Gute Frage, gute Antwort: Was ist eine bürgerliche Arbeiter_Innenpartei?

Ja, so komisch wie dieses Wort klingt, ist es auch: Eine Arbeiter_Innenpartei versucht, durch Klassenkampf die Masse der Lohnabhängigen zu organisieren und sie davon zu überzeugen, dass eine befreite Gesellschaft nur durch Abschaffung des Kapitalismus aufgebaut werden kann. Eine bürgerliche Partei macht das Gegenteil davon. Sie fühlt sich wohl im Kapitalismus und versucht, ihn zu erhalten wie beispielsweise die CDU, die in Deutschland ganz klar die Interessen der herrschenden Klasse vertritt. Der Charakter einer Partei bestimmt sich also dadurch, für welche Eigentumsverhältnisse sie kämpft.

Was ist dann aber eine bürgerliche Arbeiter_Innenpartei? Zum einen verteidigt diese die bürgerlichen Eigentumsverhältnisse. Zum anderen hat sie aber eine „organische“ Verbindung zur Arbeiter_Innenklasse: also Verbindungen zu den Gewerkschaften und ein Großteil ihrer Wähler_Innenschaft sowie der Mitgliedschaft gehören der Arbeiter_Innenklasse an. Oftmals sind diese Parteien aus Kämpfen entstanden, wo klar wurde, dass es über die Gewerkschaften hinaus eine politische Interessenvertretung braucht. Sie vertreten auch oftmals die bessergestellte Schicht von Lohnabhängigen, der sogenannten „Arbeiter_Innenaristokratie“. Hierzulande sind SPD und Linkspartei Beispiele für solche Parteien. Sie stützen sich auf die Arbeiter_Innenklasse, machen aber trotzdem eine bürgerliche, pro-kapitalistische Politik.

 




Grundlagen des Marxismus: Was ist Reformismus?

Jonathan Frühling

Seit Ende des 19. Jahrhunderts spaltet sich die Arbeiter_Innenbewegung grob gesagt in einen revolutionären und einen reformistischen Flügel. Der revolutionäre Flügel strebt einen Sturz der Regierung und eine tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung an. Der reformistische Flügel behauptet, dass Gesetzesveränderungen ausreichen, um Verbesserungen für die Arbeiter_Innenklasse zu erreichen. Das kapitalistische Wirtschaftssystem und damit die Herrschaft der Kapitalisten (also die der Firmenbesitzer_Innen) sollen nicht angetastet werden. Die Reformist_Innen bilden seit über 100 Jahre faktisch die Führung der Arbeiter_Innenklasse und zwar mit katastrophalen Folgen, wie wir sehen werden.

Reformismus in der Geschichte der Arbeiter_Innenbewegung

Das Aufkommen des Reformismus in Deutschland

In Deutschland begann sich in der Arbeiter_Innenpartei (ab 1891 SPD) und den Gewerkschaften Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts eine privilegierte Schicht hauptamtlicher Funktionäre zu bilden, auch indem sich die Partei fest im Parlament zu verankerte. Dadurch erhielten sie eine ökonomisch (wirtschaftlich) gesicherte Position in der Gesellschaft. Mächtige Streiks und vielleicht sogar einen Sturz der bürgerlich-monarchistischen Regierung hätte seit diesem Zeitpunkt auch deren gehobene Stellung in Frage gestellt. Sie beschränkten sich deshalb auf minimale Aktionen und reformistische Forderungen, wie höhere Löhne oder Arbeitslosenversicherung, also Forderungen, die den Kapitalismus nicht in Frage stellen.
Nachdem sich die Sozialist_Innen in Deutschland zu Reformist_Innen entwickelten, war auch eine Revision (Abänderung, bzw. Verfälschung) der marxistischen Ideologie notwendig. Dafür veröffentlichte der reformistische Theoretiker Bernstein am Ende des 19. Jahrhunderts eine Reihe von Schriften, in denen er grundlegende Ansichten des Marxismus verwarf. Die berühmte deutsch-polnische Sozialistin Rosa Luxemburg schrieb daraufhin 1899 ihr Werk „Sozialreform oder Revolution“, in dem sie die Ansichten Bernsteins als Verrat an der Arbeiter_Innenklasse entlarvte. Die Führung der SPD jedenfalls nahm seine Theorien trotzdem begeistert auf, da sie ihre Politik rechtfertigten.

Der Zusammenbruch der II. Internationale

Der endgültige Bruch zwischen Reformist_Innen und Revolutionär_Innen ereignete sich am Anfang des ersten Weltkrieges. Damals existierte ein internationaler Zusammenschluss sozialistischer Parteien: die zweite Internationale. Am Anfang des Krieges stellten sich jedoch fast alle „sozialistischen“ Parteien auf die Seite der nationalen Regierungen und unterstützten deren Krieg gegen die anderen Länder. Die zweite Internationale zerbrach. In Deutschland wurde das durch die Bewilligung der Kriegskredite 1914 durch die SPD im Reichstag besiegelt. Eine internationalistische und revolutionäre Position ist dagegen für die Niederlage aller kapitalistischer Staaten und für einen Sieg der Arbeiter_Innen und des Sozialismus in jedem Land einzutreten. Auch nach dem Krieg, als die SPD die Novemberrevolution im Blut ertränkte, zeigte sich, dass sie bereits konsequent bürgerliche Politik machte.

Reformismus in Deutschland

SPD und die Linkspartei

In Deutschland sind die zwei größten reformistischen Parteien die SPD und Die Linke. Beide Parteien stützen sich größtenteils auf die Arbeiter_Innenklasse und behaupten Verbesserungen für die Klasse der Lohnabhängigen erreichen zu wollen, wenn sie in die Regierung gewählt werden. Zwar ist die SPD von beiden die rechtere Partei, jedoch bleibt der Linken in der Regierung auch nichts anderes übrig, als die bürgerliche Gesellschaft zu verwalten: Sie privatisiert Wohnraum, rüstet die Polizei auf, wie zuletzt als Berliner Regierungspartei, oder schiebt ab, wie in Thüringen, wo sie sogar der stärkere Koalitionspartner ist. Die teilweise revolutionäre Rhetorik kann daran auch nichts ändern.

Die Gewerkschaften

Gewerkschaften sind aus Arbeitskämpfen entstanden. Sie sind Sammelpunkte für Widerstand, wo sich Arbeiter_Innen gemeinsam gegen die Angriffe der Unternehmer_Innen, also beispielsweise gegen Lohnsenkungen oder Arbeitszeitverlängerungen, wehren. In Deutschland haben die Gewerkschaften eine reformistische Führung. Sie beschränken sich fast ausschließlich auf routinemäßige Tarifverhandlungen mit dem Kapital. In diesem Rahmen bewegt sich auch die Existenz der Gewerkschaftsfunktionäre. Deshalb schreckt die Gewerkschaftsbürokratie meist zurück, wenn die Arbeiter_Innenklasse in Kämpfen wirklich in Bewegung kommt und versucht schnell das Verhältnis zwischen Kapitalist_Innen und Lohnarbeiter_Innen wieder zu befrieden.

Gerade beim Poststreik 2015 kann man das sehr gut aufzeigen. Damals traten Mitarbeiter_Innen der deutschen Post gegen eine Verschlechterung von Lohn und Arbeitsbedingungen in den Streik. Die Bewegung entwickelte eine große Dynamik, immer mehr Menschen legten die Arbeit nieder. Der Streik wäre eine wirkliche Gefahr für die Post geworden, hätte nicht die zuständige Gewerkschaft Ver.di den Streik gegen den Willen der Belegschaften beendet, da er auch unter Umständen ihren ruhigen Arbeitsalltag erschüttert hätte.

Wieso lässt sich die Gesellschaft nicht mit Reformen verändern?

Für viele Menschen stellt sich die Frage, wieso das Gesellschaftssystem nicht einfach durch die Wahl einer sehr linken Regierung und anschließenden Gesetzesänderungen verändert werden kann. Dies hat einige einfache Gründe: Selbst wenn eine revolutionäre Partei die Macht ergreifen würde, hätte sie zur Transformation der Gesellschaft nur den bürgerlichen Staat, also Militär, Polizei und Bürokratie, zu Verfügung. Diese profitieren aber alle vom Kapitalismus und dienen deshalb der Bourgeoisie. Sie könnten der Regierung einfach ihren Gehorsam verweigern, statt Angriffe auf die Kapitalist_Innen, wie die Abschaffung des Erbschaftsrechts, durchzusetzen.

Der Parlamentarismus an sich ist nur momentan die bequemste Form der bürgerlichen Herrschaft. In Zeiten von Wirtschaftskrisen und Krieg kann ihn die Bourgeoisie durch eine andere Herrschaft, wie die Militärdiktatur ersetzen. Selbst aber eine normale bürgerliche Regierung kann Errungenschaften, wie den Mindestlohn oder den Acht-Stundentag rückgängig machen, wie wir gerade in Frankreich sehen. Wieso sollte dann die herrschende Klasse, die alle Bereiche der Gesellschaft beherrscht, eine gegen sie gerichtete Politik zulassen?

Außerdem liegt die gesamte Führung der Wirtschaft nicht in den Parlamenten, sondern in den Aufsichtsräten der großen Unternehmen. Sie entscheiden, in welche Technologie investiert wird, was für die Menschheit hergestellt wird oder wer wo arbeiten darf, usw. Eine wirklich demokratische Gesellschaft muss auch auf diese wichtigen Entscheidungen Einfluss ausüben, was aber nicht durch die einfache Änderung der Gesetze erreicht werden kann. Auch der Umstand, dass Lohnarbeiter_Innen ausgebeutet werden, beruht nicht auf Gesetzen, sondern auf der ökonomischen Tatsache, dass sie nur ihre Arbeitskraft und keine Firma haben.

Die Reform kann deshalb immer nur ein Werkzeug sein, um die bestehende Gesellschaft zu verändern, niemals aber, um neue Gesellschaft zu errichten. Bei Reform und Revolution handelt es sich also um zwei grundverschiedene Dinge und nicht um zwei Wege zum Ziel des Sozialismus.

Kampf gegen den Reformismus

Die Macht der Reformist_Innen über die Arbeiter_Innenklasse zu brechen und die Arbeiter_Innenklasse wieder auf einen klassenkämpferischen Weg zu führen, ist momentan die dringendste Aufgabe der Menschheit.

Da, wie gesagt, viele Menschen Illusionen in reformistische Organisationen haben, ist es auschlaggebend, diese Leute zu überzeugen, schon allein weil sie verstanden haben, dass es wichtig ist, zu kämpfen und sich gemeinsam zu organisieren. Aber ihre Illusionen in die Parteien oder Gewerkschaften kann man nicht verändern, wenn man sich von ihnen isoliert, nicht mit ihnen redet oder kämpft. Viel mehr müssen wir als Revolutionär_Innen unsere Positionen denen der Reformist_Innen gegenüberstellen und deren Richtigkeit beweisen. Unserer Meinung nach funktioniert das am besten, wenn wir mit reformistischen Parteien zusammenarbeiten. Dabei ist es unabdingbar im gemeinsamen Kampf aufzeigen, wie halbherzig und verräterisch deren Führung handelt. Deswegen treten wir auch immer für die Kritik- und Propagandafreiheit in Bündnissen ein. Denn wenn man sich nicht gegenseitig kritisieren darf, kann man auch nicht diskutieren und Fehler aufzeigen. Aber nur wenn man zusammen arbeitet und die Fehler der Führung vor der Basis offenlegt, können wir Menschen für unsere Politik und unsere Organisation gewinnen.

In den Gewerkschaften bedeutet der Kampf gegen den Reformismus, kämpferische Basisgruppen aufzubauen. Sie sollen im Falle von Arbeitskämpfen fortschrittliche Arbeiter_Innen für radikale Positionen gewinnen und so eine klassenkämpferische Opposition in den Gewerkschaften aufbauen. Diese können so in die Lage kommen, die momentane Gewerkschaftsführung unter Druck zu setzen oder gar durch eine revolutionäre Führung zu ersetzen.

Schluss

Klar ist, dass wir als Revolutionäre den Kampf um Reformen keineswegs ablehnen. Ganz im Gegenteil: Er ist ein wichtiges Mittel, um die Lebenslage der Arbeiter_Innen zu verbessern und die Arbeiter_Innen überhaupt in den Kampf um die Verbesserung ihres Lebens zu führen. Jedoch gehen wir noch viel weiter, denn auch mit hohen Löhnen werden die Menschen noch immer ausgebeutet, werden Frauen unterdrückt und vieles mehr. Die entscheidenden Probleme unserer Gesellschaft werden durch den alleinigen ökonomischen Kampf nicht behoben werden können. Der reine Reformismus ist dagegen eine Spielart bürgerlicher Politik, welche die Unterdrückten mit dem herrschenden System zufrieden stellen soll, wie es die SPD ganz offen tut. Wirkliche Klassenkämpfe werden vom Reformismus wenn überhaupt nur auf Druck von unten geführt und schnell wieder beendet. Auch ein Reformismus, welcher den Kapitalismus mit Gesetzesänderungen abschaffen will, wird sich früher oder später auf diesem Weg befinden, wie der Verrat der Syriza-Regierung in Griechenland beweist. Diese führt nun statt dem Sozialismus die härteste Sparpolitik in der Geschichte des Landes ein. Deshalb kämpfen wir dafür, den Unterdrückten wieder eine revolutionäre Führung zu geben, die das theoretische Rüstzeug hat, die Unterdrückten siegreich im Kampf zum Kommunismus zu führen.




Frankreich: Arbeiter_Innen und Jugendliche in der Wahlfalle

VON FRIEDA ALLESSANDROVA

 

El-Khomri – Klassenkampf 2016

 

Vor einem Jahr erfasste eine Protestwelle Frankreich. Am 14. Juni 2016 marschierten mehr als eine Million Menschen aus Protest gegen den Versuch der PS-Regierung, das bisherige Arbeitsgesetz zu kippen. Mit dem sogenannten El-Khomri-Gesetz sollten Errungenschaften der Arbeiter_Innenbewegung, wie die 35-Stunden-Woche, ein kollektives Verhandlungsrecht und die Überstundenbegrenzung, abgeschafft werden. Unter dem Vorwand, die Beschäftigung zu erhöhen, sollten Arbeiter_Innen leichter entlassen werden und durch Zeitarbeiter_Innen und prekäre Lohnabhängige ersetzt werden können. Das Ziel war die Stärkung des französischen Imperialismus auf europäischer und internationaler Ebene. Der französische Imperialismus befindet sich seit einigen Jahren in der Krise. Große Hotelketten werden beispielsweise von China aufgekauft. El-Khomri ist als ein französisches Äquivalent zur Agenda 2010 zu verstehen, was dazu gedacht ist, die Auswirkungen der Krise abzufedern. Die Agenda 2010 ist ein erheblicher Faktor, durch den Deutschland die Krisen halbwegs unbeschadet überdauern konnte. Derartige Verschärfungen des Klassenkampfes von oben könnten dem französischen Imperialismus aus der Krise heraushelfen. Leittragende sind dabei wie immer die Mehrzahl der Arbeiter_Innen in Frankreich und den Halbkolonien Frankreichs.
Die Protestaktionen waren zahlreich und ausdrucksstark. Durch die Streiks der Eisenbahner_Innen und bei der Müllabfuhr konnte die Empfangszeremonie für den Europokal verhindert werden, weil der Bahnhof von protestierenden Arbeiter_Innen besetzt war. Desweiteren fanden Besetzungen von Raffinerien und das Herunterfahren von Atomreaktoren statt. Wir von REVOLUTION haben auch damals unsere Solidarität mit den Protestierenden ausgedrückt ( solidaritaet-mit-den-franzoesischen-jugendlichen-und-arbeiter_innen)
Doch es war schon früh klar, dass es keine zufriedenstellenden Kompromisse geben würde. Der französische Staat reagierte mit brutaler Härte auf die Proteste. Über 1000 Streikende und Aktivist_Innen der „Nuit debout“-Bewegung wurden festgenommen. Dennoch ist es der Arbeiter_Innenklasse innerhalb weniger Monate gelungen, die Kräfteverhältnisse umzukehren und ihre Macht gegenüber der herrschenden Klasse zu erproben.
Das El-Khomri-Gesetz ist am 09.08.2016 in Kraft getreten. Schuld daran war der Verrat der Gewerkschaften an der Bewegung, indem sie sie haben auflaufen lassen. Durch die Notstandsgesetze, die durch die EM 2016 unter Teppich gekehrt wurden, aber seit dem Anschlag auf Charlie Hebdo in Kraft waren, war es dem Staat ein Leichtes, die Protestbewegung zu unterdrücken und die Gewerkschaftsführungen agierten in vorauseilendem Gehorsam.

 

Polizeigewalt im Februar 2017

 

Erneut wurde Frankreich von Protesten erschüttert. Diesmal ging es um die rassistische Polizeigewalt, unter der viele Jugendliche alltäglich zu leiden haben. Der konkrete Auslöser war die Vergewaltigung des schwarzen, 22-jährigen Theo durch Polizeibeamte in dem Pariser Vorort Aulnay-sous-Bois am 11. Februar 2017. Die Empörung darüber kannte keine Grenzen und bereits am Tag nach dem Übergriff fanden sich 2000 Menschen ein, um gegen die rassistische Gewalt im Staatsdienst zu protestieren.
Für viele Jugendliche, die sich an diesen Protesten beteiligten, war der konkrete Vorfall keine Neuheit. Der Tatort sei ein berüchtigter toter Winkel der staatlichen Überwachung, in den Polizist_Innen regelmäßig Jugendliche verschleppten, um sie dort zu verprügeln. Auch die sexuelle Gewalt der Staatsbeamten kam schon häufiger vor. Die Täter können nach Belieben walten, denn die Jugendlichen scheuen sich vor einer Anzeige aus Angst, danach noch schwerer Arbeit zu finden. Von dem nicht vorhandenen Vertrauen in den Staatsapparat ganz zu schweigen.
Die Proteste erinnerten an 2005, als zwei Jugendliche von der Polizei in den Tod gehetzt wurden, was auch damals für Ausschreitungen gesorgt hat. Ein beliebter Slogan verweist auf die Verbindung zwischen diesen Fällen von Polizeigewalt, und dass das Schicksal von Theo deutlich mache, warum die Jugendlichen damals weggerannt sind. Die Reaktion der Politik 2005 war die Verhängung des Ausnahmezustands. Heute kann die Regierung dieses Verhalten nicht wiederholen, da der Ausnahmezustand sowieso schon seit einem Jahr besteht. Es wurde also „um Ruhe“ geworben. Präsident Hollande soll persönlich im Krankenhaus erschienen sein, um Theo um einen entsprechenden Aufruf an die Protestierenden zu erpressen.
Das Verhalten vonseiten der Bullen macht allerdings alle Versuche, um Ruhe zu werben, zunichte. Das gewaltsame Einführen eines Schlagstocks in den Anus sei nicht etwa eine Vergewaltigung, sondern ein Unfall und die rassistischen Beleidigungen seien in diesem Fall angebracht gewesen, traute sich der Überwachungsbeauftragte zu verkünden.
In den Augen der Bürgerlichen seien die Proteste auch friedlich angelaufen, wurden jedoch „nach Angaben der Polizei“ von mehreren Hunderten gewaltbereiten Personen gestört. Es wurden Menschen und Fahrzeuge mit Geschossen beworfen, Mülleimer und Autos angezündet. Die Polizei reagierte darauf mit Tränengas, noch mehr Kontrollen, Verhaftungen und sogar das Abfeuern scharfer Munition. Diese Darstellung zeigt wieder das Verhältnis der bürgerlichen Klasse zu Widerstandsbewegungen. Die Herabwertung der Protestierenden als „gewaltbereite Chaoten“ ist ein Versuch, das legitime Anliegen der Proteste in den Dreck zu ziehen.
Die Proteste könnten ein neuer Antrieb für eine antirassistische Bewegung sein. Knapp zwei Wochen nach dem Vorfall haben sie auch Paris und andere Städte erreicht. Auch dort kam es zu Ausschreitungen, brennenden Mülltonnen, Festnahmen. Einen Monat später, Anfang März 2017, gingen immernoch Schüler_Innen gegen die Willkür der Polizei auf die Straße. Die Lehrer_Innengewerkschaft kritisierte, dass ein Klima der Gewalt herrsche. Es kam zu Ausschreitungen an Schulen, eine Lehrerin wurde leicht verletzt und eine Supermarktlieferung geplündert.

 

Wessen Gewalt?

 

Nun stellt sich wie immer die Frage nach der Gewalt und die Legitimierung derselben. Die richtige Frage ist aber die, wer denn die Gewalt ausübt. Gewalt kann nicht pauschal verurteilt werden, wenn sie von wütenden Jugendlichen ausgeübt wird, wenn man im selben Atemzug die Gewalt des Staates unterstützt, der seine Macht willkürlich an Schwächeren auslebt. Die Frage ist viel eher, wie die Gegenproteste vergrößert und Gewerkschaften gewonnen werden können, um Schutzeinheiten der antirassistischen Bewegung und der Arbeiter_Innenorganisation aufzustellen. Es geht um die Unterscheidung zwischen Gewalt zur Erhaltung der Macht der Unterdrücker_Innen oder zur Befreiung von Unterdrückung.
Die Gewalt der Jugendlichen ist nicht zu verurteilen. Sie ist ein Ausdruck von Frustration, Machtlosigkeit aber auch Perspektivlosigkeit. Es braucht eine entschlossene Gegenwehr. Diese Gegenwehr sollte sich aber aus einer Bewegung generieren, die die eigenen Kräfte aus der Mobilisierung im Sinne der sozialen Interessen der Arbeiter_Innen, Jugendlichen und deren Verbündeten zieht. Außerdem muss sich diese Gegenwehr auch nicht nur in einer militanten Organisierung sondern auch in einer Programmatik widerspiegeln, die in der Theorie erarbeitet und in der Praxis erprobt wird.

 

Perspektive: Präsident_Innenschaft

 

Die landesweiten Proteste sind längst zum Wahlkampfthema für die etablierten Parteien geworden. Doch welche Perspektive bieten die Wahlen, die vom 23. April (erster Wahlgang) bis zum 7. Mai (Stichwahl) stattfinden werden, den protestierenden Jugendlichen?
Spoiler: nicht viel. Fast alle versprechen mehr Polizei. Die Rechte fordert mehr Härte in „rechtlosen Zonen“ und der Front National redet von „Nulltoleranz“. Doch wir werden hier zunächst auf die aussichtsreichsten Kandidat_Innen für das Präsident_Innenamt eingehen, und dann nochmal auf die Kandidaten links von der Mitte.
François Fillo, Vertreter der Republikanischen Partei, gehört in die bürgerlich-etablierte rechte Ecke. Programmatisch ist Fillon ein Garant für den Klassenkampf von oben: Stellenabbau bei staatlichen Angestellten, Rückkehr zur 39-Stunden-Woche, Heraufsetzung des Rentenalters auf 65 und der Mehrwertsteuer sowie weiteren Deregulierungen des Arbeitsrechts.
Marine Le Pen vom rechtspopulistischen, nationalistischen und rassistischen Front National, gibt sich als „Anwältin der Arbeiter_Innen“, die sich von der PS-Regierung im Stich gelassen fühlen, vor allem in verarmten Industrieregionen im Norden. Sie weiden sich weiterhin an der alten Mär, dass Sozialist_Innen und Migrant_Innen Schuld sein am Abstieg und der Arbeitslosigkeit der „einheimischen Arbeiter_Innen“. Der FN erhält wertvolle Unterstützung von den staatstragenden Organen. Er kann sich etwa 50 % der Wähler_Innenstimmen der Polizei und Armeeangehörigen sicher sein, wurde bereits vom Unternehmer_Innenverband empfangen, um politische Ideen vorzutragen, und bekommt durch die Unterstützung bekannter Intellektueller einen seriösen Anstrich.
Emmanuel Macron, Kandidat der neugegründeten Partei „En Marche“ (Im Gange), war schon früher bekannt als „Genosse der Bosse“. Er hat ausgezeichnete Verbindungen in den Finanzsektor, ist seit 2008 als Investmentbanker tätig und scheint für viele das „kleinere Übel“ angesichts der Schwäche der Linken. Er verspricht die Schaffung von Arbeitsplätzen, insbesondere in den Brennpunktkiezen der Jugendarbeitslosigkeit, hat allerdings am
El-Khomri-Gesetz zur Deregulierung des Arbeitsschutzes (s.o.) mitgewirkt.
Doch von links gibt es auch keine echte Alternative. Der Zögling des amtierenden Präsidenten Hollande, Benoît Hamon, vertritt zwar ein Grundeinkommen, dieses läge aber kaum über der jetzigen Sozialhilfe und reicht somit auch nicht zum Leben. Was daraus folgt, wäre eine Lohnsubvention für Billigjobs zugunsten des Kapitals.
Jean-Luc Mélenchon, Parti de Gauche (Linkspartei), vertritt linkreformistische Positionen, allerdings mit einem krassen Hang zum Linksnationalismus. Statt Bezug zu nehmen auf die Arbeiter_Innenklasse, bezieht er sich auf Volk und Nation.
Als vielleicht noch interessantesten Kandidat gäbe es Phillippe Poutou (Neue Antikapitalistische Partei). Der bezieht sich auf die jüngsten Klassenkämpfe, vor allem das El-Khomri-Gesetz, allerdings benennt er nicht den Verrat der Gewerkschaften und reformistischen Politiker_Innen. Außerdem stellt er nicht die Frage nach Selbstverteidigungseinheiten oder die Macht- und Regierungsfrage und hat somit den protestierenden Jugendlichen auch nicht viel zu bieten.

 

Perspektive der Proteste

 

Die Jugendlichen, die zur Zeit auf der Straße sind, haben nicht nur keine Vertreter_Innen ihrer Interessen innerhalb der bürgerlich-parlamentarischen Politik, sie dürfen auch zum großen Teil einfach nicht wählen. Was ist also die Perspektive innerhalb der Proteste?
Mittlerweile haben sich auch bürgerliche Organisationen den Protesten angeschlossen. SOS Racisme zum Beispiel ist eine zivilgesellschaftliche Organisation, die, laut Selbstbeschreibung, seit 1984 „Gleichheit und Brüderlichkeit in Frankreich“ fördern will. Dies gibt den Protesten gleichsam ein zivilgesellschaftlicheres Image, dient jedoch höchstens als Feigenblatt für die regierende „Sozialistische“ Partei, die ihrer repressiven, islamophoben Politik einen antifaschistischen Anstrich geben will.
Doch die teilweise erschreckend brutale Unterdrückung der Streiks und Proteste des letzten Jahres zeigte einer ganzen Generation von Aktivist_Innen in Frankreich das wahre Gesicht der Polizei und was man von ihr zu erwarten hat. Währenddessen stimmt das Parlament über neue Gesetze ab, die der Polizei größere Befugnisse zum Schießen auf Menschen einräumt.
Wir fordern eine Verbindung der Arbeiter_Innenbewegung von 2016 mit den Protesten der Jugendlichen 2017, insbesondere der Jugend in den Banlieues. Es ist offensichtlich kampfstarkes Potenzial vorhanden. Anliegen der Arbeiter_Innen müssen mit sozialen Fragen nach Wohnraum, Schule, soziale Ungerechtigkeit und Flucht und Vertreibung verbunden werden. Es braucht die Organisierung der Proteste an Schulen durch die Bildung von Streikkomitees und einer landesweiten Vernetzung untereinander durch Schüler_Innenvollversammlungen.
Dann können die Proteste an den Schulen mit Aktionen in den Betrieben verbunden werden und zum landesweiten, unbefristeten Generalstreik aufgerufen werden. Es muss eine Bewegung entstehen, die nicht vor hat, die eigenen Probleme auf Geflüchtete, Migrant_Innen, Schwarze, Frauen usw. abzuwälzen, sondern gemeinsam für eine radikale Änderung der Verhältnisse auf die Straße zu gehen. Insbesondere in Frankreich sieht sich die radikale Linke nicht in der Verantwortung, Arbeitskämpfe zu führen, sondern überlässt das den Gewerkschaften. Wir fordern auch die Aufhebung des Ausnahmezustands! Protest muss wieder möglich gemacht werden.
Die Bewegungen der Arbeiter_Innen und der Schüler_Innen müssen sich auch mit der Frage des Rassismus auseinandersetzen! Insbesondere nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo hat sich die Situation von Muslim_Innen in Frankreich enorm verschlechtert. Man muss auf die kämpfenden Jugendlichen in den Banlieues zugehen, um die Kämpfe zu verbinden. Es müssen Selbstverteidigungsstrukturen von Arbeiter_Innen, Schüler_Innen, Geflüchteten und deren Verbündeten gebildet werden, die es ermöglichen, die Forderungen auf die Straße zu tragen und somit die tägliche Erniedrigung und Misshandlung sichtbar zu machen und zu stoppen.
Die Bewegung darf sich nicht entmündigen lassen, indem von „friedlichen Protesten“ gesprochen wird, die von Chaoten gestört werden. Man muss Forderungen aufstellen und für diese einstehen – massenhaft, militant, organisiert!

 

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2017: Jahr der Abschiebungen?

VON JAQUELINE KATHERINA SINGH


Die Unternehmensberatung McKinsey hat dem Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge 14 Vorschläge vorgelegt, die für eine „konsequentere Rückführung ausreisepflichtiger AusländerInnen“ eintreten. Innenminister de Maizière schien die Vorschläge, die 1,8 Millionen Euro gekostet haben, blendend zu finden. Kaum nachdem die Welt am Sonntag über das Papier berichtete, gab er Interviews mit den Vorschlägen, die auf dem CDU-Parteitag in Essen angenommen worden sind. McKinsey empfahl, sich dem Problem zeitnah zu widmen. De Maizière gab an, 2017 mehr als 100.000 Geflüchtete abschieben zu wollen. Das McKinsey-Papier möchte bis Ende 2017 mehr als 40000 Menschen ausreisepflichtig machen. Kurzfristig würden die Ausgaben aufgrund der Rückführungen steigen. Längerfristig betrachtet, erscheint es ihnen als sinnvolle Ausgabe, da man nicht auf den Geflüchteten sitzen bleiben möchte.


Abkommen


Die meisten der betroffenen Geflüchteten kommen aus Afghanistan. Dass das Land ein Trümmerfeld ist und Steinmeier noch vor einem Monat eingestehen musste, dass Afghanistan eventuell, vielleicht doch gar nicht sicher sei, da das deutsche Konsulat von den Taliban angegriffen worden war, ist egal. Im ersten Quartal 2016 gab es 600 Tote und über 1000 verletzte Zivilist_Innen. Zusammen mit der Aussage der Taliban, dass diese keine Zivilist_Innen verletzten, reicht das der Bundesregierung aus, um Afghanistan zu einem sicheren Herkunftsland zu erklären. Sicher genug  soll das für Menschen sein, die der deutschen Wirtschaft nicht genug einbringen. Eben diese schickt die deutsche Regierung nun zurück in den Tod.


Somit steht fest: 2017 wird das Jahr der Abschiebungen. Deals mit den jeweiligen Herkunftsländern sind schon im Vorfeld abgeschlossen worden: der Khartum-Prozess, der EU-Türkei-Deal, das Afghanistan-Abkommen, der Rabat-Prozess, die Migrationspartnerschaften mit Libyen, Libanon und sieben weiteren Ländern,  das Valletta-Abkommen – ihre Namen sind alle unterschiedlich, ihr Zweck ist jedoch der gleiche. Sie alle versuchen, Menschen überhaupt die Chance zu nehmen, zu flüchten oder wollen bereits Geflüchtete zurückführen.  Zusätzlich sind die Asylgesetze weiter verschärft worden. Der Parteitag der CDU in Essen zeigt uns, dass man nur darauf wartet,  den Aufenthalt in Abschiebeknästen zu verlängern und die Ausreise krimineller Ausländer_Innen konsequenter durchzusetzen, also diese schneller abzuschieben.


Kurz gesagt:  Die, die es mühsam hierher geschafft haben, dann in Unterkünfte verfrachtet und deren Rechte beschnitten worden sind, werden nun wieder zurückgeschickt. Zwischenzeitlich durften sie noch Angst haben, von Rechten gejagt zu werden, nun werden sie unter dem Deckmantel der  „freiwilligen  Rückkehrer“ und „Ausreisepflichtigen“  zurück in Krieg und Armut geschickt.


Für jene der Geflüchteten, die aktuell politisch aktiv sind und sich selber organisieren, sowie für die zahlreichen Unterstützer_Innen muss klar sein: Gerade geht es nicht darum, eine „Willkommenskultur“ zu verbessern, gerade geht es darum, überhaupt in Deutschland zu bleiben. Wer Abschiebungen stoppen will, sollte nicht bei exemplarischen Einzelfällen stehenbleiben. Abschiebungen haben System und wer den Geflüchteten in seiner Nachbarschaft wirklich helfen will, muss bereit sein, sich für alle einzusetzen. Wir schlagen daher eine bundesweite Kampagne vor, die diese Abschiebe-, Abschottungs- und Abschreckungspolitik klar aufzeigt. Denn nur wenn wir bundesweit agieren, unsere Kraft bündeln, kann der Kampf gegen die systematischen Abschiebungen, die es geben wird, erfolgreich sein.


  • Sofortiger Abschiebestopp! Schluss mit allen rassistischen Asylgesetzen und deren Verschärfungen! Für Staatsbürger_Innenrechte für alle!
  • Schluss mit den unmenschlichen Abkommen, egal ob mit der Türkei, dem Sudan oder Afghanistan!
  • Offene Grenzen und sichere Fluchtwege, anstatt Menschen dazu zu zwingen, über das Mittelmeer oder durch Kriegsgebiete fliehen zu müssen!

Wir brauchen gemeinsame Aktionen der Geflüchteten, Migrant_Innen und der Arbeiter_Innenbewegung. Von Gewerkschaften und SPD fordern wir ein Ende der offenen oder stillschweigenden Unterstützung der rassistischen Regierungspolitik. Nur mit großen Mobilisierungen und Initiativen können wir Abschiebungen nicht nur im Einzelnen, sondern massenhaft bekämpfen.





Elend oder Erfolg? – Antirassistischer Widerstand in Deutschland

VON JAQUELINE KATHERINE SINGH


Vor zwei Jahren, in den Anfängen der rassistischen Bewegung, sind mehrere tausende Menschen auf die Straße gegangen, um den diversen Gida-Protesten die Stirn zu bieten. Mensch war auch schockiert, als man die katastrophalen Bilder von der Situation an der griechischen Küste sah. Oder war entsetzt und trauerte um die Toten, wenn wieder ein Schlauchboot unterging. Und nun? Nun sieht es bitter aus.


Die AfD ist bei den Landtagswahlen die klare Gewinnerin. Nach Heidenau und Freital jagt man nun auch in Bautzen Geflüchtete. Die Gegenmobilisierungen sind im Schnitt kleiner geworden, größere antirassistische Aktionen kratzen nicht mal an 10 000 Teilnehmer_Innen und bei den Wahlen haben SPD und DIE LINKE fast überall Stimmen verloren. Das sind Tatsachen, die den Ernst der Lage verdeutlichen sollten. Doch mittlerweile scheinen die Übergriffe auf Geflüchtete und ihre Heime, die Toten im Mittelmeer und an den Außengrenzen zum Alltag zu gehören – genauso wie die Kolleg_Innen oder Mitschüler_Innen, die die AfD gut finden. Schließlich bringe die Partei es mal auf den Punkt und spreche die Auswirkungen der Krise an.


Seit 2014 steigt die Anzahl von Anschlägen auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte drastisch. Auch die Zahl von rechten Aufmärschen, ob nun durch besorgte Bürger_Innen, die AfD oder Nazis, ist gestiegen. Als Reaktion von links bildeten sich anfangs lokale kleinere Bündnisse, die den Gidas die Stirn boten. Als die Geflüchteten kamen, gründeten sich auch viele Supporter_Innenstrukturen. Doch ihre lokale Isolation erschwerte eine dauerhafte Arbeit. Es folgten zahlreiche Antifa-Vollversammlungen, Krisenmeetings und letzten Endes bildeten sich nach zwei Jahren bundesweit verschiedene Bündnisse: „Jugend gegen Rassismus“, „Aufstehen gegen Rassismus“, „Nationalismus ist keine Alternative“, „Welcome2Stay“ und „Fluchtursachen bekämpfen“.


Sicherlich, die Bündnisse sind von unterschiedlichen Spektren geprägt. Während die einen Jugendliche mobilisieren wollen, versuchen die anderen, Supporter_Innenstrukturen zu integrieren oder als tolles Mitmach-Bündnis zu fungieren. Eines haben sie aber alle gemeinsam: Bisher haben sie es nicht geschafft, eine größere gesellschaftliche Relevanz zu erreichen!


Antirassistischen Widerstand aufbauen – aber wie?


In der aktuellen Situation befinden wir uns in einer Defensive, die wir durchbrechen müssen. Dazu brauchen wir keine vereinzelten Kleinstaktionen mit wenigen Tausenden, sondern Massenmobilisierungen, die eigene Forderungen aufstellen und sich nicht nur gegen die AfD und Nazis wehren. Es bedarf einer offenen Koordination der bestehenden Bündnisse. Zudem müssen Kämpfe verbunden werden. Der Kampf gegen das Integrationsgesetz betrifft Geflüchtete und Supporter_Innen. Dieser muss durch die arbeitende Bevölkerung und Jugendliche unterstützt werden, sonst kann er nicht erfolgreich enden. Anstatt also die Aktionen gegen Rassismus von Geflüchteten, Jugendlichen, Lohnabhängigen etc. zu trennen, müssen wir uns koordinieren und gemeinsam auf die Straße gehen.


Bis zur Bundestagswahl ist aber noch Zeit?


In dem Artikel „Wie weiter im Kampf gegen Rassismus und die AfD?“, der zudem eine Auswertung der Aktion von „Aufstehen gegen Rassismus“ am 3.9. beinhaltete, schreibt marx21: „Mit etwa 6.000 Menschen nahmen weniger an der Demonstration teil, als ursprünglich erhofft. Vor allem zu wenige, um tatsächlich die Stimmung in der Stadt – zwei Wochen vor den Wahlen – zu beeinflussen.“


Schuld daran sind für sie zwei Faktoren: Einmal die Tatsache, dass die fast sichere Bildung einer rot-rot-grünen neuen Landesregierung Berlin selber wenig aufgerüttelt hätte. Zum anderen der Fakt, dass „die größeren Organisationen verhalten mobilisiert haben“. Was diese konkret für erfolgreiche Mobilisierungen tun müssten, findet man in dem Artikel allerdings nicht. Betriebsversammlungen, die Antirassismus vor Ort auf die Tagesordnung setzen, ein Kampf in den Gewerkschaften, Geflüchtete aufzunehmen, klare antirassistische Positionierungen seitens der Linkspartei in Verbindung mit der sozialen Frage? Fehlanzeige. Darauf geht der Text erst gar nicht ein.
Basismobilisierung heißt nicht, dass „freie“ Individuen sich dazu entscheiden, sich antirassistisch zu betätigen. Viel eher muss die Basis der sich beteiligenden Bündnisorganisationen an den Orten, an denen sie sich tagtäglich vor Ort aufhält, antirassistische Fragen aufwerfen und zu den Aktionen mobilisieren.


Zu anderen Bündnissen verhalten sie sich zudem auch nicht. Sehr leicht kann man vergessen, dass die Aktion von „Jugend gegen Rassismus“ am 27. April mit 8.000 Jugendlichen, die auf die Straße gegangen sind, größer war als die von „Aufstehen gegen Rassismus“, ohne dass größere Jugendorganisationen wie die SDAJ, linksjugend [’solid] oder der SDS flächendeckend daran beteiligt waren oder dazu aufgerufen haben. Auch die Aktion von „Fluchtursachen bekämpfen“ am 29. Oktober in Nürnberg gegen das bayerische Integrationsgesetz findet wenig Beachtung.


Aber nicht nur seitens marx21 herrscht in der sich zuspitzenden Situation eine abwartende Haltung. Auch die Interventionistische Linke, die übrigens in „Welcome2Stay“ und „Aufstehen gegen Rassismus“, also in zweien der fünf Bündnisse agiert, scheint entweder kein Interesse oder kein Konzept zu haben, wie man in der aktuellen Situation sich gegen den zunehmenden Rassismus wehrt.


Was heißt das konkret?


Wenn wir effektiv antirassistischen Widerstand aufbauen wollen, dann dürfen wir uns nicht spalten lassen. Weder vom zunehmenden Rassismus noch vom Sektierertum der Linken oder der fadenscheinigen Überzeugung, dass Geflüchtete, Jugendliche, Parteien und Autonome jeweils ihr eigenes kleines Bündnis brauchen.
Wir brauchen zwischen den Bündnissen und den größeren Organisationen der Arbeiter_Innenklasse eine Koordinierung ihrer geplanten Aktionen, also eine gemeinsame Strategiekonferenz Anfang des Jahres. Dort sollte sich auf gemeinsame Forderungen verständigt werden, die sich gegen die Angriffe auf Geflüchtete seitens der Bundesregierung stellen sowie gegen die Auswirkungen der Sparpolitik der letzten Jahrzehnte richten.


Ein weiterer Hauptpunkt müssen verbindliche Abmachungen sein, bei denen die unterschiedlichen Bündnisse eigenständig zur gleichen Aktion mobilisieren.
Tun wir das nicht und bleiben alleine bei der Aussage, dass Bündnis XZY ja das vielversprechendste sei und dass man sich diesem einfach nur anschließen muss, oder hoffen darauf, dass im Zuge des Wahlkampfes zur Bundestagswahl entweder SPD oder Linkspartei sich darauf besinnen, dass Rassismus ja eigentlich eine ganz dumme Sache ist und „automatisch nach links gehen“, werden die Folgen des Elends des antirassistischen Widerstands in Deutschland zu Tage treten.


Für eine bundesweite Aktionsplattform schlagen wir folgende Forderungen vor:


  • AfD, Pegida, rassistischen und faschistischen Mobilisierungen entgegentreten! Organisierte Selbstverteidigung und Solidarität gegen rassistische Angriffe!
  • Gegen alle Abschiebungen, Rücknahme aller Verschärfungen der Asylgesetze! Nein zum sog. „Integrationsgesetz“, keine rassistischen Sondergesetze wie „Burkaverbot“ oder Einschränkung des Nachzugs von Verwandten! Bereitstellung von sicherer Unterbringung (z. B. in Frauenhäusern) von Frauen und sexuell Unterdrückten! Für offene Grenzen und gleiche Staatsbürger_Innenrechte für alle Geflüchteten und Migrant_Innen! Weg mit der Festung Europa!
  • Recht auf Arbeit für Geflüchtete! Mindestlohn von 12,50 Euro/Stunde für alle statt 80-Cent-Zwangsjobs! Öffentliches Wohnungsbauprogramm, Beschlagnahme von leerstehenden Wohnungen und entschädigungslose Enteignung von Immobilienspekulanten, um Wohnraum für alle zu schaffen! Gewerkschaftliche Organisierung der Geflüchteten!


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TTIP und der Widerstand gegen die Freihandelsabkommen

Die Uhr tickt. Das transatlantische Freihandelsabkommen zwischen USA und der Europäischen Union soll, laut EU-Kommissionschef Jean Claude-Juncker, noch bis Ende diesen Jahres in Kraft treten. TTIP und CETA gelten als Auswüchse des Neoliberalismus. Aber warum?


TTIP und die Folgen


Die Freihandelsabkommen helfen lediglich den Monopolkonzernen, noch mehr Profit aus anderen Ländern und armen Menschen zu ziehen und die kleinen regionalen Firmen auszuschalten. Ein Beispiel: Allein die US-Geflügelwirtschaft hofft, mit TTIP jährlich 500 Mio Dollar zusätzlichen Umsatz in Europa zu machen. Dafür werden sogar Gesetze gelockert, um uns Chlorhühnchen auftischen zu dürfen. Genmanipulierter Mais und eine verpestete Umwelt sind nur einige der Aspekte, die uns erschauern lassen sollten. Des Weiteren ginge jegliche Transparenz, die Verbraucher_Innen zusteht, verloren. Auf europäischem Boden würde also faktisch amerikanisches Recht gelten. Doch es geht nicht nur um Lebensmittel und die Umwelt. Auch die Privatisierung vom Bildungs-, Gesundheits- und Verkehrssektor würde schwerwiegende Folgen haben: unbezahlbare Preise und eine noch größere Spaltung zwischen den Klassen.


Die Einzelregelungen zwischen Staat und Konzernen sollen ebenfalls auf eine allgemein gültige Grundlage gebracht werden, was vielen Konzernen helfen würde, sich in Gerichtsverfahren besser und stärker gegen Staat und Gewerkschaften (logischerweise auch gegen Arbeiter_Innen) durchzusetzen zu können. Denn den Konzernen wäre es dann möglich, den Staat zu verklagen, wenn Gesetze zu Profiteinbußen der einzelnen Konzerne führen würden. Das wäre beispielsweise dann möglich, wenn Regierungen den Mindestlohn erhöhen, oder den Sechs-Stunden-Tag einführen, oder Unternehmenssteuern erhöht werden, und so weiter. Streiks würden zunehmend unmöglich werden, auch wenn der Druck auf die Arbeiter_Innen gleichzeitig immens ansteigen würde.


Die deutsche Regierung macht das aber mit, denn man verspricht sich von TTIP und CETA höhere Wachstumsraten, mehr Investitionen und in Folge dessen auch mehr Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Jedoch zeigen ähnliche Freihandelsabkommen (Deutschland ist ca. schon 180 eingegangen), die bereits eingeführt sind, eher das Gegenteil: Arbeitsplätze gehen verloren, Lohn und Arbeitsbedingungen sinken und man kann sich schlechter juristisch gegen Ungerechtigkeiten wehren.


Widerstand in der Politik – ist TTIP tot?


Trotzdem gibt es erste Gegenstimmen von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Er und die SPD erklären das TTIP Handelsabkommen nämlich plötzlich für tot. Ihre Begründungen sind weitreichend: man habe sich in Grundsätzen nicht mit den USA einigen können, Schiedsgerichte seien doch keine so tolle Idee. Aus anderen Quellen mutmaßte man nun, dass Massenproteste die Politiker_Innen verunsichert und umgestimmt hätten.


Ironischerweise erklärt die SPD aber das CETA Freihandelsabkommen mit Kanada als sehr progressiv. Das ist ziemlich trickreich, denn ist das CETA-Abkommen, welches ebenfalls geheim verhandelt wird, erst einmal in Kraft getreten, gibt es mehrere Möglichkeiten für die amerikanischen Investor_Innen und Konzerne in Europa zu intervenieren. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel über kanadische Filialen der Konzerne Einfluss zu nehmen. Oder das CETA Abkommen könnte als eine Art Blaupause (also als übertragbares Vorbild) auf TTIP wirken. CETA ist bereits verhandelt, befindet sich zurzeit in der sprachlichen und juristischen Prüfung und soll ab Oktober in Kraft treten. Vorerst europaweit und dann einzeln abgestimmt in den nationalen Parlamenten.


Perspektive des zivilen Widerstands

Ein großer Teil der Bevölkerung allerdings ist nach wie vor gegen die Freihandelsabkommen. Viele Tausende protestierten an den Aktionstagen der Anti-TTIP-Bündnisse. Unterstützt wurden sie von Gewerkschaften, der Linken, den Grünen, NGOs und diversen Umweltgruppen. REVOLUTION beteiligte sich auch schon an einigen Anti-TTIP-Demonstrationen. Der Protest ist laut und bunt gemischt und findet mehrmals im Jahr statt. Aufgrund der Gewerkschaften und Parteien wird die Mobilisierung natürlich umso erfolgreicher und die hohen Teilnehmer_Innenzahlen sind vor allem auch ihnen zuzuschreiben.


Es ist natürlich gut, wenn viele Menschen auf die Straße gehen. Politiker_Innen, die (laut dem Tagesspiegel) mittlerweile verunsichert sind, auch. Jedoch können Abkommen im Interesse des Kapitals und der Großkonzerne nicht durch reine Demonstrationen abgewandt werden. Der Protest muss anders ausgetragen werden und das vor allem europa- und auch nordamerikaweit.


Da wir uns mittlerweile in der Endphase der Verhandlungen von TTIP und CETA befinden, muss der Protest eine andere Perspektive annehmen. Er muss kämpferischer und schwerwiegender werden, den Wortführer_Innen der EU zeigen, dass man mit der Bevölkerung und insbesondere der Arbeiter_Innenklasse nicht alles machen kann. Er muss den Kapitalist_Innen schaden und die Arbeiter_Innen an die Hebel setzen.


Was also wäre da besser geeignet als ein bundesweiter, wenn nicht gar europaweiter und auch in Nordamerika stattfindender Massenstreik, der das alltägliche Leben, die nationale Wirtschaft und die Konzerne in seinen Grundfesten erschüttert?


Streiken ist tatsächlich eines der wenigen politischen Mittel, welches der Arbeiter_Innenklasse in Zeiten der Krise zur Verfügung steht, wie man am Beispiel von Frankreich sehen kann. Nicht nur für einen politischen und kämpferischen Erfolg sind Streiks im Allgemeinen gut, sondern auch um das Klassenbewusstsein zu aktivieren (Dies funktioniert besonders gut bei erfolgreichen Streiks).


Doch für einen Massenstreik braucht es eine gute Organisation und Mobilisierung, die in einer so kurzen Zeit nur mit Hilfe von Gewerkschaften vonstattengehen kann. Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Vorbereitung, jedoch muss der Streik trotzdem demokratisch organisiert werden. Es muss transparent agierende, sofort abwählbare Streikleiter_Innen geben und nicht solche, die hinter verschlossenen Türen mit Politiker_Innen verhandeln. Wichtig ist außerdem, dass nicht nur gestreikt wird, sondern (z.B. wie auch in Frankreich) Raffinerien besetzt und blockiert, sowie Atomkraftwerke herunter gefahren werden, wenn TTIP am Ende doch unterzeichnet werden sollte.
Ebenso ist es auch essentiell, dass die breite Öffentlichkeit über die Funktionen und Ziele der Streiks informiert und aufgeklärt ist. Denn wenn sie nicht informiert ist, hat sie kein Verständnis für die, mit Massenstreiks anfallenden, Probleme.


Doch selbst wenn der Generalstreik europaweit durchgeführt werden könnte, ist es natürlich trotzdem sehr wichtig sich auch mit den kanadischen und amerikanischen Gewerkschaften in Verbindungen zu setzen. Denn auch für diese Arbeiter_Innen sind TTIP und CETA kein Zuckerschlecken.


Den Menschen muss klar werden, dass das Demonstrieren oft einfach nicht ausreicht und hier kämpferischere Mittel in Betracht gezogen werden müssen! Sicherlich wird es nicht einfach sein, eine große Mehrheit von einem Massenstreik zu überzeugen, jedoch stimmen nicht einmal mehr ein Fünftel der Bevölkerung TTIP zu. Doch nur mit Kampfformen, deren Auswirkungen die Kapitalist_Innen am eigenen Profit spüren, wird es möglich sein, Freihandelsabkommen und jegliche zukünftige Angriffe auf die Arbeiter_Innenklasse abzuwenden und zu zerschlagen, woraus obendrein ein gestärkter Internationalismus zwischen den einzelnen Arbeiter_Innenbewegungen hervorgehen kann!
Für diese Kampfperspektive werden wir auch bei künftigen Anti-TTIP-Protesten eintreten!


Von Leonie Schmidt

Stop TTIP

Bild: stop-ttip.org




Solidarität mit den französischen Jugendlichen und Arbeiter_Innen

Wer will, dass das Gesetz fällt, darf keine Angst vor einem Fall der Regierung haben


Wir von REVOLUTION, einer international-kommunistischen Jugendorganisation, sprechen unsere volle Solidarität mit den streikenden Schüler_Innen, Studierenden und Arbeiter_Innen in ganz Frankreich aus. Euer mutiger Widerstand gegen das reaktionäre El-Khomri Gesetz, der Regierung von Partie Socialiste und den Grünen, ist ein Vorbild für Millionen von Jugendlichen in ganz Europa.


Die französische Regierung will mit diesem Gesetz den französischen Imperialismus erneut für die Konkurrenz auf europäischer und internationaler Ebene stärken. Die Leidtragenden werden dann nicht nur die Mehrzahl der Menschen in Frankreich, sondern auch in den Halbkolonien Frankreichs sein. Denn bestärkt durch einen Sieg im Innern würden sich die Kapitalist_Innen umso entschlossener wieder nach Außen richten.


Wir wissen, was auf dem Spiel steht. So organisieren wir auch Jugendliche und junge Arbeiter_Innen in Deutschland, die nach der Agenda 2010 damals durch die Regierung der Sozialdemokratie und der Grünen einen ungeheuren Verlust ihrer sozialen und gewerkschaftlichen Rechte einbüßen mussten. Die damaligen Gesetze haben zu einer massiven Ausweitung der Zeit- und Leiharbeit, von Kürzungen der Sozialleistungen und einem Rückgang der gewerkschaftlichen Organisierung von Millionen Arbeiter_Innen geführt. Diese Gesetze haben große Teile der deutschen Arbeiter_Innenklasse verarmen lassen und werfen viele Jugendliche in die Perspektivlosigkeit. Das dürfen wir in Frankreich nicht geschehen lassen!


Die landesweiten Streiks, die Besetzungen der Raffinerien und das Herunterfahren von Atomreaktoren waren wichtige Schritte, um die Regierung in die Defensive zu drängen. Der Aktionstag am 14. Juni, an dem sich hunderttausende aus Frankreich und klassenbewusste Arbeiter_Innen aus ganz Europa in Paris beteiligen werden, ist ein weiterer Schritt.


Die Kämpfe gegen die Contrat première embauche (CPE) 2006 brachten die Regierung damals beinahe zu Fall und verhinderten die arbeiter_Innenfeindlichen Gesetze der Regierung. Doch die Zeiten haben sich geändert. Seit 2007 erleben wir die größte kapitalistische Krise seit dem zweiten Weltkrieg. Die Banken, Konzerne und ihre Regierung sind umso entschlossener, ihre Vorhaben gegen unseren Widerstand durchzusetzen.


Wir müssen uns darauf einstellen, dass, egal wie groß der eintägige Aktionstag am 14. Juni auch sein mag, die Regierung und das Parlament nicht davon abzubringen sein werden, das El-Khomri Gesetz zu beschließen. Wir müssen uns daher gemeinsam auf eine Auseinandersetzung einstellen, die einen unbefristeten Generalstreik unumgänglich macht. Wir fordern die Gewerkschaftsführungen des Confédération générale du travail, des Force ouvrière, von Solidaires und dem intersyndicale auf, die nötigen Vorbereitungen dafür zu treffen. In jeder Schule, jeder Universität und jedem Betrieb müssen Streikkomitees gegründet werden, die den Streik organisieren und Streikposten aufstellen. Jeder Straßenzug, jeder Arbeiter_Innenbezirk, jede Fabrik muss zu einer Festung unseres Widerstands werden.


Gerade die zentralen Bastionen unseres Kampfes – die bestreikten Raffinerien, die Atomkraftwerke, die Häfen und Eisenbahnen müssen von uns allen verteidigt werden. Die Regierung spricht in dieser Situation mit gespaltener Zunge. Auf der einen Seite versucht sie, die Streikfront zu brechen, indem sie Zugeständnisse an die kampfstärksten Sektoren verspricht, wenn sie den Widerstand beenden. Auf der anderen Seite hängt der Ausnahmezustand mit allen Konsequenzen über euren Protesten.
Doch es gibt eine gute Nachricht. Die Regierung ist schwach, die Partie Socialiste in der Frage gespalten, Francois Hollande ist ein zunehmend schwacher Präsident. Das Gesetz kann fallen, aber die Voraussetzung ist, dass wir uns nicht davor fürchten, dass auch die Regierung mit ihm fallen könnte. Für diesen Fall dürfen wir keine Angst vor dem Front National haben. Die beste Waffe gegen den Rassismus und die neoliberale Politik des FN ist ein Sieg aller Arbeiter_Innen und Jugendlichen Frankreichs, egal welcher Herkunft oder Religion gegen die Gesetze der bestehenden Regierung.


Aber ja, wir brauchen eine eigenständige Antwort. Diese Antwort kann nur in einer Arbeiter_Innenregierung, die sich auf die kämpfenden Gewerkschaften, die linken Parteien, die den Widerstand gegen die Gesetze unterstützen und die Streikkomitees in Stadt und Land stützen, bestehen. Solch eine Regierung hätte die Möglichkeit, nicht nur die Angriffe der Kapitalist_Innen zu beenden, sondern auch revolutionäre, tatsächlich sozialistische Maßnahmen gegen sie zu ergreifen, die Schluss mit Armut, Perspektivlosigkeit und Krieg nach Innen und Außen machen.


Die Herrschenden spüren diese Bedrohung für sich selbst. Bei den großen Generalstreiks 1968 in Frankreich dachte Charles de Gaule daher darüber nach, mit der Unterstützung der deutschen Bundesregierung das Militär gegen die Arbeiter_Innen und Jugendlichen Frankreichs einzusetzen. Wir dürfen keine Illusionen haben, dass die herrschende Klasse Frankreichs auch heute darüber nachdenken könnte. Die Proteste des arabischen Frühlings in Ägypten haben gezeigt, dass das Militär in einem solchen Fall für eine Zeit paralysiert werden kann. Aber es kommt auch darauf an, die einfachen Soldat_Innen für die Bewegung zu gewinnen, sich offen auf ihre Seite zu stellen.
Sicher, das mag radikal klingen. Aber wer eine Schlacht gewinnen will, der muss auf alle möglichen Züge des Gegners vorbereitet sein.


Lasst uns gemeinsam die kommenden Schritte eures Widerstandes vorbereiten.


Die heutigen Kämpfe der französischen Jugend und Arbeiter_Innen sind nicht nur ein Vorbild für uns. Ihr Ausgang wird auch wegweisend sein für die kommenden Klassenkämpfe in Europa. Ein Sieg der französischen Regierung wird die Kapitalist_Innen bestärken, er wird den Nationalist_Innen und Rassist_Innen zu neuen Siegen verhelfen. Ein Sieg unserer Bewegung würde den Internationalismus und den Mut der Jugendlichen, der Arbeiter_Innen und Armen in ganz Europa befeuern.


Wir Jugendliche und junge Arbeiter_Innen auf dem europäischen Kontinent schauen auf eure Kämpfe.


Wir Jugendliche und junge Arbeiter_Innen auf dem europäischen Kontinent stehen an eurer Seite in eurem gerechten Kampf gegen die El-Khomri Gesetze.


Generalstreik




Préparer la grève général: Solidarité avec la jeunesse et les travailleurs en lutte

Nous, l’organisation internationale communiste REVOLUTION, voulons exprimer notre entière solidarité aux élèves, étudiens et travailleurs en grève dans toute la France. Votre résistance courageuse contre le loi réactionnaire El-Khomri, avancé par la Partie Socialiste et Les Verts, est un exemple pour millions de jeunes en toute l’europe.

Le gouvernement francais veut renforcer l’impérialisme francais dans le cadre européen et international. Ceux qui en vont souffrir sont les travailleurs et la jeunesse francaise et également les gens dans les semi-colonies francaises. Une victoire à l’intérieur pour les capitalistes, aurait pour consequence un comportement encore plus agressif à l’extérieur.

On sait ce qui est en jeu. L’Agenda 2010, un loi lancé par la Partie social-démocrat et les Verts contenait la rognage des droits socials et syndicals. Après l’introduction du loi il y avait une forte augmentation du travail intérimaire et du travail temporaire, une réduction des prestations sociales et le recul de l’organisation dans les syndicats pour millions de travailleurs. La classe ouvrière a énormement souffri de cette reforme, qui a causé une manque de perspective parmi les travailleurs. Il faut empêcher que le même chose se passe en France!

Les grèves dans tout le pays, l’occupation des raffineries et l’éteindre des réacteurs nucléaires, étaient des pas important pour pousser le gouvernement dans une position défensive. La journée nationale d’action du 14 juin, à qui millions de travailleurs avec conscience de classe vont participer, sera aussi un pas important.

Les luttes contre le Contrat première embauche (CPE) en 2006, ont pres’que fait échouer le gouvernement et ont empeché l’introduction du loi réactionnaire. Mais les temps ont changé. Depuis 2007 nous sommes témoins de la plus grand crise du capitalisme depuis la 2ième Guerre Mondiale. Les banques, les trusts et les gouvernement sont encore plus décidés à imposer leurs interêts sur nous, contre notre résistance. Il faut se rendre compte que le gouvernement va introduire le loi El-Khomri, n’importe combien de gens vont participer à la journée d’action du 14 juin.

Il faut se préparer à une confrontation qui rend une grève général permanente inévitable. Nous appelons aux directions des syndicats des Confédérations général du travail, des Force ouvrière, de Solidaires et de l’intersyndicale, de se préparer pour le grève général. Il faut établir des comités de grève dans chaque école, université et enterprise qui peuvent organiser la grève. Chaque rue, chaque quartier ouvrière, chaque usine, doit devenir une bastion de la résistance.

Surtout les bastions de notre lutte – les raffineries, les réacteurs nucléaires les havres, et les trains doivent être defendu par nous. Le gouvernement parle avec la langue fourchue dans cette situation: de l’un côté elle fait des concessions aux travailleurs en grève pour mettre fin à la résistance. De l’autre côté elle a déclaré l’état d’urgence à cause de votre protestation. Mais il y a quand même une bonne nouvelle. Le gouvernement est faible, la Partie Socialiste est divisé en cette question. La légitimité de Francois Hollande est de plus en plus faible. Le loi peut tomber, mais il faut pas savoir peur que le gouvernement tombe aussi. Il faut pas avoir peur d’une victoire de la Front Nationale. La meilleure arme contre le racisme et la politique néolibérale de la FN, est une victoire des travailleurs et de la jeunesse francaise, n’importe de quelle nationalité, contre les lois du gouvernement.

Mais oui, il nous faut une prope réponse. Cette réponse doit être une gouvernement des travailleurs, constitué par les syndicats, les parties de la gauche, qui appuyent la résistance contre les lois, et les comités de grève. Cette gouvernement pourrait mettre un fin aux assauts des capitalistes, et prendre mesures révolutionnaires, mesures vraiment socialistes, pour arrêter la pauvrété, manque de perspectives et guerre dans l’intérieur et dans l’extérieur.

Les gouvernants sont conscientes de cette menace. Pendant les grèves générales de 1968, Charles de Gaulle a consideré d’utiliser le militair comme moyen pour supprimer les travailleurs et la jeunesse en France. Cela est aussi mainteant une réaction possible du gouvernement francais. Les protestations pendant le Printemps Arabe ont montré, que le militair peut être paralysé pour une certaine temps. Mais il est crucial de convaincre les soldats et les attirer à notre côté.

Il semble radical, mais il faut se préparer à tous les actions de l’ennemi. Preparons ensemble les pas suivants de votre résistance.

Les luttes des travailleurs et de la jeunesse francaise ne sont seulement un exemple pour nous. Les résultats seront important pour les luttes de classes en toute l’europe. Une victoire pour eux va renforcer les capitalistes, et va aider les racistes et nationalistes. Une victoire de notre mouvement va renforcer l‘ l’internationalisme et le courage entre la jeunesse, les travailleurs et les pauvres en europe.

Nous, la jeunesse et les jeunes travailleurs, regardons vos luttes. Nous sommes à votre côté dans le lutte juste contre la loi El-Khomri.

Contacte: germany[ät]onesolutionrevolution.de




Frauen und Krise – Rollback in Südeuropa

VON NINA AWARIE


Dass die Arbeiter_Innenklasse in den südeuropäischen Ländern wie Griechenland, Spanien oder Portugal von der Krise und diversen Sparmaßnahmen gebeutelt ist, wird wohl so gut wie jedem klar sein. Allein die Arbeitslosenstatistiken, wie beispielsweise eine Jugendarbeitslosigkeit von 47,9% in Griechenland, 47,7% in Spanien, 39,8% in Italien oder 31,8% in Portugal1 im Jahre 2015, sprechen deutlich für sich. Neben der Verarmung der Jugend wirkt sich die Krise aber auch vor allem auf die proletarischen Frauen aus, die immer mehr verarmen, da sie aufgrund einer sogenannten Rollbackpolitik aus den Arbeitsverhältnissen zurückgedrängt werden und unter einem konservativen Rollenbild leiden.


Die bereits erwähnte unfassbar hohe Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland betrifft vor allem weibliche Jugendliche. So hatten 2013 65% der jungen Griechinnen keine Arbeit, während gleichzeitig, laut dem Athener Bürgermeister, die Zahl der Sexarbeiterinnen um 150% anstieg2. Auch hier ist auffällig, dass die größte Altersgruppe, welche in die Sexarbeit geht, weibliche Jugendliche zwischen 17 und 20 Jahren sind3. Eine Statistik, die die Verzweiflung und Alternativlosigkeit der jungen Arbeiterinnen deutlich macht.


Aber nicht nur in Griechenland sind Frauen von der Krisenpolitik betroffen. Auch in Spanien kommt es derzeit zu einem reaktionären Rollback und Angriffen seitens der Politik auf Errungenschaften der Frauenbewegung. Zwar wurde der Gesetzentwurf, des inzwischen zurückgetretenen Justizminister Ruiz-Gallardón, welcher quasi ein komplettes Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen, außer in Fällen von Vergewaltigung oder einer Gesundheitsgefährdung der angehenden Mutter, einführen wollte, in der ursprünglichen Form gekippt, allerdings gibt es eine deutliche Verschärfung für minderjährige Frauen. Diese dürfen einen Schwangerschaftsabbruch nun nur noch mit dem Einverständnis der Eltern durchführen lassen, und das auch nur in den ersten 14 Wochen der Schwangerschaft. Dies ist ein massiver Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper, der aussagt, dass minderjährige, weibliche Jugendliche kein Recht hätten, über ihre eigene Fruchtbarkeit zu bestimmen. Zudem ist es nur schwer einzuschätzen, ob Ministerpräsident Rajoy bei einem Wahlerfolg der konservativen Partido Popular nicht doch dieses frauenfeindliche Gesetz in Kraft treten lässt, hat er doch schließlich die Reform nicht etwa aus persönlicher Überzeugung zurückgenommen, sondern auf Grund des Drucks der Massenproteste.


Zusätzlich dazu sind gerade in Spanien die Lebensverhältnisse von Frauen mit Kindern sehr prekär. Viele Familien können sich die hohen Kita-Gebühren von durchschnittlich 200-400 Euro, bei Kitas mit privatem Träger oftmals sogar noch mehr, schlicht und einfach nicht mehr leisten. Daraus folgt, dass viele Frauen ihren Job, falls sie noch Arbeit haben, aufgeben müssen, um ihre Kinder zu Hause zu betreuen, da sie neben dem schon existierenden Bild der Hausfrau, die sind, die im Schnitt weniger als der Mann verdienen. Das hat zur Folge, dass, neben der sowieso schon vorhandenen Massenarbeitslosigkeit, 46% der Frauen in Spanien keiner Lohnarbeit nachgehen können4. Das lächerliche „Kindergeld“ von 25 Euro im Monat für besonders arme Familien bringt da auch nichts.


Alles Zufall?


Dies alles ist keine zufällige Entwicklung, sondern das Resultat, der für den Kapitalismus notwendigen Trennung von Produktion und Reproduktion. Für die Verwaltung der Krise und die Abwälzung derer auf den Rücken der Lohnabhängigen, ist es für das Kapital wichtig, die Frauen wieder vermehrt in die Reproduktionsrolle, also die der unentgeltlich arbeitenden Hausfrau und Mutter, zurückzudrängen. So kann das Kapital auf kostenlos reproduzierende Arbeitskraft zurückgreifen und der Staat Einsparungen an den Ansätzen vergesellschafteter Reproduktionsarbeit, wie beispielsweise Kitas, durchführen. So lange es wirtschaftlich einigermaßen gut läuft, werden Frauen, wenn auch für eine niedrigere Bezahlung, in den Produktionsprozess integriert. Sobald das System jedoch in eine Krise gerät, Kapital vernichtet wird und die Arbeitsplätze rar werden, sind es zuerst die Frauen, welche ihre Jobs verlieren oder ihre Arbeitskraft zu noch schlechteren Bedingungen verkaufen müssen.


Den ideologischen Überbau für diese Unterdrückung bilden konservative Ideologen, wie beispielsweise Vertreter_Innen der Kirchen, welche Frauen dann wieder auf ihre angeblich „natürliche“ oder „gottgewollte“ Rolle beschränken. Das zeigt wieder einmal, was für einen Rattenschwanz die kapitalistische Krise hinter sich herzieht. Das Gesicht der Armut und der Prekarisierung ist nämlich oftmals weiblich. Die Verdrängung aus der Produktion bzw. in schlecht bezahlte Teilzeit- und Minijobs, wie es beispielsweise in Deutschland der Fall ist, ist eine Frage, die stetig aufgeworfen werden muss. Klar muss sein, dass die sozialen und sexistischen Angriffe auf Frauen nicht losgelöst von der Systemfrage bekämpft werden können. Deswegen stellen wir die Forderung nach einer proletarischen Frauenbewegung auf, die zusammen mit den Arbeitern international für das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper, die demokratisch geplante Vergesellschaftung von Hausarbeit, die des gleichen Lohnes und gegen jede sexistische Diskriminierung kämpft!




  1. [http://de.statista.com/statistik/daten/studie/74795/umfrage/jugendarbeitslosigkeit-in-europa/]

  2. [https://netzfrauen.org/2013/03/14/die-neue-armut-in-griechenland-hat-ein-weibliches-gesicht/#comments]

  3. [http://www.independent.co.uk/life-style/love-sex/young-women-selling-sex-for-the-price-of-a-sandwich-in-greece-a6751061.html]

  4. [http://www.spanienlive.com/index.php/Kindergarten/spanien-kindergarten-kitas-kosten-kindergeld-kinderbetreuung]


Mein Bauch gehört mir




Antisexismustag in Berlin

We ALL can do it!

REVO Berlin


Am 21.12.2015 fand in Berlin ein Workshoptag zum Thema Sexismus statt, nachdem es Ende November/Anfang Dezember in Leipzig und Kassel ebenfalls Veranstaltungen unter dem Namen “Antisexismustag“ gab. Mit Genoss_Innen aus Leipzig haben wir über den Ursprung des Sexismus diskutiert und uns mit Frauenkämpfen auf internationaler Ebene am Beispiel der kurdischen Frauenorganisation YPJ, der Gulabi Gang in Indien oder einer Hausarbeiter_Innengewerkschaft in Pakistan beschäftigt. Auch haben wir uns mit der Frage „Wie kämpfen wir gegen Sexismus in der Schule, Uni und der eigenen Organisation?“ sowie dem Unterschied zwischen einer proletarischen Frauenbewegung und dem bürgerlichen Feminismus auseinandergesetzt. Unser Fazit des Tages:


Klassenherrschaft und Patriarchat sind untrennbar miteinander verbunden. Nur die Zerschlagung des Kapitalismus kann die Frau letztlich befreien! Für den Aufbau einer proletarischen Frauenbewegung, die die Interessen der Arbeiter_Innen weltweit vertritt!