Ukraine-Krieg: Vom Kampf der Imperialist_Innen zum Kampf der Klassen!

Die imperialistischen Mächte verfolgen verschiedenste Interessen im Ukraine-Krieg. Die Schaffung einer unabhängigen Ukraine gehört leider nicht dazu. Das muss die internationale Arbeiter_Innenbewegung schon selbst machen.

Seit nun mehr über einem Monat wütet ein blutiger Krieg in der Ukraine. Jeden Tag erreichen uns neue Schreckensmeldungen über bombardierte Zivilist_Innen und gescheiterte Evakuierungsversuche. Hunderttausende Ukrainer_Innen mussten ihr Zuhause verlassen und befinden sich auf der Flucht. Putins offizieller Vorwand, warum er am 24. Februar seine Panzer über die ukrainische Grenze rollen ließ, war es, die Ukraine „entnazifizieren“ zu wollen. Dabei verpackte er seine eigenen imperialistischen Expansionsinteressen als antifaschistische Mission. Tatsache ist, dass die Regierung des ukrainischen Präsidenten Selenskyj nicht zimperlich ist, wenn es darum geht, mit Faschist_Innen zusammenzuarbeiten. So wurde das rechtsradikale Asow-Bataillon in die ukrainischen Streitkräfte aufgenommen, wurden ehemalige Nazi-Kollaborateure rehabilitiert und zu regelrechten „Volkshelden“ stilisiert. Linke Oppositionsparteien wurden im Zuge des Krieges verboten. Truppen, die systematisch Sinti_zze und Rom_nja überfallen, wurden von Präsident Selenskyj per Ordensverleihung zu „Helden der Ukraine“ gekürt. Doch das Schicksal von Sinti_zze und Rom_nja in der Ukraine ist den Putin-Trollen relativ egal, solange sie damit ihren Krieg rechtfertigen können. Zumal sich Putin als queerfeindlicher Autokrat selbst nicht zu schade ist, faschistische Söldner_Innen für seine militärischen Ziele einzuspannen und die extreme Rechte international zu unterstützen. Faschist_Innen auf der ganzen Welt sind sich deshalb aktuell auch nicht so ganz einig, auf wessen Seite sie in diesem Krieg eigentlich stehen sollen, beide scheinen ihnen ganz sympathisch zu sein.

Innerimperialistische Konflikte auf dem Rücken der Ukraine

Doch, wenn es Putin nicht um „Entnazifizierung“ geht, warum führt er diesen Krieg? Diese Frage beschäftigt natürlich nicht nur uns. Die gesamte Bandbreite von bürgerlichen Zeitungen, Nachrichtensendungen, Think-Tanks und Parteizentralen hat sie lang und breit diskutiert, und alle sind sich einig: Putin ist ein verrückter Diktator, der den Rachen nicht voll genug bekommen kann. Auch wenn da sicherlich etwas Wahres dran ist, hilft uns diese verkürzte Sichtweise nicht, den Krieg zu verstehen, um ihn bekämpfen zu können, sondern allenfalls der NATO, sich als der überlegene Garant von Frieden, Freiheit und Menschenrechten darzustellen. Vielmehr ist es wichtig, zu verstehen, dass es sich bei diesem Krieg um eine militärische Auseinandersetzung zwischen imperialistischen Mächten handelt, nämlich dem russischen Imperialismus auf der einen Seite und dem US-amerikanischen und europäischem Imperialismus in Form der NATO auf der anderen Seite. Das Schicksal der Ukraine interessiert dabei eigentlich keine von beiden Seiten. Auf ihrem Rücken wird der Konflikt lediglich ausgetragen. Für Russland war die Ukraine seit jeher lediglich ein günstiger Rohstofflieferant, dem jede eigenständige nationale Identität abgesprochen wird. Doch auch dem Westen geht es nicht um die Verteidigung der Unabhängigkeit der Ukraine. Im Gegenteil soll die Ukraine möglichst abhängig von westlichen Krediten sein, um weitere Geldflüsse an die Durchsetzung von günstigen Investitionsbedingungen für westliche Konzerne zu knüpfen. Diese Perspektive verkörpert die pro-westlich-neoliberale Ausrichtung der Selenskyj-Regierung. Unter dieser Regierung kämpft die Ukraine also nicht gegen die russische Invasion für ihre Unabhängigkeit. Vielmehr kämpft sie dank massiver Militärhilfen aus Europa und den USA dafür, verlängerte Werkbank, Getreidelieferant und Absatzmarkt des Westens sein zu dürfen. Deshalb sprechen wir beim Ukraine-Krieg von einer Konfrontation zwischen imperialistischen Blöcken.

Die verschiedenen Interessen von Russland, den USA, Deutschland und der EU

Der russische Imperialismus befindet sich schon seit Jahrzehnten in wirtschaftlicher Hinsicht auf dem absteigenden Ast. Um dennoch auf der Weltbühne mitreden zu können, setzt Putin die militärische Stärke Russlands ein, um wenigstens die ehemaligen Verbündeten weiter unter seinem Einfluss zu behalten. Diese Strategie wurde in den letzten Jahren zunehmend aggressiver, wie wir bereits 2014 in der Ukraine, aber auch in Syrien, Kasachstan, Moldawien oder Belarus gesehen haben. Auch für die EU und insbesondere Deutschland ist Osteuropa ein interessanter Raum für Kapital- und Warenexport. So wurden sich im Zuge der EU-Osterweiterung immer neue Marktterritorien erschlossen, die nun als Produktionsstätten für VW dienen oder mit LIDL-Discounterpreisen die lokalen Ökonomien zerstören. Da aber gerade in Deutschland einige Teile des Kapitals auch auf gute Handelsbeziehungen mit Russland angewiesen sind, galt es für die deutschen Regierungen, bei ihrer wirtschaftlichen Ausdehnung nach Osten immer behutsam vorzugehen und niemanden vor den Kopf zu stoßen. Das lange Zögern der Ampel-Regierung im Umgang mit dem Ukraine-Krieg hat dies wieder deutlich gemacht. Weniger vorsichtig ist dagegen die USA. Dieser waren die europäisch-russischen Beziehungen (wie der ehemals geplante Bau der Erdgaspipeline Nord-Stream-2) schon immer ein Dorn im Auge. Die Ukraine-Krise bietet Präsident Biden die Möglichkeit, Europa erneut hinter der NATO als Einheit des Westens zu vereinen und zu viel Einigkeit auf der eurasischen Kontinentalplatte (auch mit Blick auf Chinas Projekt der Neuen Seidenstraße) zu verhindern.

Die Vorgeschichte des Krieges

Die Ukraine ist bereits seit fast 10 Jahren ein Austragungsort dieser Konflikte zwischen den imperialistischen Mächten. Nachdem Russland versuchte, die Ukraine wirtschaftlich stärker an sich zu binden, reagierten die USA und die EU, indem sie eine auf Rechtsextremist_Innen und pro-westliche NGOs gestützte Protestbewegung finanzierten, die sich aufgrund der Wirtschaftskrise schnell zur Massenbewegung entwickelte und die ukrainische Regierung 2013 zu Fall brachte. Die neue Regierung begann schnell, Verträge mit der EU und den USA abzuschließen. Hilfsgelder, Kredite und Militärhilfen flossen in Massen in die Ukraine, während im Gegenzug für westliche Konzerne privatisiert wurde. Unterstützt von Putin regte sich Widerstand im Osten des Landes, welcher 2014 zur russischen Annexion der Halbinsel Krim und zur Gründung der sogenannten Donbass-Republiken führte. Russland fühlte sich durch ein ökonomisches Vorrücken des Westens in seine traditionellen Einflussgebiete und auch militärisch durch immer weiter nach Osten gerichtete Truppenverlagerungen der NATO bedroht. In jahrelangen Verhandlungen mit westlichen Politiker_Innen wollte jedoch niemand von ihnen einen NATO-Beitritt der Ukraine ausschließen. Putin wollte mit seiner Invasion also aufzeigen, dass er keinen NATO-Beitritt der Ukraine duldet und selbst territoriale Ansprüche auf Teile im Osten der Ukraine stellt. Den aktuellen Zeitpunkt für seine Invasion sah er als geeignet an, da ihm der Westen uneinig und die Abhängigkeit von russischem Gas weltweit hoch schien.

Frieden am Verhandlungstisch?

Dass der Krieg derart lange dauern würde, hat mit Sicherheit niemand im russischen Staatsapparat aber auch nicht in den Kommandozentralen der NATO gedacht. Während Russland die Widerstandskraft des vom Westen aufgerüsteten ukrainischen Militärs unterschätzt hat, haben EU und USA nicht damit gerechnet, dass die russische Wirtschaft sich so lange gegen die Sanktionen behaupten kann. So wurde mal wieder deutlich, dass die Wirtschaftssanktionen gegen Russland Putin kaum von seinen Kriegsplänen abhalten, stattdessen aber die russische Zivilbevölkerung in tiefstes Elend stürzen. So groß und beeindruckend die Friedensproteste in vielen europäischen Großstädten waren, ihr Ruf nach Sanktionen gegen Russland haben den Frieden keinen Schritt nähergebracht. Nun hoffen sie alle auf erfolgreiche Friedensverhandlungen zwischen den beteiligten Kriegsparteien. Natürlich ist Reden erst einmal besser als Wohngebiete zu bombardieren, aber kein Putin und kein Selenskyj wird einen gerechten Frieden am Verhandlungstisch unterschreiben. Friedensabkommen sind immer nur zeitweilige Kompromisse zwischen imperialistischen Mächten, die gerade keine Möglichkeit mehr sehen, anderweitig mehr für ihre Interessen rauszuschlagen. Der Konflikt wird dabei für einen Moment eingefroren, wobei unklar bleibt, wie lange. Welches Friedensabkommen in der Geschichte wurde eigentlich nicht irgendwann wieder gebrochen?

Für eine unabhängige Position der Arbeiter_Innenklasse!

Die einzigen, die Interesse an einem wirklichen Frieden (und nicht an der Sicherung von Einflusssphären oder Absatzmärkten) haben, sind die lohnabhängigen Massen in der Ukraine und Russland. Sie müssen mit ihren nationalistischen Führungen brechen, sich selbstständig in eigenen Kampforganisationen gegen die reaktionären Truppen verteidigen, die Oligarch_Innen enteignen und die Waffen nicht gegeneinander, sondern gegen das Kapital richten. Wenn die Soldat_Innen sich weigern zu schießen, die Eisenbahner_innen streiken und keine Truppen transportieren oder die Industriearbeiter_Innen die Waffenproduktion bestreiken, kann ein Krieg beendet werden. Dabei liegt es auch an uns, hier eine Antikriegsbewegung aufzubauen, die sich weder auf die Seite der NATO, noch auf die Seite Putins schlägt, sondern sich hinter dem Banner der internationalen Arbeiter_Innensolidarität versammelt.

Gegen die Aufrüstungspläne des deutschen Kapitals!

Hier vor Ort dürfen wir den riesigen Friedensdemos nicht den Rücken zukehren. Dass die Leute gegen den Krieg auf die Straße gehen, ist richtig. Es liegt an uns ihnen aufzuzeigen, dass wir nur durch die Einnahme einer dritten Position an der Seite der Arbeiter_Innenklasse gerechten Frieden und eine unabhängige Ukraine erkämpfen können. Dabei müssen wir als Antikriegsbewegung hierzulande vor allem gegen alle Versuche der Regierung kämpfen, den Krieg weiter anzufeuern. Dazu gehört auch, sich gegen das milliardenschwere Aufrüstungsvorhaben der Bundesregierung zu stellen. Während Bildung und Gesundheit kaputtgespart werden, will sich Deutschland zukünftig den drittgrößten Rüstungsetat der Welt geben. Olaf Scholz oder Annalena Baerbock versuchen uns schon einmal auf den Kriegstaumel einzustimmen, indem sie eine militärische „Zeitenwende für Deutschland“ ankündigen, in der wir „für den Frieden frieren“ sollen. Der ukrainischen Bevölkerung ist dabei kein Stück geholfen, dafür aber den Interessen des deutschen Kapitals, das endlich eine wichtigere Rolle auf der Weltbühne spielen möchte, aber aus historischen Gründen sich bisher immer zurückhaltend mit dem Militär zeigen musste. Die Ukraine-Krise ist den deutschen Politiker_Innen ein willkommener Vorwand, die Zeit der militärischen Zurückhaltung Deutschlands für beendet zu erklären. Sowohl die Linkspartei als auch die Gewerkschaften halten sich mit Kritik dabei traurigerweise stark zurück. Während die Linkspartei sich ihre Chancen, irgendwo mitregieren zu können, nicht verbauen möchte, haben die Gewerkschaften Angst, ihre guten Beziehungen zum deutschen Kapital zu gefährden. Damit sollten wir sie nicht durchkommen lassen!

Willkommenskultur

Ein positives Zeichen ist die überwältigende Solidarität, mit der große Teile der Bevölkerung den ukrainischen Geflüchteten zur Seite stehen. Aufopferungsvoll und ehrenamtlich werden leere Zimmer zur Verfügung gestellt, Bedarfsgüter gespendet und warme Mahlzeiten am Berliner Hauptbahnhof verteilt. Die Regierung macht es sich jedoch zu leicht, wenn sie diese gesamte Arbeit auf die Bevölkerung ablädt. Durch die Enteignung eines durch Corona sowieso leerstehenden Luxushotels könnte ganz schnell viel mehr Platz für Geflüchtete geschaffen werden, als wir Menschen in unseren Privatwohnungen aufnehmen können. Außerdem fragen wir uns, warum 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr da sind, aber nicht für Handtücher.

Kein Mensch ist illegal!

Einen faden Beigeschmack bekommt das Ganze zusätzlich, wenn man sich vor Augen führt, warum die hunderttausenden Geflüchteten aus Syrien, dem Irak, Afghanistan, Eritrea, Iran, Libyen und dem Sudan nicht annähernd so freundlichen willkommen geheißen wurden. Im selben Moment, in dem ukrainische Geflüchtete mit kostenlosen Zugtickets ins Land geholt wurden, beschließt die polnische Regierung eine kaum überwindbare Mauer an der Grenze zu Belarus zu bauen, um die dort festsitzenden Geflüchteten aus dem Land zu halten. POCs sowie Sinti_zze und Rom_nja, die ebenfalls aus der Ukraine fliehen wollten, wurden an der Grenze abgewiesen. In Berlin wurden Geflüchtete aus ihren Unterkünften geschmissen, Familien getrennt, um Platz für ukrainische Geflüchtete zu schaffen. Ein CBS-Journalist brachte den rassistischen Hintergrund dieses Missstands auf den Punkt, als er begeistert sagte, die Geflüchteten aus der Ukraine seien „Menschen aus der Mittelschicht, die aussehen wie wir“. Es ist interessant zu beobachten, zu welchem einem menschlichen Umgang mit Geflüchteten diese Regierung fähig ist, wenn die Geflüchteten nur in die geopolitische Ausrichtung der Außenpolitik passen. Diese Ungleichbehandlung müssen wir anprangern und sichere Fluchtwege, offene Grenzen, dezentrale Unterbringung und Staatsbürgerrechte für ALLE Menschen, die vor Krieg, Hunger, Verfolgung, Ausbeutung oder Naturkatastrophen fliehen müssen, einfordern!




Die ersten 100 Tage der neuen Regierung: Top oder Flop?

Von Jonathan Frühling

Seit einigen Monaten haben wir eine neue Regierung. Es sitzt wieder eine Person von der SPD im Kanzleramt und auch die Grünen sind zurück. Die Merkel-Ära ist endlich vorbei. Doch gibt es wirklich einen Grund zum Feiern? Den Koalitionsvertrag haben wir bereits an anderer Stelle ausführlich analysiert (http://onesolutionrevolution.de/ampelkoalition-transformation-fuers-kapital/). Wir haben uns für euch angeschaut, was die Regierung in den ersten 100 Tagen seit ihrer Amtseinführung Anfang Dezember alles gemacht (bzw. nicht gemacht) hat.

Nochmal eine kleine Zusammenfassung: Die neue Regierung bildet sich aus einer Koalition aus SPD, Grünen und FDP (nach ihren Farben „Ampelkoalition“ genannt). Die SPD besetzt das Kanzleramt, sowie u.a. die wichtigen Ministerien für Inneres, Arbeit, Verteidigung und Gesundheit. Die Grünen bekommen u.a. das Außen- und das Wirtschaftsministerium, die FDP u.a. das Finanz- und das Verkehrsministerium. Alleine das Vorhandensein der neoliberalen FDP an wichtigen Schaltstellen der Regierung und die Tatsache, dass die SPD in den letzten 23 Jahren 19 Jahre an der Regierung war, sollte das Gerede vom Aufbruch oder dem frischen Wind lächerlich machen.

Welche Fortschritte wurden erzielt?

Fangen wir mit den augenscheinlich guten Dingen an, die die Regierung beschlossen hat. Lang ist die Liste sowieso nicht. Der Mindestlohn wird ab Oktober auf 12 € angehoben und die Lohngrenze für steuerfreie Minijobs von 450 € auf 520 € angehoben. Die Inflation wird diese kleinen Errungenschaften jedoch leider bald wieder zur Nichte machen und leider führt die höhere Lohngrenze bei Minijobs eher zu Vorteilen für Unternehmer_Innen: Denn diese müssen jetzt faktisch noch weniger Geld in die Renten- und Sozialkassen einzahlen, was zuletzt das Risiko für (Alters-)Armut bei Arbeiter_Innen verschärft. Außerdem würde eine wirklich soziale Arbeitspolitik diese Art der Minijobs begrenzen, statt diese weiter attraktiv zu machen.

Das „Entlastungspaket“ soll höhere Energiepreise teilweise ausgleichen. Es beinhaltet eine höhere Pendlerpauschale (die FDP lässt grüßen), eine Einmalzahlung von 135 € für Wohngeldempfänger_Innen und den Wegfall der EEG-Umlagen (Endverbraucher_Innen zahlen hier für die Förderung nachhaltiger Energien). Dies als Tropfen auf dem heißen Stein zu beschreiben, wäre sogar noch übertrieben. Die Energiepreise steigen weiterhin massiv, was gerade Menschen geringeren Einkommens zu spüren bekommen.

Und was ist mit Corona?

Vernünftig klingende Forderungen, wie die Legalisierung von Cannabis wurden bisher nicht angepackt. Grund dafür: Man wolle sich zunächst um die Corona-Krise kümmern. Wer allerdings glaubt, dass endlich der privatisierte und kaputtgesparte Gesundheitssektor in Ordnung gebracht wird, wird enttäuscht. Die Regierung setzt einfach nur den Kurs der schwarz-roten Koalition fort. Das bedeutet eine Herdenimmunität durch Impfungen und Infektionen. 200 Tote pro Tag im Wochendurchschnitt sind schon längst nicht mehr der Rede wert. Eine Impfpflicht, die vielleicht nicht das beste Mittel ist, aber doch viele Leben retten kann, wird wohl nicht mehr verabschiedet werden. Zwar gibt es noch eine Maskenpflicht und die Pflicht, getestet zu sein, z.B. in Restaurants oder Kinos, doch auch diese Maßnahmen sollen noch im März fallen. Die Schließungen von Schulen oder Betrieben (Freizeitenrichtungen teilweise ausgenommen) sind mittlerweile ein politisches No-Go. Die Regierung gibt vor den Verschwörungsspinner_Innen auf der Straße und den Bossen des Kapitals klein bei.

Die Kriegsampel

Spätestens seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine steht die Ampel in Deutschland auf Krieg. Der bisher prägendste Schritt der Regierung ist nämlich die forcierte Aufrüstung. Deutschland soll einmalig zusätzlich 100 Mrd. € (!) für Rüstungsprojekte ausgeben und dann die Militärausgaben auf jährlich 2 % des BIP erhöhen. Das bedeutet eine Steigerung der Rüstungsausgaben um über 30 % und erhöht den Militäretat auf knapp 70 Mrd. €. Diese unglaubliche Zahl wir nur von den USA und China übertroffen und liegt auch weit über den Rüstungsausgaben Russlands (55 Mrd. €). Übrigens wurden auch schon Waffen in die Ukraine (ein Kriegsgebiet) geschickt, was die Regierung bisher abgelehnt hat.

Wenn es um Aufrüstung und Krieg geht, macht die Regierung schnell Milliarden frei. Wenn jedoch unsere Schulen marode & ohne Hygienekonzepte sind, unsere Großeltern an Altersarmut leiden oder Bekannte im Krankenhaus nicht richtig behandelt werden, heißt es dagegen, es wäre kein Geld da. An Heuchelei und Militarismus übertrifft das neue Kabinett die alte Regierung also schon. Mit dem alten Finanzminister Scholz als Kanzler ist das aber auch nicht verwunderlich.

Die Aufrüstung des deutschen Imperialismus auf unsere Kosten ist also in vollem Gange. Kaum erwähnt wird auch, dass die Regierung mit den Stimmen der CDU beschlossen hat, den Militäreinsatz im Irak fortzusetzen. Gleiches gilt für die UN-Mission im Südsudan und die anti-Flüchtlingsmission „Sea-Guardian“ im Mittelmeer. Zwar freut es, dass der Militäreinsatz in Mali im Mai nicht verlängert werden soll, allerdings ist dieser genau wie der Afghanistan-Krieg offensichtlich gescheitert und soll zudem Mittel für den Konflikt mit Russland freimachen. Die Stationierung von 350 weiteren Soldat_Innen (insgesamt dann 850) in Litauen steht auch in diesem Zeichen und wurde sogar schon vor dem Ukrainekrieg beschlossen.

Zudem sollen weitere Aufklärungsdrohnen aus Israel angeschafft werden. Apropos Israel: Natürlich hat die neue Regierung auch eine bedingungslose Unterstützung des israelischen Apartheitsstaates im Gepäck. Das machte z.B. Scholz klar, als er Anfang März Israel besuchte. Ein Besuch der besetzen palästinensischen Gebiete oder auch nur lauwarme Worte für den abgestorbenen Friedensprozesses hielt er unterdessen nicht für notwendig.

Grün ist die Regierung, aber nicht ihre Politik

Unter anderem wegen den Spannungen mit Russland geht es auch in Punkto Klimaschutz nicht voran. Die Nord Stream II Pipeline, die russisches Gas nach Deutschland bringen soll, wird, obwohl fertiggestellt, nicht ans Netz gehen. Stattdessen wird nun weiteres Geld aufgewendet, um Gas-Terminals zu bauen, um z.B. US-amerikanisches Frackinggas in unsere Heizungen zu bekommen. Auch der Ausstieg aus der Kohlverstromung 2030 ist nun offiziell vom Tisch. Imperialistisches Säbelrasseln ist also auch dieser Regierung wichtiger als unsere Umwelt.

Was fehlt?

Lang ist zudem die Liste von Vorhaben, die trotz relativ einfacher Umsetzung bisher nicht angegangen wurden. So z.B. die Einführung des elternunabhängigen Bafögs. Zwar hat das Kabinett endlich die Abschaffung des archaisch wirkenden Verbots für Abtreibungen zu „werben“ (§219a), beschlossen, doch das eigentliche Problem, nämlich, dass Abtreibungen laut Gesetz verboten und nur bis zur 12 Woche straffrei sind, würde natürlich auch nach der Abschaffung von §219a bestehen bleiben. Selbst das erzkonservative und von einer rechten Regierung regierte Kolumbien ist da schon deutlich weiter (dort sind es 24 Wochen). Leider wurde auch bisher die Istanbuler-Konvention gegen Gewalt an Frauen immer noch nicht umgesetzt. Das würde z.B. den Bau von tausenden Frauenhausplätzen miteinschließen.

Zudem kommt Kampf gegen Kinderarmut (jedes 5. Kind in Deutschland lebt in Armut) nicht voran. Über einen gerade in Zeiten von Inflation mickrigen Überbrückungszuschuss von 25 € pro Monat wird derweilen heftig diskutiert. Das lässt vermuten, dass auch die geplante „Kindergrundsicherung“ an der Situation nicht viel ändern wird. Eine satte Erhöhung von Hartz-IV und flächendeckende und kostenlose Betreuungsplätze werden leider nicht erwogen.

Widerstand ist notwendig!

Wer auch nur irgendwelche Hoffnungen in die neue Regierung hatte, sieht sich spätestens jetzt der grausamen Realität gegenüber. Kein Aufbruch, kein Politikwechsel und schon gar kein frischer Wind erwarten uns. Wie wir bereits gewarnt haben, bringt die neue Regierung nur eine Fortsetzung und sogar Verschärfung der kapitalistischen und imperialistischen Politik.

Wir fordern dagegen:

  • Mehr Hartz IV und Sozialwohnungen!
  • Für eine Rekommunalisierung des Gesundheitswesens und eine Abschaffung der Fallpauschalen!
  • Für die Legalisierung aller Drogen & frei zugängliche Aufklärungsangebote!
  • Mehr Frauenhausplätze und eine militante Bewegung gegen Sexismus!
  • Offene Grenzen & Staatsbürger_Innenrechte für alle Menschen!
  • Keine Aufrüstung, sondern Abrüstung!
  • Auflösung der imperialistischen Kriegsallianz NATO! Für den Aufbau einer proletarischen Antikriegsbewegung!
  • Keine Waffenexporte, wie z.B. an die Ukraine!
  • Blockade und Sabotage der Waffenindustrie und Kriegslogistik durch Streiks!



Steigende Energiepreise betreffen uns alle

Aus: „Was hat der Krieg eigentlich mit mir zu tun?“

Gastbeitrag von Resa Ludvin

„Oh nein, meinen Porsche zu betanken, ist jetzt so teuer! :(“ Zugegeben, das ist eine sehr platte und klischeeartige Assoziation mit den steigenden Spritpreisen. Menschen mit wenig Geld können sich oft nicht mal ein Auto oder den Sprit dafür leisten. Wenn sie eins haben, dann oft weil sie echt darauf angewiesen sind, mehrere Kinder von A nach B bringen müssen, Angehörige versorgen, am Arsch der Republik leben, weite Strecken zur Arbeit pendeln oder das Auto dank fehlender Öffis einfach schneller und bequemer ist. Bei 60l sind jetzt schnell mal 140 Euro und mehr für einen vollen Tank weg. Geld, das die Menschen nicht haben oder von ihrem Essensgeld abziehen müssen, damit sie überhaupt zur Arbeit kommen. Schon vor dem Krieg saugte die Inflation, sprich, dass wir für unser Geld weniger bekommen als vor ein paar Jahren, uns die Taschen schneller leer. Jetzt – im Krieg – explodieren die Preise geradezu. Noch krasser ist die Auswirkung auf Lebensmittelpreise. Der Aufpreis der Spritkosten in der Landwirtschaft und im Transport wird auf den Nahrungsmittelpreis aufgeschlagen. Gleichzeitig wird Weizen teurer, weil der Weltmarkt von ukrainischem und russischen Weizen mitbestimmt wird.

Weiter gehts‘s, wenn wir die Heizung aufdrehen, kochen oder duschen. Der Winter ist noch nicht vorbei und Mitteleuropa ist vom russischem Öl und vor allem Gas abhängig. Damit die Bude nicht kalt bleiben muss, gibt es für Hartz IV-Empfänger_Innen einen Heizkostenzuschuss. So weit so gut, so richtig. Das Problem ist dadurch nicht gelöst. Tagtäglich fließen Millionen Euros für russisches Gas und Öl gen Osten. Durch den Krieg wurde die Debatte um die deutsche und europäische Abhängigkeit neu befeuert. Obwohl die Grünen in der Regierung sind, wird das Ende von Kohle oder Atom wieder in Frage gestellt. Wenn sie nun erneuerbare Energien als Lösung für das deutsch-russische Abhängigkeitsverhältnis bieten („Freiheitsenergien“), dann nur aus einer imperialistischen und nationalchauvinistischen Rhetorik heraus. Sie machen Umweltpolitik zur Kriegspolitik. Aber nicht nur in Erneuerbare, sondern in noch umweltzerstörerische Energien wollen sie investieren – zum Beispiel, indem teures Fracking-Gas aus den USA importiert werden soll oder Flüssiggas aus der Monarchie Qatar gekauft wird. Das Land in dem dieses Jahr die WM stattfinden soll, für die vor Ort bereits über 6000 Arbeiter_Innen gestorben sind, aufgrund von fehlendem Arbeitsschutz.

Hierzu muss sich die Umweltbewegung um Fridays For Future positionieren und von den Grünen trennen. Hier zeigt sich ihr wahrer Charakter, die Grünen sind eine bürgerliche Partei und haben im Grunde weder stabile Antworten auf die Energiefrage noch auf die soziale Frage – aber sie sind eine Kriegspartei! Sie waren es im Kosovo, in Afghanistan und sie werden es auch nun wieder sein. Nichts anderes war von ihnen zu erwarten. Ganz zu schweigen von der SPD. (Die FDP brauchen wir hier gar nicht zu erwähnen.) Nicht nur, dass gerade sie es waren die bis zur letzten Minute an Nordstream 2 festgehalten haben, bieten sie weder in der Kriegsfrage noch in irgendeiner anderen Frage Antworten für die Arbeiter_Innenklasse. Denn gerade sie leidet an den steigenden Preisen und und zahlt die Zeche. Es zeigt sich, dass es einen Schnittpunkt der Energiefrage mit der sozialen Frage und dem imperialistischen Krieg gibt. Nur wer in einem Programm und einem politischen Kampf gemeinsam mit progressiven Kräften innerhalb der Linken und den Gewerkschaften, die Verbindung sucht, hat eine Chance auf all diese Fragen nicht nur Antworten, sondern auch Lösungen zu bieten.

Es kann nicht sein, dass mit einer vermeintlich arbeiter_Innenfreundlichen Rhetorik, die nicht will, dass „Menschen in Europa frieren müssen“ (als ob sie das ohne den Krieg nicht schon längst tun müssten – unter Brücken, oder Wohnungen mit Uraltfenstern), die Menschen für die Kriegspolitik gewonnen werden sollen – und für sie mit hohen Preisen und Steuergeldern zahlen! Es wird versucht, Fortschritte, die die Umweltbewegung erkämpft hat, wie z.B. der Atomkraftausstieg rückgängig zu machen – unter der Fahne der Demokratie, ohne das wir gefragt werden! Wenn irgendwo die Öl- und Gaszufuhr gedrosselt werden muss, dann doch bei großen Konzernen und Reichen! Wir hätten da schon mal eine Liste und Rheinmetall und Heckler und Koch stehen ganz oben. Eine wichtige aktuelle Frage, aber auch der Zukunft, ist die Energiefrage. Die Alternativen zum Gas und Öl dürfen nicht Atom, Kohle oder gar Fracking heißen! Gerade jetzt muss die Lage genutzt werden, um in Erneuerbare zu investieren. Bezahlen können das die Reichen und Konzerne, die gerade versuchen, auf Kosten der russischen Konkurrenz ihren Markt zu erweitern! Es ist schockierend, dass Atom wieder cool ist, aber niemand einen Spitzensteuersatz oder eine Vermögensabgabe fordert. Damit könnten Schulen überall Luftfilter installieren, Pflegekräfte und Erzieher_Innen dauerhaft mehr Geld bekommen und der Verkehr könnte ganz ohne Sprit auf die Schiene verlagert werden.

Eine internationalistische Lösung in einem Konflikt zwischen imperialistischen Mächten zu finden, ist alternativlos, wenn wir wollen, dass weder russische, noch ukrainische, noch deutsche Arbeiter_Innen dafür zahlen. Nur die Überwindung eines Systems, welches Kriege um Profit und Einflusssphären immer und wieder hervorruft, kann eine langfristige Perspektive bieten. Daher fordern wir:

  • Krieg dem Krieg! Ein Ende kann nur internationalistisch sein, gemeinsam mit der ukrainischen und russischen Arbeiter_Innenklasse
  • Erneuerbare Energien jetzt, bye bye Öl und Gas zur Finanzierung Putins!
  • Kein Fracking! Egal ob in den USA oder Europa – das ist weder eine umweltpolitische noch internationalistische Lösung!
  • Lasst die Reichen zahlen! Spitzensteuersatz: wenn nicht jetzt wann dann?!
  • Keiner darf frieren! Zwackts bei den Großkonzernen ab!
  • Ausbau des Schienenverkehrs!
  • Mehr Öffis auf dem Land!
  • Schiene statt LKW-Transport!
  • Kriegstreiber_Innen- und Industrie enteignen! Lasst Gerhard Schröder und co. unsere Tankrechnungen bezahlen!



Bald weniger auf dem Teller? Hunger durch Krieg, Krieg durch Hunger

Aus: „Was hat der Krieg eigentlich mit mir zu tun?“

Gastbeitrag von Resa Ludvin

2020 litten 690 Millionen Menschen weltweit an Hunger (Quelle: Unicef), Tendenz voraussichtlich immer weiter steigend. Der Krieg in der Ukraine offenbart uns schmerzhaft ein weiteres Problem der kapitalistischen Wirtschaft: die Verteilung der produzierten Güter. Natürlich machen Felder dort mehr Sinn, wo der Boden besonders fruchtbar ist und auch nur da wo Öl ist, kann welches gefördert werden. Nur stehen die einzelnen Staaten in Konkurrenz zueinander und leben gleichzeitig von diesem Handel. Da kann Weizen oder Öl schnell mal zum Druckmittel werden.

Weizen ist weltweit eines der wichtigsten Nahrungsmittel. Die Ukraine gilt als „die Kornkammer Europas“ und da herrscht jetzt Krieg. Die Menschen müssen sich ernähren, doch die Ernte für dieses Jahr ist zerstört und das Pflanzen für den nächsten Zyklus müsste beginnen, was unter Kriegsbedingungen nicht geht. Nun werden die Regale in Deutschland, was Nudeln oder Mehl angeht, nächstes Jahr nicht leer sein, aber man wird die Auswirkungen spätestens an der Kasse merken. Neben Weizen ist auch Soja und Sonnenblumenöl betroffen. Nimmt Putin den Süden und Westen der Ukraine dauerhaft ein, wird das auch dauerhafte Folgen für die europäische und globale Ernährung haben. Hier braucht es ein Konzept der deutschen und europäischen Landwirtschaft, damit nicht nur die regionale Versorgung, sondern auch die der Geflüchteten, der am Ende des Krieges zerstörten Ukraine sowie weltweit geregelt ist. Hier darf es nicht zu einem neuen Lebensmittelnationalismus und Protektionismus durch Ausfuhrverbote kommen, sondern muss es eine internationale und internationalistische Lösung geben. Die Umstellung der Agrarindustrie, die neben Menschen vor allem Tiere ernährt oder für sogenannte „Biotreibstoff“ Raps und Getreide anbaut, muss der Mensch in den Mittelpunkt stellen. Nur so können wir den Hunger stoppen. Konkret heißt das, weniger auf tierische Nahrungsmittel zu setzen, damit das Korn auf dem Teller landet. Angebot und Nachfrage werden dieses Problem nicht lösen können und auch die Agrarlobby wird sich gegen eine solche humane Lösung stellen.

Denn mit Nahrungsmitteln wird an der Börse spekuliert und gehandelt. Es ist eine zynische Spekulation auf die nächste Hungerkrise, die nächsten Tausenden an Toten. Seit Beginn der 2000er sind diese Spekulationen stark angestiegen und haben bei der Krise von 2008 zu einer Explosion der Agrarpreise geführt. In Äthiopien stieg damals der Maispreis um 100%, der Weizenpreis in Somalia um 300%. Auch die Abhängigkeit von Erdöl treibt den Preis noch weiter hoch, da es in der industriellen Landwirtschaft gebraucht wird. 1Der Preis für Weizen ist seit Beginn des Krieges zwischen 35% und 50% gestiegen. Je länger der Krieg dauert, desto mehr wird sich diese Preissteigerung verfestigen oder noch erhöhen. Besonders hart trifft das Länder, die sowieso schon stark an Unterernährung leiden. Im Fall des Krieges und der Ukraine wird es besonders die vielen Abnehmerstaaten im Nahen und Mittleren Osten treffen. Bereits jetzt wurden die für den Jemen, in dem ebenfalls Krieg herrscht, bestimmten Rationen des Welternährungsprogramms halbiert.2

In Industrienationen wie Deutschland gibt es trotz des Wohlstandes schätzungsweise 15 Millionen Menschen, die dauerhaft unterernährt sind.3 Die Dunkelziffer oder Menschen, die nur zeitweise aufgrund von „Ernährungsarmut“ unterernährt sind, was bereits perfide klingt, dürfte weit darüber liegen. Hier mangelt es gesellschaftlich nicht an Geld oder Ressourcen, sondern an politischem Willen. Dieser Unwille und eine Sozialpolitik, die Menschen, wenn sie sich etwas dazu verdienen, noch bestraft und zum Flaschen sammeln verdammt, führt zu Millionen Mägen, die leer bleiben. Der Krieg und die Auswirkungen auf die Nahrungsmittelpreise wird die Nachfrage nach sogenannten Armenspeisungen wie der Tafel weiter ankurbeln. Doch sehen die Regierungsbeschlüsse gerade zwar mehr Geld für das Militär, nicht aber für private Haushalte oder soziale Projekte vor. Zum Teil wird sogar hier weiter eingespart. Noch interessanter wird es, wenn die Ampel-Regierung beschließt, an welchen Stellen das „Sondervermögen der Bundeswehr“ seine Spuren hinterlässt und dafür Einsparungen kommen. Kleiner Tipp: Es werden wohl nicht die reichsten 1% oder die Waffenindustrie sein, die dann mehr besteuert werden. Dort, wo sich die Menschen weniger wehren oder wehren können, wird gespart. Am Ende trifft es daher wieder vor allem die Arbeiter_Innenklasse, längst überfällige Investitionen in die Bildung wie Schulsanierung, Digitalisierung oder Luftfilter, den Ausbau der erneuerbaren Energien, damit die Erde bewohnbar bleibt. Auch das ist wieder einmal ein Nährboden für Rassismus und Sozialchauvinismus (Siehe Teil 1/3).

Die Krise trifft uns nicht alle gleich. Reiche bleiben reich und ein bisschen höhere Kosten für Essen und Sprit machen für sie wenig aus. Für in Armut und Prekarität lebende Menschen war es schon vorher zu viel. Steigende Preise treffen sie dementsprechend besonders hart. Nicht zu vergessen ist auch, dass Krisen gerade für die „Mittelklasse“ ein besonderes Dilemma darstellen. Gegenüber dem Prekariat haben sie gewisse Privilegien und halten daran fest, diese nicht zu verlieren. Steigende Preise durch den Krieg, die Inflation und die Auswirkungen bringen aber gerade den absteigenden Ast des Kleinbürgertums in Gefahr. Nur will natürlich niemand absteigen. Gerade das ist politischer Zündstoff, der in der Regel nicht linke oder progressive Positionen begünstigt, sondern reaktionäre Strömungen sowie die extreme Rechte. Parallel dazu sehen wir in Deutschland gerade, wie sich diverse politische Kräfte von SPD über Grüne bis hin zur CDU zu einer Volksfront formieren. Da finden auch mal kleinbürgerliche Linksliberale oder Autonome Waffenlieferungen toll, solange sie weiter darauf hoffen können, dass sie selbst der Krieg nicht so sehr trifft. Dieser Gedanke ist ein Trugschluss.

Hunger ist immer auch ein Revolutionstreiber. Ein Grund für die Auslösung des Arabischen Frühlings war, dass das Brot nicht mehr zu bezahlen war. Das trieb Menschen in Ägypten, Tunesien und darüber hinaus auf die Straße. Ihr Slogan „Brot, Freiheit und soziale Gerechtigkei“ erinnert stark an die Losung der russischen Kommunist*innen im Ersten Weltkrieg. Sie forderten erfolgreich „Brot, Land, Frieden“. Das hieß den Kapitalist*innen die Nahrungsmittelproduktion zu entreißen. Nur so können wir auch heute Spekulation entgehen. Daher fordern wir:

  • Nahrungsmittelproduktion in Arbeiter*innenhand!
  • Regionale Produktion steigern!
  • Keiner darf hungern: Aufbau von kostenlosen „Küchen für Alle“ (KüFa) in allen Kiezen!
  • Vegan/Vegetarisch vorantreiben. Pflanzen auf den Teller statt in die Tierfuttertröge!
  • Gerechte Verteilung des Essens statt Horten und Hungern lassen!

1 https://www.oxfam.de/unsere-arbeit/themen/nahrungsmittelspekulation

2 https://www.sueddeutsche.de/politik/ukraine-russland-hunger-getreide-weizen-krieg-exporte-importe-aegypten-jemen-libanon-afrika-welternaehrungsprogramm-lebensmittel-nahrung-1.5536980

3 https://www.fian.de/was-wir-machen/themen/ernaehrungsarmut-in-deutschland/




Die Wohnungsfrage in Zeiten von Krieg und Rassismus

Aus: „Was hat der Krieg eigentlich mit mir zu tun?“

Gastbeitrag von Resa Ludvin

Du wohnst in Berlin, München oder Köln und hast massive Probleme, eine bezahlbare Bleibe zu finden? Da bist du nicht die*der Einzige und das ist nichts Neues. Der angespannte Wohnungsmarkt trifft in besonderen Maße Menschen mit geringem Einkommen, tatsächlichem oder vermeintlichen Migrationshintergrund (ja, Name und Hautfarbe bestimmen wesentlich über Zu- und Absage) und Alter. In all diesen Gruppen werden Flinta (das steht für Frauen*Lesben*Inter*Non-Binary*Trans*Agender) nochmal extra benachteiligt.

Jetzt ist Krieg und Tausende flüchten täglich aus der Ukraine nach Polen, Rumänien oder Deutschland. Sie alle brauchen ein Dach über dem Kopf. Sie brauchen eine menschenwürdige Unterbringung – sprich nicht nur ein Feldbett in einer Turnhalle oder Sammelunterkunft, sondern einen sicheren, bedarfsorientierten Rückzugsort, Internet, eine Ansprechperson für medizinische, aufenthaltsrechtliche Fragen und und und. Und je nachdem wie lange der Krieg geht, braucht es nicht nur kurzfristige Lösungen. Private Unterbringung, die es derzeit überall gibt, ist zwar eine ehrenwerte Geste der Solidarität, bedeutet aber auch Verantwortung. Nicht allen scheint klar, dass es keine „Wochenendgäste“ sind. Zumindest mehrere Wochen muss man damit planen, das jetzt zur Verfügung gestellte Bett oder Zimmer zu vergeben. Die Alternative für die Menschen heißt sonst Geflüchtetenunterkunft oder Schlimmeres. Je länger der Krieg dauert und je mehr Menschen aufgenommen werden, desto schlechter wird auch die Unterbringung sein. Bereits jetzt machen sich das die „Spanner“ und Menschenhändler_Innen zu Nutze, die an den großen Umsteigebahnhöfen warten und angeblich Wohnraum anbieten. Verzweifelte Frauen und Mütter gehen ihnen aufgrund nicht vorhandener Alternativen auf den Leim. Ihnen droht Gewalt und Ausbeutung. Wieder einmal zeigt sich hier die besondere Verbindung von Geschlecht und Krieg. Schon nach kurzer Zeit sind viele Wohngebiete unbewohnbar geworden, Familienangehörige gefallen. Ein längerer Aufenthalt der Menschen, ob gewollt oder ungewollt, wird daher immer wahrscheinlicher. Dafür braucht es Wohnraum. Nur ist der, gerade in Großstädten, angeblich knapp. Bezahlbar ist er auch nicht.

Teile und Herrsche

Rassismus auf dem Wohnungsmarkt ist allgegenwärtig. Der Nährboden ist auch ohne Krieg da, weil hier unterschiedliche diskriminierte Gruppen gegeneinander ausgespielt werden. Rassismus trifft Klassismus, am Ende freuen sich die profitorientierten Vermieter_Innen. Und Geflüchtete befinden sich sehr weit unten in der Nahrungskette. Nun besteht die Gefahr, dass selbst diese noch in „die Guten“ und „die Schlechten“ auseinanderdividiert werden. Weiße, europäische Geflüchtete stünden in dieser Hierarchie vor jenen, die auch aus der Ukraine geflüchtet sind, aber beispielsweise aus Afrika stammen und sich zum Studieren im Land aufhielten. Dann folgen erst die Geflüchteten aus anderen Ländern, die bereits hier in Unterkünften leben. In Berlin geht unter Helfer_Innenstrukturen das Gerücht herum, dass diese zu Gunsten der ukrainischen Geflüchteten die Unterkünfte verlassen müssten. Wenn das stimmt, hieße das für die Betroffenen eine dramatische Verschlechterung bis hin zur Obdachlosigkeit. Flucht ist allgegenwärtig. Während es in Europa eine Solidarität mit der Ukraine gibt- weiß und nah dran- gibt es überall auf der Welt andere Konflikte und unhaltbare Lebenssituationen, die Menschen zum Flüchten zwingen. Dabei geht das Sterben im Mittelmeer weiter. Diese Menschen stehen ganz unten.

Immer da, wo es von dem einen zu viel und von dem anderen zu wenig gibt, entstehen Konflikte. In diesem Fall Menschen, die Wohnraum suchen. Diese Menschen gegeneinander auszuspielen, beschleunigt die kapitalistische Wirtschaft und unterdrückt die Vereinigung dagegen. Die Ausgrenzungsmechanismen heißen Rassismus, Sexismus und Klassismus. Eine neue rassistische Welle, die sich gegen russischsprachige Menschen richtet, hat bereits begonnen. Menschen werden auf der Straße oder am Arbeitsplatz angefeindet. In Berlin gab es sogar einen Brandanschlag auf eine russisch-deutsche Schule. Je länger der Krieg dauert und je mehr Geflüchtete kommen, desto mehr wird sich dies ausbreiten. Erst wird es sich gegenüber Geflüchteten aus anderen Regionen der Welt richten, die dann unerwünscht sind. Letzten Endes besteht aber auch die Gefahr, dass er sich gegen Ukrainer*innen richten wird. Gegen „zu viele“ die kämen. Gegen andere politische, kulturelle oder religiöse Vorstellungen. Gegen Männer, die angeblich kämpfen müssten. Gerade das ist ein beliebtes Narrativ von Rechten und Reaktionären, die im gleichen Atemzug stolz auf militärische Wehrfähigkeit und Standhaftigkeit sowie auf ihre Vorväter (höchstwahrscheinlich dann auch Nazis) sind, die das zerstörte Land „alleine aufgebaut hätten“.

Die Krisen verstärken sich

Zurück zu Rassismus auf dem Wohnungsmarkt und die Auswirkungen des Krieges: In einer Stadt wie Berlin gibt es viel Leerstand, da mit Wohnraum spekuliert oder er zweckentfremdet wird. Der Kampf um ihn hat bereits begonnen. Der Marktmechanismus von Angebot und Nachfrage wird zum angeblich „unausweichlichen“ Vorwand, um den Preis in die Höhe und den Rassismus weiter voranzutreiben. Auch jetzt gibt es Hausverwaltungen, die offen sagen „Hier nicht mit Kopftuch“ oder „schwarze Menschen wollen wir hier nicht“. Obwohl das verboten ist, helfen hier weder Anzeigen noch Gerichte. Menschen werden aus ihnen Wohnungen parallel dazu herausgeklagt, zwangsgeräumt. Das trifft nicht nur linke Hausprojekte, sondern auch viele Menschen, deren Häuser verkauft oder saniert wurden. Wiederum sorgt das dafür, dass es Menschen mit geringerem Einkommen noch schwieriger haben, etwas Neues in der Stadt zu finden. Sie werden an den Stadtrand oder darüber hinaus verdrängt. Zur Unterbringung der Menschen aus der Ukraine werden gerade vom Staat sowie der Privatwirtschaft ungewöhnliche Objekte wie Hotels in der Stadt aktiviert. Die vertriebenen Mieter_Innen fragen sich dann zu Recht: „Und warum habt ihr einen Scheiß für mich getan?“. Der Mechanismus des Rassismus‘ greift. Die gebeutelte Arbeiter_Innenklasse wird dann von „bürgerlichen Helfer_Innen“ als zu wenig solidarisch und allgemein als rassistisch dargestellt. Ein gefundenes Fressen für rechte Strukturen. Vergessen wird dabei, dass die deutsche Arbeiter_Innenklasse keine rein weiße Gruppe ist. In Berlin sind die Kiezkämpfe um Wohnraum geprägt von der migrantischen Linken, die Hand in Hand über rassistische Deutungsmuster hinausgehen. Wo Rassismus ist, muss man ihn benennen und bekämpfen. Wir als Revolutionär*innen greifen hier im Besonderen die materielle Grundlage an und versuchen die Kämpfe der Menschen zu verbinden.

Die Besetzung in der Habersaathstraße in Berlin Ende 2021 hat gezeigt, nur wer kämpft kann auch siegen, anstatt sich jetzt Seit‘ an Seit‘ mit der Regierung zu stellen. Die im Bund rüstet auf und liefert Waffen, die lokale Regierung -zumindest in Berlin- hat es die ersten zwei Wochen nicht mal geschafft, Essen für die Ankömmlinge am Hauptbahnhof zu organisieren. In dem Haus in Berlin Mitte konnten nun ehemalige Obdachlose einziehen. Das ist der Spirit der Stunde. Es braucht nicht nur langfristig mehr Wohnungsbau, sondern auch kurzfristig Enteignung und Besetzung, um die vielen Menschen ohne Bleibe in der Stadt unterzubringen- unabhängig vom Aufenthaltstitel, Hautfarbe, Name, Religion oder Geldbeutel. Wohnen ist ein Grundrecht! Das geht nur wenn wir unsere Kämpfe und Kräfte verbinden. Daher fordern wir:

  • Eine Einheitsfront der Linken gegen Krieg und Rassismus!
  • Enteignung und Nutzbarmachung sämtlichen leerstehenden Wohnraums!
  • Entschädigungslose Enteignung der Wohnungskonzerne!
  • Staatlich geregelte Wohnungsvergabe statt spekulierender Privatwirtschaft!
  • Bezahlbaren Wohnraum für alle!
  • Gegen Rassismus, immer und überall!
  • Lasst uns unsere Kämpfe verbinden und gemeinsam die soziale Frage angehen!



Sonntag 13. März: Gegen die Aufrüstung! Nein zum Krieg! Weder Putin noch NATO!

Klassenkämpferischer und antiimperialistischer Block zur Großkundgebung in Berlin für Frieden und Solidarität für die Menschen in der Ukraine

Sonntag, 13.3. 11.45 Uhr Alexanderplatz
Treffpunkt: vor dem Cubix-Kino
Beim Treffpunkt der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften

Seit zwei Wochen dauert der Angriff der russischen Streitkräfte auf ukrainische Städte und Dörfer an. Über 1,5 Millionen Menschen sind bereits geflohen. Putins reaktionärer Krieg muss sofort gestoppt und die Truppen zurückgezogen werden. Geflüchtete benötigen ein volles Einreise-, Aufenthalts- und Arbeitsrecht, ohne jegliche rassistische Segregation.

Der Krieg ist kein Krieg zwischen Diktatur und Demokratie, sondern ein Ringen um kapitalistische Einflusssphären. Die EU und die NATO sind kein Ausweg! Die Länder Osteuropas dienen auch für die deutsche Industrie als Niedriglohnländer und Absatzmärkte, während der Internationale Währungsfond die Ukraine zu Sparmaßnahmen und Privatisierungen zwingt. Es braucht die internationale Solidarität der Arbeiter:innenbewegung, um sich überall gegen die kriegerische Eskalation, Ausbeutung und Unterdrückung zu wehren.

Wir stellen uns deshalb nicht nur gegen Putins Einmarsch, sondern auch gegen jede Intervention der NATO. Wir lehnen entschieden den neuen Kurs der deutschen Außenpolitik ab, der eine massive Aufrüstung der Bundeswehr und stärkere deutsche Beteiligung an internationalen Konflikten und Kriegen bedeutet.

Wir begrüßen, dass die Gewerkschaften zu Mobilisierungen gegen den Krieg aufrufen – wir lehnen jedoch scharf ab, dass sie sich hinter die Sanktionen stellen, die letztlich die Lebensbedingungen der russischen Bevölkerung zerstören und zugleich die Gefahr der Eskalation des Kriegs erhöhen. Sanktionen sind kein friedliches Mittel, sondern nur eine andere Form der Kriegsführung!

Als Gewerkschafter:innen und Linke sind wir ebenso der Meinung, dass wir dem deutschen Militarismus nicht einmal den kleinen Finger geben dürfen: Es reicht nicht aus, wie es der DGB tut, die Aufrüstung „kritisch“ zu beurteilen – wir müssen sie auf das schärfste ablehnen! Nein zum 100 Milliarden Euro Sonderhaushalt, nein zur Erhöhung der Militärausgaben auf das NATO 2 Prozent Ziel!

Nichts Gutes kann für die Menschen in der Ukraine und für die Völker der Welt kommen, wenn der deutsche Imperialismus aufrüstet. Deshalb brauchen wir eine starke Kampagne gegen Krieg und Aufrüstung, die in den Betrieben, Schulen und Unis und auf der Straße eine klassenkämpferische und antiimperialistische Antwort auf die Politik der Regierung und der Bosse liefert.

  • Russische Truppen raus aus der Ukraine!
  • Schluss mit NATO-Kriegsvorbereitungen!
  • Keine Aufrüstung der Bundeswehr! Milliarden für die Pflege, Bildung und Klima statt für Kriege!
  • Keine Waffenlieferungen oder Sanktionen von EU und USA!
  • Für die Aufnahme ALLER Geflüchteten!
  • Solidarität mit den Protesten in Russland gegen den Krieg!

Bisherige Unterzeichner:innen
Gruppe ArbeiterInnenmacht
MLPD Berlin
linksjugend [’solid] Nord-Berlin
REVOLUTION – kommunistische Jugendorganisation
Revolutionäre Internationalistische Organisation / Klasse Gegen Klasse
Revolutionär Sozialistische Organisation
Rot Feministische Jugend Berlin
SDS FU Berlin
Young Struggle Berlin

Wenn ihr auch unterschreiben wollt, dann meldet euch bei Klasse Gegen Klasse:
https://www.klassegegenklasse.org/sonntag-13-maerz-gegen-die-aufruestung-nein-zum-krieg-weder-putin-noch-nato/




3 Dinge, die du sofort gegen den Krieg tun kannst!

Vor gerade einmal einer Woche hat der russische Präsident Wladimir Putin der Ukraine ihre Souveränität abgesprochen und ihr den Krieg erklärt. Kurze Zeit später rollten russische Panzer über die Grenzen der Ukraine, auf dem Weg in die größten ukrainischen Städte. Mehrere Tausend Menschen haben bereits in diesem Krieg ihr Leben verloren. Der Schrecken über diese grausamen Geschehnisse ist groß. Besonders bei den Menschen in der Ukraine, von denen sich bereits weit über eine Millionen Menschen auf der Flucht befinden. Aber auch in Russland haben in den vergangenen Tagen mehrere tausend Menschen trotz brutaler Bullengewalt gegen den Krieg protestiert. Und auch hierzulande werden Baerbock, Scholz und Lindner, die führenden Köpfe der in Deutschland regierenden Ampel-Koalition, nicht müde zu betonen, wie tief betroffen sie das alles macht. Komisch nur, dass es diese selbsterklärten Verteidiger_innen der Menschenrechte, der Freiheit und der Selbstbestimmung nicht gejuckt hat, dass Geflüchtete vor den Toren Europas im Mittelmeer ertrinken oder in den griechischen Lagern unter unmenschlichen Bedingungen eingesperrt werden. Komisch nur, dass gleichzeitig der widerwärtige Angriffskrieg der Türkei auf die kurdischen Autonomiegebiete in Nordsyrien (Rojava) von deutschen Politiker_innen gebilligt und mit deutschen Waffen geführt wird. Für uns sind die Krokodilstränen der Ampel-Koalition nur Heuchelei, denn denen geht es nicht um Menschenrechte, sondern um die Profite deutscher Monopolkonzerne. Dabei ist von der anfangs skeptischen Haltung, den Konflikt nicht weiter eskalieren lassen zu wollen, nichts mehr übriggeblieben. Bereits jetzt schießen die Aktienkurse der deutschen Rüstungsindustrie in die Höhe, während uns gesagt wird, dass wir höhere Heizkosten akzeptieren sollen – „für den Frieden“ natürlich. Unter dem Deckmantel „Für den Frieden in der Ukraine“ versucht die Regierung nun Maßnahmen durchzudrücken, für die es sonst massive Gegenwehr gegeben hätte und die uns die Kosten für ihren Krieg zahlen lassen sollen. 100 000 000 000€ will Scholz zusätzlich für die deutsche Armee locker machen, gleichzeitig hat beispielsweise die Berliner Regierung bereits angekündigt, den Verfügungsfonds für Schulen von 28 000€ auf 3000€ zu kürzen. Das ohnehin viel zu späte Datum für den Kohleausstieg wird wieder in Frage gestellt, um weitere Sanktionen gegen Russland einleiten zu können.

Aber zum Glück gibt es hier ja nicht nur Annalenas und Olafs. Am Wochenende gab es in vielen deutschen Städten riesige Demos gegen den Krieg. In Berlin beteiligten sich sogar mehrere hunderttausend Menschen. Wir alle verfolgen im Stundentakt auf unseren Handys die Geschehnisse in der Ukraine und sind in Sorge um die unschuldigen Betroffenen, um ihre Familien und über den ungewissen Ausgang dieses Konflikts. Viele von uns haben deshalb das Gefühl etwas unternehmen zu müssen. Der Krieg soll gestoppt werden, so schnell wie möglich! Viele fühlen sich jedoch machtlos, die Ukraine ist weit weg und was sollen wir denn schon gegen die Atommacht Russland ausrichten können. Aus diesem Grund setzen viele ihre Hoffnungen auf die NATO, die ihrer „Verantwortung für Frieden und Sicherheit in Europa“ gerecht werden müsse. Viele finden auch, dass Waffenlieferungen an die Ukraine eine gute Idee sind, damit diese sich besser gegen die russische Invasion verteidigen könne.

Auch wenn der Wunsch, den Krieg schnell zu beenden der richtige ist, sind Waffenlieferungen an die Ukraine und eine militärische Intervention der NATO der absolut falsche Weg dafür. Was für ein Trümmerfeld ein NATO-Einsatz hinterlässt, haben wir zuletzt in Afghanistan gesehen. Auch Wirtschaftssanktionen sind kein vermeintlich „humaneres Mittel“ der Kriegsführung. Während Putin und seine Clique bequem in ihren Luxusvillen sitzen, treffen Sanktionen immer die normale Bevölkerung, und insbesondere die Armen. Schon jetzt hat die russische Bevölkerung mit einer massiven Inflation zu kämpfen. Bei dem Krieg in der Ukraine handelt es sich um eine militärische Auseinandersetzung zwischen verschiedenen imperialistischen Mächten, wobei Russland auf der einen und die EU und die USA auf der anderen Seite stehen. Keiner der beiden Seiten geht um die Interessen der Bevölkerung in der Ukraine. Im Gegenteil tragen sie ihren Kampf um Einflusssphären, Militärbasen, Rohstoffe, Macht und Absatzsphären auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung aus. Wer für Unabhängigkeit und Selbstbestimmung in der Ukraine eintritt, darf sich auch nicht auf die Seite ihres kapitalistischen Präsidenten Selensky, die Seite Deutschlands oder der NATO stellen. Allesamt sind nur scharf darauf, ihre multinationalen Konzerne auf den ukrainischen Markt loszulassen und Russland als lästigen Konkurrenten im imperialistischen Game auszuschalten. Sorry, mit EU-Pulli, NATO-Fahne und Deutschlandschal auf die Anti-Kriegsdemo zu gehen ist also nicht cool.

Die Arbeiter_innen und Jugendlichen in der Ukraine haben nichts davon, ob sie nun von russischen oder westlichen Konzernen ausgebeutet werden. Auch haben sie nichts davon, wenn irgendwelche Ländergrenzen verschoben werden. Wer den Krieg in der Ukraine beenden will, muss eine dritte Position einnehmen, nicht an der Seite der NATO und nicht an der Seite Putins, sondern an der Seite der Arbeiter_innen und Jugendlichen! Der russische Einmarsch kann nur gestoppt werden, wenn die ukrainischen Soldaten mit Selensky und der NATO brechen und ihren Widerstand gemeinsam mit der ukrainischen Arbeiter_innenklasse durch Selbstverteidigungsorgane und die Enteignung der Industrien und Lebensmittelkonzerne organisieren. Die russischen Arbeiter_innen müssen ihnen die Hand reichen und ihre Antikriegsproteste zu einer Bewegung zum Sturz von Putin und seiner Oligarchen-Clique ausweiten. Wenn die Soldat_innen sich weigern zu schießen, die Eisenbahner_innen streiken und keine Truppen transportieren oder die Industriearbeiter_innen die Waffenproduktion bestreiken, ist so ein Krieg auch ganz schnell vorbei. Die Gewerkschaften spielen für die Organisation dessen hier aber auch in Russland und der Ukraine eine zentrale Rolle.

Klingt nett aber unrealistisch? Unrealistisch bleibt wirklicher Frieden nur, wenn niemand anfängt gegen den Krieg aufzustehen. Wenn du jetzt sofort etwas gegen den Krieg tun möchtest, haben wir hier 3 Vorschläge für dich:

  1. Tritt mit Leuten in Diskussion!

Ein erster wichtiger Schritt ist es, mit Leuten in Diskussion zu treten. Wir alle haben Angst um den ungewissen Ausgang des Konflikts. Sprechen hilft dagegen, denn heruntergeschluckte Angst wird nur noch größer. Außerdem kannst du durch Diskussionen mit Mitschüler_innen, Lehrer_innen, Friends und Verwandten aufzeigen, dass wir uns auf keine Seite der imperialistischen Mächte schlagen dürfen, sondern für die Unabhängigkeit der Arbeiter_innen und der Jugend eintreten müssen. Auch Spendenaktionen oder die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine sind wichtige Akte der Solidarität. Die Regierung macht es sich jedoch zu leicht, wenn sie diese gesamte Arbeit auf die Bevölkerung ablädt. Durch die Enteignung eines durch Corona sowieso leerstehenden Luxushotels kann ganz schnell viel mehr Platz für Geflüchtete geschaffen werden als wir Menschen in unseren Privatwohnungen aufnehmen können. Außerdem fragen wir uns, warum 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr da sind aber nicht für Handtücher.

  1. Gründe ein Anti-Kriegs-Aktionskomitee an deiner Schule!

Immer sagen sie uns, die Schule sei ein unpolitischer „neutraler“ Ort. Dabei ist der Krieg in der Ukraine Thema für uns alle. Ein großer Teil von uns hat vielleicht sogar Verwandte auf der einen oder anderen Seite der Frontlinie. Die Lehrer_innen weichen der Diskussion aus, weil sie selbst keine Ahnung haben oder fragen in rassistischer Manier die Schülerin mit dem russischen Migrationshintergrund, wie ihre Familie nur so dumm sein konnte, auf diesen Diktator Putin reinzufallen. Die Schule ist der Ort, wo wir den Großteil der Zeit unseres Alltages verbringen müssen. Das nervt, aber birgt auch die Chance, hier viele Leute erreichen und Druck auf die Regierung ausüben zu können. Anstatt uns nur auf Demos und in der linken Szene unter Gleichgesinnten zu bewegen, müssen wir unsere Ideale auch an die herantragen, die davon sonst nichts mitbekommen. Für eine Schule gegen Krieg einzustehen bedeutet zum Beispiel zu verhindern, dass die Bundeswehr an die Schule kommt, um uns zu erzählen, wie toll man dort Medizin studieren kann. Banner gegen den Krieg aufzuhängen, oder im Geschichtsunterricht einzufordern, dass sich auch mal mit der NATO kritisch auseinandergesetzt wird. Dafür müssen wir uns organisieren und Anti-Kriegs-Komitees gründen. Als organisierte Gruppe können wir besser Aktionen planen und durchführen, uns gegenseitig den Rücken stärken und auch die Gremien der Schüler_innenvertretung unter Druck setzen, etwas zu machen. Gibt es erst einmal mehrere Komitees an verschiedenen Schulen, eröffnet sich auch die Perspektive des Schulstreiks. Denn wenn die Schulen zu sind, weil wir gegen den Krieg auf die Straße gehen, muss man uns automatisch zuhören!

  1. Hilf uns beim Aufbau einer Antikriegsbewegung!

Gemeinsam müssen wir auf den großen bürgerlichen Antikriegsdemos einen Pol darstellen, in dem sich antikapitalistische Menschen sammeln können und um die Deutungshoheit in den Protesten kämpfen. Für Unabhängigkeit statt Waffenlieferungen, Aufrüstung und Krieg! In allen Städten braucht es große und kämpferische antikapitalistische Blöcke statt EU-Pullis. Große linke Jugendorganisationen wie die Linksjungend solid, die Jusos oder die Jugendgewerkschaften müssen wir überzeugen, sich uns anzuschließen und sich klar gegen den Krieg zu positionieren. FFF hat bereits größere Demos gegen den Ukraine-Krieg organisiert. Wir müssen auf sie zugehen und sie von unserer Position überzeugen und den Einfluss der Grünen und der Grünen Jugend, die sich für eine Eskalation des Krieges aussprechen, zurückdrängen. Lasst uns einstehen für eine kämpferische Antikriegsbewegung und für eine unabhängige Position der Arbeiter_innen und der Jugend. Für eine Jugend gegen Krieg!




Stoppt den Krieg in der Ukraine!

Als Teil der internationalen Strömung für eine fünfte kommunistische Internationale unterstützen wir angesichts des Kriegs in der Ukraine das folgende Statement der “ Liga für die Fünfte Internationale“:

Die Liga für die Fünfte Internationale verurteilt den Angriff russischer Luft- und Landstreitkräfte auf die Ukraine sowie die Leugnung ihres Rechts auf Unabhängigkeit als souveräner Staat durch Wladimir Putin.

Seine Behauptung, er verteidige die Interessen der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine und die Sicherheit Russlands gegenüber der NATO, ist ein gigantischer Betrug. Nicht weniger betrügerisch sind jedoch die Behauptungen der NATO-Verbündeten, sie würden ausschließlich zur Verteidigung der Demokratie und der nationalen Souveränität handeln. Wie Putin verfolgen auch sie ihre eigenen imperialistischen Interessen. Kurz gesagt, die Invasion in der Ukraine ist in erster Linie ein zwischenimperialistischer Konflikt.

Putins brutales Vorgehen steht im Einklang mit dem Vorgehen der russischen Streitkräfte in Syrien zur Stabilisierung des mörderischen Assad-Regimes sowie der Ermordung von Oppositionellen und der Unterdrückung von Massenprotesten im eigenen Land und seiner Förderung rechtsextremer Parteien und autoritärer Regierungen in der EU. Kurz gesagt, es sind die Aktionen einer imperialistischen Macht, die im Konflikt mit den imperialistischen Mächten USA und EU steht.

Wir verurteilen auch die Rolle der NATO bei der Förderung dieser Krise, deren Wurzeln in der Erhaltung und Ausweitung dieses Bündnisses des Kalten Krieges nach dem Zusammenbruch der UdSSR und ihrem Vordringen bis an die Grenzen der Russischen Föderation unter Verletzung wiederholter mündlicher Zusicherungen an die aufeinanderfolgenden russischen Präsidenten liegen.

Darüber hinaus griff sie in die ursprünglich legitimen demokratischen Volksbewegungen gegen die korrupten Oligarchenregime in den verbleibenden Staaten des „nahen Auslands“ der Russischen Föderation ein. Ziel war es, die prorussischen durch antirussische Regime zu ersetzen, indem man sie in die sogenannten farbigen Revolutionen verwandelte. Dies musste früher oder später zu einem Rückschlag des russischen Imperialismus führen, sobald er sich stark genug fühlte.

Dies war die Strategie aller mit den USA verbündeten imperialistischen Großmächte. Washingtons Politik der Ablehnung der russischen Forderungen nach einer Garantie, dass die Ukraine nicht der NATO beitritt, zielte jedoch auch auf die Bestrebungen Frankreichs und Deutschlands ab, eine größere wirtschaftliche und militärische Autonomie von der transatlantischen Supermacht zu erlangen. Sie sind nun die großen Verlierer:innen, da ihre diplomatische Lösung zunichtegemacht wurde und Deutschland gezwungen ist, die Inbetriebnahme der Nordstream-2-Gaspipeline auszusetzen.

Das Ziel bestand darin, sie innerhalb der NATO, die selbst ein als Schutz verherrlichtes amerikanisches Spektakel ist, unterzuordnen und zu zwingen, den von Washington diktierten und durchgesetzten Sanktionen zuzustimmen, wie ruinös dies auch für ihre eigenen Volkswirtschaften wäre.

Dass der NATO-Imperialismus dies unter der Flagge der Demokratie, der Menschenrechte und der Selbstbestimmung der Völker tut, war und ist eine grausame Täuschung. Eine solche stellt auch die Behauptung der Ukraine dar, sie verteidige lediglich ihr Recht auf Selbstbestimmung, denn seit 2014 kämpft sie dafür, den östlichen Regionen des Landes (und der Krim) das gleiche Recht zu verweigern, einschließlich des Rechts, ihre eigene Sprache zu verwenden und frei zu entscheiden, ob sie innerhalb der Grenzen eines Staates leben wollen oder nicht, der durch die Akzeptanz einer ethnisch westukrainischen nationalen Identität definiert ist.

Putins chauvinistisches Abenteuer hat US-Präsident Joe Biden und seinen NATO-Verbündeten den perfekten Vorwand geliefert, um die Hysterie des Kalten Krieges zu verstärken und die unverfrorenen sozialimperialistischen Kräfte innerhalb der weltweiten Arbeiter:innenbewegung zu ermutigen, sei es in den sozialdemokratischen und Labourparteien oder Gewerkschaftsbewegungen.

Ebenso sind alle Kräfte aus der stalinistischen Tradition, die Putins Handlungen entschuldigen und seine Forderungen nach einer „Einflusssphäre“ oder einer „Sicherheitszone“ rechtfertigen, weit davon entfernt, eine Politik zu verfolgen, die auf Internationalismus und Opposition gegen jeglichen Imperialismus beruht. Zu glauben, dass der Feind unseres Feindes unser Freund sein muss, ist der Gipfel der Torheit. In Wirklichkeit sind unsere einzigen Verbündeten die Arbeiter:innen in allen Ländern, die ihre eigenen Herrscher:innen bekämpfen und die Hand der Solidarität über die Frontlinien des Konflikts hinweg ausstrecken.

Der chinesische Imperialismus steht als globaler wirtschaftlicher und damit letztlich auch militärischer Rivale der USA wirtschaftlich mehrere Kategorien über Russland. Obamas, Trumps und Bidens Schwenk nach Asien und ihr „Putin ist der neue Hitler“-Narrativ in Europa haben China unweigerlich näher an Russland herangeführt. Dies ist jedoch nicht auf Xi Jinpings und Putins Herausforderungen für „unsere Werte“ zurückzuführen, sondern auf ihre wirtschaftliche und geostrategische Rivalität mit den USA. Pekings brutale und rassistische Verfolgung der Uigur:innen in Xinjiang und der Demokratieaktivist:innen in Hongkong ist eine Warnung, dass China es nicht zulassen wird, von den USA isoliert oder auf Sparflamme gehalten zu werden.

Aus all diesen Gründen müssen die Arbeiter:innenklasse und die fortschrittliche Bewegung in der ganzen Welt davon abgehalten werden, in diesem zwischenimperialistischen Konflikt Partei für eine Seite zu ergreifen. In den alten imperialistischen Kernländern ist die Behauptung, die Demokratie zu verteidigen, lediglich ein zynischer Trick, um das „Recht“ dieser Staaten zu verteidigen, die Welt auszuplündern. In Russland und China ist es ein Schritt zur Ablösung der alten Imperialist:innen und zur Unterwerfung der großen Mehrheit der Menschheit unter neue Machthaber:innen, die es neuen Milliardär:innen ermöglichen, auf Kosten ihrer eigenen Arbeiter:innen und der verarmten Mehrheit der Menschheit zu gedeihen.

Wesentlich für eine korrekte Haltung in dieser Frage ist Karl Liebknechts Losung aus dem Ersten Imperialistischen Krieg: Der Hauptfeind steht im eigenen Land, was für die USA, ihre NATO-Verbündeten sowie für Russland und China gleichermaßen gilt.

  • Sofortiger Abzug aller russischen Truppen aus der Ukraine! Anerkennung der ukrainischen Unabhängigkeit und Staatlichkeit durch Moskau!
  • Keine Unterstützung für westliche Wirtschaftssanktionen gegen Russland! Für Arbeiter:innenaktionen, um die Lieferungen von Waffen und Munition an alle Kriegstreiber:innen zu stoppen, solange die Aggression andauert!
  • Abzug aller NATO-Berater:innen aus der Ukraine und der Seestreitkräfte der Westmächte aus dem Schwarzen Meer!
  • Für das Recht der Regionen Donezk, Luhansk und Krim auf demokratische Selbstbestimmung, einschließlich der Optionen der Autonomie innerhalb der Ukraine, der Unabhängigkeit oder des Beitritts zu Russland!
  • Auflösung von NATO und Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit!
  • Stoppt den Marsch über einen neuen Kalten Krieg in Richtung eines globalen zwischenimperialistischen Krieges!
  • Für eine neue globale Bewegung gegen imperialistische Kriege und Aufrüstung und für die Umleitung der enormen technischen und wissenschaftlichen Ressourcen, die dafür aufgewendet werden, um die brennenden Probleme der Klimakatastrophe, der Armut, des Hungers und der Krankheiten zu lösen!
  • Für einen internationalen Zusammenschluss von Parteien der Arbeiter:innenklasse, die gegen Kapitalismus und Imperialismus und für den Sozialismus kämpfen – eine Fünfte Internationale, die die fortschrittliche Arbeit der ersten vier Internationalen fortsetzt.



Ukraine-Krise: Kommt der dritte Weltkrieg? 4 Fragen und 4 Antworten

Egal ob wir gerade die Zeitung aufschlagen, durch unseren News-Feed scrollen oder den Fernseher anmachen: Überall reden sie von den russischen Weltherrschaftsplänen, dem verrückten Diktator Putin und der russischen Aggression. Interessant ist dabei auch, dass es kaum eine Rolle spielt, welche politische Couleur das jeweilige Medium hat. Ob FAZ, Bild oder taz, alle sind sie sich einig: Der Westen muss Russland mal zeigen was ne Hake ist. Die nicht überhörbaren Schreie nach Krieg sind dabei sogar lauter als aus den Reihen der Bundesregierung, die sich im Vergleich zu den USA eher gemäßigt gibt. Wo wir uns einig sind: Die Gefahr eines militärischen Großkonfliktes mitten in Europa ist real! Wo wir anderer Meinung sind ist jedoch, wie es dazu kommt und was wir dagegen machen können…

  1. Worum geht es in dem Konflikt um die Ukraine?

Im Kern dreht sich der Konflikt zwischen den USA und der EU auf der einen und Russland auf der anderen Seite darum, ob die Ukraine in das westliche Militärbündnis NATO aufgenommen wird. Die NATO wurde kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als westlich-kapitalistische Militärallianz unter Führung der USA gegen die Sowjetunion gegründet. Auch wenn von den Sowjets im heutigen Russland nichts mehr übrig geblieben ist, bleibt die NATO weiterhin ein gegen Russland gerichtetes Militärbündnis. Nach dem Zerfall der Sowjetunion ging das Game los, welches nationale Kapital, ob aus den USA, Deutschland, Frankreich oder Russland am meisten Einfluss in den ehemaligen Ostblockstaaten gewinnt. Die Integration in wirtschaftliche, politische oder militärische Bündnisse, ob NATO, EU oder OVKS stellt dabei nach wie vor ein wichtiges Mittel dar, um den eigenen Einfluss zu sichern. Und genau deshalb will Putin auf jeden Fall verhindern, dass die Ukraine, die jahrhundertelang unter russischem Einfluss stand, in das antirussische Bündnis direkt an der russischen Landesgrenze aufgenommen wird. Das würde zum Beispiel bedeuten, dass NATO-Truppen und Waffen an der Grenze von Russland stationiert werden könnten. Dass Staaten auf eine derartige Bedrohung noch nie freundlich reagiert haben, kann man sehen, wenn man sich daran erinnert, dass die USA mal fast einen Atomkrieg ausgelöst hätte, weil die Sowjetunion Raketenbasen in Kuba einrichten wollte.

Dabei startete die erste heiße Phase des Kampfes um die Ukraine damit, dass sich der damalige ukrainische Präsident Janukowitsch im Zeichen einer wirtschaftlichen Krise dafür entschied, sich wirtschaftlich stärker an Russland auszurichten. Die USA und die EU begannen daraufhin in die Ukraine zu intervenieren, indem sie eine auf Rechtsextremist_innen und pro-westliche NGOs gestützte Protestbewegung finanzierten, die sich aufgrund der Wirtschaftskrise schnell zur Massenbewegung entwickelte und die Regierung Janukowitsch zu Fall brachte. Die neue Regierung begann schnell Verträge mit der EU abzuschließen, landwirtschaftliche Flächen an westliche Agrarkonzerne zu verkaufen, linke und pro-russische Kräfte brutal zu unterdrücken und zu versuchen ihre Machtansprüche auch im ethnisch russischen Osten der Ukraine durchzusetzen. Unterstützt von Putin regte sich Widerstand im Osten des Landes, welcher zur russischen Annexion der Halbinsel Krim und zur Gründung der sogenannten Donbass-Republiken führte.

Die aktuelle Zuspitzung der Lage an der russisch-ukrainischen Grenze lässt sich auf diesen Konflikt zurückführen. So begannen die NATO-Staaten in letzter Zeit wieder vermehrt mit Truppenübungen in den östlichen Mitgliedstaaten wie Lettland. Darauf reagierte auch Russland mit Verlagerungen seiner Streitkräfte nach Westen und Truppenübungen u.a. auf der Krim. Dieses Säbelrasseln schaukelt sich in den letzten Wochen nach und nach hoch und führte zu dieser brenzligen Situation jetzt, in der sich die NATO und Russland abwechselnd vorwerfen in den nächsten Tagen angreifen zu wollen.

Russland forderte von den USA und der EU Sicherheitsgarantien, also eine Zusicherung, dass die Ukraine nicht Teil der NATO wird. Das lehnen USA und EU jedoch kategorisch ab. Stattdessen haben sie Russland aber auch kein anderes Angebot gemacht, mit dem Putin irgendwie sein Gesicht wahren könnte. Da Putin innenpolitisch unter Druck steht, muss er irgendeinen Erfolg vorweisen, um sich weiterhin auf dem Thron halten zu können. Und genau das weiß die NATO auch und macht deshalb keine Angebote. Putin bleibt deshalb nichts anderes übrig, als immer mehr zu drohen, zuletzt sogar mit Atomwaffen! Genau weil es durch die innenpolitischen Spannungen in Russland und die Blockadehaltung des Westens für Putin keinen Exit aus dem Konflikt gibt, ist die Situation so gefährlich. Würde Russland tatsächlich in die Ukraine einmarschieren, wäre das für die USA und die EU nur von Vorteil. Warum? Weil sich das wirtschaftlich schwache Russland eh nicht leisten kann, die Ukraine dauerhaft zu besetzen und weil danach für lange lange Zeit keine pro-russische Regierung mehr in der Ukraine gewählt werden würde.

2. Ist Russland also das eigentliche Opfer?

Bei all dem könnte man jetzt auf die Idee kommen, dass Russland hier das eigentliche Opfer ist. Und sicher, Putin hat auch deutlich mehr zu verlieren als die westlichen Regierungen. Es ist klar eine aggressive Ausweitung der NATO und westlichen Einflusssphäre, aber was Russland hier verteidigt ist auch nichts anderes als die eigenen imperialistischen Interessen. Nicht das Leben oder die Rechte der russischen Arbeiter_Innen in der Ukraine wird hier verteidigt, wie Putin es oft für sich in Anspruch nimmt, sondern die Position Russlands auf der Weltkarte und die Möglichkeit für russische Oligarch_Innen (anstelle der westlichen) die Ukraine und andere vorherige Ostblockstaaten auszubeuten.

Anders als es verschiedene stalinistische Gruppen wie die SDAJ oder die DKP behaupten, ist der russische Imperialismus in unseren Augen kein bisschen besser als der deutsche oder der US-amerikanische Imperialismus. Russland unterstützt die Neue Rechte finanziell in Europa und unterdrückt die Linke, LGBTIA oder ethnische Minderheiten im eigenen Land mit massiver Repression. Im Kampf um die Einflusssphären auf der Welt steht der russische Imperialismus neben China, den USA und der EU jedoch am schlechtesten da. Da Russland wirtschaftlich schon lange nicht mehr mithalten kann, probiert es jetzt seinen schwindenden Einfluss militärisch wieder gut zu machen. Das sieht man auch daran, dass es immer aggressiver gegen Proteste in verbündeten Staaten wie Belarus oder zuletzt Kasachstan vorgegangen ist. Für uns heißt gegen den Krieg in der Ukraine zu sein also nicht an der Seite Russlands zu stehen, sondern vor allem die Kriegspläne unser eigenen Regierung zu entlarven und dagegen zu anzukämpfen!

3. Aber was will das deutsche Kapital denn eigentlich?

Das deutsche Kapital und somit auch die bürgerlichen Parteien Deutschlands sind bei der Frage nach dem Umgang mit diesem Konflikt deutlich gespaltener als es zum Beispiel in den USA der Fall ist. Das liegt vorrangig daran, dass deutsche Unternehmen viel in Russland investiert haben und fürchten, dass sie ihre Profite im Falle einer militärischen Konfrontation mit Putin verlieren könnten. Obwohl sich die Ampel-Koalition klar an der Seite der USA und der pro-westlichen ukrainischen Regierung positioniert, haben sie Waffenlieferungen an die Ukraine (obwohl das hier fast alle Zeitungen gefordert haben) klar abgelehnt. Von Wirtschaftssanktionen war zwar die Rede, allerdings sollte die russische Gaspipeline Nordstream2 dabei interessanterweise nicht angetastet werden. Hinzu kommt, dass die Energiepreise gerade steigen und Deutschland zunehmend abhängig wird, von den vergleichsweise günstigen Gasimporten aus Russland. Einige Industriesektoren würden unter einem Wegfallen dieses Erdgases sehr leiden, während sich für andere eine Aufschließung ukrainischer Ressourcen (besonders der großen und fruchtbaren landwirtschaftlichen Flächen) und Arbeitskräfte für den europäischen Markt sehr lohnen würde. So gespalten wie also die deutsche Wirtschaft in der Frage ist, sind es auch die Parteien. Dabei tuen sich die Grünen als ehemalige Friedenspartei ganz klar als offensivste Kriegstreiber hervor.

4. Was können wir also hier tun?

Wir wissen, dass dieser Krieg weder in unserem Interesse steht noch in dem der russischen oder ukrainischen Arbeiter_Innenklasse. Deswegen wäre es falsch sich auf die eine oder andere Seite zu stellen. Es muss unsere Aufgabe als Linke, Arbeiter_Innen und Revolutionär_Innen sein, die Unsinnigkeit der Kriegspropaganda aller Seiten zu entlarven. An Schulen, Unis und Betrieben, und zusammen mit den russischen und ukrainischen Diaspora-Communities müssen wir gegen den Krieg einstehen und gemeinsam Anti-Kriegs-Bündnisse gründen.

Dabei müssen wir auch die SPD und die Linkspartei dazu auffordern, eine Antikriegsposition einzunehmen. Während die SPD schon 1914 vor dem Ersten Weltkrieg gegen Russland zum Krieg aufgerufen hat, hetzt sie heute wieder lieber gegen Russland, anstatt sich gegen die Profitinteressen des deutschen Kapitals zu stellen. Auch die Linkspartei hat ihre Position für einen Austritt Deutschlands aus der NATO immer weiter aufgeweicht und machte zuletzt mit dem Vorschlag auf sich aufmerksam, Merkel solle aus dem Ruhestand zurückkehren und Frieden in der Ukraine stiften (WTF?). An den beiden Parteien kommen wir aber leider nicht vorbei, denn die Gewerkschaften als die größten Organisationen der deutschen Arbeiter_innenklasse sind mit ihnen organisch verbunden. Wenn wir die Gewerkschaften aber auf unserer Seite hätten, könnten diese mit politischen Streiks das ganze Land lahmlegen, bis der Krieg vorbei ist. Sie könnten Waffenlieferungen verhindern und ihre Verbindung mit US-amerikanischen, ukrainischen und russischen Gewerkschaften nutzen, um den Krieg in der Ukraine gegen einen Krieg gegen das Kapital umzuwandeln. Die Arbeiter_innen düfen die Waffen nicht aufeinander richten, sondern müssen sich zusammenschließen, um gemeinsam die Herrschaft von Krieg und Kapital zu beenden. Denn wie es Karl Liebknecht schon während des ersten Weltkrieges sagte „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“




Klassenkampf statt Querdenken

Dies ist ein Flyer, der in Berlin auf den Gegenprotesten zu den „Montagsspaziergängen“ verteilt wird.

Seit mehreren Monaten treibt die rechtsoffene, verschwörungsideologische Bewegung „Querdenken“ verstärkt ihr Unwesen in deutschen Städten. Häufig tritt diese in Form der sogenannten Montags-Spaziergänge, welche in Wahrheit als Spaziergang getarnte und unangemeldete Demonstrationen sind, auf. Querdenken ist eine Querfront, also eine Bewegung, in der sich verschiedene politische Gruppen aktiv zusammenschließen, welche sich eigentlich konträr gegenüberstehen. So besteht Querdenken einerseits aus esoterischen Hippies, ultra-liberalen FDP-Wähler_Innen und andererseits aus handfesten Nazis, welche sich seit Beginn der Bewegung 2020 immer mehr in den Vordergrund gestellt und spätestens seit den Montagsspaziergängen vor allem im Osten Deutschlands die Führung übernommen haben.

Die „Kritik“ der Querdenker_Innen an den Corona-Maßnahmenbezieht sich weniger auf konkrete, teils auch kritikwürdige Regelungen, die zur Eindämmung der Pandemie getroffen wurden. Vielmehr argumentiert die Bewegung mittels absurder, oftmals antisemitisch angehauchter, Verschwörungsmythen á la „Great Reset“. Kernaussage ist hier häufig, dass es in Wahrheit gar keine Pandemie gäbe, sondern lediglich die Mächtigen sich verschworen haben und dem Volk glauben machen wollen, es bestünde eine in Wahrheit nichtexistierende Gefahr. So wird zum Beispiel gerne von einer „Corona-Diktatur“ gesprochen und die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung werden mit dem Hitlerfaschismus verglichen. Eines der ekelhaftesten Beispiele hierfür sind die „Ungeimpft-Sterne“, die viele Querdenker_Innen in Anlehnung an die zur Kenntlichmachung von Jüd_Innen genutzten „Judensterne“ tragen, was eine unfassbare Verhöhnung der Opfer des Holocausts ist.

Gleichzeitig erschwert die Existenz der Querdenker_Innen-Bewegung den Weg für eine sinnvolle und antikapitalistische Kritik an den Corona-Maßnahmen, da es nun ein Leichtes ist, jede Person, die ein Wort gegen die aktuelle Pandemie-Politik sagt, in die verschwörungsideologische Ecke zu stellen. Doch zu kritisieren gibt es vieles: Seien es die unverhältnismäßigen Ausgangssperren, die Tatsache, dass man sich teilweise nicht mit zwei Freund_Innen treffen durfte, aber mit hundert anderen Menschen am Arbeitsplatz arbeiten musste, oder die Strategie der Regierung, ohne ernsthaften Schutz um jeden Preis den Regelunterricht an den Schulen fortzusetzen, wodurch Kinder und Jugendliche der Durchseuchung ausgesetzt werden. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass der Biontech-Konzern es der BRD verboten (!) hat, überzählige Impfdosen an ärmere Länder zu spenden, um den eigenen Profit nicht zu gefährden.

Wir fordern also:

  • Sofortige Aufhebung der Patente auf Impfstoffe und somit freien Zugang zu diesen für ALLE Länder, damit sich das Virus nirgendwo auf der Welt mehr ungestört verbreiten kann!
  • Finanzierung der Krisenkosten durch Besteuerung auf die Vermögen der Reichsten, die ihr Vermögen in der Krise verdoppelt haben!
  • Rekommunalisierung der Gesundheitsversorgung und Enteignung der großen Krankenhaus-Konzern wie Asklepios oder Vivantes und somit ein Ende des profitorientierten Gesundheitssystems, sowie damit einhergehend die sofortige Abschaffung der Fallpauschale und der Profitpflicht für öffentliche Krankenhäuser!
  • Für eine drastische Erhöhung der Löhne für Pfleger_Innen um mindestens 50% und die Zahlung eines Corona-Bonus von jeweils 5.000 Euro für die beiden Pandemie-Jahre 2020 und 2021, sowie die Einstellung von neuen Pflegekräften zur Entlastung!
  • Sicherheit in Schulen und am Arbeitsplatz, ein Ende der Durchseuchung der Schulen und eine Rückkehr zum Fernunterricht, sobald es die pandemische Lage erfordert, sowie ein bundesweites Aussetzen der Präsenzpflicht bis zum Ende des Schuljahres. Alle werden versetzt! Für Beschäftigte in nicht gesellschaftlich relevanten Bereichen muss die Möglichkeit bestehen, bei sehr hohen Inzidenzen in einen voll bezahlten Urlaub zu gehen.
  • Einen sofortigen Ausbau der PCR-Test-Kapazitäten und kostenlose PCR-Tests für alle: Im Moment stehen nahezu keine PCR-Tests mehr zur Verfügung, was dazu führt, dass die Kontaktnachverfolgung bei weiter steigenden Inzidenzen unmöglich wird.

Zusätzlich wollen wir darauf aufmerksam machen, dass es das kapitalistische Wirtschaftssystem ist, welches eine Krise durch das Virus in diesem Ausmaß erst ermöglicht hat. Da im derzeitigen System der Profit über Bedürfnisse gestellt wird, wurde das Gesundheitssystem jahrzehntelang kaputtgespart; es war Deutschland „nicht möglich“, die nicht notwendige Produktion für einige Wochen herunterzufahren, um die Pandemie einzudämmen. Zudem waren Pharmakonzerne trotz Milliardensubventionen aus Steuergeldern nicht bereit, zum Wohle aller auf fette Rendite zu verzichten. Während die reichsten 10 Männer ihr Vermögen verdoppelt haben, sind 150 Millionen Menschen weltweit in die Armut gestürzt. Und vermutlich wird das erst der Anfang sein, denn die Wirtschaftskrise, die auf die Gesundheitskrise folgt, hat das Potential die Krise von 2009 bei weitem zu übertreffen. Die Inflation hat jetzt bereits die 5% erreicht, was bedeutet, dass die Reallöhne weiter fallen werden, während Mieten und Preise für Gas und Benzin steigen. Dazu kommen dann auch noch zu allem Übel Politiker_Innen, wie der Grüne Özdemir, die auch noch die Lebensmittelpreise erhöhen wollen. Bei all diesen Krisen, die sich immer weiter zuspitzen, muss uns als Lohnabhängigen klar sein: Der Kapitalismus ist die Krise! Nur in einem System jenseits des Kapitalismus, in einer rätedemokratisch verwalteten Planwirtschaft, können wir diese Krisen lösen! Nur der Sozialismus ist in der Lage ein System zu schaffen, in dem nicht mehr der Profit einiger weniger zählt, sondern die Bedürfnisse vieler! Was uns dabei nicht helfen wird, sind rechte, auf Verschwörungsmythen basierende, Scheinlösungen, die das wahre Problem verkennen und im Gegenteil eine noch unsolidarischere Politik fordern.