Interview mit Syrer – "Warum ich mich dem Aufstand anschloss."

Wir veröffentlichen hier ein Interview mit „Muhamed“, Mitglied der Freien Syrischen Armee, das am 11. September an der türkisch-syrischen Grenze von unserem Genossen Reimund Fleck (Gruppe Arbeitermacht, deutsche Sektion der LFI und REVOLUTION – internationale kommunistische Jugendorganisation) geführt wurde.

Reimund Fleck: Wie kam es, dass Du dich dem Aufstand gegen das Regime von Baschar al-Assad angeschlossen hast?

Patient stirbt nachdem die syrische Armee ein Krankenhaus blockiert.

Muhamed: Ich war als Militärarzt der Assad-Armee in einem Lazarett in Homs stationiert. Was ich dort gesehen habe, hat mich dazu gebracht, zu desertieren und mich der FSA anzuschließen. Ich habe viele tote Zivilisten gesehen, und sogar die Leichen wurden unwürdig behandelt. Ich habe gesehen, wie ungefähr 100 Leichen zu einem Haufen aufgetürmt wurden. Diese Armee behandelt unsere Leute wie Tiere – ich konnte nicht mehr daran glauben, dass es eine gute Armee ist. In meinem Krankenhaus waren Gefangene, die gegen die Regierung demonstriert hatten – sie wurden an ihre Betten gefesselt, die Krankenschwestern traten sie mit Stiefeln und folterten sie, anstatt sie zu versorgen. Sie durften nicht einmal zur Toilette gehen. In meiner Stadt habe ich viele friedliche Demonstrationen gesehen.

Sie riefen: „Wir wollen Assad nicht, wir wollen Freiheit“. Dafür wurde auf die Demonstranten geschossen. Auch einer meiner Freunde wurde erschossen, nur weil er auf die Straße gegangen war und „Weg mit Assad“ forderte. Ich wollte nicht mehr an der Seite derer stehen, die meine Leute ermorden, mein Gewissen konnte das nicht mehr ertragen. So habe ich beschlossen, zu desertieren.

Reimund Fleck: Warum setzt man das eigene Leben aufs Spiel, um einen Aufstand zu unterstützen, dessen Sieg nicht sicher ist?

Muhamed: Bei der Armee war ich ja auch in Gefahr. Bei einem Angriff der FSA hätte ich auch ums Leben kommen können. Ich hätte nicht das Feuer erwidert, denn ich wusste, dass sie meine Leute sind. Dann wäre ich aber von meinem Kommandeur erschossen worden. Das Risiko ist also auf beiden Seiten dasselbe – es macht keinen Unterschied. Aber ich denke, es ist besser zu desertieren. Ich habe jetzt ein gutes Gefühl, das ist wichtig, auch wenn ich in Gefahr bin. Es ist egal, wenn ich sterbe. Jetzt unterstütze ich die Freie Syrische Armee mit dem, was ich kann. Ich bin im Sanitätsdienst und kümmere mich um die Verwundeten und um die Flüchtlinge.

Reimund Fleck: Was sind die wichtigsten Ziele der Revolution?

Muhamed: Ich denke, Demokratie ist die wichtigste Forderung in unserem Kampf. Ich möchte meine Meinung sagen können, ohne mich in Gefahr zu begeben, zum Beispiel ob ich für den Präsidenten bin oder nicht. Seit 50 Jahren haben wir keine freien Wahlen mehr gehabt. Wenn Du gegen Assad stimmst, bist Du in Gefahr, glaub mir. Wir wollen selbst unseren Präsidenten bestimmen können und keine Sklaven für den Präsidenten sein. Es ist also eine Art „französische“ Revolution.

Reimund Fleck: Erschöpft sich die Revolution im Kampf für demokratische Freiheit? Was ist mit der sozialen Situation?

 

Die beste Hilfe für die syrische Revolution ist die Unterstützung durch die Gewerkschaften, die sozialen Bewegungen und Arbeiterorganisationen mit Nahrungsmitteln, Medizin und Waffen – unabhängig von den Imperialisten!

Muhamed: In Syrien leben 80 Prozent der Menschen unterhalb der Armutsgrenze. Es ist sehr schwer, genügend, Nahrung zu bekommen. Die Leute schuften den ganzen Tag, um ihren Familien etwas zu Essen mitbringen zu können. Der Grund ist, dass Baschar die Erlöse aus Öl und Landwirtschaft einsteckt und nichts für die Bevölkerung übrig lässt. Es ist also auch eine wirtschaftliche Frage. Wir brauchen eine starke Wirtschaft, um die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllen zu können.

Reimund Fleck:  Es gibt Stimmen, die militärische Hilfe vom Westen oder Lieferung von Ausrüstung befürworten, andere befürchten, diese Länder würden dann über die Zukunft Syriens entscheiden. Was denkst Du?

Muhamed: Bei manchen Gütern brauchen wir unbedingt Unterstützung von außen. Im Moment gibt es aber keinerlei derartige Unterstützung. Die Medien sagen, der Westen schicke uns Waffen, aber das ist falsch. Die Freie Syrische Armee erbeutet ihre Waffen bei Angriffen auf Assads Armee. In den Flüchtlingslagern haben wir nicht genügend Nahrungsmittel. 7.000 Flüchtlinge warten an der Grenze zur Türkei, sie werden nicht hereingelassen. Wo bleiben die angeblichen Hilfslieferungen? Waffenlieferungen brauchen wir nicht. Wir brauchen Nahrung und Medikamente, und bis jetzt kommt nichts an. Hilfslieferungen gibt es nur in den Medien.

Reimund Fleck:  In Europa gibt es viele, die in der Revolution keinen legitimen Volksaufstand sehen. Sie behaupten, es sei in Wirklichkeit eine Verschwörung westlicher Länder, die den Nahen Osten ins Chaos stürzen wollen. Was würdest Du antworten?

„Nieder mit dem Regime“ – steht auf den Händen eines jungen Mädchens, das gegen Assads Diktatur demonstriert.

Muhamed: Verzeih mir diese Antwort – es ist einfach dumm, zu bestreiten, dass diese Revolution von der syrischen Bevölkerung ausgeht. Was würdest Du tun, wenn deine Eltern getötet werden? Du würdest Dich der Revolution anschließen, weil Du den Terror beenden und Freiheit haben möchtest. Lass mich den Anfang der Revolution erzählen. Die Revolution hat ihren Anfang in Daraa genommen. Neun Kinder waren festgenommen worden, sie wurden gefoltert. Hamza Ali Al-Khabeer wurde getötet. Als die Leute daraufhin zur Polizeistation gingen, wurden auch sie verprügelt. Die Polizei sagte zu ihnen: „Haut ab, sonst holen wir auch noch eure Frauen.“ Das war der Auslöser dieser Revolution. Seit 50 Jahren leben wir in Angst und Unterdrückung. Man musste nur den Deckel anheben, um eine Explosion auszulösen. Genau das ist die Revolution. Es stecken nicht die Geheimdienste dahinter.

Reimund Fleck:  Manche Leute meinen, es handle sich um einen „Religionskrieg“.

Muhamed: Selbst wenn das der Fall wäre, so würde einzig und allein Baschar Al-Assad die Schuld dafür tragen. Die Alawiten waren 30 Jahre lang unsere Brüder und Schwestern. Aber seit Beginn des Aufstandes gibt Baschar ihnen Geld, damit sie uns töten – und sie tun es. Sie bekommen auch Häuser dafür, und die Einrichtungen, die er von uns geraubt hat. Dafür töten sie uns. Aber wenn die Revolution gesiegt hat, würde ich sie verschonen, denn unser ursprüngliches Verhältnis war von Toleranz geprägt – wir leben im selben Land. Ich hoffe nur, dass sie aufhören, uns zu massakrieren. In Wirklichkeit ist Baschar Al-Assad nicht nur unser Feind, er ist ebenso ihr Feind – denn eines Tages wird Assad sich in ein Flugzeug nach Russland setzen und sie unter uns zurücklassen.

Reimund Fleck:  Was wird deiner Einschätzung nach auf Assads Sturz folgen?

Muhamed: Meine große Angst ist, dass es einen Bürgerkrieg geben könnte. Aber man sieht, dass in dieser Revolution die Menschen auch zusammenrücken. Das ist der Fall in Aleppo und auch in Damaskus. Ich glaube nicht, dass es einen solchen Bürgerkrieg geben wird. Ich denke wir sollten eine demokratische Regierung haben, vielleicht eine islamische wie in Ägypten. Aber hierzu muss ich sagen: wirkliche Muslime töten sich nicht gegenseitig, wie es Al-Quaida tut. Das Bild über den Islam ist völlig entstellt. Glaub mir, wir sind nicht so, wie die Medien uns darstellen. Wirkliche Muslime sind sehr gastfreundlich. Wenn Du nach Syrien gehst, sind die Menschen dort bereit, ihr eigenes Leben zu riskieren, um Deines zu schützen – ob Du Christ bist oder was auch immer. Die Menschen aller Religionen sind unsere Brüder und Schwestern. Auch Baschar ist Muslim – aber nur in Worten, in Wahrheit tötet er uns. Das eigentliche Problem ist also nicht die Religion, sondern was man daraus macht.

Reimund Fleck:  Was sollten UnterstützerInnen in anderen Ländern tun, um euch zu helfen?

Muhamed: Ihr müsst es einfach selbst anpacken, wir haben hier nicht einmal die Zeit, darüber nachzudenken. Wer wirklich helfen möchte, wird einen Weg finden. Ihr solltet
große Massenproteste organisieren und internationale Unterstützung für die Revolution. Die Revolution ist dem Sieg nun ziemlich nah. Baschar Al-Assad wird sich bald aus dem Staub machen. Was die FSA jetzt braucht, sind Luftabwehrraketen, das ist alles. Wir haben den Boden unter Kontrolle, aber Assad kontrolliert den Luftraum. Wenn wir die Flugzeuge vom Himmel holen, haben wir den Sieg.

Reimund Fleck:  Bekommt ihr Unterstützung aus Libyen oder Ägypten?

Muhamed: Ein paar Kämpfer sind aus diesen Ländern zu uns gekommen, aber sehr wenige, vielleicht 200. Aus Saudi-Arabien und Katar bekommen wir finanzielle Unterstützung, das ist sehr gut. Wir sind ihnen dafür dankbar.

Reimund Fleck:  Wie ist jetzt im Moment die Lage in Syrien?

Muhamed: Wir brauchen dringend Hilfe, und zwar jetzt! Die ganze Welt ist gegen uns – Russland, China und Iran, ebenso Libanon. Sie sind alle gegen uns. Dann gibt es die USA und Europa – sie sehen zu und tun überhaupt nichts. Für mich ist auch das ein Verbrechen. Sie könnten unserem Leiden ein Ende setzen, aber sie tun es nicht. Die Türkei hat ihre Grenzen dichtgemacht und will uns alle rauswerfen. Unsere Situation ist also wirklich miserabel.

Reimund Fleck: Vielen Dank für das Interview. Ihr habt unsere volle Unterstützung und wir wünschen euch einen vollständigen Sieg über Baschar Al-Assad.

Ausführliche Darstellung der Positionen von REVOLUTION zum Bürgerkrieg in Syrien unter anderem in den Artikeln Nieder mit Assad – Sieg der Free Syrian Army, Aufstand in Syrien: Nieder mit dem Assad Clan! Solidarität mit der Revolution, Für „Freiheit und Demokratie“ in Syrien – und weiter?




Interview mit Syrer – "Warum ich mich dem Aufstand anschloss."

Wir veröffentlichen hier ein Interview mit „Muhamed“, Mitglied der Freien Syrischen Armee, das am 11. September an der türkisch-syrischen Grenze von unserem Genossen Reimund Fleck (Gruppe Arbeitermacht, deutsche Sektion der LFI und REVOLUTION – internationale kommunistische Jugendorganisation) geführt wurde.

Reimund Fleck: Wie kam es, dass Du dich dem Aufstand gegen das Regime von Baschar al-Assad angeschlossen hast?

Patient stirbt nachdem die syrische Armee ein Krankenhaus blockiert.

Muhamed: Ich war als Militärarzt der Assad-Armee in einem Lazarett in Homs stationiert. Was ich dort gesehen habe, hat mich dazu gebracht, zu desertieren und mich der FSA anzuschließen. Ich habe viele tote Zivilisten gesehen, und sogar die Leichen wurden unwürdig behandelt. Ich habe gesehen, wie ungefähr 100 Leichen zu einem Haufen aufgetürmt wurden. Diese Armee behandelt unsere Leute wie Tiere – ich konnte nicht mehr daran glauben, dass es eine gute Armee ist. In meinem Krankenhaus waren Gefangene, die gegen die Regierung demonstriert hatten – sie wurden an ihre Betten gefesselt, die Krankenschwestern traten sie mit Stiefeln und folterten sie, anstatt sie zu versorgen. Sie durften nicht einmal zur Toilette gehen. In meiner Stadt habe ich viele friedliche Demonstrationen gesehen.

Sie riefen: „Wir wollen Assad nicht, wir wollen Freiheit“. Dafür wurde auf die Demonstranten geschossen. Auch einer meiner Freunde wurde erschossen, nur weil er auf die Straße gegangen war und „Weg mit Assad“ forderte. Ich wollte nicht mehr an der Seite derer stehen, die meine Leute ermorden, mein Gewissen konnte das nicht mehr ertragen. So habe ich beschlossen, zu desertieren.

Reimund Fleck: Warum setzt man das eigene Leben aufs Spiel, um einen Aufstand zu unterstützen, dessen Sieg nicht sicher ist?

Muhamed: Bei der Armee war ich ja auch in Gefahr. Bei einem Angriff der FSA hätte ich auch ums Leben kommen können. Ich hätte nicht das Feuer erwidert, denn ich wusste, dass sie meine Leute sind. Dann wäre ich aber von meinem Kommandeur erschossen worden. Das Risiko ist also auf beiden Seiten dasselbe – es macht keinen Unterschied. Aber ich denke, es ist besser zu desertieren. Ich habe jetzt ein gutes Gefühl, das ist wichtig, auch wenn ich in Gefahr bin. Es ist egal, wenn ich sterbe. Jetzt unterstütze ich die Freie Syrische Armee mit dem, was ich kann. Ich bin im Sanitätsdienst und kümmere mich um die Verwundeten und um die Flüchtlinge.

Reimund Fleck: Was sind die wichtigsten Ziele der Revolution?

Muhamed: Ich denke, Demokratie ist die wichtigste Forderung in unserem Kampf. Ich möchte meine Meinung sagen können, ohne mich in Gefahr zu begeben, zum Beispiel ob ich für den Präsidenten bin oder nicht. Seit 50 Jahren haben wir keine freien Wahlen mehr gehabt. Wenn Du gegen Assad stimmst, bist Du in Gefahr, glaub mir. Wir wollen selbst unseren Präsidenten bestimmen können und keine Sklaven für den Präsidenten sein. Es ist also eine Art „französische“ Revolution.

Reimund Fleck: Erschöpft sich die Revolution im Kampf für demokratische Freiheit? Was ist mit der sozialen Situation?

 

Die beste Hilfe für die syrische Revolution ist die Unterstützung durch die Gewerkschaften, die sozialen Bewegungen und Arbeiterorganisationen mit Nahrungsmitteln, Medizin und Waffen – unabhängig von den Imperialisten!

Muhamed: In Syrien leben 80 Prozent der Menschen unterhalb der Armutsgrenze. Es ist sehr schwer, genügend, Nahrung zu bekommen. Die Leute schuften den ganzen Tag, um ihren Familien etwas zu Essen mitbringen zu können. Der Grund ist, dass Baschar die Erlöse aus Öl und Landwirtschaft einsteckt und nichts für die Bevölkerung übrig lässt. Es ist also auch eine wirtschaftliche Frage. Wir brauchen eine starke Wirtschaft, um die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllen zu können.

Reimund Fleck:  Es gibt Stimmen, die militärische Hilfe vom Westen oder Lieferung von Ausrüstung befürworten, andere befürchten, diese Länder würden dann über die Zukunft Syriens entscheiden. Was denkst Du?

Muhamed: Bei manchen Gütern brauchen wir unbedingt Unterstützung von außen. Im Moment gibt es aber keinerlei derartige Unterstützung. Die Medien sagen, der Westen schicke uns Waffen, aber das ist falsch. Die Freie Syrische Armee erbeutet ihre Waffen bei Angriffen auf Assads Armee. In den Flüchtlingslagern haben wir nicht genügend Nahrungsmittel. 7.000 Flüchtlinge warten an der Grenze zur Türkei, sie werden nicht hereingelassen. Wo bleiben die angeblichen Hilfslieferungen? Waffenlieferungen brauchen wir nicht. Wir brauchen Nahrung und Medikamente, und bis jetzt kommt nichts an. Hilfslieferungen gibt es nur in den Medien.

Reimund Fleck:  In Europa gibt es viele, die in der Revolution keinen legitimen Volksaufstand sehen. Sie behaupten, es sei in Wirklichkeit eine Verschwörung westlicher Länder, die den Nahen Osten ins Chaos stürzen wollen. Was würdest Du antworten?

„Nieder mit dem Regime“ – steht auf den Händen eines jungen Mädchens, das gegen Assads Diktatur demonstriert.

Muhamed: Verzeih mir diese Antwort – es ist einfach dumm, zu bestreiten, dass diese Revolution von der syrischen Bevölkerung ausgeht. Was würdest Du tun, wenn deine Eltern getötet werden? Du würdest Dich der Revolution anschließen, weil Du den Terror beenden und Freiheit haben möchtest. Lass mich den Anfang der Revolution erzählen. Die Revolution hat ihren Anfang in Daraa genommen. Neun Kinder waren festgenommen worden, sie wurden gefoltert. Hamza Ali Al-Khabeer wurde getötet. Als die Leute daraufhin zur Polizeistation gingen, wurden auch sie verprügelt. Die Polizei sagte zu ihnen: „Haut ab, sonst holen wir auch noch eure Frauen.“ Das war der Auslöser dieser Revolution. Seit 50 Jahren leben wir in Angst und Unterdrückung. Man musste nur den Deckel anheben, um eine Explosion auszulösen. Genau das ist die Revolution. Es stecken nicht die Geheimdienste dahinter.

Reimund Fleck:  Manche Leute meinen, es handle sich um einen „Religionskrieg“.

Muhamed: Selbst wenn das der Fall wäre, so würde einzig und allein Baschar Al-Assad die Schuld dafür tragen. Die Alawiten waren 30 Jahre lang unsere Brüder und Schwestern. Aber seit Beginn des Aufstandes gibt Baschar ihnen Geld, damit sie uns töten – und sie tun es. Sie bekommen auch Häuser dafür, und die Einrichtungen, die er von uns geraubt hat. Dafür töten sie uns. Aber wenn die Revolution gesiegt hat, würde ich sie verschonen, denn unser ursprüngliches Verhältnis war von Toleranz geprägt – wir leben im selben Land. Ich hoffe nur, dass sie aufhören, uns zu massakrieren. In Wirklichkeit ist Baschar Al-Assad nicht nur unser Feind, er ist ebenso ihr Feind – denn eines Tages wird Assad sich in ein Flugzeug nach Russland setzen und sie unter uns zurücklassen.

Reimund Fleck:  Was wird deiner Einschätzung nach auf Assads Sturz folgen?

Muhamed: Meine große Angst ist, dass es einen Bürgerkrieg geben könnte. Aber man sieht, dass in dieser Revolution die Menschen auch zusammenrücken. Das ist der Fall in Aleppo und auch in Damaskus. Ich glaube nicht, dass es einen solchen Bürgerkrieg geben wird. Ich denke wir sollten eine demokratische Regierung haben, vielleicht eine islamische wie in Ägypten. Aber hierzu muss ich sagen: wirkliche Muslime töten sich nicht gegenseitig, wie es Al-Quaida tut. Das Bild über den Islam ist völlig entstellt. Glaub mir, wir sind nicht so, wie die Medien uns darstellen. Wirkliche Muslime sind sehr gastfreundlich. Wenn Du nach Syrien gehst, sind die Menschen dort bereit, ihr eigenes Leben zu riskieren, um Deines zu schützen – ob Du Christ bist oder was auch immer. Die Menschen aller Religionen sind unsere Brüder und Schwestern. Auch Baschar ist Muslim – aber nur in Worten, in Wahrheit tötet er uns. Das eigentliche Problem ist also nicht die Religion, sondern was man daraus macht.

Reimund Fleck:  Was sollten UnterstützerInnen in anderen Ländern tun, um euch zu helfen?

Muhamed: Ihr müsst es einfach selbst anpacken, wir haben hier nicht einmal die Zeit, darüber nachzudenken. Wer wirklich helfen möchte, wird einen Weg finden. Ihr solltet große Massenproteste organisieren und internationale Unterstützung für die Revolution. Die Revolution ist dem Sieg nun ziemlich nah. Baschar Al-Assad wird sich bald aus dem Staub machen. Was die FSA jetzt braucht, sind Luftabwehrraketen, das ist alles. Wir haben den Boden unter Kontrolle, aber Assad kontrolliert den Luftraum. Wenn wir die Flugzeuge vom Himmel holen, haben wir den Sieg.

Reimund Fleck:  Bekommt ihr Unterstützung aus Libyen oder Ägypten?

Muhamed: Ein paar Kämpfer sind aus diesen Ländern zu uns gekommen, aber sehr wenige, vielleicht 200. Aus Saudi-Arabien und Katar bekommen wir finanzielle Unterstützung, das ist sehr gut. Wir sind ihnen dafür dankbar.

Reimund Fleck:  Wie ist jetzt im Moment die Lage in Syrien?

Muhamed: Wir brauchen dringend Hilfe, und zwar jetzt! Die ganze Welt ist gegen uns – Russland, China und Iran, ebenso Libanon. Sie sind alle gegen uns. Dann gibt es die USA und Europa – sie sehen zu und tun überhaupt nichts. Für mich ist auch das ein Verbrechen. Sie könnten unserem Leiden ein Ende setzen, aber sie tun es nicht. Die Türkei hat ihre Grenzen dichtgemacht und will uns alle rauswerfen. Unsere Situation ist also wirklich miserabel.

Reimund Fleck: Vielen Dank für das Interview. Ihr habt unsere volle Unterstützung und wir wünschen euch einen vollständigen Sieg über Baschar Al-Assad.

Ausführliche Darstellung der Positionen von REVOLUTION zum Bürgerkrieg in Syrien unter anderem in den Artikeln Nieder mit Assad – Sieg der Free Syrian Army, Aufstand in Syrien: Nieder mit dem Assad Clan! Solidarität mit der Revolution, Für „Freiheit und Demokratie“ in Syrien – und weiter?




Schauplätze der Syrischen Revolution

Jeden Tag hört oder sieht man Berichte über den Bürgerkrieg in Syrien, ob im Fernsehen, der Zeitung oder dem Radio. REVOLUTION hat für euch die wichtigsten Schauplätze der Revolution zusammengefasst.

Aleppo

Die zweitgrößte Stadt des Landes und Industriemetropole ist ein Schlüsselpunkt im Kampf um die Macht – unter Anderem, weil von hier aus die Verkehrswege in die Türkei kontrolliert werden, die von der FSA für den Transport von Nachschub und Verletzten genutzt werden. Baschar al-Assad hat den Kampf um Aleppo zur Entscheidungsschlacht erklärt und aus diesem Grund ab dem 20. Juli 20.000 zusätzliche Soldaten dorthin verlegt – der erhoffte Sieg ist ihm jedoch verwehrt geblieben. Stattdessen muss seine Armee große Verluste, auch an Panzern und Hubschraubern, hinnehmen.

Homs

Die Hochburg der Revolution – wird seit Mai 2011 fast täglich schwer bombardiert und leidet unter verheerender Zerstörung, Mangel an Nahrungsmitteln und medizinischen Gütern. Seit dem 5. Juni 2012 wird die Stadt von der Syrischen Armee ununterbrochen belagert. Flüchtende Bewohner_innen werden beschossen. Nachschub wird unter Lebensgefahr in die Stadt geschmuggelt. Bis heute verteidigt die FSA die Stadt gegen die Armee und beschützt ihre Bewohner_innen unter Inkaufnahme ungezählter Opfer.

Dara’a

Hier nahm der Aufstand Anfang 2011 ihren Anfang. Friedliche Demonstrationen wurden mit tödlicher Gewalt beantwortet – ganz Syrien folgte dem Beispiel der Bewohner_innen, gegen den Unterdrückungsstaat auf die Straße zu gehen.

Damascus

Die Hauptstadt wird wohl von der Syrischen Armee bis zum Schluss verteidigt werden. Dennoch finden Proteste und Demonstrationen statt, einige Außenbezirke und Vororte werden von der FSA kontrolliert. Regelmäig führt sie auch Angriffe auf Regierungs- oder Armeegebäude im Stadtzentrum, bei denen u.a. der Präsidentenpalast beschädigt wurde.




Nieder mit Assad – Sieg der Free Syrian Army!

Für den Sieg der „Free Syrien Army“ und den Aufbau einer unabhängigen revolutionären Arbeiterpartei!

In diesen Tagen und Wochen wird in Damaskus, Aleppo, Idlib und anderen Städten Syriens über die Zukunft des Landes entschieden. Ohne zunächst einzugehen auf die politischen Pokerzüge verschiedener regionaler oder imperialistischer Mächte und deren Ringen, sich im Syrien nach Assad schon mal einzukaufen und beliebt zu machen, muss eines betont werden: Der Ausgang der Kämpfe in Aleppo und Damaskus wird darüber entscheiden, ob die unterdrückte Bevölkerung Syriens voranschreiten und gegen Diktatur, Unterdrückung und Imperialismus siegen kann – oder ob sie für weitere Jahrzehnte unter der Gewaltherrschaft von al-Assad schmoren, hungern und leiden wird.

Die Freie Syrische Armee (FSA) muss in ihrem gerechten Kampf gegen die Regierung siegen – anderenfalls würden in Syrien bald keine Revolutionäre mehr am Leben sein, das Schlachten der al-Assad-Regierung an der syrischen Bevölkerung würde erst beginnen. Wir stehen daher in diesem Bürgerkrieg ohne wenn und aber auf der Seite der Unterdrückten und der FSA, die für ihre Rechte kämpft – und wollen alle Internationalist_innen auffordern, sich mit unseren Schwestern und Brüdern in Syrien zu solidarisieren. Sie haben jedes Recht, diese Regierung zu stürzen, und wir dürfen in dieser Frage nicht neutral sein.

Wir wollen uns noch mit den Argumenten der al-Assad-Freunde auseinandersetzen, und wir wollen keine undifferenzierte politische Unterstützung für bürgerliche und reaktionäre politische Strömungen üben – doch wir unterstützen jeden Kampf, jede Aktion, wenn sie die verbrecherische Syrische Armee schwächt und den Sturz der Regierung al-Assad näherbringt. Dies ist nicht nur im Interesse der syrischen Jugend, der Arbeiter_innen und der Armen. Es ist auch Vorraussetzung für die Befreiung der 500.000 Palästinenser_innen in Syrien. Entgegen den Behauptungen der Regierung muss der Großteil von ihnen staatsbürgerliche Rechte entbehren und seit 60 Jahren als „Flüchtlinge“ in Lagern vegetieren.

Panzerkollone des Regimes – Syrien unterhält eine der größten Armeen der Region.

Seit Beginn des Ramadan am 20. Juli haben beide Seiten – die FSA ebenso wie die Regierungsarmee – ihren Einsatz und ihre Anstrengungen nochmals erhöht. Sie kämpfen mit höchst ungleichen Mitteln: in Stärke und Ausrüstung ist die Regierung der FSA weit überlegen. Letztere verfügt kaum über schwere Waffen, ihre Strukturen sind weit weniger gefestigt und die Versorgung mit Munition und lebensnotwendigen Gütern ist nicht gewährleistet. Die Behandlung von Verwundeten – Kämpfern wie Bewohner_innen – muss in notdürftig eingerichteten Feldlazaretten stattfinden, da die Krankenhäuser regelmäßig von Assad-Milizen „gesäubert“ werden.

Umso bewundernswerter ist ihre Ausdauer und ihre Opferbereitschaft, mit der die FSA Viertel und Städte unter andauerndem Artilleriebeschuss wochen- und monatelang gegen die Armee verteidigt. Vorraussetzung dafür ist zum einen die Selbstlosigkeit und der Todesmut ihrer Kämpfer, zum anderen die Unterstützung durch die städtische und ländliche Bevölkerung. Sie kämpft seit einem Jahr mit gewaltigen Opfern, aber dennoch ungebrochen gegen einen vielfach größeren, stärkeren und professionelleren Feind. Diese Opfer, bislang beinahe 25.000 tote Kämpfer und Bewohner_innen, sind jedoch nicht umsonst: immer mehr Soldaten der Syrischen Armee wechseln die Seite, viele tausend Jugendliche schließen sich spontan der Freien Armee an.

Selbst die Assad-Führungsclique begann in den letzten Wochen zu bröckeln. Im Angesicht der drohenden Niederlage verlassen die Ratten das sinkende Schiff. Zwar hat die FSA auch empfindliche Niederlagen hinnehmen müssen – doch es ist zu beachten, dass in einem Guerilla-Kampf andere Regeln gelten als in herkömmlichen Kriegen. Ein taktischer Rückzug, wie zuletzt aus dem Viertel Al-Saladin in Aleppo, ist nicht gleichbedeutend mit einer Niederlage – Guerilla-Kämpfer sind in der Lage, unterzutauchen und an anderer Stelle oder zu anderer Zeit den Kampf fortzusetzen. Die FSA kann daher nicht besiegt werden, solange sie die Unterstützung der Bevölkerung genießt.

Aufnahme eines Massengrabes nach einem Massaker des Assad Regimes an Zivilisten.

Das ist auch der Grund für die unglaubliche Brutalität der Syrischen Armee gegen „Zivilisten“. Stets folgt auf den taktischen Rückzug der FSA ein wahlloses Massaker an Bewohner_innen. Wohnviertel in Aleppo, Homs, Idlib und vielen anderen Städten werden täglich schwer bombardiert. Bereits dies sollte allen ernsthaften Linken klarmachen, wer hier für wen kämpft. Doch was ist mit den Argumenten der Unterstützer Assads? Teile der Linken, auch in Deutschland, stellen sich auf die Seite Assads oder leugnen zumindest die Legitimität des Aufstandes. Sie behaupten, die FSA sei in Wirklichkeit ein imperialistischer Agent, wohingegen die Assad-Regierung die Interessen der syrischen Bevölkerung gegen den Imperialismus verteidige.

Selbstverständlich werden ernsthafte Revolutionäre nicht in Abrede stellen, dass die USA, die BRD und andere ihre Agenten in Syrien haben – alles andere wäre nur verwunderlich. Deren Ziel ist allerdings nicht, den Aufstand zum Sieg zu führen – vielmehr wollen sie schonmal klarmachen, wer nach Assad in Syrien mitreden darf. Sie wollen – und hier trennt sie nicht viel von den Stalinist_innen wie der DKP – einen „geordneten Übergang“ anstatt der revolutionären Machtergreifung. Sie wollen, mit einem Wort, eine bürokratische Neuordnung Syriens zu ihrem Vorteil, statt dem Sieg der Revolution im Interesse der Unterdrückten.

Dass nun Imperialisten wie die USA taktische Unterstützung für die FSA üben, delegitimiert jedoch selbstverständlich nicht die Revolution als solche. Wer so denkt, muss jede Revolution verdammen, denn nie werden Imperialisten und Reaktionäre tatenlos zusehen, wo eine Revolution sich erhebt. Mögen die Imperialisten die FSA mit Geld oder Waffen unterstützen – diese Unterstützung anzunehmen ist nicht falsch, sondern obligatorisch, solange keine Bedingungen daran geknüpft sind. Die Stalinist_innen schließen jedoch von einer Übereinstimmung in taktischen Zielen auf eine politische Übereinstimmung oder Abhängigkeit – tatsächlich tragen sie selbst die Verantwortung, sollte die Revolution von den Imperialisten okkupiert werden und in die imperialistische Konterrevolution übergehen.

Zwar stellen sich Kommunisten gegen jede Intervention der UNO/NATO. Aus dem Veto Russlands und Chinas allerdings zu schließen diese seien „Antiimperialisten“ ist nicht nur unsachlich, sondern reaktionär.

Dies kann nur verhindert werden durch volle brüderliche Unterstützung der Revolution, Kampf gegen imperialistische Einmischung, Kampf gegen Illusionen in die UNO und andere imperialistische Organe! Offensichtlich absurd wird die Politik der Stalinist_innen dann, wenn sie eine „anti-imperialistische“ Schutzallianz Russland-China behaupten – diese sind selbst imperialistische Mächte, gehören also zu den Herrschern der Welt und verteidigen nichts als ihre eigenen imperialistischen Ziele, die sie durch die Revolution gefährdet sehen.

Sich in diesem Krieg „neutral“ zu verhalten, ist nicht nur ein unverzeihlicher Verrat an der syrischen Bevölkerung, die derzeit in jeder Minute gefoltert und geschlachtet wird – es bedeutet auch, Syrien nach Assad den „Reformern“, den Islamisten und den Imperialisten zu überlassen, anstatt die Revolution voranzutreiben zur Machtergreifung der Arbeiter_innen und Unterdrückten. Dies zeigt die Entwicklung in Tunesien, Libyen und Ägypten, wo die Revolution zum Stillstand gekommen ist, nachdem Tausende ihr Blut vergossen haben für den Sturz der Diktatur.

Illusionen in die UNO, in imperialistische „Unterstützer“ oder in einen „friedlichen Übergang“ müssen bekämpft werden, indem ihnen die tatsächlichen Möglichkeiten der syrischen Jugend und Arbeiter_innen gegenübergestellt werden:

  • Demokratische Gegenmacht der Unterdrückten statt Gemauschel zwischen „Exil-Syrern“ und Imperialisten!
  • Räte in Stadtteilen, in der Freien Armee, in den Fabriken müssen gebildet werden, um die Übernahme der Macht vorzubereiten!
  • Unterstützung durch die Kämpfer der Tunesischen,
    Ägyptischen und Tunesischen Revolution!
  • In der Freien Armee selbst muss für proletarische Ziele gekämpft werden und für die demokratische Wahl der Komandeure!
  • Die Revolution beschränkt sich nicht auf demokratische Ziele – Selbstbestimmung kann nur erreicht werden, wenn Industrie, Außenhandel und Grundbesitz unter Kontrolle der Unterdrückten gestellt wird!
  • Kein Vertrauen in bürgerliche Führer_innen oder Islamist_innen! Nicht der „Syrische Nationalrat“, nicht die UNO und nicht die Regierung der Türkei dürfen über Syrien entscheiden – dies steht nur der unterdrückten syrischen Bevölkerung selbst zu und den Kämpfern, die derzeit ihr Blut vergießen für die Zukunft Syriens!
  • Für den Aufbau einer revolutionäre Arbeiterpartei, die für die permanente Revolution kämpft!

Ein Artikel von Bruno Lahrius, REVOLUTION Stuttgart




Italiens letzte Perspektive – Klassenkampf

Seit Beginn der Krise in Europa, stellt sich trotz der immensen Anstrengung seitens Politik und Finanzwesen, trotz der aufgewendeten Unsummen für Rettungsschirme für Banken und Krisenländern, keine nennenswerte Besserung der Lage ein. Im Gegenteil scheinen die als einzige wahre Lösung propagierten Sparprogramme nicht nur nicht zu fruchten, sondern die Lage in den einzelnen Ländern noch verheerender zu gestalten als zuvor.

Spanien, Portugal und Griechenland führen einen Tanz am Abgrund auf. Mit ganz vorne dabei ist Italien. Das erschreckende für die europäische Lage ist jedoch, dass es sich bei Italien um die drittstärkste Wirtschaftsmacht Europas handelt, hinter Deutschland und Frankreich. Das Verhältnis der Schulden zum Bruttoninlandsprodukt beträgt bei Griechenland immense 160%, in Italien 120% und Portugal 110%. Die bürgerliche Lösung: Um die Staatshaushalte zu sanieren und den immensen Schulden Herr zu werden, muss gespart werden. Zwar propagierte man noch vor einiger Zeit in Deutschland den Erfolg der antizyklischen Wirtschaftspolitik (d.h. der Staat muss in Zeiten wirtschaftlicher Krisen Geld investieren und Schulden machen, um die Wirtschaft wieder anzutreiben), doch scheint nun das komplette Gegenteil das Gebot der Stunde zu sein.

Das deutsche Kapital diktiert auch in Italien immer mehr die Politik.

Unter deutscher Führung werden die Staaten Europas zu rigorosen Sparkursen gezwungen. Durch die immensen Einsparungen wird der noch verbliebene Anteil des Binnenmarktabsatzes zunichte gemacht und der Bevölkerung das nötige Geld genommen, überhaupt eine Konjunktur antreiben zu können. In einer Gesellschaft der die Löhne und Renten gekürzt werden, in der Arbeitsplätze zu hunderttausenden vernichtet werden, kann keiner Geld aufbringen irgendwelche Konsumgüter zu kaufen. Die Wirtschaftsleistung der Länder wird buchstäblich kaputt gespart. In Spanien wird sogar massiv an Bildung und Forschung gespart, was besonders der Jugend der nächsten Generationen schadet. Das konfuse Sparprogramm schaffte es sogar die Zinsen für spanische Anleihen wieder gefährlich nach oben zu treiben – ebenso auch die des Wackelkandidaten Italien. Ein weiterer Widerspruch der kapitalistischen Logik: Es ist der freie Markt selbst, also die Spekulationen auf den Bankrott eines Staates, der die Zinsen für Staatsanleihen nach oben treibt und die wirtschaftliche Lage verschärft. Noch am Abgrund wird jede Chance auf Profit genutzt und Öl ins Feuer gegossen.

Die Lage scheint nun wieder brisant wie zuvor. Selbst der Rettungsschirm von unglaublichen 800 Milliarden Euro reicht bei weitem nicht aus, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Rechnet man die bereits verplanten 300 Milliarden heraus bleiben gerade noch 500 übrig und alleine bei Spanien rechnet man schon mit einem Bedarf von 436Milliarden.

Diese Rahmenbedingungen verbessern die Situation in Italien nicht gerade. Auch dort wurde von den imperialistischen Führungsmächten Deutschland und Frankreich ein harter Sparkurs verordnet. Eine Perversion der europäischen Ordnung, aber ganz im Sinne des Kapitals. Zwar waren die europäischen Mächte offiziell als gleichberechtigte Partner gedacht, in Realität ist es jedoch so, dass die wirtschaftsstärksten nun die Kontrolle über die schwächsten übernommen haben. Angesichts der italienischen Schuldenlage hilft es da auch nicht die drittstärkste Wirtschaftsmacht in Europa zu sein. So wurde Italien, der Verfassung zum Trotz eine Expertenregierung aufgezwungen, welche genau das zu tun hat was Deutschland und Frankreich von ihr erwarten: Politik im Interesse des Kapitals zu betreiben, sozialen Kahlschlag zu betreiben und rigorose Sparprogramme durchzupeitschen (Ebenso wurde auch mit Griechenland verfahren). Hierin offenbart sich ein weiterer Widerspruch des Kapitalismus: Zwar propagiert man die heilige Allianz der freien Marktwirtschaft und der parlamentarischen Demokratie, aber angesichts der bedrohten Interessenlage des Kapitals wird letztere einfach ausgeschaltet. Man „vertraut“ nicht in die Politik der gewählten, italienischen Volksvertreter, geschweige denn in den Willen der Bevölkerung. Wie soll also eine Volksvertretung als solche noch irgendeine Legitimation besitzen wenn sie schon in Erfolgszeiten nach dem Willen der vermögenden Klasse handelt und in Krisenzeiten ganz ausgeschaltet wird – Das Prinzip des Pluralismus von Marktwirtschaft und Demokratie wurde öffentlich als Lüge entlarvt. Nicht das uns dieser Umstand groß in Erstaunen versetzte, vielmehr untermauerte er die Tatsache, dass die wirkliche politische Macht von der vermögenden Klasse, des Großkapitals ausgeht.

Regierung Monti – Interessenvertreter der Bourgeoisie

Monti, undemokratisch eingesetzter Technokrat - er selbst ist mit seiner persönlichen Geschichte ein Paradebeispiel neoliberaler Ideologie.

Tatsächlich handelt Mario Monti, neuer Regierungschef in Italien, auch genau nach deren Interessen. Nicht demokratisch gewählt sondern auf Druck von außen eingesetzt, früherer Berater der Investmentbank Goldmann Sachs, nun neoliberales Zugpferd für Italiens Politik. Auch das Parlament hat unter der Bevölkerung keinen guten Stand mehr und wird gemein hin nur noch die „Kaste“ genannt.

Das Programm Montis ist so auch ganz nach der neoliberalen Schule gestaltet:

  • Privatisierung staatlicher Unternehmen
  • Liberalisierungen in verschiedenen Branchen (Banken-, Tankstellen-, Apotheken- und Taxigewerbe
  • Erhöhung von Benzin-, Tabak-, und Mehrwertsteuer, Grundsteuer auf das erste Haus
  • Erhöhung des Renteneintrittsalters sowie absenken des Rentenniveaus
  • Angriffe auf Arbeitsrechte wie Kündigungsschutz und Aushebeln von Tarifverträgen
  • Einsparungen im Öffentlichen Dienst von 24 Milliarden an Stellen, Gehältern, Sozialleistungen und Bildung

Insgesamt ein harter Schlag für die arbeitende Bevölkerung, die Pensionäre und Jugendlichen des krisengeschüttelten Landes. Das offensichtliche Problem ist jedoch, dass der IWF schon jetzt mit einem Wirtschaftsrückgang von 2,2 Prozent rechnet und dieses Paket nicht gerade zu einer Besserung der Konjunktur im Sinne der italienischen Bevölkerung beitragen wird. Die Zulassung von Neuwagen sanken um auf 18,9%, die Einzelhandelsumsätze sanken seit 2008 um 6,3% – solche Maßnahmen haben zahlreiche Länder Südamerikas in den Ruin stürzen lassen. Sein Kommentar im Fernsehen zum Aufbrechen des Kündigungsschutzes blanker Hohn: Man müsse sich von der Idee eines festen Arbeitsverhältnisses verabschieden, und eine Festanstellung sei doch eintönig.

Und dennoch wird noch nicht geschlossen gegen den gefährlichen Technokraten vorgegangen. Im Gegenteil erfreute er sich noch einer gewissen Beliebtheit, da er schließlich den verhassten Vorgänger Berlusconi aus dem Amt verdrängte und mit seinem kompromisslosen Führungsstil besondere Schlagkraft bewies. Für die Presse stellt er die Rettungsfigur der italienisch-europäischen Tragödie dar, obwohl keiner so genau weiß, was denn seine Politik so genau für Auswirkungen haben wird. Wichtig ist nur: Zielgerichtet und so wirtschaftsliberal wie möglich. Die Einzigen, die profitieren sind die Kapitalisten Europas, das deutsche Kapital im speziellen. Der Vergleich mit anderen Ländern bezüglich der Auswirkungen dieser Politik, wird daher bewusst von den bürgerlichen Medien vermieden!

Die Rolle der italienischen Gewerkschaften

Die momentan einzige Kritik der bürokratischen Gewerkschaftsführung besteht darin zu bemängeln, dass sie nicht an den Verhandlungen über neue Kürzungen beteiligt wurden – für sinnvolle Sparmaßnahmen gegen die eigenen ArbeiterInnen sei man ja schließlich offen.Während die aktuelle Führung aus Sozialdemokraten und Gewerkschaftsbürokratie die „eigene Nation“, sprich das „eigene“ herrschende Klasse retten will, brodelt es hingegen an der Basis!

Ihnen ist sehr wohl klar, dass sie, wie der Rest Europas auch, von einer gravierenden politischen Entrechtung und einem sozialen Abstieg bedroht sind, wie in Griechenland und Spanien bereits gesehen. Es war dieser Druck der Basis, der am 12. Dezember letzten Jahres zum Generalstreik führte. Bisher hatte die reformistische Führung der Arbeiterklasse jedoch, noch genug bürokratische Machtmittel und Zuspruch der Basis um militantere Aktionen auszubremsen oder im Sande verlaufen zu lassen.

Kampf den Sparprogrammen und Reformen des Kapitals

Rom - 24 stündiger Generalstreik gegen die Sparpläne der Regierung.

Aber angesichts der aktuellen Bedrohung ist es gerade jetzt unerlässlich
für die italienische Arbeiterklasse und die Jugend einen entschlossenen Widerstand zu organisieren. Während der politische Druck auf die Gewerkschaftsführung weiter erhöht werden muss, sollten sich die Arbeiter_innen nicht scheuen auch ohne ihre offiziellen Führer Streiks selbst zu organisieren und die gemeinsame Aktion mit der europäischen Arbeiterbewegung zu suchen. Eintägige Streiks werden jedoch auf Dauer nur die Bewegungen ermüden – der unbefristete Generalstreik steht auf der Tagesordnung. Er ist das einfachste und wirkungsvollste Mittel dieser Ausbeuterpolitik Einhalt zu gebieten und den Mächtigen in Wirtschaft und Politik einen ernsthaften Schaden zuzufügen. Die Sparprogramme Europas stellen einen der gewaltigsten Raubzüge der Geschichte dar. In Italien und Griechenland nicht einmal mehr unter dem Deckmantel einer Legitimierten Regierung, findet eine unglaubliche Verteilung von Vermögen statt. Das Großkapital finanziert sich durch die Klasse der Lohnabhängigen und erwartet Gehorsam.

Der unbefristete Generalstreik stellt automatisch die Frage im Land, wer die Macht in den Händen hält. Sind es die Unternehmer, Banker, ihre Politiker im Parlament und ihre Bürokraten in den Ämtern, die ein Sparprogramm nach dem Anderen zugunsten der Profite des Kapitals beschließen oder ist es die Arbeiterklasse, sind es die armen Jugendlichen, Rentner und Arbeitslose, die nicht nur eine Welt fern von Ausbeutung und Unterdrückung schaffen können, sondern es auch praktisch wollen! Der unbefristete Generalstreik verschafft der Arbeiterklasse die Möglichkeit sich ihrer eigenen Macht bewusst zu werden, sowie eigene Räte-Strukturen aufzubauen mit deren Hilfe ein revolutionäres Programm, sowie weitere Aktionen innerhalb der Bewegung diskutiert und beschlossen werden können.

Schlüsselindustrien müssen Enteignet und die Produktion unter Arbeiterkontrolle organisiert werden. Betriebe die Entlassungen planen müssen unter die Kontrolle von Arbeiterräten, die Erfolge durch gewählte Milizen verteidigt werden. Staatliche Investitionsmaßnahmen in Forschung, Bildung und Infrastruktur, sowie die Absicherung sozialer Leistungen müssen durch die Vermögen des Großkapitals finanziert werden. Die Macht des Bankensektors muss durch eine zentrale Staatsbank unter Rätekontrolle ersetzt werden. Das bürgerliche Parlament muss durch die Massen gestürzt und durch eine der Revolution verpflichtete Regierung der Arbeiterparteien ersetzt werden. Für einen übergreifenden Erfolg müssen diese Aktionen international koordiniert werden – nur auf globaler Ebene kann das System endgültig aus den Angeln gehoben werden, kann eine sozialistische Gegenpolitik betrieben werden. Die Durchführung eines solchen Programms kann nur durch die Schaffung einer revolutionären Partei, seitens der kämpfenden Arbeiterklasse und der Basis der Gewerkschaften, vorangetrieben werden. Italien und die Länder Südeuropas sind ein Beispiel dafür welche Maßnahmen Europa noch drohen. Italien, Griechenland, Spanien oder Portugal können aber auch die Länder sein, in denen die Arbeiterklasse den Herrschenden Europas und in Deutschland zeigen was ihnen drohen kann – die sozialistische Revolution!





Für "Freiheit und Demokratie" in Syrien – und weiter?

Syrische Demonstranten geraten in Konflikt mit der Staatsgewalt.

Syrische Demonstranten geraten in Konflikt mit der Staatsgewalt.

Der syrischen Regierungsarmee gelingt es nicht, den Massenaufstand gegen die Al-Assad-Dynastie niederzuschlagen. Seit einem Jahr kämpfen hunderttausende gegen die jahrzehntelange Gewaltherrschaft, Massenarmut und eine Führungsclique, die sich bereichert, indem sie die Ölreserven des Landes an die Imperialisten verscherbelt.

Teile der Armee sind desertiert und haben sich in Widerstandsgruppen organisiert, u.a. der „Freien Syrischen Armee“. Dass der Aufstand seit einem Jahr andauert und trotz tausenden Opfern weitergeht, ist jedoch nur durch die Unterstützung durch die Masse der Jugendlichen, Lohnabhängigen und Prekären möglich, die den Bewaffneten Schutz und Unterstützung geben.

Das reaktionäre Assad-Regime versucht mit massivem Terror und militärischen Angriffen den Widerstand auszubluten.

Die Lage ist extrem zugespitzt: durch Belagerung und vollständige Vernichtung von Homs versucht das Regime, den Widerstand zu brechen und die Massen zur Resignation zu bringen – denn diese Taktik hat bereits einmal funktioniert. Vor genau 30 Jahren hatte die Regierungsarmee einen Aufstand in Homs niedergeschlagen und anschließend ein gewaltiges Massaker angerichtet, um die Möglichkeit des Sturz der Diktatur in den Köpfen der AktivistInnen vollständig zu zerschlagen. Eine neue Generation musste geboren werden, um den selben Kampf von neuem zu beginnen – mit Wissen um den hohen Einsatz, aber ohne eigene Erfahrung des blutigen Terrors. Nun stellt sich die Frage, ob die heutige Revolution in einem erneuten Trauma für die Unterdrückten endet oder vielmehr in der Zerschlagung der Diktatur und damit ein Vorbild und neuer Anschub der Umwälzungen in anderen Ländern.

Die Revolution in Syrien wie in Ägypten, Libyen und Tunesien sind Reaktion nicht nur auf jahrzehntelange Diktatur und Unterdrückung, sondern wesentlich durch die Auswirkungen der kapitalistischen Krise und die Schwäche des US-Imperialismus bestimmt: Nahrungsmittelkrise, Anwachsen der Massenarmut und Prekarisierung vor allem von Jugendlichen haben seit 2007 Proteste und Widerstand u.a. in Ägypten provoziert, die zum Ausbruch der Revolutionen beigetragen haben. Andererseits wurde in den letzten Jahren offensichtlich, dass der Versuch des US-Imperialismus, den Nahen und Mittleren Osten militärisch zu unterwerfen – wie in Irak und Afghanistan – eher gescheitert ist und weitere imperialistische Invasionen unwahrscheinlich sind. Ein weiterer Versuch der Bodeninvasion erschien bspw. in Libyen zu riskant.

Russland und China lehnen eine imperialistsiche Intervention nicht im Sinne der Arbeiterklasse, der Jugend und Armen Bevölkerung in Syrien ab. Ihre - von einigen Stalinisten gar als linkes Verhalten gedeutete - Verweigerung im UN Sicherheitsrat für Sanktionen lässt sich nicht auf Pazifismus, sondern auf taktische und strategische Erwägungen im Sinne des eigenen Imperialismus, erklären.

Die Imperialisten in Europa und USA sind dazu übergegangen, ein „Ende der Gewalt“ und „friedlichen Übergang zur Demokratie“ zu fordern – freilich ohne zu erklären, dass sie selbst jahrzehntelang an der Unterdrückung in Syrien und der Ausbeutung der Massen dort mitgewirkt und mitverdient haben. Das Assad-Regime nun fallen zu lassen, ist lediglich ein taktischer Zug, mit dem sie sich für den Fall eines Sieges der Revolution schon mal beliebt machen wollen. Andere Mächte wie der Chinesische Imperialismus oder Russland dagegen stehen weiter auf Seite des Regimes, da ihr Einfluss dort im Falle der erfolgreichen Revolution gefährdet wäre. Für uns sind Imperialisten wie USA, Deutschland oder Frankreich niemals Verbündete im Kampf gegen Unterdrückerregime – ein Sturz Assads durch eine imperialistische Invasion bspw. würde nicht der Revolution zum Sieg verhelfen, sondern eine neue, imperialistische Herrschaft über das Land begründen – daher lehnen wir jeden imperialistischen Angriff ab – egal, mit welch hohen „moralischen Werten“ er begründet wird.

Syrische Milizen - sollten Seite an Seite mit Freiwilligenverbänden aus Libyen oder Ägypten kämpfen.

Wir müssen auch derartige Illusionen, die teilweise in den arabischen Ländern vorhanden sind, offenlegen. Um Unterdrückerregime zu stürzen, sollte man nicht um die Hilfe anderer Unterdrücker bitten – vielmehr verdient die syrische Revolution die uneingeschränkte Unterstützung durch die unterdrückten Klassen der Welt und der anderen Länder des arabischen Frühlings! Die Rebelleneinheiten z.B. in Libyen sollten Freiwilligenverbände zur Unterstützung der syrischen Massen entsenden, die ArbeiterInnenbewegung der Welt sollte jede mögliche materielle und personelle Hilfe bieten.

Dabei kritisieren wir aufs Schärfste jene „linken“ Kräfte u.a. in Deutschland, die aufgrund der phrasenhaften und verlogenen verbalen „Unterstützung“ der Imperialisten meinen, der Aufstand sei doch eigentlich eine imperialistische Verschwörung gegen Syrien. Wir verteidigen zwar jederzeit ein unterdrücktes, d.h. halbkoloniales Land gegen imperialistische Angriffe – doch einen solchen Massenaufstand als „imperialistische Provokation“ zu denunzieren, stellt die Dinge auf den Kopf: Nicht die Imperialisten haben den Aufstand ausgelöst – sie versuchen vielmehr, die stattfindende Revolution zu vereinnahmen – mit dem Ziel, dass sie nach Al-Assads Sturz stoppt, und nicht etwa die imperialistischen Investitionen enteignet oder gar den revolutionären Flächenbrand in Arabien neu entfacht.

Letztendlich bestehen auch politische Widersprüche innerhalb der verschiedenen Oppositionsgruppen und -strömungen. Der Syrian National Council ist ein Zusammenschluss vor allem im Ausland lebender Unterstützer und handelt hauptsächlich von Istanbul aus. Er unterstützt die Einrichtung z.B. von UN-Sicherheitszonen und fordert den Rückzug der syrischen Armee, bietet aber keinerlei Perspektive zur Erringung der Macht durch die Massen – und ist daher ein optimaler Bündnispartner für die Imperialisten, um die Revolution zu kanalisieren. Andererseits gibt es das National Coordination Committe for Democratic Change, das sich eindeutig gegen militärisches Eingreifen der Imperialisten ausspricht, jedoch sowohl linke als auch bürgerliche bzw. nationalistische Kräfte vereinigt.

Wir meinen, das Ziel der syrischen Revolution muss die Erringung der Macht durch die unterdrückten Klassen, d.h. Lohnabhängige, BauerInnen, Arbeitslose und prekäre Jugendliche sein. Die politische Perspektive dieser Revolution sollte nicht nur der Sturz der Assad-Herrschaft sein – vielmehr wird nur die Nationalisierung der Wirtschaft und deren Kontrolle durch Arbeiter- und Bauernräte, Stadtteilkommitees u.ä. die grundlegenden Probleme, Massenarmut und imperialistische Einflussnahme beenden können – denn die selbstherrliche Führungsclique um Al-Assad ist letztlich nicht der Ursprung der Unterdrückung, sondern v.a. ein Vermittler zwischen verschiedenen Ausbeuterklassen: den imperialistischen auf der einen und der schwachen, kleinen syrischen Kapitalistenklasse auf der anderen Seite. Obwohl diese keinesfalls die selben Interessen vertreten, sind sie sich einig, dass die lohnabhängigen Massen und andere unterdrückte Schichten weiterhin unterdrückt und lohnabhängig bleiben sollen. Eine wirkliche Perspektive zur Befreiung der syrischen ArbeiterInnen und Armen kann daher nur eine klassenkämpferische, revolutionäre Bewegung geben, die nicht bei Teilzielen halt macht, sondern den Arabischen Frühling zum Frühling des sozialistischen Umsturzes macht.




Für "Freiheit und Demokratie" in Syrien – und weiter?

Syrische Demonstranten geraten in Konflikt mit der Staatsgewalt.

Syrische Demonstranten geraten in Konflikt mit der Staatsgewalt.

Der syrischen Regierungsarmee gelingt es nicht, den Massenaufstand gegen die Al-Assad-Dynastie niederzuschlagen. Seit einem Jahr kämpfen hunderttausende gegen die jahrzehntelange Gewaltherrschaft, Massenarmut und eine Führungsclique, die sich bereichert, indem sie die Ölreserven des Landes an die Imperialisten verscherbelt.

Teile der Armee sind desertiert und haben sich in Widerstandsgruppen organisiert, u.a. der „Freien Syrischen Armee“. Dass der Aufstand seit einem Jahr andauert und trotz tausenden Opfern weitergeht, ist jedoch nur durch die Unterstützung durch die Masse der Jugendlichen, Lohnabhängigen und Prekären möglich, die den Bewaffneten Schutz und Unterstützung geben.

Das reaktionäre Assad-Regime versucht mit massivem Terror und militärischen Angriffen den Widerstand auszubluten.

Die Lage ist extrem zugespitzt: durch Belagerung und vollständige Vernichtung von Homs versucht das Regime, den Widerstand zu brechen und die Massen zur Resignation zu bringen – denn diese Taktik hat bereits einmal funktioniert. Vor genau 30 Jahren hatte die Regierungsarmee einen Aufstand in Homs niedergeschlagen und anschließend ein gewaltiges Massaker angerichtet, um die Möglichkeit des Sturz der Diktatur in den Köpfen der AktivistInnen vollständig zu zerschlagen. Eine neue Generation musste geboren werden, um den selben Kampf von neuem zu beginnen – mit Wissen um den hohen Einsatz, aber ohne eigene Erfahrung des blutigen Terrors. Nun stellt sich die Frage, ob die heutige Revolution in einem erneuten Trauma für die Unterdrückten endet oder vielmehr in der Zerschlagung der Diktatur und damit ein Vorbild und neuer Anschub der Umwälzungen in anderen Ländern.

Die Revolution in Syrien wie in Ägypten, Libyen und Tunesien sind Reaktion nicht nur auf jahrzehntelange Diktatur und Unterdrückung, sondern wesentlich durch die Auswirkungen der kapitalistischen Krise und die Schwäche des US-Imperialismus bestimmt: Nahrungsmittelkrise, Anwachsen der Massenarmut und Prekarisierung vor allem von Jugendlichen haben seit 2007 Proteste und Widerstand u.a. in Ägypten provoziert, die zum Ausbruch der Revolutionen beigetragen haben. Andererseits wurde in den letzten Jahren offensichtlich, dass der Versuch des US-Imperialismus, den Nahen und Mittleren Osten militärisch zu unterwerfen – wie in Irak und Afghanistan – eher gescheitert ist und weitere imperialistische Invasionen unwahrscheinlich sind. Ein weiterer Versuch der Bodeninvasion erschien bspw. in Libyen zu riskant.

Russland und China lehnen eine imperialistsiche Intervention nicht im Sinne der Arbeiterklasse, der Jugend und Armen Bevölkerung in Syrien ab. Ihre - von einigen Stalinisten gar als linkes Verhalten gedeutete - Verweigerung im UN Sicherheitsrat für Sanktionen lässt sich nicht auf Pazifismus, sondern auf taktische und strategische Erwägungen im Sinne des eigenen Imperialismus, erklären.

Die Imperialisten in Europa und USA sind dazu übergegangen, ein „Ende der Gewalt“ und „friedlichen Übergang zur Demokratie“ zu fordern – freilich ohne zu erklären, dass sie selbst jahrzehntelang an der Unterdrückung in Syrien und der Ausbeutung der Massen dort mitgewirkt und mitverdient haben. Das Assad-Regime nun fallen zu lassen, ist lediglich ein taktischer Zug, mit dem sie sich für den Fall eines Sieges der Revolution schon mal beliebt machen wollen. Andere Mächte wie der Chinesische Imperialismus oder Russland dagegen stehen weiter auf Seite des Regimes, da ihr Einfluss dort im Falle der erfolgreichen Revolution gefährdet wäre. Für uns sind Imperialisten wie USA, Deutschland oder Frankreich niemals Verbündete im Kampf gegen Unterdrückerregime – ein Sturz Assads durch eine imperialistische Invasion bspw. würde nicht der Revolution zum Sieg verhelfen, sondern eine neue, imperialistische Herrschaft über das Land begründen – daher lehnen wir jeden imperialistischen Angriff ab – egal, mit welch hohen „moralischen Werten“ er begründet wird.

Syrische Milizen - sollten Seite an Seite mit Freiwilligenverbänden aus Libyen oder Ägypten kämpfen.

Wir müssen auch derartige Illusionen, die teilweise in den arabischen Ländern vorhanden sind, offenlegen. Um Unterdrückerregime zu stürzen, sollte man nicht um die Hilfe anderer Unterdrücker bitten – vielmehr verdient die syrische Revolution die uneingeschränkte Unterstützung durch die unterdrückten Klassen der Welt und der anderen Länder des arabischen Frühlings! Die Rebelleneinheiten z.B. in Libyen sollten Freiwilligenverbände zur Unterstützung der syrischen Massen entsenden, die ArbeiterInnenbewegung der Welt sollte jede mögliche materielle und personelle Hilfe bieten.

Dabei kritisieren wir aufs Schärfste jene „linken“ Kräfte u.a. in Deutschland, die aufgrund der phrasenhaften und verlogenen verbalen „Unterstützung“ der Imperialisten meinen, der Aufstand sei doch eigentlich eine imperialistische Verschwörung gegen Syrien. Wir verteidigen zwar jederzeit ein unterdrücktes, d.h. halbkoloniales Land gegen imperialistische Angriffe – doch einen solchen Massenaufstand als „imperialistische Provokation“ zu denunzieren, stellt die Dinge auf den Kopf: Nicht die Imperialisten haben den Aufstand ausgelöst – sie versuchen vielmehr, die stattfindende Revolution zu vereinnahmen – mit dem Ziel, dass sie nach Al-Assads Sturz stoppt, und nicht etwa die imperialistischen Investitionen enteignet oder gar den revolutionären Flächenbrand in Arabien neu entfacht.

Letztendlich bestehen auch politische Widersprüche innerhalb der verschiedenen Oppositionsgruppen und -strömungen. Der Syrian National Council ist ein Zusammenschluss vor allem im Ausland lebender Unterstützer und handelt hauptsächlich von Istanbul aus. Er unterstützt die Einrichtung z.B. von UN-Sicherheitszonen und fordert den Rückzug der syrischen Armee, bietet aber keinerlei Perspektive zur Erringung der Macht durch die Massen – und ist daher ein optimaler Bündnispartner für die Imperialisten, um die Revolution zu kanalisieren. Andererseits gibt es das National Coordination Committe for Democratic Change, das sich eindeutig gegen militärisches Eingreifen der Imperialisten ausspricht, jedoch sowohl linke als auch bürgerliche bzw. nationalistische Kräfte vereinigt.

Wir meinen, das Ziel der syrischen Revolution muss die Erringung der Macht durch die unterdrückten Klassen, d.h. Lohnabhängige, BauerInnen, Arbeitslose und prekäre Jugendliche sein. Die politische Perspektive dieser Revolution sollte nicht nur der Sturz der Assad-Herrschaft sein – vielmehr wird nur die Nationalisierung der Wirtschaft und deren Kontrolle durch Arbeiter- und Bauernräte, Stadtteilkommitees u.ä. die grundlegenden Probleme, Massenarmut und imperialistische Einflussnahme beenden können – denn die selbstherrliche Führungsclique um Al-Assad ist letztlich nicht der Ursprung der Unterdrückung, sondern v.a. ein Vermittler zwischen verschiedenen Ausbeuterklassen: den imperialistischen auf der einen und der schwachen, kleinen syrischen Kapitalistenklasse auf der anderen Seite. Obwohl diese keinesfalls die selben Interessen vertreten, sind sie sich einig, dass die lohnabhängigen Massen und andere unterdrückte Schichten weiterhin unterdrückt und lohnabhängig bleiben sollen. Eine wirkliche Perspektive zur Befreiung der syrischen ArbeiterInnen und Armen kann daher nur eine klassenkämpferische, revolutionäre Bewegung geben, die nicht bei Teilzielen halt macht, sondern den Arabischen Frühling zum Frühling des sozialistischen Umsturzes macht.




700 Demonstrant_innen gegen G20 in Freiburg – Bericht und Auswertung

Anlässlich des G20-Gipfels, welcher im französischen Cannes tagte, fand am 05.11.2011 eine überregionale antikapitalistische Demonstration in Freiburg statt. Die Demo, welche mit 700 Teilnehmer_Innen leider unten den Erwartungen blieb, setzte sich überwiegend aus dem autonomen Spektrum Süddeutschland, migrantisch-sozialistischen Organisationen und Teilen der anarchistischen Strömung zusammen. Es gelang darüber hinaus auch Personen aus der Schweiz und Frankreich zu mobilisieren, welches der Demonstration ein internationales Gesicht verlieh. Die Demonstration lief in weiten Teilen kämpferisch und lautstark durch die Freiburger Innenstadt.

Die Frage, die bleibt, ist warum die Demonstration es nicht schaffte über das linksradikale Spektrum hinaus Leute aus dem gewerkschaftlichen und studentischen Milieu zu mobilisieren. Dies liegt unserer Meinung nach an drei entscheidenden Punkten.

Der erste Grund, welcher zu der geringen Teilnehmer_Innenzahl geführt hat, liegt am klar antikapitalistisch und polarisierendem Charakter des Aufrufes „No G20 – Die Krise heißt Kapitalismus“. Gegen einen antikapitalistischen Aufruf ist wesentlichen nichts einzuwenden, jedoch vertreten wir die Meinung, dass ein Bündnisaufruf dazu in der Lage sein muss, weite Teile der Linken mit einzubeziehen. Hierbei sind vor allem die reformistischen Parteien sowie Gewerkschaften zu beachten. Ein Aufruf für eine Demonstration gegen den G20-Gipfel sollte daher die Führungen dieser Organisationen direkt ansprechen und es ihnen nicht ermöglichen sich, durch radikale Forderungen wie die soziale Revolution, aus ihrer Verantwortung zu stehlen. Solche Forderungen sind natürlich ebenfalls zu stellen, jedoch sollte dieses in Form eines separaten Aufrufs der einzelnen beteiligten Organisationen oder antikapitalistischer Blöcke innerhalb der Bewegung geschehen.

Der zweite und ebenfalls nicht unwesentliche Faktor war die fehlende Mobilisierung von Seiten der Unterstützer_Innen des Aufrufs. So war zum Beispiel die Linkspartei, dessen Kreisverband ebenfalls als Unterstützerin auftauchte, nur mit einem kleinen Teil an Funktionär_Innen anwesend. Dies entspricht wohl kaum ihrem Mobilisierungspotenzial in Freiburg und Umgebung. Attac hingegen war nicht einmal sichtbar anwesend, obwohl ihnen ein Redebeitrag gebilligt wurde.

Der letzte Punkt, welcher sich negativ auswirkte, war die gespaltene Haltung der lokalen anarchistischen und autonomen Bewegung im Raum Freiburg. Wurde doch von einigen Teilen die Demonstration nur aus dem Grunde abgelehnt, weil die Antifaschistische Linke Freiburg (ALFR) die zentrale Organisation in der Mobilisierung war. Dieses Verhalten gegenüber der ALFR kritisieren wir scharf. Die Demonstration diente dazu, den Protest gegen den G20 auf die Straße zu bringen und nicht politische Differenzen und Grabenkämpfe auf Kosten der gemeinsamen Aktion auszufechten. Dennoch gelang es einigen Teilen der anarchistischen/autonomen Szene einen starken Block auf der Demonstration zu stellen, welcher sich lautstark und sichtbar in die Demonstration einreihte.

In Zukunft, und wir teilen die Einschätzung der ALFR, die sie in ihrer Broschüre darlegt, muss es die Devise der internationalen Linken sein, wieder zentrale Großdemonstrationen und Massenaktionen wie in Heiligendamm, die von Gewerkschaften, Arbeiterparteien, Netzwerken und revolutionären Organisationen getragen werden, zu organisieren!

Ortsgruppe, REVOLUTION-Freiburg




No G20 – Die Krise heißt Kapitalismus!

Nach dem G8 Gipfel in Deauville im Mai diesen Jahres wollen sich diesen November die G20 im französischen Cannes treffen. Dahinter verbergen sich die Staatsoberhäupter der 20 wirtschaftlich stärksten und damit mächtigsten Staaten der Welt. Zusammen mit Vertreter_innen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank werden bei diesem Treffen „die Probleme der Welt“ diskutiert. Dabei geht es aber nicht um die Befriedigung der Bedürfnisse der Weltbevölkerung. Es geht vielmehr um die Aufteilung der Welt. Es geht darum, welche kapitalistischen Staaten auf Kosten anderer weiterhin ihre Profite machen können.

Die aktuelle Krise zeigt das deutlicher denn je. Während die G20-Staaten die Probleme des Kapitalismus nicht lösen können, versuchen sie die Probleme auf schwächere Staaten, letztlich deren arbeitende Bevölkerung, Jugendliche und Arbeitslose, abzuwälzen. Das beste Beispiel dafür innerhalb der EU ist momentan Griechenland. Denn Griechenland soll nicht gerettet, sondern unter Kontrolle insbesondere von deutschen Unternehmen und Banken innerhalb der EU stabilisiert werden, damit ihre Profite weiter sprudeln. Wie bereits 2009 sind wir es, die dafür in Form von Sparpaketen, Rettungsschirmen und europaweiten Entlassungen zahlen sollen. Solche Auseinandersetzungen finden global statt und sie werden innerhalb der G20 diskutiert.

Wir wollen den Herrschenden kein Podium bieten, auf dem sie diskutieren können, wie wer uns weiterhin ausbeuten darf. Deshalb rufen wir zur gemeinsamen Mobilisierung gegen den G20-Gipfel in Cannes und zur Teilnahme an der überregionalen „NO G20“ – Demonstration am 05.11.2011 in Freiburg auf!

Keine Appelle, sondern Widerstand!

In der Vergangenheit appellierten NGO´s wie Greenpeace, Netzwerke wie Attac, Gewerkschaften und sozialdemokratische Parteien wie die SPD oder die Linkspartei immer wieder an das Gewissen von G8 oder G20. Diese Appelle weckten die Illusion, dass die Welt innerhalb des Kapitalismus, gemeinsam mit den Herrschenden der G-Staaten, grundlegend zu verbessern wäre.

Die vergangenen Jahre haben aber gezeigt, dass unsere Rechte und Interessen nur gegen sie mit massivem Widerstand verteidigt werden konnten. Streiks, Demonstrationen und Besetzungen waren erfolgreiche Mittel. Appelle hingegen demoralisierten unsere Bewegung indem sie erfolglos blieben.

Auch wenn wir die Politik der obengenannten Organisationen nicht teilen, sehen wir die Notwendigkeit im gemeinsamen Widerstand gegen die Folgen der Krise und ihre Verursacher_innen. Gerade in der Krise, wo die Herrschenden zerstritten sind (abgesehen von der Einigkeit, dass wir für ihre Krise zahlen sollen) muss die Jugendbewegung gemeinsam mit der Arbeiterklasse und ihren Organisationen Einigkeit in der Aktion zeigen. Diese Aktion muss aber vor allem gegen die sozialen Angriffe, Umweltzerstörung und Kriege, sowie ihre Verursacher gerichtet sein. Die Vertreter der G20 repräsentieren das 1 %, auf das die Occupy-Bewegung jetzt aufmerksam macht. Sie wollen nicht gemeinsam mit uns die Welt verbessern – Sie wollen sie gegen unseren Willen ausrauben!

G20 – nicht verbessern, sondern stürzen!

Für uns als revolutionäre Jugendorganisation geht es darum, die G20 und den globalen Kapitalismus zu stürzen. Die heutigen Probleme können nicht von den G20-Staaten, der EU, den USA oder anderen imperialistischen Vereinigungen oder Staaten gelöst werden. Es ist keine Frage des Willens. Es ist eine Frage des Systems.

Wir wollen die Krise zugunsten der Arbeiterklasse, der Jugend – letztlich der 99% – lösen. Das kann aber nur zuungunsten des Kapitals geschehen. Ihre Macht, ihre Staaten, müssen zerschlagen werden.

Was wir wollen ist echte Demokratie – in Räten organisiert.

Was wir wollen ist eine demokratische Planwirtschaft.

Was wir brauchen ist die sozialistische Revolution – international!

Noch scheinen diese Ziele in weiter Entfernung. Doch der arabische Frühling, Bewegungen wie Occupy oder Großmobilisierungen, Besetzungen und Generalstreiks in ganz Europa können der Keim für die proletarischen Revolutionen von morgen sein. In den Bewegungen gegen die sozialen Angriffe, Entlassungen, Kriege und Hunger müssen wir Geschlossenheit in der Aktion zeigen – Gewerkschaften, reformistische Parteien, Anarchist_innen und Kommunist_innen müssen Seite an Seite kämpfen. Die Perspektive für diese Bewegungen kann aber nur im Sturz des Kapitalismus bestehen – einem revolutionären Programm, das von Kommunist_innen zum Aufbau einer neuen kommunistischen Internationale genutzt wird, die dieses Ziel erreichen kann!

Unser Krisenprogramm lautet deshalb:

  • Zahlt eure Krise selbst – keine Bankenrettungen, Subventionen für Unternehmen etc. auf Kosten der Jugend, der Arbeiterklasse und der einfachen Bevölkerung!
  • Gegen Lohnkürzungen, Entlassungen und Werksschließungen – Für die Verstaatlichung von Betrieben, die solche Maßnahmen durchsetzen wollen – unter Arbeiter_innenkontrolle!
  • Stoppt die Sparpakete, Schluss mit Sozialkahlschlag und Bildungsabbau! Stattdessen: Für ein Programm gesellschaftlich nützlicher Arbeiten, wie dem Ausbau des öffentlichen Nah -und Fernverkehrs und regenerativer Energien, sowie dem Bau neuer Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Freizeit- und Kultureinrichtungen! Bezahlt werden soll das aus dem Reichtum und den Profiten der Kapitalist_innen!
  • Stoppt die imperialistischen Kriegseinsätze – Truppen raus aus Afghanistan, Kosovo, Irak und Libyen!
  • Schluss mit dem Ringen um Profite über Spekulationen – Verstaatlichung des Bankenwesens zu einer Zentralbank unter Arbeiter_innenkontrolle!
  • Lasst uns für diese Forderungen und gegen die Angriffe des Kapitals und der G20 kämpfen – für Massenmobilisierungen von Gewerkschaften, Arbeiterparteien und Linken gegen die Krise, international! Für die internationale Koordination von Besetzungen und Generalstreiks!

Aufruf von REVOLUTION – Deutschland zu der NO G20 – Demonstration in Freiburg

Cannes (Frankreich), Samstag den 5. November 2011 | Demonstrationen gegen den G20 Gipfel
Freiburg, Samstag den 5. November 2011 um 14.00 Uhr am Platz der alten Synagoge | Demonstration gegen den G20 Gipfel




Make NATO History – Zehn Jahre Krieg in Afghanistan

In ihrer Regierungserklärung zum „Afghanistan-Konzept“ Anfang 2010, präsentierte Merkel ein 5 Punkte Programm, welches einen endgültigen Erfolg im „Kampf gegen den Terrorismus“ versprach. Dazu gehörten unter anderem eine forcierte Ausbildung der afghanischen Armee und mehr deutsche Polizeiausbilder. Darüber hinaus wurde versichert, dass für die kommenden fünf Jahre 50 Millionen Euro für den neuen internationalen „Reintegrationsfonds“ zur Verfügung gestellt würden. Ein endgültiges Abzugsdatum der Truppen nannte sie nicht! Doch mittlerweile wird der Abzug der ISAF vorbereitet, ab Ende 2014 sollen keine westlichen Kampfeinheiten mehr im Land sein.

Zehn Jahre Krieg – eine Bilanz der Niederlage…

Doch welche Bilanz kann jetzt, 10 Jahre nach dem Einfall westlicher Armeen in Afghanistan, gezogen werden – welche der vermeintlichen Kriegsgründe wurden beseitigt? Ist der Terror besiegt? Ist die herbeigesehnte Gleichstellung von Mann und Frau erreicht? Lebt die Bevölkerung dort endlich in Demokratie und Frieden?

Selbst für die Lügner und Kriegstreiber aus dem Pentagon, für etliche NATO-Staaten und die Parlamente, die den Krieg unterstützen ist die Bilanz erschütternd. Nichts hat sich verbessert! Weder die vermeintlichen Ziele, noch die wirklichen Interessen der Imperialisten konnten umgesetzt werden, seitdem 2001 ausländische und 2002 erste deutsche Soldaten Fuß auf afghanischen Boden setzten, um ihre jeweiligen geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen zu verteidigen.

Dazu zählten zum Beispiel der Bau einer Pipeline, die von Turkmenistan über Afghanistan nach Indien führen sollte. Außerdem war für die Imperialisten der Zugang zu den Rohstoffvorkommen im kaspischen Raum von zentraler Bedeutung, der über gewaltige Erdöl- und Erdgasvorkommen verfügt.

Die Realitität ist Krieg,Armut und Tod!

Die Realität sieht bei weitem schlimmer aus, als es die hiesigen Medien wahrhaben wollen. Seit 2001 wurden 2500 Soldaten getötet, die Zahl der ermordeten Zivilisten ist noch um einiges größer, denn allein in der ersten Hälfte 2011 starben über 1500 Menschen an den direkten Auswirkungen des Krieges. Die Bevölkerung lebt in extremer Armut und Unsicherheit. Es fehlt an Schulen und anderen wichtigen sozialen Einrichtungen. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass rund 95% aller Ausgaben von den Kriegführenden Nationen in das Militär, anstatt in den versprochenen Zivilen Ausbau investiert werden!

Auch die Rate der Gewalttaten gegen Frauen stieg und der Opiumanbau erzielte dieses Jahr erneute Rekordernten. Unterstützt werden die Besatzer von dem 2001 eingesetzten Präsident Hamid Karzai, welcher unter anderem ein ehemaliger Mitarbeiter des US-Energiekonzerns „Unocal“ ist. Die Gesetze seines „demokratischen“ Regimes stehen häufig nur auf dem Papier, die internationalen Hilfsmilliarden versickern in korrupten Kanälen oder fließen zurück in die „Geber-Länder“.

Zehn Jahre Afghanistankrieg sind genug, Truppen raus aus Afghanistan!

So behauptete Karzai auf der vergangenen Münchner Sicherheitskonferenz, Afghanistan werde 2015 „ein funktionierender Staat sein“ – funktionieren im Sinne des westlichen Kapitals. Trotzdem lädt die Bundesregierung am 5. Dezember wieder zur Afghanistan-Konferenz in Bonn, um über die Ausweitung der „zivil-militärischen Zusammenarbeit“, im Klartext effizientere Kriegsführung und Aufstandsbekämpfung, zu debattieren. Auch soll ein Kontrollorgan der NATO-Staaten geschaffen werden, mit dessen Hilfe sie nach dem Abzug in die Entwicklung Afghanistans jederzeit eingreifen können.

10 Jahre nach dem Beginn steht eines fest deutlicher denn je fest – Dieser Krieg wurde nie im Interesse der afghanischen Bevölkerung, im Sinne der Demokratie, sozialer Bedürfnisse oder für die Befreiung der Frau geführt. Es ist ein Krieg im Interesse des Kapitals, dessen Erfolg selbst für die Imperialisten immer mehr ins wanken gerät.

  • Afghanistan – Konferenz am 05. Dezember in Bonn zum Desaster machen – für eine antimilitaristische Bewegung!
  • Gegen den deutschen und internationalen Imperialismus – fremde Truppen raus aus Afghanistan!
  • Für eine organisierte Jugend-und Arbeiterbewegung in Afghanistan, die auf die Solidarität und Unterstützung der arabischen Revolutionen bauen kann!

Ein Artikel von Felix Rosenberg, REVOLUTION-Stuttgart