Afrin: Was passiert eigentlich gerade in Syrien?

von Jonathan Frühling, REVOLUTION Kassel

Seit dem 20. Januar 2018 rollen Panzer, schwere Artillerie und hunderte Fahrzeuge mit türkischen Soldaten und islamistischen Milizionären über die Grenzen des mehrheitlich kurdisch bewohnten Kantons Afrin. Seitdem wird ein erbitterter Kampf um das ca. 30 x 40 km große Stück Land geführt, den die kurdisch dominierten „Syrian Demokratic Forces“ (SDF) wegen zahlenmäßiger und waffentechnischen Unterlegenheit kaum gewinnen können. Ihr erbitterter Widerstand machen die Kämpfe jedoch deutlich langwieriger und verlustreicher, als der türkische Diktator Erdogan geplant hatte.

Vorgeschichte

2011 entwickeltet sich die syrische Revolution in einen Bürgerkrieg, indem das Assad-Regime schnell die Kontrolle über ein Großteil des Landes verlor. Die kurdischen Siedlungsgebiete im Norden machten sich sowohl vom syrischen Staat als auch von den Zielen der syrischen Revolution unabhängig. Dort wird seit dem ein System aufgebaut, welches demokratisch ist und in dem Frauen Mitbestimmungsrecht genießen. Auch gegen die Angriffe des IS konnte das Kanton Rojava erfolgreich verteidigt werden.

Ein Zusammenschluss mit dem am nord-westlich gelegenen Kanton Afrin gelangte 2017 allerdings nicht, weil von der Türkei gesteuerte Rebellen die Gebiete zwischen den Kantonen vom IS eroberten. Die Türkei sieht in dem Aufstieg der kurdischen Befreiungsbewegung in Syrien eine Bedrohung, auch, weil er Angst hat, dass sie die kurdische Bewegung in der Türkei stärken könnte. In der Türkei selbst hat sich Erdogan 2016 mit einem Krieg und der fast vollständigen Zerschlagung kurdischer Medien und der pro-kurdischen Partei HDP die Gefahr einer mächtigen Autonomiebewegung vorerst vom Hals geschafft. Der Angriff auf Afrin ist nun der Versuch die kurdische Autonomie auch im Nachbarland mit militärischer Gewalt zu unterbinden.

Aktuelle Entwicklung

Die Türkei greift Afrin von nahezu allen Seiten gleichzeitig an. Jeden Tag werden ein paar mehr Hügel und Dörfer erobert, auch wenn die Fortschritte der Offensive glücklicherweise sehr langsam sind. Erdogan schickt jedoch hunderte neue Panzer und Spezialeinheiten, um einen Sieg zu erzwingen. Obwohl hunderte Jugendliche aus ganz Rojava und Afrin in die Reihen der SDF ziehen, wird deshalb eine Niederlage immer wahrscheinlicher.

Die Ereignisse können nicht getrennt vom gesamten Bürgerkrieg gesehen werden. Anfang des Jahres startete das syrische Assad-Regime eine gewaltige Offensive, in dessen Zuge weite Teile Provinz Idlib erobert wurden, welche das Kernland verschiedenster bewaffneter, islamistischer Oppositionsgruppen darstellt. Die Türkei hat, als einer der entschiedensten Gegner Assads, damit begonnen Panzer zu schicken und Militärbasen in Idlib aufzubauen, um ein weiteres Vorstoßen Assads zu erschweren. Im Gegenzug schicken die Rebellen immer wieder hunderte Fußsoldaten, um die türkische Offensive in Afrin zu unterstützen. Nun zeigt sich, wie bitter es sich rächt, dass die Kurd_Innen 2011 nicht für eine Revolution in ganz Syrien eingetreten sind. So konnten sich reaktionären Islamisten als führenden Kräfte im Bürgerkrieg etablieren. Von den revolutionären Deserteuren der syrischen Armee, die nicht mehr auf ihr eigenes Volk schießen wollten, ist nichts mehr übrig. Im Gegenteil: Mit der Schändung der Leiche einer SDF-Kämpferin zeigen die islamistischen Kettenhunde Erdogans, was für reaktionäre Ansichten sie vertreten.

Eine türkischer Sieg in Afrin würde ein Ende des demokratischen und emanzipatorischen Projektes in Afrin und damit eine Niederlage der Linken weltweit bedeuten.

Die Rolle der Imperialisten

Russland stellt einen mächtigen Verbündeten Assads dar. Es lässt die Türkei in Syrien gewähren, indem sie den Luftraum über Afrin für die türkischen Jets freigab. Grund dafür ist vor allem die Wichtigkeit der russichen Öl- und Gasexporten in die Türkei. Assad dagegen ist über die türkische Präsenz in Syrien weniger erfreut und lässt SDF-Konvois von Rojava nach Afrin über sein eigenes Territorium passieren.

Am interessantesten ist jedoch die Rolle der USA. Sie unterstützen den Kampf der Kurd_Innen gegen den IS und schafften es so in Syrien mit zahlreichen Militärbasen oder sogar Militärflughäfen Fuß zu fassen.

Da die USA am allermeisten von der NATO profitiert, ist ihre Angst groß, dass es eine offene Konfrontation mit der Türkei gibt, die die gesamte NATO in Frage stellen könnte. Die Türkei weiß darum und droht deshalb ganz offen auch US-Soldat_Innen abzuschießen, wenn sie ihren Zielen in Syrien im Weg stehen. Das wäre eine Demütigung der USA und würde ihre ohnehin schon massiv angekratzten Stellung als Weltmacht weiter untergraben. Das ist auch der Grund, wieso die USA Afrin fallen gelassen hat. Im östlichen Rojava halten sich jedoch nach wie vor US-Soldaten auf, um ein Angriff der von der Türkei unterstützen Milizen zu verhindern. Welchen faulen Deal es letztlich zwischen den beiden Ländern gegeben wird sich erst zeigen.

Welches Interesse die USA wirklich hat, zeigt sich sehr deutlich im Osten des Landes nahe der Stadt Deir ez-Zor. Dort helfen sie dabei die Angriffe regierungstreuer Milizen auf die SDF abzuwehren. Grund für die Angriffe ist der Versuch die von der SDF kontrollierten Ölfelder zu erobern. Die USA unterstützt die kurdische Bewegung also vor allem aus geostrategischen Gründen und, um Kontrolle über Ölfelder in Syrien zu erhalten. Die NATO ist der USA aber zweifelsohne wichtiger.

Der Widerstand und Repression in Deutschland

Wenn auch nicht in der bürgerlichen Presse, ist der Aufschrei gegen die türkische Aggression in Syrien innerhalb der Linken und der kurdischen Bevölkerung in Deutschland enorm. Laufend finden lokale und überregionale Demonstrationen statt.

Der deutsche Staat reagiert darauf mit Repression: Vor ca. 1,5 Jahren wurde ein Verbot fast aller Fahnen des kurdischen Befreiungskampfes erlassen. Bis Anfang diesen Jahres wurden das Verbot allerdings faktisch nicht durchgesetzt. Anfang des Jahres jedoch wurde eine Großdemo in Köln wegen verbotener Fahnen aufgelöst. Andere Demos wurden gleich ganz Verboten, weil man während Karneval angeblich überfordert sei.

Perspektive

Natürlich gilt unsere Solidarität dem kurdischen Befreiungskampf im Nahen Osten, auch wenn es selbst ohne das Eingreifen der Türkei noch ein langer Weg bis zum Sozialismus wäre. Abstrakte Forderungen die Waffen niederzulegen und Appelle an die UN bringen uns hier nicht weiter. Nur ein militärischer Sieg der SFD-Milizen, einschließlich der Rückeroberung der in den letzten Wochen von der Türkei besetzten Gebiete, können wahren Frieden bringen.

Weiterhin treten wir für den Abzug aller ausländischen Truppen ein, ohne deren Hilfe Syrien heute kein Trümmerhaufen wäre. Obwohl die USA Rojava vor dem Untergang gerettet hat, vertritt sie in Syrien einzig die Interessen der us-amerikanischen Bourgeoisie und ist deshalb kein zuverlässiger Verbündeter.

Die Forderung nach Befreiung und Sozialismus muss, um erfolgreich zu sein, auf alle Völker und Religionen des Nahen Ostens ausgedehnt werden. Die einzigen wahren Verbündeten sind die Bäuerinnen, Bauern und Arbeiter_Innen, die sich endlich gemeinsam gegen ihre Unterdrücker erheben und eine kommunistische Partei aufbauen müssen. Nur eine solche Organisation kann in der Lage sein die vereinzelnden Kämpfe zu einer mächtigen Massenbewegung gegen die Kapitalismus zusammenzuführen.




Nein zur GroKo, Nein zum erneuten Verrat!

von Alex Metzger

Seit bald 5 Monaten, hinter der Fassade und auch darüber hinaus, herrscht Uneinigkeit in der SPD. Nach 4 Jahren Großer Koalition und Mitverwaltung der undemokratischen, militaristischen EU, der Unterdrückung von Teilen Südeuropas durch eine rigorose Sparpolitik und der generellen Abwälzung der Kosten der Finanz- und Wirtschaftskrise auf den Rücken der Arbeiter_Innenklasse wollte sie nun einen Schlussstrich unter diese Politik ziehen. Mit einem inszenierten „Linksruck“ der Partei, angeführt von dem ehemaligen EU-Parlametsvorsitzendem Martin Schulz, sollten wieder einmal soziale Themen in den Vordergrund gerückt werden. Gleichzeitig wurde aber auch immer wieder auf die angeblichen „Erfolge“ der SPD verwiesen, die man gegen den Widerstand der CDU/CSU durchsetzen konnte. Das Paradebeispiel hierfür ist die Einführung des Mindestlohns, welcher aber nicht für alle gilt, wie z. B. Azubis oder Leiharbeiter_Innen.

Mit hohlen Floskeln, die die Sozialdemokratie seit eh und je in den Mund nimmt, wollte die SPD auf Stimmenfang gehen. Nach dem schlechtesten Wahlergebnis, das sie je einfuhr, nur ein wenig mehr als 20 Prozent, mussten weitere Floskeln her. Die konsequente Ablehnung einer Regierungsbeteiligung und die daraus resultierende Oppositionsführerschaft der SPD schien ausgemachte Sache zu sein. Allerdings kamen in diesen 5 Monaten von verschiedenen Seiten der Parteibürokratie und Spitze Kritik an diesem Kurs. Erst recht nach dem Scheitern der Verhandlungen zu einer Jamaika-Koalition zwischen CDU/CSU, der FDP und den Grünen wurde die SPD von allen Seiten dazu gedrängt, sich ihrer Verantwortung als „staatstragende Volkspartei“ doch bitte gerecht zu werden. Die Schlüsselfrage der SPD: Politik für die eigene soziale Basis zu betreiben oder im Interesse der herrschenden Klasse. Statt in einem politischen Kampf um tatsächliche soziale Forderungen, wie einer wirklichen Erhöhung des Mindestlohns, die Abschaffung der Zeitarbeit, oder der Absicherung der Renten für Geringverdiener_Innen, verbunden mit der Forderung nach einer klar antirassistischen Ausrichtung zusammen in einer Minderheitsregierung mit der Linkspartei, ruderte die SPD zurück. Somit wurde sie am Ende ihrer Rolle als die oben genannte „staatstragende Volkspartei“ einmal mehr gerecht und blieb sich am Ende in ihrer Tradition des Rückziehens vor der Auseinandersetzung mit der herrschenden Klasse treu, wie sie es schon seit inzwischen 100 Jahren mehr oder weniger erfolgreich macht. Der Vorstand sprach sich für die GroKo aus, der außerordentliche SPD Parteitag Ende Januar entschied sich für die Aufnahme der Sondierungsgespräche für eine Fortsetzung der Großen Koalition.

Der Koalitionsvertrag ist seit Donnerstag ausgehandelt und die Ministerposten werden verteilt. Dabei ist der SPD-Messias aus Würselen auf jeden Fall raus. Das Vertrauen der Mitgliedschaft der SPD, das Schulz 100 % der Stimmen in der Wahl zum Parteivorsitz im Januar 2017 beschert hat, scheint gebrochen. Sigmar Gabriel, der alte Parteivorsitzende, hat ihm in Form einer offenen und harschen Kritik an seiner Person und seinem Führungsstil die Falltür geöffnet, durch die er letztlich in die Versenkung gestürzt ist. Diese den Inhalten vorgeschobene Personaldebatte, mit der sich die Partei kopflos präsentiert könnte der Spitze letztlich aber die „Ja´s“ bei der GroKo Abstimmung sichern. Schließlich war es Schulz, der versprach nicht in die Regierung einzutreten, ohne ihn: kein Wortbruch. Vielleicht reicht das schon für ein Ja zum Koalitionsvertrag bei der Abstimmung der Mitglieder ab 15. bis Ende Februar. Dabei war es doch genau das Handeln von Schulz, das den wahren Charakter des Reformismus zu Schau stellte. Konkret: das dieser in der Stunde der Not, also wenn das Kapital nicht zu Zugeständnis fähig ist, sein wahres Gesicht zeigt. Als bürgerliche, da klassenversöhnlerische, Ideologie innerhalb der Arbeiter_Innenbewegung.

Umso deutlicher macht sich Unmut in den linken Teilen der SPD-Basis breit, die Abstimmung Ende Januar ging mit 56 % für und 44 % gegen die Verhandlungen zur Regierungsbildung (Sondierungsgespräche) aus. Besonders die Jugendorganisation der SPD, die Jusos, wollen einen politischen Kampf um Positionen, nicht um Posten führen. Zumindest wird ihr Vorsitzender Kevin Kühnert bei seiner #NoGroKo-Tour nicht Müde das zu betonen. Im Zuge dieses Kampfes traten knapp 25.000 Menschen in die SPD ein. Ähnlich wie bei dem vermeintlichen Linksruck, angeführt vom ehemaligen Parteichef Martin Schulz Anfang 2017. Zusammen sind das fast 10 % der SPD Mitgliedschaft. 10 %, die offen für einen linken Kurs in der SPD sind, ihn sogar herbeiführen wollen, das finden wir gut, diese Bewegung müssen wir mit unseren eigenen Forderungen und Perspektiven begleiten.

Entgegen der Meinung pseudolinksradikaler Gruppen, die in der SPD einen Haufen den Kapitalist_Innen nahestehenden Verräter_Innen am Proletariat sehen, denken wir, dass diese Dynamik von Revolutionär_Innen genutzt werden muss. Wenn eine Welle der Kritik von links, von der Basis einer bürgerlichen Arbeiterpartei, also einer Partei welche ihre Mitgliedschaft und Verankerung in der ausgebeuteten Klasse verortet, eine Welle der Kritik an der Führung dieser Partei losbricht, dann ist das immer auch eine Chance im Kampf für ein revolutionäres Programm. Nicht weil wir glauben mit neuen Mehrheiten selbst um die Führung zu kämpfen, sondern weil wir desillusionierte junge Sozialdemokrat_Innen in unser Boot holen wollen. Diesen Punkt gilt es unversöhnlich zu-zuspitzen. Hierum muss von den Jusos die Frage des Regierungsprogramms diskutiert werden, beispielsweise unter der vollen Rücknahme der Agenda2010-Reformen im Schulterschluss mit den Tarifauseinandersetzungen, wie sie im öffentlichen Dienst bevorstehen oder bei der IG Metall in Ostdeutschland noch fortgesetzt werden müssen.

Mit ihren Forderungen werden sie schnell an die Grenzen des in ihrer Partei und mit den parlamentarischen Mehrheiten machbaren kommen. Klar, denn in der bürgerlichen Demokratie dient der Staat den herrschenden Kapitalist_Innen. Die Abschaffung der Agenda Reformen zum Beispiel, die Verringerung des Renteneintrittsalters bei einer allgemeinen Rentenerhöhung, staatlicher Wohnungsbau, oder Forderungen um die Demokratisierung der Partei, oder sogar der imperialistischen EU im Schulterschluss mit dem europäischen Proletariat werden spätestens von ihrer eignen Führung blockiert. Diese als bürgerliche Marionetten zu entlarven, verbunden mit sozialen und politischen Forderungen, zum Beispiel nach der Integration Geflüchteter in Gewerkschaften, um den Antirassismus in breitere Teile der Klasse zu tragen, sollte das erklärte Ziel von Kommunist_Innen sein. Wir fordern alle Mitglieder der SPD auf in der Urabstimmung mit Nein zu stimmen. Gegen die GroKo kämpfende Mitglieder in der SPD müssen unter diesen Losungen die Auseinandersetzung in der SPD politisieren und hiermit um die Führung der Partei kämpfen.

Dafür sind die Debatten in der Partei und in ihrer Jugendorganisation nur ein Schritt unter vielen. Die linken Teile der Partei müssen sich dabei als der Keil begreifen, der den Kampf, der zum Bruch mit der Führung, im Fall der Niederlage zur Spaltung oder zu einer „neuen Ausrichtung der SPD“ im Wort, wie es die Jusos weichgespült gern formulieren, erst ermöglichen kann. Um Druck zu erzeugen und Massen für uns zu begeistern brauchen wir eine dynamische Bewegung, eine Einheitsfront vieler Arbeiter_Innenorganisationen welche die Kämpfe auf die Straße, an die Schulen, Unis und Fabriken trägt. Wir müssen die Frage, danach warum keine Verhandlungen mit der Linkspartei gestartet wurden mit der Perspektive, der antirassistischen Einheitsfront, beantworten.

Gleichzeitig müssen wir unsere Partner_Innen, wo es nötig ist für reformistische Positionen kritisieren. Bei allen guten Ansätzen, die die Jusos in ihrem Kampf gegen die GroKo verfolgen, werden auch von ihnen keine Forderung hin zu einer sozialistischen Umorientierung aufgestellt. Die Kritik, die aus der #NoGroKo-Kampagne laut wird, ist eine Kritik am Führungsstil und an der prinzipiellen Bereitschaft zusammen mit der CDU zu regieren. Die von Kühnert und Co. aufgezeigte Perspektive kann und darf nicht einfach nur die „Neuausrichtung der SPD“ sein. Neben dem guten Ansatz sagt diese Forderung nämlich nichts. Weder was geändert werden muss noch wo´s hingehen soll. Demokratisierung der Partei, eine konsequente Politik für die Ausgebeuteten, Beispiele wurden in diesem Text schon einige genannt, die Ablehnung des imperialistischen Weltsystems, ein konsequenter Internationalismus, der den Charakter des globalen Systems als System von ausbeutenden und ausgebeuteten Klassen begreift, eine Analyse und Kritik am gesellschaftlichen Rassismus, all das sollte von der Juso-Basis gefordert werden. Kurz: eine Kritik am Reformismus und keine bloße Kritik am Führungsstil, die in ihrer Ausrichtung auch vor dem Bruch mit der Partei nicht zurückschreckt, ist jetzt gefragt.

Dass in der Spitze der SPD unter Missachtung der Kämpfe in der Basis mit der CDU und CSU gefeilscht wird, zeugt von der Kompromissbereitschaft ihrer falschen Führer. Die in den Vordergrund rückenden Personalfragen bieten zusätzliche Möglichkeiten eine Debatte um Inhalte zu verschleiern. Letztlich wird sich zeigen, wie weit der linke Flügel bereit ist zu gehen, und wie weit die Bürokratie und der liberale Flügel dazu in der Lage sind die Wogen zu glätten, um zumindest für die nächste Regierungsperiode Ruhe zu haben.

Wir dürfen nicht tatenlos zusehen. Stellen wir uns an die linke Seite der linken Seite, um gemeinsam mit ihnen aus dem Nein zur GroKo ein Ja für eine revolutionäre und antikapitalistische Politik zu machen, die sich gar nicht erst von Gabriel, Nahles und Co. über ihren wahren Charakter hinweg täuschen lässt und Abseits vom Verhandlungstisch soziale Forderungen mit denen nach dem Umsturz des Kapitalismus unter sozialistischer Perspektive verbindet. Nur so können wir aus der Krise der Arbeiter_Innenbewegung, dem Fehlen einer entschlossenen und radikalen Führung, gemeinsam zu einer revolutionären Bewegung kommen die tatsächlich wieder mal, was reißen kann.




Pakistan: Freiheit für Ahmad Azad! Freiheit für alle festgenommen belutschischen und paschtunischen Studierenden!

 

Am 23. Januar wurden mindestens 200, nach einigen Berichten sogar 400, belutschische und paschtunische Studierende von der Polizei des Punjab verhaftet, darunter der Generalsekretär der „Nationalen Studierendenföderation“ (NSF), Ahmad Azad. Die Massenfestnahmen und Übergriffe auf StudentInnenwohnheime fanden statt, nachdem sie von Anhängern der rechten Islamisten aus der Organisation Islami Jamiat -e- Talaba (IJT) an der Punjab-Universität von Lahore eingeschüchtert und angegriffen worden waren. Stundenlang umzingelte die Polizei zusammen mit den Islamisten die Wohnheime der BelutschInnen und PaschtunInnen!

Wir verurteilen aufs Schärfste diesen unentschuldbaren Akt der Einschüchterung und Terrorisierung von StudentInnen nationaler Minderheiten, aus Belutschistan, dem südlichen Punjab und von der KPK. Es zeigt einmal mehr, dass sich alle demokratischen, sozialistischen und MenschenrechtsaktivistInnen zusammenschließen und ihre Stimme erheben müssen, um der zunehmenden Gewalt seitens der ultra-reaktionären islamistischen Kräfte gegen StudentInnen zu widerstehen. Wir verurteilen auch die Passivität und Duldung dieser Angriffe durch die Universitätsverwaltung. Wir verurteilen ferner die Passivität und Unterstützung, die die Polizei des Punjab den Islamisten gewährt, indem sie sich auf die Seite derjenigen stellt, die Studenten nationaler und religiöser Minderheiten einschüchtern, bedrohen, verletzen oder sogar töten.

Wir fordern die sofortige Freilassung von Ahmad Azad und allen anderen StudentInnen! Wir solidarisieren uns mit allen BelutschInnen, PaschtunInnen und anderen StudentInnen, die ihre demokratischen Rechte gegen Angriffe und Drohungen von Islamisten oder anderen reaktionären Kräften ausüben wollen.

Wir rufen alle Organisationen der ArbeiterInnenklasse, Gewerkschaften und Parteien, alle sozialistischen und demokratischen Jugend- und StudentInnenorganisationen, demokratischen und MenschenrechtsaktivistInnen auf, gegen diese Festnahmen zu protestieren und ihre Solidarität zum Ausdruck zu bringen! Gemeinsam können und werden wir die Kräfte der islamistischen Reaktion und der staatlichen Repression besiegen! Gemeinsam können wir eine Welt gewinnen, die frei von Belästigung, Einschüchterung, Unterdrückung und Ausbeutung ist!

Liga für die Fünfte Internationale

REVOLUTION, Internationale Kommunistische Jugendorganisation




Die Neue Seidenstraße – Chinas Weg zur führenden imperialistischen Weltmacht

VON JONATHAN FRÜHLING

Im Mai 2017 lud China zum Gipfeltreffen des „Belt and Road Forums“ ein und die Welt kam: Über 100 Staaten, teilweise sogar vertreten durch ihre Regierungschefs, nahmen an dem Treffen teil. Alle wollen mitprofitieren an der „Neuen Seidenstraße“, dem größten Investitionsprogramm seit dem Marshallplan (Wiederaufbau Westeuropas nach dem Zweiten Weltkrieg), welches von China 2013 ausgerufen wurde. Die Bezeichnung „Seidenstraße“ ist eine propagandistische Anlehnung an die berühmte historische Seidenstraße, die in der Antike und dem frühen Mittelalter Ostasien mit Europa verband. China betont damit auch den wirtschaftlichen Charakter des Projektes.

Um die Intention Chinas zu verstehen müssen wir zunächst auf Chinas eigene Wirtschaft schauen. Seit einigen Jahren versucht China unabhängiger von der Weltwirtschaft und damit krisensicherer zu werden. Deshalb hat es die Infrastruktur des eigenen Landes massiv ausgebaut und die entlegenen Regionen im Westen des Landes entwickelt und mit dem bevölkerungsreichen Osten verbunden. Dieses Entwicklungsmodell, welches China ein stabiles Wachstum von zuletzt immerhin knapp 7% beschert hat, ist nun im eigenen Land an seine Grenzen gestoßen. Momentan kann das Wirtschaftswachstum nur mit einer massiven Staatsverschuldung aufrecht erhalten werden.

Die neue Seidenstraße ist der Versuch ähnliche Projekte in ca. 65 Ländern der Erde zu verwirklichen. Geplant sind Bahntrassen, Häfen, Straßen, Pipelines, Güterumschlagsplätze und Stromleitungen. Geographisch wird in die Richtungen Südostasien, Pakistan, vor allem aber dem zentralasiatischen Raum mit Perspektive in den Nahen Osten und nach Europa geplant. Auch Afrika hat für China als Rohstofflieferant und Absatzmarkt Relevanz und ist deshalb mit eingeschlossen. Dies alles wird als „on Road“ bezeichnet, während geplante Häfen für den Ausbau der Seewege entlang der Routen Europa, Afrika → Asien als „on Belt“ bezeichnet werden.

Was verbirgt sich nun alles hinter der Politik einer neuen Seidenstraße? Zum einen verfolgt China damit auch innenpolitische Interessen. Chinas gewaltige Provinz im Westen des Landes (Xinjiang) ist von einer Reihe ethnischer Minderheiten bewohnt, die teilweise bis heute die Unabhängigkeit fordern. Durch eine handelsbedingte Entwicklung der Region erhofft sich China eine Stabilisierung. Tatsächlich hat sich die Hauptstadt Ürümqi schon zu einem Flugdrehkreuz und dem wichtigsten Handelszentrum Zentralasiens entwickelt.
Im Fokus stehen jedoch vor allem wirtschaftlichen Interessen. China möchte seine Handelswege auf dem Land ausbauen, um notfalls etwas unabhängiger vom leicht angreifbaren Seeweg zu werden. Vor allem aber würden so Importe und Exporte schneller werden. Dies und der Ausbau der Seewege sollen die Versorgung Chinas mit Rohstoffen sichergestellen. Natürlich will China die Projekte vor allem von chinesischen Firmen umsetzen lassen. So holt China das investierte Geld ins eigene Land und kann seine gewaltigen Überkapazitäten im Stahl- und Baugewerbe abbauen.
Sehr wichtig ist aber auch die außenpolitische Komponente des „On Belt, On Road“-Programms. China möchte die betreffenden Staaten stabilisieren, an sich binden und somit zu Verbündeten in der Auseinandersetzung mit den USA machen. Die Seidenstraße soll deshalb auch zu bilateralen Handelsabkommen führen. Es geht also auch darum international an Einfluss zu gewinnen.

International gibt es geteilte Meinungen zu dem Projekt, je nachdem, wie nützlich oder schädlich die Staaten das Projekt für sich einschätzen. Die Staaten, in die die Investitionen fließen sollen, erhoffen sich natürlich einen Aufbau ihrer Infrastruktur (Zentralasien, Südostasien, Afrika, Pakistan). Russland ist einer der stärksten Befürworter, da Russland unabhängiger vom Westen werden will und auf Investitionen aus China erhofft. Von diesen ist jedoch bisher wenig angekommen. Außerdem ist die neue Seidenstraße ein Stück weit auch ein Konkurrenzprojekt zu Russlands „Eurasischer Wirtschaftsunion“ (Freihandelsabkommen zwischen Russland und den meisten zentralasiatischen Staaten). Die europäischen Staaten, allen voran Deutschland, fordern, sich ebenfalls an den Bauvorhaben beteiligen zu können. Dies wurde von China jedoch selbstbewusst abgelehnt, was Deutschland verärgerte.
Die USA sind mit Japan die entschiedensten Gegner des Projektes, da sie eine Stärkung ihres größten Konkurrenten befürchten. Die USA hat mit TTIP (Freihandelsabkommen für Europa und Nordamerika) und TTP (Freihandelsabkommen für Nordamerika und die Pazifikregion) versucht China auszuschließen, fahren aber unter Trump zunehmend einen protektionistischen Kurs. Auch Indien steht dem Projekt skeptisch gegenüber. Erstens sollen keine Investitionen nach Indien fließen, zweitens werden Straßen, Bahnstrecken und Häfen in dem mit Indien verfeindeten Pakistan vorangetrieben. Diese sollen sogar teilweise durch die Region Kaschmir führen, die von Indien beansprucht wird. Die chinesisch-indischen Beziehungen haben sich zuletzt auch wegen Grenzstreitigkeiten im Himalaja verschlechtert. Da Indien ein bevölkerungsreiches und aufstrebendes Land ist, ist es sehr relevant, ob es sich zukünftig auf die Seite der USA oder auf die Chinas schlagen wird. Bisher hat es diese Entscheidung noch nicht getroffen.

Allerdings gibt es bei Chinas großen Ambitionen auch einige Haken. Gewaltige Infrastrukturprojekte beanspruchen auch einen gewaltigen zeitlichen Aufwand. Es wird wohl noch 10 Jahre dauern, bis die Arbeiten an der neuen Seidenstraße richtig in Gang kommen. Auch die bisher sehr wage Planung muss bis dahin konkretisiert werden.
Weiter ist die Finanzierung bei weitem nicht gesichert. Zwar will China den Wert von bis zu 1 Billionen investieren, nötig sind nach Schätzungen aber zwischen 4,5 und 26 Billionen. Einen Teil soll auch die Asiatische Infrastrukturinvestmentbank (AIB) leisten. Sie ist das chinesische Konkurrenzprojekt zum IWF und der Weltbank, die beide von den USA dominiert werden. China ist jedoch zweifellos auf die Unterstützung anderer Staaten angewiesen. Es bleibt außerdem abzuwarten, ob China in der Lage sein wird, die verschiedenen Einzelinteressen der teilhabenden Staaten zu befriedigen. Diese werden nämlich nur mitmachen, wenn sie selbst einen Zugewinn davon haben, was China gebetsmühlenartig versichert. Desweiteren könnte die Instabilität einiger Staaten, wie z.B. Afghanistans, aber auch einiger Staaten Zentralasiens, das Projekt bedrohen. Dabei zeigte sich 2010 in Kirgisistan, dass China bisher unfähig war, auf entsprechende Krisen militärisch in seinem Interesse zu reagieren.
Nebenbei regt sich auch Widerstand in der Bevölkerung gegen Chinas rücksichtslose Politik, die Vertreibungen und schwere Umweltschäden mit einschließt. Umweltaktivisten und die lokale Bevölkerung protestieren, in Pakistan gab es sogar einen Anschläge von Islamist_Innen auf eine Hafenbaustelle am indischen Ozean.

Die Seidenstraßevisionen Chinas zeigen, dass Chinas Kooperationen mit den zentralasiatischen Staaten als Erfolg gewertet werden und es sich auch deshalb weiter in diese Richtung orientieren will. Außerdem beweisen sie, dass China mittlerweile selbstbewusst genug ist, offen mit Weltmachtambitionen aufzutreten und hofft, sich mittelfristig als führende Imperialistische Macht etablieren zu können. Die USA dagegen würde zweifelsohne weiter an Boden verlieren, wenn China seine Ziele verwirklichen kann. Wie erfolgreich das gesamte Projekt wird und welche Staaten sich in einen zukünftigen chinesischen Block einreihen werden, wird sich allerdings erst in einigen Jahren zeigen.




Überall ist Afrin, Überall ist Widerstand

Ausdrucksstarke Demo für Afrin trotz massiver Schikane durch Polizei

Vorhin haben sich in Fulda um die 500 Menschen an der Demonstration in Solidarität mit den Kämpfer_Innen in Afrin beteiligt – für die kleine, konservative Barockstadt ein großer Erfolg. Die Demo war von der ersten bis zu letzten Sekunde, von der ersten bis zur letzten Reihe laut und kämpferisch. Das ist vor allem den vielen Jugendlichen zu verdanken, die einen auffällig großen Teil der Teilnehmer_Innen ausmachten. In Sprechchören forderte die Menge ein Ende des PKK Verbots, ein Ende der Waffenlieferungen an die Türkei und ein Abzug aller Besatzer_Innen von den Gebieten Kurdistans. Mit einer Vielzahl von Plakaten, Transparenten und Fahnen solidarisierte sich die Demo mit dem bewaffneten Widerstandskampf der Kurd_Innen und mit den fortschrittlichen politischen Ansätzen des demokratischen Projekts in Rojava.

War die Demo doch auch ein Ausdruck gegen die Kriminalisierung und Unterdrückung der Kurd_Innen, wurde sie selber von der Polizei mit lächerlichen Auflagen und Personalien-Kontrollen schikaniert. Fahnenstangen über 1,5m durften nicht mitgeführt, sondern mussten durchgebrochen oder dagelassen werden. Menschen die Transparente oder besonders große Fahnen trugen, mussten wahllos ihre Personalien abgeben. Eine endlos lange Liste von verbotenen Fahnen wurde vorgelesen. Auch der Leiter der Veranstaltung von Fulda-stellt-sich-quer verhielt sich nicht gerade rühmlich. Statt die Polizei für ihr Agieren zu kritisieren, setzte er die Teilnehmer_Innen selber unter Druck: Jeder, der den Anweisungen der Polizei nicht widerstandlos folge leiste, würde von der Demo verwiesen. In einem Akt des Protests gegen diese Kriminalisierung und Schikane zeigte ein Genosse von uns am Ende der Abschlusskundgebung die Fahne der YPJ, die mit der YPG in Afrin für das Überleben der Kurd_Innen heldenhaft kämpft. Sofort wurde ihm die Fahne entrissen, er wurde abgeführt, fotografiert und hat nun eine Anzeige am Hals. Menschen in der Nähe der Situation wurden abgedrängt. Die Polizei trat in einer autoritären und aggressiven Art und Weise auf, die wir so in Fulda noch nicht erlebt haben. Das hielt den Leiter der Veranstaltung von Fulda-stellt-sich-quer nicht davon ab, der Polizei am Schluss dafür zu danken, dass sie es uns ermöglicht habe unser Recht auf Protest wahrzunehmen.

Trotz alledem hat uns die geballte Kraft der Demo heute neue Motivation gegeben weiter zu machen und uns nicht einschüchtern zu lassen. Der Kampf wird in die nächste Runde gehen. Überall ist Afrin – überall ist Widerstand!




Proteste im Iran – Wo geht’s hin?

von Peter Böttcher

Seit dem 28. Dezember 2017 erschüttern Massenproteste im Iran das dort herrschende Regime. Ursprünglich gingen die Proteste von der zweitgrößten Stadt des Landes, der eher konservativ geprägten Stadt Maschhad, aus und wuchsen innerhalb kürzester Zeit zu einer landesweiten Bewegung heran. Die Demonstrationen entstehen spontan und selbstorganisiert, überwiegend aus den Arbeiter_Innen- und Armenvierteln, den sogenannten „Haschyeneshin“ heraus. Im Mittelpunkt der Forderungen der Protestierenden stehen die Auszahlung der teils seit Monaten zurückgehaltenen Löhne, eine grundlegende Verbesserung der Lebensbedingungen, die Bekämpfung von Korruption innerhalb der iranischen Eliten sowie der Sturz des herrschenden islamischen Regimes und der Mullahs.

Eine Rebellion aus dem Nichts?

Große Teile der iranischen Bevölkerung verloren im Zuge der seit Jahren anhaltenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten ihre Ersparnisse und verarmten. Die neoliberale Politik des iranischen Regimes, dessen Korruption und die internationale Isolation trieben die Inflation und somit auch die Preise für Waren des alltäglichen Bedarfs in die Höhe. Die Arbeitslosigkeit ist infolge der Wirtschaftskrise dramatisch angestiegen, vor allem unter den Jugendlichen ist diese besonders hoch und liegt bei 28,3 Prozent. Nicht nur die verarmten Teile der Jugend, sondern auch gut ausgebildete Studierende mit Diplom sind hiervon betroffen. Neben der sozialen Frage wird auch die Frauenunterdrückung thematisch aufgegriffen, so beteiligen sich auch viele Frauen an den Demonstrationen, um gegen die patriarchale und religiöse Unterdrückung und für Gleichberechtigung zu protestieren.

Die derzeitige soziale Bewegung im Iran wirft einige bedeutende Unterschiede zu den Massenprotesten von 2009 auf: Damals fanden vordergründig Proteste gegen den Wahlablauf statt. Es waren vor allem Kleinbürgerliche aus den Metropolen, die die zentrale Kraft der Proteste waren. Teilen der verschiedenen Fraktionen der herrschenden Klasse gelang es, die Aufstände für ihre Zwecke zu instrumentalisieren und somit das soziale Programm der Bewegung in den Hintergrund zu drängen.

Zurzeit sieht es genau andersherum aus: Große Teile der herrschenden Klasse distanzierten sich von den Protesten. Sowohl die Revolutionsgarde als auch einheimische und exilierte Reformist_Innen sehen die derzeitig stattfindende Rebellion als Gefährdung des instabilen Kompromisses zwischen den Hardlinern und den moderaten Reformer_Innen.

Außerdem hat die aktuelle Bewegung einen deutlicheren sozialen Charakter, als die sich hauptsächlich auf Unstimmigkeiten im politischen Wahlzirkus beschränkte „Grüne Bewegung“ von 2009. Die soziale Frage wird unmittelbar mit der Frage des Sturzes der Herrschaft der Mullahs verknüpft. Dies zeigt sich unter anderem an den Parolen wie „Brot, Arbeit, Freiheit“ („Nan, Kar, Azadi“), „Tod dem Diktator“ und „Freiheit für die politischen Gefangenen„. 2009 haben die im Iran unterdrückten Völker kaum eine Rolle gespielt, in den aktuellen Aufständen sind Balutschen, Kurd_Innen, Araber_Innen, Aserbaidschaner_Innen und Luren jedoch deutlich präsenter.

Fundamtentalist, Reformist, es ist alles vorbei!“ – dieser Slogan, der von den Studierenden in Teheran aufgeworfen wurde, steht sinnbildlich für den zentralen Unterschied zur damaligen Bewegung: Die Massen wenden sich von ihrer bisherigen politischen Führung – ob islamistisch oder moderat – ab und fordern das ganze Regime heraus.

Reaktion des Iranischen Regimes:

Die Herrschenden im Iran entschlossen sich dazu, der Bewegung offensiv entgegenzutreten und überzogen diese mit massiver Repression. So wurden allein in der ersten Woche über 1000 Menschen verhaftet und 20 Protestierende nach offiziellen Angaben getötet. Es werden vor allem jene Aktivist_Innen eingeschüchtert und eingeknastet, die diese Bewegung maßgeblich von unten mit aufbauen. Insbesondere die linken Studierenden und Dozent_Innen an den Universitäten werden vom islamischen Regime als politische Gefangene genommen. 90 Prozent der Verhafteten sind unter 25 Jahre alt.

Khamenei, der oberste Religionsführer des Irans, erklärte die Protestierenden wie 2009 auch schon zu „Feinden des Landes“. Rohani hingegen, der als moderater Reformer geltende, derzeitige Präsident, heuchelte anfangs Verständnis für die Bewegung und sah darin wohl eine Chance, in der Auseinandersetzung mit den Hardlinern des Regimes Rückenwind zu bekommen. Gleichzeitig mobilisierte die Regierung ihre eigenen Anhänger_Innen auf die Straße und erklärte, die soziale Bewegung sei eine vom US-Imperialismus gesteuerte Aktion, um einen Regime-Change herbeizuführen.

Dennoch, trotz des Vorhabens der herrschenden Klasse, die Situation auszusitzen und trotz der massiven Polizeigewalt, gingen die Proteste weiter und die Jugend, obwohl diese von der Repression am härtesten betroffen ist, stand dabei in den Kämpfen an der vordersten Front. Es fanden auch zögerliche Versuche der Arbeiter_Innen statt, sich zu organisieren und dem Regime durch Arbeitsniederlegungen entgegenzutreten. Dies gestaltet sich jedoch unter den Bedingungen der Illegalität und durch die Repression vonseiten des Staates als äußerst schwierig. Dennoch gab es erste positive Ansätze, so wurde zum Beispiel vor kurzem in Haft Tappeh die größte Zuckerfabrik des Landes bestreikt und durch Arbeiter_Innen die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen und ein Ende der Verhaftungen gefordert.

Wie geht‘s weiter?

Die derzeitig stattfindenden Aufstände lassen sich als Rebellion gegen die Herrschaft der Mullahs bezeichnen, sie stellen jedoch noch keine Revolution dar. Die Bewegung zeichnet sich durch einen schwachen Organisierungsgrad aus und hat bisher keine Führung hervorgebracht. Die Demonstrationen finden größtenteils sehr spontan und ohne eine größere Mobilisierung statt. Die Arbeiter_Innenbewegung im Iran ist aufgrund der jahrzehntelangen massiven Repressionschlichtweg noch zu schwach und unorganisiert, um mit Streiks, Besetzungen und dem Aufbau von Räten das Regime ernsthaft herauszufordern und die Rebellion auf eine höhere Stufe zu heben. Der Aufstand wurde von der iranischen Linken sowie von den liberalen Kräften nicht erwartet und überfordert diese.

Sollten die Proteste weiterhin andauern und nicht zum Erliegen kommen, dann kann es passieren, dass die paramilitärischen reaktionären „Revolutionsgardisten“ zum Einsatz kommen und die Sicherheitsbehörden und das Militär massiv aufgerüstet werden, um die Proteste zu ersticken. Rohani könnte auch durch einen Putsch vonseiten des Militärs ersetzt werden. Dies würde jedoch das angeschlagene Image des theokratischen Regimes noch weiter ankratzen und die ohnehin fragile Herrschaft der Mullahs langfristig gefährden.

Denn das Ergebnis einer Intervention der Revolutionsgarde wären tausende Tote, eine enorme Erhöhung der Verhaftungen, Folter und Vertreibungen, was die Einsicht in die Notwendigkeit des Sturzes dieses Regimes unter den Ausgebeuteten und Unterdrückten nur weiter bestärken würde.

Eine weitere Möglichkeit wäre eine Erschöpfung der Massen durch blinden Aktivismus, die anhaltende Verhaftung von Aktivist_Innen und durch die Gewalt vonseiten der Bullen. Der Bewegung fehlt ein gemeinsames Aktionsprogramm, in denen ihre Forderungen, Taktiken und eine langfristige Strategie zum Sturz des iranischen Regimes demokratisch festgelegt werden. Die Selbstorganisierung beschränkt sich bisher hauptsächlich auf Initiativen von Studierenden, deren aktivsten Köpfe nicht ohne Grund mit als erstes eingeknastet wurden. Die Streiks müssten gezielt ausgeweitet werden, vor allem auf die Ölindustrie, und dürfen nicht lokale Ausnahmen bleiben. Nur durch die massenhafte Aktion der Unterdrückten, durch einen unbegrenzten Generalstreik, kann der Sturz des iranischen Regimes erfolgreich sein.

Die auf den repressiven und klerikalen Apparaten beruhende Macht der Mullahs ist nicht fähig, den sozialen und demokratischen Forderungen der verarmten Massen nachzukommen, und somit wäre es nur eine Frage der Zeit, bis die Proteste von Neuem aufflammen, falls sie zum erliegen kommen sollten. Außerdem könnten die derzeitig stattfindenden Aufstände, wie 2009 auch schon, ein Funke sein, der erneut zu Massenbewegungen im ganzen Nahen Osten gegen die dortigen reaktionären Regimes führt.

Gefahr der imperialistischen Intervention

Der Iran ringt mit anderen reaktionären Staaten wie Israel, Türkei und Saudi-Arabien um die regionale Vormachtstellung im Nahen Osten. Die gesamte Region steht im Zentrum des Kampfes um die Neuaufteilung der Welt zwischen den USA, Russland und anderen imperialistischen Großmächten. Trump, Netanyahu und die Saudische Monarchie sehen in der derzeitigen sozialen Bewegung im Iran sicherlich eine Chance für einen Regime-Change und werden ihrerseits versuchen, auf diese Einfluss zu nehmen. Weiterhin ist die Bewegung selbst sehr vielseitig. Es protestieren nicht nur Linke, sondern auch Monarchisten, Liberale, die Volksmodschahedin und sogar religiöse Fundamentalist_Innen.

Selbstverständlich kann es passieren, dass die Bewegung von den imperialistischen Großmächten oder durch verfeindete Regionalmächte für ihre eigenen Zwecke instrumentalisiert wird oder Reaktionäre Kräfte die Führung übernehmen. Dies ist allerdings kein Grund für uns, den gegen das islamische Regime, für Grundrechte und eine Verbesserung der Lebensbedingungen protestierenden Menschen die Solidarität zu verweigern. Wir werden nicht passiv abwarten, bis die Bewegung eingeknickt ist oder eine hoffentlich progressive Führung hervorbringt.Stattdessen müssen wir Druck aufbauen und auf die Repression aufmerksam machen, die sozialen Forderungen und den Kampf gegen das Regime unterstützen, um sicherzustellen, dass diese Bewegung zu einer revolutionären Kraft gegen die islamistische Diktatur und den Kapitalismus wird.

Was tun?

In der Situation, in der sich der Iran gerade zwischen regionalen Stellvertreter_innenkriegen, internationaler Isolation und den Versuchen der imperialistischen Einflussnahme befindet, können die Forderungen der aktuellen Massenproteste nur noch erfolgreich umgesetzt werden, wenn sie eine sozialistische Perspektive annehmen: Wenn die Kontrolle über die Wirtschaft nicht länger in den Händen der korrupten Herrschenden und den wenigen Besitzenden liegt, sondern gesamtgesellschaftlich für die Bedürfnisse der Menschen geplant wird. Ohne die Enteignung der Herrschenden können keine höheren Löhne und politische Freiheiten erkämpft werden. Gegen die Gefahr der imperialistischen Intervention und der Herrschaft der Mullahs werfen wir die Losung der internationalen proletarischen Revolution auf: DieArbeiter_Innenklasse muss sich selbst in Räten organisieren, das islamische Regime stürzen und Forderungen nach der Kontrolle und Verwaltung der Betriebe und Fabriken aufwerfen. Hierzu gibt es im Iran bspw. auch die historische Erfahrung der Organisierung in sogenannten Schoas, also Räten, die in der Revolution gegen den Schah 1978 entstanden und die Selbstverwaltung der Betriebe eigenhändig durchsetzten.Jeder Versuch, ein solches Vorhaben umzusetzen, wäre zweifellos zum scheitern verurteilt, solange 1. keine revolutionär-marxistische Partei mit einer festen Verankerung in der Arbeiter_Innenklasse existiert und 2. eine etwaige sozialistische Revolution auf den Iran beschränkt bliebe und damit isoliert werden würde. Letztlich kann nur der Aufbau einer solchen internationalen revolutionären Organisation im Iran und überall auf der Welt zum Erfolg der Revolution führen. Darum sollten alle linken, sozialistischen und revolutionären Gruppen im Iran sich in diesem Prozess am Aufbau einer revolutionär-sozialistischen Arbeiter_Innenpartei beteiligen.

Internationale Solidarität

Für uns als revolutionäre Marxist_Innen ist also klar, dass wir weltweit an der Seite der Ausgebeuteten und Unterdrückten stehen müssen und uns mit ihren Kämpfen auseinanderzusetzen haben. Für uns, die hier im Herzen des europäischen Imperialismus leben, bedeutet praktische internationale Solidarität vor allem, die regen Geschäfte von Teilen der Herrschenden hierzulande mit der iranischen Regierung aufzuzeigen und sich der Unterstützung dieser sowie der imperialistischen Einflussnahme Deutschlands und der EU entgegenzustellen. Gleichzeitig müssen wir auch Komplotte des deutschen Kapitals mit den USA, Saudi-Arabien und Israel bekämpfen, die im Iran lediglich ihre eigenen imperialistischen und regionalen Interessen verfolgen, sich aber sonst nicht um die iranischen Jugendlichen und Werktätigen scheren. In Berlin haben wir hierzu die Kundgebung der iranischen Community in Solidarität mit den Protesten gegen die reaktionäre iranische Regierung unterstützt; In Dresden waren wir maßgeblich an der Organisierung einer ersten Soli-Kundgebung beteiligt, wodurch erstmals eine Vernetzung stattfinden konnte – auf einer von uns durchgeführten Soliveranstaltung haben wir gemeinsam mit Menschen aus der iranischen Community und linken Einzelpersonen die Gründung eines Solidaritäts-Komitees beschlossen, um weitere Gruppen und Menschen in die Soliarbeit mit einzubinden. Unser nächster Schritt ist die Organisierung einer Demonstration am 30.01.18: an diesem Tag wird ein weltweiter Aktionstag in Solidarität mit der iranischen Rebellion stattfinden.

 

Darum fordern wir:

  • Die Einstellung jeglicher Rüstungsexporte an alle reaktionären Regimes
  • Die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen im Iran
  • Die Abschaffung der Todesstrafe und Beendigung von Folter und Mord an Aktivist_Innen
  • Die sofortige Auszahlung aller zurückgehaltenen Gehälter
  • Ein umfassendes Investitions- und Sozialprogramm, um die Arbeitslosigkeit und die Armut zu bekämpfen – finanziert durch die massenhafte Enteignung der Besitzenden im Iran
  • Die Vergesellschaftung des Großgrundbesitzes, der Fabriken und Betriebe unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die Werktätigen
  • Und den Sturz des iranischen Regimes mit dem Ziel der Errichtung einer Regierung der Arbeiter_Innen, Bauern und Bäuerinnen, der städtischen Armut und der Jugend
  • Nieder mit dem iranischen Regime! Für eine Sozialistische, säkulare Räteföderation Nahost! Hoch die internationale Solidarität!



Antwort von Pat auf den offenen Brief vom Jugendwiderstand

Liebe Genossinnen und Genossen vom Jugendwiderstand,

euer Solibrief vom 31. Mai hat die Mauern der JVA-Waldheim am 28.10.17 überwunden. Da euch offenbar die Fähigkeiten fehlen, mir das Schreiben selbst zu schicken, habe ich einen meiner „Martin-Schulz-Atzen“ gefragt und 4 Tage später hatte ich euer „agitatorisches Meisterwerk“ dann in meinen Händen. Erstmal danke ich euch für die solidarischen Worte und eure Denkanstöße und möchte euch versichern, dass ich mir einige davon bereits vor Erhalt eures Briefes zu Herzen genommen habe. Wegen verschiedener Brandstiftungen, Raube und gefährlicher Körperverletzungen habe ich 6 Jahre und 8 Monate Haft abkassiert. Mein Anwalt kümmert sich derzeit um die Bildung einer Gesamtstrafe, dann sind´s mit Glück nur 4 bis 5 Jahre. Aber machen wir uns nichts vor! Für massiv Sport, Literatur und den Aufbau von Gefangenenstrukturen bleibt da noch mehr als genug Zeit.

Ich bin inzwischen Sprecher der GG/BO Ortsgruppe Waldheim, konnte ‘ne Menge Literatur pumpen und treibe seit August jeden Tag Sport. Ich will zum Zeitpunkt meiner Entlassung bereit sein, Teil der Maschinerie zu sein, die die bestehende „Ordnung“ aus den Angeln heben wird, den Kapitalismus zerschlägt und eine sozialistische Weltordnung aufbauen wird.

Doch WIE kommen wir dahin? Wir ihr in eurem Brief bereits angedeutet habt, ist der Feind unglaublich mächtig. Armee und Polizei stehen ideologisch fest auf seiner Seite, die „Linke“ versinkt durch ihre inkompetente, inkonsequente Führung in Reformismus und die Gewerkschaften werden größtenteils von Bürokrat_Innen angeführt, die den Bossen näher stehen, als dass sie konsequent die Interessen ihrer Basis vertreten. Da stellt sich natürlich die Frage, WARUM eine revolutionäre Organisation wie REVOLUTION so viel Kraft in Bündnisarbeit steckt. Ganz einfach: REVOLUTION agitiert zwar im Gegensatz zu euch in der ganzen Klasse und nicht nur in den Vierteln, die uns subkulturell nahestehen. Doch reicht auch das noch lange nicht aus, die Klasse als Ganzes ohne Taktiken, ohne Arbeit in Bündnissen zu erreichen. Lenin und die Bolschewiki haben das damals auch schon gepeilt und sind in Zweckbündnisse, in Einheitsfronten gegangen. Das erlaubte ihnen durch die Erfahrungen in der gemeinsamen Praxis, bei schonungsloser Kritik an der reformistischen oder zentristischen Führung, die Klasse im Kampf zu vereinen, sich letztlich an die Spitze dieser Einheit zu stellen. Sie haben also das genaue Gegenteil der Politik betrieben, die ihr betreibt.

Man muss schon hysterische Angst vor der argumentativen Verteidigung des eigenen Programms haben, wenn man als Führung einer revolutionären Organisation einen so taktisch wichtigen Punkt außer Acht lässt. Da verfault man lieber wie die Antideutschen im eigenen Sumpf und verzichtet komplett auf die Diskussion mit anderen Gruppen, prügelt und beleidigt sich stattdessen ins Abseits, weil man schlicht und einfach Angst hat, die Diskussion zu verlieren und sich eventuell eingestehen zu müssen, dass das Programm der anderen Gruppe das effektivere ist. Die Leute von REVOLUTION brauchen diese Angst nicht zu haben, da sie voller Selbstbewusstsein mit einem selbst erarbeiteten Programm in die Debatte gehen und dieses auch verteidigen können.

REVOLUTION hat, wie die Bolschewiki damals auch, erkannt, dass es einen Zusammenhang zwischen Tageskämpfen und dem Kampf um das große Ganze gibt. Nicht umsonst waren es maßgeblich trotzkistische Organisationen, welche in den letzten Jahren Tausende aus den Schulen in die Streiks geführt haben, um Seite an Seite mit den Geflüchteten oder für ihr Recht auf Bildung zu kämpfen. Jugendliche wie wir waren es, die diese Proteste angeführt haben – und wo wart ihr? Ihr hättet ‘zig Schüler_Innen für die Sache rekrutieren können. Aber Gesamtschule ist euch anscheinend nicht Proletariat genug. REVOLUTION hat verstanden, dass es zur Erreichung der Ziele eine revolutionäre Partei braucht, die von organisierten Kampfgruppen verteidigt wird, im Namen der Klasse auch offensiv agieren kann. Als Kampfgruppe wollt ihr euch verkaufen – und „belegt“ das, indem ihr Leuten auf die Fresse haut, die es wagen, euch öffentlich zu widersprechen, in euren Augen kleinbürgerlich aussehen oder den „falschen“ Namen tragen.

Die roten Fahnen welcher Vorväter wollt ihr eigentlich ausgraben? Die von Pol Pot und den Roten Khmer? Leuten vorwerfen, sie würden eine kleinbürgerliche Politik vertreten und kaltmachen wollen, weil sie eine Brille tragen, intellektuell sind oder Ismael mit Nachnamen heißen? Na wenn das für euch Traditionssozialismus ist, würde sich wahrscheinlich selbst Stalin im Grabe umdrehen…

Keiner der „verkappten Martin-Schulz-Verschnitte“ hat mir jemals gesagt, ich soll nicht gegen den Staat kämpfen. Sie haben mich viel mehr dazu ermutigt, sie tun es immer noch! Ich sagte nicht, dass es individueller Terror sei, den Staat anzugreifen. Individueller Terror ist, wenn einige wenige glauben, sie könnten ein von der Klasse abgespaltenes Kampforgan schaffen, welches mittels „terroristischer“ Aktionen die Klasse zum Kampf bringt. Doch haben schon die selbsternannten Sozialrevolutionäre im zaristischen Russland vor 1917 bewiesen, dass die Taktik nach hinten losgeht, weil eine revolutionäre Organisation die ganze Klasse braucht – so wie die Klasse die Organisation braucht. Als Hintergrundlektüre empfehle ich „Der ‚Linke Radikalismus’, die Kinderkrankheit im Kommunismus“ von Lenin. Oder um es mit den Worten eures Propheten zu sagen: „Beginne nie einen Kampf, bevor Du weißt, ob Du ihn gewinnen kannst!“ (Mao). Und die momentane Klassenkampfsituation dürfte die Frage wohl beantworten. Nicht die Mittel bestimmen die Situation, nein, die Situation bestimmt die Mittel. Und das Mittel der politischen Brandstiftung führt normalerweise eben eher zu Verwirrung innerhalb der Klasse und zur Inhaftierung fähiger Genoss_Innen, die beim Aufbau unserer Bewegung auf der Straße gebraucht werden. Darum waren meine Aktionen in Leipzig & Hamburg großer Bullshit.

Darüber hinaus besteht die Klasse eben nicht nur aus ihren ärmsten Teilen von Neukölln bis Leipzig-Grünau – sie ist weit größer und wir müssen sie in ihrer Gesamtheit gewinnen. „Keine zahnlose sozialdemokratische Pseudobewegung mit einer roten Fahne hat das Recht, die Führung unserer Klasse zu übernehmen.“ Da gebe ich euch zu hundert Prozent Recht. Ein Haufen Macker, die „Zerstöre nicht Dich, zerstöre den Feind!“ propagieren, dann aber besoffen selbst in linken Kneipen randalieren und obendrein ‘ne wandelnde Adidas/Nike-Werbekampagne darstellen könnten, hat dieses Recht aber schon gar nicht. Wir sind eben keine Pseudobewegung, die außer Lesekreisen nichts geschissen bekommt. Wir rekrutieren uns aus allen Teilen der Klasse: Vorstadtkids, Ghettokids, Studis, Hauptschüler_Innen, Industriearbeiter_Innen, Supermarktkassierer_Innen, Laute, Leise, Große und Kleine… Sie alle werden gebraucht und haben ihren Stellenwert für die revolutionäre Bewegung. Und ja, auch bei uns sind die meisten selbst aus den ärmeren Schichten und mussten sich im Kindesalter schon durchbeißen.

Und doch wird bei uns niemand zum/r Mitläufer_In erzogen. Und mit dieser Vielzahl an Menschen haben wir immer Erfolge erzielen können – sei es der 11.01.16 in Leipzig, die Schutz bietenden Blöcke bei Blockupy, in Elmau, Magdeburg oder Hamburg oder im Kampf gegen Legida, Pegida und die faschistischen Mobilisierungen der letzten Jahre. Und die Klasse nimmt das auch wohlwollend an. Unser Lob ist der Hass der feindlichen Klassen. Unsere Führer_Innen wurden mit Stichwaffen attackiert, mit Schusswaffen bedroht, verfolgt, medial diffamiert und auf Naziportalen per Kopfgeld gesucht. Als antiimperialistische Gruppe ist es nicht leicht in Sachsen, wo die Antideutschen in der „Linken“ dominieren und Nazis die Straßen unsicher machen. Doch das politische Programm und der innere Zusammenhalt von REVOLUTION haben dafür gesorgt, dass wir uns trotzdem durchsetzen können.

Und was geht bei euch in Neukölln? Ein paar Antideutsche oder Yuppies, die vor euch die Hosen voll haben, dass sie sogar die Fresse halten, wenn ihr ihre Cafés demoliert und bekritzelt. Wenn das euer Maßstab ist… aber in der Berliner Wohlfühloase kann sich so ziemlich jede Gruppe, die 2–3-mal in der Woche ins FitX geht, als Stadtmiliz verkaufen. Kommt mal nach Leipzig oder Dresden und beweist, dass ihr was drauf habt! Rummackern, Leute boxen und Beleidigungen verbreiten kann jede zweite unpolitische Hooligantruppe, aber unser Anspruch ist ein anderer.

Die Scheißtrotzkisten_Innen, die ihr als „Martin-Schulz-Verschnitte“ beleidigt und ohne Argumentationsgrundlage versucht zu diffamieren und ihnen obendrein noch Kollaboration mit dem Klassenfeind vorwerft, haben mehr geleistet, als ihr je könntet. Und auf die Art und Weise denkt ihr, mich für eure Organisation gewinnen zu können? Sorry, aus dem Alter bin ich raus, in dem ich mich mit markigen Sprüchen und ein bisschen Rap überzeugen lasse. Schickt mir euren Zündstoff und versucht, mich von eurer Politik zu überzeugen, nicht mit der Scheiße, die ihr als „Solibrief“ zu verkaufen versucht! Zeigt, dass ihr für die Klasse als Ganzes kämpfen wollt, und kämpft mit uns gemeinsam an der Seite der Entrechteten! Alleine werdet ihr das nicht schaffen, denn mit dieser unsäglichen Sektiererei stärkt ihr lediglich den Klassenfeind und spaltet die Bewegung – oder die Bewegung, die es mal werden soll. Das läuft praktisch auf das Gleiche hinaus, was die Antideutschen anrichten. Oder wollt ihr das sogar?

Der Klassenfeind würde euch mit Freude als Agenten aufnehmen, da er selbst keinen Finger krumm machen muss. Zeigt in der gemeinsamen Praxis, dass eure Ideologie die richtige ist – oder traut ihr euch das nicht? Die Klasse muss in der Aktion einig sein, um den Kampf zu gewinnen. Streitet mit uns über die Ausrichtung dieser Aktion! Aber kämpft mit uns in der Aktion!

REVOLUTION ist die solidarischste Organisation, die ich kenne. Eure Behauptung, sie würden wollen, dass ich voller Demut das Knie beuge, ist eine widerliche Lüge. Ich habe meine Seite gewählt. Ich stehe mit REVOLUTION an der Seite des revolutionären Proletariats und ich hoffe, euch irgendwann auch dort zu treffen. Angriffe außer jenen, die mit Argumenten ausgefochten werden, lassen wir uns aber nicht gefallen. Ich danke euch trotzdem für die gut gemeinten Worte. Antwortet mir doch per Post und schickt mir eure Lektüre! Meine Adresse ist bekannt, meinen Klarnamen werden euch einige Genoss_Innen sicher gern verraten.

Wir sehen uns auf den Straßen der Welt – ob Schulter an Schulter oder Kopf an Kopf, entscheidet ihr.

Mit roten Grüßen

Pat




Die Qual der Wahl

von Saskia Wolf

Wer in den letzten 2 Monaten Nachrichten verfolgt hat, morgens Radio gehört oder einfach nur mit offenen Augen durch die Stadt gelaufen ist, dem wird es zu Ohren gekommen sein. Am 24. September 2017 ist sie wieder: Die Bundestagswahl. Endlich dürfen wir mal wieder eine Entscheidung treffen und die Politiker_Innen scheinen sich auch plötzlich nur noch für unsere Bedürfnisse zu interessieren. Doch leider wissen wir um die Wahrheit. Wir wissen um das geheuchelte Spiel. Daher haben Viele aufgehört, sich überhaupt noch für dieses Spektakel zu interessieren. Doch warum halten wir es dennoch für wichtig, sich dieses Spektakel genauer anzuschauen und an dieser so sinnlos scheinenden Wahl teilzunehmen? Was haben wir Jugendliche davon, an der Bundestagswahl teilzunehmen, zudem ein großer Teil von uns keine Stimme abgeben kann? Und selbst wenn wir könnten, was wählen wir da überhaupt?

Dieses Jahr treten 30 Parteien zunächst gegeneinander an, um am Ende gemeinsam zu regieren. Die geläufigsten sind die CDU, SPD, Die LINKE, Grüne, FDP und AfD. Zusätzlich stellen die benannten Parteien Direktkandidat_Innen, die dann einen bestimmten Wahlkreis vertreten sollen. Um sie dreht sich das laufende Spektakel in unseren Medien. Sie alle wollen einen großen Einfluss im Bundestag erringen. Dieser stellt sich nämlich aus unseren Erst- und Zweitstimmen zusammen. Mit unserer Erststimme wählen wir eine/n der Direktkandidat_Innen, die/der für einen Wahlkreis im Bundestag einziehen soll. Am Ende zählt die relative Mehrheit. Unsere Zweitstimme geht an eine der 30 Parteien und geht dann mit in die Landesliste ein. Am Ende erhält jede Partei einen bundesweiten Prozentsatz. Mit diesem zieht sie dann in den Bundestag, denn der Prozentsatz stellt die Anzahl an Parlamentssitzen dar. Die Zweitstimme ist daher auch wichtiger als die Erststimme.Doch was macht der Bundestag überhaupt, wieso streiten die Politiker sich so um unsere Stimmen? Der Bundestag stellt die Legislative des Gewaltenprinzips der bürgerlichen Demokratie dar. Das bedeutet, die gesetzgebende Gewalt. Hier werden sozusagen alle Gesetze erstellt, die uns in der Vergangenheit so viel Ungerechtigkeit eingebracht haben. Die für den Sozialabbau und die Umverteilung des Geldes von unten nach oben verantwortlich sind und unsere Arbeits-, Ausbildungs–und Wohnverhältnisse weiter verschlechtern. Begriffe wie Harzt IV, die zunehmende Gentrifizierung, die stärkere Überwachung und Kriegsführung sind Ergebnisse daraus. Zu den Aufgabenbereichen gehören Gesetzgebung, Bundeshaushalt, Kontrolle der Regierungsarbeit, Entscheidungen über Bundeswehreinsätze und zu guter Letzt die Wahl der/des Bundeskanzler_In/s. Diese/r stellt dann die Bundesregierung auf, die die Gesetze in praktische Politik umsetzt und ausführt. Die Judikative überwacht als rechtsprechende Gewalt und wird vom Bundes-und Landesgericht gestellt.

Aber warum sich nun dafür interessieren?

Letztlich haben wir also nur sehr wenig Einfluss auf die Machtverteilung und die zukünftigen Geschehnisse in der Politik. In der marxistischen Theorie ist der bürgerliche Staat an sich ein Organ der Klassenherrschaft, der nicht von „oben“ ensteht, sondern aus einem bestimmten Entwicklungsstand der Gesellschaft. Im aktuellen Fall ist er das Organ der Kapitalist_Innenklasse und versucht Klassenkämpfe zu mildern, damit das System nicht zerbricht. Also versucht er die Unterdrückung der Arbeiter_innen durch die Kapitalist_innen zu festigen und zu verschleiern.

Aber warum sich dann um so einen aufgesetzten Mist scheren? Wahlergebnisse sind immer ein Ausdruck über das Kräfteverhältnis der Gesellschaft und das Bewusstsein der Arbeiter_Innenklasse. Das ist auch der Grund, warum wir uns mit den Wahlen und ihren Ergebnissen auseinandersetzen müssen -auch als Jugendliche. Beispielsweise zeigen die Wahlkampfspenden der großen Unternehmer_Innen und Firmen an die CDU/CSU und die FDP auf, dass die deutschen Kapitalist_Innen sich großteils von diesen Kräften repräsentiert sehen und diese unterstützen. Oder anders: Sicherlich, Die Linke würde an der Regierung auch abschieben oder Sozialabbau betreiben, so wie sie es in Berlin oder Thüringen tut als sie an der Regierung war. Aber: ihre Wähler_Innenschaft hat sie nicht deswegen gewählt, sondern weil sie sich dagegen positionieren. Anders als bei CDU, CSU, FDP oder gar AfD.

Also das „kleinere Übel“ wählen? Nein. Wir fordern nicht dazu auf, die Linke zu wählen, weil sie unserem Verständnis nach das „kleinere“ Übel ist, sondern wir benutzen das Mittel der kritischen Wahlunterstützung um ihre Wähler_Innenschaft ansprechen wollen. Viele ihrer Mitglieder_Innen sind in sozialen Bewegungen und Gewerkschaften aktiv. Sie glauben tatsächlich an die Forderungen ihrer Partei (Weg mit Hartz IV, soziale Absicherungen, Rente mit 60, Runter mit den Mieten, Nein zum Krieg), wollen sie umgesetzt sehen und Manche glauben, dass man mit Reformen im Parlament Stück für Stück zu Sozialismus kommt. Daran glauben wir nicht. Die Herrschenden werden nicht zulassen, dass man sich langsam den Sozialismus erschleicht. Dennoch: Die Versprechungen der Linkspartei sollen in der Praxis überprüft werden und wir wollen die Mitglieder und Wähler_Innen in einen Widerspruch bringen. Denn für uns sind sie einer der bewusstesten Teile der Arbeiter_Innenklasse, die wir für unsere Politik gewinnen wollen. Das geht unserer Meinung nach am besten, wenn man die Politik der Linkspartei in der Praxis überprüft und eine klare, antikapitalistische Alternative bietet, die keine Illusionen in das Parlament hat und „mitregieren“,a also letztenendes „mitverwalten“ möchte. Wer wirklich etwas ändern möchte, muss aktiv werden und sich den Kämpfen gegen Ausbeutung, Krieg und Unterdrückung anschließen und die Ursache an der Wurzel packen. Es ist unsere Zukunft bei der gerade wir Jugendliche am wenigsten zu sagen haben. Wir leiden unter diesen politischen Fehlentscheidungen als erstes, sind die ersten, die ihren Job verlieren und die letzten die eine Wohnung bekommen. Diese Zustände gilt es zu ändern, deswegen geht uns der ganze Mist was an!




Schulflugblatt: Bundestagswahl 2017

Hier könnt ihr einen Blick in unser neues Schulflugblatt werfen, was folgende Artikel hat:

  • Alle Jahre wieder: neues Schuljahr, gleicher Mist!
  • Die Qual der Wahl -Geht uns die Bundetagswahl was an?
  • Rot-Rot-Grün: Eine linke Alternative?
  • Unsere Freund_Innen bleiben hier,  Abschiebungen verhindern!

Klick: SchulflugblattBTW2017




Jugendunterdrückung im Betrieb: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“

VON LARS KELLER


Diesen Spruch haben schon viele Azubis, vor allem im technischen und handwerklichen Bereich, von Gesell_Innen und Ausbilder_Innen gehört und sich gefragt: „Was soll das eigentlich heißen?“ Die Redewendung kann im extremen Fall auch so übersetzt werden: „Ich bin der Ausbilder, weiß wie es läuft und der Azubi hat zu tun, was ich sage!“ Andere Sprüche, die man als Azubi zu hören bekommen kann sind beispielsweise „Saustift“ (Azubi im ersten Lehrjahr) oder „Arsch zum Bier holen“ (A-zu-Bi). Nun wird das sicherlich nicht immer ernst gemeint sein, aber es nervt doch irgendwie – mal davon abgesehen, dass „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ auch ein männlich dominiertes Berufsbild reproduziert. Nun, woher kommen eigentlich solche Sprüche und was bewirken sie?


Meist haben die Ausbilder_Innen diese Sprüche selbst aufgeschnappt und zu hören bekommen, als sie Lehrlinge waren und sie auf der untersten Hierarchiestufe im Betrieb standen und die Drecksarbeit machen mussten oder den Gesell_Innen das Werkzeug nachschleppen mussten. Später dann, als sie ausgelernt hatten und ihnen Azubis unterstellt wurden, hatten diese dann wiederum jemanden, der ihre ätzende Arbeit macht – und so geht der Kreislauf weiter.


Gewiss ist heute vieles besser als noch vor einigen Jahrzehnten, sei es vom Gehalt her oder die Tatsache, dass Azubis heute nicht mehr geschlagen werden, wenn ihnen Fehler unterlaufen. Auch ein Lehrgeld müssen Azubis oder ihre Familie heute für gewöhnlich nicht mehr an den Betrieb entrichten. In großen Konzernen wird zudem einiges für die positive Entwicklung von Jugendlichen getan, sei es durch Seminare für soziale Kompetenz oder die Finanzierung des Führerscheins.


Und dennoch: Sprüche wie die oben aufgezählten, das Abwälzen der notwendigen, einfachen und doch beschwerlichen Arbeit auf den Azubi oder zu sagen, dass die Auszubildenden stets gehorsam zu sein haben – all das reproduziert die Jugendunterdrückung am Arbeitsplatz – vor allem in kleinen Betrieben, wo man als Azubi nicht einfach so die Abteilung wechseln kann.


Dabei spreche eigentlich vieles dafür nach einer gewissen Lehrzeit die Azubis mehr einzubeziehen. In der Berufsschule erlernen sie den aktuellen Stand der Technik, die gültigen Vorschriften und moderne Arbeitsweisen. Bei den Ausbilder_Innen oder Facharbeiter_Innen ist das häufig nicht oder nur teilweise der Fall, je nach dem wie gut sie weitergebildet werden, für Weiterbildung offen sind oder wie weit ihre eigene Ausbildung zurückliegt.


Aber natürlich ist es so, dass man als Azubi da nur selten den Mund auf macht und die Facharbeiter_Innen auf Fehler oder so hinweist. Ganz zu Schweigen davon, den Mut aufzubringen und sich darüber beschweren, dass ständiges Kaffee holen nicht in den Rahmenlehrplan gehört oder dass bloßes Zuschauen nur eine begrenzten Bildungseffekt hat. Und natürlich schaltet man lieber auf Durchzug, wenn der Meister etwas Rassistisches oder Sexistisches von sich gibt, als sich dem entgegenzustellen. Der Grund ist ganz einfach: Wenn wir es uns mit den Facharbeiter_Innen verscherzen, spricht sich das erstens schnell herum und zweitens wird die ohnehin schwierige Aufgabe, in der Arbeitswelt Fuß zu fassen, noch erschwert, weil man die Gunst der Facharbeiter_Innen oder Ausbilder_Innen verloren hat. Und das, obwohl junge Arbeiter_Innen meist ohnehin den meisten sozialen Kontakt am Arbeitsplatz erfahren, eben weil sie dort an die 40 Stunden in der Woche sind und Freund_Innen daher nicht mehr so oft sehen können, wie noch zur Schulzeit.


Und nun stellt sich aber doch die Frage: Gibt’s denn gar keinen Weg, die Jugendunterdrückung im Betrieb zu bekämpfen?


Doch die gibt es. Es gibt zum Beispiel die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV), die Azubis und junge Arbeiter_Innen selbst wählen und die für deren Belange und Rechte bei Betriebsrat und bei den Chefs eintreten sollen. Sie können zum Beispiel die Versetzung in eine andere Abteilung durchsetzten, wenn man als Azubi in seiner aktuellen Abteilung nicht mit den Vorgesetzten oder Meister_Innen klar kommt. Eine andere Möglichkeit ist, sich an seine entsprechende Gewerkschaft, bzw. Gewerkschaftsjugend zu wenden.


Es muss aber gesagt werden, dass sich Gewerkschaftsbosse und -funktionäre den Chefs der Betriebe zumeist näher stehen als ihrer eigenen Mitgliedschaft – selbiges gilt für Betriebsräte. Die JAV hat meist eine gewisse Abhängigkeit vom Betriebsrat, bzw. die Jugendgewerkschaft von der Gewerkschaft. Manche in der JAV streben durchaus eine Karriere im Betriebsrat an und die Betriebsräte suchen auf der anderen Seite Nachfolger_Innen, die ihre Politik des Betriebsfriedens anstelle von Arbeitskämpfen übernehmen. Und so setzt sich eine Form der Jugendunterdrückung auch da fort, wo Jugendlichen eigentlich geholfen werden sollte, die Unterdrückung loszuwerden.


Wir müssen abschließend festhalten, dass ein wirkliches Ende der Jugendunterdrückung im Betrieb wie auch sonst auf der Welt, im Kapitalismus nicht zu machen ist. Die Chefs setzten auf Spaltung der Arbeiter_Innen und das, was sie den Facharbeiter_Innen aufhalsen, kriegen Azubis zu spüren. Dem stellen wir die Perspektive des gemeinsamen Kampfes der Azubis und Facharbeiter_Innen entgegen. Die Lehrpläne sollen von Azubis und Facharbeiter_Innen gemeinsam in dafür gewählten Kommissionen entwickelt werden. Zu guter Letzt müssen die Betriebe von Arbeiter_Innen geführt werden und sich nicht im Privatbesitz eines Kapitalisten befinden. Dann gäb’s nämlich keine Chefs mehr, über die sich junge wie alte Arbeiter_Innen auskotzen.