UEFA-EM 2024: Fußtritte gegen demokratische Rechte

von Bruno Tesch, ursprünglich erschienen in der Neuen Internationale 283 der Gruppe Arbeiter:innenmacht, Juni 2024

Am 14. Juni beginnt die Fußballeuropameisterschaft (EM 2024) der Männermannschaften und endet einen Monat später. Sie wird dieses Mal In Deutschland an 10 Spielstätten ausgetragen. Das rein sportliche Spektakel wird jedoch von innen- und weltpolitischer Krisenhaftigkeit und Unsicherheit in Beschlag genommen. Regierungen nutzen solche Großveranstaltungen, die massenhafte Aufmerksamkeit auf sich ziehen, gerne, um sich gleichzeitig im Licht erfolgreicher Nationalteams zu sonnen und währenddessen bspw. unpopuläre Gesetze zu installieren. Diesmal wird die Öffentlichkeit jedoch bereits im Vorwege hellhörig durch Pläne der deutschen Bundesregierung, die EM als Vorwand für verschärfte politische Repression zu projektieren.

Ausbau des EU-Sicherheitsapparats

Die Vorbereitungen zur Großveranstaltung laufen auf Hochtouren und auch die Bundespolizei bereitet sich sehr gründlich darauf vor. „Die Sicherheit der Fußball-EM bei uns im Land hat höchste Priorität. Alle Sicherheitsbehörden bereiten sich hochprofessionell vor. An allen Spielorten und überall, wo sich viele Menschen bewegen, gilt: Die Polizei wird hohe Präsenz zeigen. Dafür bin ich den Landespolizeien und unserer Bundespolizei sehr dankbar“, so Bundesinnenministerin Nancy Faeser.

„Dabei intensivieren wir die Maßnahmen auf allen Verkehrswegen für die Sicherheit der Fußballfans und Reisenden. In Zügen und Bahnhöfen wird die Bundespolizei die Präsenz erhöhen“. Alle Maßnahmen wären eng mit den Polizeien der Länder, Grenzpolizeien der deutschen Anrainerstaaten, Eisenbahnverkehrsunternehmen, Flughafenbetreiber:innen und relevanten Sicherheits- und Ordnungspartner:innen abgestimmt.

Die Bundespolizeidirektion Koblenz wird hier an insgesamt neun Grenzübertrittsorten zu Frankreich, Luxemburg und Belgien die Reisebewegungen überwachen. Von dort aus erfolgen gemeinsame Streifen mit der Bundespolizeiinspektion Saarbrücken und den Kolleginnen und Kollegen der französischen Police aux Frontières (Grenzpolizei) sowie des Service National de la Police Ferroviaire (französische Bahnpolizei). Außerdem gibt es für Schwerpunkteinsätze ein gemeinsames Kommissariat.

Mit Frankreich sind etwa gemeinsame Polizeieinheiten und Streifen im grenzüberschreitenden Bahnverkehr geplant. Die Ministerin hob hervor, dass auch bei der Abwehr hybrider Bedrohungen und beim Schutz vor Terrorismus eng mit Frankreich zusammengearbeitet wird.

Regierungsoffziell heißt es: Im Fokus stehen der Schutz vor Islamist:innen und anderen Extremist:innen, vor Hooligans und weiteren Gewalttäter:innen sowie die Sicherheit der Netze.

Diese Konzeption wird ergänzt durch eine stärkere Kooperation des Staatsapparats auch auf Länderebene. So hat etwa der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul für die Fußball-Europameisterschaft erhöhte Sicherheitsmaßnahmen angekündigt. Teil des Konzepts: Urlaubssperre für Polizist:innen und ein internationales Polizeizentrum in Neuss. Teil dieser Aufrüstungspläne ist auch ein besserer Datenaustausch zwischen Behörden. Die derzeitige Kommunikation sei unter anderem aus Datenschutzgründen eingeschränkt und wichtige Informationen dürften nicht weitergegeben werden. Um dem entgegenzuwirken, seien Reuls Ansicht nach verbesserte Instrumente wie die umstrittene Vorratsdatenspeicherung erforderlich. So wird die Fußball-EM zum „zivilen“ Test für weitere staatliche Überwachung.

Staatsräson im DGB: die Gewerkschaft der Polizei (GdP)

Als spezielle Scharfmacher:innen für Hass und Hetze erweisen sich wieder einmal die Spitzen der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der Bezirksvorsitzende für Bundespolizei und Zoll, Andreas Roßkopf, meinte: Im Visier der Kontrollen stünden vor allem „die Fangruppierungen, gewaltbereite Hooligans, aber natürlich auch – islamistische Vereinigungen“.

„Und da brauchen wir – und haben auch – die Hinweise aus nationaler und internationaler Zusammenarbeit.“ Mit dieser besonderen Belastung zur EM habe man aber bereits gerechnet und sei vorbereitet.

Da muss dann sogar der Anschlag in einem „befreundeten“ Land auf eine Moskauer Konzerthalle Ende März 2024 herhalten, der mutmaßlich von ukrainischen Nationalist:innen verübt worden ist, ebenso wie ein Posting einer islamistischen Gruppierung in den sozialen Medien, das plakativ drei EM-Spielorte als Anschlagsziele nennt, um den aufgefahrenen Sicherheitsapparat zu verteidigen.

Ein Hintergedanke der sicherheitspolitischen Kooperation ist nicht zuletzt das imperialistische Interesse der Bundesrepublik, ihre Führungsposition in der Europäischen Union zu stärken und auch die noch nicht kriegstüchtige eigene Bevölkerung an die angebliche Notwendigkeit von polizeilicher Präsenz und finanziellen Opfern für Aufrüstung zu gewöhnen. Sie kann sich der stetigen Unterstützung durch staatslammfromme DGB-Gewerkschaften dabei sicher sein.

Die Positionierung der GdP verdeutlicht außerdem einmal mehr, dass die Polizeigewerkschaft im DGB nichts verloren hat. Gewerkschafter:innen, die gegen Spaltung und Repression am Arbeitsplatz, gegen Rassismus, Überwachungsstaat und Militarisierung kämpfen, brauchen keine Interessensvertretung des Staatsapparates in den eigenen Reihen, sondern müssen für den Ausschluss der GdP aus dem DGB eintreten.

Repression und Rassismus

Selbstverständlich ist diese Sicherheitslawine nicht erst in Erwartung einer solchen Veranstaltung überstürzt losgetreten worden. Dieses Paket reiht sich vielmehr als strategisches Kalkül der herrschenden Klasse ein, das eine rassistische Politik mit repressiven Maßnahmen gegen linkere Opposition verbindet. Die Asylgesetzgebung der bürgerlichen „Mitte“ passt nahtlos mit der Erstickung von Solidaritätsbekundungen für die palästinensische Bevölkerung zusammen, die in die Ecke „terroristischer Bedrohung“ gestellt werden. Die Verschärfung des Strafrechts beinhaltet auch eine Neudefinition von Gewalt, die Vollzugsmaßnahmen wie Abschiebung und Zwangsexmatrikulation unmittelbarer und auf höherer Eskalationsstufe spüren lässt.

Die EM nahm Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) dankbar als Steilvorlage auf und forderte rasche Konsequenzen für Gewalttäter:innen. Er teilte der Zeitung „Bild am Sonntag“ mit, auch Hooligans und Krawalltourist:innen würden sich auf den Weg nach Deutschland machen. Wenn Straftaten begangen würden, sollte dort, wo es möglich sei, die Strafe auf dem Fuße folgen.

Kritik

Es erhebt sich aber auch Kritik im bürgerlich-liberalen Lager gegen den Sicherheitshype. So moniert bspw. der Deutsche Anwaltsverein drei problematische Überwachungstechnologien, die nun auf keinen Fall etabliert oder weiter ausgeweitet werden dürften. Dazu gehören Staatstrojaner, die Zugriffe auf PCs legitimieren, durchgängiger Einsatz biometrischer Gesichtserkennungsprozeduren sowie anlasslose Vorratsdatenspeicherung. Zu den Eckpunkten des Sicherheitskatalogs zählt neben den genannten Pfeilern auch Präventionsarbeit durch die Unterstützung von Fanprojekten, z. B. durch das Fanbetreuungsprogramm „Fans welcome“.

Für die Polizei und den Staat stehen die Fangruppen selbst im Visier der verschärften Überwachung. Gegen diese, gegen die Kommerzialisierung des Sports, die bei den Großveranstaltungen besonders krass und überteuert hervortritt, gegen die verordnete Fankultur sollten sie sich organisiert zur Wehr zu setzen. Viele Fangruppen aus den Vereinen haben durch ihre bundesweit organisierten Proteste gegen die Machenschaften des DFL Deutsche Fußball Liga e. V. und Mauscheleien hinter ihrem Rücken mit zweifelhaften sportfremden Investor:innen nicht nur Erfolg gehabt, sondern auch bewiesen, dass sie als organisierte Kraft Kapitalkraken widerstehen können.

Diese Gruppen sind auch an den jeweiligen Spielorten stark vertreten. Sie könnten dabei die Kritik an der Kommerzialisierung der Veranstaltungen bis zum Public Viewing mit der am Überwachungswahn verbinden. Sie müssten sich dazu aber sowohl mit gewerkschaftlichen Organisationen abseits von GdP und Deutscher Polizeigewerkschaft (DPolG) wie auch mit internationalen Fanverbänden verbinden, Kontrollen und Einreisebeschränkungen entgegentreten. Statt der Polizei könnten die Fanclubs eigenständige Ordner:innendienste organisieren und so für einen geregelten Ablauf der Veranstaltungen sorgen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund überlässt es leider „seiner Fachvertretung“, der GdP, sich mit dem Thema Staatsaufrüstung im Namen der Sicherheit aller zu beschäftigen und klassenfeindlich hervorzutun.

  • Keine Grenzkontrollen!
  • Keine migrant:innenfeindliche Repression!
  • Keine Legitimierung von Überwachungseinrichtungen!
  • Nein zu allen Strafgesetz- und Sicherheitsverschärfungen!
  • Keine Mittel und Personal für polizeiliche Aufrüstung!
  • GdP raus aus dem DGB!
  • Organisierung von Sicherheitsvorkehrungen und Gegenwehr gegen staatliche Kontroll- und  Einreisewillkür durch internationale Fangruppierungen und Gewerkschaften!



Eurovision Song Contest 2024 – United by Genocide?

von Leonie Schmidt, Mai 2024, zuerst veröffentlicht in der Infomail 1254 der Gruppe Arbeiter:innenmacht

Gestern Abend fand in Malmö das Finale des 68. Eurovision Song Contest unter dem Motto „United by Music“ statt. Überschattet war es, völlig zu Recht, von verschiedenen Protesten gegen die Teilnahme Israels und Boykottaufrufen. In den letzten Jahren hat sich das Schauen des ESCs besonders bei einem jüngeren und queeren Publikum zu einem festen kulturellen Bestandteil gemausert. Jährlich schalten für das Finale um die 162 Mio. Menschen weltweit ein. In diesem Artikel wollen wir die verschiedenen Aktionen, Vorfälle und Proteste näher beleuchten und auch auf die kulturelle Bedeutung des ESC eingehen.

Der ESC ist nicht unpolitisch!

Die erste Frage, die sich stellt, ist für viele sicher erst einmal, warum Israel überhaupt beim ESC teilnehmen darf. Immerhin liegt es nicht in Europa und begeht gerade einen Genozid in Gaza. Das lässt sich damit erklären, dass es Teil der Europäische Rundfunkunion (EBU) ist. Tatsächlich sind nicht nur europäische Staaten und ihre Sender vertreten, jedoch ist Israel historisch gesehen das erste Land, was außerhalb der EU liegt und beim ESC antrat. Allerdings könnte man ja meinen, dass die EBU Kriegsverbrechen sanktioniert, immerhin wurde Russland nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine auch ausgeschlossen. Doch diese Doppelmoral erklärt die EBU mit dem Verhältnis des russischen und israelischen Senders zu ihrer jeweiligen Regierung. Beim israelischen Sender KAN bestünden keine Verletzungen der Werte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Seltsam in Anbetracht der Tatsache, dass auf X (vormals Twitter) Videos kursieren, auf denen zu sehen ist, wie der Sender KAN seinen Namen auf Panzergranaten schreiben lässt, die dann nach Gaza geschickt werden. So scheint es sich ja doch um eine kriegstreiberische Rundfunkanstalt zu handeln.

Vor allem aber möchte sich die EBU darauf ausruhen, dass der ESC unpolitisch sei. Das gelte selbstverständlich auch für die israelische Kandidatin Eden Golan, die ihren ESC-Song „October Rain“ in „Hurricane“ abändern musste. Doch beugen wollte sich Israel anfangs nicht direkt, ursprünglich wollte es die Teilnahme absagen, wenn das Lied abgeändert werden müsste. Letztendlich trat Golan doch an, zu symbolisch sei der Auftritt beim ESC. Doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen: Es handelt sich immer noch um dasselbe Lied, welches inspiriert ist von den Folgen des Angriffs der Hamas für die Israelis im Oktober 2023 und in diesem Kontext auch als Propaganda für den Krieg in Gaza gegen die Palästinenser:innen verstanden werden muss. Interessanterweise gibt es im Allgemeinen gerade in Israel eine Welle an Propagandasongs von jungen Künstler:innen, vornehmlich aus dem Bereich Hip-Hop, die den Krieg in Gaza und auch den Genozid glorifizieren und so IDF-Soldat:innen und die gesamte Bevölkerung bei der Fahnenstange halten sollen. Ein Beispiel ist der Song „Harbu Darbu“ von Ness und Stilla, die Zeilen wie „Wait for it to rain on you, whores. Every bad person comes for his punishment in the end“ (Deutsch: „Wartet, bis es auf euch regnet, Huren. Jeder schlechte Mensch kommt am Ende für seine Strafe auf“) beinhalten. Das Lied von Eden Golan ist zwar sicher nicht derart vulgär und gewaltverherrlichend, doch es muss dennoch als Inszenierung der Opferrolle des israelischen Staats verstanden werden. Schließlich ist es ein sehr emotionales Lied, was den Anschein erweckt, dass nicht gerade 35 Tausend Palästinenser:innen in Gaza durch die Hand des israelischen Militärs ermordet worden wären, zumal Eden Golan bereits angekündigt hat, nach ihrem ESC-Auftritt der IDF beizutreten.

Der diesjährige ESC wurde im Übrigen auch von einer israelischen Firma massiv gesponsert: Moroccanoil. Die Haarpflegeprodukte, die sie produziert, werden auch teilweise in besetzten palästinensischen Gebieten hergestellt. Sie profitiert also direkt von der Apartheid, und indem sie Teil des ESCs ist, erhält sie mehr Reichweite, Kredibilität und kann so noch mehr Produkte verkaufen.

Es ist auch nicht das erste Mal, dass Israel die Teilnahme beim ESC nutzt, um sich und seine Apartheid gegenüber Palästina in ein besseres Licht zu rücken. 2019 konnte es sich bereits als unfassbar queerfreundliches Land inszenieren, was, wie wir in diesem Artikel näher ausgeführt haben, nicht der Realität entspricht. Auch der US-amerikanische Sender CNN bestätigt die Softpower, die durch die Teilnahme am ESC aufgebaut werden kann, besonders für Länder, die Menschenrechtsverletzungen begehen. Der israelische Staatspräsident Jitzchak Herzog unterstreicht ebenso die Beweggründe, die hinter der Teilnahme stecken, wie die Times of Israel berichtete: Eine Teilnahme Israels an dem Wettbewerb sei wichtig für das Land und auch ein Statement. Es gebe Juden-/Jüdinnenhasser:innen, die versuchten, Israel von jeder Bühne zu vertreiben. Selbstverständlich geht es hier nicht wirklich um Antisemitismus, aber mit dieser Behauptung kann sich Israel eben wieder besser als Staat inszenieren, der ein Recht darauf hat, sich gegen Angriffe zur Wehr zu setzen, um seine proimperialistischen Absichten zu verschleiern. Den Beweis für diese These lieferte Israel gleich selbst: Während Eden Golan schmerzerfüllt in Malmö ihre Ballade trällerte, bombardierte die IDF den Gazastreifen, schoss auf einen Krankenwagen, der gerade verletzte Palästinenser:innen transportierte.

Der ESC ist also alles andere als unpolitisch. Auch wenn man sich das Abstimmungsverhalten der Vergangenheit anschaut, offenbart sich, dass „politische Spannungen“ keinen unwichtigen Einfluss haben und selten Punkte an Länder gehen, mit denen das jeweilige Land aus politischen oder kulturellen Gründen im Zwist bzw. in Konkurrenz steht. Beispielsweise erhielt Großbritannien 2021 0 Punkte sowohl von der Jury als auch Zuschauer:innen als Reaktion auf den Brexit.  Auch hinsichtlich des europäischen Imperialismus stellt es keinen unwichtigen Aspekt dar. Immerhin wurde der ESC 1956 gegründet, um die Einheit der teilnehmenden Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg zu fördern. Dahinter steht auch die Idee eines vereinten Europas als Wertegemeinschaft, welches dieselben (imperialistischen) Interessen vertritt. Genau genommen sind das natürlich die der imperialistischen Kernzentren Deutschland und Frankreich, auch wenn ihre Macht innerhalb der EU und des imperialistischen Weltsystems am Bröckeln ist. In dem Fall des diesjährigen ESC sollte daher ganz klar unterstrichen werden, dass der europäische Imperialismus hinter Israel steht. Selbstverständlich fördert der ESC auch nationalistische Gefühle durch die Konkurrenz der verschiedenen Länder und Identifikation mit der „eigenen“ künstlerischen Vertretung. In den letzten Jahren wurde das von einem queeren Publikum vermehrt aufgebrochen: Dadurch, dass offen queere Personen antreten und die Show seit jeher extravagant ist, empfinden viele auch abseits von nationalistischen Gefühlen Spaß an der Show.

Kein Sieg für Israel

Gewonnen hat Nemo, Vertretung der Schweiz, mit einem Lied über their Nichtbinarität. Dabei waren die Jurypunkte entscheidend. Zusätzlich tritt Nemo auch offen für einen Waffenstillstand in Gaza ein. Bei der Übergabe der Auszeichnung sprach sich they unkonkret für Frieden aus.

Israel hat trotz des Versuchs, viele Leute zu motivieren, für Golan zu stimmen, nicht gewonnen. Immerhin. Der 5. Platz jedoch wurde ihr sicher. Interessanterweise waren die Jurypunkte dabei nicht entscheidend, auch wenn sich Deutschland und Israel gegenseitig damit beschenkten. Stattdessen waren es die Televotes der Zuschauenden, die alle zusammengerechnet werden. Israel erhielt hier 328 Stimmen, 12 Punkte kamen unter anderem aus Deutschland. Wären also nur diese ausschlaggebend, hätte Israel tatsächlich gewonnen. Im Kontext der Boykottaufrufe ist es zwar nicht allzu verwunderlich, immerhin haben so Zionist:innen mehr Macht gehabt, wenn Fans, die für Palästina sind, gar nicht erst abstimmen. An diesem Ergebnis zeigt sich aber auch, wie gut die Propagandamasche und die Opferrolle ankommen. Aber es hätte eigentlich gar nicht so weit kommen dürfen, dass der Apartheidstaat Israel solch einen Auftritt hinlegen darf, um die Sympathien des TV-Publikums zu erheischen.

Gegenstimmen von Künstler:innen

Vor dem diesjährigen ESC hatten sich 2.000 Künstler:innen aus Schweden, Finnland und Island gegen eine Teilnahme Israels ausgesprochen. Auch hat die schwedische Gewinnerin des ESC 2023 Loreen verkündet, dass sie nicht Eden Golan den Preis überreichen würde, hätte diese gewonnen. Statt die vermeintliche politische Neutralität des ESC hinzunehmen, haben außerdem einige Künstler:innen, die am ESC teilnehmen (sollten), sich gegen die unkommentierte Teilnahme Israels ausgesprochen. Während einer Pressekonferenz zeigten sich Bambi Thug, Irlands Kandidat:in, Joost Klein, niederländischer Kandidat und Marina Satti, Griechenlands Vertreterin wenig begeistert von Eden Golans Statements gegenüber der Presse. Des Weiteren unterzeichneten einige von ihnen einen offenen Brief, der für Frieden, einen Waffenstillstand und die Freilassung aller Geiseln plädiert und Israel als Apartheidstaat bezeichnet. Nemo, Sieger:in des ESC für die Schweiz, unterschrieb diesen ebenfalls. Auch der vormalige schwedisch-palästinensische ESC-Gewinner von 2011, Eric Saade, setzte ein Statement, indem er bei der Eröffnung des Halbfinales eine Kufiya um sein Handgelenk geschlungen trug. Auf Instagram teilte er mit, dass die EBU seinen Auftritt nicht geteilt hatte, er aber keinesfalls schweigen wolle, wenn Kinder abgeschlachtet werden, unabhängig davon, wer die Täter:innen seien. Politische Statements und Palästinafahnen wurden von Seiten der EBU untersagt, das Tragen der Kufiya kann dabei allerdings als Grauzone interpretiert werden. Auch Bambi Thug trug sie während eines Presseinterviews, they durfte aber nicht mit Körperbemalung in mittelalterlicher-keltischer Schrift auftreten, die Freiheit für Palästina und Waffenruhe fordert. Die portugiesische Vertreterin Iolanda zeigte ihre Palästinanägel in Kufiyamuster beim Finale, bisher ohne weitere Konsequenzen, außer, dass ihre Performance nicht auf Youtube hochgeladen wurde wie alle anderen Songs, sondern stattdessen ihr Auftritt vom Halbfinale. Auch die italienische Vertreterin Angelina Mango setzte laut X ein Zeichen, indem sie bei der Flaggenparade absichtlich die italienische Flagge so mit ihrem Kleid kombinierte, dass es wie eine Palästinafahne aussah.

Konsequenzen scheint es aktuell für Joost Klein zu geben. Dieser wurde ausgeschlossen, wenig ist jedoch bisher bekannt. Nachdem er von der israelischen Delegation massiv bedrängt wurde, die seine toten Eltern, wegen welchen er überhaupt erst am ESC teilnehmen wollte, verhöhnte, wurde nun spekuliert, dass er deswegen verbal ausfällig geworden sei. Es wurden polizeiliche Ermittlungen eingeleitet und der niederländische Broadcaster des Eurovision Song Contest, AVROTROS, schildert den Vorfall wie folgt: Nach seinem Auftritt habe Joost mehrfach zu verstehen gegeben, dass er nicht gefilmt werden möchte. Dem wurde von nicht nachgegangen, trotz Wiederholung von Joosts Bitte. Daraufhin habe er sich in bedrohlicher Gestik auf die Kamera einer schwedischen Kamerafrau zubewegt, mehr sei jedoch nicht passiert. AVROTROS weigerte sich danach, die niederländischen Punkte zu übermitteln, und bezeichnet den Ausschluss von Joost Klein als völlig überzogen.

Es drängt sich jedenfalls das Gefühl auf, dass hier mit allen Mitteln versucht wird, die Künstler:innen, die sich kritisch zur Teilnahme Israels äußern, unter Druck zu setzen und ihnen notfalls die Plattform zu entziehen. Und das, während es der israelischen Delegation erlaubt bleibt, in sozialen Medien zu teilen, dass in ihrer Nähe kein/e Antisemit:in atmen dürfen solle, und Bambi Thugs Nichtbinarität durch den Kommentator des israelischen Übertragungssenders im Halbfinale durch den Dreck zu ziehen (seltsam, Israel ist wohl doch nicht so queerfreundlich?). Letzteres wird übrigens von der EBU mittlerweile als Regelverstoß gewertet. Er ist scheinbar jedoch nicht gravierend genug für eine Disqualifikation. Es häufen sich außerdem auch Berichte von kritischen Journalist:innen und anderen Teilnehmenden, die aussagen, dass sie von der israelischen Delegation ungefragt gefilmt, beleidigt und bedroht wurden.

Manipulation beim ESC?

Einen weiteren wichtigen Punkt stellen die Vorwürfe gegen verschiedene Aspekte des Wettbewerbs dar. Auf X (vormals Twitter) wurde geteilt, die EBU habe die Buhrufe des Publikums bei Eden Golans Auftritt im Halbfinale mit Applaus ersetzt. Obwohl im Stadion in Malmö die ablehnende Haltung klar zu hören war und auch durch Handyaufnahmen nachzuprüfen ist, schien es im Stream ganz anders: Hier erntete sie stattdessen tosenden Applaus. Auch der deutsche Vertreter für den ESC aus dem Jahr 2021, Jendrik, kritisierte diese Praxis auf X. Beim Finale selbst waren die Buhrufe zumindest deutlich zu hören und wurden auch vom deutschen Kommentator der Übertragung, Thorsten Schorn, aufgegriffen. Aber auch hier zeigen die Aufnahmen aus dem Stadion eine ganz andere Geräuschkulisse als die, die vor dem Fernseher ankam. Eine solche Manipulation der Reaktion von Zuschauer:innen ist nicht hinnehmbar und wird zu einem politischen Akt, auch wenn es im Namen des vermeintlich Unpolitischen durchgesetzt wird.

Die Abstimmungen für die Teilnahme am Finale haben ebenso Spekulationen nach sich gezogen. So veröffentlichte der italienische Broadcaster aufgrund von technischen Fehlern die Abstimmungsergebnisse, was eigentlich nicht erlaubt ist. Zuschauenden fiel auf, dass diese für Israel ungewöhnlich hoch seien. Auch das Televoting im Finale verwirrte einige – so hätten die Zuschauenden aus Irland 10 Punkte für Israel verteilt. Gerade in Anbetracht der irischen Kolonialgeschichte und des offenen Supports vieler Ir:innen für Palästina wirkt das doch ein bisschen seltsam. Natürlich gibt es nicht nur in Israel Zionist:innen, die für dieses Land abstimmen würden, daher muss nicht gleich von einer Manipulation ausgegangen werden. Jedoch gab es auch in der Vergangenheit Untersuchungen, das letzte Mal nach dem ESC 2022, aufgrund von „Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe“. Aufzuklären ist das durch Spekulationen jedenfalls nicht, stattdessen sollten die Abstimmungsergebnisse offengelegt und von Arbeiter:innenorganen überwacht und ausgewertet werden, um eine bessere Transparenz gewährleisten zu können.

Proteste

Doch auch außerhalb der Arena in Malmö kam es zu massiven Protesten. Auch die Sektion Arbetarmakt der LFI war vor Ort. Laut schwedischer Polizei strömten dabei in den vergangenen Tagen bis zu zwanzigtausend Menschen durch die Straßen bei Demonstrationen in der schwedischen Stadt, darunter auch Klimaaktivistin Greta Thunberg. Sie bezeichneten den ESC als Genocide Song Contest, forderten ein freies Palästina und einen sofortigen Waffenstillstand. Des Weiteren forderten sie den Boycott des ESC, als Teil der BDS-Kampagne im Bereich des kulturellen Boykotts. Durch den Aufschwung der Palästinasolidaritätsbewegung im Rahmen der weltweiten Unibesetzungen wurde auch dem Gegenprotest gegen den ESC eine besondere Aufmerksamkeit zuteil und viele Leute gingen auf die Straße.

Daneben gab es in anderen Ländern Aktionen. So schalteten belgische Gewerkschaften beim Halbfinale am Ende und Anfang der Übertragung eine Texttafel, die #Ceasefirenow und #StopGenocide beinhalteten. Das war nicht abgesprochen mit dem Sender, der in Belgien den ESC übertrug, jedoch ist das auch scheinbar nicht nötig.

Perspektive

Die belgische Gewerkschaft kann man sich jedenfalls definitiv in dieser Hinsicht zum Vorbild nehmen. Genau solche Aktionen wären unter anderem notwendig, um eine noch größere Öffentlichkeit zu schaffen für den Genozid in Gaza, die Vorkommnisse und Zensur beim ESC sowie Doppelmoral bezüglich der israelischen Teilnahme. Dafür müssten sich die Gewerkschaften in der Unterhaltungsbranche der teilnehmenden Länder und die Arbeiter:innen dieser zusammentun, könnten auch zusammen mit den Künstler:innen die Plattform des ESC nutzen, um ein Zeichen zu setzen und die israelische Teilnahme zu blockieren, wenn die EBU hier schon mit zweierlei Maß messen will. Im Zusammenhang mit gewerkschaftlicher Aktion kann auch die Boykottkampagne sinnvoll sein. Ebenso wäre natürlich auch eine komplette Bestreikung des ESCs oder die Besetzung der Arena in Malmö eine Möglichkeit gewesen.

Grundsätzlich müssen die Strukturen des ESCs transformiert werden. Die höheren Tiere der EBU haben bewiesen, dass sie durch ungerechtfertigte Entscheidungen, Ausschlüsse und Zensur alles versuchen, den Protest verstummen zu lassen. Ein solcher Song Contest, der fair und für Künstler:innen ein sicherer Ort ist, während imperialistische Staaten keine Plattform für die Legitimierung ihrer Kriegsverbrechen erhalten, kann nur durch Rätestrukturen von Arbeiter:innen, Zuschauenden und Künstler:innen gewährleistet werden! Zusätzlich kann man sich überlegen, ob die Zentrierung um die Herkunft der antretenden Künstler:innen abgeschafft werden kann. Aber erstmal ist klar: Der ESC darf nicht zum Propagandamittel für den Genozid werden! Take back the ESC! Oder um es mit den Worten von Bambie Thug zu sagen: „Fuck the EBU, we are what the Eurovision is!“ (Deutsch: „Scheißt auf die EBU! Wir sind die Eurovision!“)




Kohle für die Chefs, Krise für alle Anderen! Die Deutsche Bahn & der Kapitalismus

Von Lia Malinovski, Dezember 2023

Verspätungen, Zugausfälle, Umleitungen, Störungen. Steht man mal länger an einem Hauptbahnhof in Deutschland, erschrickt man fast, bei der Zahl der Pro-bleme, die im Minutentakt durch die Lautsprecher an die Fahrgäste durchgesagt werden.

Im Jahr 2023 waren bis 11.12. weniger als 65% der Züge im Fernverkehr „pünktlich“, im Dezember sogar weniger als 50%! Als pünktlich gelten in der Statistik Züge, die weniger als 6 Minuten später als geplant in einem Bahnhof oder Haltepunkt halten. Auch werden in der Statistik nur Züge gezählt, die überhaupt gefahren sind. Die Gründe für Verspätungen sind ganz unterschiedlich: sei es die marode Infrastruktur, seien es die vielen Bau-stellen, teilweise auch der Personalmangel; sie alle haben gemeinsam, dass sie vor 30 Jahren, vor der Bahn-reform, kaum bis gar nicht existierten, schon gar nicht in diesem Ausmaß.

Marode Infrastruktur, Personalmangel, usw. – ein kapitalistisches Problem!

Es ist das Jahr 1994, die Deutsche Bundesbahn (BRD) und die Deutsche Reichsbahn (DDR) fahren parallel zu-einander. Nach der Annexion der DDR durch die BRD wollte man das Eisenbahnsystem vereinheitlichen und eine gesamtdeutsche Eisenbahn aufbauen. Außerdem wollte man Wege suchen, die massive Verschuldung der Bahn aufzulösen. Geboren war das Eisenbahnneuordnungsgesetz, durch das die beiden Staatsbahnen, ganz entsprechend des radikal neoliberalen Grundsatzes der Zeit, zu einer privatwirtschaftlich organisierten Aktiengesellschaft werden sollten. Ursprünglich sollte die so neu geschaffene Deutsche Bahn AG (DB) an die Börse gehen. In den Führungsetagen der DB gab es nun Überlegungen, wie das zu bewerkstelligen ist: Man entschloss sich dazu, viele Mitarbeitende zu entlassen, Geld an allen Orten zu sparen, wo es ging, keine neuen Fachkräfte auszubilden. Man tat also das, was alle Konzerne tun, wenn sie wieder schwarze Zahlen schreiben wollen.

Die Rechnung dafür dürfen wir heute bezahlen: Das fehlende Geld in der Infrastruktur macht sich bemerkbar, viele Streckenabschnitte wurden eingestampft, die Kapazität von noch mehr Streckenabschnitten lässt zu Wünschen übrig, im Winter frieren Weichen ein und sind nur noch eingeschränkt bis gar nicht befahrbar, Stellwerke sind völlig veraltet. Das Fehlen von Fachkräften wird auch immer sichtbarer: In den nächsten Jahren werden viele verbeamtete Kolleg:innen in allen Bereichen in Rente gehen, es gibt aber kaum fertig aus-gebildete Arbeiter:innen. Es klafft eine riesige Lücke zwischen der Generation, die noch vor 1994 verbeamtet wurde und bald geht, und der neuen Generation, die noch ausgebildet werden muss. Bei der S-Bahn Ham-burg zum Beispiel bestehen die Azubi-Lehrgänge für die Lokführer:innen aus etwa dreimal so vielen Menschen wie noch vor 3-4 Jahren. Folge sind Raumprobleme, eine Abnahme der Ausbildungsqualität und teilweise völlige Planlosigkeit. Und das bei einem der wenigen Unternehmen, das noch schwarze Zahlen schreibt und entsprechend zwar mehr schlecht als recht, aber dennoch, in der Lage ist, auf die Krise zu reagieren! Wie es in anderen Bereichen aussieht, kann man sich entsprechend vorstellen.

Bonuszahlungen & Haushaltskrise

Die Vorstände der DB, Richard Lutz, Martin Seiler, Evelyn Palla und wie sie nicht alle heißen, bekommen wahrscheinlich eine Bonuszahlung ausgeschüttet – wofür weiß niemand so genau. Für die Pläne, die Bahn weiter zu zerschlagen? Für die unfassbar schlechten Statistiken? Fürs Ignorieren der Beschäftigten? Für das Ab-wenden eines 50 Stunden-Streiks der EVG? Für die gescheiterten Verhandlungen mit der GDL?

Es gäbe tausend Gründe, diese Zahlungen nicht auszuschütten. Nicht nur dass sie ihren Job ganz offensichtlich nicht im Sinne der Bahn machen, sondern aus-schließlich für den Profit, sondern auch, dass sie so frech sind, uns zu erzählen, sie würden sich gut um ihre Mitarbeitenden kümmern, obwohl sie vor allem mit fragwürdigen Aktionen auffallen. Dazu kommt, dass die Bundesregierung mit dem Geld für den Klimafonds auch Projekte der Bahn finanziell unterstützen wollte. Dieses Geld fällt jetzt wahrscheinlich weg. Während also an allen Ecken und Enden Geld fehlt, sollen die Vorstände plötzlich Millionenbeträge bekommen. Ein Schlag ins Gesicht für alle, die bei der Bahn arbeiten, auf sie angewiesen sind oder einfach nur wollen, dass sie in einem guten Zustand ist!

Geld in Personal und Infrastruktur, statt in die Taschen der Bosse!

Die Bonuszahlungen sollten an die Mitarbeitenden der Eisenbahnen gehen: Sie baden die Probleme aus, die die Vorstände verursacht haben! Das Geld sollte in die In-frastruktur, ins Personal, in die Fahrzeuge gehen, an-statt in die Taschen der Vorstände, die nur durch das Kaputtsparen und Zerstören der Eisenbahn auffallen!

Insbesondere für diese Ziele müssen Eisenbahner:innen einstehen:

  • Weg mit den Bonuszahlungen an die Vorstände der DB! Nutzt das Geld, um die marode Infrastruk-tur auszubessern! Für eine Planung der Infrastruktur, die nicht nach Profit strebt, sondern im Sinne der Fahrtüchtigkeit der Eisenbahn, auch einen Blick auf die Klimakrise wirft!
  • Stoppt die Zerschlagung der Deutschen Bahn! Für die Zusammenlegung aller Eisenbahnverkehrs- und -infrastrukturunternehmen zu EINER staat-lichen Eisenbahn!
  • Für den massiven Ausbau der Eisenbahninfra-struktur, sowie der Möglichkeiten der Ausbil-dung! Für mehr Räume, kleinere Azubi-Klassen, mehr Ausbildungsplätze insgesamt!

Lage der Gewerkschaften – für EINE Verkehrsgewerkschaft!

Die Gewerkschaften werden diese Forderungen aber nicht aufnehmen. Nicht mal Anteile davon. Weder die EVG noch die GDL werden tatsächlich für eine Eisenbahn kämpfen, die ihrem Anspruch gerecht wird. Die GDL, die aktuell in der Tarifrunde steckt, findet die weitere Zerschlagung der DB super. Sie erhofft sich, dadurch ihre Stellung zu verbessern. Die EVG findet es zwar grundsätzlich falsch, dass die Eisenbahn weiter zerschlagen werden soll, hat sich aber beispielsweise in der letzten Tarifrunde nicht darum gekümmert, die Forderung nach einem Stopp der weiteren Zerschlagung in den Kampf mit einfließen zu lassen. Der Grund dafür dürfte sein, dass die Gewerkschaftsführung kein Interesse daran hat, dass die bisherigen Kämpfe der Beschäftigten einen politischen Charakter bekommen könnten. Denn das würde bedeuten, dass sich eine große gesellschaftliche Bewegung rund um die Frage der Eisenbahn bilden könnte. Es wären die besten Voraussetzungen vorhanden, die Klimabewegung und die Beschäftigten zu verbinden, und die EVG hätte große Mühe, die Beschäftigten im Sinne der Sozialpartner:innenschaft wieder einzufangen.

Deshalb müssen wir eine antibürokratische Bewegung innerhalb der Gewerkschaften aufbauen! Wir müssen in die aktuelle Tarifrunde der GDL diese Forderungen hin-eintragen und für ihre Umsetzung kämpfen! Wir müssen die EVG auffordern, sich mit den Streiks der GDL zu solidarisieren, kämpft die GDL doch aktuell für wichtige Ziele, die den Arbeitsalltag stark verbessern und den Beruf der Eisenbahner:in deutlich attraktiver machen würden.

Und wir müssen für eine gemeinsame und demokratische Verkehrsgewerkschaft kämpfen, haben alle Eisenbahner:innen doch die gleichen Probleme und müssen das Versagen des Staates und des Vorstandes, aber auch der Gewerkschaftsführungen, ausbaden… Gleiche Probleme benötigen gemeinsame Antworten! Also Schluss mit dem Konkurrenzdenken und für einen gemeinsamen Kampf aller Eisenbahner:innen! Innerhalb der Gewerkschaften und der Belegschaft müssen wir al-so kämpfen für:

  • Umsetzung der Forderungen der GDL! Für einen unbefristeten Erzwingungsstreik, der erst mit der vollständigen Erfüllung der Forderungen endet!
  • Für eine antibürokratische Bewegung in EVG und GDL! Für die demokratische Kontrolle über Forderungen, Streiks und Verhandlungen durch die Beschäftigten!
  • Für eine gemeinsame, demokratische Verkehrs-gewerkschaft! Schluss mit der Spaltung in der Be-legschaft und für einen gemeinsamen Kampf aller Eisenbahner:innen in allen Bereichen!



TV-L: Warum unsere Lehrkräfte streiken!

November 2023

1. Warum unterstützen wir Streiks?

Wir befinden uns gerade mitten im Tarifkampf für einen neuen Tarifvertrag der Länder (kurz: TV-L). Konkret geht es um insgesamt 2,5 Millionen Beschäftigte, die 10,5 % Prozent mehr Gehalt und mindestens 500 € mehr fordern. Und was geht mich das an? Eine ganze Menge! Klar ist, dass zugegebenermaßen Streiks jeglicher Art, nicht so der Ort sind, an dem sich Jugendliche super wohl fühlen. Lauter alte Menschen ziehen mit bunten Westen und nervigen Trillerpfeifen durch die Innenstadt und wenn’s ganz doof kommt, fährt dann auch noch kein ÖPNV, die Krankenhäuser sind dicht, der Müll wird nicht abgeholt oder Geschäfte sind geschlossen. Doch genau hier zeigt sich, die reale Macht, die Streiks entfalten können: Da das Fortlaufen der kapitalistischen Produktionsweise darauf beruht, dass sich die Kapitalist_innen gesellschaftlich geschaffenen Mehrwert privat aneignen, wird sie durch Streiks dort getroffen, wo es ihr am meisten weh tut – bei den Profiten. Wenn eine ganze Belegschaft also kollektiv nicht zu Arbeit geht, können die Kapitalist_innen auch keinen Mehrwert abschöpfen und das wird sich sehr schnell negativ auf ihre Profite auswirken, sodass sie gezwungen sind, auf die Forderungen der Streikenden einzugehen. Deshalb haben die organisierte Arbeiter_innenklasse und ihre Streiks eine so wichtige Rolle, wenn es darum geht, das kapitalistische System aus den Angeln zu heben. Ob zum Beispiel im Kampf gegen den Klimawandel durch mehr Geld, bessere Arbeitsbedingungen und ein ausgebautes Schienennetz bei der Bahn oder gegen den Umbau unserer Krankenhäuser zu Wirtschaftsunternehmen in der Pflege. Ebenso wurden bedeutende historische Errungenschaften wie das Frauenwahlrecht oder das Ende des Ersten Weltkrieges durch Streiks durchgesetzt. Auch wenn die meisten Streiks nicht unmittelbar das kapitalistische System als Ganzes in Frage stellen, lässt doch jede durchgesetzte Streikforderung das klassenkämpferische Bewusstsein der Arbeiter_innenklasse anwachsen und ist ein Etappensieg im Kampf unserer Klasse gegen das Kapital. Ob bei der Bahn, in der Pflege oder bei den Angestellten der Länder: Jeder Streik verdient unsere vollste Solidarität!

2. Worum geht’s beim TV-L?

Die Anzahl der Beschäftigten, deren monatliche Löhne durch den Tarifvertrag der Länder geregelt werden, ist mit 2,5 Millionen ziemlich beachtlich. Das sind so viele Menschen wie in München, Leipzig und Dortmund zusammen wohnen! Dazu zählen vor allem Lehrer_innen und Erzieher_innen, aber auch viele Verwaltungsangestellte, Sozialarbeiter_innen, Bauingineur_innen, Schulpsycholog_innen, Stadtplaner_innen, Systemtechniker_innen, Baumpfleger_innen, Hausmeister_innen usw. – alle Beschäftigten, die bei den Behörden und Institutionen des jeweiligen Bundeslandes angestellt sind. Leider zählen auch die Bullen dazu, die wir natürlich nicht als Teil der Arbeiter_innenklasse, sondern als Prügelknechte des bürgerlichen Staates betrachten. Wir treten für den Ausschluss ihrer Gewerkschaften aus dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ein und solidarisieren uns nicht mit ihren Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen, um uns zu schlagen und festzunehmen. So wie viele Bullen sind leider auch viele Lehrer_innen und andere Landesbeschäftigte Beamt_innen und dürfen aufgrund des restriktiven deutschen Streikrechts nicht selbst auf die Straße gehen, um für ihre Forderungen zu kämpfen.

In einem Tarifvertrag werden zwischen Arbeitgeber_innen und Gewerkschaften die Rechte und Pflichten der Beschäftigten und der Arbeitgeber_innen festgeschrieben und bieten für die Arbeiter_innen die Möglichkeit, Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen vertraglich festzuschreiben. Die Forderung mit denen nun die Gewerkschaften ver.di, die GEW und der Deutsche Beamtenbund für einen neuen TV-L in den Kampf ziehen sind 10,5 Prozent mehr Gehalt für alle. Und da 10,5 % mehr bei den niedrigen Einkommensgruppen nicht so viel ist, fordern sie mindestens 500 Euro mehr. Angesichts einer allgemeinen Teuerungsrate von 14% in den letzten 2 Jahren liegt diese vorsichtige Forderung aber sogar noch unter dem, wie die anstrengende Arbeit der Landesbeschäftigten täglich entwertet wird. Außerdem sollen die studentischen Beschäftigen an den Universitäten, die aktuell in vielen Bundesländern vollkommen wild bezahlt oder nicht-bezahlt werden, auch in den Tarifvertrag mit eingegliedert werden. Der Arbeitgeberverband der Länder (TdL) hat jedoch bereits in der ersten Verhandlungsrunde gesagt, dass er alle Forderungen komplett überzogen findet und angesichts „leerer Kassen“ keine Möglichkeit sieht, diese umzusetzen. Wenn wir uns ansehen, dass der deutsche Staat jedoch ein mehrere Milliarden hohes Steuerplus erwartet und 100 Milliarden in die Bundeswehr steckt, wird klar, dass das einfach nur eine dreiste Lüge ist. Vielmehr ist die Ampelregierung einfach nicht dazu bereit, mehr Geld in Bildung, Erziehung und andere öffentliche Aufgaben zu stecken. Die Blockadehaltung der TdL ist Teil des gigantischen Sparprogrammes, mit dem in der sozialen Daseinsvorsorge gekürzt werden soll, um die gesparten Milliarden in Aufrüstung und Unternehmenssubvention zu stecken. So verkörpert der Haushaltsentwurf der Ampel für 2024 einen fetten Sozialkahlschlag, den wir so seit der Agenda 2010 nicht mehr gesehen haben. Konkret geht es darum in Bildung, Obdachlosenhilfe, Sozialer Arbeit, Humanitärer Hilfe, Katastrophenschutz, Bundesfreiwilligendienst, Prävention gegen sexuelle Gewalt, BAföG und Hilfe für Menschen mit Behinderung mehrere Milliarden wegzukürzen, um diese in Bundeswehr und die Unterstützung von Unternehmen („Wachstumsförderungsgesetz“) zu stecken. Die Landesbeschäftigten müssen also erkennen, dass sie mit ihrem Kampf für einen TV-L gegen diese brutale Umverteilung öffentlicher Gelder vorgehen können!

3. Warum betrifft das uns Schüler_innen?

Wie oben schon erwähnt, betrifft uns eigentlich jeder Streik, denn erfolgreiche Streiks sind auch wieder motivierend für andere Berufsbranchen und heben das Bewusstsein der Klasse im Allgemeinen. Doch gerade beim TV-L geht es konkret um die Frage, wie viel Geld in die Rüstung und viel in die Schulen gesteckt wird. Ob kaputte Schulgebäude, stinkende Schulklos, mehr Klassenarbeiten, gestresste Lehrer_innen oder ständiger Unterrichtsausfall: die aktuelle Bildungskrise hängt davon ab, wie viel Geld der Staat für die Schulen auf den Tisch legt. Somit sind wir zwar nicht direkt durch den TV-L betroffen, da wir kein Geld fürs Lernen erhalten. Jedoch betrifft uns sein Ergebnis indirekt sehr stark, denn ein starker Abschluss bedeutet eine feste Zusicherung von mehr Geld im Bildungssystem, mit dem strukturelle Probleme wie der Personalmangel angegangen werden können. Ein starker TV-L bedeutet, die Umverteilungsplänen der Ampel mit den Mitteln des Klassenkampfes ein Stück weit aufzuhalten. Wenn am 28.11. also unsere Lehrer_innen für den TV-L streiken, heißt das nicht nur Schulausfall, sondern das heißt, dass sie unsere vollste Unterstützung bei ihrem Kampf brauchen. Auch wenn Frau Schmanz ungerechte Noten gibt und Herr Weiß den langweiligsten Unterricht der Welt macht – in diesem Kampf stehen wir an ihrer Seite, denn ihr Kampf ist auch der unsere. Jede Schwäche in ihrer Mobilisierung wird den Arbeitgeberverband nur dazu ermutigen, ein schlechteres Ergebnis und damit weniger Geld im Bildungssystem durchzusetzen.

4. Wie können wir die Streiks für den TV-L unterstützen?

Am 28.11. werden bundesweit die angestellten Lehrer_innen streiken. Meistens gibt es am Streiktag selbst einen Streikposten vor dem Schultor. Dort kann man vor Ort mit den streikenden Lehrer_innen reden, wie wir sie unterstützen können. Wenn sie korrekt sind, nehmen sie uns vielleicht auch direkt mit auf die Streikdemo oder machen daraus eine Politik-Exkursion. Oder ihr geht einfach selbst hin, wenn der Unterricht wegen des Streiks komplett ausfallen sollte. Ihr könnt auch ein kleines Flugblatt schreiben, dass ihr die Idee cool findet, und allen Lehrer_innen ins Fach legen. Auch das motiviert sie und hilft ihnen vielleicht auch bei Konflikten mit der Schulleitung, die Streiks meistens gar nicht toll findet. Auf einer Vollversammlung oder Sitzung der Schüler_innenvertretung kann eine gemeinsame Erklärung verabschiedet werden, dass der Streik von uns Schüler_innen unterstützt wird. Wichtig ist, dass ihr gleich loslegt, denn der 28.11. ist nicht mehr weit entfernt.

Da wir uns jedoch mit unseren Lehrer_innen als gleichberechtigte Partner_innen im Kampf gegen die geplanten Angriffe auf das Bildungssystem verstehen, ist es wichtig, dass wir nicht nur die Forderungen der Gewerkschaften unterstützen, sondern auch eigene Ideen aufwerfen, um die Probleme anzugehen, die uns täglich in der Schule betreffen. Wir fordern deshalb zum Lehrer_innenstreik auch die Bildung einer Beschwerdestelle gegen Diskriminierung an jeder Schule. Diese muss unabhängig von der Schulleitung sein und gemeinsam von wähl- und abwählbaren Schüler_innen und Lehrkräften kontrolliert werden. Dafür brauchen wir an jeder Schule eine Art Antidiskriminierungs-Awarenessteam, das jederzeit ansprechbar ist und in dem auch von Diskriminierung betroffene Menschen selbst dabei sind. Es muss möglich sein, dort auch anonym eine Beschwerde über diskriminierendes Verhalten an der Schule einzureichen. Außerdem braucht die Beschwerdestelle eigene Befugnisse, um auch selbst gegen die Diskriminierung aktiv werden zu können. Das ist keine ferne Zukunftsmusik, sondern wir können gleich morgen damit beginnen, diskriminierenden Strukturen an unseren Schulen den Kampf anzusagen!

5. Wie geht es nach dem 28.11. weiter mit dem TV-L?

Leider verstehen sich die Führungen der Gewerkschaften in Deutschland nicht als Anführer_innen im Klassenkampf, sondern eher als Co-Verwaltung des kapitalistischen Systems. Das haben wir beispielsweise daran gesehen, dass sie keine großen Kampfmobilisierungen gegen die Corona-Krise, die Klimakrise oder die Aufrüstungspolitik organisiert, sondern stattdessen den Burgfrieden mit dem deutschen Kapital gesucht haben. Es ist also zu erwarten, dass sie nicht die volle Stärke ihrer Basis mobilisieren werden, dort wo sie schwach aufgestellt sind großangelegte Kampagnen zur Mitgliedergewinnung starten und dann ausgehend vom Vollstreik die Urabstimmung zum unbefristeten Erzwingungsstreik einleiten. Das bräuchte es aber, denn die einzelnen Nadelstiche der aktuellen Streikpolitik von ver.di und GEW tun dem Arbeitgeberband nicht weh, sodass dieser wahrscheinlich, wie schon zuvor beim Tarifvertrag Öffentlicher Dienst (TV-ÖD), mit einem schlechten Abschluss mit schlappen 5,5 % Lohnerhöhung rechnet. Dass die Gewerkschaftsführungen nicht gewillt sind, sich mit voller Stärke in den Kampf zu werfen, zeigt sich schon daran, dass gar nicht geplant ist, dass alle Beschäftigtengruppen am selben Tag streiken. Stattdessen streiken alle Berufsgruppen total vereinzelt, heute die Erzieher_innen, übermorgen die Lehrer_innen. Diese Taktik freut allein die Arbeitgeber. Dass die Beschäftigten auf diese Vereinzelung eigentlich keine Lust haben, hat am 17.10. eindrucksvoll eine Streikversammlung der Berliner Lehrer_innen gezeigt, bei der die absolute Mehrheit für eine Zusammenlegung der Streiktage gestimmt hat. Ähnlich hat sich auch das ver.di-Aktionskomitee der FU Berlin positioniert. Dieses klare Stimmungsbild wurde jedoch von der Bürokratie übergangen. Dieses undemokratische Verständnis von Gewerkschaftspolitik zeigt uns, dass es in allen Betrieben und Einrichtungen Streikkomitees brauch, die über wähl- und abwählbare Delegierte selber entscheiden, welche konkreten Kampfhandlungen als nächstes unternommen werden und wie die nächsten Streiktage aussehen. Ferner dürfen nicht die Gewerkschaftsbürokrat_innen entscheiden, ob ein Angebot der Arbeitgeberseite angenommen wird, sondern nur die Streikenden selbst!




Von der Förderschule in die Behindertenwerkstatt: Schluss mit Unterdrückung und Ausbeutung!

Von Erik Likedeeler, Oktober 2023

Dass sich die AfD für das Weiterführen von Förderschulen ausspricht, ist kein Geheimnis: Erst diesen Sommer behauptete Björn Höcke, die schulische Inklusion sei ein Ideologieprojekt, von dem das Bildungssystem befreit werden müsse. Damit verfolgt seine Partei natürlich Kapitalinteressen, denn der Weg von der Förderschule in die Behindertenwerkstatt ist eine profitbringende Einbahnstraße.

In Zeiten der Krise und Sparmaßnahmen gehören behinderte Menschen zu den ersten, die die Kürzungen des Sozial-, Gesundheits- und Bildungsbereichs zu spüren bekommen. Gegen die Unterdrückung und Entrechtung Behinderter vorzugehen ist daher grundlegender Bestandteil des Klassenkampfes!

Teilhabe ohne Mindestlohn?

In Deutschland gibt es aktuell fast 800 Werkstätten für Behinderte, in denen ca. 320.000 Menschen arbeiten. Die Tätigkeiten, die diese Betriebe ausführen, reichen von der Landwirtschaft über das Zusammenschrauben von Autoteilen bis hin zur Wäscherei. Welche Aufgaben sie übernehmen, dürfen sich die Arbeiter_Innen in den meisten Fällen nicht selbst aussuchen.

Behindertenwerkstätten verfolgen zwei offizielle Ziele. Ihr verpflichtender gesetzlicher Auftrag ist es, dafür zu sorgen, dass die Beschäftigten den Übergang vom zweiten Arbeitsmarkt auf den ersten Arbeitsmarkt schaffen – also von der Werkstatt in einen regulären Betrieb.

Doch diesen Sprung schaffen im Laufe ihres Lebens nur ca. 1% aller Mitarbeitenden. An dieser geringen Zahl zeigt sich, dass die Werkstätten ihrem Auftrag nicht nachkommen und eine echte Förderung nicht stattfindet.

Das liegt vorrangig an dem zweiten Ziel der Werkstätten: Sie arbeiten gewinnorientiert; jährlich erzielen sie einen Umsatz von ca. 8 Milliarden Euro. Das tun sie natürlich nicht, um den Mitarbeitenden einen anständigen Lohn zu ermöglichen, oder um ihnen „das Gefühl zu geben, dass sie sinnvolle Arbeit machen“, wie es so oft behauptet wird.

Wie in jedem Unternehmen schöpfen die Werkstattbetreiber_Innen den Profit ab – und die haben kein Interesse daran, ihre nützlichsten Arbeiter_Innen zu verlieren. Das ist auch der Grund, warum die Betreiber_Innen so gern behaupten, dass der Lohn für die Arbeit nicht vorrangig Geld sei, sondern „Teilhabe“.

Arbeitskampf ohne Arbeitsvertrag

Die angemessene Belohnung für 35-40 Stunden Arbeit pro Woche soll es also sein, überhaupt arbeiten zu dürfen und für Kapitalist_Innen Gewinne zu erzielen. Aber was hat es mit Teilhabe zu tun, vom Großteil der Gesellschaft abgespalten zu arbeiten und von einem Hungerlohn zu leben? Mit einem Stundenlohn von 1-2€ kommt bis zum Ende des Monats nur ein sogenanntes „Taschengeld“ von ca. 180-200€ zusammen.

In Behindertenwerkstätten Arbeitskämpfe auszufechten, gestaltet sich schwierig. Denn als richtige Arbeitnehmende gelten die Arbeiter_Innen nicht – sie befinden sich lediglich in einem „Beschäftigungsverhältnis“. Statt Arbeitsverträgen gibt es nur „Werkstattverträge“.

Weder gibt es das Recht auf die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft oder das Durchführen von Streiks, noch bestehen Möglichkeiten für Tariflöhne oder das Gründen von Betriebsräten. Durch die gezielte Abgrenzung vom Rest der Arbeitswelt wird jede politische Organisierung erschwert.

Keine Ausbildung für Jugendliche

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, betrifft die behindertenfeindliche Ausrichtung des Arbeitsmarktes bereits Jugendliche. Ca. 330.000 Schüler_Innen in Deutschland besuchen eine Förderschule. Dass der Weg in die Werkstatt schon von Beginn an als Einbahnstraße gedacht ist, zeigt sich daran, dass Förderschulklassen oft keine Berufsmessen besuchen, sondern Werkstattmessen. Häufig absolvieren Förderschulen ihre Betriebspraktika nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt, sondern in einer Werkstatt.

Wenn Schüler_Innen durch Förderschulen oder andere Umstände in das Werkstattsystem hineingedrückt werden, durchlaufen sie als Einsteiger_Innen zunächst ein dreimonatiges Eingangsverfahren. Im Anschluss wechseln sie in den Berufsbildungsbereich, wo sie bis zu zwei Jahre bleiben, bevor sie in den normalen Arbeitsbereich gelangen. Das klingt zwar erst einmal nach einer Art Ausbildung, allerdings hat diese keinen anerkannten Abschluss zur Folge.

Es gibt keinerlei Unterstützung oder Maßnahmen, die das Ziel hätten, die Einsteiger_Innen in eine reguläre Berufsausbildung hineinzuhelfen, und vom Berufsschulunterricht sind sie ebenfalls ausgeschlossen. In den ersten zwei Jahren gibt es mit ca. 120€ noch weniger „Taschengeld“ als im regulären Arbeitsbereich.

Ausgleichsleistung statt Inklusion

Man muss kein Genie sein, um sich zusammenzureimen, dass Konzerne kein Interesse daran haben können, behinderte Menschen einzustellen. Denn dann müssten sie diesen womöglich ein richtiges Gehalt zahlen, ihre Gebäude barrierefrei ausbauen lassen, oder Zeit in die Förderung eines inklusiven Arbeitsumfelds investieren. Zwar gibt es die Möglichkeit, für solche Anpassungen Geld vom Staat zu beantragen, doch das Verfahren ist zu kompliziert und bürokratisch, um ein überzeugender Anreiz zu sein. Nicht einmal 1000 Inklusionsbetriebe gibt es aktuell in Deutschland.

Des Weiteren gibt es ein Gesetz, welches Unternehmen dazu verpflichtet, schwerbehinderte Menschen einzustellen. Allerdings muss ein Unternehmen nur 140€ Ausgleichsleistung zahlen, um sich dort herauszuwinden. Und selbst diese Ausgleichszahlung kann noch umgangen werden, indem Unternehmen Behindertenwerkstätten als Dienstleister beauftragen. So können sie von der Überausbeutung behinderter Menschen profitieren, ohne ihnen den Mindestlohn bezahlen zu müssen oder sich auch nur für eine Sekunde mit dem Thema Inklusion auseinanderzusetzen.

Kein „Safe Space“ vom Kapitalismus

Die Existenz von Behindertenwerkstätten wird oft damit gerechtfertigt, dass sie „sichere Räume“ für Behinderte bieten. Auch gegen die Einführung des Mindestlohns wird zum Teil damit argumentiert, dass dieser dazu führen könnte, dass damit der besondere „Schutz“ der behinderten Menschen wegfallen könnte – so als könnte nur Überausbeutung den Schutz vor Diskriminierung rechtfertigen.

Tatsächlich ist es so, dass manche Arbeiter_Innen in den Werkstätten Angst davor haben, auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht bestehen zu können. In den Werkstätten gibt es tendenziell weniger Leistungsdruck und es kann offener kommuniziert werden, wenn man mal eine Pause braucht.

Dass manche behinderte Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben, liegt aber nicht an persönlichen Defiziten. Die Angst vor Ausgrenzung und Mobbing ist berechtigt. Die Unterdrückung von Behinderten, auch Ableismus genannt, erzeugt eine weitere Spaltungslinie innerhalb der Arbeiter_Innenklasse, welche deren Organisierung entgegenwirkt.

Außerdem gehört es in der kapitalistischen Arbeitswelt dazu, sich bis an den Rand des Zusammenbruchs kaputt zu schuften. Löhne sind gerade einmal so hoch, dass sie dazu reichen, die eigene Arbeitskraft wiederherzustellen und am nächsten Tag wieder auf der Matte zu stehen. Auch der Urlaub ist so knapp bemessen, dass er für die meisten Menschen gerade ausreicht, um nicht zusammenzubrechen. Den Mehrwert, der bei dieser Arbeit produziert wird, schöpfen Kapitalist_Innen ab.

Diversere Ausbeutung? Nein danke!

Natürlich gibt es immer Menschen, die dabei unter die Räder geraten. Behinderung ist keine individuelle Angelegenheit, denn viele Behinderungen entstehen direkt aus der kapitalistischen Ausbeutung heraus, welche gefährliche Arbeitsplätze, ein unzureichendes Gesundheitssystem und Hunger mit sich bringt. Nicht nur körperlich und geistig Behinderte arbeiten in den Werkstätten, sondern auch Menschen, mit psychischen Krankheiten, oder solche, denen der erste Arbeitsmarkt die Diagnose „Burn-out“ verschafft hat.

Der erste Arbeitsmarkt ist also ein zuverlässiger Lieferant für den zweiten Arbeitsmarkt. Es ist der massive Leistungsdruck, der dafür sorgt, dass Menschen bei der Lohnarbeit bis an die Grenzen der Belastbarkeit gehen müssen. Daraus die Notwendigkeit der Behindertenwerkstätten als „Safe Space“ abzuleiten, spielt den Kapitalist_Innen in die Hände und kann keine fortschrittliche Lösung für das Problem sein.

Doch die gesellschaftliche Spaltung kann auch nicht aufgehoben werden, indem wir uns lediglich bei ein paar Konzernen für Rollstuhlrampen ein paar mehr Pausen einsetzen. Statt für eine inklusivere und diversere Ausbeutung müssen wir für eine Welt kämpfen, in der jegliche Ausbeutung der Vergangenheit angehört. Erst dann kann die Kategorie der Behinderung überhaupt aufhören, so relevant zu sein, wie sie es momentan ist.

Um dieses Ziel zu erreichen, fordern wir:

  • Für die Gründung von Gewerkschaften für Behindertenwerkstätten, um einen Lohn zu erkämpfen, von dem man auch leben kann! Überwachung der Löhne und Arbeitsbedingungen in Betrieben und der Pflege durch Komitees der Betroffenen und Organisationen der Arbeiter_Innenklasse!
  • Für den Ausbau von Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen, bezahlt durch die Besteuerung der Reichen. Bessere Arbeitsbedingungen für pflegende Angehörige, um die Überarbeitung und das damit verbundene Leid der zu Betreuenden und deren Familien zu verhindern.
  • Eine Schule für alle! Schluss mit dem mehrgliedrigen Schulsystem und der daraus entstehenden Abschottung behinderter Kinder und Jugendlicher. Für den Zugang zu Ausbildungsplätzen und Praktika in allen Betrieben!
  • Schluss mit Ausgrenzung und Mobbing! Umfassende Information, Aufklärung und Sensibilisierung zum Thema Behinderung an Schulen und in Betrieben. Für das Recht von Behinderten, Caucusse in jeder Organisation der Arbeiter_Innenklasse zu gründen.



#WirFahrenZusammen: Vom Bahnstreik zum Verkehrswendestreik

Von Lia Malinovski, August 2023

In wenigen Monaten beginnt die Tarifrunde im Öffentlichen Nahverkehr (TVN). Die Beschäftigten kämpfen dort für bessere Arbeitsbedingungen, unter Anderem höhere Löhne, längere Pausen- und Umschlagszeiten[1]. Beteiligte Gewerkschaften sind die ver.di und die EVG, führend dabei ist jedoch in den meisten Betrieben die ver.di. Alle Bundesländer dürfen im nächsten Jahr streiken, bis auf Bayern. In diesem Artikel wollen wir uns angucken, wie wir von dem kommenden Streik in einen politischen Streik für die Verkehrswende kommen.

Schon im März 2023 ist die Kampagne „#WirFahrenZusammen“ (WFZ) mit Beschäftigten im ÖPNV auf die globalen Fridays for Future (FFF)-Demonstrationen gegangen. Ver.di hatte den Streiktag im Öffentlichen Dienst auf den Tag von der globalen Demonstration gelegt, sodass die Beschäftigten ihren Kampf in den Kampf von FFF tragen konnten. Die Kampagne ist noch sehr neu und in der Findungsphase, weshalb es nicht einfach ist, verlässliche Infos zu bekommen. Die Informationen, auf denen ich den Artikel basiere, stammen aus Recherche in den Strukturen der Kampagne, aus einem Interview mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung und von Genoss_Innen, die selber in der Kampagne aktiv sind oder bei der Deutschen Bahn arbeiten. Es gibt bis auf den FFF-Streik im März bisher keine aktive Außenwirkung der Kampagne, wobei sie zur IAA in München mobilisieren wollen und dort einen Block in der Demo stellen wollen.

WFZ versucht einen Schulterschluss aus linken Teilen der Klimabewegung, die die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit der Arbeiter_Innenklasse erkannt haben, und ÖPNV-Beschäftigten herzustellen. So haben sie es bspw. In Köln geschafft, Forderungen bei den ÖPNV-Beschäftigten populär zu machen, indem sie ihre Forderungen mit Unterschriftensammlungen unterstützten und so das Vertrauen der Arbeiter_Innen gewinnen konnten. Teile der Gewerkschaftsapparate von ver.di und der EVG unterstützen die Kampagne, vermutlich allerdings in erster Linie, um politische Forderungen aus dem Tarifkampf auszugliedern. Denn sie wissen von der Notwendigkeit, politisch zu kämpfen, wollen aber auch nicht aufs Spiel setzen, gute Sozialpartner_Innen (für die Konzerne) zu sein. WFZ bietet für sie die Möglichkeit, zu zeigen „hey, wir haben doch auch politische Forderungen“, ohne für diese tatsächlich kämpfen zu müssen. WFZ selbst versucht diese Masche der Gewerkschaften aber nicht zu problematisieren oder gar zu ändern, da sie fürchten, das Bündnis zu verlieren. Verständlicherweise, denn es gibt kaum unabhängige Strukturen in den Belegschaften, die nicht von der Gewerkschaftsbürokratie (privilegierte Führung) abhängig sind. Damit aber der Schulterschluss aus Arbeiter_Innen und Klimabewegung möglich ist, ohne abhängig von der Bürokratie zu sein, braucht es genau diese Kräfte.

Von der Straße auf die Schiene!

„Wir Fahren zusammen“ kann also kaum die Bürokratie kritisieren. Dabei müssten sie genau dies tun, um oppositionelle Kräfte innerhalb der Belegschaften und Gewerkschaften zu stärken. Das führt dazu, dass sie sich der Bürokratie unterordnen und einen in erster Linie ökonomischen Kampf der Gewerkschaften unterstützen, die politische Perspektive dabei aber schrittweise aufgeben. Für die Verkehrswende ist es aber unerlässlich, ökonomische Kämpfe mit politischen zu verbinden: Wir stehen vor der Herausforderung, dass die Anforderungen an den Schienenverkehr stetig wachsen. Es braucht einen massiven Ausbau der Schieneninfrastruktur, um diese zum Kern der zukünftigen Verkehrsweise zu machen. Dafür reicht es aber nicht, einfach nur mehr Lohn zu fordern. Es braucht neben längeren Umschlagszeiten auch mehr Personal, mehr Geld und geringere Anforderungen für die Bahn. Auch die zunehmende Privatisierung und drohende Zerschlagung der Bahn erfordern politische Antworten.

Wir möchten, bevor wir thematisieren, wie wir zum politischen Streik kommen, darauf eingehen was eigentlich im ÖPNV notwendig ist für die Verkehrswende. Denn nur mit einer Vorstellung davon, was Ausbau bedeutet und wie der Verkehr aussehen muss, können wir für diesen Kämpfen. Die aktuelle Situation ist, dass große Streckenabschnitte in ganz Deutschland, insbesondere aber in Ostdeutschland, stillgelegt und zugunsten des Autos abgebaut wurden. Während man mit dem Auto problemlos von A nach B kommt (wenn man nicht gerade in einer Großstadt lebt), braucht die Bahn häufig doppelt so lang oder länger, man kann sich nicht darauf verlassen, dass sie pünktlich kommt oder dass sie überhaupt fährt. Jeder dritte Zug war im letzten Jahr zu spät – von denen die überhaupt gefahren sind. Das liegt nicht nur daran, dass viele Strecken zurückgebaut wurden, sondern auch daran, dass die verbliebenen Strecken völlig überlastet sind (Beispielsweise Hamburg-Hannover mit 126% Auslastung). Neben dem kulturellen Aspekt, dass ein neues, hübsches Auto als Statussymbol gilt, macht auch das den Autoverkehr attraktiver und es ist also nicht verwunderlich, dass die Neuzulassungen von PKWs in manchen Jahren kaum relevant zurückgehen und in anderen sogar zunehmen (2022 wurde ein Anstieg von 1,1% verzeichnet).

Dabei ist das Rad-Schiene-System mit Abstand das effizienteste, da wenig Reibung entsteht und es meistens von Außen mit Strom betrieben wird. Nicht nur kann ein Zug auf ausgebauten Strecken deutlich schneller fahren, er fährt auch viele Hundert bis Tausend Menschen mehr von A nach B als ein Auto. Aber was heißt Ausbau genau und wie kommen wir dahin? Es müssen selbst die kleinsten Ortschaften an das öffentliche Schienensystem angeschlossen werden. Das bedeutet, dort wo es einen Nutzen für schon wenige tausend Menschen hat, müssen Schienen gebaut werden (wenn es möglich ist). Tramkonzepte, kleine Bahnen und Schnellfahrstrecken müssen den Kern des neuen Verkehrs bilden. Dort wo es nicht möglich ist oder schlicht mehr Ressourcen binden würde, Schienen zu bauen, sollten Car-Sharing-Konzepte oder Oberleitung-betriebene Busse die Anbindung an den nächstgelegenen Bahnhof ermöglichen. Gleiches gilt auch für den Gütertransport: Bis auf die letzten Kilometer sollte alles über die Schiene fahren, die letzten Kilometer möglichst ebenfalls über Oberleitung. Grundlegend ist außerdem, dass das Schienennetz 100% strombetrieben läuft.

Vom Bahnstreik zum Verkehrswendestreik…

Obwohl das nur einen kleinen Ausschnitt darstellt, sehen wir schon hier die Grenzen von rein ökonomischen Streiks und Forderungen. Der Ausbau auf 100% strombetriebene Gleise lässt sich nicht mit mehr Lohn und längeren Umschlagzeiten ermöglichen. Letztendlich muss der Verkehrssektor enteignet und unter Arbeiter_Innenkontrolle gestellt werden, um nicht mehr für Profit, sondern den Schutz von Mensch & Umwelt zu produzieren. Wie kommen wir jetzt also zum politischen Verkehrswendestreik?

Die Kampagne „Wir Fahren Zusammen“ geht einen wichtigen ersten Schritt: Die Verbindung zwischen Klimabewegung und Arbeiter_Innenklasse ist essentiell, um zum Einen höhere Schlagkraft zu haben, andererseits auch, um nicht Klimaschutz und direkte Nöte der Arbeitenden gegeneinander ausspielen zu können. Dabei darf die Kampagne aber nicht vor Kritik an der Bürokratie zurückschrecken, die sich mit aller Kraft gegen politische Streiks wehren wird. WFZ sollte oppositionelle und klassenkämpferische Kräfte in den Gewerkschaften unterstützen in ihrem Kampf für Basisorganisierung, Rechenschaftspflicht und jederzeitige Abwählbarkeit aller Posten in den Gewerkschaften. Als Revolutionäre müssen wir in WFZ also aufzeigen, wieso es notwendig ist, sich nicht unter die Gewerkschaftsbürokratie unterzuordnen. Wir müssen den Widerspruch, den die Bürokratie selbst geschaffen hat, weiter vertiefen und alles daran setzen, dass die Beschäftigten und die Basis der Gewerkschaften ihre ökonomischen Forderungen mit politischen ergänzt. Hier müssen auch Kampagnen wie WFZ auf die Beschäftigten zugehen und mit ihnen gemeinsame Forderungen entwickeln. Wer die Notwendigkeit der Forderungen erkennt, wird nicht aufhören dafür zu kämpfen, wenn ein undemokratischer Apparat Nein sagt.


[1] Umschlagszeit ist die Zeit, in der eine Bahn, die am Zielbahnhof angekommen ist, stehen bleibt, bevor sie in die andere Richtung zurück fährt




Nein zur Kündiguung von Inés: Gewerkschaftlich gegen Union Busting organisieren!

Inés ist Sozialarbeiterin an einer Berliner Schule und aktives Mitglied der GEW und jungen GEW. Am 10.07.2023 wurde sie seitens ihres Trägers Technische Jugendfreizeit- und Bildungsgesellschaft (tjfbg) außerordentlich und fristlos gekündigt. Grund dafür war die Tatsache, dass sie ihre Kolleg_innen über eine Kundgebung gegen die geplanten Sparmaßnahmen im Neuköllner Sozialetat informiert hat.

Mit der rechtlich absolut haltlosen Kündigung versucht der Träger gewerkschaftliches und politisches Engagement im Betrieb zu verhindern und an Inés ein Exempel zu statuieren. Kolleg_innen sollen eingeschüchtert werden. Der Träger will uns zeigen, was uns droht, wenn wir den Mund aufmachen. Getroffen hat es Inés, aber gemeint sind wir alle, die sich unseren Betrieben, Schulen und Unis für bessere Arbeitsbedingungen und gegen sozialen Kahlschlag einsetzen. #WirsindInés

Umso wichtiger ist es nun, dass diese Gewerkschaftsfeinde nicht mit ihrer miesen Nummer durchkommen. Wir solidarisieren uns mit Inés und fordern die Rücknahme der Kündigung seitens der Geschäftsführung und Geschäftsführer Thomas Hänsgen!

Die junge GEW Berlin hat eine Petition zur Unterstützung ihrer Kollegin gestartet. Wir rufen euch dazu auf, diese zu unterzeichnen:

https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLScZFsRwzEuusmSerFPma0t876gnrCjKP48nChprnrmO3C7T4Q/viewform

Die Petition hat bereits etliche Unterschriften bekommen und setzt den Träger vermutlich bereits stark unter Druck. Dennoch braucht es weitere Schritte. Wenn die GEW tatsächlich die Interessen der Angestellten gegenüber den Bossen vertreten will, muss sie sich als Ganzes mit Inés solidarisieren und öffentlichkeitswirksam hinter ihre Kollegin stellen. Es braucht Solidaritätsaktionen in unseren Schulen – und insbesondere in der Schule von Inés – zu der die GEW Berlin mit voller Stärker mobilisiert. Auch in den kommenden Streiks für den Tarifvertrag Gesundheit und den Tarifvertrag der Länder muss sich gegen das gewerkschaftsfeindliche Handeln des Trägers ausgesprochen werden. Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass der tjfbg mit seinem hinterhältigen Union Busting nicht durchkommt. Gemeinsam können wir die Erfahrung machen, dass unsere Solidarität stärker ist, als die Kündigungsversuche der Bosse. Gemeinsam können wir damit noch viel mehr Kolleg_innen ermutigen, sich für bessere Lern- und Lehrbedingungen in unseren Schulen einzusetzen!




Tarifkampf der EVG: Schlichtung ablehnen!

Leo Drais, Juli 2023, zuerst erschienen bei Arbeiter:innenmacht

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat sich in der überaus zähen Tarifrunde mit der DB AG auf eine Schlichtung eingelassen, nachdem sie sich bereits in der Vorbereitung der Urabstimmung über einen Erzwingungsstreik befand. Diese wird auch kommen – das Schlichtungsergebnis soll urabgestimmt werden. Es ist zu erwarten, dass die EVG dann die Annahme empfiehlt, gerade mal 25 % der abstimmenden Mitglieder reichen dafür. Demgegenüber müssten 75 % das Ergebnis ablehnen, sprich für einen Erzwingungsstreik stimmen, damit dieser stattfindet.

Schachzug der Bürokratie

Das Ganze ist ein geschickter Zug der EVG-Führung, die in den letzten drei Monaten viel dafür getan hat, nicht zu streiken, die immer wieder betont hat, Lösungen gebe es nur am Verhandlungstisch, die eine Niederlage vor dem Arbeitsgericht Frankfurt zu einem Sieg umdeutete, die mit Transdev einen Abschluss gemacht hat, zu niedrig, zu lang in der Laufzeit, den sie wie mit dem Zaunpfahl winkend auch bei der DB gern genommen hätte – nur: Nicht mal diesen Abschluss wollte die DB akzeptieren.

Der Abschluss bei Transdev, dem größten privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) nach dem staatlichen der DB AG (Betreiber u. a. der Bayerischen Regiobahn, NordWestBahn, S-Bahn Hannover) beinhaltet eine Laufzeit von 21 Monaten und eine zweistufige Bruttofestgelderhöhung von 290 Euro ab November und 130 Euro ab August 2024; Nachwuchskräfte kriegen die Hälfte. Zusätzlich kommt eine Inflationsausgleichsprämie über 1.400 Euro. Daneben erfolgten Verbesserungen im Bereich der Zuschläge und noch Weiteres. Von den ursprünglichen Forderungen: Laufzeit 12 Monate, 650 Euro in die Tabelle ist dennoch nicht viel geblieben. Andere private EVU folgten dem Abschluss.

Die Bahn provozierte mit einem Angebot von 27 Monaten Laufzeit und einer Erhöhung von gerade mal 200 Euro in zwei Schritten (Dez 23, Aug 24, jeweils 100 Euro). Das „Angebot“ wurde von der Zentralen Tarifkommission (ZTK) abgelehnt und ebenso vom Bundesvorstand der EVG. Somit waren die Verhandlungen gescheitert.

Die Entscheidung ist wahrscheinlich Ausdruck von zwei Aspekten: Erstens kann natürlich eine Gewerkschaftsführung, auch wenn sie sich noch so sehr um die Sozialpartner:innenschaft mit den Bossen bemüht, nicht jeden Scheiß unterschreiben, zumal die EVG im Coronajahr 2020 komplett die Füße stillgehalten und unter dem Deckmantel der Beschäftigungssicherung eine Nullrunde unterschrieben hat – ohne irgendeine Vordiskussion mit der Basis.

Dieses Mal bemühte sich der Apparat von Anfang an, dem ganzen Verfahren einen demokratischeren Anstrich zu geben, natürlich weit ab von einer direkten Kontrolle durch die Mitglieder. Man organisierte Tarifwerkstätten und eine Mitgliederbefragung, beides mit deutlichen Schwächen. Bei Ersteren durfte zwischen drei Hauptforderungen nur eine gewählt werden, bei Zweiterer konnten alle mehrfach abstimmen, jedoch ohne, dass in dem Ergebnis irgendeine Verbindlichkeit lag; die Laufzeit fehlte gleich ganz.

Zudem hat sich in den vergangenen Jahren die Zusammensetzung des EVG-Apparates verändert. Mehr junge Gewerkschaftssekretär:innen und Ehrenamtliche sind abgefuckt davon, wie der Laden läuft. Zudem ist natürlich einerseits allen Gewerkschaftsoffiziellen klar, dass mit einem zu schlechten Abschluss Austrittswellen drohen, zum anderen, und das ist nicht zu unterschätzen, gibt es bei der Bahn anders als für die IG Metall bspw. eine relevante Konkurrenzgewerkschaft mit der GDL. Diese hat ihrerseits mittlerweile ihre Forderungen für die Tarifrunde ab Herbst aufgestellt, darunter eine 35-Stundenwoche für Schichtarbeiter:innen sowie 555 Euro mehr in die Tabelle. Schließt die EVG zu schlecht ab, gibt es für alle Mitglieder immer auch die Möglichkeit, zu ihr zu gehen, und das weiß natürlich der Apparat beider Vereinigungen.

Davon abgesehen ist es natürlich so, dass die Tarifkommissionen bei den unterschiedlichen Unternehmen anders zusammengesetzt sind.

Dann kam die DB mit dem Angebot einer Schlichtung um die Ecke und der EVG-Apparat witterte die Chance: ein guter Sozialpartner sein und gleichzeitig die Mitgliedschaft einbinden. Das Ergebnis der Schlichtung wird urabgestimmt, die Verantwortung über die Annahme der Mitgliedschaft in einem Verfahren überantwortet, das selbst formal undemokratisch ist. Am Ende klopfen sich EVG-Vizevorsitzende Cosima Ingenschay und Co. auf die Schulter und sagen: „Die Mitgliedschaft hat entschieden“, selbst wenn mehr als 50 % das Ding ablehnen sollten. Es scheint demokratisch, aber der ganze Weg dahin und die Abstimmung selbst waren und sind es nicht. Allein schon deshalb muss die Schlichtung abgelehnt werden. Immerhin einige, wenigstens die Vertreter:innen der Jugend, haben dies getan.

Annahme verweigern

Darüber hinaus ist erstens zu erwarten, dass bei der Schlichtung nicht das rauskommt, was ursprünglich gefordert wurde. Zwar gehört es zu den üblichen Ritualen in deutschen Tarifverhandlungen, weit unter den eigenen Forderungen abzuschließen, doch nur, weil es „schon immer so gemacht“ wird, wird es dadurch nicht richtiger. Warum wird nicht eskalierend vorgegangen? Eine DB, die ungestraft einfach mal 2 Monate gar nicht verhandelt hat, hätte es nicht anders verdient, als mit einem Erzwingungsstreik bestraft zu werden, wo mit jeden Tag die Forderung erhöht wird.

Zweitens muss die Schlichtung (und damit ihr Ergebnis) deshalb abgelehnt werden, weil sie nicht nur ein Zugeständnis an die Bahn darstellt, sondern auch, weil die EVG damit von dem Wohlgefallen der Schichter:innen abhängig wird. Diese kann sie zwar selbst mitbestimmen, zum Redaktionsschluss sind diese auch noch nicht bekannt, erfahrungsgemäß sind es jedoch Politiker:innen, die vorgeblich zwar über dem Konflikt stehen, jedoch immer auch das „Wohl des Konzerns“ im Blick behalten (wie die EVG-Spitze selbst auch; schließlich verteidigt sie die DB nicht aus fortschrittlichen Gründen gegen deren drohende Zerschlagung, sondern für den Erhalt des Status quo).

Wir sollten von der Schlichtung nicht mehr erwarten als den Transdev-Abschluss. Wir sollten sie deshalb ablehnen und, weil sie ein undemokratisches Verfahren ist, das am Ende mit der Urabstimmung einen demokratischen Touch erhalten soll. Unsere Mittel für einen Abschluss, der unseren Forderungen entspricht, sind noch nicht ins Spiel gebracht worden: Ablehnung des Schlichtungsergebnis, Durchführung des Erzwingungsstreiks.

Und wenn das Ganze sich schon bis in den Herbst hinzieht, dann liegt der gemeinsame Kampf mit den Kolleg:innen der GDL auch auf der Hand. Immerhin stehen wir täglich zusammen gegen diesen Konzern um Sicherheit und Pünktlichkeit auf der Schiene ein, das heißt, wir können auch zusammen gegen seinen Tarif kämpfen. Wir sollten gegenseitig die Forderungen durch die der höchsten von der anderen Seite ersetzen. Von den Führungen der EVG und der GDL gibt es in unterschiedlichem Maß daran kein Interesse, die Zusammenarbeit wird aus der Basis kommen müssen.

Genauso gilt das für ein Eintreten für wirklich demokratische Tarifrunden: Tägliche Betriebsversammlungen, direkt gewählte und rechenschaftspflichtige Vertreter:innen in der Tarifkommission. Abstimmungen über Annahme und Streik nach einfacher Mehrheit. Kann sein, dass ein solches Verfahren noch Jahre auf sich warten lassen wird. Trotzdem: Der Grundstein für eine Diskussion dazu muss jetzt in der Tarifrunde gelegt werden.

Und noch etwas müssen wir selbst in die Hand nehmen: GDL- und EVG-Chef:innen sind denkbar schlecht darin, der Medienhetze etwas entgegenzusetzen, wenn es zu Streiks kommt. Es wird einfach darauf verwiesen, dass diese rechtens seien – das heißt im Umkehrschluss dann eben auch, ein gerichtliches Streikverbot kampflos zu akzeptieren.

Streik und Reisende

Wie können die Reisenden also mitgenommen werden? Es gibt gleich mehrere Möglichkeiten. Erstens: Einbeziehung durch Erweiterung der Forderungen. Keine Fahrpreiserhöhung, kostenloser Nahverkehr und massive Angebotserweiterung, bezahlt durch die Profite von VW und Co. Zweitens: Aufklärung. Nicht die streikenden Kolleg:innen sind schuld an der Misere, sondern der Konzern und der Staat. Der Streik findet auch dafür statt, dass die Arbeitsbedingungen bei der Bahn besser werden. Verkehrswende braucht Eisenbahner:innen. Von diesen gehen in manchen Bereichen 70 – 80 Prozent in den nächsten zehn Jahren in Rente. Daher braucht es nicht nur einen massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs, sondern auch ein deutlich verbessertes Investitionsprogramm für Neueinstellungen!

Drittens: Gezielter Erzwingungsstreik. Es wäre durchaus möglich, gezielt und schwerpunktmäßig den Güterverkehr der Auto- und Schwerindustrie zu bestreiken und Personenverkehr zeitweilig auszunehmen, verbunden mit einem Streik im Bereich Vertrieb und Fahrkartenkontrolle. Das würde aber einen höheren Organisationsgrad brauchen und vor allem wäre dafür die Voraussetzung, dass wir als Beschäftigte den Streik selbst kontrollieren. Die Ironie wäre dann übrigens, dass der Reiseverkehr auf einmal pünktlicher wäre – in einem vollen, heruntergefahrenen Netz fällt es auf, wenn die Züge fehlen, die die bedeutendsten Industrien des Landes bedienen, also jene, die seit Jahrzehnten für einen chronische Benachteiligung der Schiene verantwortlich sind.




Wie Pflegeazubis das Recht auf Streik genommen wird

Von Paul Fuchs, Juni 2023

Die Ausbildung in der Pflege umfasst 3 Jahre. 3 Jahre, in denen man den Beruf lernen sollte, in schulischen Phasen die Theorie und in praktischen die Praxis. Während bei anderen Ausbildungen häufig davon geredet wird, dass Azubis zum Lernen im Betrieb sind, spricht im Gesundheitssektor so gut wie niemand mehr von sowas. Pflegeazubis sind Arbeitskräfte und werden dementsprechend in die Arbeit eingeplant. Der Schichtplan wird so gestaltet, dass Azubis nicht zusätzlich auf Station sind, sondern z.B. eine Pflegeassistenz ersetzen. Dass dennoch gerade mal der halbe Mindestlohn gezahlt wird, ist ein Problem, welches alle Auszubildenden kennen. In diesem Artikel geht es deshalb speziell um unser Streikrecht. Das Streikrecht, so kümmerlich es in der BRD durch Jahre des schwachen Klassenkampfes und der Sozialpartner_Innenschaft geworden sein mag, ist ein Recht, was es um jeden Millimeter zu verteidigen gilt.

Arbeitgeber_Innen und sogar manchmal Dozent_Innen machen hier Druck und sprechen Azubis teilweise das Streikrecht völlig ab. Gerade die Charité übt sehr bewusst Druck auf ihre Auszubildenen aus. Bereits bei einer geringen Anzahl von (entschuldigten) Fehltagen gibt es, wenn Streiktage bevorstehen, Gespräche darüber, dass sich kein weiterer Fehltag mehr erlaubt werden könne. Das Streikrecht ist eigentlich für alle Menschen durch das Grundgesetz gedeckt, doch wird zur Profitsicherung immer wieder untergraben.

Was ist die aktuelle Situation?

Um zum Examen, also Abschlussprüfung, zugelassen zu werden, darf man nur eine gewisse Anzahl an Fehltagen haben. In diese zählen Streiktage mit rein. Wer streikt, muss sich also zwei oder dreimal überlegen, ob man es sich dann leisten kann, bei Krankheit zu Hause zu bleiben. Und das in einem so körperlich und emotional anstrengenden Beruf wie der Pflege. Streiktage werden zwar gesondert notiert, zählen jedoch als Fehltage. Sollten die Noten einen Antritt zum Examen erlauben, die Fehltage aber eigentlich nicht, ist es möglich, gegen Ende der Ausbildung einen sogenannten Härtefallantrag zu stellen. Der Antrag kostet 60 €, ob dieser angenommen oder abgelehnt wird, bleibt aber offen. Wenn man also an Streiks teilnimmt, gibt es keine Gewissheit, die Ausbildung auch abschließen zu können. In einem Beruf, der die Arbeiter_Innen mit miserablen Arbeitsbedingungen so kaputt macht, dass er sich praktisch selbst abschafft.

Wie begründet der Staat das?

Verantwortlich ist offiziel hier aktuell die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Im Zuge der TVöD Runde gab es Diskussionen zwischen der damaligen Senatorin Ulrike Gote (Grüne) Diese hatte mit ihrem Team vor einigen Monaten ein Schreiben aufgesetzt, in welchem den Azubis selbstverständlich ein Streikrecht zugesprochen wurde. Ein Recht bringt aber ziemlich wenig, wenn du in einem prekären Arbeitsfeld psychologisch unter Druck gesetzt wirst, es nicht wahrzunehmen. Die gleichen Menschen, die durch Streiks Profite einbüßen, entscheiden, ob du am Ende einen Job kriegst oder nicht. Aufgrund mehrerer offener Fragen wurde von der Ver.di (Gewerkschaft der Dienstleistungen) eine Zoomkonferenz organisiert, auf der es bei einem der letzten Arbeitsstreik eine kleine Diskussion gab. Es wurde sich hinter Bürokratie und konfusen, juristischen Winkelzügen versteckt. Auszubildene wurden ignoriert und es wurde mantra-artig herunter gerattert, was auch schon im Schreiben zu lesen war. So auch der Vorwurf, dass durch Wahrnehmung des Streikrechts eine Patient_Innengefährdung vorliege. Die Realität ist, dass selbst bei Normalbetrieb jeden Tag in unserem Gesundheitssystem eine Gefährdung für Patient_Innen und Arbeiter_Innen vorliegt, durch Unterbesetzung und Stress. Auf wichtigen Stationen gibt es bei einem Streik eine Notfallbesetzung, sodass die Patient_Innen zumindest grundlegend versorgt werden können. Soweit die Idee, in der Realität unterscheidet sich aber auf vielen Stationen die Notfallbesetzung gar nicht von der Normalbesetzung oder liegt sogar über darüber.

Neben dem Fantasieren über ein „festes Kontingent an Streiktagen für Auszubildene“ wird immer wieder auf den Härtefallantrag als Ausweg gepocht. Darauf, dass dieser jedoch keine Sicherheit darstellt und genauso gut abgelehnt werden kann, war die Antwort: „Wir werden diese wohlwollend bearbeiten“. Toll, vielen Dank! Aussagen wie diese stellen innerhalb eines halb öffentlichen Zoommeetings keinerlei Verbindlichkeit, geschweige denn Sicherheit dar.
Frau Gote nimmt damit einfach hin, was für einem Druck und Stress Auszubildende in der Pflege ausgesetzt sind. Zahlreiche Beispiele für psychologischen Druck bei Personalgesprächen über Fehlzeiten wurden einfach ignoriert. In der Realität verzichten Auszubildene eher auf Streik oder gehen krank zur Arbeit, anstatt ihre ökonomische Grundlage aufzugeben. Laut Gote sei das Ganze ja gar kein Eingriff ins Streikrecht, weil die Streiktage würden zwar als Fehlzeiten gezählt und ergeben dadurch einen direkten Nachteil, aber, Zitat: „Das Problem sei nicht der Streik, sondern das Fehlen“.
Mittlerweile wird der Posten von Dr. Ina Czyborra (SPD) bekleidet, im Zuge des Koalitionsvertrages wurde viel versprochen, erfahrungsgemäß sollten wir uns keine Hoffnungen in einen Personellen Wechsel bei Vertreter*innen des Kapitals machen.

Und die Gewerkschaft?

Der Bürokratische Charakter der Gewerkschaften hat sich in diesem Tarifkampf wieder einmal zur schau gestellt. Die Führung versucht, statt die Interessen des Proletariats durchzusetzen wird versucht ein Kompromiss zu finden. Sozialpartnerschaft nennt sich der Spaß dann in dem wir immer als Verlierer raus gehen. Die Gewerkschaftsführung gibt sich im Wortlaut radikal, beweist, gerade zu anfang der Tariffrunden, sogar eine klare Klassenanalyse. Doch das gesagte wird schnell vergessen und es wird auf die Verhandlungen und die individuelle schwäche einzelner geschoben, dass es kein besseres Ergebnis bleibt. Linke Teile des Apparats lassen sich auch gerne hin reißen zu Aussagen wie „es wäre mehr drinn gewesen“, jedoch verbleiben sie stehts bei einer ökonomistischen Kritik. Die Frage um die Führung, bzw die demokratisierung der Gewerkschaften darf nicht gestellt werden.
Was diese Tarifrunde getötet war das sogenannte Schlichtungsabkommen, ein Deal zwischen der Verdi und den Arbeitgebern, der beiden Seiten während einer Tarifverhandlung jederzeit ermöglicht eine Schlichtung einzuberufen. Also eine erneute Verhandlung hinter verschlossenen Türen, es herrscht absolutes Informationsverbot. Vermeidlich neutrale Schlichter*innen werden von jeder Seite gewählt und es herrscht Friedenspflicht, ergo es darf nicht gestreikt werden. Dieses Schlichtungsverfahren ist nicht nur absolut lächerlich, es hat auch ein gigantisches Demobilisierungspotenzial. Darüber hinaus gibt es keine einzige realistische Situation in der es in unserem Interesse wäre so eine Schlichtung einzuberufen, Anträge auf Kündigung gibt es seit Jahren, werden vom Apparat aber stehts abgewehrt. Die Gewerkschaftsbürokratie hat erfolgreich den Erzwingungsstreik abwenden können, aber warum ist das in ihrem Interesse?
Ähnlich wie die politische Bürokratie fungiert sie als kapitalistcher Agent in den Reihen des Proletariats. Sie stehen jedoch zwischen den Stühlen, ebendso wie ihnen das Kapital gefährlich werden kann, kann ihnen auch die Basis gefährlich werden da eine demokratische und kämpferische Gewerkschaft ihre Abschaffung bedeutet. Der Erzwinungsstreik stellt einen wichtigen Moment der kollektiven Selbstermächtigung dar, das Proletariat sieht welche Macht es hat und durch die viele Zeit die mit Kolleg*innen verbracht wird ohne den Druck der Lohnarbeit, können Diskussionen darüber instehen wozu man die Gewerkschaftsführung überhaupt braucht oder warum diese das 10 Fache unserer Gehälter bekommen.

Zum Schlichtungsergebnis, es ist schlecht, sehr schlecht. Sie reichen nicht aus um altes Personal zu halten, geschweige denn neues zu Gewinnen. Das fortführen des Kollaps der Pflege ist die Folge.

Wenn euch die Rolle der Gewerkschaftsführung weiter gehend interessiert empfehelen wir diesen Artikel der Gruppe ArbeiterInnenmacht: https://arbeiterinnenmacht.de/2023/05/20/tvoed-bund-und-kommunen-buerokratie-redet-sich-auch-die-mitgliederbefragung-schoen/

Was braucht es stattdessen?

Organisation statt Entpolitisierung. Die Ausbildung beschreibt einen Übergang von der Jugend zum Proletariat. Dies ist eine hochpolitische Zeit, in der sich im Individuum viel verändert, aber auch der Grundstein für zukünftige Klassenkämpfe gelegt wird. Die permanente Unterdrückung der Auszubildenden durch Berufsschule und Arbeitgeber_Innen, heißt es entschlossen zu bekämpfen. Die bürokratische Ver.di Jugend bietet hierbei gute erste Anlaufstellen, jedoch keine Lösung. Was es braucht, ist einen Verbund von Auszubildenen im engen Austausch mit den Arbeiter_Innen im Betrieb. Die künstliche Spaltung in „Kämpfe der Auszubildenen“ und „Kämpfe der Beschäftigten“ durch Ver.di und Arbeitgeber_Innen muss mit gemeinsamen Streiks und gemeinsamen Kämpfen beantwortet werden. Nicht nur betreffen uns nach spätestens drei Jahren die Realitäten der Beschäftigten, auch sind diese auf gute zukünftige Kolleg_Innen angewiesen. Letzteres kann es im momentanen Gesundheitssystem nicht geben, da der Kapitalismus auf Profite angewiesen ist und diese immer auf Kosten der Arbeiter_Innen gesichert werden. Es braucht also vor allem eine antikapitalistische Perspektive für die Arbeitskämpfe in der Pflege.

Trotzdem sollte man bestehende Strukturen wie die Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAV) in Betriebsräten nutzen, sie sind jedoch kein Ersatz für basisdemokratische Verbunde von Auszubildenen. Die Berufsschulen haben nicht zu entscheiden, ob und welche Flyer in den Berufsschulen verteilt werden, das Recht auf freie Propaganda gilt es auch zu erkämpfen! Es sind unsere Kämpfe und wir haben zu entscheiden, welche Schwerpunkte wir legen. Dabei gilt es auch zu erkämpfen dass die Auszubildenden, zum Beispiel im Zuge des Kurssprecher*innentreffen die Möglichkeit haben miteinander zu diskustieren ohne das Lehrer*innen und Schulleitung mit am Tisch sitzen wie derzeit. Diskussionen die auch nur leicht über den Berufsschulalltag hinaus gehen werden strickt unterbunden, politischer Diskurs verunmöglicht. Ein wichtiger Moment des Austausches verkommt zu einem technisches Punkte abhacken, ohne Diskurs.
Gegen die Entpolitisierung durch die Ver.di. Arbeitskampf ist Klassenkampf und sollte als dieser benannt werden. Malle-Hits und zwei Demosprüche, die keinerlei Forderung aufwerfen, sind nicht genug. Es muss die Möglichkeit für Auszubildene bestehen, ihre Perspektive darzulegen.

Dafür benötigt es Komitees von Auszubildenen, die weder durch Ver.di, Berufsschule noch Arbeitgeber bevormundet werden!

  • Enteignung der Pflege und Verstaatlichung unter Arbeiter_Innenkontrolle!
  • Arbeitszeitverkürzung bei voller Lohnfortzahlung!
  • Uneingeschränktes Streikrecht für alle Azubis und Beschäftigte!
  • Raum für politische Diskussionen unter Azubis ohne bevormundung durch die Schulleitung!
  • Basisdemokratische Gewerkschaften statt bürokratischem Verrat!
  • Für gläserne Verhandlungen, jede Verhandlung mit dem Arbeitgeber muss via Internet livegestreamt werden! Keine Hinterzimmerverhandlungen



Gewerkschaften und die sozialistische Revolution

Lukas Müller, Rede vom 1. Mai 2023 in Leipzig

Ich bin Lukas, ich bin Sozialpädagoge in der Jugendhilfe, bei ver.di und aktiv in der Gruppe Arbeiter:innenmacht, sowie der Jugendorganisation REVOLUTION

Aktuell arbeiten wir als Gruppe auch im Bündnis „wir-fahren-zusammen“ mit, welches hier in Leipzig versucht eine Brücke zwischen der Umwelt- und der Gewerkschaftsbewegung zu schlagen und in beide eine antikapitalistische Perspektive zu tragen.

Der Lebensstandard von Lohnabhängigen in Deutschland ist seit Corona und Inflation immer weiter gesunken, während die Konzerne gleichzeitig an die Aktionär:innen für das vergangene Jahr Gewinne in Rekordhöhen auszahlen wollen. Die 100 größten Unternehmen sollen zusammen ca. 62 Milliarden an Dividenden an ihre Anteileigner ausschütten. Und diese Anteileigner sind in erster Linie natürlich eine Handvoll Kapitalist:innen. Die Konzerne konnten ihre Gewinne um mehr als 10 % im Vergleich zum vergangenen Jahr steigern, aller Krisen zum Trotz. Gewinne, die durch die Arbeitskraft von uns Lohnabhängigen erwirtschaftet werden. Und wie immer wird natürlich das Märchen verbreitet, es sei nicht genug für Lohnerhöhungen da. Es sind die üblichen dreisten Lügen unser Klassenfeinde.

Als Antwort darauf sehen wir aber auch einen Aufschwung von Arbeitskämpfen und Streiks seit vergangenem Jahr. Auch die Lohnforderungen der Gewerkschaftsführungen sind dieses Jahr deutlich höher ausgefallen als üblich. Beschäftigte strömen entgegen des vorherigen jahrzehntelangen Trends wieder in die Gewerkschaften und organisieren sich in ihrem Betrieb. Zehntausende haben sich alleine bei ver.di seit Anfang des Jahres neu organisiert. In vielen Betrieben ist die Organisierung sprunghaft angestiegen. Eine halbe Millionen haben sich an den Warnstreiks im öffentlichen Dienst beteiligt. Beim gemeinsamen Streik von ver.di und EVG, an dem sich Busse, Straßenbahnen, U- und S- Bahnen, Fernzüge, Flughäfen und Hafenarbeiter:innen beteiligt haben, wurde ganz Deutschland lahngelegt. Das hat es seit ca. 20 Jahren nicht mehr gegeben.

Der zunehmende Grad der Organisierung und Kampfbereitschaft der Belegschaften spiegelt sich allerdings wenig bis gar nicht in den Tarifabschlüssen wieder. Bei der Post hat sich die Gewerkschaftsführung auf einen von Konzernseite in letzter Sekunde vorgelegten Vorschlag eingelassen, während die Urabstimmung zum Streik schon längst gelaufen war und sich gezeigt hat, dass über 85 % der Beschäftigten kampfbereit für einen unbefristet Streik sind. Der Abschluss ist eine Katastrophe und bedeutet abermals massive Reallohnverluste für die Beschäftigten, während der Konzern im vergangen Jahr einen neuen Rekordgewinn von 8,4 Milliarden eingefahren hat. Das Ergebnis im TVöD fällt zwar nicht ganz so katastrophal aus, bleibt mit seinen 24 Monaten Laufzeit aber auch weit hinter den Forderungen zurück und geht kaum über den faulen Schlichtungskompromiss hinaus.

Das sind keine Einzelfälle, sondern das hat System. Wenn wir uns die Struktur der Gewerkschaften im Allgemeinen und der Tarifkommissionen im Besonderen anschauen, dann fällt schnell auf, dass es ein massives Machtgefälle zwischen der Basis und dem Apparat aus hauptamtlichen Funktionär:innen, der Bürokratie, gibt. In den Tarifverhandlungen geben nicht Vertreter:innen aus den Belegschaften selbst den Ton an, sondern die Funktionär:innen, die vom Ergebnis gar nicht betroffen sind. Die Richtlinien der Tarifkommissionen werden nicht in der Satzung geregelt, sodass diese nicht von der Basis auf dem Gewerkschaftstag mitbestimmt werden können, sie werden vom Vorstand oder Beirat festgelegt. Es gibt eine Pflicht zur Verschwiegenheit über die Verhandlungen. Die Gewerkschaftsbürokratie verheimlicht also gegenüber den Belegschaften was genau diskutiert wurde, ob es Gegenvorschläge gab und wer wie abgestimmt hat. Und am Ende haben die Beschäftigten keinerlei Einfluss darauf, ob das Verhandlungsergebnis angenommen wird oder nicht, denn die Befragungen sind nicht mehr als ein Stimmungsbild, ohne bindende Kraft. Die Bürokratie entzieht sich weitestgehend der Kontrolle der Basis. Bis auf einige Funktionäre als Mitglieder eines Gremiums, sind die Hauptamtlichen für die Basis weder wähle- geschweige denn abwählbar.

Gewerkschaftsfunktionär:innen verdienen Gehälter, die jene der Beschäftigten um ein Vielfaches übersteigen, von den Gewerkschaftsbossen mit ihren Jahresgehältern in Höhe von teilweise mehreren 100.000 € ganz zu schweigen. Die Bürokratie hat ihren Frieden mit dem Kapitalismus und der Ausbeutung der Lohnarbeit längst geschlossen. Die Gewerkschaftsbosse sitzen mit den Kapitalist:innen in den großen Aufsichtsräten und betrachten sich als Mitverwalter der Konzerne. So saß der Ver.di Chef Frank Werneke bis letztes Jahr z.B. im Aufsichtsrat von RWE und der deutschen Bank. Die Bürokratie hat ihre eigene soziale Frage vorerst gelöst. Dadurch hat sie ein ganz eigenes soziales Interesse: Sie will die Arbeiter:innenklasse mit den Konzernen im Sinne der sogenannten „Sozialpartnerschaft“ und des „Interessensausgleich“  versöhnen. Aber mit den Kapitalist:innen und ihrem System der Ausbeutung kann es keine Versöhnung geben!

Das Bestehen einer versöhnlerischen Bürokratie ist keineswegs eine neuere Entwicklung der heutigen Gewerkschaften. Bereits zurzeit von Rosa Luxemburg und Lenin war dies der Fall. Lenin bezeichnet die Gewerkschaftsführungen in seiner wichtigen Schrift „Der linke Radikalismus“ als reaktionär, als Agenten der Kapitalist:innen innerhalb der Arbeiter:innenklasse. Und auch Rosa Luxemburg lieferte sich mit den deutschen Gewerkschaftsspitzen einen heftigen Schlagabtausch und verfasste im Zuge dessen ihr viel beachtetes Buch „Massenstreik, Partei und Gewerkschaft“. Heißt das also, dass sich Lenin und Luxemburg gegen die Gewerkschaften richteten? Im Gegenteil. Beide erklärten es für ein zentrales Ziel von Marxist:innen innerhalb der Gewerkschaften aktiv zu sein, dort ihre Ideen zu verbreiten und die Kontrolle über die Gewerkschaften in die Hände der Arbeiter:innenklasse selbst zu legen. Kräfte, die die Arbeit in den Gewerkschaften ablehnten, überzog Lenin in besagter Schrift mit beißendem Spott.

Historisch gesehen sind die Gewerkschaften spontan aus dem Kampf heraus entstanden, aus der bitteren Notwendigkeit sich gegen die unmittelbarsten Angriffe der Kapitalist:innen verteidigen zu setzen. Und auch heute noch treten Lohnabhängige unabhängig von ihrer politischen Vorerfahrung oder ihren politischen Ansichten in die Gewerkschaften ein, um sich zur Wehr zu setzen. Sie sind die ersten Sammelpunkte des Widerstandes, wie Friedrich Engels schrieb, sie sind eine Schule des Klassenbewusstseins und bilden die Grundlage für die Vereinigung der gesamten Arbeiter:innenklasse. Über 5 Millionen Arbeiter:innen sind in den Gewerkschaften des DGB in Deutschland organisiert. Es sind jene Teile der Klasse, die bereits jetzt ein rudimentäres Klassenbewusstsein besitzen. Nicht in den Gewerkschaften arbeiten zu wollen, würde bedeuten den Kampf gegen die Bürokratie aufzugeben und diese ersten Sammelpunkte des Widerstand mit ihren aktuell 5 Millionen fortschrittliche Arbeiter:innen der Bürokratie kampflos zu überlassen.  Das ist genauso falsch, wie sich der Bürokratie und ihrer Sozialpartnerschaft kritiklos unterzuordnen.

 Für Marxist:innen ist es eine zentrale Aufgabe innerhalb der Gewerkschaften und der von ihr geführten Tarifkämpfe an vorderster Front mitzukämpfen. Die Tarifkämpfe sind ein wichtiger Ansatzpunkt um Kämpfe zuzuspitzen und ökonomische mit politischen Fragen zu verbinden. Sie sind ein Ansatzpunkt der Selbstermächtigung und Selbstorganisation der Arbeiter:innenklasse und damit auch ein Ansatzpunkt die Macht der Bürokratie zu zerbrechen. Marxist:innen sollten innerhalb der Gewerkschaften offen als solche auftreten und ehrlich darlegen für welche politischen Positionen und Taktiken sie stehen. Wir sollten zu Wahlen in den Gewerkschaften und den Betrieben antreten. Wir müssen für das Recht eintreten, dass innerhalb der Gewerkschaften jede/r die Möglichkeit hat mit Flugblättern, Zeitungen, Veranstaltungen usw. um Positionen zu kämpfen, was sich nach wie vor die Bürokratie vorbehält. Um die Macht aus den Händen der Bürokratie zu nehmen ist es zentral, lokale Komitees in den Fabriken aufzubauen, in denen die ArbeiterInnen ihre Kämpfe selbst organisieren und Perspektiven diskutieren. Weiter müssen wir für die Demokratisierung des Gewerkschaftsapparats unter Kontrolle der Basis kämpfen. Dieser Kampf bedeutet, dass sämtliche politischen FunktionärInnen auf lokalen, regionalen oder bundesweiten Versammlungen gewählt und jederzeit wieder abgewählt werden können. Es bedeutet, dass Entscheidungen über Streiks von der Basis mit einfacher Mehrheit gefällt werden. Es bedeutet, dass der Rahmen in dem Tarifverhandlungen geführt werden vorher von den ArbeiterInnen abgesteckt wird und das Ergebnis zustimmungsbedürftig ist. Außerdem sollten wir dafür kämpfen, dass die Gehälter der FunktionärInnen den durchschnittlichen Lohn eines/r FacharbeiterIn nicht übersteigen.

Für all das ist eine organisierte Basisopposition mit eigenen Strukturen in den Gewerkschaften nötig. Gemeinsam mit einer Reihe andere Marxistischen Gruppen, wie der DKP, Klasse gegen Klasse, SAV, Sol und weitere haben wir vor ca. 3 Jahren die VKG Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften gegründet, an deren Gründungskongress ich beteiligt war. Die VKG kann die Keimzelle einer solchen organisierten Basisopposition sein, wenn wir sie als solche gemeinsamen weiter aufbauen. Die Klasse für sich gewinnen können wir Marxist:innen nur, wenn sie lernen „im Wirtschaftskampf nicht nur Verkünder der Ideen des Kommunismus zu sein, sondern die entschlossensten Führer des Wirtschaftskampfes und der Gewerkschaften zu werden. Nur auf diese Weise wird es möglich sein, aus den Gewerkschaften die opportunistischen Führer zu entfernen. Nur auf diese Weise können die Kommunisten an die Spitze der Gewerkschaftsbewegung treten und sie zu einem Organ des revolutionären Kampfes für den Kommunismus machen.“ (2. Kongress KI 1920)

Wenn euch das Thema interessiert, dann kommt zu unserer Veranstaltung am kommenden Donnerstag um 19 Uhr in der Bäckerei, Josephstraße 12, in Lindenau.

Dankeschön!