Schüler_Innen und Lehrer_Innen zusammen: Gemeinsamer Streik für kleinere Klassen!

April 2023, REVOLUTION-Zeitung April/Mai 2023

Besser lernen in kleinen Klassen

Seit über einem Jahr kämpfen die Berliner Lehrer_Innen der Lehrer_Innengewerkschaft „Erziehung und Wissenschaft“ (kurz GEW) in bisher 11 Warnstreiktagen dafür, dass kleinere Klassen in einem Tarifvertrag festgeschrieben werden (Tarifvertrag Gesundheit: kurz TV-G). Noch immer gibt es nicht einmal ein Gesprächsangebot seitens des grünen Berliner Finanzsenators Daniel Wesener. Dabei heißt eine Verkleinerung der Klassengrößen für Lehrkräfte: weniger Stress und Arbeitsbelastung. Für uns heißt das: besser Lernen, mehr Zeit und weniger genervte Burn-Out-Mathelehrer. In kleineren Klassen erleben wir weniger Konkurrenzdruck und bekommen mehr Übungszeit, mehr Ruhe und mehr Aufmerksamkeit. Wer kennt nicht diese krasse Angst vor über 30 Leuten in der Klasse zu sprechen und kann sich vorstellen, wie viel entspannter es sein könnte, wenn da nur die Hälfte sitzt? Viele von uns erinnern sich noch daran, wie angenehm es während der Phase des Wechselunterrichts im Corona-Lockdown war, nur mit der halben Lerngruppe unterrichtet zu werden.

Zuletzt hat die GEW Berlin deshalb 4000 Lehrer_Innen 2 Tage lang auf die Straße gebracht, viele Schulen waren dicht. Schüler_Innen, die bei uns organisiert sind, haben diese Gelegenheit genutzt. Wir sind auf die Streikversammlungen gegangen und haben mit den streikenden Lehrer_Innen über die Perspektive ihres Tarifkampfes und wie wir gemeinsam kämpfen können, diskutiert. Wir haben dazu auch eine Rede auf der Streikdemonstration gehalten. Einige von uns haben auch ein kleines Solidaritätsflugblatt geschrieben und es den Lehrer_Innen ins Fach gelegt. An einer Schule haben wir auf einer Sitzung der Schüler_Innenvertretung eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, dass der Lehrer_Innenstreik von uns Schüler_Innen unterstützt wird. Es gibt also viele Wege, wie wir uns solidarisch zeigen können.

Es geht um mehr!

Bald stehen in Berlin die Abiturprüfungen an und diese drohen die Streikbewegung massiv zu schwächen, denn viele streikende Lehrer_Innen halten dem moralischen Druck nicht stand, „ihre Schülis im Stich zu lassen“. Umso wichtiger ist es, dass wir ihnen zeigen: Macht weiter! Die paar ausgefallenen Stunden sind Nichts im Vergleich zu dieser katastrophalen Situation, die von den Politiker_Innen „Unterricht“ genannt wird und Prüfungen lassen sich auch immer verschieben. Es geht hier um mehr als um einen Tarifvertrag. In ganz Deutschland herrscht ein riesengroßer Personalmangel an den Schulen. Bis 2030 sind über 100.000 Lehrer_Innenstellen unbesetzt. Nun stellt sich die Frage, wer diesen Mangel ausgleichen muss. Ist es der Staat, der endlich mal Geld für Bildung statt für Rüstung in die Hand nimmt und mehr Lehramtsstudiumsplätze schafft, den NC dafür abschafft und die Arbeitsbedingungen an den Schulen verbessert? Oder sind es wir und die Lehrer_Innen, die im Falle der Lehrer_Innen mehr belastet werden und in unserem Fall eine schlechtere (und ungerechtere) Bildung erhalten? Die KMK (die Konferenz der Bildungsminister_Innen aller 16 Bundesländer) fordert zur Bekämpfung des Lehrer_Innenmangels die Klassen zu vergrößern, das wöchentliche Stundendeputat der Lehrer_Innen zu erhöhen, pensionierte Lehrer_Innen aus dem Ruhestand zurückzuhalten und mehr Online-Unterricht einzuführen, damit eine Lehrkraft mehrere Klassen gleichzeitig unterrichten kann. In Sachsen-Anhalt wurden bereits Teile davon umgesetzt. Hier müssen die Lehrer_Innen 1 Unterrichtsstunde mehr unterrichten und der Freitag findet bereits online statt. Auch wird diskutiert, ein paar „unwichtige“ Fächer wie Kunst, Musik, Sport, Politik, Geschichte oder Ethik einfach wegzusparen.

Wie in jedem Tarifkampf geht es also darum, ob sich die Interessen des Kapitals oder der Beschäftigten durchsetzen. Der Widerspruch zwischen den Klasseninteressen wird dabei umso größer, je mehr sich die globale Krise verschärft. Angesichts des Krieges und der Wirtschaftskrise holt das Kapital also überall auf der Welt zum Angriff gegen uns Jugendliche und Lohnabhängige aus. Erst kamen die unzureichenden Einmalzahlungen statt Lohnerhöhungen in der Metall- und Elektroindustrie, dann Lauterbachs miese Krankenhausreform im Gesundheitssektor, dann wird über die Einschränkung des Streikrechts diskutiert und nun kommt die KMK und will, dass Lehrer_Innen und Schüler_Innen die jahrzehntelange Unterfinanzierung des Bildungssystems ausbaden. Es geht bei dem Kampf um den TV-G also zum einen darum, unsere Lernbedingungen ganz konkret zu verbessern, zum anderen aber auch darum, sich der schrittweisen Angriffswelle des Kapitals auf das Bildungs-, Sozial- und Gesundheitswesen zu widersetzen.

Vom Warnstreik zum Erzwingungsstreik zur bundesweiten Streikwelle!

Bisher hat der Berliner Finanzsenator die Forderungen der GEW einfach ignoriert. Auch wenn die Gewerkschaft die Anzahl der Warnstreiktage nun auf 2 hintereinander folgende Tage erhöht hat, wird das noch nicht den nötigen Druck erzeugen, den es braucht, um einen Tarifvertrag zu erkämpfen. Es gibt nur einen Weg zum Erfolg und das ist ein unbefristeter Erzwingungsstreik, so wie es die junge GEW Berlin fordert. Das ist ein Streik, der nicht nur auf einen Tag angelegt ist, sondern so lange dauert, bis das Ziel erreicht ist. Diese Forderung muss in die Streikversammlungen hineingetragen werden, sodass die Gewerkschaftsführung gar nicht mehr anders kann, als eine Urabstimmung über den Erzwingungsstreik einzuleiten. Gleichzeitig muss die GEW, die nicht nur Lehrer_Innen, sondern auch Erzieher_Innen organisiert, auch die Kitabeschäftigten und Sozialarbeiter_Innen zum Streik aufrufen. In ihren Einrichtungen sieht der Betreuungsschlüssel oft noch katastrophaler als in den Schulen aus und sie bekommen sogar noch viel weniger Geld für ihre harte Arbeit. Gemeinsam wird der Druck auf den Berliner Senat unerträglich hoch werden, wenn nicht nur die Schulen, sondern auch Kitas und Jugendclubs dicht sind. Ebenso streikt gerade nicht nur die GEW, sondern es finden auch die Streiks im Öffentlichen Dienst (TV-ÖD) statt. Die Basis der Streikbewegungen muss für gemeinsame Streiktage eintreten.

Doch auch außerhalb Berlins sieht die Situation ähnlich oder sogar noch schlimmer aus. Der Kampf für kleinere Klassen muss deshalb über die Berliner Stadtgrenzen hinausgetragen werden. Außerdem kann der Arbeitgeber_Innenverband der Lehrer_Innen (die „Tarifgemeinschaft der Länder“) dann auch nicht mehr damit drohen, Berlin rauszuschmeißen, wenn auch in anderen Bundesländern gestreikt wird. In Hamburg und Baden-Württemberg haben wir bereits erste Initiativen für Tarifverträge für kleinere Klassen angestoßen. Wenn es im September zur Tarifrunde der Länder (TV-L) kommt, gilt es, die Forderungen nach kleinen Klassen und einem tarifvertraglich geregelten Betreuungs- und Pflegeschlüssel mit in den Tarifvertrag aufzunehmen. Fragt eure Lehrer_Innen, ob sie in der GEW sind, ob sie schon etwas von den 11 Streiks für kleinere Klassen in Berlin gehört haben und ob sie diese Idee nicht auch mal in ihren GEW-Kreis oder -bezirksverband tragen wollen. Diskutiert mit euren Mitschüler_Innen und tragt die Forderung nach kleineren Klassen in eure Schulen!




Arbeitskampf und Klimastreik – One Struggle, One Fight?

Von Stephie Murcatto, April 2023, REVOLUTION-Zeitung April/Mai 2023

Die Klimabewegung ist an einem Wendepunkt angekommen. Die großen Mobilisierungen der Klimabewegung, so wie der Fridays For Future Global Strike, stagnieren seit Corona. Die Partei „die Grünen“ hat sich lange als Verbündete der Proteste präsentiert und ist nun an der Regierung dabei, alles zu verraten, wofür die Klimabewegung einsteht. Viele Aktivist_Innen greifen zu verschiedenen neuen Strategien, um den Klimawandel aufzuhalten. Die „Letzte Generation“ verwendet Straßenblockaden mit dem berühmten Festkleben. End Fossil Occupy besetzte Schulen und Unis. Dazu kam jüngst auch die Abbaggerung Lützeraths, die zwar von massiven kämpferischen Protesten begleitet wurde, aber schlussendlich die Abbaggerung des Dorfs, welches für Jahre als Symbol der Klimabewegung gestanden hat, nicht verhindern konnte. Dennoch ist das 1,5 Grad Ziel in weitere Ferne gerückt und die Proteste blieben gesellschaftlich isoliert. So unterschiedlich die Forderungen und Taktiken von FFF, EG, Letzte Generation, XR usw. auch sein mögen, ähnlich sind sie sich in dem Punkt, dass sie den Staat mit Appellen und der Erzeugung medialer Aufmerksamkeit von der Wichtigkeit der Reduktion von CO2 überzeugen möchten. Dass ihre Aktionsformen viele Menschen mobilisieren können, haben sie bewiesen. Jedoch haben sie auch gezeigt, dass sich die politischen Entscheidungsträger_Innen trotz aller tollen Worte nicht durch symbolische Appelle von ihrer klimaschädlichen Politik abbringen lassen. Wir müssen also aus den letzten 3 Jahren Klimaaktivismus die Bilanz ziehen, dass unsere Bewegung neue Aktionsformen braucht, die über Aufforderungen an die Politiker_Innen und symbolische medienwirksame Aktionen hinausgehen. Das geht unserer Meinung nach nicht mit, sondern nur gegen den Staat.

Der Kampf gegen den Klimawandel ist ein Klassenkampf!

Anstatt also die Politik zu bitten, dieses und jenes zu tun, müssen wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen. Das Mittel dafür stellt die Vergesellschaftung dar: Indem wir Energieproduktion, Verkehr oder Landwirtschaft demokratisch organisieren, kontrollieren und planen, entreißen wir sie der egoistischen und widersprüchlichen Marktlogik und können so ein Wirtschaften, orientiert an unseren Bedürfnissen und der Erhaltung des Planeten anstatt an der Vermehrung von Profiten, umsetzen. Durch unsere aktuelle profitbasierte Wirtschaftsweise können sich Reiche viel besser vor den Auswirkungen des Klimawandels schützen, während wir insbesondere in ärmeren Ländern seinen Folgen schutzlos ausgesetzt sind. Wer wie unter der Klimakrise leidet ist eine Klassenfrage, weshalb wir den Kampf dagegen auch als Klassenkampf verstehen müssen. So müssen wir dafür eintreten, dass die Kosten der Klimakrise nicht auf dem Rücken der Arbeiter_Innen und der Jugend ausgetragen werden (z. B. durch Ökosteuern oder Massenentlassungen in umweltschädlichen Industrien). Wir müssen dafür sorgen, dass die Klimafrage und die soziale Frage nicht gegeneinander ausgespielt, sondern miteinander verbunden werden. Das heißt also, neue Jobs in der Gewinnung regenerativer Energien zu schaffen und durch Umschulungen, höhere Löhne und Arbeitszeitverkürzungen gleichzeitig für bessere Arbeit und ein besseres Klima zu kämpfen. Dafür brauchen wir jedoch auch in der Klimabewegung ein Verständnis für die existenziellen Sorgen und Nöte der Beschäftigten und keine abgehobene Ignoranz, wie sie in der Debatte manchmal vorkommt. Sprüche wie „Sucht euch doch einfach nen‘ Job in nem Öko-Startup!“ helfen da wenig weiter und spiegeln vielmehr die privilegierte Position einiger Aktivist_Innen wider. Doch am letzten FFF Global Strike am 03.03.2023 haben in verschiedenen Orten FFF und die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di gemeinsam gestreikt. Dies stellt einen absolut notwendigen Schritt der Klimabewegung in die richtige Richtung dar!

Was macht die Streiks so besonders?

Bevor wir diese Frage beantworten können, müssen wir erstmal klarstellen, inwiefern ein Streik einen Unterschied dazu darstellt, wie FFF vorher ihre Aktionen gestaltet hat. Auf der Straße mag es nämlich gar nicht so anders aussehen, aber in der Realität ist es ein qualitativer Unterschied zu den vorherigen FFF-Demos, wenn die Gewerkschaften ihre Streiks auf den gleichen Tag legen und sich hinter die Forderungen von FFF stellen. Dieser besteht darin, dass, wenn die Gewerkschaften streiken, ein ökonomischer Druck aufgebaut werden kann. Im Extremfall kann durch einen Generalstreik im wahrsten Sinne des Wortes ein komplettes Land lahmgelegt werden. Keine U-Bahnen fahren, keine Autos werden produziert, du kannst dir nicht bei McDonald‘s nen‘ schönen Cheeseburger kaufen, Amazon liefert nicht und keine Güter werden im Hamburger Hafen entladen. Kurzum: Alles, was den Kapitalismus zum Funktionieren bringt, steht still.

In einer solchen Situation muss man auch nicht mehr an die Regierung appellieren, etwas gegen den Klimawandel zu tun. Zum einen steht sie dadurch unter einem wahrhaftigen Druck zu handeln. Zum anderen entsteht durch Streiks das Bewusstsein unter den Beschäftigten, dass sie selbst es sind, weswegen der gesamte Laden überhaupt laufen kann. Revolutionär_Innen müssen ihnen dann im Zuge der Streiks aufzeigen, dass im nächsten Schritt sie selbst es sind, die demokratischer Kontrolle über die Produktionsmittel übernehmen müssen. So weit sind wir jetzt im Fall des gemeinsamen Streiks von FFF und Ver.di noch nicht. Jedoch ist es ein erster wichtiger gemeinsamer Schritt, dass die Gewerkschaft ihren Warnstreiktag auf das Datum des Klimastreiks gelegt hat, dass in vielen Städten gemeinsam protestiert wurde und ein symbolischer Schulterschluss stattgefunden hat.

Aber welchen Schritt machen wir als nächstes?

Allein dieses Minimum an öffentlicher Solidarität hat in den bürgerlichen Medien schon einen Shitstorm gegen die Gewerkschaft ausgelöst. “Das ist ja politischer Streik!“ hier.. und „das ist doch verboten!“ dort. Um einen politischen Streik handelt es sich hier jedoch (leider) keinesfalls, denn ver.di hat lediglich den Termin für ihren Warnstreik für den Tarifkampf im Öffentlichen Dienst (TV-ÖD) auf denselben Termin wie FFF gelegt, jedoch keine ökologischen Forderungen in den Tarifvertrag mit aufgenommen.

Doch tatsächlich hat Deutschland ein extrem rückschrittliches Streikrecht, in dem politische Streiks verboten sind. Damit macht sich Deutschland zu dem Land, mit dem rückschrittlichsten Streikrecht in ganz Europa – gleich scheiße ist nur der Vatikan. Gewerkschaften in Deutschland dürfen Streiks lediglich als letztes Mittel nutzen, um Druck in Tarifverhandlungen auszuüben. Prinzipiell sind politische Streiks aber nicht von der Verfassung verboten. Es gibt lediglich eine Tradition in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, die Streiks ohne Bezug zu laufenden Tarifverhandlungen häufig mit Einschränkungen und Repression belegt. Politische Streiks sind also trotzdem möglich, wenn die Gewerkschaftsbürokratie dazu bereit wäre. Denn eigentlich ist es auch gar nicht wichtig, ob ein politischer Streik oder gar ein Generalstreik im Einklang mit dem geltenden Recht in Deutschland steht. Die großen Generalstreiks in der Geschichte der Arbeiter_Innenbewegung in Deutschland waren es zumindest auch nicht: Ob die Massenstreiks zur Beendigung des Ersten Weltkrieges, oder der Generalstreik, der die Weimarer Republik vor einem faschistischen Putsch 1920 gerettet hat. Was soll auch so ein Stück Papier gegen die geballte Kraft der Arbeiter_Innenklasse ausrichten? Schließlich hat ein Generalstreik mit Millionen Unterstützer_Innen auch eine viel höhere demokratische Legitimität als irgendein von Juristen konstruiertes Urteil. Die Herrschenden sind dadurch gezwungen, auf die Interessen der streikenden Massen einzugehen und können, sollten sie dies nicht tun, durch weitere Aktionen sogar entmachtet werden.

Die Bürokraten in den Gewerkschaften stehen uns im Weg

Dass heute nicht alle Arbeiter_Innen und Gewerkschaftsmitglieder so Feuer und Flamme für politische Streiks fürs Klima und die Vergesellschaftung der Produktionsmittel eintreten, hat viel mit den desillusionierenden Erfahrungen der Gewerkschaftsbewegung in den letzten Jahrzehnten zu tun. So hat die Gewerkschaftsführung mit ihrer Politik der Sozialpartnerschaft (was so viel wie Kooperation zwischen Kapital und Arbeit anstelle von Klassenkampf heißt) für Vertrauensverlust, Trägheit und Passivität unter den Gewerkschaftsmitgliedern gesorgt. Und das, obwohl Umweltschutz seit dem Entstehen der Arbeiter_Innenbewegung eigentlich immer ein zentrales Thema der Gewerkschaften war. Im Zuge der Sozialpartnerschaft haben die Gewerkschaften dann das Umweltthema und viele andere politische Fragen nach und nach im Aktenschrank der Geschichte verstaut und sich von den Unternehmen aus der Sphäre der Politik drängen lassen, sodass sie sich heute nur noch für Tarifverhandlungen zuständig fühlen. In diesem Aktenschrank müsste sich auch ein Schredder befinden, dem die internationale Solidarität zum Opfer gefallen ist. Mit der Sozialpartnerschaft ging nämlich auch die Entfaltung der nationalistischen Orientierung der Gewerkschaften einher, die den Ausbau Deutschlands zur Exportmacht der Solidarität mit Arbeiter_Innen weltweit vorzieht. Doch da der Kampf gegen die Klimakrise global stattfinden muss, brauchen wir internationale Solidarität statt nationalistischer Spaltung.

Die Gewerkschaftsführungen werden sich vermutlich leider nicht so leicht von unseren Argumenten überzeugen lassen. Das liegt daran, dass sie selber viel zu tief in der Scheiße mit drinstecken und ihre eigenen Privilegien verlieren könnten. Es braucht also aktiv Druck aus der Gewerkschaftsbasis gegen die Führung. Beschäftigte, die bei ver.di organisiert sind, müssen in ihren Betrieben Streikkomitees aufbauen, die wähl- und abwählbare Delegierte in die Streikversammlungen entsenden, und selbst die Kontrolle über den Fortgang des Streiks übernehmen, sowie über weitere Maßnahmen entscheiden. Ebenso darf beispielswiese der aktuelle Kampf für Lohnerhöhungen im Nahverkehr nicht bei einem schlechten Kompromiss mit den Bossen stehenbleiben, sondern muss den Ausbau des Streckennetzes, Solidarität mit Streiks in anderen Branchen und Übergangsforderungen auf die Tagesordnung setzen. In allen für den Kampf gegen den Klimawandel strategisch wichtigen Sektoren, ob in der Autoindustrie, dem Nahverkehr oder der Energieindustrie braucht es eine kämpferische Basisbewegung gegen die verräterische Politik der Gewerkschaftsbürokratie.

Schüler_Innen und Beschäftigte: Schulter an Schulter!

Als Schüler_Innen haben wir leider nur begrenzten Einfluss darauf, was in den Gewerkschaften passiert. Ein erster Schritt wäre es aber zum Beispiel schon einmal, Streikposten zu besuchen und mit den Streikenden in Diskussion zu treten. Was wir außerdem machen können, ist innerhalb der Klimabewegung weiterhin für die Notwendigkeit der Solidarisierung mit Streiks, das Verständnis vom Kampf gegen den Klimawandel als Klassenkampf und die Perspektive von sozial-ökologischen Verbesserungen für alle, statt Verbote und Green New Deal einzutreten. Dafür ist es wichtig, dass wir uns an unseren Schulen organisieren und die Klimafrage vor Ort an unsere Mitschüler_Innen tragen. Gemeinsam können wir diskutieren, welche Probleme an der Schule existieren und wie diese mit dem Klima zusammenhängen. Warum ist zum Beispiel Geld dafür da, dass Bundeswehroffiziere in den Politikunterricht kommen, um fürs Sterben zu werben, während veganes Essen in der Mensa angeblich viel zu teuer ist? Und wer bestimmt in der Schule überhaupt darüber, wie das Geld ausgegeben wird? Wir müssen uns zusammensetzen und diese Fragen diskutieren. Durch Vollversammlungen können wir die gesamte Schüler_Innenschaft erreichen. Dabei können zum Beispiel auch Beschäftigte von ver.di eingeladen werden, um gemeinsam in Diskussion zu treten. Wie ihr eine Vollversammlung an eurer Schule organisieren könnt, erfahrt ihr in einem anderen Artikel („Versammeln wir unsere Mitschüler_Innen gegen die Klimakrise!“) in dieser Zeitung.




Ausbildung für alle?!

Von Lia Malinovski, März 2023

Die Bundesregierung hat diese Woche beschlossen: Es soll jede_r Jugendliche das Recht auf eine Ausbildung bekommen. Sollte man keinen betrieblichen Ausbildungsplatz bekommen und nachweisen können, dass man sich erfolglos beworben hat, soll es die Möglichkeit auf eine außerbetriebliche Ausbildung geben.

Was wurde beschlossen?

Es wurde ein neues Gesetz beschlossen, laut dem alle Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben, das Recht auf eine außerbetriebliche Ausbildung bekommen sollen. Dabei ist die Dauer zwischen 24 und 42 Monaten. Die Ausbildung soll mit einem vollqualifizierenden und formell gleichwertigen Berufsabschluss enden. Das Gesetz soll am 01. August 2024 in Kraft treten. Es soll für alle jungen Menschen gelten, die nachweisen, dass sie sich erfolglos beworben haben, in der Berufsberatung waren, vom Jobcenter nicht in eine betriebliche Ausbildung vermittelt werden konnten und in Regionen leben, in denen es zu wenig Ausbildungsplätze gibt. Die DGB-Jugend wertet das Gesetz als Erfolg der Gewerkschaft, kritisiert aber auch, dass es nicht ausreichend ist und fordert den Ausbau von Ausbildungsstätten.

Wie stehen Marxist_Innen dazu?

Erst einmal muss gesagt werden, dass wir es natürlich unterstützen, wenn Jugendliche das Recht auf eine Ausbildung haben. Dieses Recht muss verteidigt und ausgebaut werden. Doch was kann aus diesem Gesetz folgen? Das ist schwierig abzuschätzen. Denkbar ist aber, dass es zu einem Abbau an betrieblichen Ausbildungsmöglichkeiten kommt, da diese teuer für Betriebe sind und wenn der Staat sie eh bezahlt, wieso sollte man dann selber ausbilden? Eine Frage, die nicht geklärt ist, ist die Frage nach dem Gehalt. Ausbildungsgehälter sind viel zu niedrig und haben einen Mindestlohn von 6€ statt den regulären 12.  Aber viele, besonders schulische Ausbildungen, bezahlen ihre Azubis gar nicht erst. Wie es bei der außerbetrieblichen Ausbildung hier aussieht, steht nicht fest. Wir müssen aber dafür einstehen, dass die Ausbildung bezahlt wird und die Löhne weiter angehoben werden!

Ansonsten schließen wir uns dem DGB an, mit der Forderung nach mehr betrieblichen Ausbildungen. Zwar sagt der Bundesarbeitsminister, dass die betriebliche Ausbildung weiterhin die Regel sein soll, ob das sich so bewahrheitet steht zur Debatte. Anstatt außerbetriebliche Ausbildungen zu fördern, müssen betriebliche Ausbildungen ausgebaut werden und die Löhne angehoben werden!

Wir fordern also:

  • Nein zum Abbau von Lehrstellen in Betrieben! Für mehr Lehrstellen mit Facharbeiter_Innenabschluss!
  • Umwandlung von Berufsvorbereitungsmaßnahmen, Berufsgrundschuljahren und allen Sondermaßnahmen in Lehrstellen!
  • Keine Arbeit unter Tarif! Für die gewerkschaftliche Organisierung aller Jugendlichen!
  • Gegen Jugendarbeitslosigkeit! Für Ausbildungen für alle Jugendliche!
  • Für die Aufnahme in die Gewerkschaften von arbeitslosen Jugendlichen!
  • Für die Anpassung der Löhne an die Inflation, kontrolliert durch Ausschüsse der Arbeiter_Innen und Auszubildenden!



Frankreich: Generalstreik gegen die „Rentenreform“! Nieder mit Macron und der antidemokratischen Fünften Republik!

Von Marc Lasalle, ein französischer Genosse der Liga für die 5. Internationale.

Seit zwei Monaten wird Frankreich von Streiks und Protesten gegen den Versuch, das Rentenalter zu erhöhen, erschüttert. Doch nun ist die Krise in eine neue Phase eingetreten.

Nach monatelangen Verhandlungen, in denen versucht wurde, die Stimmen der Abgeordneten des rechten Flügels der Republikaner_Innen zu kaufen, konnte die Regierung immer noch keine Mehrheit erlangen – ein Zeichen für den Druck, den die Massen auf alle Abgeordneten ausübten.

Präsident Emmanuel Macron berief sich daraufhin auf Artikel 49.3 der Verfassung, der es ihm erlaubt, das Parlament zu übergehen und Gesetze zu verabschieden, ohne dass es eine Mehrheit unter den Abgeordneten gibt, geschweige denn ein Mandat des Volkes.

Unsere Antwort: Widerstand!

Dieser ungeheuerliche Eingriff in die Demokratie löste mehr als eine Woche lang eine neue Serie nächtlicher Proteste aus. In diesen Kämpfen mit den Sicherheitskräften stehen immer mehr junge Menschen an vorderster Front: Sie lassen sich nicht ihrer demokratischen Rechte berauben!

An den Arbeitsplätzen fällt das Tempo des Kampfes uneinheitlich aus. Einige Sektoren wie die Eisenbahnen, die Energiewirtschaft, die Docks und die Müllabfuhr werden seit Wochen bestreikt. Auf den Straßen von Paris türmen sich 10.000 Tonnen Müll. Die Häfen von Marseille und Rouen sind blockiert, ebenso wie mehrere Raffinerien. Die Benzinknappheit ist im Süden des Landes sehr groß und weitet sich unaufhaltsam auf das ganze Land aus.

Der gestrige Aktionstag am 23. März brachte 3,5 Millionen Arbeiter_Innen mit hunderten Demonstrationen auf die Straße. Die Erfahrung der letzten Wochen zeigt jedoch, dass selbst eine Mobilisierung dieses Ausmaßes nicht ausreicht, um die Regierung zum Rückzug zu zwingen, geschweige denn, um sie vollständig abzusetzen, was die notwendige Voraussetzung für die Aufhebung des Gesetzes und eine angemessene Bestrafung für ihre Missachtung der Demokratie wäre.

Alle Gewerkschaftsverbände erklärten, sie würden das Land im März zum Stillstand bringen. Die Realität sieht jedoch bislang anders aus. Einige gut organisierte Sektoren führen zwar beharrliche Streiks durch, die jeden Morgen in Betriebsversammlungen abgestimmt werden, aber es gibt keine generelle Arbeitsniederlegung. An den Aktionstagen (9 seit Januar) werden Millionen auf die Straße gebracht, aber die Zahl der Streikenden außerhalb dieser Tage ist eher gering.

Misere der Gewerkschaftsbürokratie

Was ist hier los? Die Gewerkschaftsführer_Innen haben ihre Glaubwürdigkeit in diesem Kampf aufs Spiel gesetzt – sie können heute nicht einfach nachgeben oder sich zurückziehen. Aber sie wollen auch nicht über die aktuelle Strategie hinausgehen. Da die Rentenreform nach allgemeiner und richtiger Auffassung den Lohnabhängigen zwei Jahre ihres Ruhestands vorenthält, würde eine Niederlage bedeuten, dass sie zugeben müssten, dass sie nicht in der Lage sind, die bestehenden Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter_Innen zu verteidigen, geschweige denn für Verbesserungen zu kämpfen.

Doch trotz des hohen Einsatzes weigern sich die Gewerkschaften, zu einem Generalstreik aufzurufen. Sie bestehen auf Blockaden, auf Verallgemeinerungen, aber sie haben nicht dazu aufgerufen, dass alle organisiert und gemeinsam das Land in einem unbefristeten politischen Streik lahmlegen. Der Grund dafür ist einfach: Die Zahl der gewerkschaftlich Organisierten in Frankreich ist gering, weniger als 10 Prozent. Die Führungen ziehen es daher vor, gut kontrollierte Streiks in einigen strategischen Sektoren mit „Aktionstagen“ für alle anderen zu kombinieren. Sie ziehen diese konkreten Aktionen einem unbefristeten Generalstreik vor, der zwangsläufig die Organisation alternativer lokaler, regionaler und nationaler Führungen zur Koordinierung erfordern würde. Angesichts eines politischen Kampfes, der eine politische Aktion in gleichem Umfang erfordert, sind die Gewerkschaftsspitzen unschlüssig und verhalten sich zu dieser Aufgabe passiv. Doch dies ist eine Strategie der Niederlage.

Viele Arbeiter_Innen betrachten die Gewerkschaftsführer_Innen immer noch als die legitime Führung, auch weil die Gewerkschaftsfront (die Intersyndicale) bislang geschlossen bleibt und die Reden der Führer_Innen einen radikalen Ton anschlagen. Doch bevor Macron ein Misstrauensvotum knapp überstand, war die Zahl der Streikenden rückläufig. Das hat sich nach dem 16. März zwar wieder geändert. Aber ohne einen ernsthaften Tempo- und Richtungswechsel wird sich nach einiger Zeit wieder dasselbe Problem stellen.

Wie muss es jetzt weitergehen?

Deshalb müssen wir den Schwung des aktuellen Kampfes nutzen. Dieser ist noch nicht vorbei, er ist vielmehr in eine entscheidende Phase getreten. Die nächsten Tage und Wochen werden von größter Bedeutung sein. Die Entschlossenheit der Streikenden, kombiniert mit der noch zu entfesselnden Kampfbereitschaft der Massen, ist unermesslich stärker als die Regierung und ihre Polizei. Die Jugend nimmt den Kampf auf: Universitäten in Paris und Toulouse sind besetzt. Überall versuchen Aktivist_Innen, die Betriebe zu vernetzen, Streikkomitees zu bilden und für einen Generalstreik zu werben.

Das jüngste Interview von Macron, das von einer ungezügelten Verachtung für die Lohnabhängigen geprägt war, hat die Situation noch zugespitzt. Die Gewalt der Polizei und die Forderungen der Minister_Innen nach einem harten Durchgreifen gegen die Demonstrant_Innen verstärken den Hass der Bevölkerung auf die Regierung nur noch. Millionen von Menschen fühlen, dass Demokratie und Gerechtigkeit auf ihrer Seite sind.

Der Generalstreik ist der einzig mögliche Schritt. In jedem Betrieb sollten die Aktivist_Innen die Führung übernehmen und ihre Kolleg_Innen davon überzeugen, die Streiks auszuweiten, die Profitmaschine zu stoppen und die öffentlichen Dienste zu schließen. Generalversammlungen und Streikkomitees in den Betrieben sollten die Führung übernehmen und Aktionsräte bilden, die regional und national vernetzt sind, um die Verallgemeinerung von Streiks zu organisieren.

Dieser Kampf geht über die Renten hinaus. Auf Macrons Umgehung des Parlaments kann es nur eine Antwort geben: einen Generalstreik, um die Rentenreform zu stoppen, um Macron zu stürzen und vor allem, um die 5. Republik und ihre bonapartistische Verfassung zu Fall zu bringen.

Macron wird nicht der erste Tyrann sein, der von den französischen Arbeiter_Innen auf der Straße besiegt wird. Aber er könnte der letzte sein, wenn die französische Arbeiter_Innenklasse sich auf eine Endabrechnung mit dem Kapitalismus vorbereitet.




Streiks im ÖPNV: Für eine sozialistische Verkehrswende!

Von Yorick F., aus der REVOLUTION-Zeitung April/Mai 2023

FFF und ver.di gemeinsam im Streik

Am 3. März fand der Tag des Globalen Klimastreiks von Fridays For Future statt, der in diesem Jahr aktiv mit den Arbeitskämpfen im öffentlichen Personennahverkehr verbunden wurde.

Am selben Tag hatte die Gewerkschaft ver.di bundesweit in mehr als 250 Orten zum Streik aufgerufen. Nicht nur stand der Verkehr an diesem Tag größtenteils still, auch die Beschäftigten solidarisierten sich durch eine Teilnahme an den Demonstrationen mit den Klimaaktivist_Innen, welche im Gegenzug Streikposten besuchten. Gemeinsam unterstützten sie mit ihnen ihre Forderungen nach einem Festgeld von 500€ und einer Lohnerhöhung von 10,5% als Ausgleich für die weiterhin wütende Inflation, sowie einen massiven Ausbau des ÖPNVs. Auch mit Beschäftigten aus der Automobilindustrie wurde gestreikt, so in Zwickau wo gemeinsam mit den Beschäftigten des Automobilzulieferers GKN für ihre Tarifforderungen gestritten wurde. Das Echo auf diesen erneut aufkommenden Schulterschluss zwischen Klimabewegung und Gewerkschaften blieb nicht aus: So bezeichnete der Vorsitzende der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) Steffen Kampeter diesen als „gefährliche Grenzüberschreitung“. Wir sagen: Wenn sich prominente Vertreter_Innen des Kapitals besorgt zeigen, ist das ein gutes Zeichen! Auch dass sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Tag des Klimastreiks für einen weiteren Ausbau der Autobahn ausgesprochen hat, zeigt, dass diese Entwicklungen mehr als notwendig sind. Die Klimabewegung muss jetzt weiterhin in der notwendigen Frage der Verkehrswende zeigen, dass die ökonomische Not der Beschäftigten ihr nicht egal ist und dass die Interessen der Arbeiter_Innen auch ihre sind.

Die Rolle des Verkehrs für den Klimaschutz

Die Frage der Mobilität ist für den Kampf gegen die Zerstörung unseres Planeten eine sehr zentrale. So hat allein der individuelle Personenverkehr im Jahr 2019 fast 18% der durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe entstandener Treibhausgase verursacht. Die Frage ist zusätzlich brisant, da die Autoindustrie weltweit einer der größten Wirtschaftssektoren, in Deutschland, gemessen am Umsatz, sogar der bedeutendste ist. So gilt das Auto spätestens seit dem sog. „Wirtschaftswunder“ unter Ludwig Erhard als Symbol der deutschen Industrie und des gesellschaftlichen Fortschritt. Dass dies mit Nichten der Fall ist beweisen nicht nur die CO2-Bilanzen, sondern vor allem auch die enorme Ineffizienz des Autos. Private PKWs stehen die meiste Zeit nur herum und haben pro Insass_In einen desaströsen Kraftstoffverbrauch (etwa in Vergleich zu einem Zug/Bus etc.). Dennoch sind viele, besonders in ländlichen Regionen, unmittelbar auf das Auto angewiesen, wenn in entlegenen Regionen der Bus nur alle 2 Stunden kommt und man dann fast 5 Euro für eine Fahrt zahlt. Da ist es kein Wunder, dass in Deutschland über 48 Millionen private PKWs fahren (stand Januar 2022).

Die Verkehrswende muss antikapitalistisch sein!

Dass dieser Zustand ein Problem ist, zeigt sich auch daran, dass selbst Parteien, die mit Klimaschutz nicht einmal offiziell etwas am Hut haben, wie die CDU, das Thema Verkehrswende floskelhaft ansprechen. Dabei muss uns als RevolutionärInnen klar sein, dass diese und auch die Versprechen der Grünen nichts weiter als leere Worte sind. Spätestens seit Lützerath ist klar, dass die Interessen großer Konzerne von ihnen über den Erhalt unserer Lebensgrundlage gestellt werden. Die Verkehrswende ist für uns vor allem eine gesellschaftliche Frage: Die aktuelle Ordnung des Verkehrs ist Produkt der gesellschaftlichen Verhältnisse, welchen er zu dienen hat. Zwar erkennen die Herrschenden zumindest floskelhaft die Notwendigkeit einer Transformierung des Verkehrs an, werden aber nie in der Lage zu sein, diese ausreichend umzusetzen, da sich ihre Vorstellung von Umweltschutz und Nachhaltigkeit immer unter die eigenen wirtschaftlichen Interessen unterordnen muss. Deshalb muss die Mobilitätsfrage ein integraler Bestandteil unseres antikapitalistischen Kampfes sein. Die Verbindung der Klimabewegung und der Gewerkschaften ist dafür ein unbedingt notwendiger Schritt, der u.a. gemeinsam mit den Beschäftigten der Automobilindustrie, wie des ÖPNVs gegangen werden muss.

Durch die Streikbereitschaft im Öffentlichen Dienst können auch andere Beschäftigte besonders in Industrien mit traditionell recht hohen Organisierungsraten, wie etwa der Automobilindustrie, weiter für den Kampf um die Verkehrswende und damit für den Sozialismus und gegen den Klimawandel gewonnen werden. Hierfür müssen wir als RevolutionärInnen in der Klimabewegung Kämpfe weiter zusammenführen und für fortschrittliche sozialistische Positionen innerhalb der Gewerkschaften sowie der Klimabewegung einstehen, denn ihre Führung ist nicht willens, diesen Weg in seinem vollen notwendigen Ausmaß mit zu gehen. Dies müssen wir mit dem Ziel tun, gemeinsam mit Aktivist_Innen der Klimabewegung und den Beschäftigten in den Gewerkschaften des Verkehrs, sowie der Automobilindustrie, ein revolutionäres Programm aufzustellen, um gemeinsam für dieses zu kämpfen.

  • Enteignung der Verkehrsbetriebe und nachhaltige Umstrukturierung unter Kontrolle der Beschäftigten! Kostenlose Umschulungsmaßnahmen in klimaschädlichen Wirtschaftszeigen durch Organe der Arbeiter_Innenbewegung!
  • Kostenloser ÖPNV für alle!
  • Umsetzung aller Forderungen der Streikenden! Für einen massiven Ausbau des ÖPNVs, höhere Löhne und mehr Personal!



OnlyFans – Sexarbeit ohne Zwänge?

von Meret MartowaArtikel aus der FIGHT 2023, unserer Zeitung gemeinsam mit der Gruppe Arbeiter:innenmacht (und anderen Sektionen der LFI) zum 8. März 2023

Ein paar Bilder hochladen und schnell reich werden? So stellen sich viele die Arbeit von Sexarbeiter:innen auf OnlyFans vor. Doch ist es wirklich so einfach? Und bringt OnlyFans eine Demokratisierung der Pornobranche mit sich? Das wollen wir im Folgenden klären.

Was ist OnlyFans?

OnlyFans existiert seit 2016 und ist eine Internetseite, auf der vor allem erotische und pornografische Bilder und Videos von einzelnen Creator:innen hochgeladen werden. Theoretisch kann aber auch jeder Inhalt draufgestellt werden. Der starke Fokus auf sexualisierte Inhalte kam durch den Einstieg vom Haupteigentümer der Website MyFreeCams.com, Leonid Radvinsky, der 2018 rund 75 % von OnlyFans aufkaufte und damit die Ausrichtung der Seite nachhaltig veränderte. Die Inhalte werden zum Beispiel auf der Instagramseite der darstellenden Personen beworben und dann kostenpflichtig in Form eines Monatsabos, auf „Pay per view“-Basis oder in privaten Chats auf OnlyFans bereitgestellt. Dabei tummeln sich auf der Plattform neben Stars der Pornobranche auch Influencer:innen und viele, die es  werden wollen. Sie stellt quasi einen niedrigschwelligen Eintritt in die Sexarbeit dar. Während der Coronapandemie erlebte OnlyFans einen enormen Zuwachs, den sie trotz aufkommender und bestehender Konkurrenz wie BestFans, Patreon oder auch Pornhub noch ausbauen konnte.

Wachstumsspritze Pandemie

Waren es vor dem weltweiten Beginn der Coronapandemie mit ihren Ausgangsbeschränkungen und anderen sozialen Einschränkungen im März 2020 noch etwa 62 Millionen Besuche auf der Website, verdoppelte sich die Zahl im April 2020 bereits auf ca. 117 Millionen Besucher:innen. Die Konsument:innen sind dabei überwiegend Männer (Schätzung similarweb.com: 79,77 % männlich) aus den „westlichen“ imperialistischen Zentren im Alter von 18 bis 34 Jahren. Inzwischen halten sich die Besucher:innenzahlen recht konstant bei über 300 Millionen pro Monat (similarweb.com: Jan 2023, 346 Millionen Visits) und damit ist OnlyFans unter den Top 50 der meist besuchtesten Websites der Welt. So ist auch möglich, dass der Eigentümer von OnlyFans monatlich eine Dividende (= Gewinnbeteiligung der Aktionär:innen) von 45 Millionen US-Dollar auszahlen lassen soll. Doch wie kann ein Typ so viel Geld auszahlen?

Das geht hier durch die Ausbeutung von rund 1,5 Millionen Creator:innen der Plattform. Denn das Geld, welches die Konsument:innen bezahlen, geht dabei nicht allein an diese. 20 % der Einnahmen beansprucht OnlyFans für sich. Bisher gibt es keine einsehbaren Statistiken über die Demographie der Creator:innen. Sie können individuelle Sexarbeiter:innen sein, die quasi selbstständig sind und sich selbst um Vermarktung, Produktion, Auswahl der Konsument:innen und anderes  kümmern. Es kann sich aber auch um Agenturen und Pornohersteller:innen handeln, bei denen es u. a. auch durch Zwangsprostitution zur Erstellung der pornographischen Inhalte kommt.

Konkurrenz zum traditionellen Angebot?

Es zeichnet sich aber nicht ab, dass OnlyFans anderen Pornoseiten wie Pornhub den Rang abläuft. XVideos und Pornhub liegen mit ihren kostenfreien pornographischen Inhalten weit vorne in der Kategorie der „Erwachsenen“-Websites und kommen von aller besuchten Seiten sogar unter die ersten 15 im Ranking. So hatte etwa XVideos weltweit ca. 3 Milliarden Besucher:innen allein im Januar 2023! Was man schon mal festhalten kann, OnlyFans ist dennoch enorm etabliert und erwirtschaftet viel Kohle auf Kosten von oft jungen Sexarbeiter:innen, egal ob durch eigene Entscheidung, ökonomischen Zwang oder sogar Zwangsprostitution.  Das führt uns zur Frage: Hilft OnlyFans, den Pornographiemarkt zu demokratisieren?

Bessere Bedingungen?

OnlyFans hat seine Beliebtheit bei eigenständigen Sexarbeiter:innen dadurch erlangt, dass es zum einen überhaupt möglich gewesen ist, pornografische Inhalte hochzuladen, und zum anderen die zu zahlende Provision relativ gering ist. Ebenso bietet die „eigene Vermarktung“ die Möglichkeit, klarer eigene Vorlieben und Interessen in den Vordergrund zu stellen. Das ist auch einer der Gründe, warum OF teilweise einen feministischen Anstrich hat. Dabei muss klar gesagt werden: Creator:innen, die bereits berühmt sind oder zumindest über eine andere Plattform wie Instagram eine gewisse Anzahl von Follower:innen besitzen, haben es wesentlich leichter. Denn das eine ist es, die Inhalte für OnlyFans zu generieren. Das andere ist es, Nutzer:innen zu finden, die beständig zahlen. Es ist also entgegen der Vorstellung vieler nicht einfach, schnell „ein paar Bilder hochladen“, sondern bedeutet auch, regelmäßig auf anderen Kanälen aktiv zu sein und sich eine Community aufzubauen. In dem Sinne es nicht groß anders als andere Influencertätigkeiten.

Gleichzeitig sind die Chancen für Erfolg – oder ein stetiges Nebeneinkommen –  davon abhängig, wie man sich vermarktet – und damit eben auch abhängig vom existierenden gesellschaftlichen Bewusstsein. Klar, kann sich jede/r so geben, wie er/sie will und Sexarbeiter:innen, die bestimmte Nischen abdecken, haben es leichter, sich zu vermarkten und Abnehmer:innen zu finden, vor allem, da man sich weltweit vermarkten kann. Leichter werden es dennoch jene haben, die in das vorherrschende, weiße Schönheitsideal passen und OnlyFans wird dies nicht ändern.

Die Darsteller:innen, die nicht anderweitig angestellt sind, werden letzten Endes zu Scheinselbstständigen – und abhängig von der Plattform selbst. Diese ist jedoch gar nicht so frei, wie sie sich gerne gibt. So gab es im August 2022 kurzzeitig die Meldung, dass die Plattform alle pornographischen Inhalte bannen wollen würde, da Mastercard & Co die weitere Zusammenarbeit aufkündigen wollten. Darüber hinaus gibt es eine Liste mit ca. 150 Wörtern, die weder in Beschreibungstexten noch privaten Nachrichten benutzt werden dürfen. Eingeführt wurde diese Maßnahme, um sicherzustellen, dass die Richtlinien der Seite eingehalten werden und bspw. Kinderpornographie verhindert wird. Deswegen sind Wörter wie Kind, minderjährig oder „meet“ (eng. „sich treffen) nicht verfügbar. Aber eben auch „AdmireMe“, eine alternative Bezahlseite für sexuelle Dienstleistungen, oder Worte wie „menstruieren“ oder „Cervix“. Sieht man sich die ganze Liste an, so erscheint es als plumper Versuch, mittels künstlicher Intelligenz Grenzüberschreitungen zu verhindern. Diese kann einfach umgangen werden durch Synonyme oder alternative Schreibweisen, während es gleichzeitig eine Einschränkung gibt, wie über Sexualität geredet wird.

Zusammengefasst heißt das: Ja, insbesondere für bessergestellte Schichten von Sexarbeiter:innen stellt OnlyFans eine Verbesserung dar und hat es geschafft, während der Pandemie ein Angebot zu schaffen, der Arbeit trotzdem nachzugehen. Man sollte die Plattform jedoch nicht zur Selbstbefreiungsmöglichkeit erklären. Denn letzten Endes ist sie eine sehr stark individualisierte Lösung, die die prekären Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter:innen weiter manifestiert. Denn was passiert im Krankheitsfall oder bei Übergriffen? Wer kontrolliert das, was gezeigt und gesagt wird?

Was braucht es also?

Statt dass Eigentümer und Aktionär:innen von OnlyFans massiv Kohle  auf dem Rücken der Creator:innen scheffeln, braucht es die Enteignung von OnlyFans unter Kontrolle der Beschäftigten. Um dies umzusetzen – nicht nur für OnlyFans, sondern auch für die gesamte Erotikbranche – braucht es eine Gewerkschaft, die deren Interessen in der Branche vertritt sowie eine politische Vertretung darüber hinaus. So können die Probleme in der Branche effektiv angegangen werden:

1. Die effektivsten Maßnahmen gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel sind nicht etwa das Verbot von Sexarbeit, Prostitution oder Pornographie. Es sind offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle, sowie ein Mindesteinkommen gekoppelt an die Inflation.

2. Gegen Übergriffe seitens sexistischer Freier (die auch im digitalen Raum stattfinden können) oder den Druck von Zuhältern braucht es Meldestellen unabhängig von der Polizei sowie demokratisch organisierte Selbstverteidigungsstrukturen von Sexarbeiter:innen und der Arbeiter:innenbewegung.

3. Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und Berufsfreiheit statt Opferrolle! Statt Stigmatisierung, Ausgrenzung und Kriminalisierung seitens des Staates werden flächendeckende, kostenlose und anonyme gesundheitliche Vorsorgeuntersuchungen sowie kostenlose psychologische Angebote benötigt!

4. Statt Flatratebordellen und Preisdumping bedarf es der Kontrolle der Beschäftigten selber:  Mindestlohn ist das Minimum. Darüber hinaus sollte es Preiskontrollkomitees durch die Beschäftigten geben. Ebenso bedarf es Komitees, bei denen Unterdrückte durch Rassismus, Sexismus oder LGBTIA+-Diskriminierung miteinbezogen werden, um einen Umgang mit diskriminierenden Darstellungen zu finden!

Doch wie gehen wir als Marxist:innen mit Sexarbeit generell um?

Einige Teile des liberalen Feminismus werfen die These in den Raum, dass Sexarbeit grundsätzlich „empowernd“, selbstermächtigend sei, während Teile des Radikalfeminismus die Ansicht vertreten, dass jede Sexarbeit Zwangsprostitution wäre, das Patriarchat direkt unterstützen würde und somit zu unterbinden sei. Beide Annahmen ignorieren die Realität von Sexarbeitenden. Denn natürlich ist sie nicht grundsätzlich empowernd, nur weil sich die Person freiwillig dazu entscheidet und der ökonomische Zwang ignoriert wird. Grundsätzlich sind im Kapitalismus überhaupt keine Lohnarbeit und Form der Ausbeutung selbstermächtigend. Auf der anderen Seite ist auch nicht jede Form der Sexarbeit Zwangsprostitution, nur weil ökonomischer Druck herrscht, die eigene Arbeitskraft zu verkaufen. Denn das trifft im Kapitalismus auf alle zu, die der Arbeiter:innenklasse angehören, und ist etwas, das sie auszeichnet. Das nennt man auch den „doppelt freien Charakter der Ware Arbeitskraft“. Man ist frei, seine Arbeitskraft zu verkaufen – oder eben auch frei zu verhungern.

Als Marxist:innen muss uns bewusst sein, dass es unterschiedliche Formen der Tätigkeiten innerhalb der Branche gibt, die – wie sonst in der Gesellschaft auch – von Klassen geprägt sind. Dabei muss klar gesagt werden, dass nur kleiner Teil der in dem Bereich Arbeitenden sich die Beschäftigung ausgesucht hat. Meist haben sie auch andere Berufsabschlüsse, theoretisch die Möglichkeit, Freier abzulehnen, und einen kleinbürgerlichen Hintergrund.

Weltweit gesehen kommt der Großteil hingegen durch Zwangsverhältnisse in die Branche. Doch wie bereits oben aufgeführt, wird sich ihre Stellung nicht dadurch ändern, indem man Verbote ausspricht.  Es ist notwendig, den Personen, welche unter dem ökonomischen Zwang und den teilweise sehr schlechten Arbeitsbedingungen leiden, eine Möglichkeit zu bieten, ohne größere Probleme auszusteigen. Dahingehend müssen wir uns für kostenfreie und seriöse Beratungsstellen und bezahlte Umschulungen, für Aus- und Weiterbildungen sowie für berufliche Alternativen einsetzen. Nur wenn der ökonomische Zwang und die Illegalisierung entfallen, können Ausstieg und Umschulung eine attraktive reale Option werden. Ansonsten bleiben sie eine schöne, aber letztlich leere Versprechung.

Langfristig muss das Ziel von Marxist:innen darin bestehen, die materielle gesellschaftliche Basis umzugestalten und somit die ökonomischen Zwänge zu zerstören, die Menschen dazu nötigen, sexuellen Dienstleistungen aufgrund von Gewalt oder Not nachzugehen. Da Prostitution und Sexarbeit Ergebnis der patriarchalen, kapitalistischen Gesellschaft sind, lassen sie sich auch nicht so ohne weiteres abschaffen. Der Kampf gegen Zwangsprostitution muss deswegen über die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen gehen.  Dementsprechend ist es natürlich auch nötig, eine Massenbewegung aufzubauen, in welcher Sexarbeiter:innen Seite an Seite mit allen Unterdrückten gemeinsam für das Ende von Kapitalismus und Patriarchat kämpfen können, ohne stigmatisiert zu werden.




Pflegenotstand in Österreich

von Aventina Holzer,  Artikel aus der FIGHT 2023, unserer Zeitung gemeinsam mit der Gruppe Arbeiter:innenmacht (und anderen Sektionen der LFI) zum 8. März 2023

Österreich ist ein Land, das nicht unbedingt für seine Arbeitskämpfe berühmt ist. Aber die drohende Krise und speziell die Covidpandemie mit ihren Auswirkungen für den Reproduktionssektor haben vermehrt dazu geführt.

Speziell in der Pandemie wurde viel Aufmerksamkeit auf die Pflege und andere Krankenhausmitarbeiter:innen gelegt, die unter sehr schwierigen Arbeitsbedingungen essenzielle Tätigkeiten verrichten. Neben diesen wurde auf den Pflegenotstand aufmerksam gemacht. So werden bis 2030 76.000 zusätzliche Arbeitskräfte gebraucht sowie bessere Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie gefordert. Es gibt momentan auch Kampagnen, die verlangen, dass Pflege als Schwerstarbeit kategorisiert wird, um die tatsächlichen Auswirkungen der Arbeit aufzuzeigen.

Die Wiener Partei LINKS, in der die Genoss:innen des Arbeiter*innenstandpunkts aktiv sind, hat zur Unterstützung dieser Arbeitskämpfe eine Kampagne gestartet, in der versucht wird, die Situation in der Pflege im Spital mit der der häuslichen zu verbinden und aufzuzeigen, was hier alles falsch läuft.

Das sind aber nicht die einzigen Aktivitäten im Reproduktionsbereich in Österreich. Im letzten Jahr streikten Elementar- und Freizeitpädagog:innen mehrmals, um gegen Personalmangel, fehlende Ressourcen und Gelder für Erziehung und die schlechte Bezahlung anzukämpfen. Die Forderungen richten sich auch konkret an die türkis-grüne Regierung. Die korrupte, türkise und rechtskonservative Volkspartei steht schon seit Jahren auf Kriegsfuß mit der öffentlich-staatlichen Förderung von Bildung. Die Grünen opfern ihre Versprechen dem Erhalt ihre Regierungssitze. Bemerkenswert ist, dass die Streiks ausstrahlten und immer mehr Sektoren und zusammenhängende Bereiche gemeinsam in den Ausstand treten.

So fand am 8. November 2022 ein Streiktag der Sozialwirtschaft Österreich statt, wo von der Pflege bis hin zur Nachmittagsbetreuung viele Arbeiter:innen des sozialen (und reproduktiven) Bereichs auf die Straße gegangen sind und bessere Kollektivvertragsabschlüsse gefordert haben. Von den geforderten 15 % wurden 8 % zugestanden. Angesichts einer Inflationsrate von 8,6 % im Jahr 2022 bleibt dieser Abschluss jedoch unter der aktuellen Preissteigerung. Es kommt daher nicht nur darauf an, weiter die Kämpfe auf die Straße zu bringen und sie miteinander zu verbinden. Notwendig ist ein politischer, unbefristeter Massenstreik für die automatische Anpassung der Löhne und Gehälter, der Renten und anderen Transferleistungen an die Preissteigerung – kontrolliert von demokratisch gewählten Ausschüssen der Beschäftigten.




Wie weiter im Kampf für mehr Personal im Krankenhaus- und Gesundheitsbereich?

von Helga Müller, Artikel aus der FIGHT 2023, unserer Zeitung gemeinsam mit der Gruppe Arbeiter:innenmacht (und anderen Sektionen der LFI) zum 8. März 2023

Nachdem innerhalb eines Jahres – 2021 in Berlin bei Charité und Vivantes und 2022 bei den 6 Unikliniken in NRW – Tarifverträge für Entlastung durch wochenlange Durchsetzungsstreiks erreicht werden konnten, ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen und sich Gedanken zu machen, wie der Kampf für mehr Personal bundesweit erfolgreich weitergeführt werden kann. Auch wenn beide Kämpfe zu einem erfolgreichen Abschluss kamen mit der Durchsetzung von Tarifverträgen für Entlastung – in NRW ein gemeinsamer Tarifvertrag für alle 6 Unikliniken –, sind weder an diesen Krankenhäusern bereits die Stellen besetzt noch die fehlenden bundesweit im Pflegebereich und den übrigen Abteilungen durchgesetzt.

Die Errungenschaften der beiden Krankenhausbewegungen

1. Erfolgreiche Mobilisierungen der Belegschaften und Einbeziehung dieser in die Entscheidungen über ihre Forderungen:

Die Kolleg:innen der verschiedenen Abteilungen wurden aktiv in die Aufstellung der Forderungen pro Abteilung und Schicht einbezogen, sie haben selbst darüber diskutiert und entschieden, mit Hilfe von Teamdelegierten. Damit verbunden war eine aktive und erfolgreiche Mitgliederwerbung, was zu einen höheren Organisationsgrad führte. Dadurch wurden wochenlange Durchsetzungsstreik möglich.

2. Einbeziehung aller Kolleg:innen aller Abteilungen in den Kampf und die Aufstellung der Forderungen:

Vor allem in NRW wurden auch die Bereiche außerhalb der Pflege – wie Krankentransport, IT, Rettungssanitäter:innen etc. – in die Aufstellung der Forderungen und den Kampf dafür einbezogen.

3. Ansätze einer demokratischen Streikführung:

Vor allem in der Krankenhausbewegung Berlinhaben die Aktivist:innen dafür gesorgt, dass aktive Kolleg:innen aus den Abteilungen in die Tarifkommission entsandt wurden und jeder Schritt mit den Teamdelegierten besprochen wurde. In NRW wurde das Ergebnis auf Streikversammlungen in den 6 Unikliniken zur Diskussion gestellt und abgestimmt. Es wurde, außer in Düsseldorf, mehrheitlich angenommen. Zum anderen hatte sich die Tarifkommission – freiwillig – dazu bereit erklärt, erst zuzustimmen, wenn bei der Urabstimmung über das Ergebnis auch die Mehrheit einwilligt. Die magere Zustimmung von 73,58 % in NRW im Vergleich zu über 96 % in Berlin zeigt, dass die Kolleg:innen sich selbst Gedanken über das Ergebnis gemacht haben und sich nicht allein auf die Zustimmung der Tarifkommission verließen.

Dies alles wurde von den Kolleg:innen selbst durchgesetzt. Weder von den Organizer:innen noch von den ver.di-Verantwortlichen war vorgesehen, die Teamdelegierten oder den Delegiertenrat der 200 der 6 Unikliniken in NRW als Kontroll- und Entscheidungsorgane über den Streikverlauf und die Tarifkommission einzusetzen. Letzten Endes lag die Entscheidung über die Fortführung des Kampfes und über die Annahme des Abschlusses  – zumindest in Berlin – bei der Tarifkommission und den ver.di-Verantwortlichen.

4. Solidaritätsaktionen durch die arbeitende Bevölkerung und öffentliche Kundgebungen der Streikenden:

In beiden Krankenhausbewegungen wurden Treffen mit Initiativen und Kolleg:innen aus Betrieben or-ganisiert. Am weitestgehenden waren die gemeinsamen Solidaritätsaktionen in Berlin: Dort wurden vor allem gemeinsame Aktionen mit der Kampagne „Deutsche Wohnen enteignen“ organisiert, aber auch mit den im Streik befindlichen Kurier:innen von Gorillas. Teilweise kam es auch zu gemeinsamen Soliaktionen mit Kolleg:innen aus einzelnen Betrieben. Aber weder vom DGB noch von anderen DGB-Gewerkschaften gab es den Willen, gemeinsame Soliaktionen zu organisieren. In Berlin und NRW organisierten die Kolleg:innen große und machtvolle Kundgebungen und Demos.

5. Nachhaltigkeit: von den Teamdelegierten zum Aufbau fester Strukturen und Organe:

Zumindest in Berlin gab es die Aussage, von Aktivist:innen aus den Teamdelegiertenstrukturen auch systematische und kontinuierliche Gremien wie ver.di-Betriebsgruppen und Vertrauensleutekörper aufzubauen. Das wäre ein Fortschritt, da damit nicht immer wieder zu Beginn eines Arbeitskampfes neue Strukturen zur Mobilisierungen geschaffen werden müssten.

Doch was hat gefehlt? Was sind die Konsequenzen für die Fortführung eines erfolgreichen Kampfes für mehr Personal daraus?

Was hat gefehlt?

1. Fehlende Kontrolle über den Kampfverlauf und über die Abstimmung des Ergebnisses:

Es gab zwar Fortschritte bzgl. der Transparenz über die Verhandlungen (s. Punkt 3 oben), aber letzten Endes hatten immer noch die ver.di-Verantwortlichen die Kontrolle über Streikverlauf und das Ergebnis. Deswegen braucht es klare Strukturen/Organe, die den Kolleg:innen gegenüber rechenschaftspflichtig und jederzeit abwählbar sein müssen.

Dafür würde sich ein Streikkomitee, wie es an der Uniklinik Essen im Kampf um den TVE aufgebaut wurde, anbieten. Dieses wurde aus von den Kolleg:innen gewählten Delegierten aus den verschiedenen Abteilungen gebildet. Die Delegierten waren direkt den Kolleg:innen gegenüber rechenschaftspflichtig und konnten jederzeit neu gewählt werden. Dieses Komitee hatte sich zur Aufgabe gestellt, den Diskussionsprozess unter den Kolleg:innen über die Zwischenverhandlungsergebnisse und den Fortgang des Kampfes zu organisieren. Dafür wurden Streikversammlungen einberufen, auf denen die Kolleg:innen über den Zwischenstand der Verhandlungen der Tarifkommission (TK) informiert wurden und sie auch darüber entschieden, ob diese zu akzeptieren sind oder der Streik weitergeführt werden muss. In dieser Phase hatten sie tatsächlich die Entscheidung über ihren Kampf um mehr Personal unter ihrer Kontrolle. Und im Voraus wurde mit der TK vereinbart – wohlgemerkt, eine freiwillige Vereinbarung der TK mit dem Streikkomitee (!) –, keine Entscheidung ohne Diskussion unter den Kolleg:innen zu fällen. Auch die gewählten Teamdelegierten würden sich dafür anbieten, ein solches Streikkomitee zu bilden, aber die oben aufgeführten Bedingungen müssten auch hier konsequent angewendet werden. Aber von Seiten des ver.di-Apparates waren die Teamdelegierten nie als Organ oder Struktur vorgesehen gewesen, damit die Kolleg:innen wirklich über ihren Kampf selber entscheiden können, sondern eher als Element, sie überhaupt mobilisieren zu können, durchaus, indem sie über ihre Forderungen selber diskutieren und entscheiden konnten. Auch die Organizer:innen haben dem politisch nichts entgegengesetzt. Diese Teamdelegierten sind sicherlich ein demokratisches Element, was auch gezeigt hat, dass die Kolleg:innen selbst am besten wissen, welcher Personalschlüssel und welche anderen Bedingungen nötig sind, um eine gute Gesundheitsversorgung zu realisieren. Das war durchaus ein demokratisches Element, mit dessen Hilfe sie auch tatsächlich für mehrwöchige Durchsetzungsstreiks mobilisiert werden konnten. Diese Errungenschaften wären auch Vorbild für permanente Vertrauensleutestrukturen, die auch nach dem Streik weiter existieren und sich die Aufgabe stellen, mit den Kolleg:innen in Diskussion zu bleiben und im Falle eines Streiks wieder dafür zu sorgen, dass sie nicht nur über die Forderungen, sondern auch über den Kampf diskutieren und entscheiden können.

2. Kontrolle über die Sanktionen bei Nichteinhaltung der Regelungen aus dem TVE:

Beide TVE enthalten die Regelung, Punkte zu sammeln, wenn Schichten unterbesetzt arbeiten. Ab einer bestimmten Punktezahl (gestaffelt) soll ein Freizeitausgleich erfolgen. Die Hoffnung dabei: dadurch würde ökonomischer Druck auf die Klinikleitungen ausgeübt, um neue Kolleg:innen einzustellen. Doch zum einen zögern diese – wie bei Vivantes in Berlin, in NRW erhalten sie 1 ½ Jahre Zeit, um eine entsprechende Software einzuführen – die Umsetzung dieses Punktesystems hinaus. Zum anderen kann diese Verfahrensweise auch dazu führen, dass es zum Aufbau von Langzeitarbeitszeitkonten missbraucht wird, ohne dass es zu einem sofortigen Freizeitausgleich kommt. Damit verpufft die Wirkung. Die Kolleg:innen selbst – dafür würden sich die Teamdelegierten bzw. der Delegiertenrat anbieten – müssen über die Sanktionen entscheiden können, wenn die Regelungen nicht eingehalten werden: wie Bettensperrungen, Nichteinbestellung von Patient:innen, Verschiebung von nicht sofort notwendigen OPs etc. Diese hatten schon während der Streikphase – sofern keine Notdienstvereinbarungen zustande kamen – selbst entschieden, wann wie viele Betten gesperrt oder Patient:innen einbestellt werden.

Vor Einführung der Punkteregelung in den TVE waren u. a. solche Maßregeln vorgesehen. Die Entscheidung darüber lag aber bei den Pflegedienstleitungen, die letzten Endes der Klinikleitung gegenüber rechenschaftspflichtig sind und nicht den Kolleg:innen. Aber es sind Letztere selbst, die ein ernsthaftes Interesse daran haben, dass sich die Arbeitsbedingungen ändern müssen. Deswegen müssen sie die Entscheidungen über Sanktionen in den Händen halten.

3. Bundesweiter Kampf aller Kliniken für mehr Personal statt Häuserkampf:

Der TVE in NRW wurde in einem 79-tägigen Durchsetzungsstreik aller 6 Unikliniken durchgesetzt. Das ist der richtige Weg, um mehr Schlagkraft gegenüber den Klinikleitungen zu entwickeln. Alle Kliniken – egal ob privatwirtschaftlich organisiert oder noch unter kommunaler oder Landesverwaltung stehend – müssen von ver.di gemeinsam in den Kampf für mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen geführt werden. Dafür würde sich die Tarifrunde im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen anbieten: Alle Kolleg:innen aus den kommunalen Krankenhäusern sind zu Streiks aufgerufen zusammen mit denen aus dem Erziehungsbereich, die auch seit Jahren unter Personalmangel leiden. Die Aktivist:innen aus den beiden Krankenhausbewegungen, die Veranstaltungen organisieren und ein persönliches Netzwerk aufbauen, könnten zu einer bundesweiten Konferenz aller Kolleg:innen aus dem Gesundheitsbereich aufrufen und dort über weitere Schritte für einen erfolgreichen Kampf für mehr Personal bundesweit diskutieren und entscheiden.

4. Notwendigkeit eines gesamtgesellschaftlichen Kampfes gegen Privatisierung und DRGs – bis hin zum politischen Streik:

Alle Erfahrungen aus den bisherigen Kämpfen für Entlastung zeigen: Das Hauptproblem liegt in der Finanzierung des Gesundheitssystems. Solange die DRGs, die nicht die Gesamtkosten einer Behandlung refinanzieren, existieren, solange im Gesundheitssektor – durch die Privatisierungen – das oberste Gebot die Profitlogik ist, wird sich an der Pflegemisere und Stellensituation in den Krankenhäusern nichts ändern!

Deswegen:

  • Abschaffung der Fallpauschalen!
  • Für eine Refinanzierung, die die gesamten Behandlungskosten umfasst.!
  • Rekommunalisierung und Verstaatlichung aller privatisierten Kliniken unter Kontrolle der Beschäftigten und Patient:innen, die ein Interesse an guten Arbeitsbedingungen und guten Gesundheitsversorgung haben.

Dafür braucht es eine gesellschaftliche Kraft: das Personal aus den Krankenhäusern zusammen mit dem in den Betrieben, die ein Interesses an einer guten, flächendeckenden Gesundheitsversorgung haben, gemeinsam für die Abschaffung der DRGs, Wiederverstaatlichung privatisierter Kliniken unter Kontrolle der Beschäftigten und der Patient:innen kämpfen. Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die sich die DGB-Gewerkschaften gemeinsam auf die Fahne schreiben und dafür mobilisieren müssen bis hin zum politischen Streik!

  • Tarifrunde öffentlicher Dienst – Bund/Kommunen nutzen, um Strukturen aufzubauen, mit denen für ausreichend Personal und gute Arbeitsbedingungen gekämpft werden kann!

Leider hat ver.di davor zurückgeschreckt, diese Tarifrunde auch für den Kampf für mehr Personal zu nutzen. Dabei hätte man eine Verbindung über den Gesundheitsbereich hinaus organisieren können, denn die GEW-Kolleg:innen aus Berlin streiken bereits seit mehreren Wochen für einen Gesundheits-Tarifvertrag mit der Hauptforderung nach kleineren Klassen, weil auch hier der Personalnotstand eklatant ist. Die Bedingungen dafür wären gut: zum einen hatten die Beschäftigten aus den Unikliniken in NRW es allen praktisch vor Augen geführt, dass ein konsequenter gemeinsamer Kampf für mehr Personal erfolgreich in einem Tarifvertrag enden kann. Zum anderen sind gerade in dieser Tarifrunde alle Kolleg:innen aus den kommunalen Krankenhäusern zu Arbeitskampfmaßnahmen aufgerufen. Diese könnten zusammen mit Erzieher:innen und Lehrer:innen für insgesamt mehr Personal streiken verbunden mit einer Bezahlung, die auch tatsächlich die Preissteigerungen auffängt! Das erweitert die Durchsetzungskraft und wäre sicherlich für viele Kolleg:innen noch ein zusätzlicher Motivationsfaktor gewesen, sich in dieser Tarifrunde an Arbeitskampfmaßnahmen zu beteiligen. Es ist jetzt nötig, dass die Kolleg:innen in den verschiedenen gewerkschaftlichen Strukturen, seien es Vertrauensleute, Betriebsgruppen oder neu aufzubauende gewerkschaftliche Organe oder auch in lokalen Gremien, von den ver.di-Verantwortlichen verlangen, auch die Frage des Personalnotstandes bundesweit anzugehen! Dafür sind bundesweite Streiks für einen Flächentarifvertrag Entlastung und eine Kampagne gegen Privatisierung, Abschaffung der Profitlogik in der öffentlichen Daseinsvorsorge, wozu ja der ganze Gesundheitsbereich gehört, und für ein Ende des gesamten Fallpauschalensystems und für die Refinanzierung der realen Behandlungskosten nötig. Dies brauchen wir mehr denn je, da  durch die Pandemie und der dadurch angefallenen Versorgung vieler Schwerkranker auf Intensivstationen viele kommunale Krankenhäuser in eine finanzielle Schieflache gebracht wurden. Doch ändert auch die Lauterbach’sche „Revolution“ nichts am Fallpauschalensystem. Im Gegenteil! Die angestrebte verstärkte Ambulantisierung der Gesundheitsversorgung wird unwillkürlich zu einem weiteren Krankenhaussterben beitragen. Das Mindeste, was in dieser Tarifrunde passieren muss, und das ist nicht allein die Verantwortung der gewerkschaftlich Aktiven im Betrieb oder auf lokaler Ebene, sondern eben auch aller Gewerkschaftssekretär:innen, ist, dafür zu sorgen, dass funktionierende gewerkschaftliche Basisorgane in den Betrieben entstehen, die die Kolleg:innen nicht als Manövriermasse verstehen, sondern als aktive Kämpfer:innen für bessere Arbeitsbedingungen und die tatsächlich Änderungen durchsetzen können.

Damit dies wirklich umgesetzt wird, ist es nötig, eine politische Kraft in ver.di, aber auch allen anderen Gewerkschaften zu organisieren. Diese muss sich bewusst gegen den Anpassungskurs der Gewerkschaftsführungen an die Interessen des Kapitals und der Regierenden stellen und sich zum Ziel setzen, die Gewerkschaften wieder zu handelnden Verteidigungsinstrumenten der gesamten Klasse umzukrempeln. Unserer Meinung nach sind die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) und ihre lokalen Strukturen im Moment das beste Mittel dazu, um darüber zu diskutieren und Konsequenzen fürs Handeln daraus zu ziehen (siehe auch unter: www.vernetzung.org).




Britannien: Klassenkampf gegen die Krise des Gesundheitswesens

von Andy Yorke, Artikel aus der FIGHT 2023, unserer Zeitung gemeinsam mit der Gruppe Arbeiter:innenmacht (und anderen Sektionen der LFI) zum 8. März 2023

Der Winter ist da und mit ihm die bisher schwerste Krise des Gesundheitssystems. Trotz der Atempause nach der Covidpandemie im Jahr 2022 erreichten die Wartelisten im Dezember einen neuen Rekord von 7,2 Millionen, mit bis zu 500 zusätzlichen Todesfällen pro Woche als Folge von Verzögerungen.

Eine Rekordzahl von Patient:innen wartete über 12 Stunden auf eine Behandlung in der Notaufnahme. Daher herrschte weithin Ungläubigkeit, als der Sprecher der konservativen Sunak-Regierung bestritt, dass es sich bei dieser „beispiellosen Herausforderung“ um eine Krise handele, und behauptete: „Wir sind zuversichtlich, dass wir den Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) mit den erforderlichen Mitteln ausstatten“. So versuchte er, die Krise auf die Pandemie zu schieben.

Doch diese begann lange davor. Das jährliche Wachstum der Ausgaben von 6 % im Gesundheitswesen unter der letzten Labour-Regierung wurde durch die Sparmaßnahmen auf weniger als 1,8 % gesenkt. Das Vereinigte Königreich liegt bei der Bettenzahl pro Kopf weit unter dem internationalen Durchschnitt, selbst im Vergleich zu ärmeren Ländern, und weist seit 2010 eine dauerhaft zu niedrige Zahl freier Betten auf. Das Ziel, die durchschnittliche Belegung auf 18 Patient:innen pro Woche und Bett zu erhöhen, wurde seit 2016 nicht mehr erreicht.

In der Winterkrise 2017 war der NHS gezwungen, Zehntausende von Operationen abzusagen. Im Jahr 2022 lag die Zahl bei 350.000, also fast tausend pro Tag! Schon vor der Pandemie warteten 8.270 Patient:innen in der Notaufnahme im Jahr 2019 mehr als 12 Stunden auf eine Behandlung (ein Sechsfaches gegenüber 2015). Die Krise des Gesundheitssystems wird durch die des unterfinanzierten, überwiegend privaten Sozialfürsorgesektors noch verschärft.

Das Scheitern des NHS

Der Schlüssel zum Verständnis der Krise sind unzureichende Finanzierung und Personalmangel. Die Zahl der unbesetzten Stellen für medizinisches Personal und die Wartelisten sind parallel angestiegen. Jede Regierung der britischen Konservativen (Tories) führt eine weitere schmerzhafte Umstrukturierung durch, doch trotz der Forderungen der Gewerkschaften und der Britischen Medizinischen Vereinigung nach transparenten Personalbewertungen hat keine Regierung seit 2003 eine nationale Personalstrategie für den Gesundheitssektor vorgelegt. Stattdessen verlassen sich die Tories auf „Lückenbüßer:innen“, d. h. den privaten Sektor, Leiharbeitsagenturen mit Aushilfskräften für die Krankenhäuser.

46.000 unbesetzte Stellen für Krankenschwestern und -pfleger (11,7 % der Belegschaft) zeigen den Zusammenhang zwischen der Unterfinanzierung von Seiten der Tories und Privatisierung. In einem Teufelskreis verlassen nun tausende Pflegekräfte den NHS aufgrund von Überlastung, Stress und sinkender Bezahlung. Ihr Streik setzt einen ersten Schritt, um diese von den Konservativen verursachte Katastrophe rückgängig zu machen.

Die Regierung Sunak nutzt die Krise wie alle ihre Tory-Vorgänger:innen, um die Privatisierung weiter voranzutreiben. Sie umgeht Gespräche mit den Gewerkschaften und setzt die Covidpolitik fort, private Krankenhäuser und Pflegeheime für Betten zu bezahlen, was den öffentlichen Gesundheitsdienst bis zu eine Milliarde Pfund kostet.

Für die Tories blockieren Krankenhäuser weitere Privatisierungen. Deshalb sind die Pläne, 150 psychiatrische Behandlungszentren zu bauen und Patient:innen von den Notaufnahmen fernzuhalten, Teil des Vorhabens, die Gesundheitsversorgung in die Wohnviertel zu verlegen und den NHS zu zerschlagen.

Die Tories wollen nicht mehr Krankenpfleger:innen finanzieren, sind aber sehr darum besorgt, den NHS immer wieder umzustrukturieren, um mehr Profit herauszuholen. Bei der jüngsten Umstrukturierung wurden 42 integrierte Pflegegremien für den NHS England eingerichtet. Diese sind Teil des Ansatzes der Tories, den NHS zu fragmentieren und den Zugang für private Unternehmen auf jeder Ebene, einschließlich der Auftragsvergabe und Planung, zu verbessern.

In der Zwischenzeit schloss eine halbe Million Menschen im Jahr 2022 eine private Krankenversicherung ab, und viele weitere bezahlten für eine private Behandlung, mit der sie die Warteschlange des staatlichen Gesundheitsdienstes praktisch überspringen konnten und eine Untersuchung oder Operation beim selben Arzt/bei derselben Ärztin im gleichen Krankenhaus erhielten, von der ihnen gesagt worden war, dass sie erst in einigen Monaten verfügbar wäre!

Wird Labour das Gesundheitswesen retten?

Viele setzten ihre Hoffnungen auf Labour. Doch die New-Labour-Regierung verband die Aufstockung der Mittel mit Kürzungen bei Betten und Personal und einer weiteren Öffnung des staatlichen Gesundheitsdienstes für die Privatisierung. Labour-Vorsitzender Keir Starmer verspricht, dass seine Regierung die Mittel aufstocken wird, aber „Investitionen allein nicht ausreichen“. Das bedeutet noch mehr Umstrukturierungen und eine größere Rolle für den privaten Sektor.

In Wirklichkeit wird die Wiedereinführung des Spitzensteuersatzes von 45 Prozent nicht annähernd ausreichen, um das schwarze Loch in der Finanzierung des staatlichen Gesundheitsdiensts zu stopfen, und es gibt keinen Plan, um die Schäden von vier Jahrzehnten Marktwirtschaft und Privatisierung rückgängig zu machen. Schlimmer noch, die Lösung des Schattengesundheitsministers besteht darin, den privaten Sektor zu nutzen, um die Wartelisten zu verkürzen.

Ein siegreicher Streik der Krankenschwestern und -pfleger erfordert nicht nur das Festhalten an einer voll finanzierten realen Gehaltserhöhung, sondern hängt von der Gründung einer Massenbewegung zur Verteidigung des staatlichen Gesundheitswesens und dem Kampf für den Ausbau des öffentlichen Dienstes ab, der durch die Besteuerung der Reichen finanziert wird. Dies ist der erfolgversprechendste Weg, um sicherzustellen, dass die Beschäftigten und Nutzer:innen des NHS in der Lage sind, Labour dazu zu bringen, ihn wirklich zu verteidigen.

Streikwelle geht weiter

In einer historischen Premiere haben sich die Krankenschwestern und -pfleger der Gewerkschaft RCN (Royal College of Nursing; Britanniens größte Gewerkschaft und Berufskörperschaft für Pflegende), die bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit getrieben wurden, der Streikwelle gegen die Lebenshaltungskostenkrise angeschlossen. Und trotz der Versuche der Medien, die öffentliche Missbilligung auszutesten, erhalten sie massive Unterstützung. Eine Million Mal werden Patient:innen alle 36 Stunden im öffentlichen Gesundheitsdienst behandelt, und sie sind dem hart arbeitenden Personal in überwältigender Weise dankbar und unterstützen es.

Jahrelang sinkende Reallöhne (um mehr als 20 % seit 2010), unterbesetzte und chaotische Stationen, die nur mit Überstunden arbeiten, und der unerbittliche Druck der Covid- und Grippewinterepidemien haben viele Krankenpflegekräfte veranlasst, trotz der Ängste um ihre Patient:innen zu streiken. Weit davon entfernt, den Patient:innen zu schaden, wie in den Medien behauptet wird, scheint ein Arbeitskampf für viele die einzige Möglichkeit zu sein, nicht nur die Löhne zu erhöhen, sondern auch mehr Personal anzuwerben und das staatliche Gesundheitssystem zu retten. Es gibt über 132.000 unbesetzte Stellen.

Erstmals schließen sich auch die Krankenwagenfahrer:innen der Gewerkschaften GMB (National Union of General and Municipal Workers) sowie Unison und Unite (zwei weitere Gewerkschaften im öffentlichen und privaten Dienstleistungssektor) und außerdem Physiotherapeut:innen, Hebammen und Röntgenassistent:innen dem Kampf gegen die sinkenden Löhne an. Bei der Urabstimmung der gewerkschaftlichen medizinischen Vereinigung BMA von 45.000 Ärzt:innen in der Ausbildung über eine beleidigende Gehaltserhöhung von 2 % in diesem Jahr wird wahrscheinlich mit „Ja“ für eine Aktion gestimmt werden. Mit einer für März geplanten 72-stündigen Arbeitsniederlegung werden sich noch mehr Ärzt:innen dem Kampf für Gehalt und Finanzierung anschließen. Am 6. Februar fand der bisher größte Streik im Gesundheitswesen statt, bei dem Krankenschwestern und -pfleger, Sanitäter:innen und andere Beschäftigte die Arbeit niederlegten.

Organisiert die Basis!

Die Beschäftigten müssen Einigkeit, Koordinierung und eskalierende Maßnahmen fordern. GMB- und Unison-Ambulanzbeschäftigte streiken bisher zumeist getrennt. Das RCN lässt verschiedene Sektionen von Krankenpersonal an unterschiedlichen Tagen streiken. In Schottland und Wales haben die Gewerkschaften ihre Streiks für Gespräche mit den (dezentralen) Regionalregierungen ausgesetzt.

Belegschaftsversammlungen zur Bildung von Delegiertenausschüssen in und zwischen Krankenhäusern und weiteren Einrichtungen (z. B. ausgelagerten, privatisierten Abteilungen) sind der Schlüssel zum Erfolg der Streiks. Diese können die Entschlossenheit stärken, diejenigen unterstützen, die noch an der Urabstimmung teilnehmen, und auf weitere Maßnahmen drängen, um den Konflikt zu kontrollieren.




TVöD: der 8. März als Streiktag?

von Anne Moll/Resa Ludivien, Artikel aus der FIGHT 2023, unserer Zeitung gemeinsam mit der Gruppe Arbeiter:innenmacht (und anderen Sektionen der LFI) zum 8. März 2023

Abgesehen von Berlin ist in keinem anderen Bundesland der Frauenkampftag ein Feiertag. Und zu feiern gibt’s auch nicht viel, schaut man sich die derzeitige TVöD-Runde an. Ein prädestinierter Streiktag also?

Was aus Clara Zetkins Frauentag wurde

Historisch gesehen ging es beim Kampf um die Gleichberechtigung der Frauen zuerst um das Wahlrecht, um das gleiche Recht, sich zu organisieren und Gewerkschafts- wie Parteimitglied zu werden, um Zugang zur Universität, Gesundheitsschutz der arbeitenden Frauen und um das Recht, über den eigenen Körper zu bestimmen. Doch der Versuch seiner Vereinnahmung und Entpolitisierung ist auch nichts Neues. Immer wieder wird deutlich, dass die bürgerlichen Frauen, aber auch die Gewerkschaftsführung andere Forderungen im Sinn haben als Frauen aus der Arbeiter:innenklasse.

So versuchten 1994 Frauen in Stuttgart, den DGB von einem Frauenstreiktag zu überzeugen, bei dem auf die ungleiche Bezahlung und Doppelbelastung aufmerksam gemacht werden sollte. Trotz der Versuche des Vorstandes, die Aktionen als „Streittag“ zu verharmlosen, kam es zur Besetzung einer Kreuzung sowie zum Teil einer Teilnahme während der Arbeitszeit, sprich zu einem Streik. Anhand dieses Beispiels wird deutlich, wie viel Mitverantwortung die Entschlossenheit der Basis trägt. Auch 29 Jahre später hat sich an der Situation von Frauen nur wenig geändert.

TVöD-Runde Bund und Kommunen: Wer streikt und was ist bis jetzt passiert?

Der 8. März 2023 fällt in Deutschland in eine spannende Zeit: Tarifauseinandersetzungen bei öffentlichen Betrieben, der Post, kommunalen Busunternehmen, im öffentlichen Dienst (TVöD-Runde), Streiks bei den Lehrer:innen in Berlin sind einige Beispiele dafür. Wir leben in Zeiten der Inflation. Sollten die geforderten 10,5 % durchgesetzt werden können, dann würden sie die aktuelle Preissteigerung wenigstens ausgleichen. Mindestens 500 Euro würden, vor allem für die Niedriglohngruppen, tatsächlich eine große Änderung bewirken und eine wichtige Signalwirkung ausstrahlen.

Das betrifft 1,6 Millionen Menschen, die nach TVöD bezahlt werden, d. h. diejenigen, die im öffentlichen Dienst bei Bund und Gemeinden tätig sind. Das sind beispielsweise Arbeiter:innen in kommunalen Kitas, in Altenpflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern. Es gab viel Applaus, dass sie während der Pandemie weitergearbeitet haben, viele schöne Worte von Politiker:innen, dass sich die Arbeitssituation für Pflege- und Erziehungsberufe verbessern muss. Passiert ist bisher wenig. Gleichzeitig existiert ein Vorbild, wie erfolgreiche Streiks aussehen können: 2021 und 2022 erkämpfte die nordrhein-westfälische Krankenhausbewegung in wochenlangen Streiks den Tarifvertrag Entlastung.

Federführend für die derzeitige Verhandlungsrunde innerhalb des DGB ist ver.di. Die Mobilisierung läuft bereits seit letztem Jahr in Form von Mitgliederversammlungen und Vorbereitungen in den Betrieben. In Gewerkschaftskreisen hatte man zeitweise den 8. März ins Auge gefasst, um zu streiken. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass es sich um Bereiche handelt, in denen sehr viele Frauen arbeiten. Neben einer dauerhaften Überlastung und Unterfinanzierung dieser Sektoren sind Frauen und Migrant:innen strukturell schlechter bezahlt oder gar ohne Tarifverträge outgesourct – in Zeiten der Inflation ein tägliches Spiel mit dem Feuer.

Schaut man sich die Bereiche, zu denen auch Reinigung oder Behörden zählen, nochmal genauer an, so verwundert es nicht, dass zu den ursprünglichen Forderungen der Beschäftigten auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen gehörte. Dazu zählen „utopische“ Wünsche wie Arbeitszeitverkürzung oder mehr Urlaub bei Dauerschichtdienst. Doch das war den Gewerkschaften zu heiß. Der 8. März als Streiktag ist auch weg vom Fenster und man konnte sich im Oktober lediglich auf einen versöhnlichen Forderungskatalog einigen, welcher sich lediglich auf die Löhne bezieht. Ebenso offensichtlich ist die gezielte Schwächung des Streikes durch eine Teilmobilisierung. Warum alle zusammen mobilisieren, wenn man auch nur einzelne Sektoren wie die BSR (Stadtreinigung) in Berlin aufrufen kann? Und das mit dem Wissen, dass die Kolleg:innen am Limit sind, alles immer teurer wird, sodass sogar Butter, geschweige denn Gas- oder Mietpreise ein Luxusprodukt darstellen. Und das, nachdem nach Corona vor allem im Krankenhaus viele mit dem Gedanken spielen, ganz auszusteigen, und die Arbeit„geber“:innenseite auch diese niedlichen Forderungen noch herunterhandeln wird. Das ist Politik gegen die Arbeiter:innenklasse!

Frage dich mal, was deine Gewerkschaft für dich tun kann

Am 24.01.2023 fand die erste Verhandlungsrunde zum TVöD statt. Eine der Teilnehmer:innen aufseiten der Arbeit„geber“:innen war Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Diese hat wieder einmal gezeigt, dass diese sich zwar auf ihre „guten alten Zeiten“ als Arbeiter:innenpartei stützt, aber keineswegs Politik für die Arbeiter:innenklasse betreibt. Ergebnis: nächste Runde, denn es gab nichts zu „verhandeln“. Dafür hätten die Gemeinden und Kommunen ein Angebot unterbreiten müssen. Besonders interessant ist, dass die minimalen Forderungen der Gewerkschaften zu hoch und unrealistisch angesichts leerer Kassen ausfallen sollen. Doch wo bleiben dann Forderungen nach einem höheren Spitzensteuersatz, sodass endlich mal die Reichen für die Krise bezahlen?

Diese Argumentation hat nicht nur etwas mit der aktuellen Situation zu tun: Sie hat System. Es gibt nur eine Möglichkeit, diesem zu entrinnen, nämlich, indem die Warn- in unbefristete Erzwingungsstreiks überführt werden. Daneben müssen Demonstrationen organisiert und Solidaritätsbündnisse geschlossen werden. Unsere Aufgabe als klassenkämpferische Gewerkschafter:innen und Revolutionär:innen liegt darin, dies voranzutreiben, Druck auf die Gewerkschaftsführung auszuüben, die Kämpfe zusammenzuführen und unter Kontrolle demokratisch gewählter, den Mitgliedern verantwortlicher Streikkomitees zu stellen.

Frauenkampftag, Streiktag – gemeinsam auf die Straße!

Es wird knapp in der Kasse. Schon allein, wenn wir nach dem Einkauf in unser Portemonnaie sehen. Die nächste Gasrechnung bereitet uns schlaflose Nächte. Wir sind es leid, dass alle die Krisen von Corona über Klima- und Energiekrise auf unseren Rücken ausgetragen werden! Lasst uns unseren Anteil zur Tilgung der Kosten und Ermöglichung eines anständigen Lebens erstreiken! Der Internationale Frauentag ist dafür wie geschaffen und ursprünglich als Kampftag gedacht. Diese Bedeutung müssen wir ihm zurückgeben. Bremen geht hier mit gutem Beispiel voran: Hier ist der Streik durch die ver.di-Mitglieder beschlossene Sache.

Dass er in Berlin zu einem Feiertag geriet, kann nur unter Berücksichtigung der wenigen Feiertage dort allgemein positiv bewertet werden. Es trägt parallel zur Entpolitisierung des Tages bei und das ist gewollt. Man mag es als Form der Transformation sehen, wenn sich die Regierenden eine zunächst kämpferische Thematik zu eigen machen und nach ihrem Gusto interpretieren. Dass es gerade von einer rot-rot-grünen Politik befürwortet wird, zeigt die tief verwurzelte Sozialpartnerschaft, die kein Interesse aufkommen lässt, tatsächlich an diesem Tag die Belange von Frauen wie schlechte Bezahlung, Sexismus am Arbeitsplatz oder geringere Aufstiegschancen zu thematisieren. Der Frauenkampftag ist kein Feiertag, kein Streittag, sondern Streiktag!

Es ist daher Aufgabe der Basis, die Gewerkschaftsführungen daran zu erinnern, wessen Interessen sie ursprünglich vertreten sollten, und dies zu erzwingen. Doch ein Streiktag reicht nicht. Die nordrhein-westfälische Krankenhausbewegung hat es vorgemacht. Es darf nicht nur um Geld, sondern muss auch um Entlastung und bessere Arbeitsbedingungen gehen. Dafür brauchen wir Streikkomitees in allen Betrieben.

  • Hinaus zum Frauenkampftag! Frauenkampftag ist Frauenstreiktag!
  • Regelmäßige Vollversammlungen, Wahl und Abwählbarkeit der Streikkomitees!
  • Volle Kampfkraft für 10,5 % jetzt und mindestens 500 Euro für alle!
  • Früheren Renteneintritt ermöglichen, Altersteilzeitregelung verlängern! Mehr Urlaub bei Dauerschichtdienst!
  • Für eine Arbeitszeitverkürzung mit paralleler Einstellungsoffensive unter Kontrolle der Beschäftigten!
  • Finanzierung der Maßnahmen durch massive Besteuerung der Unternehmensgewinne und Vermögen!