Das bedingungslose Grundeinkommen – Die Rettung in Corona-Zeiten?

Anthropoi Philia

Die prekäre Lage, in die viele durch die Corona-Pandemie gebracht wurde, hat die Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen (im Folgenden: BGE) wieder neu entfacht. Auf den ersten Blick klingt das auch erst einmal nach einer vernünftigen, fast sogar linken Idee. Machen, was man möchte und für egal, was es auch sein mag, Geld dafür bekommen? An sich ist das Konzept des BGE ein staatlich ausgezahlter Betrag, den jede Person erhält, egal ob man von seinem Erbe lebt oder auf der Straße.

Viele linke Kräfte positionieren sich hinter diesem Konzept. Andrew Yang trat damit in den USA zur Präsidentschaftswahl an und in der deutschen Partei „die Linke“ wurden bereits 3500 Unterschriften für eine Mitgliederabstimmung gesammelt, um sich als Partei hinter eine Variante des bedingungslosen Grundeinkommens zu stellen, wobei auch ATTAC sich für ein BGE einsetzt. Doch woher kommt das Geld und wie hoch wird es angesetzt? Da gehen die Modelle schnell in verschiedene Richtungen und das erst so einfach klingende Konzept wird zu einem, welches von ziemlich vielen Bedingungen und Voraussetzungen abhängt. Und leicht vergisst man bei all den tollen Phantasien vom selbstbestimmten Menschen mit 1000€ jeden Monat (aktueller Vorschlag in der LINKEN), dass damit Gewerkschaften geschwächt und Lohndumping betrieben werden kann. Unternehmen können weiter Niedriglöhne zahlen, die durch das aus Steuern finanzierte BGE ausgeglichen werden. So können sie an den Löhnen sparen, höhere Profite erwirtschaften und noch dazu sichergehen, dass die Kaufkraft der Lohnabhängigen nicht sinkt. Die Lohnabhängigen finanzieren dagegen aus ihren eigenen Steuern staatliche Unterstützung anstatt den Unternehmen einen höheren Lohn für ihre harte Arbeit abzuverlangen.

Aber blicken wir erst mal in die Vergangenheit und entdecken, dass quer durch das politische Feld das Thema aufgegriffen wurde. Erste praktische Experimente gab es schon in den 70ern in den USA unter Richard Nixon sowie in Kanada. Diese Experimente zeigten hauptsächlich, dass sich kaum etwas bei den unterstützten Bürger_Innen änderte, was allerdings möglicherweise auf die geringe Höhe der Unterstützungen zurückzuführen ist. Nachdem Nixon das Projekt fallen ließ, verschwand es auch erst einmal von der politischen Bildfläche.

Aus diesem Winterschlaf weckte das BGE, nach ein wenig Aufschwung für die Idee in den 2000ern, ein Experiment unter der rechtskonservativen Regierung in Finnland. Daneben gab es auch Feldstudien in Namibia, Uganda, Indien und Kenia. Diese Studien und Experimente kamen im globalen Norden zumeist von liberaler Seite, im globalen Süden sind es oft NGOs, die dort mit relativ geringen Summen Feldstudien durchgeführt haben. Aber auch wenn diese Experimente das Thema vermehrt wieder ins Gespräch bringen, so können sie nur schwer Einblick in eine realistische Praxis bieten, da ihre Laufzeiten begrenzt und das gesamtgesellschaftliche Klima dadurch weitestgehend unberührt bleibt. Was allerdings klar wird, ist, dass nicht nur linke Kräfte sondern auch konservative und neoliberale Vertreter von Kapitalinteressen ein Auge auf das Konzept geworfen haben und sich Chancen ausrechnen, damit an Löhnen und Steuern zu sparen.

So verschieden wie diejenigen, die ein BGE gutheißen, auch sind, so sind es auch die Vorschläge der Finanzierung und der Bedingungen, die an die Umsetzung geknüpft werden. Auf der einen Seite wird die Finanzierung durch massiv erhöhte Mehrwertsteuern vorgeschlagen (je nach Höhe des BGE ungefähr 100-150 %), gleichzeitig sollen im Sinne vielen BGE-Vertreter_Innen (z.B. Götz Werner) dazu nahezu alle anderen Steuern nach und nach abgeschafft werden. Dieses Modell ist eher ein Angriff auf die arbeitende Bevölkerung, da die Mehrwertsteuer untere Einkommensschichten, relativ betrachtet, stärker als höhere belastet. Dass die Abschaffung der anderen Steuern nur den Besserverdienenden zu Gute kommt, ist offensichtlich.

Auf der anderen Seite gibt es die Finanzierung durch eine (negative) Einkommensteuer. Im Konzept der negativen Einkommensteuer gibt es den Vorschlag eines einheitlichen Steuersatzes von neoliberaler Seite. Dieser ist auch bloß ein Tauschvorschlag, der für eine Untergrenze der Armut, die jegliche andere Umverteilung von oben nach unten abschafft, plädiert. Im Gegensatz dazu bieten die linken Modelle meist einen Steuersatz mit Vermögensteuer oder Transaktionssteuer angepassten Steuersatz.

Doch auch wenn man sich auf linke Modelle stützt, ergeben sich Probleme: So öffnet es Neoliberalen und Konservativen weiterhin die argumentative Tür für die Reduzierung der anderen Sozialleistungen, wie zum Beispiel einer weiteren Reduzierung des Arbeitslosengeldes auf das Niveau des BGE. Außerdem besteht die Gefahr, dass der Versuch einer gerechteren Verteilung mit dem BGE durch erhöhte Lebensstandardkosten untergraben werden könnten. Und wie bereits eingangs erwähnt, schwächt es den Arbeitskampf der Gewerkschaften. Die Vorschläge für ein bedingungsloses Grundeinkommen können bestenfalls als schwächlicher Versuch gewertet werden, im Kompromiss mit dem Kapital den Kapitalismus über die eine oder andere Krise zu retten.

Unsere Alternative ist ein Mindesteinkommen, der an den Arbeiter_Innen-Durchschnittslohn und Inflation gekoppelt ist. Das klingt kompliziert, ist aber eigentlich ein einfaches Konzept: Finanziert und umgesetzt werden muss er durch eine Progressivsteuer. Das ist eine Steuer, die mit steigendem Einkommen ebenfalls steigt und mit zu geringen Einkommen sogar negative Steuern ausschüttet. Über eine solche Progressivsteuer wäre es möglich, die Gehälter anzugleichen, den Gewerkschaften frischen Wind in die Segel zu spielen und der größer werdenden Ungleichheit in unserer Gesellschaft entgegenwirken. Gerade jetzt zu Zeiten von Corona wird klar, wie nah die Interessen der Lohnabhängigen, Arbeitslosen und Geflüchteten beieinander stehen und der Kapitalismus zeigt noch deutlicher seine brutalen Mechanismen.

Wir befinden uns in einer weiteren Krise des Kapitalismus. Durch eine Pandemie verlieren unzählige Arbeiter_Innen kurz- oder sogar langfristig ihre Existenzgrundlage, gerade kleine Unternehmen stehen schnell vor dem Bankrott während andere Milliardengewinne einfahren (siehe z.B. Amazon), welche skrupellos Löhne drücken und ausbeuten bis zum Umfallen. Wir müssen in zentralen Aktionstagen und politischen Streiks Druck auf die Gewerkschaften ausüben, die vor dem kapitalistischen Konkurrenzbruch den Schwanz einklemmen (Revo berichtete). Es gilt, die Debatten in der arbeitenden Klasse zu führen und aufzuzeigen, wie die Macht der Konzerne und Milliardär_Innen nichts als Kartenhäuser sind, welche schnell durch Organisation und Solidarität derer zusammenfallen, die sie versuchen, gegeneinander auszuspielen. Nicht das BGE wird uns aus der Corona-Krise retten, sondern Klassenkampf und internationale Solidarität!




Aufruf zum Schulstreik gegen die Öffnung der Schulen!

in Unterstützung des #Schulboykott

Am 14. Mai (14.05.) 2020 um 10 Uhr, also nächste Woche
Donnerstag, rufen die internationalistische, kommunistische Jugendorganisation REVOLUTION
und die antikapitalistische Schulgruppe „Lessing Wird Politisch“ auf,
gemeinsam gegen die Schulöffnungen vor der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend
und Familie (am Alexanderplatz) auf die Straße zu gehen.

Die frühzeitige Öffnung der Schulen ist ein unverantwortlicher
Akt, der die Gesundheit von unzähligen riskiert und eine zweite Welle
der Pandemie provoziert. Auch wenn die Chancen-ungleichheit des E-Learnings in
den Vordergrund gestellt wurde, machen der überhastete Beschluss und die
Durchführung klar, dass durch diese Entscheidung ein rein wirtschaftliches
Interesse
erfüllt wird. Die Schüler_Innen der Abschlussklassen sollen um
jeden Preis ihre Prüfungen bewältigen um dem Arbeitsmarkt zu Verfügung zu
stehen. Gleichzeitig können mehr Eltern protestlos die Arbeit wieder aufnehmen,
desto mehr Schüler_Innen in die Schule zurückgeschickt werden. Dabei werden die
Warnungen seitens Virolog_Innen in den Wind geschlagen und Sicherheitsmaßnahmen
nicht zureichend umgesetzt. Wir müssen diese Entscheidung auch im Zeichen der kommenden
Wirtschaftskrise
sehen, als eine in einer Reihe von vielen Entscheidungen,
die erneut die Schicksale tausender der Rettung der Wirtschaft und damit dem
Interesse einiger Weniger, opfern. Generell und schon gar nicht dafür wollen
wir Schüler_Innen in die Schule gehen und krank werden, nur um das Virus dann
erneut in der Gesellschaft zu verbreiten, unsere Liebsten anzustecken
oder selbst krank zu werden. Wir möchten nicht für eine zweite Welle des Virus
mit verantwortlich sein. Statt uns einfach zurück in die Schule zu
schicken sollte zusammen mit Schüler_innen und Lehrkräften das E-Learning
besser ausgebaut werden – zukünftig und auch heute sollte uns mehr
Mitsprache
im Lehrplan, der Unterrichtsgestaltung und natürlich bei
wichtigen Themen wie der Schulöffnung während einer Pandemie gegeben werden.
Außerdem muss allen Schüler_Innen der Zugang zu lehr- und technischen Mitteln
garantiert werden, um sich in vollem Umfang am Unterricht daheim oder in der
Schule zu beteiligen.

Deswegen ist unsere Antwort Streik – denn nur mit
einem Streik können wir den Druck aufbauen, den es braucht um diese
Entscheidung zu kippen und Forderungen für einen besseren Schulalltag während
und nach der Pandemie durchzusetzen. Der Schulboykott setzt dabei einen guten
Anfang, doch braucht es für den nötigen Druck die Mithilfe der arbeitenden
Bevölkerung, eben die Ausweitung zu einem Streik.

Daher fordern wir:

  • die Rücknahme der überhasteten Schulwiedereröffnung. Die Gewerkschaft  GEW, Vertreter_Innen der Lehrer_Innen, Schüler_Innen, Eltern unter Beratung von Virolog_Innen – nicht  Schulbehörden, Staat oder sog. „Expert_Innen“ müssen darüber entscheiden, wann die Schulen eröffnet werden oder nicht.
  • die Ausstattung aller Schüler_Innen mit kostenlosen digitalen  Endgeräten um die individuelle Teilnahme an den E-learningangeboten zu  gewährleisten, sowie kostenloser Internetzugang. 
  • die freiwillige Versetzung aller Schüler_Innen in die nächsthöhere Klassenstufe. 
  • Absage aller
    Abschlussprüfungen an allen Schultypen und  Anerkennung des Abschlusses
    für alle Schulabgänger_Innen (Abitur, andere  Abschlussprüfungen).
    Abschaffung des Numerus Clausus (NC) an den  Universitäten und freier
    Zugang zur Uni für alle AbgängerInnen. 
  • freiwillige Nachhilfe und
    Unterricht in Kleingruppen, für leistungsschwächere Schüler_Innen, oder solche,
    die das Gefühl haben nicht gut mitzukommen.

Also schließt euch uns am
Donnerstag, den 14.05.2020 um 10 Uhr vor der Senatsverwaltung
für Bildung, Jugend und Familie zu einer Kundgebung an.

Bernhard-Weiß-Straße 6 
(am Alexanderplatz)

Liebe Grüße und wir freuen uns darauf euch mit uns auf der
Straße zu sehen!

REVOLUTION und Lessing Wird Politisch




Gut genug für die Notbetreuung aber nicht für eine gerechte Bezahlung

Interview mit
einer Kindheitspädagogin

Für die viel
gelobten „systemrelevanten Berufe“ gab es bisher nicht viel mehr
als ein bisschen müden Applaus vom Balkon oder aus Merkels
Homeoffice. Wir sprachen mit Clara (Name von der Redaktion geändert),
einer Kindheitspädagogin aus Berlin, um zu erfahren, was eigentlich
in der Kinderbetreuung abgeht und wie sich ihr Arbeitsalltag durch
Corona verändert hat.

REVO: Hey Clara,
vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, mit uns zu sprechen.
Vielleicht kannst du zum Anfang einmal kurz beschreiben, wie die
allgemeine Situation in der Kinderbetreuung so aussieht?

Clara: Gerne! Seit
dem 1. August 2013 hat jedes Kind ab dem vollendeten ersten
Lebensjahr in Deutschland einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz,
der von Kindergärten, Kinderläden und Kindertagespflegepersonen zur
Verfügung gestellt werden soll. Dort werden tausende Kinder
tagtäglich von pädagogischen Fachkräften, welchen, die es noch
werden wollen und Quereinsteiger_Innen betreut, damit sie im sozialen
Miteinander lernen und sich bestmöglich entwickeln können,
Bildungsungleichheiten ausgeglichen werden sollen und Eltern ihren
Erwerbstätigkeiten nachgehen können.

So stellt es die
Theorie jedenfalls dar. Dass es in der Praxis häufig ganz anders
aussieht, wird immer wieder versucht in die Öffentlichkeit zu
tragen. Die Situation für Kinder und Fachkräfte ist oft ziemlich
belastend. Mehr als 90 % mussten in den vergangenen 12 Monaten
zumindest zeitweise mit einer bedenklichen Personalunterdeckung
arbeiten. 94 Prozent der Kitas haben nach Angaben der befragten
Leitungskräfte für unter dreijährige Kinder eine
Fachkraft-Kind-Relation, die hinter der wissenschaftlichen Empfehlung
von 1 zu 3 zurückbleibt. Die Personalsituation in deutschen Kitas
ist also dramatisch. Abstriche bei der Förderung und erhöhte
Haftungsrisiken sind die Folgen.

REVO: Hast du
denn das Gefühl, dass diese Missstände von der Regierung in Angriff
genommen werden?

Da ich davon
praktisch nicht viel merke, habe ich mal im Internet nachgeschaut. In
den Lageberichten auf den Seiten des Bundesministeriums für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend ist die Rede vom lobenswerten Anstieg der
Betreuungszahlen und der auf den Weg gebrachten Gelder und Projekte.

Das, was dort steht,
ist jedoch fernab der tatsächlichen Realität. Mal abgesehen davon,
dass das Augenverschließen vor den Tatsachen schon schlimm genug
ist, spielt dieser Umgang mit der kritischen Situation auch die Lage
der Kinder und Fachkräfte in der frühkindlichen Betreuung extrem
herunter. Diese vorherrschenden Rahmenbedingungen in der
Kinderbetreuung bürgen erhebliche Risiken, da unter anderem das
Empfinden von Stress enorm ansteigt, was die Entwicklung der Kinder
sehr beeinträchtigen kann. Eine individuelle Förderung jedes Kindes
kann unter den derzeitigen Bedingungen in vielen Einrichtungen nicht
gewährleistet werden.

REVO: Deine
Berufsbezeichnung heißt ja genau genommen „Kindertagespflegeperson“.
Was hat es damit auf sich? Sind die Arbeitsbedingungen in diesem
Bereich besser?

Angesichts der
zugespitzten Lage in vielen Kitas ist es für manche Eltern ein
ziemlicher Lichtblick, wenn sie einen Betreuungsplatz bei einer
sogenannten „Kindertagespflegeperson“ erhalten können. In diesem
Modell werden maximal fünf Kinder von einer Person bzw. maximal zehn
Kinder von zwei Kindertagespflegepersonen im Verbund betreut. Im
Vergleich zu Kitas mit bis zu 200 Kindern klingt das sehr harmonisch
und familiär.

Aber auch hier wird
dabei außer Acht gelassen, dass der von frühpädagogischen
Expert_Innen empfohlene Betreuungsschlüssel von Kindern unter drei
Jahren generell bei eins zu drei liegt. Um eine durchgehend
qualitativ hochwertige Bildung und Erziehung zu gewährleisten,
dürften auf eine Tagespflegeperson eigentlich nur drei Kinder
kommen. Da in den meisten Fällen Kindertagespflegepersonen
selbstständig tätig sind, obliegt ihnen die freie Wahl, wie viele
Kinder sie betreuen wollen. Rein theoretisch hätten sie also die
Möglichkeit im Wohle des Kindes zu entscheiden und durch eine
geringere Betreuungszahl eine bestmögliche Entwicklungsumgebung zu
gestalten.

REVO: Doch
vermutlich liegen auch in diesem Sektor Theorie und Praxis weit
auseinander richtig?

Genau, das wollte
ich auch gerade sagen (lacht). Kindertagespflegepersonen werden in
Berlin nicht nach Tarif des öffentlichen Dienstes bezahlt, sondern
pro Betreuungsplatz, den das Jugendamt durch sie an Familien
vermitteln kann. Das Einkommen, welches wir aus unserer
selbstständigen Tätigkeit gewinnen, ist also davon abhängig, wie
viele Kinder wir betreuen. Für ein Kind, welches bis zu sieben
Stunden in einer Kindertagespflege betreut wird, wird in Berlin ein
„Betreuungsentgelt“ von 467€ gezahlt. Seit dem 1.01.2019
wird zusätzlich pro Kind und Monat ein Betrag von 46€ ausgezahlt,
um die pädagogische Vor- und Nachbearbeitungszeit zu entlohnen.
Hinzu kommen noch 220€ „Sachkostenpauschale“ pro Kind,
welche für die Verpflegung, Materialbeschaffung und anderweitige
Ausgaben zur Verfügung stehen, aber nicht als Gehalt gerechnet
werden können.

So beträgt also das
Gehalt für eine Kindertagespflegeperson in Berlin, welche 5 Kinder
von Montag bis Freitag jeweils 7 Stunden betreut 2565€ (brutto).
Bei einer reinen Betreuungszeit von 35 Stunden pro Woche würde das
einem Stundenlohn von 16,65€ entsprechen. Zieht man nun noch
Steuern und Beiträge für die Sozialversicherungen ab, bleibt ein
Netto-Gehalt von 1586,58€.

Eine
Kindertagespflegeperson ist aber neben der Bildung und Erziehung der
ihr anvertrauten Kinder, was die Entwicklungsdokumentation und das
Vorbereiten und Durchführen von Elterngesprächen beinhaltet, auch
für den Einkauf, das Kochen, das Putzen und die Buchhaltung
zuständig. Diese Aufgaben können nicht parallel zur Kinderbetreuung
durchgeführt werden und müssen in der Vor- und Nachbereitungszeit
bewerkstelligt werden. Diese findet aber nur in geringem Maße
Berücksichtigung in der Bemessung der Entgelte. Würde man die
Rechnung nun, unter Beachtung der zusätzlich anfallenden Aufgaben
und dem damit einhergehenden Zeitaufwand von mindestens 5 Stunden pro
Woche berechnen, ergäbe sich ein Brutto-Stundenlohn von ca. 14,57€.

In Berlin werden die
Kindertagespflegepersonen dazu angehalten, vorrangig Kinder im Alter
von 0-3 zu betreuen. Der Bedarf an Pflege, Hilfestellung und
Zuwendung ist in diesem Entwicklungsabschnitt der Kinder besonders
hoch, daher empfehlen Expert_Innen schon den bereits erwähnten
Betreuungsschlüssel von eins zu drei einzuhalten. So kann jedem Kind
die nötige Zuwendung entgegen gebracht, eine stabile Beziehung
aufgebaut und eine Atmosphäre geschaffen werden, welche das Kind in
seinen Entwicklungsprozessen anregt aber nicht überreizt. Würden
wir uns jedoch tatsächlich an diesen Vorgaben orientieren und nur
drei Kinder betreuen, läge unser Bruttogehalt bei 1536€ und damit
unser Stundenlohn bei 8,73€, denn nur die Anzahl der betreuten
Kinder ändert eben nicht die Anzahl der Wochenstunden. Unser
Nettogehalt betrüge dann circa 943€.

REVO: Ihr habt
also die Wahl zwischen guter Betreuung oder einem Gehalt, mit dem ihr
eure Miete bezahlen könnt?

Genauso ist es. Uns
bleibt die Wahl zwischen der Sicherstellung einer durchgängig guten
Betreuungsqualität unter eigenen hohen finanziellen Einbußen am
Rande des Existenzminimums oder der Arbeit unter prekären
Bedingungen für die Entwicklung der Kinder bzw. der eigenen
psychischen Gesundheit in Folge eines hohen Betreuungsschlüssels,
aber dafür mehr Geld.

Bestimmt gibt es
Kindertagespflegepersonen, die die persönlichen Ressourcen mit sich
bringen, auch 5 Kindern eine fördernde und Sicherheit gebende
Betreuung zu bieten. Doch das darf aber nicht Grundvoraussetzung für
alle sein. Es sollte jeder Kindertagespflegeperson möglich sein, für
sich selbst und im Sinne der ihr anvertrauten Kinder zu entscheiden,
welche Gruppengröße möglich und förderlich ist, sodass das Wohl
des Kindes stets im Hauptfokus ihrer Arbeit stehen kann. Das ist aber
nur möglich, wenn die finanziellen Rahmenbedingungen so gestaltet
sind, dass ihre materielle Existenz ab einer Betreuungsanzahl von
drei Kindern gut abgesichert ist. Dann könnte jede
Kindertagespflegeperson im eigenen Ermessen entscheiden, ob die
Gruppe der Größe durch einen zusätzlichen Platz erweitert werden
kann oder nicht, ohne den Druck ihrer eigenen Existenzgrundlage im
Nacken zu haben.

Neben den prekären
finanziellen Rahmenbedingungen kommt hinzu, dass
Kindertagespflegepersonen nicht durch einen Träger geschützt
werden. So kam es letztes Jahr zu Existenzängsten und vielen
Diskussionen in Folge unerwarteter Steuernachzahlungen. Auch sollte
im Zuge des „Guten-Kita-Gesetzes“ seit Anfang des Jahres
unser Gehalt erhöht werden. Doch existieren bis heute keine näheren
Angaben über die Gehaltserhöhung.

REVO: Wie hat
sich euer Arbeitsalltag seit der Corona-Pandemie verändert?

Im Zuge der Pandemie
haben wir noch einmal deutlich gemerkt, welchen gesellschaftlichen
Stellenwert wir haben. Als die ersten Schul- und Kitaschließungen
bekannt gegeben wurden, sollten wir noch weiterhin offen bleiben. Die
offizielle Begründung war, dass das Ansteckungsrisiko ja relativ
gering sei, da nur maximal 5 Kinder von einer Person betreut werden.
Abgesehen davon, dass auch hier ein enormer Pool an Kontaktpersonen
hinzu kommt, gibt es eben auch Großtagespflegestellen, in denen bis
zu 10 Kindern von zwei Fachkräften betreut werden. Es wurde ein
offener Brief an die Berliner Bildungssenatorin Scheeres verfasst, um
die Forderungen nach Gesundheitsschutz zu kommunizieren und eine
Schließung der Kindertagespflegestellen erreicht.

Bei vielen von uns
herrscht jedoch weiterhin eine große Unsicherheit. Aufgrund der
Selbstständigkeit ist unklar, in welchem Maße die Bezahlung in den
nächsten Wochen und Monaten vom Senat gestaltet wird. Bis jetzt
liegen noch keine Informationen dazu vor. Obwohl noch unklar ist, ob
wir weiter Lohn erhalten, kam relativ schnell der Aufruf eine
Notbetreuung anzubieten.

Dass es in diesen
Zeiten ohne Solidarität und Notfalllösungen nicht geht, steht außer
Frage. Aber einer Berufsgruppe, welche immer wieder zurück stecken
muss, nun noch einmal zu zeigen, dass sie als billige
Leistungsbringer gesehen werden, ist einfach nicht haltbar. Die
meisten der Kindertagespflegepersonen sind Frauen, deren Situation
durch diesen Umgang noch weiter prekarisiert wird und auch der Anteil
zur Risikogruppe gehörenden Fachkräfte ist nicht zu unterschätzen.
Viele der Tagespflegepersonen machen ihren Job Tag für Tag, ärgern
sich über einen geringen Lohn und machen trotzdem weiter – den
Kindern zu Liebe! Jetzt werden sie nur dürftig mit Informationen zu
ihrer eigenen Situation versorgt, sollen aber weiterhin das System
mit am Laufen halten.

REVO: Hast du
schon versucht etwas mit deinen Kolleg_Innen gegen diese schlimmen
Bedingungen zu unternehmen?

Ich habe mich mit
einigen dazu ausgetauscht und letztes Jahr waren wir bei
Demonstrationen, um gegen die hohen Steuerrückzahlungen zu
protestieren. Auch nutzen wir immer wieder offene Briefe, um unsere
Anliegen auszudrücken. Aber zu diesen Aktionen kommt es meistens nur
in akuten Fällen, die das Fass zum Überlaufen bringen.
Gewerkschaftlich ist unsere Arbeitsgruppe, glaube ich, nicht so stark
vertreten, da wir ja als Selbstständige zählen. Es gibt jedoch
einige Vereine und Verbände, die versuchen die Arbeitsbedingungen
generell zu verbessern und das Ansehen der Tagespflegepersonen zu
stärken.




Azubis und junge Arbeiter_Innen sind die ersten Opfer der Wirtschaftskrise.

Ronja Keller

Kenne deine Rechte!

Schon vorher hat es sich
abgezeichnet, seit dem dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist es
amtlich: die Wirtschaft in Deutschland gerät in eine massive
Rezession: Geschäfte und Restaurants wurden geschlossen,
Veranstaltungen wurden abgesagt. Für viele Arbeiter_Innen in
Deutschland werden die Arbeitsplätze geschlossen, vielen wird
Kurzarbeit angeordnet oder sie werden sogar entlassen, was hohe
Einkommensverluste mit sich bringt. Die nächste Krise steht bevor
und mit ihr Angriffe auf Arbeiter_Innenrechte. Besonders treffen
diese Angriffe uns Jugendliche und junge Menschen, denn wir sind die,
die als Minijober_innen, Auszubildenden oder Werkstudierenden
arbeiten und somit die ersten, denen gekündigt wird. Oft haben wir
begrenzte Arbeitsverträge und sind meist auch noch nicht allzu lang
in Unternehmen angestellt. Das macht es Unternehmer_Innen leichter,
uns schneller zu entlassen. Diese Entlassungen und Einschränkungen
in unseren Rechten lassen wir uns nicht so einfach bieten! Deshalb
haben wir hier ein paar Tipps, wie du dich gegen solche Angriffe
wehren kannst und welche Rechte du hast.

Was ist eigentlich
Kurzarbeit?

Bei Kurzarbeit werden die
Arbeitszeit sowie der Lohn heruntergesetzt oder komplett ausgesetzt.
Das Arbeitsverhältnis bleibt aber erhalten. Das
Kurzarbeiter_Innengeld wird dabei vom Staat gezahlt und beträgt in
der Regel 60 % des Vollzeitlohns. Ein Recht auf dieses Geld haben
allerdings nur Erwerbstätige, die auch in die
Arbeitslosenversicherung einzahlen. Praktisch heißt das, dass
Werkstudierende, Scheinselbstsständige, Honorarkräfte und
Minijobber_innen in der Regel keine Kohle bekommen, denn mit einem
450 Euro Job zahlt man normalerweise keine Beiträge in die
Arbeitslosenversicherung.

Was tun, wenn
Kurzarbeit angeordnet wird?

Für sogenannte
„Normal-Beschäftigte“ gilt, dass Arbeitgeber_Innen Kurzarbeit
nicht einseitig anordnen dürfen. Der Betriebs- oder Personalrat muss
zustimmen. Wenn es solche Räte nicht gibt, braucht es die Zustimmung
der jeweiligen Arbeiter_Innen. Es kann aber auch sein, dass die
Zustimmung bereits im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Dann braucht
es keine Zustimmung mehr. Wenn ihr einen Betriebsrat habt, sprecht
ihn an, damit dieser nicht gegen euren Willen für euch Kurzarbeit
einwilligt. Stimmt individuell der Kurzarbeit nicht zu! Dann kann
zwar eine Änderungskündigung drohen, aber ihr seid vorerst für
mindestens 4 Wochen finanziell abgesichert. So gewinnt ihr Zeit und
könnt euch immer noch nach Alternativen umschauen. Generell gilt
immer: Nichts unterschreiben ohne rechtlichen Rat!

Als Werkstudierende_r
oder Minijobber_in solltet ihr vom Betriebsrat fordern, dass er für
nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigte der Kurzarbeit
nicht zustimmt. Denn dann besteht zunächst das Recht weiter
beschäftigt und auch dementsprechend bezahlt zu werden. Solange
Arbeitnehmer_Innen ihre Arbeitskraft anbieten, haben sie nämlich das
Recht auf Beschäftigung und Bezahlung des Lohns, auch wenn der
Arbeitgeber die Arbeitskraft nicht annimmt.

Was gilt für
Auszubildende?

Normalerweise bekommen
Auszubildende kein Kurzarbeiter_Innengeld, denn der
Ausbildungsbetrieb ist verpflichtet alles zu tun, um die Ausbildung
weiterhin zu gewährleisten. Dabei darf der Betrieb den
Ausbildungsplan umstrukturieren. Die Ausbildungsvergütung darf nicht
gekürzt werden! Wenn der Betrieb keine Mittel mehr sieht, um die
Ausbildung aufrecht zu erhalten, kann ein Ausfall der Ausbildung in
Frage kommen. Diese Option ist aber das aller letzte Mittel. Wenn es
so weit kommt, haben betroffene Auszubildende Anspruch auf Zahlung
der vollen Ausbildungsvergütung für mindestens sechs Wochen. Nach
Ablauf dieser sechs Wochen können sie ausnahmsweise auch Kurzarbeit
beziehen.

Werden Auszubildende
nicht oder nur mangelhaft ausgebildet, besteht auch ein Anspruch auf
Schadensersatz gegenüber dem Ausbildungsbetrieb. Ausgefallene
Ausbildungsinhalte sollten deshalb unbedingt im Berichtsheft vermerkt
werden! Außerdem kann die Ausbildungseignung des Betriebs
entfallen, wenn dieser während einer anhaltenden Krise zum Erliegen
kommt. Dann sind der Arbeitgeber, die Industrie- und Handelskammer
(IHK) und die Arbeitsagentur verpflichtet, einen anderen
Ausbildungsbetrieb zu suchen. Wenn der Betrieb schließt aber
gleichzeitig die Ausbildungseignung nicht entfällt, dürfen in
Ausnahmefällen Azubis nach Hause geschickt werden. Doch auch hier
muss die Vergütung weitergezahlt werden. Zuhause bleiben darf man
aus Angst vor dem Virus nicht. Aber der Betrieb ist zumindest
verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, um für die Gesundheit der
Beschäftigten zu sorgen(Desinfektionsmittel, Masken, usw.).

Doch was ist, wenn die
Berufsschule geschlossen hat? Bietet deine Berufsschule online
Unterricht an, muss sie oder der Ausbildungsbetrieb die Mittel dafür
(Endgeräte, Programme, …) zur Verfügung stellen. Die Verschiebung
oder den Ausfall von Prüfungen regelt die IHK. Normalerweise ändert
sich dabei nichts an deinem Ausbildungsvertrag außer die Prüfung
wird soweit verschoben, dass sie über den Zeitraum deines
Ausbildungsvertrages hinaus geht. Dann solltest du einen Antrag auf
Verlängerung der Ausbildungszeit stellen.

Zur Übernahmegarantie
bleiben tarifvertragliche Regelungen weiter bestehen, wenn keine
neuen Vereinbarungen im Betrieb getroffen wurden. Dazu ist es
hilfreich sich beim Betriebsrat zu erkundigen!
Übernahmevereinbarungen, die in den letzten 6 Monaten vor Ende der
Ausbildung geschlossen wurden, behalten ihre Wirksamkeit – auch
wenn diese nur mündlich waren!

Darf mir Zwangsurlaub
angeordnet werden?

Auszubildende können
nicht so einfach in Zwangsurlaub geschickt werden, denn Urlaub muss
beantragt werden und darf nicht angeordnet werden. Das gleiche gilt
für Abbau von Überstunden, soweit nichts anderes mit dem
Betriebsrat vereinbart wurde.

Was tun, wenn mir
Mehrarbeit verordnet wird?

Im Sozialschutzpaket zur
Abmilderung der Auswirkungen des Corona-Virus hat die Bundesregierung
massive Einschnitte in die Arbeitszeitbeschränkungen von
Arbeiter_Innen in sogenannten „systemrelevanten Jobs“
vorgenommen. Die tägliche und wöchentliche zulässige Arbeitszeit
wird auf 12 und 60! Stunden angehoben, Ruhezeiten werden verkürzt
und der Anspruch auf Ersatzruhetage von einem Zeitraum von 2 auf 8
Wochen verlängert.

Wenn dir diese Mehrarbeit
verordnet wird, wehre dich dagegen, sprich dich mit deinem
Betriebsrat ab, wie ihr dagegen vorgehen könnt.

Wenn du unter 18 bist,
dann fällst du unter das Jugendarbeitsschutzgesetz. Diese Form der
Mehrarbeit darf dir dann nicht verordnet werden. Arbeitgeber_Innen
drohen hohe Geldstrafen bei Missachtung. Mach sie ruhig darauf
aufmerksam, wenn sie dich zwingen wollen, länger zu machen.

Was tun, wenn die
Kündigung kommt?

Generell gilt immer, dass
die Kündigung schriftlich (nicht per Mail) sein muss. Außerhalb der
Probezeit gilt eine Frist von mindestens 4 Wochen zum Monatsende oder
zur Monatsmitte, in Probezeiten eine Frist von 2 Wochen. Wenn du in
einem Betrieb mit mindestens 10 Vollzeitarbeitnehmer_Innen über 6
Monate beschäftigt bist, gilt das Kündigungsschutzgesetz. Das
heißt, eine Kündigung muss begründet werden und es muss eine
soziale Auswahl also eine Abwägung zwischen der Schutzbedürftigkeit
verschiedener Arbeitnehmer_Innen erfolgen. Bei betriebsbedingten
Kündigungen kann es einen Anspruch auf Abfindung geben, welcher sich
an der Dauer der Beschäftigung orientiert.

Kann Corona ein
Kündigungsgrund sein? Für eine Kündigung braucht es sachliche
Gründe. Das Coronavirus ist aktuell kein Grund für eine Kündigung.
Das Unternehmen darf nicht einfach so auf Vorrat kündigen, nur weil
beispielsweise der Absatz sinkt. Bei einer Stilllegung des Betriebs
ist eine betriebsbedingte Kündigung nur dann gerechtfertigt, wenn
der_die Unternehmer_in nicht mehr in der Lage ist, die Produktion /
Dienstleistung fortzusetzen (z.B. wegen Kündigung von Pachtverträgen
oder Verkauf von Maschinen). Bei einer Infizierung mit dem
Coronavirus ist eine Kündigung auf keinen Fall rechtens. Wenn man
aber fürchtet, sich im Betrieb zu infizieren und deswegen von der
Arbeit fernbleibt, riskiert man eine verhaltensbedingte Kündigung.

Falls es zu einer
Kündigung kommt, heißt es, schnell reagieren und die Kündigung
durch die Gewerkschaft oder einen Anwalt prüfen lassen! Wenn ihr
dagegen vorgehen wollt, müsst ihr innerhalb von 3 Wochen beim
Arbeitsgericht die Klage einreichen.

Wir müssen für
unsere Rechte kämpfen!

Minijobber_Innen und
Werkstudierende haben keinen Anspruch auf Kurzarbeiter_Innengeld und
können momentan gleich gekündigt werden. Prüfungen für
Auszubildende werden verschoben oder fallen aus ohne jegliche
Mitsprache von ihnen. Das Arbeitsrecht für Jugendliche ist eh schon
unzureichend. Dennoch schrecken die Kapitalist_Innen nicht zurück,
sie weiter zu beschneiden. Uns wird niemand was schenken, deshalb
müssen wir unsere hart erkämpften Rechte verteidigen und ausweiten
Wir dürfen uns nicht in die Rolle passiver Zuschauer_Innen drängen
lassen, die nur zusehen, wie ihnen nach und nach Rechte beschnitten
werden.

Deshalb müssen wir in
den bereits vorhandenen Gremien wie Jugend- und
Auszubildendenvertretungen unsere Forderungen herantragen. Es wird
zwar momentan davon abgeraten Jugend- und Auszubildendenversammlungen
durchzuführen und empfohlen, die Termine zu verschieben. Diese
Versammlung ist allerdings ein wichtiges Gremium für die Vertretung
aller Auszubildenden und sollte deshalb nicht einfach runtergefahren
werden. Wenn die Versammlung nicht normal zusammenkommen kann, ist es
immer noch möglich, sie online durchzuführen. In den Jugend- und
Auszubildendenvertretungen sollte demokratisch bestimmt werden, wie
produziert wird und welche Maßnahmen in der Corona-Krise im Betrieb
für alle Auszubildenden und junge Beschäftigte getroffen werden
sollen.

Da wir als Jugendliche
allein nicht genügend Einfluss haben, um über die ganze Produktion
zu bestimmen, müssen wir auch gemeinsam eine Verbindung zur
Arbeiter_Innenklasse schaffen und gemeinsam gegen die Angriffe der
Kapitalist_Innen kämpfen und zwar durch Organisation und
Massenstreiks. Die Gewerkschaftsführungen haben aktuell nur
„Burgfriedenspolitik“ und den nationalen Schulterschluss mit den
Kapitalist_Innen anzubieten und brauchen Druck aus der Basis (Revo
berichtete:
http://onesolutionrevolution.de/linke-politik-in-der-pandemie-teil-1%ef%bb%bf/)
Denn wenn wir sicherstellen wollen, dass Millionen keinen Lohn- und
Einkommensverlust erleiden, dann werden wir kämpfen müssen. Wir
brauchen Organisierung und gemeinsame Streiks zur Verteidigung
unserer Interessen. Wir benötigen Kampforgane wie Aktionskomitees
und Organe der Arbeiter_Innenkontrolle, die demokratisch legitimiert
und ihrer Basis rechenschaftspflichtig sind. Wir müssen den
Gewerkschaften Druck machen, sich für einen betriebsübergreifenden
Arbeitskampf und politische Streiks einzusetzen.

Unsere Forderungen für
jugendliche Lohnabhängige

  • Lohnfortzahlung
    für alle Beschäftigten und zwar aus den Profiten der Unternehmen
    statt Kurzarbeiter_Innengeld
  • Entlassungsverbote
    und Übernahmegarantie für alle Auszubildenden
  • Keine Aussetzung der
    Arbeiter_Innenrechte durch Erlasse und Selbstermächtigung von
    Unternehmen durch Anordnung von Mehrarbeit, Home-Office,
    Wochenendarbeit, Versetzung und Zwangsurlaub
  • Stattdessen mehr
    Kontrollausschüsse in den Unternehmen
  • Aussetzung aller
    Miet- und Kreditzahlungen für alle Auszubildenden, Studierenden und
    sonstige Lohnabhängige.
  • Verteidigung des
    Streik-, Versammlungs- und Demonstrationsrecht
  • Für das Recht auf
    politische Streiks,
  • Für die
    Organisierung von flächendeckenden Streiks gegen die aktuellen
    Angriffe auf die Arbeitszeitregelungen
  • Demokratische
    Abstimmung der Auszubildenden in Auszubildendenvertretungen über
    den weiteren Verlauf ihrer Ausbildung und Verschiebungen von
    Prüfungen



Die Rote Armee – Befreiungsarmee gegen den Faschismus

Wilhelm Schulz

Am 9. Mai jährt sich zum 75. Mal der Sieg der Sowjetunion über den deutschen Faschismus. Die Rote Armee stellte hierbei eine besondere, gar die bedeutendste Kraft in der Befreiung vom Faschismus dar. Sie kämpfte an der sogenannten Ostfront fast vier Jahre lang. Hier wurden der Wehrmacht die stärksten Verluste zugefügt, die Sowjetunion hatte mit rund 25 Millionen Toten die größten Opferzahlen des Krieges zu beklagen, ein Großteil waren zivile Verluste.

Heute werden die
Leistungen der Roten Armee zumeist gegenüber denen der
Westalliierten heruntergespielt oder „vergessen“, deswegen werden
wir hier auf diese Leistungen eingehen und damit verbunden die
Sowjetunion als eine außerordentliche Kriegspartei beleuchten.

Die Rote Armee

Sie wurde am 28.
Januar 1918 gegründet, um die Errungenschaften der Oktoberrevolution
gegen die die kapitalistische Weiße Armee zu verteidigen. In der
Eidesformel verpflichtete sie sich der internationalen
sozialistischen Revolution. Die Rote Armee war keine bürgerliche
Armee. Die innere Hierarchie wurde auf das Nötigste begrenzt, z.B.
gab es keine Unterschiede in den Uniformen. Die Rotarmist_Innen
konnten ihre Vertreter_Innen wählen und es gab demokratische
Kongresse, dies wurde jedoch bereits Anfang der Zwanziger aufgrund
des schweren Krieges gegen die Weiße Armee ausgesetzt. Bis 1925 war
Leo Trotzki der Volkskommissar für Kriegswesen. Zu Zeiten des
Bürger_Innenkriegs gab es auch weibliche Kommissarinnen, ein
bekanntes Beispiel ist Larissa Reissner.

Doch mit dem Sieg der
Konterrevolution durch Stalins Bürokratie in der Kommunistischen
Internationalen (KomIntern) und der Sowjetunion (SU), wurden diese
Errungenschaften angegriffen. Die Rangzeichen wurden wieder
eingeführt. Die Eidesformel wurde so verändert, dass fortan auf das
Vaterland statt auf die internationale Befreiung der Arbeiter_Innen
geschworen wurde. Im Rahmen von
Stalins Säuberungen (u.a. Moskauer Prozesse) wurden knapp ein
Viertel der Offiziere bis zur untersten Ebene abgesetzt oder
ermordet, was für die Rote Armee eine deutliche Schwächung im Kampf
gegen den Faschismus bedeutete.

Die Sowjetunion im zweiten Weltkrieg

In
der Zeit von 1928 bis ’33 lehnte die bürokratisierte KomIntern jede
Einheitsfrontpolitik mit der Sozialdemokratie ab und verleumdete die
SPD als „Zwillingsgesicht des Faschismus“. Die Folge war eine
Isolation der Kommunist_Innen und der Sieg Hitlers über die deutsche
Arbeiter_Innenbewegung.

Anstatt daraus eine korrekte Einheitsfrontpolitik als Lehre zu ziehen, arbeite die KomIntern nach 1933 nicht nur mit der Sozialdemokratie zusammen, sondern auch mit angeblich progressiven Teilen der Bourgeoisie – ohne offenen politischen Kampf zu führen. Auch das führte zu Niederlagen wie z.B. in Spanien 1939 gegen den Franco-Faschismus.

Am
24. August 1939 unterzeichnete die SU den
Ribbentrop-Molotow-Nichtangriffspakt, auch bekannt als
Hitler-Stalin-Pakt. Dieser verschaffte der SU zwar Zeit bis zu ihrem
wirklichen Kriegseintritt, jedoch auf Kosten der Niederschlagung
weiter Teile Osteuropas, darunter die Aufteilung Polens zwischen der
SU und Nazi-Deutschland. Das NS-Regime überfiel am 22. Juni 1941 die
SU und beendete somit den Pakt. Zwei Tage später propagierte die
Prawda (sowjetische Tageszeitung) den „heiligen Krieg“ – später:
„Großer vaterländischer Krieg“ – gegen das „faschistische
Böse“. Die Losung der sozialistischen Revolution gegen den
Faschismus wurde nicht aufgeworfen. Hingegen wurde in der
faschistischen Propaganda der Krieg in Osteuropa als „Rassenkrieg“
dargestellt.

Bis
zum Sieg der Roten Armee in Stalingrad im Februar 1943 befand sich
die SU weitgehend in der Defensive, sodass die Wehrmacht kurz vor
Moskau stand. Mit dem heldenhaften Sieg in Stalingrad wendete sich
das Blatt und die Wehrmacht konnte über die kommenden Jahre bis nach
Berlin zurückgedrängt werden. Hier ist auch die Bedeutung der
Partisan_InnenkämpferInnen hervorzuheben, die in den vom deutschen
Faschismus besetzten Gebieten im Widerstand standen und dabei oftmals
ganze Divisionen banden.

Die
gigantischen Potentiale der Planwirtschaft, selbst in ihrer
bürokratischen Abart, zeigte die kurzfristige Reorganisation der
Produktion beim Ausbruch des zweiten Weltkriegs. Nicht nur die
Produktion wurde schnell auf Kriegsmaschinerie umgerüstet, sondern
auch 1.300 Betriebe innerhalb weniger Jahre weg von der drohenden
Front in den Osten des Landes verlagert.

Am
8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht bedingungslos gegenüber den
Westmächten und dann am 9. Mai gegenüber der Sowjetunion. Der
imperialistische Vernichtungskrieg kostete 60 Millionen Menschen das
Leben. In seinem Schatten fand die verbrecherische industrielle
Massenvernichtung politischer Gegner_Innen und vor allem von
Jüd_Innen in der Shoa statt.

KASTEN: Die Rote Armee und die Frauen

Etwa 800.000 Frauen kämpften in der Roten Armee, ob im Heer, in der Luft, zur See oder im Innendienst. Ab 1941 begann die Anwerbung von Frauen, die bis dato die „traditionellen Männerberufe“ an der „Heimatfront“ übernehmen sollten, zuerst nur in Zuarbeit als Funkerinnen oder Sanitäterinnen, wurde ab ’42 die Ausbildung ausgeweitet. Die Möglichkeit für Frauen für einen, wenn auch degenerierten, Arbeiter_Innenstaat zu kämpfen, ist eine Errungenschaft, die keine andere Armee in dieser Form freiwillig einführte. Es gab aber auch negative Seiten. So mussten sich Frauen vor allem gegenüber den männlichen Rotarmisten und deren Vorurteilen durchsetzen. Viele gingen aus Angst vor Vergewaltigungen und Übergriffen ‚Liebesbeziehungen‘ ein. So stellte die Menstruation als auch ihr Ausbleiben im Gefecht eine hohe Gefahr für die Soldatinnen dar. Nach dem Krieg hielten viele ihre Vergangenheit geheim, um weiterhin als heiratsfähig, somit weiblich, zu gelten. Ausführlicher hierzu, aber auch zu Heldinnentaten, können wir „Der Krieg hat kein weibliches Gesicht“ von Swetlana Alexijewitsch empfehlen.

Die Rote Armee gegenüber zivilen Frauen

Es wird geschätzt, dass zwei Millionen Frauen und Mädchen im Zuge der Felderoberungen der Roten Armee Vergewaltigungen zum Opfer gefallen sind. Dies ist ein abscheuliches Verbrechen und zeigt die Verrohung der Roten Armee im Krieg, doch im Nachhinein wurde dies oft als antikommunistisches Argument benutzt, indem es verzehrt dargestellt wird, denn die Gewalttaten der Faschisten und des gesamten imperialistischen Krieges waren unbeschreiblich und haben erst zu dieser Verrohung beigetragen.

Der Umgang unter den Rotarmisten mit Frauen ist ein Beispiel für den Bruch mit der alten Eidesformel des Rates der Volkskommissare, hier hieß es u. a. „Ich verpflichte mich, mich selbst und die Genossen von Handlungen abzuhalten, die die Würde eines Bürgers der Sowjetrepublik herabsetzen, und mein ganzes Tun und Denken auf das große Ziel der Befreiung aller Arbeitenden zu richten.“

Rote Armee eine besondere Kraft

Die
Sowjetunion war keine Kriegspartei wie die anderen kapitalistischen
Staaten. Die Politik der anderen Alliierten bestätigt das: Neben dem
Sieg über den Faschismus (der in erster Linie eine wild gewordene
imperialistische Konkurrenz darstellte) war auch die Schwächung der
Sowjetunion ihr Ziel. Die SU war zu dieser Zeit ein sogenannter
degenerierter Arbeiter_Innenstaat: Die Fabriken und Ländereien waren
zwar verstaatlicht und die Bourgeoisie entmachtet, jedoch lag die
Kontrolle über die Produktionsmittel nicht in den demokratischen
Händen der Arbeiter_Innen, sondern in denen einer Bürokratie. Diese
verfolgte ihre eigenen privilegierten Interessen und wurde so zu
einem Hindernis in der internationalen Revolution. Vielmehr ging es
der Bürokratie um einen Kompromiss mit dem Imperialismus – der
Hitler-Stalin-Pakt, aber auch die Zusammenarbeit mit den Alliierten
zeigen das. Dies bedeutete einen Verrat an der Losung Lenins der
„Umwandlung des
gegenwärtigen imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg
[,
als] […]

die einzig richtige proletarische Losung.“

Wir kritisieren dabei nicht die taktisch-militärischen Absprachen,
sondern die politische Dimension dieses Paktes. Letztlich schloss die
Bürokratie ihren Frieden mit dem Kapitalismus auf Weltebene.

Im
Februar 1946 wurde die Rote Armee in Sowjetarmee umbenannt, was den
falschen Frieden der Sowjetunion mit dem kapitalistischen Ausland
unterstreicht. Leo Trotzki analysierte in seinem Werk „Die
verratene Revolution“ von 1936 die Sowjetunion als einen
degenerierten Arbeiter_Innenstaat, in der die Bürokratie der
Arbeiter_Innenklasse die politische Macht entrissen hat. Die SU
verharrte in einem Zwischenstadium zwischen Kapitalismus und
Sozialismus und in nationaler Isolation. Dieser Zustand musste
entweder zum Sturz der Bürokratie durch eine politische Revolution
mit Wiedereinführung einer Arbeiter_Innendemokratie und zur
Internationalisierung der Revolution führen oder zur
konterrevolutionären Restauration des Kapitalismus – die 1989
eintrat.

Trotzdem
war die Sowjetunion mit dem vergesellschafteten Eigentum eine
historische Errungenschaft, die es auch für Internationalist_Innen
und Gegner_Innen Stalins zu verteidigen galt. Deshalb war auch der
Kriegseintritt berechtigt und notwendig. Er führte zur Zerschlagung
des Faschismus als Rammbock gegen die Arbeiter_Innenbewegung,
beendete den Völkermord und erhielt zeitweilig die Errungenschaften
der Oktoberrevolution. Deshalb sagen wir, damals, wie heute: Dank
euch ihr Sowjetsoldat_Innen!




Corona ist nicht die Heilung der Natur!

Yuna Hibbelig

,,Humans are the virus, corona is the cure.” (deutsch: Menschen sind das Virus, Corona ist die Heilung) Sprüche wie diese sind innerhalb der Umweltbewegung auf social media-Kanälen und online häufig vertreten – doch so eine Position finden wir ziemlich fascho. Warum? Weil es die Begründung enthält, dass es bestimmte Menschen verdient hätten, an Covid-19 zu sterben, während andere dann eine menschenleerere und angeblich ökologischere Erde genießen könnten. In dieser Aussage steckt also, dass das Leben einiger Menschen nicht so viel wert ist, wie das Leben anderer. Zum Beispiel Älterer und Risikogruppen sowie Menschen aus Ländern mit schlechteren Gesundheitssystemen bis hin zu Geflüchteten, die wie zum Beispiel in dem Geflüchtetencamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos, auf engstem Raum ausharren müssen. Diese Menschen sollen also sterben, um die Erde zu heilen.

Es wird dabei
außerdem unsichtbar gemacht, wie und warum gerade diese Menschen in
Lebenssituationen gedrängt wurden, in denen sie besonders von der
Pandemie betroffen sind. So wurde das Gesundheitssystem in
Deutschland jahrzehntelang heruntergespart, sodass nun nicht mehr
genügend Intensivbetten, Schutzkleidung und Beatmungsgeräte für
alle Erkrankten da sind. In anderen Ländern hat Deutschland fleißig
mitgeholfen, Spardiktate zu verhängen, sodass diese auch dazu
gezwungen wurden, ihre Gesundheitssysteme abzubauen und zu
privatisieren. Deutschland hat sie zusammen mit der Troika oder dem
IWF mit Krediten erpresst und so selber viel Geld verdient. Menschen
in ärmeren Regionen werden durch die Ausbeutung ihrer Heimatländer
dazu gezwungen, auf weitaus engerem Raum zu leben und haben häufig
keinen Zugang zu fließendem und sauberem Wasser, um sich an die
Hygienevorschriften zu halten. Versuchen sie vor diesen
Lebensbedingungen zu fliehen, werden sie an den europäischen
Außengrenzen zu Tausenden in Lager gesteckt und angesichts der
drohenden Pandemie ihrem Schicksal überlassen. Auch sind Menschen in
sogenannten „systemrelevanten“ Berufen stärker gefährdet, als
Menschen, die von zu Hause aus arbeiten können. Gleichzeitig sind
diese Berufe (wie z.B. Reinigungskraft oder Einzelhandel) oft die,
die von Frauen gemacht und schlechter bezahlt werden. Werden Menschen
in Ländern mit schlechterer medizinischer Versorgung oder mit
weniger finanziellen Mitteln zur Verfügung krank, sind ihre Chancen
darauf gesund zu werden weitaus geringer. Vor Allem in Ländern ohne
Krankenkassenvorsorge, wo die Menschen privat für ihre Behandlung
aufkommen müssen, wie den USA, sieht man dies besonders deutlich.
Dementsprechend sind nicht alle Menschen gleichmäßig von dem
Coronavirus betroffen, sondern die, die am meisten unter
Unterdrückung und Ausbeutung leiden. Und nun wird von diesen wird
nun auch noch verlangt zu sterben, damit sich der Rest ein geiles
Leben im Grünen machen kann.

Die vermeintliche „Überbevölkerung“

Die Rede von der
Überbevölkerung der Welt ist nichts Neues, sondern wurde schon
immer von Rechten und Herrschenden als Rechtfertigung genutzt. Die
Idee von der „Überbevölkerung“ kam auf, als sich der
Kapitalismus in Europa ausgebreitet hat und immer mehr Menschen der
Arbeiter_Innenklasse an Überausbeutung und Verelendung starben. Die
Herrschenden erklärten einfach, dass sowieso zu viele Menschen auf
der Welt leben würden und es deshalb schon ok wäre, wenn einige
davon wegsterben. Stattdessen waren die Arbeiter_Innen ja nur so arm,
weil die Kapitalist_Innen sich alle Profite in die eigenen Taschen
steckten. Da sich die Arbeiter_Innenklasse jedoch durch viele Kämpfe
einen gewissen Status erobern konnte, mussten die Herrschenden ihre
Theorie ein wenig umformulieren. Aktuellere Übervölkerungstheorien
besagen nun, dass wir weiterhin zu viele Menschen auf der Erde sind,
und deshalb einige sterben müssen, um wieder genügend Platz oder
Ressourcen wie Nahrungsmittel zu haben. Wenn sich gefragt wird, wer
sterben soll, wird heute vor allem auf die ärmeren Länder geschaut,
in welchen tatsächlich mehr Menschen auf engerem Raum leben. Das
liegt aber nicht unbedingt an der Menge der Menschen, sondern wie die
Ressourcen auf unserem Planeten aufgeteilt sind. Es gibt also eine
ungleichmäßige Aufteilung an Ressourcen wie Nahrungsmitteln, keinen
Mangel an diesen.

Zudem ist dieses
Denken zum einen ist zutiefst sexistisch, da Frauen in Ländern mit
einer höheren Bevölkerungszahl vorgeworfen wird, sie sollen weniger
Kinder bekommen, da sie ja sonst Schuld an der Übervölkerung
trügen. Zum anderen lässt es den Gedanken vollkommen aus, dass
manche Menschen viele Kinder benötigen um in einer kapitalistischen
Gesellschaft, in welcher sie die Benachteiligten sind, zu überleben.
Warum sollen die Menschen in den Ländern mit höheren Geburtsraten,
welche am meisten von Globalisierung und Ausbeutung betroffen sind,
wegen einer vermeintlichen „Übervölkerung“ auf gewisse
Vorteile, die andere Länder schon haben, verzichten und Opfer
bringen müssen, um unter Anderem gegen die Klimakrise und
Ressourcenknappheit vorzugehen.

Die Umweltbewegung braucht einen Klassenstandpunkt!

Doch wie konnte
sich so eine rassistische und sexistische Kackscheiße gerade in der
Umweltbewegung ausbreiten, die doch eigentlich für eine gute Sache
kämpft? Paradoxerweise gab schon immer eine Offenheit in der Rechten
für ökologische Positionen. Ihnen geht es jedoch dabei nicht um die
Erhaltung des Planten und Klimagerechtigkeit, sondern um die
Erhaltung ihres „Volkes“. Ihre obskuren Abstammungstheorien
erklären sie damit, dass jedes „Volk“ mit seinem Land
„verwurzelt“ sei. Im Nationalsozialismus wurde das die
„Blut-und-Boden-Ideologie“ genannt. Doch das ist einfach nur
faschistische Propaganda. Im Nationalsozialismus wurde sich praktisch
kaum um die Natur gekümmert. Auch in bürgerlich-konservativen
Kreisen entstand ein Wunsch nach verbessertem Umgang mit der Natur,
damit man den Wochenendausflug am Meer so richtig schön genießen
kann. Doch den muss sich erst einmal leisten können.

Fridays for Future, Extinction Rebellion oder Ende Gelände sind alles coole Bewegungen, die viel auf die Beine stellen. Jedoch werden sie entweder von NGOs oder Einzelpersonen angeführt, die keinen Klassenstandpunkt haben. Das heißt, dass sie sich nicht auf die Arbeiter_Innenklasse beziehen und nicht die Überwindung des gesamten Kapitalismus anstreben. Das wird dann wiederum zum Einfallstor für rechte Ideologien wie die Überbevölkerungstheorie, wie sie zuletzt in einzelnen XR-Ablegern aufgetaucht ist.

Kapitalismus ist das Problem – nicht der Mensch

Für uns als
REVOLUTION ist eins klar: Der Grund für Umweltzerstörung und
Klimaerwärmung ist nicht die Menschheit oder unser Wesen an sich,
sondern der Kapitalismus und dessen Ausbeutung der Menschen und des
Planeten. Der Kapitalismus ist also das Problem – nicht der Mensch
an sich. Doch die Überbevölkerungstheorie geht davon aus, dass alle
gleichwertig an der Klimakrise Schuld hätten. Natürlich ist das
falsch, denn die Schäden an unserem Klima werden vor Allem durch die
kapitalistische Produktionsweise und deren ständigen Kampf um
Profitwachstum gefördert. Außerdem geht sie davon aus, dass der
Mensch kein Teil der Natur wäre, was falsch ist. Der Mensch stammt
von Tieren ab und kann wie alle Lebewesen auf diesem Planten nur
durch die Wechselwirkung mit der Natur überleben. Da er eigentlich
ziemlich schwach ist, muss er das, mit anderen Menschen zusammen,
tun. Die Bearbeitung der Natur ist also eine natürliche Aufgabe des
Menschen, um zu überleben. Wie das jedoch genau passiert ist eine
politische Frage, die damit zusammenhängt, wie der Mensch, die
Gesellschaft, in der er lebt, organisiert. Aktuell sehen wir da nur 2
Optionen: Sozialismus oder Barbarei.

Barbarei
bedeutet, dass der Entwicklungsstand der Produktivkräfte auf ein
Niveau unter dem Kapitalismus zurückfällt. Konkrete Szenarien oder
Beispiele dafür wären Naturkatastrophen in Folge des Klimawandels,
ein Welt-/Atomkrieg oder eben eine Pandemie (die auch Folge des
Klimawandels sein kann). Eine Welt in solchen Szenarien hängt oft
zusammen mit Hungersnot und grundsätzlich verschlechterten
Umständen. Eindeutig keine coole Option.

Stattdessen
lohnt es sich, für eine sozialistische Revolution zu kämpfen und
die kapitalistischen Widersprüche positiv aufzuheben, indem
man die Gesellschaft an den Bedürfnissen des Proletariats und
dementsprechend an den Bedürfnissen der Menschheit (und damit auch
den Bedürfnissen der Natur, denn eine intakte Natur ist ein
menschliches Bedürfnis) ausrichtet. Stattdessen für Corona und eine
Dezimierung der Menschheit einzutreten ist nur eine reaktionäre
Verschiebung des Problems und keine gute, langfristige Lösung.




Linke Politik in der Pandemie?! (TEIL 1)

Florian Hiller

In
einem anderen Artikel haben wir bereits die Gefahren analysiert, wie
rechte Parteien und faschistische Strukturen die Corona-Krise für
sich nutzen könnten. Pünktlich zum 1. Mai, dem internationalen
Kampftag der Arbeiter_Innenklasse, startet nun unsere Artikelreihe
zum Thema linke Politik in Zeiten von Corona. In 3 Teilen wollen wir
untersuchen, welche Fragen sich welche Teile der Linken stellen, was
sie fordern und wie sie ihre Forderungen umsetzen. Los geht es heute
mit dem 1. Teil zum Thema Gewerkschaftspolitik.

Was
macht die Klasse?

Die
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in Deutschland sind noch nicht ganz
zu erfassen. Die aktuellste Erhebung der Arbeitslosenzahl geht auf
den 12. März zurück, also bevor in Deutschland das Corona-Virus so
stark ausbrach. Fest steht allerdings bereits, welche Maßnahmen
ergriffen werden: Die Bundesregierung setzt, wie schon bei der
Finanzkrise ab 2008/2009, auf Kurzarbeit. Das bedeutet, dass der_die
Arbeiter_In nur noch maximal 67% ihres Gehalts bekommt, nach einer
neuen Regelung erhöht sich der Prozentsatz aber nach 4 Monaten auf
77 % und nach 7 Monaten auf 80% . Zum 14. April haben bereits 725.000
Betriebe Kurzarbeit angemeldet. Das sind jetzt schon 30 mal so viel
wie 2009. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass es im Verlauf dieses
Jahres auch zu Massenentlassungen kommen kann. Wer sich davon ein
Bild machen möchte, schaue auf die Zahlen der USA. Dort haben
innerhalb von einem Monat mehr als 26 Millionen Menschen ihren Job
verloren. Das sollte uns aber nicht zu dem Gedanken verleiten lassen,
in Deutschland würde, anders als in den USA, im Sinne der
Arbeiter_Innenklasse gehandelt werden. Das Kurzarbeiter_Innengeld
wird ebenso wie die Finanzhilfe für klamme Unternehmen über
Arbeitslosenversicherung bzw. Steuern finanziert – die Kosten also
überwiegend auf die ArbeiterInnenklasse und Mittelschichten
abgewälzt.
Während viele Arbeiter_Innen aufgrund von
Lohneinbußen um ihre Existenz bangen, lockerte die Bundesregierung
das Arbeitsschutzgesetz damit Unternehmen ihre Arbeiter_Innen länger
zur Arbeit zwingen können. Dabei soll nicht nur die
Höchstarbeitszeit auf 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche
angehoben werden, sondern gleichzeitig die Ruhezeit von 11 auf 9
Stunden verkürzt werden. Besonders unterdrückte Teile unserer
Klasse wie Frauen, Migrant_Innen, LGBTIA und Jugendliche sind noch
zusätzlich von den Folgen betroffen. So sind wir häufig die ersten
die entlassen oder in prekäre Beschäftigungsverhältnisse gezwungen
werden. Auch müssen wir die aktuell besonders sichtbaren akuten
Mängel im Gesundheitssystem als Angriffe auf unsere Klasse
verstehen, da dieses über Jahrzehnte hinweg zu Spottpreisen an
private Investor_Innen verkauft wurde. Ebenso trägt die Tatsache,
dass beispielsweise Schulen wieder eröffnet werden sollen aber das
Demonstrationsrecht weiter eingeschränkt bleibt, einen klaren
Klassencharakter, da uns hier Rechte genommen werden, die sich die
Arbeiter_Innenklasse lange erkämpfen musste, während gleichzeitig
Unternehmensprofite über unsere Gesundheit gestellt werden.

Sozialpartnerschaft,
Standortnationalismus und rassistische Ausgrenzung

Damit
sind nur die schärfsten Angriffe auf die Arbeiter_Innenklasse
genannt. Angesichts der Situation müssten doch diejenigen, die die
Arbeiter_Innenklasse vertreten wollen, laut aufschreien –

angefangen
mit den Gewerkschaften. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB)
verkündetet bereits Mitte März: „Die
Sozialpartner stellen gemeinsame Verantwortung in der Coronakrise
über Differenzen“. Diese Aussage klingt erst einmal ganz nett aber
zeigt bei genauerem Hinschauen sein wahres Gesicht: Im Klartext
bedeutet das nämlich, dass sich die Gewerkschaften (als einer von 2
Sozialpartnern) nicht gegen die geplanten Angriffe der Unternehmen
(dem anderen Sozialpartner) wehren werden und alles hinnehmen,
solange es nur dem ach so tollen Wirtschaftsstandort Deutschland
nutzt. Ganz in diesem Sinne wirkt die Internetseite des DGB eher wie
ein Informationsportal, das die kommenden Einschnitte für
Arbeiter_Innen erklärt, aber nicht wie ein Sprachrohr für eine
kämpferische Arbeiter_Innenklasse. Sozialpartnerschaft bedeutet
also, dass die „Arbeitnehmer_Innen“ gemeinsam mit den
„Arbeitgeber_Innen“ als Sozialpartner kooperativ Entscheidungen
treffen. Was als Stütze einer sozialen Politik verkauft wird, führt
letztendlich vor allem dazu, dass die Klassengegensätze verschleiert
werden. Die einen entlassen, um Kosten einzusparen, die anderen
lassen es mit sich machen. Unterdrücker_In und Unterdrückten wird
ein gemeinsames Interesse zugeschrieben, so auch jetzt, wenn davon
gesprochen wird, dass wir vor Corona alle gleicht wären und wir
gemeinsam (gemeinsam endet dabei auch an den Nationalstaatsgrenzen)
durch diese Krise gehen müssen. Diese Politik wird auch als
„Burgfriedenpolitik“ bezeichnet. Der Begriff entstand im 1.
Weltkrieg, als die Regierung die Bevölkerung davon überzeugen
wollte, dass Sie in den Krieg ziehen müsste, um das „Vaterland“
zu verteidigen. Bis auf den linken Teil um Karl Liebknecht und Rosa
Luxemburg, schloss sich die SPD damals dieser nationalistischen
Politik an und sprach auch damals von einem „gemeinsamen
Interesse“, das vor die Differenzen gestellt werden muss.
Belege
dafür, dass es aktuell vor allem um die Interessen der Unternehmen
geht, gibt es genug (wie bereits im ersten Teil beschrieben):
Kurzarbeiter_Innengeld, 12-Stunden-Tag, aber auch viele andere
Probleme, die damit einhergehen, wie zum Beispiel die Frage wie
Geringverdiener_Innen ihre Miete in Zukunft zahlen sollen.
Die
IG Metall feiert sich derweil, dass sie die Erhöhung des
Kurzarbeiter_Innengeldes mit ausgehandelt hat. Wie mit dem Loch in
der Arbeitslosenversicherung, das dadurch entsteht, umgegangen werden
soll, wird dabei jedoch nicht geäußert.
Aber nicht nur, dass
die Gewerkschaften ungenügend auf die Angriffe durch die
„Corona-Maßnahmen“ reagieren, werden auch andere Kämpfe, die
schon vor Corona liefen, ausgesetzt. In der Automobilbranche sind
nämlich schon seit letztem Jahr Arbeitsplätze bedroht. Darüber
sollte auch in der aktuellen Tarifrunde gesprochen werden, diese
wurden jetzt aber abgesagt.
Die Niederlegung von Streiks und
Tarifverhandlungen trifft auch andere Branchen, wie zum Beispiel die
Arbeiter_Innen aus der Ernährungsindustrie in Sachsen, die zuletzt
Aufmerksamkeit erregten, weil sie zum ersten Mal seit der Wende
streikten, um für einen gleichen Lohn für die Beschäftigten im
Osten zu kämpfen. In Betrieben im Westen verdienen Menschen für die
gleiche Arbeit bis zu 760€ mehr im Monat. Alle Arbeitskämpfe
wurden nun abgesagt.
Auch abgesagt wurden alle Veranstaltungen
vom DGB zum 1. Mai. Was auf den ersten Blick als Aufgabe des
wichtigsten Kampftages der Arbeiter_Innenklasse erscheint, ist
letztendlich nur konsequent. Von Klassenpolitik haben sich die
Gewerkschaften, aber auch SPD und die Linke sowieso schon lange
verabschiedet. Bierzeltpartys müssen nun wirklich nicht sein in der
aktuellen Situation. Für alle anderen, die diesen Tag nutzen wollen,
um für die Arbeiter_Innenklasse zu kämpfen, ist dies natürlich
eine traurige Entscheidung.

Klassenkampf
ist möglich!

Dass
es auch anders gehen kann zeigen Beispiele in Italien. Nachdem die
Regierung verkündete, dass alle Firmen schließen sollen, die nicht
„systemrelevant“ seien, kam es in einigen Fabriken zum Streik.
Denn das Label „systemrelevant“ wurde hier sehr großzügig im
Interesse der Kapitalist_Innen verliehen, sodass ArbeiterInnen aus
der Metall- und Chemieindustrie zum Streik aufriefen, unterstützt
von den Gewerkschaften.
Auch in Spanien kam es zu ähnlichen
Situationen. Dort legten 5000 Arbeiter_Innen eines Mercedes-Werks die
Arbeit nieder, um die Schließung zu erzwingen. Währenddessen riefen
auch Mieter_Innengewerkschaften zum Streik gegen fehlende
Notmaßnahmen der sozialdemokratischen Regierung auf.
Das zeigt
auch, dass Hoffnungen auf anhaltende Verbesserungen durch Reformen
von Sozialdemokrat_Innen und Linkspopulist_Innen vergeblich sind, da
sie letztendlich der Profitlogik eines globalisierten Kapitalismus
nicht entkommen können.

Für
einen konsequenten Internationalismus!

Was
all den linken Kräften besonders fehlt ist ein
internationalistischer Standpunkt. Wenn nun viel von „wachsender
Solidarität“ gesprochen wird, z.B wenn alle Parteien gemeinsam
hinter dem Corona-Paket stehen, wird oft vergessen, dass eine
wachsende Solidarität innerhalb eines Nationalstaats auch schnell
mit wachsender Ausgrenzung gegenüber Nicht-Staatsbürgern
einhergeht. Der Begriff der „Burgfriedenpolitik“ entstand ja auch
während des Weltkrieges, dort war auch eine wachsende Solidarität
innerhalb Deutschlands zu beobachten. Ein Zusammenhalten gegen den
äußeren Feind. Auch bei der Bekämpfung von Corona passiert genau
das: Grenzen werden geschlossen, jeder Staat probiert für sich
bestmöglich die gesundheitlichen Folgen der Bevölkerung, aber vor
allem die wirtschaftlichen Folgen für die nationale Bourgeoisie,
abzuwehren. Daran droht aktuell auch das Projekt der Europäischen
Union weiter zu zerfallen. Dazu kommt die verheerende Situation in
den Geflüchtetenlagern in Griechenland. Noch vor der Corona-Pandemie
war dies ein großes Thema. Obwohl es gerade jetzt noch deutlich
wichtiger geworden ist, die Camps zu evakuieren, wird das Thema kaum
von den Gewerkschaften angesprochen. Klassenkämpferische Politik
sollte sich aber auch nicht nur auf Europa beschränken, sondern auch
die weltweiten Folgen der Pandemie analysieren. Auch wenn der
befürchtete schwere Ausbruch in den meisten halbkolonialen Ländern
bisher ausgeblieben ist, heißt das nicht, dass sie die Pandemie
nicht trotzdem hart treffen wird. Krisen treffen im Kapitalismus
immer die wirtschaftlich schwachen, das gilt nicht nur innerhalb
eines Staates, sondern auch weltweit. Die wirtschaftlichen
Auswirkungen werden deshalb besonders halbkoloniale Länder treffen
und zu einem starken Anstieg von an Hunger leidenden Menschen führen.
Hierzu braucht es eine internationale Vernetzung der
Gewerkschaftsbewegung und gemeinsame Forderungen!

Konzerne
Enteignen und unter ArbeiterInnenkontrolle!

Wenn
Linken-Vorsitzende Katja Kipping vom „sozialen Fortschritt“ durch
das „Corona-Paket“ spricht, dann meint sie vielleicht
auch die wachsende Möglichkeit Firmen, die jetzt in Probleme
geraten, zu verstaatlichen. In Anbetracht der starken
Privatisierungen der letzten Jahre, die uns ja gerade die Probleme im
Gesundheitssystem gebracht haben, kann wirklich von Potentialen für
einen „sozialen Fortschritt“ gesprochen werden. Dabei muss aber
auch beachtet werden, dass das nicht bedeutet, dass sich das
verstaatlichte Unternehmen komplett der Profitlogik des Kapitalismus
entziehen kann. Der Staat kann das
Kapitalismus-Game genauso gut spielen wie ein privater Konzern.
Außerdem kann es nach der Corona-Krise
auch schnell wieder zu einer Welle von Privatisierungen kommen „um
die Wirtschaft zu stärken“. Den Kapitalist_Innen wird dann
eigentlich nur geholfen durch die Krise zu kommen, um ihnen
anschließend wieder zum Profit zu helfen. Deshalb muss die
Verstaatlichung auch immer mit der Frage der Arbeiter_Innenkontrolle
verbunden werden. Zum Einen, damit die Arbeiter_Innen gemeinsam die
Vergesellschaftung verteidigen können. Zum Anderen können sie sich
so organisieren, um letztendlich wirklich eine Produktion für die
Bedürfnisse aller Menschen und nicht nur zum Profit einer Minderheit
zu erkämpfen. Um das zu erreichen, müssen sich die kontrollierten
Firmen untereinander vernetzen, um die Revolution im ganzen Staat und
letztlich international auszuweiten. Dazu braucht es eine
kämpferische Gewerkschaftspolitik, die, gemeinsam mit einer
revolutionären Partei, den Kampf gegen das Kapital organisiert.




Massenentlassungen von Studierenden – Wie können wir uns dagegen wehren?

Peter Böttcher

Die Corona-Pandemie
zeigt wie kaum ein anderes Beispiel, dass die kapitalistische
Produktionsweise für gesellschaftliche Krisen besonders anfällig
ist. Die als Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus
beschlossenen Lockdowns führen überall auf der Welt zum Einbruch
der wirtschaftlichen Aktivität und damit zu massiv fallenden
Aktienkursen. Die Profitverluste der Unternehmen während des
Lockdowns und der plötzlich nicht mehr vorhandene Bedarf an
Arbeitskräften führen zu Kurzarbeit, unbezahltem ,,Zwangsurlaub“
und auch zu Entlassungen. Am heftigsten zeigen sich die Auswirkungen
der Pandemie auf die Wirtschaft in den USA. Innerhalb von 4 Wochen
wurden dort über 22 Millionen Menschen arbeitslos. Selbst
bürgerliche Analyst_Innen in den Vereinigten Staaten gehen davon
aus, dass die Zahl der Arbeitslosen bis Ende Mai um weitere 20
Millionen ansteigen wird. [1] Mit den bis März dieses Jahres etwa
sieben Millionen erfassten Arbeitslosen kommen die USA bis Anfang
Juni auf etwa 50 Millionen Arbeitslose, wohlgemerkt bei einer
Gesamtbevölkerung von ca. 328. Millionen Menschen. Und dabei
befinden wir uns noch am Beginn der kommenden Weltwirtschaftskrise,
die nun durch die Corona-Pandemie ausgelöst (aber wohlgemerkt nicht
verursacht!) wurde.

Es sieht also düster
aus um unsere Zukunft, und um dies zu sehen, müssen wir nicht mal
auf die von der Pandemie besonders hart betroffenen USA blicken.

Dass es auch in
Deutschland nicht viel besser aussieht und gerade die Jugend
besonders hart von den Maßnahmen der Bundes- und Landesregierungen
betroffen ist, zeigt unter anderem die Zahl der Studierenden, die
infolge der Corona-Krise ihre Beschäftigung verloren haben. Laut
„junge Welt“ vom 15.04. haben demnach über 750 000 der insgesamt
ca. 2 Millionen lohnabhängigen Studierenden (69% der 2,9 Mio.
Studierenden) seit dem Lockdown kein Einkommen mehr. [2] Da laut
Sozialbericht des Deutschen Studentenwerks 59% der erwerbstätigen
Studierenden angeben, mit ihrem Verdienst ihren Lebensunterhalt zu
bestreiten, sind diese von der aktuellen Situation besonders
betroffen. [3] Auch jene Studierende, die von monatlichen Zuwendungen
ihrer Eltern abhängig sind, geraten im Falle von Kürzungen des
Unterhalts durch Kurzarbeit oder Einkommensverluste ihrer Eltern in
eine finanzielle Notlage.

Natürlich kann die
Regierung da nicht einfach tatenlos zusehen und hat sich etwas
besonders perfides in dieser Notsituation einfallen lassen: Aktuell
diskutiert die Bundesregierung über den Vorschlag der
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU), zinslose Kredite an
bedürftige Studierende zu vergeben. [4] So sollen die Studierenden
indirekt selbst die Folgekosten der von den Regierungen beschlossenen
Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung bezahlen, indem sie sich selbst
verschulden. Den Vorschlag des Deutschen Studentenwerks, das
Berufsausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für
„pandemieverschuldete Härtefälle“ zu öffnen, hat die
Bundesregierung abgelehnt. Immerhin soll das BAföG während der
Corona-Krise weitergezahlt werden. Jedoch erhalten ohnehin nur etwa
18% der Studierenden BaföG-Zahlungen (Stand 2016, [3]).

Dabei haben die
genannten Probleme der Studienfinanzierung und der prekären
Arbeitsverhältnisse, die dazu führen, dass man soeben von einen Tag
auf den nächsten seinen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten kann,
ihren Ursprung in der neoliberalen Sparpolitik der Herrschenden.
Diese haben seit Jahrzehnten in den Bereichen Bildung, Forschung und
Lehre Kürzungen vorgenommen und diese chronisch unterfinanziert. Die
Kosten für den Staat sollten unter dem Diktat der sogenannten
„Schwarzen Null“ möglichst niedrig gehalten werden, was zu
allerlei „Reformen“ in den Bereichen der Ausbildungsförderung
und der Bildungsfinanzierung führte. Dass heute 2/3 der Studierenden
lohnabhängig sind und sich gezwungen sehen schlecht bezahlte,
befristete Arbeitsverträge unter miesen Arbeitsbedingungen zu
unterschreiben, dass in der Studiengangsordnung vorgeschriebene
Praktika unbezahlt sind, dass studentische und wissenschaftliche
Hilfskräfte oftmals die Arbeit erledigen, die eigentlich in den
Aufgabenbereich von in Vollzeit angestellten und verhältnismäßig
besser bezahlten wissenschaftlichen Mitarbeiter_Innen fallen, das
alles sind Probleme, die schon lange vor der Pandemie existierten.
Die Corona-Krise hat die miserablen Verhältnisse, unter denen eine
Vielzahl der Studierenden leiden, nur für alle deutlich sichtbar an
die Oberfläche gebracht und weiter zugespitzt.

Die kommende
Weltwirtschaftskrise, welche sich schon vor Corona anbahnte [5], wird
diese Verhältnisse noch weiter verschlechtern. Wir werden mit
krassen Kürzungen im Bildungs- und Sozialbereich, aber auch mit
weiteren Angriffen auf unsere Arbeitsrechte und weiteren
Massenentlassungen rechnen müssen. Die bisherigen Auswirkungen der
Corona-Krise sind nur ein Vorgeschmack auf das, was auf uns zukommen
wird. Selbst bürgerliche Ökonom_Innen gehen davon aus, dass die
kommende Krise alle bisherigen Wirtschaftskrisen der Menschheit in
den Schatten stellen wird [6]. Und ob das Virus durch die aktuellen
Maßnahmen (Stichwort Öffnungen der Schulen, Unis, Kindergärten und
Geschäfte) tatsächlich wirkungsvoll zurückgedrängt werden kann,
ist fraglich. Es ist auch nicht auszuschließen, dass es auch noch zu
einer zweiten oder sogar dritten Infektionswelle kommen kann.

So oder so werden wir
mit Angriffen der herrschenden Klasse auf unsere Lebens- und
Arbeitsbedingungen konfrontiert werden. Wenn wir diese nicht einfach
hinnehmen, sondern erfolgreich abwehren wollen, müssen wir
Widerstand aufbauen. Hierzu müssen wir uns organisieren und
Forderungen aufwerfen, für die wir kollektiv kämpfen können, um
somit Druck von unten aufzubauen. Wenn jemand von uns wegen der
Corona-Krise entlassen werden soll, dann müssen wir alle zusammen
dagegen streiken! Dafür müssen wir uns in die Gewerkschaften
einbringen und diese zur Unterstützung auffordern!

In der aktuellen Lage
treten wir im Kampf gegen die Abwälzung der Kosten der Krise auf uns
Studierende für folgende Forderungen ein:

– Keine Entlassungen
und uneingeschränkte Lohnfortzahlungen für alle lohnabhängingen
Studierenden!

– Bedingungslose
Ausbildungs(Studiums-)finanzierung durch Besteuerung der Reichen

– Tarifverträge für
alle studentisch Beschäftigten, massive Ausfinanzierung von Bildung,
Forschung und Lehre!

– Während studentisch
Beschäftigte in der Forschung und Lehre oft die besser bezahlten
Vollzeitstellen wissenschaftlicher Mitarbeiter*innen als „billige
Arbeitskräfte“ ersetzen, erhalten Studierende in Praktika für
die beinahe gleichen Arbeiten, die von den Kolleg*innen ausgeführt
werden, wegen „im Studium vorgesehener Praktika“ keine
Bezahlung – Darum gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit! Gesetzliche
Pflicht zur Entlohnung aller Arbeitstätigkeiten von Studierenden bei
mindestens 15€/Stunde!* Bei Nichteinhaltung durch private
Unternehmen müssen diese entschädigungslos enteignet werden!

Da der Kapitalismus die
Ursache für die Probleme und Widrigkeiten darstellt, denen wir als
Jugendliche tagtäglich begegnen, müssen wir diesen letztlich durch
eine sozialistische Planwirtschaft ersetzen. In einer Gesellschaft,
in der demokratisch für die Bedürfnisse der Menschen produziert
wird, wäre die Umsetzung von Maßnahmen und die Unterstützung
Hilfsbedürftiger kein Problem, da diese nicht der Profitlogik und
den Sparzwängen unterliegen würden. Für eine solche Gesellschaft,
in der nicht mehr irgendwelche Chefs oder Politiker_Innen über unser
Leben entscheiden, sondern in der die Entscheidungen von uns
Lohnabhängigen selber getroffen werden, wollen wir mit dir zusammen
kämpfen.

*Natürlich ist jede
Form von Lohnarbeit, durch die sich der von den Arbeiter*innen
geschaffene Mehrwert privat von den Unternehmern angeeignet wird,
immer mit Ausbeutung verbunden. Darum treten wir für eine
gebrauchswertorientierte Produktionsweise ohne Privateigentum an den
Produktionsmitteln ein. Jedoch kämpfen wir auch für jegliche
Verbesserungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Ausgebeuteten
im Hier und Jetzt.

Quellen:

[1]
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/boerse/arbeitslosigkeit-usa-103.html

[2]
https://www.jungewelt.de/artikel/376455.hochschulpolitik-in-der-brd-dosenravioli-auf-pump.html

[3]
21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks

https://www.studentenwerke.de/sites/default/files/se21_zusammenfassung_hauptbericht.pdf

[4]
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/coronavirus-karliczek-studenten-darlehen-100.html

[5]
http://onesolutionrevolution.de/crash-kuerzung-und-corona%ef%bb%bf/

[6]
https://perspektive-online.net/2020/03/die-schlimmste-wirtschaftskrise-aller-zeiten/




4 Gründe warum Corona im Sozialismus ein weniger großes Problem wäre

Florian Hiller

Nachdem China*, wo der SARS-CoV-2 zuerst ausgebrochen ist, die Lage einigermaßen in den Griff zu bekommen scheint, sind es aktuell die beiden imperialistischen Zentren USA und Europa die besonders hart mit dem Virus zu kämpfen haben. Aber auch der Rest der Welt ist von der Pandemie betroffen und besonders für halbkoloniale Länder lässt sich keine positive Prognose abgeben, da die aktuelle nationale Abschottungspolitik nicht auf eine internationale Zusammenarbeit hoffen lässt.
„Länder wie Deutschland oder den USA kann so ein Virus nichts anhaben“ hätten wahrscheinlich viele Menschen behauptet. So auch Jens Spahn, der Ende Januar noch sagte „wir sind gut vorbereitet“. Auch das Robert-Koch-Institut stufte damals die Gefahr auf „sehr gering“ ein. Einige werden jetzt vielleicht immer noch sagen, dass Deutschland ja „verhältnismäßig gut da steht“, da in Deutschland bisher die Todesrate relativ niedrig geblieben ist.
Doch nichts ist einfach „gut“, solange es „verhältnismäßig gut“ ist. Zum Beispiel ist im Vergleich mit dem Feudalismus der Kapitalismus auch ein Fortschritt, ändert trotzdem nichts daran, dass er zerschlagen werden muss, um endlich Schluss zu machen mit Ausbeutung, Unterdrückung, Rassismus, Krieg, Sexismus – um nur einige Probleme zu nennen, die in unserm „tollen System“ vorherrschen.
Außerdem wollen wir auch nicht nur schauen, was Deutschland besser machen könnte, wir stehen schließlich für eine internationale Revolution und deshalb schauen wir natürlich über unsere Nationalstaatsgrenzen hinaus.
In diesem Artikel soll es aber nicht nur darum gehen, aufzuzeigen welche Probleme des Kapitalismus gerade verstärkt zum Vorschein kommen, sondern 4 Gründe angeben warum Corona im Sozialismus ein weniger großes Problem ist.

Dazu müssen wir uns erst mal
gedanklich in diese Situation begeben. Weltweit wurden alle
Kapitalist_Innen enteignet und die Produktion vergesellschaftet. Der
bürgerliche Staat wurde durch eine Rätedemokratie ersetzt. In
dieser gibt es Basisebenen aus Betrieben, Stadtteilen, Schulen etc.
die Delegierte für die nächst höhere Räteebene wählen usw. Dabei
sind die Delegierten rechenschaftspflichtig und können jederzeit
abgewählt werden, wenn die Basis mit ihnen unzufrieden ist. Diese
Struktur wird auch genutzt, um demokratisch die Wirtschaft nach den
Bedürfnissen aller Menschen zu planen, durchzuführen und zu
kontrollieren.

1. Forschung

Bevor wir in das Szenario gehen, dass
eine Pandemie durch einen Virus auftritt, stellt sich die Frage, ob
ein Auftreten so eines Virus nicht auch schon vorher hätte im
Sozialismus verhindert werden können?
Die Frage muss erst Mal
mit Nein beantwortet werden. Ähnlich wie andere Naturkatastrophen,
wird es in keiner Gesellschaft zu verhindern sein, dass neue Viren
auftreten, die einen großen Teil der Menschen infizieren und auch im
Sozialismus wäre so eine Pandemie eine Herausforderung.
Trotzdem
wären wir besser darauf vorbereitet. Denn wie bereits gesagt, können
wir davon ausgehen, dass Pandemien ausbrechen werden. Es erscheint
aktuell wie ein blöder Zufall, dass so etwas passiert, aber es gab
in der Geschichte immer große Seuchen, und es gibt auch Forschung
die besagt, dass es gerade bei unserer aktuellen Form der
industriellen Massentierhaltung ein besonders
hohes Risiko für
das Ausbrechen von neuen gefährlichen Krankheiten gibt. Auch zu
Corona-Viren wurde bereits geforscht. Betrachten wir das Bedürfnis
der Menschen nach Gesundheit, dann wird klar, dass es wichtig ist
sich mit solchen Bedrohungen für die Gesundheit auseinanderzusetzen.
Das Problem in unserer Marktwirtschaft ist, dass die Bedürfnisse der
Menschen nicht im Vordergrund stehen, sondern der Profit. Das führt
zu einem paradoxem Phänomen. Das Forschungsinstitut, dass forscht um
Leute vor Pandemien zu schützen braucht eine Pandemie um dies zu
tun. Denn erst mit Eintreten der Krankheit, ist es profitabel und
unbedingt notwendig etwas gegen die Krankheit zu tun.
Im
Sozialismus hätten wir uns schon bereits vor Ausbrechen der
Krankheit mehr mit dem Risiko von Pandemien auseinandergesetzt, da es
wichtig ist für das Bedürfnis nach Gesundheit sich mit dem
Verhältnis des Menschen und der Natur auseinanderzusetzen und die
Forschung dahingehend einem gesellschaftlichen Bedürfnis entspricht
und in der Planwirtschaft umfassender berücksichtigt würde.

2. Gesundheitssystem

Ein weiterer Punkt, der sich auf die Vorbereitung auf eine Pandemie bezieht, aber auch auf deren Bekämpfung, ist die Situation des Gesundheitssystem.
Spätestens jetzt zeigt sich was für Folgen es hat, wenn die neoliberale Profitlogik bis tief in die Grundbedürfnisse der Menschen hineindrängt. Wenn heute viel von „Flatten the curve“ geredet wird, dann bedeutet das, dass die Zahl der Infizierten und besonders der Leute, die auf einer Intensivstation behandelt werden müssen, so gering zu halten, dass das Gesundheitssystem nicht überlastet ist. Es gibt eine Grenze an Verfügung stehenden medizinischen Personal und Geräten und wird diese Grenze überschritten kommt es zu der Situation in der abgewogen werden muss, wer behandelt wird und wer sich selbst überlassen bleibt. Dass diese „Grenze“ überall sehr tief liegt, lässt sich zurückführen auf die Privatisierung des Gesundheitssystems und die damit einhergehenden Folgen, wie z.B die schlechten Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte. Dass Diese Grenze liegt aber noch niedriger in Länder wie Italien und Spanien. Das liegt daran, dass ihnen, unter anderem von Deutschland, Spardiktate aufgezwungen wurden, was die Zerrüttung der Gesundheitsversorgung noch schneller vorantrieb. In Ländern die noch schlechter dastehen ist für viele Menschen mit unzureichender Wasserversorgung der „Hände waschen“-Slogan blanker Hohn.

Im Sozialismus ist Gesundheit ein Bedürfnis, dessen Schutz gesellschaftliche Aufgabe ist, und keine Ware mit der Profit gemacht werden kann. Da Gesundheit ein grundlegendes Bedürfnis der Menschen ist, hat es auch einen ziemlich hohen Stellenwert und dementsprechend ist das Gesundheitssystem gut ausgebaut und mit mehr medizinisches Personal versorgt. Außerdem ist die Versorgung für jeden frei zugänglich. Zudem wären die Hygienestandards weltweit gesichert und nicht nur in einzelnen imperialistischen Zentren, die nur einen Teil der gesamten Weltbevölkerung ausmachen.

3. Maßnahmen

Die bisherigen Punkte bezogen sich größtenteils darauf, dass der Sozialismus im Allgemeinen besser vorbereitet ist auf eine Pandemie, sei es durch Forschung, aber vor allem durch das Gesundheitssystem.
Welche Maßnahmen können nun getroffen werden? Aktuell wird viel darüber diskutiert, wann die Maßnahmen (z.B Soziale Distanzierung) wieder gelockert werden und wieder zu einem „normalem Leben“ zurückgekehrt werden kann. Der Gedanke dahinter kümmert sich nicht in erster Linie darum den Menschen das Bedürfnis nach sozialen Kontakten wieder zu ermöglichen. Es geht darum, dass die Leute wieder arbeiten sollen um die wirtschaftlichen Folgen fürs Kapital möglichst gering zu halten – schon jetzt wird eine Schrumpfung der Wirtschaft erwartet. Wenn nun wegen der Maßnahmen zur Bekämpfung von Corona in vielen Bereichen die Arbeit stillsteht, wird das die Wirtschaft stark treffen, die Folgen dessen werden letztendlich wieder besonders an der Arbeiter_Innenklasse ausgelassen.

Auch im Sozialismus müssen wir
arbeiten und auch im Sozialismus ist es ein Problem, wenn manche
Arbeiten eingestellt werden. Wie könnten wir also im Sozialismus
handeln und was wären dabei Vorteile?
Tritt so ein Virus auf,
ist es wichtig schnell, auf Grundlage der wissenschaftlichen
Kenntnisse und einheitlich zu handeln. Da eine Pandemie die ganze
Welt betrifft, würde in einer Rätedemokratie hier der höchste Rat
zunächst die wichtigsten Entscheidungen über Maßnahmen treffen.
Wie bereits zu Beginn erklärt, werden diese Entscheidungen aber von
den unteren Ebenen kontrolliert was verhindert, dass es zu
Machtmissbrauch kommt, wie aktuell in einigen bürgerlichen
Staaten.
Die soziale Distanzierung wäre dann wahrscheinlich
auch dann ein gängiges
Mittel neben besseren und mehr Masken. Während der Kapitalismus
dabei bemüht ist möglichst viele Arbeitsfelder aufrecht zu erhalten
um Profit zu machen, (siehe Italien, wo trotz starker Ausbreitung von
Corona die Produktion lange aufrecht erhalten wurde, was letztendlich
auch zu Streiks führte), ist es im Sozialismus viel leichter die
Arbeit auf gesellschaftlich notwendige Arbeit zu reduzieren. Die
Fabriken sind nicht auf Profit angewiesen. Das ist auch der Grund
warum solche Maßnahmen über einen längeren Zeitraum aufrecht
erhalten werden können, was wiederum die Bekämpfung des Virus stark
erleichtert. Während im Kapitalismus abgewogen werden muss zwischen
Rettung der Wirtschaft und Rettung von Menschenleben, kann sich im
Sozialismus auf Letzteres fokussiert werden.
Die soziale
Distanzierung bis zur Quarantäne ist natürlich auch für Menschen
einer sozialistischen Gesellschaft eine neue und eher unangenehme
Situation. Sie wäre aber für den Großteil der Menschen deutlich
angenehmer als in der heutigen Situation und vor allem deutlich
gerechter. Wenn deine 1900 Quadratmeter Villa auf einem 22000
Quadratmeter großen Grundstück steht (Jeff Bezoz, Amazonbesitzer
Präsident von Amazon) lässt
es sich schon etwas leichter aushalten, als wenn dir nur eine kleine
Wohnung für deine ganze Familie zur Verfügung steht, oder gar
keine. Es muss sich in der Zeit auch keine Gedanken darüber gemacht
werden wie ich in der Zeit meine Miete bezahlen soll. Wohnen ist für
alle eine Grundversorgung. Es gäbe genug Frauenhäuser zum Schutz
vor häuslicher Gewalt.

Ein weiterer Punkt betrifft die
Bekämpfung des Virus. Die Corona-Pandemie wird erst vorbei sein,
wenn entweder Herdenimmunität eintritt, das heißt ca. 70% der
Menschen infiziert waren, oder ein Impfstoff entwickelt wurde.

4. Impfstoff

Wie bereits am Anfang erwähnt, hätte es im Sozialismus bereits mehr Forschung über Corona-Viren gegeben, sodass wir vermutlich einem Impfstoff näher stehen würden. „Wäre uns das Geld nicht ausgegangen, dann hätten wir womöglich schon eine Impfung gegen Covid-19 in der Hand“ (Peter Hotez, Mediziner und Dekan des Baylor College of Medicine in Houston, Texas). Er meint damit eigentlich einen alten Sars-Virus, der aber dem jetzigen Sars-CoV-2 sehr ähnlich ist und deshalb wahrscheinlich auch aktuell genutzt werden könnte. Von vielen wird der Wettbewerb im Kapitalismus immer als Entwicklungsgarant angepriesen, so auch jetzt, wenn viele einzelne Unternehmen in Konkurrenz auf der Suche nach dem großen Deal mit ihrem Patent ihre Forschung nach einem Impfstoff beginnen. Wir sehen das eher als großes Hindernis. Im Sozialismus können sich ForscherInnen der ganzen Welt austauschen und ihr gesammeltes Wissen und Ressourcen nutzen um schnell einen Impfstoff zu entwickeln. Dabei geht es auch nicht darum schnellstmöglich „seine Nation“ von dem Virus zu befreien um gegenüber anderen Nationen gestärkt aus der Krise herauszukommen, sondern darum allen Menschen auf der Welt schnellstmöglich einen Impfstoff kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Zusammenfassen lässt sich der Inhalt des ganzen Artikels eigentlich gut in wenigen Worten: „Gesundheit für Alle, anstatt Profite für Wenige!“. Von da aus konsequent weitergedacht, wird klar, dass wir dafür unser kapitalistisches System überwinden müssen. Wie wir uns uns den „road to revolution“vorstellen könnt ihr in unserem Programm nachlesen.

*In unseren Augen ist China nicht sozialistisch, sondern ein imperialistisches Land.




Was bringt uns das Rettungspaket der Bundesregierung?

Jonathan Frühling

Auch in Deutschland entstehen massive wirtschaftliche und soziale Verwerfungen durch die Corona-Pandemie, man spricht von der „Corona-Krise“. Diese findet auf 2 verschiedenen Ebenen statt: Auf der wirtschaftlichen Ebene und auf der medizinischen Ebene. Die Wirtschaftskrise ist die tiefgreifendste seit der großen Depression ab 1929, wurde allerdings durch die medizinische Krise nur ausgelöst und verstärkt, jedoch keineswegs verursacht. Eine schwere Rezession war von führenden Ökonom_Innen bereits vorher für 2020 vorhergesagt.

Um den Auswirkungen der Krisen entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung Maßnahmen in einer Höhe von bis zu 756 Milliarden Euro angekündigt. Viele Menschen in Deutschland glauben, dass die Bundesregierung damit der Allgemeinheit einen großen Dienst erwiesen hat. Die Zustimmungswerte der Regierungspartei CDU sind so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Wir wollen in dem folgenden Artikel einmal genauer beleuchten, was die Maßnahmen der Regierung eigentlich genau beinhalten und somit herausfinden, wem sie helfen und wem nicht.

Neuverschuldung für Corona-Hilfen

Sechs Jahre lang war ein Stopp von Neuverschuldungen (die sogenannte „schwarze Null“) deutsche Staatsdoktrin und hat zu einem massiven Investitionsstau bei Bildung, Infrastruktur und Kultur geführt. Dem hat Corona vorerst ein Ende gemacht. Dieses Jahr wird die Neuverschuldung bei 156 Milliarden Euro liegen. 3,5 Milliarden sollen davon in die Entwicklung eines Impfstoffes und das Erwerben von Schutzausrüstung gesteckt werden. Weitere 55 Milliarden werden zur sonstigen Pandemiebekämpfung veranschlagt. Für Unternehmen mit 1-10 Mitarbeiter_Innen sollen insgesamt rund 50 Milliarden aufgewendet werden, um ihre laufenden Kosten, wie Mieten oder Versicherung zu decken. Unternehmen mit bis zu 5 Mitarbeiter_Innen bekommen einmalig bis zu 9000€, Unternehmen mit bis zu 10 Mitarbeiter_Innen bekommen einmalig bis zu 15000€, ohne, dass sie das Geld zurückzahlen müssen. Je nach Bundesland gibt es auch Soforthilfen für größere Unternehmen.

Und die Krankenhäuser?

Hilfen vom Staat bekommen auch private und gewinnorientierte Krankenhäuser. Das Geld ist allerdings hauptsächlich dafür da, die Krankenhäuser für ausbleibende Profite zu entschädigen. Durch das Freihalten von Betten für Corona-Patient_Innen müssen nämlich profitable Operationen abgesagt oder verschoben werden. Hätte man die Krankenhäuser in den letzten 20 Jahren nicht massenweise privatisiert, dann müsste dieses Geld überhaupt nicht erst gezahlt werden.

Über Geld für mehr Personal und eine Belastungsentschädigung für die Arbeiter_Innen im Gesundheitssystem wird dagegen kaum gesprochen. Das reguläre Personal wird stattdessen für dessen lebensrettende Arbeit mit der Einführung der 60h-Woche „belohnt“. Da können 500€ Einmalzahlung, wie es sie in Bayern angekündigt wurde, auch kein Trost sein. Medizinstudent_Innen, die sich freiwillig zum Dienst melden, sollen sogar kostenlos auf den Stationen buckeln und sich der Ansteckungsgefahr aussetzen. Das alles löst in den Krankenhäusern momentan Unverständnis und Wut aus.

Der 600-Milliarden-Rettungsschirm für größere Unternehmen

Der eigentliche Rettungsschirm von bis zu 600 Milliarden ist dagegen nur für größere Unternehmen (d.h. ab 10 Mitarbeiter_Innen). 400 Milliarden dienen dabei als Bürgschaften, mit denen Unternehmen frische Kredite absichern können. Konkret bedeutet das, dass Unternehmen Kredite bei ihrer hauseigenen Bank aufnehmen und diese durch die KfW-Bank (Kreditanstalt für den Wiederaufbau; eine staatliche Förderbank, die der Finanzierung von deutschen Unternehmen dient) abgesichert werden. Wenn das Unternehmen das Geld nicht zurückbezahlen kann, dann zahlt die KfW-Bank bis zu 90% der Kredite zurück. Weitere 100 Milliarden gibt es dafür, dass die KfW-Bank direkt Kredite an Unternehmen vergeben kann, bei denen sie 100% des Ausfallrisikos übernimmt.

Die letzten 100 Milliarden sind dazu da, dass der Staat selbst als Anteilseigner in Unternehmen in Schieflage einsteigt, um Kapital in die Firmen zu pumpen und das Vertrauen in sie zu stabilisieren. Im Extremfall will der Staat diese Unternehmen sogar komplett übernehmen und trägt somit die Kosten für die Sanierung oder das Risiko einer Pleite. Sobald die Unternehmen wieder Gewinne machen, will sich der Staat freilich wieder zurückziehen. Es werden also mal wieder Verluste über die Steuergelder sozialisiert und Gewinne privatisiert. Mit dieser schändlichen Praxis muss endlich Schluss sein!

Für die Arbeiter_Innen: Kurzarbeit

Zudem muss das Kurzarbeitsgeld aufgewendet werden, das 470.000 Unternehmen für ihre Arbeiter_Innen beantragt haben und bereits insgesamt 4 Millionen Arbeiter_Innen betrifft. Kurzarbeit bedeutet, dass Lohnarbeiter_Innen (zumindest teilweise) zuhause bleiben und dafür 60%, bzw. mit Kind im Haushalt 67%, des Gehaltes als Zahlung bekommen, anstatt vielleicht gekündigt zu werden. So erscheint es vielen, dass das Hilfspaket allen Menschen zu Gute kommt. Tatsächlich wird das Kurzarbeitsgeld überhaupt nicht aus dem Hilfspaket gezahlt. Stattdessen wird die Kasse der Arbeitslosenversicherung aufgebraucht. Diese Kasse wird paritätisch (das heißt zu gleichen Teilen) von Unternehmen und Arbeiter_Innen finanziert. Schenken tut die Bundesregierung uns also überhaupt nichts.

Aus der Finanzierung des Kurzarbeitsgeldes ergibt sich jedoch ein gravierendes Problem: In Zukunft werden wir in Deutschland mit gewaltigen Massenentlassungen konfrontiert werden. Die Auto-, Elektro- und Maschinenbauindustrie kündigte in den letzten 5 Jahren bereits zehntausenden Menschen ihren Job. Und das Kapital machte auch vor der Corona-Krise schon öffentlich, dass weitere hunderttausende Menschen entlassen werden sollen.

Die Wirtschaftskrise wird diese Tendenz in der gesamten Wirtschaft verstärken und beschleunigen. Doch wo soll dann das Arbeitslosengeld für diese Menschen herkommen, wenn die Kassen bereits jetzt geleert werden? Wir können uns deshalb wahrscheinlich in Zukunft auf Beitragserhöhungen und/oder Kürzungen von Leistungen gefasst machen. Wäre es nicht viel sinnvoller, die Unternehmen die Löhne fortzahlen zu lassen, bis ihre eigene Liquidität aufgebraucht ist?

Stattdessen zahlte VW vor kurzem 1,3 Milliarden (!) Euro an seine Aktionär_Innen aus. Um herauszufinden, wie viel Geld bei den Unternehmen für Lohnfortzahlungen vorhanden ist, müssten diese gezwungen werden, ihre Finanzen offen zu legen. Haben die Unternehmen in der kommenden Krise deshalb Liquiditätsprobleme, müssen sie entschädigungslos verstaatlicht werden.

Für die Arbeiter_Innen läuft es hingegen auch trotz Kurzarbeitsgeld schlecht: Der anteilige Wegfall vom Einkommen ist für viele Niedriglöhner_Innen bereits existenzbedrohend, gleichzeitig sind sie am häufigsten davon betroffen und bekommen es viel seltener vom Unternehmen aufgestockt als jene, die ohnehin viel verdienen. 40% der Kurzarbeiter_Innen ohne Aufstockung hatten angegeben, nicht länger als 3 Monate damit auszukommen. Außerdem bekommen viele Arbeiter_Innen ihr Kurzarbeitsgeld erst, wenn sie Überstunden und Urlaub verbraucht haben, dürfen ihre Freizeit also jetzt in Quarantäne absitzen. Leiharbeiter_Innen, Minijobber_Innen, Scheinselbstständige oder Menschen, die gezwungen sind, „schwarz“ zu arbeiten, zahlen nicht in die Arbeitslosenversicherung ein und bekommen ohnehin nichts über Hartz IV hinaus. Davon sind ca. 30% der Lohnarbeiter_Innen betroffen.

Und trotzdem steigen die Umfragewerte der CDU

Wieso hat die Union bei diesem neoliberalen und arbeiter_Innenfeindlichen Krisenmanagement dennoch mit 37% ihr höchstes Ergebnis seit der letzten Wahl? Zum einen ist die Krise sehr unübersichtlich und tatsächlich weiß niemand ganz genau, was am besten ist, um z.B. Neuansteckungen zu verhindern. Deshalb hat es die Regierung momentan leicht, die Einschränkungen und Maßnahmen als alternativlos darzustellen.

Zum anderen darf auch nicht vergessen werden, dass es eine nicht unerhebliche Schicht von kleinen und kleinsten Unternehmer_Innen in Deutschland gibt. Vorher haben diese vielfach die Grünen oder die AfD gewählt. Dies sind beides klassische Parteien des Kleinbürger_Innentums und die Parteien, von deren Verlust die CDU kürzlich profitiert hat. Sie fühlen sich jetzt wieder durch die CDU vertreten, da diese Geld investiert, um sie vor der Pleite zu bewahren.

Außerdem steht die gewaltige Summe von 600 Mrd. im Raum. Die Bevölkerung hat deshalb das Gefühl, dass die Regierung bei der massiven Krise auch massive Maßnahmen ergreift. Dass dieses Geld gar nicht zur Finanzierung der Kurzarbeit genutzt wird, ist vielen Arbeiter_Innen gar nicht bekannt. Sie sind einfach nur froh, Kurzarbeitsgeld statt gar nichts zu bekommen, auch wenn das nicht mehr wirklich zum Leben reicht.

Die Arbeiter_Innen, deren Arbeitsplätze durch die Rettung der Unternehmen erhalten bleiben, sind natürlich auch froh, ihren Job vorerst behalten zu können. Pleiten und Massenentlassungen in angeschlagenen Unternehmen würden heutzutage nämlich tatsächlich die Arbeiter_Innenklasse besonders heftig treffen. Sie sehen dabei nicht, dass die kapitalistische Regierungspolitik diese Probleme überhaupt erst verursacht und dass eine Politik möglich wäre, die die Arbeiter_Innen direkt versorgt, ohne dass dabei noch die Profite geschützt werden. So könnte man auch eine Infektion am Arbeitsplatz verhindern, indem man die Produktion verbietet, wo es für die Versorgung verkraftbar wäre. Doch das wäre für das deutsche Kapital schmerzhaft. Stattdessen will die Regierung die Ausbreitung auf eine andere Weise hemmen und schränkt dafür umso stärker das Privatleben der Menschen ein. Indem der neoliberale Kurs als alternativlos dargestellt wird, werden die Arbeiter_Innen fälschlicherweise vor die Wahl gestellt, ob sie eher eine Kontaktsperre oder den Jobverlust in Kauf nehmen würden. So sind dann viele mit dem Ausmaß der Einschränkungen und der Regierungsarbeit ganz zufrieden.

Selbst wenn die Corona-Krise vorbei ist, wird die Wirtschaftskrise jedoch weiter wüten. Massenarbeitslosigkeit, Lohnkürzungen und eine Welle von Unternehmenspleiten werden dann unvermeidlich sein. Kleine Unternehmer_Innen und Arbeiter_Innen werden davon besonders schwer betroffen sein. Die Mittel der Regierung die Krise abzufedern, werden zudem nach der Pandemie noch kleiner sein als zuvor. Mit der Beliebtheit der Regierung dürfte es dann vielleicht schnell wieder vorbei sein.

Resümee

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Rettungspaket der Bundesregierung in erster Linie dazu da ist, um die Stellung deutscher Konzerne auf dem Markt zu halten und nicht um Löhne fortzuzahlen oder Arbeitslosigkeit zu verhindern. Die Lohnarbeiter_Innen in Deutschland stellen sich deshalb berechtigterweise die Frage, wo die Bundesregierung war, als sie zu Tausenden die Sanierung von Schulen oder zu Millionen die Rettung der Umwelt gefordert haben. Das Geld war anscheinend da, die Bundesregierung aber nicht gewillt, unsere Interessen in die Hand zu nehmen.

Wir fordern, dass das Geld zur Bekämpfung der Corona- und Wirtschaftskrise anders als bisher eingesetzt wird:

  • Für ein Kontrolle von Arbeiter_Innen und Gewerkschaften darüber, was mit den Hilfsgeldern geschieht, damit sie uns und nicht nur dem Kapital zugutekommen.
  • Rettet die Kassen der Arbeitslosenversicherung! Unternehmen müssen die Löhne in voller Höhe selbst zahlen, bis ihre Liquidität verbraucht ist, dann übernimmt der Staat. Um Betrug vorzubeugen, müssen sie ihre Geschäftsbücher offen legen. Gehen sie pleite, werden sie entschädigungslos enteignet!
  • Einmalige progressive1 Vermögensabgabe für die Bekämpfung der Pandemie und Wirtschaftskrise und zur Abfederung der sozialen Folgen!
  • Geld für mehr Sozialhilfen, Frauenhausplätze und Bildungsgerechtigkeit statt für große Unternehmen!
  • Für eine Aufwertung des Pflegeberufs durch höheren Lohn und mehr Personal!

1:
Progressiv bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Prozentsatz der
Abgaben mit der Höhe des Vermögens steigt.

Quellen:

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/coronavirus-corona-rettungspaket-scholz-altmaier-1.4854296
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Corona-Schutzschild/2020-03-13-Milliarden-Schutzschild-fuer-Deutschland.html
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135753.coronakrise-schon-vier-millionen-beschaeftigte-in-kurzarbeit.html