt zu versuchen, die Mehrheit für die eigene Politik zu gewinnen, wird versucht diese durch besonders radikale Aktionen „aufzurütteln“. Wir lehnen zwar direkte Aktionen und Gewalt nicht prinzipiell ab, versuchen aber bei allen Aktionen, die wir durchführen oder an denen wir uns beteiligen, diese einer möglichst großen Masse zugänglich zu machen. Nur durch selbstständige Beteiligung lernt die Arbeiter_innenklasse und die Jugend den aktiven Kampf gegen das kapitalistische System. Denn der Sturz des Kapitalismus kann nur ein bewusster Akt sein oder er wird nicht erfolgreich sein. Oft gibt es bei Anarchist_innen eine absolute Ablehnung jeglicher Form von Autorität und Führung. Dabei werden anstelle von demokratisch gewählten und rechenschaftspflichtigen Führungen lieber undemokratische und intransparente Cliquen, die die Politik anleiten, zugelassen. Diese Ablehnung von Demokratie führt auch dazu, dass die lautesten, selbstbewusstesten, sowie die Aktivist_innen mit der meisten Zeit am meisten Kontrolle über die Bewegung haben.

Nichtsdestotrotz arbeiten wir, wenn es sinnvoll ist, mit Anarchist_innen zusammen und versuchen auch ihnen gegenüber unsere Überzeugungen und unser Programm in der Praxis zu beweisen. Innerhalb des Anarchismus – der eine Vielzahl von Strömungen umfasst – gibt es Strömungen, die uns politisch näher stehen, wie den Anarchosyndikalismus, der revolutionär-anarchistische Gewerkschaften aufbauen will. Sie beziehen sich aktiv und bewusst auf die Arbeiter_innenklasse und die kämpfende Jugend. Doch auch diese Strömung des Anarchismus hat geschichtlich ihren Bankrott im spanischen Bürger_innenkrieg gezeigt und stellt für uns daher bestenfalls eine Annäherung an den revolutionären Kommunismus dar, aber in keinster Weise eine damit gleich zu setzende Strömung, dar.

Der revolutionäre Übergang in eine andere Gesellschaft

Über die längste Zeit der menschlichen Geschichte gab es keine Klassen. Erst mit der Sesshaftwerdung, der Entwicklung einer gewissen materiellen Sicherheit und Wohlstands und dem Beginn der Arbeitsteilung wurde auch die Grundlage von Ungleichheit und Klassenherrschaft gelegt. Seitdem lief jede gesellschaftliche Veränderung gegen den brutalsten Widerstand der zuvor privilegierten Klassen. Dies wird auch für den Sturz des Kapitalismus stimmen. Der Kapitalismus hat die Widersprüche zwischen den Hauptklassen, sowie den Zerfall der Gesellschaft in diese beiden Klassen so klar wie nie zuvor hervor gebracht. Das Proletariat und die Kapitalist_innen stehen einander unvereinbar gegenüber, der Klassenwiderspruch hat seine höchste Stufe erreicht. Ein verschwindend kleiner Bruchteil der Menschen kontrolliert riesige Teile des Reichtums auf der Welt.

Im Gegensatz zu allen vorherigen Gesellschaftsformationen ist das Ziel des Kommunismus, die Spaltung in Klassen aufzuheben, mitsamt aller gesellschaftlichen Unterdrückung. Hierfür ist als wichtigster Schritt die Enteignung des Privatbesitzes an Produktionsmitteln unausweichlich. Wir betrachten die Revolution als bewussten Schritt der Arbeiter_innen, Jugendlichen und Unterdrückten zur Beendigung jeglicher Form von Unterdrückung und Ausbeutung. Im Kapitalismus liegt die wirkliche Macht nicht in den Händen gewählter Parlamente, vielmehr ist sie in den Händen von ungewählten Bürokrat_innen, Bank- und Konzernbossen, sowie den Spitzen von Polizei und Militär. Dies hat einige Folgen. So ist Gewalt zwar in vielen Situationen ein notwendiges Mittel, jedoch muss es sich am Bewusstsein der Klasse orientieren. Die Fetischisierung von Gewalt, ebenso wie ihren kategorische Ausschluss, lehnen wir ab – weil sie ein gesellschaftliches Verhältnis ist, das systematisch gegen die unterdrückten Klassen angewandt wird. Wir vertreten die Position soviel Gewalt wie nötig, so wenig wie möglich. Die Aufgabe von Revolutionär_innen ist es, in den unterschiedlichen Kämpfen die Frage der Selbstverteidigung und -ermächtigung der Klasse durch demokratisch legitimierte Organe (Streik- und Aktionskomitees, Selbstverteidigungsstrukturen und ähnlichem) zu sichern. Sie müssen die militante Zuspitzung der Kämpfe gegen die herrschenden Verhältnisse erreichen. Der höchste Ausdruck dessen findet sich in sogenannten Räten. Räte sind direkte Organe, die in Stadtteilen, Dörfern oder Betrieben entstehen und die die direkte Verwaltung der Gesellschaft anstelle des bürgerlichen Staatsapparates übernehmen können. Die dort in lokalen Versammlungen gewählten Vertreter_innen sind ihrer Basis direkt rechenschaftspflichtig und können jederzeit abgewählt werden. Sie treffen sich in regionalen und nationalen Versammlungen und bestimmen dort die Politik.

Wir lehnen das Gewaltmonopol des bürgerlichen Staates ab. So kämpfen wir bei Bedrohungen durch Faschist_Innen gegenüber Geflüchtetenunterkünften für organisierte Selbstverteidigungsstrukturen, ebenso wie wir Streikposten aufbauen, die die Stilllegung der Produktion für den gesamten Zeitraum des Streiks, notfalls mit Gewalt, durchsetzen. Ebenso lehnen wir das Verbot von reaktionären Organisationen durch den bürgerlichen Staat ab, schürt dies doch Vertrauen in eben jenen und berührt nicht die Wurzel dieser Gruppen. Gleichzeitig können staatliche Verbote auch linke Organisationen treffen, deshalb sollte dem bürgerlichen Staat hier möglichst wenig Spielraum gegeben werden.

Die Räte sollen dabei Orte der offensten Arbeiter_innendemokratie sein, hier soll die freiste Diskussion bei kollektiver Aktion gelten. Hier muss der Kampf um ein revolutionäres Programm Gradmesser der Entwicklung des Bewusstseins in der Klasse sein. Für uns stellt dieses Rätesystem die Keimform des Arbeiter_innenstaates dar, die Herrschaft der absoluten Mehrheit der Weltgesellschaft über die Minderheit jener die aktuell an der Spitze dieses Systems stehen. Ihnen haben wir keine neuen Verbesserungen zu bieten, dem absoluten Großteil der Welt schon.

Der rätedemokratische Halbstaat muss also die Herrschaft der Mehrheit gegen die Interessen der bürgerlichen Minderheit sein, auch Diktatur des Proletariats genannt. Er muss die konterrevolutionären Kräfte, wenn notwendig auch mit Gewalt, nieder halten. Ziel dieses Staates muss aber auch immer das Absterben seiner selbst sein, im Übergang zu einer befreiten Gesellschaft von Gleichen, in der jeder Mensch nach den jeweiligen Fähigkeiten und Bedürfnissen leben kann. Dafür müssen wir aufs schärfste die Entstehung einer neuen privilegierten Kaste, einer Bürokratie, bekämpfen. Deshalb setzen wir uns bereits im Hier und Jetzt für die Wähl- und Abwählbarkeit der Delegierten, den Arbeiter_innendurchschnittslohn für sie, volle Rechenschaftspflicht und ein verpflichtendes Rotationsprinzip ein. Die momentane Revolutionierung der Medientechnik, wie durch das Internet, ist für eine solche Arbeiter_innendemokratie ein riesiges Hilfsmittel, kann aber demokratische Diskussionen und Massenversammlungen nie vollständig ersetzen. Solange nicht global das kapitalistische System gestürzt ist, können die materiellen Voraussetzungen für das Absterben des Staates nicht vollkommen vollzogen werden. Die Ablösung des proletarischen Halbstaates durch den Sozialismus (die Übergangsgesellschaft zum Kommunismus) kann deshalb nur im internationalen Rahmen vollzogen werden.

Die Jugendinternationale und die 5. Internationale

REVOLUTION tritt für eine internationale Organisierung der Jugend ein. Dies ergibt sich aus der besonderen Unterdrückung der Jugend und dem internationalen Charakter des Kapitalismus. Wir sind die, die besondere Entrechtung und geringe Entlohnung erleiden oder als erstes zu Kanonenfutter in den Kriegen dieser Welt gemacht werden. Unsere Selbstorganisierung ist notwendig, nur so können wir garantieren, dass die revolutionäre Jugend ein Sprachrohr in den kommenden sozialen Kämpfen erlangt. Gleichzeitig wollen wir Jugendliche für den revolutionären Kampf für eine befreite Gesellschaft gewinnen. Diesen Kampf kann die Jugend nicht allein schlagen. Hierfür braucht es die organisierte Arbeiter_innenklasse unter Führung einer revolutionären, internationalen Partei.

Wir sind eine unabhängige Jugendorganisation, das bedeutet, dass wir finanziell und organisatorisch eigenständig sind, unsere eigenen Erfahrungen und Fehler machen um damit unseren Weg zu revolutionärer Politik zu finden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir passiv in der Frage des Aufbaus einer neuen Internationalen sind. Aktuell haben wir deshalb eine politisch-solidarische Kampfpartner_innenschaft mit der Liga für die Fünfte Internationale (LFI)24. Diese beruht auf programmatischen und methodischen Gemeinsamkeiten. Aufgrund der internationalen Führungskrise der Arbeiter_innenklasse muss unsere Unterstützung für eben jenen Parteiaufbau eine programmatische sein.

Die Erfolge, aber auch das Scheitern der ersten vier Internationalen25 geben uns dabei Einblick in wichtige Aspekte revolutionärer Politik. Die wesentlichsten davon sind: der Fokus auf die Arbeiter_innenklasse als revolutionäres Subjekt und deren führende, kämpfende Elemente; die Notwendigkeit der Zerschlagung des bürgerlichen Staates und die Ersetzung durch einen sozialistischen Arbeiter_innenstaat getragen durch Massenaktionen der Arbeiter_innenklasse; die internationale Organisierung unter einem internationalen demokratischen Zentralismus und Internationalismus als Methode zur Erklärung lokaler Ereignisse aus der Dynamik des internationalen Klassenkampfes; die Erkenntnis, dass eine parteiförmige Organisation aus Aktivist_innen bestehen muss, die revolutionär-proletarische Politik in alle Bereiche ihres Lebens tragen; die Theorie der permanenten Revolution26 erfolgend aus der Analyse des imperialistischen Weltsystems und die Tatsache, dass der Sozialismus in einem Land nicht verwirklichbar ist.

Der Kampf um die Führung der Klasse muss konsequent geführt werden, hierzu bedarf es der Entwicklung eines revolutionären Programms. Mit einem solchen Programm gewappnet braucht es eine Reihe von Taktiken zum Organisationsaufbau. Denn REVOLUTION sieht sich nicht als linear anwachsende Keimzelle einer neuen Jugendinternationalen, wir suchen Partner_innen für eben jenen Aufbau und schlagen unser Programm als Diskussionsgrundlage hierzu vor. Die Sozialistische Jugendinternationale und ihre Kriegsnummern27 im Zuge des ersten Weltkrieges zeigten, dass in Zeiten der Rechtsentwicklung des Reformismus die Losung der Jugendinternationale zu einer wahrhaften Massentaktik werden kann. Diesen Worten folgend, lasst sich nur noch sagen: Wir haben nichts zu verlieren, aber eine Welt zu gewinnen – für die sozialistische Weltrevolution!

1Niedrig-Zinspolitik beschreibt die Politik von Zentralbanken, die Zinssätze für Kredite künstlich niedrig hält mit dem Ziel Investitionen zu befördern.

2Alleine bei bei dem Konjunkturprogramm 2008 wurden ungefähr 500 Milliarden Euro locker gemacht.

3Land-Grabbing beschreibt die (illegale) Aneignung von Land durch internationale Investor_innen

4Überakkumulation beschreibt den Zustand wenn zu viel Kapitel angehäuft (= akkumuliert) wurde um es noch profitabel anlegen zu können.

5So wurde die Wirtschaftskrise der 30er Jahre nur durch die massive Kapitalvernichtung des 2. Weltkriegs und die anschließenden Möglichkeiten des Wiederaufbaus überwunden.

6Klasse zwischen Kapitalist_innen und Arbeiter_innen, die zwar Produktionsmittel besitzt aber keine (oder nur sehr wenige) Arbeiter_innen ausbeutet (z.B. Bäuer_innen mit Landbesitz oder Besitzer_innen eines eigenen Friseurladens).

7Schichten der Bevölkerung, die zwar lohnabhängig, aber nicht teil des Proletariats sind (z.B. beamtete Lehrer_innen, unteres Management, etc.).

8Vorhut

9Zentralisation der Produktion beschreibt den Prozess des Ansammelns von immer mehr Kapital in immer weniger Händen (Übernahme kleiner Unternehmen, Fusionen, etc.)

10Die Spratly-Inseln sind eine Vielzahl an umstrittenen kleinen Inseln und Korallenriffen im Südchinesischen Meer.

11Militärische Taktik, in der die Truppen in kleinen, selbstständigen Einheiten agieren, die schnell angreifen und sich sofort wieder zurückziehen, um einer (meist überlegenen) Armee kein Angriffsziel zu bieten.

12Bürgerliche Familie: Siehe Abschnitte 6.2 Erziehung und Ausbildung

13Aggressiver Glaube an die Überlegenheit des eigenen Landes

14Frontex (kurz für „Außengrenzen“) sie ist eine EU-Agentur für den „Schutz“ der gemeinsamen Außengrenzen.

15Einheitsfront: Siehe Kapitel 15: Reformismus und Linkspopulismus

16Das ist die englische Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexuall, trans*, Inter- und Asexuell

17Menschen, die nicht mit eindeutig zuordenbaren Geschlechtsorganen geboren werden.

18Die Black Panthers waren eine Gruppe in den USA der 60er und 70er Jahre, die sich zum Ziel setzen die schwarze Bevölkerung vor Polizeigewalt zu schützen und eine sozialistische Ausrichtung hatte.

19Fraktionen und Tendenzen beschreiben Zusammenschlüsse innerhalb der Organisationen, die die Politik der Organisationen grundlegend (Fraktionen) oder in einzelnen Punkten (Tendenzen) ändern wollen.

20Profite, die das „normale“ Maß an Ausbeutung übersteigen und aus einer Überausbeutung entstehen.

21Der Eurokommunismus beschreibt eine Strömung (beginnend in den 1970er Jahren) in diversen westlichen kommunistischen Parteien, die sich vom Stalinismus abwendete um sich mehr den bürgerlichen Demokratien zuzuwenden.

22Technokratie beschreibt die Herrschaft von „Expert_innen“ aus Wissenschaft und Technik.

23Die Iberische Anarchistische Föderation (FAI) war eine anarchistische Organisation des Spaniens der 1920er und 30er Jahre, die die Führung der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft CNT inne hatte.

24Die Sektion der LFI ist in Deutschland die Gruppe ArbeiterInnenmacht, in Österreich der Arbeiter*innenstandpunkt.

25Der erste internationale Zusammenschluss von Organisationen der Arbeiter_innenbewegung war die Internationale Arbeiter-Assoziation, in der Karl Marx eine wichtige Rolle spielte, sie wurde 1876 aufgelöst. Die zweite (oder Sozialistische) Internationale wurde 1889 von den sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien gegründet, zerfiel aber mit Beginn des 1. Weltkriegs. Die dritte (oder Kommunistische) Internationale wurde im Zuge der Oktoberrevolution in Russland im Jahr 1919 gegründet, degenerierte in den 20er Jahren stalinistisch und wurde schließlich 1943 von Stalin aufgelöst. Die Vierte Internationale wurde 1938 unter führender Teilnahme Leo Trotzkis gegründet, degenerierte und zerfiel in den 1950er Jahren.

26Die Theorie der permanenten Revolution von Leo Trotzki sagt ua. aus, dass in Ländern, die bis heute keine vollständige bürgerliche Entwicklung (demokratische Rechte, nationale Unabhängigkeit, Aufteilung des Landes etc.) durchgemacht haben, diese nicht mehr von der Kapitalist_Innenklasse verwirklicht wird. Erst eine proletarische Revolution wird diese notwendigen Entwicklungsschritte am Anfang der sozialistischen Umgestaltung umsetzt.

271907 wurde die Sozialistische Jugendinternationale als Zusammenschluss von sozialistischen Jugendorganisationen gegründet, während des 1. Weltkriegs blieb sie ihrem Antimilitarismus treu und gab eine illegale Zeitung, die „Jugendnternationale“, heraus.