Die Implosion des Reformismus in Bolivien

von Mara Kuja, September 2025 – 7 Minuten Lesezeit

Die Wahlen 2025 in Bolivien haben es noch ein Letztes mal deutlich gezeigt: der Reformismus ist gescheitert, die Partei MAS (Bewegung zum Sozialismus) ist zersplittert und die Wirtschaft hat mit einer starken Inflation zu kämpfen. Die Sozialistische Partei konnte dieses Jahr nur 3% der Stimmen holen und im Oktober wird entschieden, welche von 2 reaktionären Kräften die Führung des Landes übernehmen wird. Nicht ohne Grund spricht man in revolutionären Kreisen auch vom „Fluch des Reformismus“. Aber wie konnte es überhaupt zu solch drastischen Krisen kommen, wenn der Reformismus doch vermeintliche Verbesserungen für die Arbeiterklasse vorsieht? Wenn er in Bolivien doch zunächst eine relativ wohlhabende „Mittelschicht“ schuf? Und inwiefern war eine solche Entwicklung bereits vorhersehbar?

Geschichte Boliviens

Um die Entwicklung in Bolivien nachvollziehen zu können, muss man zunächst einmal Boliviens Vergangenheit verstehen. Bolivien ist wie viele andere Südamerikanische Länder eine spanische Kolonie gewesen. Durch Befreiungskämpfe wird das Land Anfang des 19. Jahrhunderts unabhängig. Bereits hier zeigt sich deutlich der Kampfgeist der bolivianischen Bevölkerung. Im 20. Jahrhundert kommt es zu Konflikten zwischen Großgrundbesitzern und Arbeiter:innen, von da an ist Bolivien von Klassenkämpfen geprägt, die sich durch das gesamte Jahrhundert ziehen werden. Immer wieder kommt es zu Reformen und immer wieder werden diese vom Militär rückgängig gemacht. Bereits hier zeigt sich ein zentrales Problem des Reformismus deutlich: Reformen, welche zu stark gegen die Interessen der herrschenden Klasse gehen, werden von dieser mit Gewalt verhindert. Militär sowie andere staatliche Organe handeln immer zuverlässig im Interesse dieser Klasse. 1952 kommt es schließlich zu einer nationalen Revolution, eine linke Partei gewinnt die Wahlen, zwar kommt es zu einem erneuten Militärputsch, doch eine Revolte aus Studierenden, Arbeiter:innen und Teilen der Armee selber verhindert eine erneute Militärdiktatur. Jedoch scheitert auch diese Regierung aufgrund ihres reformistischen Charakters, weil sie am Ende doch Kapitalinteressen umsetzt. Ab 1964 kommt es erneut zu einer Militärdiktatur, diese wird erst 1982 enden. Diese Reaktion wird hierbei im erheblichen Maße von der USA unterstützt, die ihre imperialistische Kontrolle über den ganzen Kontinent mit aller Gewalt aufrecht zu erhalten versuchen. In dieser Zeit wird Che Guevara in Bolivien ermordet, Guerilla Truppen kämpfen um die Befreiung des Landes und es kommt zu einem wirtschaftlichen Verfall. Nach dem Ende der Militärherrschaft folgen Privatisierungen, wie in vielen lateinamerikanischen Ländern, als vergeblicher Versuch die Wirtschaft wieder aufzubauen. Insgesamt hat das gesamte 20.Jahrhundert in Bolivien zwar den Kampfgeist der bolivianischen Arbeiterklasse bewiesen, aber auch gezeigt, dass es mehr als einen reformistischen Ansatz braucht. Das Militär handelte im Interesse der Bourgeoisie, die Klassenverhältnisse blieben gleich und durch das ständige Zurückrudern und Anpassen an Kapitalinteressen verarmte schließlich die Bevölkerung des Landes und die Wirtschaft brach zusammen. Eigentlich hätte man hier bereits feststellen können, dass es mehr als einen reformistischen Ansatz braucht und doch wird dieser im 21. Jahrhundert fortgeführt.

Ein erneutes Scheitern

2005 gewinnt Evo Morales die Wahlen in Bolivien, mit seiner Partei der MAS. Doch er hat einen scheinbar taktischeren Ansatz als seine Vorgänger im 20. Jahrhundert: Er enteignet den Energiesektor und beginnt Handelsbeziehungen mit Venezuela und Kuba. Die Verstaatlichung teurer Rohstoffe bringt dem Land extra Einnahmen, so lassen sich Sozialprojekte finanzieren. Auch setzt sich Morales für den Schutz der Koka Bauern und indigener Arbeiter:innen ein, auch da er ist der erste bolivianische Präsident mit indigener Herkunft ist. Großgrundbesitzer dürfen nun nur noch Landflächen bis zu einer gewissen Obergrenze besitzen. Indigene Dörfer bekommen Landflächen zugeschrieben. Durch diese extra Einnahmen und Umverteilung schafft Bolivien innerhalb der Arbeiter:innenklasse eine wohlhabendere Mittelschicht, die Wirtschaft boomt und die Armutsrate sinkt. Auch der Analphabetismus geht zurück durch Bildungsreformen und staatliche Schulen. 2009 führt Morales eine neue Verfassung ein, zum Schutz der Arbeiter:innenklasse, indigener Völker und um die Verstaatlichungen sind nun entgültig festgelegt. Trotzdem bleiben die Eigentumsverhältnisse gleich, die Kapitalistenklasse bleibt bestehen, die Arbeiter sind vielleicht ein bisschen zufriedener, ausgebeutet werden sie jedoch trotz besserer Löhne. Auch das ist ein signifikanter Teil des Charakters des Reformismus. Er behandelt Symptome, nicht das Kernproblem des Kapitalismus. Der Reformismus ist allein deswegen zum Scheitern verurteilt und auch Evo Morales wird dies spätestens im Jahr 2019 zu spüren bekommen. Als er erneut antreten will, entgegen seiner eigenen Verfassung, zwingt ihn das Militär zum Rücktritt und es kommt zu einer reaktionären Übergangsregierung. Die nun bestehende Regierung kann sich jedoch nicht lange halten, es kommt zu Protesten aus der Arbeiter:innenklasse, diese werden zwar brutal niedergeschlagen, die MAS gewinnt ihren Einfluss am Ende aber zurück. Doch nicht mit Morales an der Spitze. Luis Arce, ein ehemaliger Banker, leitet die Partei von nun an. Nicht im Interesse von Morales, denn Arce stellt nun auch formell Kapitalinteressen ins Zentrum: er möchte offen mit Großkonzernen zusammenarbeiten. Während Morales einen wortradikalen Linkspopulismus vertritt, steht Arce auch nach außen hin für einen gemäßigten Reformismus. Die Partei zersplittert letztendlich in zwei Pole: Arce und Morales Unterstützer:innen. Auch bahnt sich eine erneute Wirtschaftskrise an. Die Inflation in Bolivien steigt, die einzigen staatlich gesicherten Preise sind die Gaspreise, doch dieses ist nichtmehr verfügbar da die Regierung nicht in neue Gasprojekte investiert und sich Gasimporte nicht leisten kann. Ein erneuter Beweis für ein Versagen des Reformismus, da nur Teile der Industrie verstaatlicht und keinerlei zentrale Planung etabliert wurde.

Als die Wahlen 2025 anstehen, kündigen Morales sowie Arce an sich nicht wieder aufstellen zu lassen, die MAS ist durch innere Konflikte geschwächt, die Arbeiter:innenklasse wurde erneut durch die reformistische Praxis verraten und hat mit einer immer weiter steigenden Inflation zu kämpfen, der Reformismus beweist sich erneut als ewiger Fluch.

Reaktionärer Umschwung

Das kommt reaktionären Kräften zugute, diese können einen „gescheiterten Sozialimus“ perfekt für ihren Populismus nutzen und so gewinnen zwei rechte Parteien 2025 die Wahlen, die MAS holt nur 3%. Ein von ihr abgespaltener Kandidat 8%. Evo Morales ruft dazu auf, die Wahl zu boykottieren, das machen zwar auch zahlreiche Wähler:innen, ob wegen Morales oder einfach aus Desillusionierung ins ganze politische System bleibt jedoch unklar. Der Reformismus im 21 Jahrhundert ist erneut implodiert. Aber nicht unvorhersehbar, Boliviens Geschichte hat bereits im 20 Jahrhundert gezeigt, warum der Reformismus zum Scheitern verurteilt ist hinausläuft und warum es revolutionäre Perspektiven braucht, um das kapitalistische System zu überwinden. Die Partei MAS hat sich wegen der bleibenden Kapitalinteressen, selbst zerfressen. Die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse wurden nicht gebrochen, weswegen auch das Militär immer wieder im Interesse der Bourgeoisie handelte. Die Arbeiterklasse wurde trotz Symptomlinderungen ausgebeutet und auch das Beschränken der Enteignungen auf den Energiesektor wurde der MAS letztendlich zum Verhängnis

eine Antikapitalistische Perspektive

Trotz alle dem hat sich auch der Kampfgeist der bolivianischen Arbeiter:innenklasse und ihr Wille zur grundlegenden Veränderung in den vergangenen Jahrhunderten gezeigt. Sie darf den Kampf nicht einfach aufgeben, vielmehr ist wichtig, dass sich Revolutionär:innen jetzt zusammentun und die Fehler der MAS aufzeigen.

Die MAS muss mit der Bourgeoisie brechen, um Arbeiter:innen und andere unterdrückte Gruppen real vertreten zu können. Aber auch dann darf die MAS nicht bloß auf Wahlen setzen. Es braucht eine revolutionäre Partei welche Übergangsforderungen stellt und für eine Regierung aus Räten – bestehend aus Arbeiter:innen, Jugendlichen, Indigenen und anderen marginalisierten Gruppen – kämpft!

Diese Räte müssen, umgesetzt durch Milizen der Arbeiter:innen und Unterdrückten, den bürgerlichen Staat zerschlagen, der stets im Interesse des Kapitalismus handeln wird und muss! Revolutionäre müssen auf den Weg dahin Druck auf die MAS ausüben einen solchen Weg zu beschreiten, dürfen sich jedoch keine Illusionen in diese machen, sondern müssen bereit sein mit ihr brechende Arbeiter:innen in eine neue, eine revolutionäre, Arbeiter:innenpartei aufzunehmen. Eine solche braucht das bolivianische Proletariat um Bolivien von seiner eigenen Bourgeoisie sowie imperialistischen Mächten zu befreien! Das ist auch wichtig um ein reales Vorbild für Völker mit ähnlichen Problemen in Südamerika aber auch für Revolutionär:innen weltweit darzustellen. Um diesen aufzuzeigen, dass der Kampf noch nicht verloren ist sondern seit Jahrzehnten falsch geführt wird. Denn „Die Ideen einer Zeit, waren stets die Ideen der herrschenden Klasse“ und damit darf die herrschende Klasse nicht die Bourgeoisie bleiben, wenn im Interesse der Arbeiter:innen gehandelt werden soll.

Doch genau diese Verhältnisse bleiben durch den Reformismus bestehen. Darum ist er ein Fehlschluss, ein ewiger Fluch der die Linke Geschichte prägt und die Arbeiter:innenklasse immer wieder aufs neue verrät.




Massenproteste in Indonesien

Jona Everdeen/Urs Hecker, zuerst veröffentlicht in der Infomail 1292 der Gruppe Arbeiter:innenmacht, 15. September 2025, 8 Minuten Lesezeit

Seit Wochen finden in Indonesien Massenproteste statt, die seit der Ermordung des 21-jährigen Motorradtaxifahrers Affan Kurniawan durch einen Panzerwagen der Polizei am 28. August massiv zunahmen. Anfang kam es zu massiven Auseinandersetzungen mit paramilitärisch organisierten Eliteeinheiten der Polizei. Mindestens acht Menschen wurden dabei getötet, Hunderte verletzte, 20 gelten seither als „vermisst“ und mehr als 1.200 wurden verhaftet.

Die Arbeiter:innen und Jugendlichen Indonesien protestieren bereits seit Jahren immer wieder gegen das ausbeuterische, korrupte und autoritäre System. Doch nun kommt die angestaute Wut in einem Ausmaß zum Ausdruck, wie man es lange nicht gesehen hat. Aber warum gerade jetzt? Und wogegen genau kämpfen die Massen in Indonesien?

Indonesiens Lage im imperialistischen System

Auch wenn Indonesien mit über 280 Millionen Einwohner:innen das viertbevölkerungsreichste Land der Welt ist, hat es im Orchester der Weltpolitik sehr wenig zu melden und muss eindeutig als eine Halbkolonie gewertet werden. Entsprechend spielt die oligarchische Bourgeoisie, die wie in vielen Halbkolonien sehr eng mit Militär und Parteienlandschaft verflochten ist, eine doppelte Rolle als (häufig sehr brutale) Herrscherin über die Arbeiter:innen und Armen aber gleichzeitig Vasallin imperialistischer Mächte, die durch ihre ökonomische Überlegenheit Extraprofite aus dem Land ziehen.

Und wie viele diese Länder ist Indonesien besonders von der imperialistischen Krise betroffen. Diese führt in der Tendenz zu einem immer stärkeren Abzug von Kapital, begleitet und bedingt durch Blockbildung und neue Zollschranken. Diese Kapitalflucht bedeutet in ihrer Konsequenz auch eine Schwächung der nationalen Bourgeoisie, eine voranschreitende Deindustrialisierung und damit ein Schwinden der materiellen Grundlagen des bürgerlichen Regimes allgemein. Für die Arbeiter:innenklasse bedeutet sie Massenentlassungen, sinkende Löhne, weitere Verdrängung in den informellen Sektor und Beschäftigung weit unter der Qualifikation. Letzteres trifft dabei vor alle junge Arbeiter:innen, Student:innen, Frauen und Jugendliche.

Ein Höhepunkt findet diese durchs imperialistische Weltsystem hervorgerufene Entwicklung in sog. „failed States“ wie Somalia, in denen die Deindustrialisierung so weit vorangeschritten ist, dass sich die gesellschaftlichen Hauptklassen Bourgeoisie und Proletariat in Auflösung befinden und ein bürgerlicher Zentralstaat entsprechend schwer aufrechterhalten werden kann.

So weit ist es in Indonesien noch lange nicht gekommen, aber auch hier setzt sich seit der Asienkrise Ende der 1990er Jahre eine Tendenz zur Deindustrialisierung und Kapitalflucht immer weiter durch. Machte 2002 die Industrieproduktion noch 32 % des BIP aus, so waren es lt. Financial Times 2024 nur noch 19 %. Dies geht einher mit Massenentlassungen und einer Verarmung der Arbeiter:innenklasse. Allein zwischen Januar und April sind laut Gewerkschaften über 80.000 Arbeiter:innen entlassen worden. Schon 2023 arbeiteten knapp 60 % im informellen Sektor, Tendenz steigend. Bei wachsender Arbeitslosigkeit und Prekarisierung stiegen zugleich die Preise für Lebensmittel massiv, so dass auch die Mittelschichten und Teile des Kleinbürger:innentums immer mehr abrutschen.

Diese ökonomischen Entwicklungen legen in Indonesien, wie auch in anderen Halbkolonien, den Grundstein für einen immer autoritäreren und instabileren bürgerlichen Staat sowie für sozial-politische Revolten der Arbeiter:innen und Jugendlichen.

Der schleichende Weg zur Autokratie

Bereits vor der Übernahme von Prabowo Subianto Djojohadikusumo, unter dessen Vorgänger Joko Widodo, zeichnete sich entsprechend ab, dass in der „drittgrößten Demokratie der Welt“ die Entwicklung in eine autoritäre, und damit verbunden vor allem neoliberale und gesellschaftspolitisch reaktionäre Richtung geht. So in etwa in Form des neuen Strafgesetzes, das „die Verbreitung kommunistischer Ideologie“ unter schwere Strafen stellt und auf Basis erzkonservativer Moralvorstellungen die Freiheit von Jugendlichen, Frauen und Queers beschneidet. Für mehr dazu lest gerne im damals erschienen Artikel: „Außerehelicher Sex und kommunistische Ideen verboten: „Wider die reaktionäre Gesetze in Indonesien! – REVOLUTION“ nach! Widodo griff auch die Lohnabhängigen direkt an mit dem sogenannten „Omnibus Law“ oder auch dem sog. „Gesetz zur Schaffung von Arbeitsplätzen“, dass die Rechte der Arbeiter:innen massiv aufweichte und somit die Ausbeutung durch Oligarchie und Imperialismus vereinfachte.

Widodos Nachfolger Prabowo wiederum wird sicher keine Kehrtwende hinlegen, das zeigt allein seine Biografie. So ist er nicht nur der Schwiegersohn des ehemaligen Diktators Suharto, sondern war auch einer seiner wichtigsten Offiziere im Militär und aktiv beteiligt an mehreren Kriegsverbrechen. Eine Vergangenheit, die er jedoch recht erfolgreich unter den Teppich kehren konnte. Auch wenn Prabowo sich nicht offen als Mann des Militärs präsentiert, zeigt seine Politik dies doch deutlich. So erließ er im März ein Gesetz, das dem Militär mehr Sitze im Parlament und somit mehr politische Mitsprache garantieren soll. Prabowo steht allerdings noch mehr für die Oligarchie des Landes, deren Teil er als Millionär ist, als für die blutige Vergangenheit der Militärdiktatur, in der insgesamt mehrere Millionen Menschen, v. a. Kommunist:innen und Angehörige nationaler Minderheiten, aber auch jede/r andere, der/die das Regime kritisierte, ermordet wurden.

In wenigen Ländern ist die Überschneidung von nationaler Bourgeoisie und Politikerkaste so groß wie in Indonesien. Alle acht 2024 im Parlament vertretene Parteien sprachen sich für Prabowo aus, die meisten sofort nach der Wahl im Februar 2024. Damit hat dieser nun eine so große Koalition, dass es gar keine parlamentarische Opposition mehr gibt. Das zeigt, dass offenbar alle Klüngel der Bourgeoisie ihn als den geeignetsten Mann sehen, ihre Interessen zu vertreten, und die Arbeiter:innen keine Kraft haben, die für sie in Opposition zum System gehen würde.

Diätenerhöhung fürs Parlament, Armut für die Massen

Kommen wir nun konkret zur aktuellen Situation. Während es die letzten Jahre immer wieder, teils auch heftigere Proteste gegeben hatte (gegen das Omnibus Law, gegen das neue Strafgesetz, gegen Kürzungen sowie schließlich auch die Amtseinführung des Ex-Generals Prabowo und seine neoliberalen und militärfreundlichen Gesetzesänderungen) kam es nun zu Protesten neuen Ausmaßes.

Auslöser dafür waren Erhöhungen der Sonderzahlungen für Parlamentsmitglieder. Insbesondere die geplante Wohnzulage für Politiker:innen, die monatlich zehnmal (!) so hoch sein sollte wie der Mindestlohn in der Hauptstadt Jakarta, sorgte für Empörung. Und wurde zum Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Hunderttausende gingen auf die Straße, an vorderster Front Studierende und Gewerkschaften. Die Wut ist besonders hoch, da noch zu Beginn des Jahres umfangreiche Sparmaßnahmen eingeführt worden waren, die besonders den Bau öffentlicher Infrastruktur, die Bildung und das Gesundheitssystems trafen. Das alles vor den oben dargestellten allgemeinen Tendenzen von Massenentlassungen, Lohnsenkungen und Verdrängung in den informellen Sektor.

Repression und Widerstand

Das Regime antwortete zunächst mit Gewalt. Die Polizei griff brutal gegen die Proteste durch, es gab zahlreiche Verletzte und Hunderte Verhaftungen. Doch es gelang ihr nicht, die Bewegung im Keim zu ersticken. Im Gegenteil: als eine Spezialeinheit der Polizei mit ihrem Panzerwagen den Motorradtaxifahrer Affan Kurniawan auf einer Demonstration zu Tode fuhr, feuerte das die Wut der Massen auf höherer Stufe an.

Nun wurden Polizeieinrichtungen und Fahrzeuge gezielt angegriffen, und zwar nicht nur wie bei vorherigen militanten Protesten hauptsächlich in der Hauptstadt, sondern übers ganze Land verteilt. Besonders stark eskalierten die Proteste in Makassar, in der Provinz Süsulawesi (Sulawesi: viertgrößte Insel des Inselstaates), wo ein Regierungsgebäude in Brand gesetzt wurde. Anderswo wurden Häuser besonders verhasster Politiker:innen der Regierungspartei gestürmt und geplündert. Auch die direkte Drohung mit einem Einsatz des Militärs, das bereits in Jakarta an mehreren Punkten zusammengezogen wurde, konnte die Proteste nicht stoppen. Prabowo sah sich schließlich gezwungen zurückzurudern, um seine eigene Macht zu erhalten. So kündigte er an, bestimmte Bezuschussungen für Politiker:innen (wobei er sehr unklar blieb, welche genau und in welchem Ausmaß) zu streichen, außerdem verurteilte er den Mord an Affan Kurniawan scharf und kündigte an, Untersuchungen einzuleiten.

Davon, dass er das ernst meint, ist jedoch sicher nicht auszugehen, was auch den indonesischen Arbeiter:innen und Jugendlichen klar zu sein scheint. So zeigten sie sich bislang unbeeindruckt und setzen die Proteste nach wie vor fort. Neben einer Auflösung des Parlaments und Neuwahlen stellen sie dabei auch explizit soziale Forderungen in den Mittelpunkt, darunter höhere Löhne und geringere Steuern für die armen Massen. Ähnlich wie in Kenia hat sich Wut über Korruption und Selbstbedienung einer eng mit der nationalen Bourgeoisie verzahnten Politiker:innenkaste zu einem Aufstand gegen das System weiterentwickelt, bei dem gewerkschaftlich organisierte Arbeiter:innen sowie Studierende an vorderster Front stehen.

Was braucht es für den Sieg?

Die Arbeiter:innen und Jugendlichen, die inzwischen die „Jolly Roger“-Fahne (Piratenflagge mit Totenkopf) aus One Piece (japanische Manga-Serie) zum inoffiziellen Symbol ihrer Bewegung gemacht haben, beweisen viel Mut. Allerdings wird er alleine nicht ausreichen, um eine bessere Zukunft erkämpfen zu können. In den letzten Jahren haben wir immer wieder extrem mutige und kämpferische Bewegungen in verschiedenen Teilen der Welt erlebt: ob in Lateinamerika, zum Beispiel Chile 2019, Kolumbien 2021 oder Peru 2023; Afrika, so in Kenia letztes Jahr und noch in diesem anhaltend sowie immer wieder aufflammend in verschiedenen Ländern über den gesamten Kontinent; in Europa mit der Massenbewegung in Serbien oder in Südasien, wo es sogar 2021 in Sri Lanka und letzten Sommer in Bangladesch gelang, korrupte Regierungen zu stürzen.

Doch genau wie bereits im Arabischen Frühling 10 Jahre zuvor, zeigte sich auch hier immer und immer wieder dasselbe Muster: Auch die größte Entschlossenheit und Stärke muss irgendwann zum Erliegen kommen, wenn die revolutionäre Führung fehlt, die in der Lage ist dieser Bewegung ein klares Programm zu geben und sie zum Kampf um die Macht zu bündeln.

Es ist die Aufgabe der fortschrittlichsten Arbeiter:innen und Jugendlichen in Indonesien, diese Führung aufzubauen: eine revolutionäre Arbeiter:innenpartei.

Dazu müssen sie ein Aktionsprogramm entwickeln das, basierend auf der Methode der Übergangsprogrammatik und der permanenten Revolution, die aktuelle Bewegung mit den Kämpfen um nationale Befreiung (z. B. in Westpapua), für Land und gegen sexistische Unterdrückung verbindet und den Weg zur Überwindung der imperialistischen Unterdrückung durch die revolutionäre Machteroberung der Arbeiter:innenklasse aufzeigt. Entscheidend ist es dabei, auch diesen Kampf mit dem um eine Revolution in ganz Südostasien und letztendlich der ganzen Welt zu verbinden.

Denn, wie oben aufgezeigt, rühren die sozialen und politischen Probleme Indonesiens aus dem imperialistischem Weltsystem und seiner Krise. Die Arbeiter:innen können in Indonesien und weltweit also nur dann endgültig siegen, wenn sie ihre Kämpfe zu einer weltweiten revolutionären Bewegung zusammenschweißen.

Dafür benötigen wir eine Weltpartei der Arbeiter:innenklasse, eine neue revolutionäre Internationale.




Nepals Jugend steht auf: Wie gegen Korruption gewinnen?

Jaqueline Katherina Singh, zuerst veröffentlicht in der Infomail 1291 der Gruppe Arbeiter:innenmacht, 12. September 2025, 13 Minuten Lesezeit

Bilder des brennenden Singha Durbar, des Palasts mit dem nepalesischen Regierungssitz, jagen um die Welt. Videos zeigen, wie Demonstrierende den Vorsitzenden der Nepalesischen Kongresspartei und seine Frau, die amtierende Außenministerin, verprügeln; Demonstrierende auf Barrikaden und mit Jolly-Roger-Fahnen. Nachdem die Bilder von Massenprotesten in Indonesien um die Welt gegangen sind, folgt nun Nepal.

Während westliche Medien bemüht sind, den Aufruhr als „Generation-Z-Protest“ gegen das Social-Media-Verbot zu verklären, ist das mehr als verkürzt. Wer Regierungssitz und Privathäuser der Reichen in Brand steckt, kämpft nicht für das Recht, auf Social Media zu doomscrollen (Doomscrolling: exzessiver Konsum negativer Nachrichten), sondern gegen ein ganzes System aus Korruption und Ungleichheit. Die zentrale Frage ist: Wie kann der Protest gewonnen werden? Bevor wir diese Frage beantworten, ein Blick auf Ablauf und Hintergründe des Aufstands.

Ein kurzer Abriss

In nicht mal einer Woche hat sich die Lage massiv zugespitzt:

Donnerstag, 4. September 2025: Die nepalesische Regierung verkündete das Verbot von 26 Social-Media-Plattformen wie Instagram, Facebook, WhatsApp oder Snapchat. Kurz darauf folgte ein landesweiter Stromausfall. Offiziell hieß es, die Unternehmen hätten sich geweigert, sich registrieren zu lassen und staatlicher Kontrolle zu unterwerfen. Ganz überraschend kam das Verbot jedoch nicht. Schon im September 2024 hatte das Oberste Gericht Nepals angeordnet, dass sich alle Plattformen registrieren müssen, damit der Staat „unerwünschte Inhalte“ überwachen könne. Am 28. August stellte das Ministerium schließlich ein Ultimatum: sieben Tage Zeit für die Registrierung, andernfalls Abschaltung. Manche Konzerne wie TikTok oder Viber beugten sich (nachdem TikTok zuvor kurzfristig verboten war). Doch andere verweigerten die Auflagen – und so wurden am 4. September mit einem Schlag 26 Plattformen blockiert, darunter auch Facebook, WhatsApp und Instagram. Kritiker:innen sehen jedoch einen anderen Auslöser: In den Wochen zuvor hatten TikTok-Videos die „Nepo-Babys“ der politischen Elite entlarvt – Söhne und Töchter von Minister:innen, die mit Luxusautos und Villen prahlten, in einem Land, in dem das Jahreseinkommen im Schnitt bei 1.400 US-Dollar liegt.

Montag, 8. September 2025: Zehntausende strömten in Kathmandu auf die Straßen, vor allem am Maitighar Mandala (Denkmal) im Zentrum der Stadt und rund um das Parlament in New Baneshwor. Ursprünglich als friedliche Kundgebung organisiert, unter anderem von Anil Baniya von der NGO Hami Nepal, eskalierte die Lage, als ein Demonstrant eine Überwachungskamera mit einem Stein traf. Die Antwort des Regimes: scharfe Munition. Bilanz dieses Tages: mindestens 19 Tote, 347 Verletzte. Einige der Protestierenden, die getroffen wurden, waren Schüler:innen in ihren Schuluniformen!

Baniya sprach später von einer „Kaperung“ der Proteste durch externe Kräfte und Parteikader – doch selbst wenn das stimmte, rechtfertigt es nicht das brutale Vorgehen. Die Kugeln der Sicherheitskräfte verwandelten eine Demonstration in ein Massaker. Am Abend versuchte die Regierung, die Wogen zu glätten: Das Social-Media-Verbot wurde aufgehoben, Innenminister Ramesh Lekhak trat zurück, Ausgangssperren wurden verhängt. Doch da war es zu spät – die Bewegung verlangte bereits den Sturz der gesamten Regierung.

Dienstag, 9. September: Die Proteste gehen weiter. Junge Menschen missachteten Ausgangssperren und versammelten sich weiterhin rund um das Parlamentsgebäude. Einige setzten sogar Gurungs Haus, ein Hotel, am frühen Dienstagmorgen in Brand. Auch in Rauch gehüllt: der Präsidentenpalast, die Residenz des Premierministers, das Privathaus von Premierminister Oli, des Innenministers, das Haus des Oppositionsführers der Kommunistischen Partei Nepals (Maoist:innen). Ebenso wurde die Parteizentrale der CP-UML (KPN-Vereinigte Marxist:innen-Leninist:innen; KPN-VML) angegriffen.

Das Resultat: Premierminister Khadga Prasad Sharma Oli trat zurück, mehrere Minister und Abgeordnete legten ebenfalls ihre Ämter nieder. Noch in derselben Nacht kündigte die nepalesische Armee an, „die Kontrolle“ zu übernehmen, um „Recht und Ordnung“ zu sichern. Gleichzeitig lud das Militär Protestierende zu Friedensgesprächen ein. Die studentischen Führungskräfte arbeiteten nach Angaben eines BBC-Vertreters an einer aktualisierten Liste von Forderungen.

Seither hat die Armee die öffentliche Kontrolle übernommen und versucht, durch eine Kombination aus Inkorporationsangeboten (z. B. an Vertreter:innen der Studierenden) und Repression wieder die Kontrolle zu erlangen.

Hintergründe

Seit dem Ende der Monarchie vor 17 Jahren hat Nepal 13 verschiedene Regierungen erlebt – politische Instabilität, Korruption und wirtschaftliche Stagnation beherrschen das Land.

Bei den Wahlen zum Repräsentantenhaus im Jahr 2022 gewannen die drei kommunistischen Parteien – die KPN-VML, die Kommunistische Partei Nepals (Maoistisches Zentrum; KPN-MZ) und die Kommunistische Partei Nepals (Vereinigte Sozialist:innen) – zusammen fast 44 Prozent der Sitze und erreichten 40 Prozent der Stimmen – ein gutes Zeichen, sollte man meinen.

Aber seit diesen Wahlen gab es 4 unterschiedliche Koalitionen innerhalb von 19 Monaten – bis zu den Protesten wurde die Regierung von der KPN-VML sowie der Nepalesischen Kongresspartei gestellt. Das heißt auch: Eine ganze Generation an Aktivist:innen ist in politischer Instabilität aufgewachsen, unter der sie leiden muss. 2024 lag die Jugendarbeitslosigkeit bei etwa 20 %. Jeden Tag verlassen rund 2.000 junge Nepales:innen das Land, um in den Golfstaaten oder in Südostasien zu arbeiten. Zwischen 2008 und 2022 wurden mehr als 4,7 Millionen neue Arbeitsgenehmigungen ausgestellt. In Indien arbeiten 1 Million Nepales:innen, doch die meisten sind sich einig, dass die tatsächliche Zahl höher liegt. Schätzungen zufolge sind etwa 6 Millionen Menschen (32 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren) im Ausland beschäftigt.

Die Mehrheit der Bevölkerung in Nepal lebt auf dem Land und arbeitet in der Landwirtschaft, die fast 62 % der Beschäftigten stellt, aber nur ein Viertel des BIP erwirtschaftet. Knapp 17 % der Bevölkerung sind in der Industrie beschäftigt, deren Anteil am BIP liegt jedoch nur bei 13 %. Den größten Anteil am BIP macht der Dienstleistungssektor aus, mit 52 % – doch hier arbeiten nur 20,5 % aller Beschäftigten. Die Proteste hingegen sind bislang auf die Städte, vor allem auf Kathmandu, konzentriert.

Die massive Migration aus dem Land, die ökonomische Struktur, die wesentlich die Abhängigkeit vom imperialistischen Finanzkapital widerspiegelt, die Zerrissenheit des Landes zwischen dem Einfluss des indischen, des westlichen und des chinesischen Kapitalismus bilden den Hintergrund für die soziale und politische Dauerkrise des Landes, die seit Anfang September explosiv nach außen tritt.

Führungskrise der Bewegung

Die Bewegung leidet jedoch auch unter einer tiefen Führungskrise. Zwar besitzen Massenproteste wie diese selten einen homogenen Charakter, bisher gibt es jedoch auch keine Kraft, die sich als Führung herauskristallisiert. Gibt es dann keine, die mit einem revolutionären Programm interveniert und den Weg zu einer sozialistischen Umwälzung aufzeigt (und keine kapitalistische Weiterverwaltung des Istzustandes), droht die Energie der Bewegung zu verpuffen – und es ebnet den Weg dafür, dass sich reaktionäre Kräfte etablieren können. Ein Indikator dafür ist, dass bereits jetzt viele der Demonstrierenden das Gefühl haben, dass „ihr“ Protest von Gewalt vereinnahmt wurde. Dabei ist klar zu sagen: Auch wenn willkürliche Gewalt abzulehnen ist, so ist diese bei Revolten und Aufständen schwer zu kontrollieren. Vielmehr ist sie als Entladung der Wut auf den zuvor bestehenden Missstand zu betrachten – und nicht vergleichbar mit der systematischen Gewalt, die jene verursachen, die das kapitalistische Regime aufrechterhalten. Hier gilt es, klar zu sagen: Die falsche, bürgerliche Programmatik der maoistischen Parteien ist Teil des Problems. Im späteren wollen wir auf ihre strategischen Probleme eingehen, nun aber zurück zu den Protesten.
Auch wenn die Monarchist:innen in der Vergangenheit keine breite Zustimmung gefunden haben, so haben sie doch in den letzten Jahren an Auftrieb gewonnen. Ex-König Gyanendra steht für die royalistische Seite, die nach dem Bürgerkrieg gegen die mit den Marxist:innen verbündeten Regierungen opponierte, und wurde in der Vergangenheit als „Symbol des Widerstands“ für all jene präsentiert, die vom gegenwärtigen politischen System enttäuscht sind. Bereits Anfang des Jahres hatten mehrere Tausend Monarchist:innen für eine Restauration demonstriert – diese Proteste wurden niedergeschlagen, mindestens zwei Menschen starben. Die Bezirksverwaltung von Kathmandu verhängte eine zweimonatige Verbotsverfügung für das zentrale Regierungsviertel. Laut der Anordnung wurden öffentliche Versammlungen von mehr als fünf Personen verboten – einschließlich Hungerstreiks, Demonstrationen, Protesten und Kundgebungen. Zwar ist die Etablierung des Ex-Königs unwahrscheinlich, sollte es aber unter einer neuen Regierung zu Enttäuschungen kommen, kann ihn das perspektivisch stärken.

Eine andere Kraft – und durchaus beliebter – ist Balendra Shah, der unabhängige Bürgermeister von Kathmandu. Während Al Jazeera (Al-Dschasira) ihn als Gesicht der Protestbewegung bezeichnete, spekulierte die Times of India bereits, er könne entweder als unabhängiger Kandidat oder über die Rastriya Swatantra Party (RSP; Nationale Unabhängigkeitspartei) für das Amt des Premierministers kandidieren. So schrieb er am Sonntag auf Social Media: „Morgen, bei dieser spontanen Kundgebung, wird keine Partei, kein/e Politiker:in, kein/e Arbeitnehmer:in, kein/e Gesetzgeber:in und kein/e Aktivist:in sie für ihre/seine eigenen Interessen nutzen. Ich werde aufgrund der Altersbeschränkung nicht teilnehmen, aber es ist wichtig, ihre Botschaft zu verstehen. Ich unterstütze sie voll und ganz.“ Passende Worte des ehemaligen Rappers – der wahrscheinlich zu den Politiker:innen gehört, die am meisten profitieren werden können, da er schon in seiner vergangenen Wahlkampagne den Kampf gegen Korruption in den Mittelpunkt stellte.

Diese beiden Tendenzen sind an der Stelle nur exemplarisch, sollen aber aufzeigen, dass die aktuelle Situation nicht automatisch bedeutet, dass fortschrittliche Kräfte von der Lage profitieren. Das wirft die Frage auf: Wie kann es eigentlich weitergehen, um den Kampf gegen Korruption zu gewinnen?

Lehren aus der Vergangenheit

Bisher erreichen viele Forderungen der Protestbewegung Nepals weder die internationale Presse noch die sozialen Medien. Wer Korruption wirklich bekämpfen will, muss tiefer ansetzen – nur symbolische Aktionen oder einzelne Forderungen reichen nicht. Dazu lohnt es sich, aus der Vergangenheit zu lernen: 2024 stürmten Studierende in Bangladesch den Kongress, um gegen Korruption zu kämpfen. Doch was bleibt von der Erhebung? Die Regierungschefin wurde aus dem Land gejagt, die Macht übernahm eine Übergangsregierung, und ehemalige Aktivist:innen wurden in den Apparat integriert – nun sind viele enttäuscht, dass Veränderungen nicht so schnell eintreten wie gewünscht. Das zeigt: Forderungen, die nicht auf systematische Kontrolle der Macht zielen, enden in der Unterordnung unter bürgerliche Strukturen.

Auch die Maoist:innen Nepals zeigen die Gefahr: Sie gewannen den Bürger:innenkrieg 2006 (wenn auch nicht nur wegen des Guerillakampfes, sondern auch massiver Erhebungen der städtischen Bevölkerung). Doch sie lehnten von Beginn an ab, eine Arbeiter:innen- und Bäuer:innenregierung aufzubauen, weil Nepal angeblich für eine solche noch nicht reif sei und erst eine „demokratische“, „antiimperialistische“ (vor allem antiindische) kapitalistische Entwicklung durchlaufen müsse. Folgerichtig traten sie einer bürgerlichen Regierung bei (am Beginn formell noch unter der Monarchie). Landreformen wurden verschoben, der Großgrundbesitz blieb unangetastet – die kapitalistische Ökonomie blieb bestehen mit der Argumentation, dass man „zunächst durch eine bürgerliche Zwischenstufe den Lebensstandard der verarmten Massen heben wollte“.

Die Politik des KPN-Maoistischen Zentrums ist somit ein klassisches Beispiel für die Vereinbarkeit eines bewaffneten, kleinbürgerlichen Kampfes mit reformistischem Parlamentarismus. Innerhalb weniger Monate und ohne irgendwelche starken internen Auseinandersetzungen wechselte die Partei 2006 vom Partisanenkampf in eine Regierungskoalition mit offen bürgerlichen Parteien, um das Konzept der Etablierung einer bürgerlichen Republik basierend auf einer kapitalistischen Wirtschaft zu verwirklichen.

Doch was haben beide Beispiele gemeinsam? Sie illustrieren, dass Korruption nicht durch Appelle oder punktuelle Aktionen gestoppt werden kann – sowie die Unmöglichkeit, im nationalen Rahmen eine volle „Demokratie“ zu entfalten, wenn man gleichzeitig die kapitalistische Ökonomie aufrechterhält. Etappentheoretisches Denken wie bei den Maoist:innen sorgt nur dafür, dass der Status quo erhalten bleibt und man die kapitalistische Misere mitverwaltet.

Seit Jahren sind die verschiedenen „kommunistischen“ Parteien in Nepal in den Staatsapparat integriert, mit Unternehmen und Grundbesitz eng verbunden, und etliche haben selbst den „Aufstieg“ in die besitzende Klasse geschafft. Sie befürworten selbst die Marktwirtschaft. So betonte z. B. die Nepalesische Kommunistische Partei, die 2018 aus einer Fusion von KPN-VML und KPN-MZ hervorging und die Regierung stellte, dass der Privatsektor der „Wachstumsmotor“ des Landes sei und dementsprechend gefördert werden müsse.

Die Beschränkung auf rein demokratische Forderungen, die „ins Leere“ gerichtet sind, also kein Subjekt benennen (wie bspw. Arbeiter:innen und Bäuer:innen), das die Durchsetzung der Forderungen aktiv kontrolliert und mit dem Kampf gegen den Kapitalismus verbindet, führt im Endeffekt ebenso zu einer Unterordnung unter bürgerliche Kräfte. Wer erfolgreich gegen Korruption kämpfen will, muss das Problem an der Wurzel packen: die Macht der Eliten angreifen, Strukturen der Kontrolle benennen und das imperialistische System als Ganzes herausfordern. Gleichzeitig ist klar: Die Befreiung Nepals kann nicht isoliert auf nationaler Ebene erreicht werden – sie erfordert Solidarität und Perspektiven im internationalen Kampf gegen Ausbeutung und Imperialismus. Doch was bedeutet das in der Praxis?

Aufgaben für Revolutionär:innen

Die Aufgabe für Revolutionär:innen besteht darin, innerhalb der Bewegung dafür zu argumentieren, eine strikte Unabhängigkeit von bürgerlichen Parteien zu bewahren – und für ein revolutionäres Programm mit einem proletarischen Klassenstandpunkt zu kämpfen, das die dringendsten Bedürfnisse der Lohnabhängigen, der Bäuer:innenschaft, der unteren Schichten des Kleinbürger:innentums und der Studierenden erfüllen kann. Es braucht Aktionskomitees in Stadtvierteln und auf dem Land, die das aktuelle Geschehen diskutieren und sich gegen Verhaftungen durch die Armee wehren können. Ansonsten droht Zersplitterung der Bewegung aufgrund unterschiedlicher Klasseninteressen, die Übernahme der Führung der Bewegung durch bürgerliche oder kleinbürgerliche Kräfte oder eine „Befriedung“ durch das Militär – und das Feuer, das die „Generation Z“ auf die Straße gebracht hat, droht zu verpuffen.

Daher ist die Frage der Selbstorganisation, des Aufbaus eigener Strukturen und Selbstverteidigungskomitees, die in der Arbeiter:innenklasse und unter Bäuer:innen verankert sind, so wichtig. Gerade das Agieren des Militärs wirft diese Frage auf. Dass es Ansätze dazu gibt, belegt eine Initiative von unabhängigen Marxist:innen, die das „Safal Workers’ Street Committee“ gegründet hat, um die Protestierenden gegen staatliche Gewalt zu verteidigen. Das ist ein richtiger Schritt, der ausgeweitet werden muss. In zwei ihrer Statements werfen sie richtige Forderungen auf: Verhaftung der Regierung, Entwaffnung des Staates, Enteignung der Eigentümer:innen, Bewaffnung der Bevölkerung, Auflösung des Parlaments und Wahlen zu Arbeiter:innenversammlungen. Diese Forderungen müssten zweifellos mit wichtigen anderen dringenden Forderungen gegen den Großgrundbesitz und zum Kampf gegen Arbeitslosigkeit verbunden werden – um aufzuzeigen, dass der Kampf gegen Korruption nur in Verbindung mit diesen Punkten erfolgreich gewonnen werden kann.

Doch das passiert nicht von heute auf morgen. Das volle Potenzial der Bewegung wird nicht komplett genutzt werden können, insbesondere wenn das Militär versucht, die Staatsmacht wiederherzustellen. Gerade deswegen ist es wichtig, inhaltliche Debatten zu führen, um die Lehren aus dem Aufstand zu ziehen, während man weiter versucht, Menschen zu organisieren.
Um Aufstände wie diesen voll zu nutzen, muss eine revolutionäre Partei der Arbeiter:innenklasse aufgebaut werden, die sich aus den revolutionären Arbeiter:innen, Student:innen und Jugendlichen zusammensetzt und mit einem Aktionsprogramm zur Vollendung der Revolution durch den Sturz des Kapitalismus und die Schaffung einer Arbeiter:innen- und Bäuer:innenregierung auf der Grundlage von Räten der Arbeiter:innen, Soldat:innen und Bäuer:innen, die von einer bewaffneten Miliz verteidigt werden, ausgestattet ist. Eine solche Regierung würde sich der unmittelbaren Bedürfnisse der Massen annehmen, indem sie ein Notprogramm gegen Inflation und Armut einführt, das durch die Enteignung der Reichen, des Finanzsektors und des Großkapitals finanziert wird, um eine demokratische Planwirtschaft zu errichten. Nur mit dieser als Grundlage kann das Potenzial voll ausgeschöpft werden – es gilt also, eine Grundlage dafür zu schaffen.

Der Aufstand in Kathmandu vom April 2006 zeigt ebenso wie die aktuellen Proteste, dass selbst in Ländern mit zahlenmäßig kleinem Proletariat die städtischen Massen während der Revolution in den Vordergrund treten können. Beide zeigen, dass es die Möglichkeit einer realen, sozialistischen Umwälzung gibt – und es ist die Aufgabe für Revolutionär:innen, den Weg dorthin aufzuzeigen mittels eines revolutionären Programms, das unmittelbare Forderungen wie den Kampf gegen Korruption mit Elementen verbindet, die den Weg in den Sozialismus aufzeigen, beispielsweise mittels Arbeiter:innen- und Bäuer:innenkontrolle. Ebenso ist der Grundsatz eines solchen Programmes klar: Dauerhafte Befreiung ist nur möglich, wenn sie international passiert. Sozialismus in einem Land ist nicht möglich, deswegen muss er verbunden werden mit dem Aufbau der internationalen Arbeiter:innenbewegung – und dem einer neuen Internationale!




Wie kann die Linkspartei gegen Merz gewinnen?

Von Jona Everdeen, August 2025

Für uns als Arbeiter:innen und Jugendliche ist die neue Bundesregierung sicherlich kein Grund zur Freude. Mit Friedrich Merz haben wir jetzt einen Kanzler, der überhaupt keinen Hehl daraus macht, dass er Politik für „die deutsche Wirtschaft“ aka die Reichen, und damit gegen uns, machen will. Mit seiner „Agenda 2030“ plant Merz und seine Lobbyisten-Regierung einen Generalangriff, der mindestens so massiv auszufallen droht wie die Agenda 2010. Reallöhne sollen sinken, Arbeitsschutz aufgeweicht werden. Alles, was nützlich für uns ist, wird zugunsten der Deutschen Kriegstüchtigkeit weggekürzt. Doch es gibt Hoffnung! Denn bei der Wahl, die Merz zum Kanzler machte, konnte auch die Partei „die Linke“ überraschende 9 Prozent gewinnen.

Diese Wahl stand trotz alledem im Zeichen des Rechtsrucks: Die AfD holte Rekordzahlen, wurde im Osten stärkste Kraft mit zehn Millionen Stimmen. Die CDU mimte das „demokratische“ Ebenbild, SPD und Grüne wiederholten das Mantra vom „Migrationsproblem“ statt über Löhne, Krieg oder Klima zu reden. Friedrich Merz wollte mit FDP- und notfalls AfD-Stimmen ein brutales Anti-Flüchtlingsgesetz durchpeitschen und scheiterte dabei krachend an Abweichlern in den eigenen Reihen. SPD und Grüne empörten sich, buhlten aber weiterhin um Koalition und Regierungsbeteiligung auf Bundesebene mit Merz. Allein Die Linke stellte sich quer, mobilisierte auf der Straße, gewann Momentum und katapultierte sich plötzlich von 5 auf fast 9 Prozent sowie sechs Direktmandate. Wie es dazu kommen konnte? Es gelang der Partei sich zum Ventil aller zu machen, die den Rechtsruck nicht mehr hinnehmen wollten, insbesondere in der Jugend. Die Linkspartei wurde eben dafür gewählt: Einen Pol zu schaffen, der den Rechtsruck nicht nur nicht mitgeht, sondern ihm, im Parlament, auf der Straße und notfalls auch auf den Barrikaden, entgegentritt. Doch wie sieht die Realität aus? Erfüllt die Linke diese Erwartungen?

Die Linke und die Regierung Merz – Eine wenig rühmliche Zwischenbilanz

Bisher leider eher nicht. Zwar spricht sich die Linke noch immer recht deutlich gegen die Politik der Merz-Regierung aus, aber ihren Handlungen merkte man das wenig an. So als Merz im ersten Wahlgang scheiterte und es auf die Stimmen der Linken ankam, ob ein weiterer Wahlgang am selben Tag standfinden kann oder nicht. Dabei entschied sich die Linke dagegen, eine Partei des grundlegenden Widerstands zu sein und Merz tagelang zum Zappelkanzler zu machen, sondern für die „staatspolitische Verantwortung“. Daraufhin freute man sich gar darüber, dass die CDU nun doch mit einem reden musste (die CDU hat eine Unvereinbarkeit mit der Linkspartei). Noch schlimmer war die Zustimmung der Regierungsfraktionen der Linkspartei aus Bremen und Mecklenburg-Vorpommern zu den 500 Milliarden Kriegskrediten für die Aufrüstung der Bundeswehr. Gegen den Beschluss der Bundestagsfraktion, diese konsequent abzulehnen. Zwar gab es dagegen viel Kritik aus der Partei, Konsequenzen blieben jedoch aus.

Der Grund hierfür ist relativ eindeutig: Zwar ist der Flügel der Regierungs“sozialist:innen“ durch die Krise der vergangenen zwei Jahre stark geschwächt, jedoch noch immer noch präsent und ideologisch stark, denn dieser Flügel bestimmt mit der Ausrichtung auf Regierungsbeteiligung und staatspolitischer Verantwortung ja das reformistische Ziel. Währenddessen reden die Bewegungslinken vor allem über angewandte Taktiken und merken ansonsten am Rande an, gerne das Korrektiv in der Opposition spielen zu wollen. Und um „regierungsfähig“ zu sein, ist man in diesem Teil der Partei bereit, sämtliche Prinzipien über Bord zu werfen. Und dazu wirft man sich dann auch Friedrich Merz, der bereit war mit der AfD zu paktieren, an den Hals so wie Grüne und SPD. Das zeigt vor allem eines deutlich: Nämlich, dass der Flügelkampf nicht vorbei ist, nicht vorbei sein darf. Im Gegenteil muss er jetzt umso härter geführt werden, damit die Linke in der Lage ist die Funktion auszuüben, für die sie gewählt wurde. Das ist ein schwieriger Weg, denn Opportunismus und Verrat ist fest integriert in den Charakter einer reformistischen Partei, deren Ziel eben nicht grundsätzlich der Sozialismus ist, sondern Reformen im Rahmen des kapitalistischen Systems. Und daraus folgt dann die Logik, dass man schon selber mitregieren muss, will man diese erreichen. Doch die aktuelle Situation bietet durchaus Chancen, damit zu brechen, denn die Linke hat die historische Möglichkeit sich grundsätzlich neu aufzustellen. Von den inzwischen über 100.000 Mitgliedern (Rekord in der Parteigeschichte) sind rund die Hälfte im letzten Jahr eingetreten. Und die meisten wohl eben nicht, um möglichst bald Teil einer etwas linkeren Ampelkoalition mit zwei roten und einem grünen Blinker zu werden. Doch das wirft eigentlich erst recht viele Fragen auf.

Was muss die Linke jetzt tun?

Zunächst einmal muss klar sein, dass der Kampf nach der Wahl nicht endet, sondern im Gegenteil erst so richtig beginnt. Es ist bereits im Organizing-Wahlkampf und im eisigen Riesa klargeworden, dass es konkrete Aktionen sind, die dafür sorgen, dass die Linke an Einfluss, hier in Form von Stimmen, gewinnt. Das muss nun auf den Parteialltag übertragen werden. Die neuen Genoss:innen müssen in Basisstrukturen organisiert werden, in ihren Vierteln und Dörfern, aber auch in ihren Betrieben, in ihren Universitäten und ihren Schulen. Wir müssen es schaffen, an diesen Orten linke Strukturen aufzubauen, die gegen das Scheißsystem von dort aus aufbegehren, wo es uns hinverweist! Und von da aus dann den Widerstand organisieren! Es gilt als Linke auf die Straße zu stattfindenden Kämpfen zu mobilisieren. Ein sehr positives Beispiel dafür ist die Basisorganisation (BO) Wedding, die eine starke Demonstration durch Berlin-Wedding initiierte, um gegen die Umstellung des Pierburg Werks auf Rüstungsproduktion zu protestieren. Auch muss die Partei sich selber in laufende Bewegungen einbringen, so wie es die LAG Palästina Solidarität in Berlin tut. Dabei mitarbeiten und die eigenen Kräfte dorthin mobilisieren, aber gleichzeitig auch aktiv versuchen, bestehende Bewegungen wie die Palästina-Solidarität, Antifaschismus oder die Klimabewegung, mitzugestalten, und zu einer gemeinsamen Bewegung gegen den Deutschen Imperialismus und seine Regierung zu vereinen! Auch muss die Linke eine starke Opposition in den Gewerkschaften aufwerfen, gegen den bürokratischen Kurs der Beibehaltung der Sozialpartnerschaft und gegen den staatstragenden Kurs. Und hin zu Gewerkschaften, die kämpfen und durch ihre Basis statt der Bürokratie getragen werden! Und zwar auch mit politischen Streiks gegen die Regierung Merz! Dabei hat die Linke die Macht, zum Motor einer ganzen Massenbewegung zu werden, was sie bereits in den Anti-AfD Protesten Anfang des Jahres ein Stück weit bewiesen hat. Sie muss ihre Kraft nur nutzen, ihre 100.000 starke Basis in den Kampf mobilisieren. Das könnte aber auch die Basis und die aktivierten arbeitenden Massen zum Motor eines neuen klassenkämpferischen Aufschwungs bedeuten, die über die kleinlauten Forderungen der Linkspartei hinauswächst.

Wenn die Linkspartei einen solchen Kurs fahren würde, dann könnte sie die Aufgabe übernehmen, die das Proletariat, die Jugend und alle Unterdrückten in Deutschland so dringend brauchen: Eine Führung im Kampf um die Macht gegen das Kapital.

Das entscheidende Problem ist hierbei jedoch das Programm der Linkspartei. Dieses ist im Kern reformistisch und damit an die enggesteckten politischen, juristischen, nationalstaatlichen und vor allem wirtschaftlichen Grenzen des Systems in der BRD gekettet. Wir dürfen uns also keine Illusionen in die Führung der Linkspartei machen, die folgerichtig kein Interesse hat, eine solche Kraft zu sein und ein solches Programm zu vertreten. Daran, dass Bodo Ramelow und Gregor Gysi das System mitverwalten und nicht stürzen wollen, besteht kein Zweifel. Und genau deshalb ist es ein revolutionäres Programm, das wir aufwerfen müssen, um in der Partei diejenigen Genoss:innen zu mobilisieren, die mehr wollen, als für Wahlen an Haustüren klingeln und dann resignieren, wenn die Parteiführung mal wieder ihre Wahlversprechen bricht, um für Sozen und Grüne „regierungsfähig“ zu sein. Wir wollen mobilisieren für eine Revolutionäre Fraktion in der Linkspartei, die für eine echte Revolutionäre Partei kämpft, die aber auch im richtigen Moment mit der Linkspartei bricht! Denn so eine Revolutionäre Partei brauchen wir, um den Kampf gegen die Regierung Merz konsequent zu führen! Und damit verbunden den Kampf gegen den gesamten Kapitalismus!




Die Notwendigkeit einer Jugendinternationale: Wege zur Revolution

August 2025

Kürzungspolitik, Flucht, Krieg oder Klimawandel sind Symptome des Kapitalismus, die Jugendliche weltweit zu spüren bekommen. Diese Krisen existieren nicht isoliert voneinander. Sie alle sind Ausdruck der kapitalistischen Krise und spitzen sich mit ihr weiter zu. Dies passiert international: Jugendliche werden verheizt an der Front im Ukraine-Krieg, in den Bürgerkriegen im Sudan und Kongo, sie sind von Kürzungswellen und maroden Schulen betroffen, fliehen weltweit vor Kriegen und Klimakatastrophen. Diese Krise ist nicht neu aufgetaucht, sondern hat schon 2008, in der damaligen Finanzkrise, den Kopf aus dem Sand gehoben und für massenhafte Entlassungen sowie Sozialkürzungen gesorgt, durch welche versucht wurde, die Krise auf die Arbeiter:innenklasse abzuwälzen. Als Reaktion gab es massenhafte Proteste und Kämpfe gegen diese Angriffe, welche aber, wie etwa beim Scheitern von Syriza in Griechenland oder Podemos in Spanien, in Niederlagen für die gesamte Arbeiter:Innenklasse resultierten. Die Corona-Krise hat zusätzlich für eine weltweit gleichzeitige Unterbrechung der Produktion gesorgt und die internationalen Produktionsketten zeitweise unterbrochen, was zu einem weltweiten Rückgang der Wirtschaft geführt hat und damit auch wieder zur Aufnahme von Schulden, um dies überstehen zu können. Schlussendlich stellte dies, wie wir teilweise bereits jetzt sehen können, ebenso wie 2008 nur eine Verzögerung der Krise dar und damit mehr Zeit, diese durch Angriffe auf die Arbeiter:Innenklasse auf uns abzuwälzen.

Jugendliche sind noch stärker betroffen

Jugendliche sind besonders stark von diesen Krisen betroffen. Wir erleben nicht nur die unmittelbaren Auswirkungen der wirtschaftlichen Instabilität, sondern auch die Folgen von Jugendunterdrückung wie Arbeitslosigkeit und prekäre (Beschäftigungs-)Verhältnisse. Jugendliche sind sozial unterdrückt, da sie sich in einer Phase befinden, welche zwischen der Kindheit und dem vollwertigen Eintritt in die „Arbeitswelt“ liegt. Diese Phase ist für die Arbeiter:innenklasse vor allem durch Reproduktion, also die Sicherstellung, dass die Arbeitsprozesse weiter stattfinden können, geprägt, was insbesondere die Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt und das Erlernen von allgemeinen und spezifischen Fähigkeiten beinhaltet. Der Prozess ist meist nicht profitabel, da die Arbeitskraft erst erschaffen und ausgebildet werden muss, anstatt aus ihr Mehrwert zu pressen. Ebenfalls werden Jugendliche verstärkt ausgebeutet, indem ihre Arbeit als das Sammeln von Erfahrung deklariert wird und daher weniger wert sei. Darüber hinaus dürfen Jugendliche in großen Teilen nicht über das eigene Leben entscheiden und sind massiv von der bürgerlichen Kleinfamilie abhängig.

Trotz dieser Unterdrückung sind es oft Jugendliche, die an vorderster Front auf die Straße gehen, protestieren oder in sozialen Bewegungen aktiv sind. Sie nehmen die Widersprüche des Kapitalismus oft klarer wahr, da sie die bürgerliche Ideologie erst noch „erzogen“ bekommen müssen, und sind weniger demoralisiert als ältere Arbeiter:innen, welche zuvor Kämpfe geführt haben, jedoch ohne langfristige Erfolge. Jugendliche haben meistens weniger zu verlieren und sind oft bereit, mehr zu Opfern. Dieser Umstand verdeutlicht die Notwendigkeit einer revolutionären Jugendorganisation, um gezielt Jugendliche anzusprechen und das revolutionäre Programm in die Jugend zu tragen.

Internationalismus als Basis für die Revolution

Der Kapitalismus befindet sich in seinem höchsten Stadium, dem Imperialismus. In dieser Phase konzentriert sich die Produktion und das Kapital auf wenige Monopole, und es findet eine Verschmelzung des Bank- und Industriekapitals statt. Ebenfalls hat es einen Zuwachs an der Bedeutung vom Export von Produktionsmitteln, also Kapital gegenüber Waren, gegeben. Dabei haben sich international agierende monopolistische Kapitalverbände gebildet, welche die gesamte Welt unter sich aufgeteilt haben. Der Kapitalismus ist also ein weltweites System, und der Klassenfeind ist international organisiert.

Da der Kapitalismus als ein weltweites System funktioniert, muss auch die Revolution international sein. Eine isolierte Revolution, welche nur ihre eigenen Brötchen backen möchte, ist zum Scheitern verurteilt, wie die stalinistisch degenerierten Arbeiter:innenstaaten wie die UdSSR oder DDR gezeigt haben. Der Kampf gegen den Kapitalismus kann nur erfolgreich sein, wenn er international organisiert wird, die Planung, Durchführung und Analyse von nationaler und lokaler Arbeit muss die internationale Lage als Grundlage haben. Um den Kapitalismus zu stürzen und eine sozialistische Gesellschaft zu erreichen, benötigt es eine revolutionäre Internationale mit klarem Programm, die sich dies zur Aufgabe macht.

Jugendinternationale als kommunistische Kampforganisation

Die Grundlage einer internationalen Jugendorganisation muss ein revolutionäres Programm sein. Dieses Programm umfasst Analysen und daraus resultierende Forderungen, die auf Basis einer Übergangsprogrammatik aufgestellt werden, also Forderungen, welche eine Brücke schlagen zwischen Kämpfen um konkrete Reformen und dem revolutionären Übergang zum Sozialismus, mit dem Ziel, innerhalb dieser Kämpfe das Bewusstsein der kämpfenden Arbeiter:innen und Jugendlichen anzuheben und diese für ein revolutionäres Programm zu gewinnen. Das steht in klarem Gegensatz zu den stalinistischen und sozialdemokratischen „Mini-Maxi“-Programmen, die Reformforderungen auf der einen, und Maximalforderungen, die nur im Sozialismus oder Kommunismus möglich sind, beinhalten und voneinander trennen. Durch die fehlende Brücke zum Sozialismus und zur Revolution verkommen die Maximalforderungen zu bloßen, zahnlosen Sonntagsreden, während sich in der Tagespolitik an reformistischen Forderungen abgearbeitet wird.

Das Programm ist die Visitenkarte jeder Organisation. Es zeigt, wofür sie kämpft und wie sie diese Kämpfe führen möchte. Das Programm einer Jugendinternationale muss klar umrissene Forderungen und Analysen für den Kampf gegen den Kapitalismus und für eine sozialistische Zukunft enthalten. Es muss die Erfahrungen der Organisation und die historischen Erfahrungen der Arbeiter:innenbewegung widerspiegeln und auf dem höchsten Stand marxistischer Forschung sein. Gleichzeitig ist es auch ein wichtiges Werkzeug für die Mitglieder, um damit die eigene Aktivität zu unterstützen und um sich daran zu schulen. Ebenfalls kann das Programm gut als messbares Element verwendet werden, um die Richtigkeit der Analysen und Forderungen aus der Vergangenheit zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Das bedeutet auch, dass ein Programm für uns nicht in Stein gemeißelt sein sollte, sondern immer wieder aktuellen Entwicklungen angepasst und aktualisiert werden muss.

Bewusstsein in die Klasse tragen

Durch rein ökonomisch-betriebliche oder tagespolitische Kämpfe entwickelt sich kein revolutionäres Bewusstsein. Um für eine Revolution zu kämpfen, müssen die Arbeiter:innen davon überzeugt sein, dass die Überwindung des Kapitalismus nötig und möglich ist. Dieses revolutionäre Bewusstsein setzt die Kenntnis des Marxismus voraus und kann sich nicht spontan durch Klassenkämpfe entwickeln, da diese auf der reinen Reformebene bleiben und die Ziele innerhalb des Kapitalismus umsetzbar sind, ohne einen direkten Widerspruch zu ihm zu bilden. Daher ist es die Hauptaufgabe von Revolutionär:innen, bestehende Kämpfe zuzuspitzen und die Jugend und die Arbeiter:innenklasse in einen Widerspruch mit dem System zu bringen. Revolutionäres Bewusstsein in die Klasse zu tragen, indem die Arbeiter:innen für ein revolutionäres Programm gewonnen werden – dies ist eine Aufgabe, für die eine kommunistische Organisation benötigt wird. Für die Jugendinternationale heißt das, ein Klassenbewusstsein an die proletarische Jugend zu tragen, vor allem in die führenden Teile dieser.

Verhältnis zur revolutionären Partei

Allgemein kann die Jugend alleine den Kapitalismus nicht stürzen. Diese Aufgabe fällt dem Proletariat zu. Deshalb ist es für die Jugendinternationale unabdingbar, eng mit der revolutionären Partei und der revolutionären Internationale zusammenzuarbeiten, programmatische Diskussionen zu führen und formelle Beziehungen zu unterhalten. Wie das Verhältnis zur Partei im konkreten ist, ob die Jugend ein Teil der Partei oder eine organisatorisch, programmatisch und finanziell unabhängige Organisation ist, lässt sich nicht verallgemeinern. Je nach härte des Klassenkampfes, der Repression, etc. muss dieses Verhältnis bestimmt werden. Dabei ist jedoch wichtig, dass der Jugend der Raum gegeben wird, ihre eigenen Fehler zu machen und aus diesen zu lernen, um kampffähige revolutionäre Kader:innen auszubilden. Aber die Jugendinternationale hat auch die Aufgabe, politische Fehler der Partei zu korrigieren und den Kampf um eine revolutionäre Politik zu führen, sollte dies notwendig sein. Der Verrat der Sozialdemokratie im und vor dem ersten Weltkrieg verdeutlicht das, wo die Jugendinternationale anders als die 2. Internationale ein klares antimilitaristisches Verständnis hatte.

Für den Aufbau einer revolutionären Jugendinternationale!

Der Aufbau einer Jugendinternationale kann nicht linear passieren. Um eine schlagfähige internationale Jugendorganisation aufzubauen müssen wir mit anderen Jugendorganisationen über unser und ihr Programm diskutieren. Insbesondere in einer Zeit von verhärtetem Klassenkampf, globalem Rechtsruck und einer allgemeinen Führungskrise des Proletariats und der Jugend ist diese Aufgabe um so dringlicher. Diese Diskussionen und das entwickeln einer gemeinsamen Praxis können in einer Fusion der Organisationen führen, auf der Basis eines gemeinsamen klaren Programms und einer revolutionären Strategie.




No Justice No Peace– Die Bullen schützen uns nicht

Von Urs Hecker, August 2025

Oury Jalloh, Amad Ahmad, Yaya Jabbi, Achidi John, Laye-Alama Condé, Hussam Fadl, Matiullah J, Qosay Sadam Khalaf, Lamin Touray, Mouhamed Dramé und jetzt Lorenz A.
Die Liste der migrantischen und schwarzen Menschen, vor allem Jugendlichen, die in Deutschland von der Polizei ermordet wurden, könnte noch sehr lange weiteraufgeführt werden.
Erst im April sorgte der Polizeimord an Lorenz A in Oldenburg für große Trauer und Wut.
Lorenz, ein 21 Jahre alter schwarzer Jugendlicher, wurde mit mehreren Schüssen von hinten in den Rücken und in den Kopf von der Polizei ermordet.
Zehntausende gingen und gehen seitdem in Oldenburg und in ganz Deutschland auf die Straße.
Das war kein Einzelfall:  2024 war die Zahl der durch Polizeischüsse ermordeten so hoch wie noch nie seit Beginn der statistischen Aufzeichnung.

Der Rassismus hat System

Immer wieder ermordet die deutsche Polizei also migrantische Menschen, immer wieder nimmt sie danach selbst die Ermittlungen auf, immer wieder werden daraufhin die Verfahren gegen die Mörder eingestellt. 2023 landeten von über 4500 Ermittlungsverfahren gegen die Polizei, lediglich 80 bei einem Landgericht, Statistiken zu Verurteilungen gibt es kaum, aber sie dürften sehr gering ausfallen.
Dieser Rassismus, diese Gewalt hat also System!
Dieses System heißt bürgerlicher Staat und Kapitalismus!
Das Kapital hat den Rassismus historisch geschaffen und braucht ihn auch heute.
Der Rassismus nütz ihm dazu, die Arbeiter: innen zu spalten, in dem er eine abgesonderte, entrechtete und unterdrückte Schicht schafft, die besonders stark ausgebeutet werden kann (z.B. durch Sklaverei oder Niedriglohnsektoren). Dem Gegenüber schafft er eine weitere Schicht vergleichsweise privilegierter Arbeiter:innen, die sich dem entsprechend oft mit dem Staat und seiner Herrschaft identifizieren und ein Überlegenheitsgefühl gegenüber den rassistisch Unterdrückten entwickeln.
Diese Spaltung sorgt dafür, dass zum einen rassistisch Unterdrückte besonders stark ausgebeutet werden und zum anderen, dass man sich aber auch grundsätzlich nur schlecht gegen das Kapital wehren kann, da man nicht zusammen kämpft.
Dieser Rassismus ist in jedem bürgerlichem Staat verankert, da alle einen Teil ihrer Bevölkerung als Staatsbürger:innen gegenüber einem anderen Teil, die es nicht sind, privilegieren.
Die Polizei übernimmt dabei die Rolle, die institutionalisierte rassistische Unterdrückung durchzusetzen, also die rassistischen Gesetze anzuwenden. Sie schiebt ab, kriminalisiert ganze Bevölkerungsgruppen durch Racial Profiling, terrorisiert die Wohnviertel migrantischer Menschen, verfolgt politische Organisationen der migrantischen Community und schütz die Eigentumsordnung, die den Rassismus erst hervorbringt.
Im Rechtsruck und mit zunehmender Repression spitzt sich das nochmal zu, wenn eine Abschiebeoffensive die nächste jagt, das Recht auf Asyl praktisch abgeschafft wird, Palästinademonstrationen zusammengeschlagen werden und Viertel wie Neukölln regelrecht besetzt werden.
Es ist bei diesem Aufgabenbereich also auch kein Zufall, wenn in der Polizei selbst massiver Rassismus vorherrscht und sich zum Beispiel die Spitzen der beiden Polizei- „Gewerkschaften“ regelmäßig extrem rassistisch äußern.
Diese grundlegend rassistischen Aufgaben und die damit einhergehende rassistische Einstellung innerhalb der Polizei, führen dann auch immer wieder, und im Rechtsruck immer mehr, zu rassistischen Morden der Polizei.
Die Polizei „ermittelt“ dann wie oben erwähnt selbst „gegen sich“, wobei dann so gut wie immer die eigenen Kolleg:innen geschützt werden.
Der Staat hat auch kein Interesse daran diese Morde aufzuklären, lieber schützt er seinen Schlägertrupp und den Rassismus, den er ja selbst institutionalisiert.
Deswegen würde es auch nur begrenzt nützen, eine von der Polizei unabhängige Behörde zu schaffen, die diese kontrolliert, der ganze Staat, alle seine Behörden und die gesamte kapitalistische Produktionsweise sind von Rassismus durchzogen, eine „unabhängige“ Behörde würde den Rassismus also nur abermals reproduzieren.

Wir schützen uns selbst! Abolish the Police!

Wenn der Staat uns nicht schützen kann, müssen wir das eben selber tun. Wir, das meint die migrantische Community, alle vom Rassismus Unterdrückten, die Arbeiter:innenklasse und die Jugend. Wenn wir Selbstverteidigungskomitees gegen Abschiebungen, Polizeigewalt und Gewalt durch Nazis aufbauen, können wir die rassistische Gewalt zurückdrängen. In den USA zeigen uns die Proteste gegen ICE aktuell was möglich ist, wenn wir uns zusammentun und uns gemeinsam der rassistischen staatlichen Gewalt entgegenstellen. Die Selbstverteidigungskomitees die wir aufbauen wollen, müssen dabei besonders breit sein und sich auf größere Organisationen der migrantischen Community und der Arbeiter:innenklasse stützen, deswegen müssen wir auch Gewerkschaften und Linkspartei dazu aufrufen, an ihnen teilzunehmen bzw. sie ins Leben zu rufen. Diese Komitees müssen dann demokratisch gewählt und strukturiert werden.
Dabei dürfen wir aber natürlich nicht den Rassismus unterschätzen, der aktuell in den Gewerkschaften, der Linkspartei wie in der ganzen Arbeiter:innenklasse, so auch innerhalb der radikalen Linken vorhanden ist.
Um rassistische Gewalt zu bekämpfen, müssen wir auch grundsätzlich dem Rassismus und dem Rechtsruck den Kampf ansagen. Auch in den Gewerkschaften und auch gegenüber der Linkspartei.

Letztlich können wir den Rassismus aber nur wirklich bekämpfen, wenn wir ihm seine Grundlage entziehen: Das kapitalistische System, welches uns dazu zwingt, uns tagtäglich zu Bedingungen ausbeuten zu lassen, die die Kapitalist:innen nach ihren Interessen festlegen, muss überwunden und durch ein sozialistisches und solidarisches System ersetzt werden.

Im Hier und Jetzt schlagen wir folgende Forderungen für den Kampf gegen rassistische Polizeigewalt vor:

  • Abolish the Police – Polizei abschaffen und durch Selbstverteidigungskomitees von rassistisch Unterdrückten, Arbeiter: innen und Jugendlichen ersetzen!
  • Keine Massenüberwachung z.B. durch, Vorratsdatenspeicherung, Bundestrojaner, Videoüberwachung usw.!
  • Kein Racial Profiling und ein hartes Aburteilen von Bullen, die Racial Profiling anwenden!
  • Polizist:innen, die gewalttätig werden, sollen vor Volksgerichte gestellt und diese bei Bedarf abgeurteilt werden! Dafür müssen sie durch ein individuelles Erkennungszeichen identifizierbar sein!
  • Keine Militarisierung der Polizei. Sofortige Entwaffnung der Polizei, vor allem was Taser, Maschinenpistolen, Knarren und Handgranaten angeht!
  • Gemeinsamer Kampf der Arbeiter:innen aller Nationalitäten: Kein Platz für rassistische Positionen in den Gewerkschaften! Keine Rassist:innen in Gewerkschaftsfunktionen, in Betriebs- und Personalräten! Für das Recht aller Migrant:innen und Geflüchteten, den DGB-Gewerkschaften beizutreten!
  • Polizei aus dem DGB schmeißen! Bullen gehören nicht zur Arbeiter:innenklasse, sondern sind die Schlägertruppe des Kapitals!
  • Schluss mit den Abschiebungen! Volle Staatsbüger:innenrechte für alle, die hier leben wollen!



NATO zerschlagen!

Von Yorick F.

Am 14. und 15.06.2025 fand der 81. NATO-Gipfel in Den Haag statt. Dieser Text ist Teil eines Flugblatts, das wir als REVOLUTION beim Gegengipfel und Protest verteilt haben.

Die Kriegsvorbereitungen sind im vollen Gange: Der Plan des NATO-Gipfels 2025 ist nicht nur die praktische Koordination auf eine Konfrontation mit dem strategischen Rivalen Russland, sondern vor allem eine massive Aufrüstung der NATO-Staaten auf 5 % (!) des BIP. In Deutschland wären das etwa 215 Milliarden Euro – ungefähr die Hälfte des Bundeshaushalts – jährlich für Militärausgaben.

Gleichzeitig wird der Gipfel wahrscheinlich ein Ort sein, an dem die inneren Widersprüche der NATO und die unterschiedlichen Interessen hinter verschiedenen Ideen zur langfristigen Ausrichtung sichtbar werden. Um gemeinsam über Taktiken gegen den Gipfel, seine Akteure und Beschlüsse zu diskutieren, ist es daher wichtig, sich dieser Widersprüche bewusst zu sein und einen Blick auf Geschichte und Gegenwart der NATO zu werfen.

Gründung und Anfangsjahre

Die NATO entstand aus den Querelen der Nachkriegsordnung. Die USA traten erst 1941 in den Zweiten Weltkrieg ein, um nach dem Sieg über Faschismus den Einflusszuwachs der Sowjetunion einzudämmen und ihre Vormachtstellung zu sichern. Nach der Befreiung Europas herrschte eine fragile Nachkriegsordnung, in der beide Supermächte jede eigenständige revolutionäre Bewegung unterdrückten, die in vielen Ländern aufflammte. Die USA bereiteten schon vor Kriegsende die NATO vor, lösten Großbritannien als weltweit mächtigste Macht ab und zementierten ihre Position durch Bretton-Woods, das den Dollar an Gold band und zur sicheren Weltwährung machte. Zugleich entstand mit dem IWF der finanzpolitischer Arm der NATO, der maßgeblich als Werkzeug zur ökonomischen Auspressung und Niederhaltung halbkolonialer Länder dient.

Diese Instrumente waren Teil der Containment-Politik gegen die Sowjetunion, die direkt zur Gründung der NATO führte – von Beginn an ein Bündnis des Imperialismus gegen die SU. Gründungsmitglieder neben den USA waren Kanada, Frankreich, Großbritannien, Norwegen, die Niederlande und Portugal. Die NATO ist jedoch nicht einfach als verlängerter Arm der USA zu verstehen, war sie doch von Anfang von Konflikten ihrer Mitglieder geprägt; Frankreich trat 1966 aus und wies 40 000 Soldaten aus. Solche Spannungen, später etwa zwischen Griechenland und der Türkei, blieben kennzeichnend.

Zusammenbruch Stalinismus und „War on Terror“

Im Kalten Krieg führte die NATO vor allem Stellvertreterkriege gegen die Sowjetunion oder von ihr unterstützte Bewegungen wie in Vietnam oder Afghanistan. Das änderte sich mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991, indem nicht nur die bipolare Weltordnung starb, sondern bald die neuen Mächte China und Russland aus den Trümmern aufstiegen und damit eine neue Epoche des Imperialismus einläuteten. Auch innerhalb des Bündnisses verschob sich das Gewicht: Die BRD wuchs durch die Annexion der DDR über seine Juniorpartnerrolle hinaus und bildete mit Frankreich einen EU-Block.

Voraussetzung für die „Wiedervereinigung“ Deutschlands war die Zustimmung der Sowjetunion. Beim 2+4-Vertrag versprach Washington, nicht nach Osten zu expandieren. Trotzdem traten bis 2009 zwölf Staaten der NATO bei; US-Truppen rückten bis an Russlands Grenze. Deutschland suchte zugleich immer wieder Annäherung an Moskau, um sich auch etwas Unabhängigkeit von Washington zu ermöglichen.

Unter US-Führung gab sich die NATO in den 1990ern eine neue Doktrin: Mobile Einheiten sollten „Failed States“ und Terrororganisationen bekämpfen. Statt Massenarmeen dominieren seither kleinere, spezialisierte, gut ausgebildete und ausgerüstete Eingreiftruppen. Die blutigen Einsätze in Irak, Iran, Syrien und Afghanistan zeugen genau davon. Alle wurden darüber hinaus als „humanitäre Interventionen“ oder vor allem nach dem 11. September 2001 als „Kampf gegen den Terror“ legitimiert. Der antimuslimische Rassismus wurde in diesem Zuge zur Schlüsselideologie der meisten westlichen imperialistischen Staaten und dient bis heute dazu, innenpolitisch zu spalten und außenpolitisch Verbrechen wie Foltergefängnisse im Irak, das Abschlachten von Zivilist:innen in Afghanistan oder den Genozid in Gaza zu legitimieren.

Die NATO heute

Im Zuge der sich zuspitzenden imperialistischen Blockbildung steht die NATO vor neuen Aufgaben. Auch wenn man nicht von einem „neuen Kalten Krieg“ mit Russland oder vielmehr China als strategischem Hauptrivalen sprechen kann, da kein grundlegender Systemkonflikt besteht, ähneln die Anforderungen an die NATO zunehmend denen vergangener Konfrontationen.

Pläne wie der sogenannte „Operationsplan Deutschland“, Diskussionen über die Wiedereinführung der Wehrpflicht in verschiedenen NATO-Staaten und nicht zuletzt das für den Gipfel formulierte 5%-Ziel zeigen, dass sich die NATO auf die Möglichkeit eines groß angelegten innerimperialistischen Landkriegs vorbereitet. Die für frühere NATO-Einsätze konzipierten Einheiten – gut ausgerüstet, aber für andere Einsatzszenarien ausgelegt – wären dafür nicht ausreichend.

In nahezu allen NATO-Staaten, ob in den USA, den Niederlanden oder Deutschland, geht diese Aufrüstung mit sozialen Kürzungen, Angriffen auf die Arbeiter:innenklasse und Jugend, massiver rassistischer Mobilisierung und einem globalen Rechtsruck einher.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass innerhalb der NATO Harmonie herrscht oder sie als einheitliches „Empire“ bzw. als Superimperialismus verstanden werden kann. Im Gegenteil: Besonders mit einer weiteren Wiederwahl Trumps steht das Bündnis vor strategisch brisanten Fragen, in denen die Mitgliedsstaaten unterschiedliche Interessen verfolgen.

Zwar gelang es den USA im Zuge des Ukrainekriegs, das zuvor strategisch Richtung Russland schielende Deutschland fester in den eigenen Block zu integrieren und unterzuordnen. Doch geschah dies nicht widerspruchslos und ist keineswegs gesichert. Für die EU-Staaten ist nach dem Abbruch der Handelsbeziehungen zu Moskau Russland der zentrale Konkurrent, während Trump China als langfristige Bedrohung sieht. Daher strebt er eine rasche „Befriedung“ des Ukrainekriegs durch imperialistische Aneignung ukrainischer Ressourcen an, um Kapazitäten für den Genozid in Gaza und eine mögliche Konfrontation mit China freizumachen.

Vor diesem Hintergrund lässt sich die eigenständige Militarisierung Europas nur in ihrer Widersprüchlichkeit begreifen: Einerseits als Versuch, Eigenständigkeit zu gewinnen und sich als eigenständiger Akteur zu etablieren; andererseits als Forderung der USA an Staaten wie die BRD.

Die NATO ist und war also ein in sich widersprüchliches Staatenbündnis – zwar klar vom US-Imperialismus dominiert, jedoch auch mit einem im Inneren rivalisierenden Block um Deutschland und Frankreich.

Wie dagegen?

Für uns als Revolutionär:Innen ist klar: Die NATO gehört zerschlagen! Wir lehnen sie als Organ des Imperialismus ab und sehen im Kampf gegen sie und ihre Kriege ein wichtiges Arbeitsfeld. Gleichzeitig muss uns klar sein, dass es keinen ausschließlichen Kampf gegen die NATO geben kann, um erfolgreich zu sein. Wer beim Kampf gegen die NATO vom Klassenkampf nicht reden möchte, landet schnell bei Illusionen in andere Institutionen der imperialistischen Staaten wie die UN oder in der Vorstellung einer „friedlichen“ multipolaren Weltordnung – letztlich also genau der Ordnung, welche Kriege, Ausbeutung und Krise mit sich bringt.

Ein Kampf, der innerhalb seiner nationalen Grenzen verweilt, kann ebenso nicht erfolgreich sein. Schließlich ist die NATO ein internationales Staatenbündnis, der Kapitalismus ein internationales System und insbesondere im Zeitalter des Imperialismus von nicht voneinander zu trennenden internationalen Entwicklungen bestimmt. Kämpfe, die sich nur im nationalen Rahmen abspielen, müssen deshalb im besten Fall ein Kampf gegen Windmühlen bleiben und haben im schlimmsten Fall campistische Solidarisierungen mit dem, dem eigenen Imperialismus feindlich gegenüberstehenden, Imperialismus zur Folge – frei nach der Devise: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“.

Gleichzeitig führt ein Fokus auf den nicht „hauseigenen“ Imperialismus zu einem Herunterspielen desselben und letztlich zu fatalen taktischen oder strategischen Zugeständnissen, auch wenn der ausgemachte Hauptfeind – z. B. in Form der USA – auf der vermeintlich eigenen Seite steht. Dies ist aber auch eine grundfalsche Politik: Der tatsächliche Hauptfeind steht für jede Arbeiter:Innenklasse in imperialistischen Ländern im jeweils eigenen Land. Eben dieser Staat ist es, der sie tagtäglich ausbeutet, nach innen mit Repressionen überzieht, sollten sie sich dagegen wehren, und sie für seine Interessen bzw. die seiner Verbündeten in den Krieg schickt.

Aus diesen Gründen braucht es unserer Ansicht nach im Kampf gegen die NATO eine neue Internationale. Als revolutionäre Jugendliche treten wir insbesondere für den Aufbau einer neuen Jugendinternationale ein, welche der mörderischen imperialistischen Kriegsmaschinerie ein Ende setzen kann – ob NATO, China oder Russland: Den imperialistischen Mächten in den Rücken fallen!




Genozid in Gaza: Plötzlich waren alle immer schon dagegen

Von Sani Meier, August 2025

Seit einigen Wochen lässt sich eine Veränderung in der Berichterstattung deutscher Medien und den Äußerungen von Politiker:innen beobachten, wenn es um die aktuellen Entwicklungen in Gaza geht. Während es bislang so gut wie keine kritische Stimme in den Nachrichten von tagesschau & Co. gab und jegliches brutale Vorgehen der israelischen Regierung mit dem 07. Oktober und der Freilassung der Geiseln gerechtfertigt wurde, wird Israel seit Kurzem immer wieder zur Mäßigung aufgefordert. Es sind besonders die Berichte über das gezielte Aushungern der palästinensischen Bevölkerung, die wohl nicht länger ignoriert werden können. Warum diese neue Form der Kritik an Israel zwar auf den ersten Blick nach einem Erfolg der palästina-solidarischen Bewegung aussieht, wir uns aber dennoch nicht davon täuschen lassen sollten, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Der Genozid an den Palästinenser:innen erreicht seit Kurzem seine wohl brutalste Stufe: Eine Bodenoffensive, die von einer flächendeckenden Bombardierung aus der Luft begleitet wurde, ermordete mehrere hundert Menschen in nur wenigen Tagen. Das Ziel des Ganzen: Die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens soll in den Süden getrieben, dort konzentriert und dann zwangsumgesiedelt werden. Während so die ethnische Säuberung vorbereitet wird, setzt die israelische Regierung zusätzlich Hunger als Kriegswaffe ein, indem sie über mehrere Monate jegliche Hilfslieferungen in den Gazastreifen blockierte. Die Vereinten Nationen warnten Ende Mai davor, dass dadurch innerhalb von 48 Stunden 14 Tausend Babys verhungern könnten. Großbritannien, Frankreich und Kanada kündigten daraufhin Sanktionen gegen Israel an, und Netanyahu ließ notgedrungen 10 LKWs mit Hilfsgütern über die Grenze. Dabei gab er offen zu, dass er nur das Mindestmaß an Essen liefern würde, um die Sanktionen zu verhindern und seine Militäroffensive weiter fortführen zu können, aber keine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung zulasse.
Nach über 50 Tausend Toten, dem drohenden Hungertod von 1 Million Menschen und einem nahezu vollständig in Schutt und Asche liegenden Gazastreifen scheint das Maß nun endlich auch für deutsche Politiker:innen voll zu sein. Friedrich Merz zeigt sich verständnislos für die aktuelle israelische Offensive in Gaza und gibt zu, dass das nichts mehr mit der vermeintlichen Bekämpfung der Hamas zu tun habe. Der Vorwand der israelischen Regierung, man würde lediglich versuchen, die Geiseln zu befreien, wird immer unglaubwürdiger – besonders seitdem sie das Angebot der Hamas im April ablehnte, diese gegen eine Waffenruhe, palästinensische Gefangene und den Abzug der israelischen Truppen aus Gaza einzutauschen. Rechtsextreme israelische Politiker wie der Finanzminister Smotrich trauen sich mittlerweile ganz offen zuzugeben, dass das eigentliche Ziel der Offensive die Vertreibung der Palästinenser:innen sei. Für uns, die wir seit Jahren bedingungslos solidarisch mit dem palästinensischen Befreiungskampf stehen, stellen die Entwicklungen keine Überraschung dar, sondern eine Weiterführung dessen, was die israelische Regierung seit Jahrzehnten beabsichtigte und nun mithilfe ihrer westlichen Verbündeten verwirklicht. Ein Staat, dessen Gründung auf der Vertreibung von mehr als 750 Tausend Palästinenser:innen beruht, der sein Gebiet seitdem kontinuierlich illegal erweiterte, die palästinensische Bevölkerung in einem Freiluftgefängnis einsperrte und jegliche Ressourcen kontrollierte, kann kein Interesse an der Befreiung ebendieser Menschen haben.

Vor diesem Hintergrund erscheint es zynisch, wenn jetzt genau die Politiker:innen und Journalist:innen anfangen, Israel zu kritisieren, die diese Politik seit Jahren ermöglichten: Sei es durch die Lieferung und die Entwicklung von Waffen oder indem sie ihnen moralisch den Rücken freihielten und ihre Grausamkeiten rechtfertigten. Und selbst jetzt bleibt es bei bloßen Lippenbekenntnissen, wenn man plötzlich doch über das Leid der Palästinenser:innen sprechen kann, aber kein Wort darüber verliert, wie man in den vergangenen Monaten dazu beigetragen hat, jegliche Kritik an Israel als „(importierten) Antisemitismus“ abzustempeln und Aktivist:innen zu kriminalisieren und den Genozid und das Apartheidsregime nicht beim Namen nennt. Dabei ist es natürlich wichtig zu sagen, dass es eine gute Entwicklung ist, wenn Annika und Lukas aus deiner Schule ihre Meinung ändern und sich solidarischer mit der palästinensischen Bevölkerung zeigen – hier müssen wir auf sie zugehen und sie politisch für die Bewegung gewinnen, statt sie dafür outzucallen, warum sie das nicht schon früher eingesehen haben. Friedrich Merz kann dagegen 100 Mal das aktuelle Vorgehen der israelischen Regierung kritisieren, bleibt aber weiterhin deren Komplize, wenn er gleichzeitig nicht die Waffenlieferungen einstellen will, mit denen palästinensische Flüchtlingscamps, Schulen und Krankenhäuser bombardiert werden, und Netanyahu trotz Haftbefehl hofieren möchte. Deutschland bleibt auch weiterhin der drittstärkste Waffenlieferant und hatte die Lieferungen im letzten Jahr nochmal verzehnfacht, um seine Profite zu erhöhen und sich als moralischen „anti-antisemitischen“ Verbündeten darzustellen. Zudem verurteilen Deutschland und die G7-Staaten auch nicht die jüngsten Angriffe Israels auf den Iran, um diesen angeblich vor einem nuklearen Angriff abzuhalten, sondern nennen die eindeutige Aggression Israels immer noch „Selbstverteidigung“. Netanyahu hat damit quasi einen militärischen Freifahrtschein seiner westlichen Verbündeten bekommen.

Gleichzeitig stehen weiterhin Studierende vor Gericht, die ihre Universitäten besetzten, um auf den Genozid in Gaza aufmerksam zu machen, in Berlin werden vier von ihnen sogar abgeschoben, während der rechtliche Rahmen für politisch motivierte Exmatrikulationen geschaffen wurde. Wir dürfen also keine Hoffnung in ihre leeren Worte setzen, wenn sie Israel weiter bewaffnen und uns durch die Polizei Woche für Woche auf palästinasolidarischen Demonstrationen verprügeln lassen.
Unsere Aufgabe ist es jetzt, für eine Debatte innerhalb der Palästina-Bewegung über deren Strategie einzutreten. Was wir aktuell beobachten, ist eine Reduzierung der Demonstrationen und ihrer Teilnehmer:innen, die teilweise aus der extremen Kriminalisierung, der Erschöpfung von Aktivist:innen, aber auch der strategischen Unklarheit resultiert. Gefühlt gehen wir jedes Wochenende auf die Straße, werden noch brutaler geschlagen als beim letzten Mal und die israelische Politik wird noch grausamer als zuvor. Zwar ist es richtig, dass wir mit den Demos Aufmerksamkeit für unser Anliegen generieren, doch brauchen wir ein konkretes gemeinsames Ziel und eine Strategie, wie wir es erkämpfen können – sonst bleibt es beim richtigen, aber auch abstrakten „Free Palestine“ oder der Forderung nach einem Waffenstillstand, der wahrscheinlich nicht einmal die Zustände vor dem 07. Oktober wiederherstellen wird und keine Vision für eine wirkliche Befreiung des palästinensischen Volkes beinhaltet. Als Revolutionär:innen müssen wir für die Forderung nach einer Ein-Staaten-Lösung in Form eines säkularen, demokratischen und sozialistischen Palästinas werben, in dem sowohl Jüd:innen als auch Muslim:innen unabhängig von ihrer ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit dieselben Rechte haben. Dazu braucht es eine revolutionäre kommunistische Partei, die reaktionären Kräften wie der Hamas oder rechtsextremen israelischen Parteien die politische Vorherrschaft entreißt. Auf dem Weg dorthin können wir in den imperialistischen Zentren Unterstützung leisten, indem wir den Druck auf unsere Regierungen weiterhin erhöhen und sie dazu zwingen, ihre Solidarität mit dem israelischen Staat zu beenden – sei es in Form von Demos, Schul- und Unibesetzungen oder Streiks gegen die Waffenlieferungen. Von Deutschland bis nach Gaza – Yallah Intifada!




Ihr wollt uns für die BRD sterben sehen – wir wollen nur die BRD sterben sehen!

Jugendoffiziere im Klassenzimmer. Olivgrüne Postkarten im Briefkasten. Politiker:innen mit Waffen im Fernsehen. Deutschland will sich nach 80 Jahren wieder für den nächsten Weltkrieg bereitmachen. Das merken wir überall. Und gerade die Rufe nach Wehrpflicht schreien aus den Parlamenten wie unsere Lehrkräfte, wenn man eine Mütze im Unterricht aufhat. Pistorius plant, noch in diesem Jahr Fragebögen zur Pflicht zu machen, durch die die „Wehrfähigkeit“ der Jugend festgestellt wird. Damit wollen sie den Krieg normalisieren und uns auf die Wehrpflicht vorbereiten. Doch für uns ist klar: Wir wollen nicht für Deutschland sterben – wir wollen Deutschland sterben sehen.

Wir Jugendlichen wollen keine Wehrpflicht. Und warum, ist erst mal recht offensichtlich:
Niemand hat Bock, für die Profitinteressen des deutschen Kapitals zu sterben. Vor allem wir – die eine Zukunft haben und nicht verbittert mit 60 in der CDU hocken – wollen nicht einfach für diejenigen ohne Zukunft draufgehen.

Dazu kommt: Niemand hat Bock, gezwungen zu werden, mehrere Jahre dem deutschen Heer zu schenken. Denn gerade wenn wir aus der Schule rauskommen, haben wir kurz das Gefühl von Freiheit. Die Schule ist der Ort, an dem wir zehn Jahre lang erzogen werden, die Lügen der Ausbeuter zu glauben. Dort haben Mitbestimmung und freie Entscheidungen keinen Platz – das würde die Erziehung zu fleißigen Arbeitskräften ja noch gefährden. So wirkt die Entscheidung, von wem man sich ausbeuten lässt, wie die erste freie – auch wenn sie das nicht ist. Deshalb wollen wir nach zehn Jahren Indoktrination nicht auch noch in eure Deppen-Armee gesteckt werden, wo wir noch weniger über uns bestimmen können.

Was wir zu hören bekommen, wenn wir das sagen, ist: Wir könnten unser Leben und unsere Freiheit ruhig mal für Deutschland und unsere deutschen Werte opfern. Dabei geht es ihnen nicht um „Werte“, sondern darum, den Profit für das Kapital zu sichern und ihre Herrschaft aufrechtzuhalten. Dieser Staat dient nicht unseren Interessen. Die Aufgabe des Staates in der kapitalistischen Gesellschaft ist es, die besten Bedingungen für die Ausbeuter zu schaffen. Das heißt zum Beispiel: Sich darum zu kümmern, dass alle zur Arbeit kommen, indem Straßen gebaut werden. Denn jeder Kapitalist braucht Straßen – aber für keinen lohnt es sich, sie allein zu bauen. Doch auch wenn das harmlos und sinnvoll klingt, ist es das nicht immer.

Wir Jugendlichen und Arbeiter:innen haben Interessen, die im Widerspruch zu denen der Ausbeuter stehen. Das zeigt sich unter anderem daran, dass der Staat mit seinem Gewaltmonopol jeden Kampf von Arbeiter:innen für ein besseres Leben unterdrücken muss – sonst würden sich die Ausbeutungsbedingungen verschlechtern und das würde den Kapitalist:innen Profite kosten. Allen Fortschritt, den wir haben – wie eine parlamentarische Demokratie oder Arbeiter:innenrechte – haben wir nicht, weil Deutschland so warmherzig ist, sondern weil diese Rechte erkämpft wurden und Deutschland sie sich leisten konnte. Das heißt auch: Jeder Fortschritt fällt mit den Profitraten.

Wer also glaubt, man müsse Deutschland verteidigen, um Freiheit zu erhalten, ist auf dem falschen Dampfer. Deutschland zu verteidigen heißt in erster Linie, die Interessen der Ausbeuter zu verteidigen – und nicht unsere eigenen!

Auf die Straße gegen die Wehrpflicht!

Daraus wird klar: Wir müssen gegen diese Wehrpflicht kämpfen. Dieser Kampf muss vor allem an den Schulen geführt werden, dort sind die Leute, die morgen zu Kanonenfutter gemacht werden sollen. Wir müssen uns an unseren Schulen zusammentun und versuchen, Vollversammlungen zu organisieren – in denen klargemacht wird, was eine Wehrpflicht bedeutet. Und warum wir gegen diese kämpfen müssen. Dort können auch Abstimmungen über Forderungen gegen die Bundeswehr oder Musterungen stattfinden. Diese können lauten, dass die Bundeswehr an der eigenen Schule Hausverbot bekommt. Wenn man die Bundeswehr einlädt, gibt man ihr die Möglichkeit, sich so darzustellen, wie sie es will. Doch klar ist: Diese Leute töten für die Interessen der Herrschenden, und die stehen im Widerspruch zu unseren. Diese Normalisierung der Gewalt der Herrschenden wollen wir nicht, denn diese richtet sich hauptsächlich gegen die Ausgebeuteten und Unterdrückten.

Wir müssen uns auch bundesweit als Schüler:innen zusammentun, um alles Mögliche gegen eine Wehrpflicht zu unternehmen. Das kann zum Beispiel ein bundesweiter Schulstreik sein – oder auch bundesweite Schulbesetzungen. Dabei darf die lokale Organisierung an der Schule aber nicht leiden, sie ist Vorbedingung für einen erfolgreichen Kampf!

Deutschland angreifen!

Wenn eine Wehrpflicht trotzdem kommt, reicht es nicht, einfach nur zu verweigern. Ein solcher Pazifismus, der nicht die Notwendigkeit aufzeigt, den Krieg aktiv zu bekämpfen, bringt uns dem Frieden kein Stück näher. Selbst wenn niemand freiwillig in den Krieg zieht, würden sie uns eben zwingen. Krieg passiert nicht einfach – es gibt Leute, die ihn wollen. Die Herrschenden verdienen an unserem Sterben. Also klammern sie sich an unser Sterben – denn nicht wir entscheiden, sondern der Profit. Es braucht also mehr als reines Verweigern. Unser Kampf gegen die Wehrpflicht muss auch ein Kampf gegen die Herrschenden sein. Das müssen wir immer wieder klarmachen.

Wir müssen uns auch an die Jugend an der Front wenden – gerade dort wird ein Großteil der Jugend landen. Und nirgendwo sonst kann man der Jugend so konkret zeigen, warum eine Wehrpflicht scheiße ist. Es ist unsere Aufgabe, an der Front nicht für, sondern gegen die Herrschenden zu kämpfen. Das kann zum Beispiel so aussehen, dass man massenhaft Befehle verweigert – und damit den Krieg aktiv sabotiert.

Auch in Zeiten, in denen die Waffen nicht zwischen Nationen sprechen und es in der Tagesschau heißt, es sei „Frieden“, kann es im Falle einer Wehrpflicht sinnvoll sein, sich einziehen zu lassen. Denn wieder wird ein Großteil der Jugend im Pflichtlager zum Töten gedrillt. Und genauso wie in Kriegszeiten muss man zeigen: Die Strukturen der Bundeswehr wollen uns Jugendlichen nichts Gutes. Sie dienen den Herrschenden und nicht uns. Also müssen wir sie bekämpfen wie die Herrschenden. Es braucht also im Falle einer Wehrpflicht Revolutionäre auch im Militär – um Jugendliche dort zu organisieren gegen das Militär und die Herrschenden.

Es ist davon auszugehen, dass Revolutionäre im Militär mit Repressionen überzogen werden. Im Kriegsfall kann Befehlsverweigerung wahrscheinlich sogar mit Erschießung bestraft werden. Deshalb muss Arbeit im Militär immer mit Bedacht passieren und das Ziel immer eine Massenaktion sein. Diese hohen Repressionen zeigen aber auch, dass dort eine extrem empfindliche Stelle Deutschlands liegt. Und genau diese Stelle können wir treffen – wenn wir gemeinsam die Waffen umdrehen.

Gleichzeitig müssen wir verstehen: Der Zugang zu militärischer Ausbildung und Waffen kann auch für uns nützlich sein. Was es braucht, ist nicht ein Militär – sondern Organe zur Selbstverteidigung.
Diese müssen in Betrieben, Schulen und Unis gebildet und demokratisch aufgebaut werden. Doch sie brauchen auch Erfahrung in militärischer Verteidigung. Denn Polizei und Militär greifen nur zu gern Besetzungen und Streiks an, wenn diese zu gefährlich für die Herrschenden werden. Diese Angriffe müssen unterbunden werden können.

Klar muss aber auch sein: Befehlsverweigerung und Umnutzung von Waffen dürfen keine individuellen Prozesse sein. Revolutionäre müssen den an die Waffe Gezwungenen systematisch aufzeigen, dass sie sich wehren müssen – und wie sie das tun können. Systematisch heißt: massenhaft. Das muss also auch eine Aufgabe der Massenorganisationen der Arbeiter:innenklasse sein – zum Beispiel von Parteien wie der Linken. Es braucht einen gemeinsamen Kampf aller, die im Militär die Interessen der Arbeiter:innen vertreten, um dieses Militär zu Fall zu bringen. Wir dürfen nicht beim Pazifismus stehenbleiben, sondern müssen klarmachen: Den Krieg stoppen wir nur, wenn wir gegen ihn kämpfen. Der einzige Weg, einen Krieg zu beenden, ist, diejenigen zu stürzen, die ihn wollen.




Trumps Zölle: Krise, Krieg – Klassenkampf!

Von Lia Malinowski

Die massiven Veränderungen auf dem Weltmarkt haben großen Einfluss auf uns Jugendliche hier in Deutschland und international. Während noch vor ein paar Monaten ein relativ geschlossener Block zwischen den USA und der EU geherrscht hat, bricht dieser langsam auseinander. Wir wollen mit diesem Artikel versuchen, diese Veränderungen zu verstehen und daraus eine Perspektive für Revolutionär:innen entwickeln.

Was war die Lage?

Der „westliche Block“ war schon immer von Widersprüchen geplagt. Logischerweise, denn die EU (die in sich auch Widersprüche trägt) hat ein eigenes imperialistisches Interesse und Machtansprüche, ebenso wie die USA. Diese Interessen waren oft miteinander verbunden und man hat sich unter die USA untergeordnet, um von den deren Erfolgen zu profitieren, ob im Kampf gegen den Realsozialismus oder im „Krieg gegen den Terror“. Gleichzeitig hat sie die EU aber immer wieder Optionen offengehalten, um mit dem russischen oder chinesischen Imperialismus zu kooperieren. Im Zuge des Ukrainekriegs und einer verstärkten Blockkonfrontation musste sich die EU stärker unter die USA unterordnen und hat die Verbindungen zu Russland weitestgehend gekappt. Während für die EU der Ukrainekrieg Hauptschauplatz der Neuaufteilung der Welt ist, ist es für die USA jedoch der Konflikt mit China und die Ukraine nur Nebenschauplatz, zur Schwächung des russisch-chinesischen Blocks.

Was hat sich geändert?

Daraus erklärt sich auch das vermeintliche Umlenken und Fallenlassen der Ukraine seitens der USA. Während Biden noch daran festgehalten hat, über die Ukraine den russisch-chinesischen Block zu schwächen, versucht Trump das auf einen anderen Weg und konzentriert sich mehr auf den direkten Konflikt mit China. Die Ukraine soll befriedet werden, Russland von China gelöst und dem eigenen Imperialismus untergeordnet, anstatt militärisch Handlungsunfähig werden. Das sorgt natürlich für Konflikte mit der EU, für die es kein Zurück mehr gibt von der Position, Russland zu schwächen.

Gleichzeitig dazu hat Trump in klassisch rechter Manier wirtschaftlich einen protektionistischen Kurs eingelenkt. Um aus der Krise zu kommen und die eigene Wirtschaft insbesondere gegenüber der chinesischen zu stärken, will er die Produktion im Land stärken und weniger importorientiert arbeiten, wie es bisher der Fall war. Mit seiner zugegeben wirtschaftlich irrationalen Zollpolitik, die mehr auf Gefühlen als auf Verstand zu bauen scheint, versucht er den Export in die USA so unrentabel zu machen, dass die Unternehmen ihre Produktion in die USA verlegen, um den US-Markt trotzdem bedienen zu können. Der chinesische Imperialismus gewinnt seine Stärke vor allem aus seiner wirtschaftlichen Überlegenheit und stellt so den ehemaligen Welthegemon USA vor Herausforderungen. Militärisch sind die USA noch weit überlegen, wirtschaftlich ist jedoch China zu einer ernsten Gefahr geworden, mit der die USA umgehen müssen. Daher der stärker protektionistische Kurs. Die Abkehr vom Freihandel schwächt gleichzeitig aber auch die „westlichen“ Institutionen wie der IWF, weshalb der Kurs Trumps nicht unumstritten ist.

Die EU als schwächstes Glied der imperialistischen Kette

Die neuen Zölle treffen die EU hart, das sie vom Freihandel profitiert und die meisten ihrer Länder eine exportorientierte Wirtschaft haben, also mehr produzieren und ins Ausland verkaufen, als sie aus dem Ausland einkaufen. Die USA sind beispielsweise für die deutsche Autoindustrie ein besonders wichtiger Markt – 13% aller exportierten Fahrzeuge aus Deutschland gehen in die USA. Neben dem Umlenken auf eine Befriedung in der Ukraine, vertieft die Trump’sche Wirtschaftspolitik die vorhandenen Widersprüche innerhalb des westlichen imperialistischen Blocks und stellt diesen zunehmend Infrage.

Nebenher stellt Trump auch noch die NATO auf die Probe, indem er, bzw. seine Regierung, faktisch der Beistandspflicht eine Absage erteilt. Die Beistandspflicht ist integraler Bestandteil der NATO, ohne den sie nicht existieren würde. Wird ein NATO-Mitgliedsstaat angegriffen, helfen die anderen Staaten dort militärisch und es wird als Angriff auf die gesamte NATO gesehen. Viele bürgerliche Politker:innen sehen damit das Ende der NATO eingeleitet – was durchaus eine Möglichkeit ist – und begründen damit immer lautere Rufe nach mehr Unabhängigkeit der EU von den USA und eine eigene europäische Armee. Auch in Deutschland werden die Rufe nach mehr Aufrüstung lauter, so fordert Merz beispielsweise, dass die Bundeswehr die stärkste Armee Europas werden müsse. Es bleibt aber nicht nur bei Forderungen: Die EU will beispiellos viel Geld in die eigene Hochrüstung stecken und in Deutschland haben alter Bundestag und Bundesrat ein 500 Milliarden Paket und eine Grundgesetzänderung zur nahezu unendlichen Aufrüstung verabschiedet – mit Linker Beteiligung.

Die EU als schwächstes Glied der imperialistischen Kette verliert Stück für Stück die USA als Partnerin und damit den eigenen Einfluss in der Welt. Sie ist gezwungen, andere Wege zu finden. Doch wenn sich die Frage der Strategie stellt, werden auch die inneren Widersprüche der EU noch stärker zu Tage treten. Sie ist eben ein Verbund verschiedener imperialistischer Staaten, die ihre eigene imperialistische Strategie durchboxen wollen, allen voran Deutschland und Frankreich. So stellt sich aktuell neben der Frage, wie die Ukraine weiter unterstützt und die EU dort weiter Einfluss behalten kann, auch die Frage wie mit Israels Genozid in Gaza umgegangen wird. Zwar sind sich die meisten und die einflussreichsten Länder einig, dass Israel weiter unterstützt werden muss, aber die Stimmen für ein Ende des Genozids und für ein Anerkennen von Palästina als Staat werden lauter. Die einen wollen ihren Einfluss in Israel vergrößern und sich als starke Partner:innen hinstellen, die anderen ihre Beziehungen in den „globalen Süden“ nicht weiter zerstören und passen sich teilweise der Kritik an Israel an. Es sind sich jedoch alle einig darin, dass die Rechte der Arbeiter:innen und Jugend beschnitten werden müssen, was zu sozialen Kämpfen führt, in die wir als Kommunist:innen eingreifen müssen.

Und was ist mit Deutschland?

Der deutsche Imperialismus ist ebenso dazu gezwungen, unabhängiger von den USA zu werden. Schon vor der Politik Trumps steckte Deutschland in einer fetten Wirtschaftskrise, die sich weiter verschärft hat. Jahre der Stagnation, die Gefahr der Rezession – Auswirkungen der Überproduktionskrise, weil Märkte während dem Ukrainekrieg und der Coronapandemie weggefallen sind. Als sich im November 2024 angebahnt hat, dass mit Trump ein Fokus auf Protektionismus und ein Ausverkauf der Ukraine kommen wird, ist die Ampel-Koalition endgültig zerbrochen. Schon vorher unfähig, mit der Krise und den vielen Brandherden umzugehen, wurde ihr nun ein endgültiger Schlag gegeben. Nach einem langen und harten Kampf zwischen Neoliberalismus und sozialer Marktwirtschaft, zwischen Konsumstärkung und Lohndrückerei, hat die Veränderung der Blockkonfrontation die eh fragile Koalition und fragile Wirtschaft hart getroffen. Die vorherige Unsicherheit wurde weiter verstärkt. Doch auch Merz und seine Regierung haben keinen Plan, wie sie damit umgehen sollen. Man will die EU stärken unter eigener Regie und vor allem weiter aufrüsten und irgendwie mit Trump über die Zölle verhandeln, gleichzeitig vorschnelle Freihandelsabkommen auf Kosten der Arbeiter:innen und Jugend in den Halbkolonien abschließen.

Daneben will er der Wirtschaftskrise vor allem mit Investitionsboostern begegnen. Unternehmenssteuern senken, verlängerte Arbeitstage, günstigere Arbeitskraft, Subventionen in Unternehmen und massive Aufrüstung. Dass – wie oben kurz beschrieben – die Krise nicht eine Krise der fehlenden Investition, sondern eine Krise der Überproduktion ist, verkennt er. Die Folgen seiner Politik, die wohl ohne die Verschiebungen in der Blockbildung nicht so extrem wären, sind eine massive Verarmung der Bevölkerung, steigende Arbeitslosigkeit, Reallohnverluste und fehlende Mittel für Klimaschutz, Schulen, Krankenhäuser und Freizeitaktivitäten für die Jugend.

Kampf der neuen Regierung!

Die neue GroKo (oder auch kleine Koalition) bedeutet massive Angriffe auf uns. Abschottung an den Grenzen, Arbeitslosigkeit weiter verelenden, Verlängerung des Arbeitstages, Geld für Krieg, keines für die Bildung und die Jugend, … Die Liste ist unendlich weiterzuführen. Was aber vollkommen klar ist, ist, dass wir massive Abwehrkämpfe führen müssen. Denn die GroKo wird überall da sparen, wo sie kann, um die Aufrüstung zu finanzieren und ihr kaputtes Wirtschaftssystem irgendwie zu retten. Dabei wird sich der scheinbar unaufhaltsame Rechtsruck weiter verschlimmern. Die CDU gibt alles, um sich der AfD inhaltlich anzupassen und trotzdem geht es ihr und ihren Anhänger:innen nicht weit genug. Gleichzeitig bildet sich von Links kein Widerstand gegen die Angriffe, bloß die AfD schafft es, ihrer Rolle als Opposition gerecht zu werden.

Die Linke, vor der Wahl noch mit scheinbar radikalen Antworten und sich ihrer Rolle als Opposition bewusst, will nun mit der CDU zusammenarbeiten, stimmt im Bundesrat für die Aufrüstung und von dem angekündigten Widerstand gegen Merz ist nichts zu sehen. Es zeigt sich einmal mehr, dass es als Antwort auf den Rechtsruck und die Krisen eine revolutionäre Organisation mit klarem Programm braucht, die den kapitalistischen Wahnsinn in seiner Totalität bekämpft!

           •          Für eine Einheitsfront aus Schulstreiks und politischen Streiks gegen den Rechtsruck, die massive Aufrüstung und die Angriffe der Regierung auf uns! Mindestlohn von 15€ und eine gleitende Lohnskala, kontrolliert durch die Gewerkschaften und Organisationen der Arbeiter:innenklasse!

           •          Nein zu ihren imperialistischen Kriegen! Massive Investitionen in die Bildung und Krankenhäuser statt für Waffen – nehmt das Geld von den Reichen! Bundeswehr, AfD und Co raus aus unseren Schulen!

           •          Wir kämpfen als Klasse und als Jugend gemeinsam! Nein zu allen Abschiebungen, offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle!