Fridays For Future: Stell dir vor, es ist Klimastreik und alle gehen hin

Wilhelm Schulz, Artikel zuerst erschienen auf arbeiterinnenmacht.de

Millionen

Der Auftakt der #WeekForFuture am 20. September war ein voller Erfolg. Schätzungsweise 4 Millionen Menschen aus 161 Staaten beteiligten sich an 5.800 Aktionen. Allein in Deutschland sind den VeranstalterInnen zufolge rund 1,4 Millionen Menschen auf den Beinen gewesen. In Australien waren es mindestens 300.000. In Kapstadt sollen es rund 2.000 AktivistInnen gewesen sein, in New York 250.000. In London sammelten sich etwa 100.000.

Auch am 27. September zum Abschluss der Aktionswoche konnten wir beeindruckende Menschenmassen sehen. Hier kam es laut VeranstalterInnen zu rund 6.000 Aktionen in 170 Staaten. Allein in Italien demonstrierten schätzungsweise eine Million Menschen, in Österreich rund 150.000, in Neuseeland 170.000, in Chile mehrere Zehntausend. Im kanadischen Montreal versammelten sich eine halbe Million Menschen.

Bereits im Vorfeld kam es zu einer erneuten Zunahme von Mobilisierungen der Klimabewegung. So fanden vom 13.-15. September in Frankfurt am Main Proteste gegen die Internationale Automobilausstellung (IAA) statt. Unter dem Titel „Sand im Getriebe“ mobilisierten hierzu unterschiedliche NGOs, die Grünen und die Linkspartei sowie Teile der radikalen Linken. Laut VeranstalterInnen nahmen rund 25.000 Menschen teil. Ebenso wie das restliche politische Programm der Bewegung schreckte auch der Protest hier vor der Eigentumsfrage und der Notwendigkeit der gesellschaftlichen Veränderung der Produktion, weg von der individuellen hin zur kollektiven Mobilität, zurück.

International handelt es sich bei der #WeekForFuture um die größte koordinierte Mobilisierung seit dem Irakkrieg. Hier gingen im Februar 2003 weltweit etwa 20 bis 30 Millionen Menschen auf die Straße. An dieser Stelle möchten wir betonen, dass sich an den Generalstreiks in Indien in den letzten Jahren mehrfach 150 bis 200 Millionen beteiligten, ein Aufgebot an Widerstand, zu dem die Bewegung den Schulterschluss suchen muss.

Momentan verfügt sie jedoch vor allem in den imperialistischen Nationen über Schlagkraft. So gingen beispielsweise am 20.9. in Thailand etwa 250 Menschen und in Afghanistan rund 100 auf die Straße. Hier bildet Brasilien eine gewisse Vorbildfunktion. Dort besteht nicht nur mit den Bränden im Amazonas eine Dringlichkeit, sondern schon seit Monaten existiert eine Massenbewegung gegen das Regime Bolsonaros, der nicht nur auf der Ebene des Umweltschutzes einen Generalangriff fährt. Hier sehen wir eine Verbindung mit den Kämpfen der Landlosen, der indigenen Bevölkerung und den kämpfenden Beschäftigten.

Dabei sind es momentan vor allem die halbkolonialen Länder, die mit den Folgen der systematischen Umweltzerstörung leben müssen. So erleben wir gerade massive Proteste in Indonesien, u. a. gegen die massiven Brandrodungen der Regenwälder, die Verschärfungen des Strafrechts und die Zunahme giftigen Smogs. Hier produziert beispielsweise der deutsche Konzern HeidelbergCement. Nach der Zerschlagung der Proteste und dem Klimapaket der Bundesregierung, welches den CO2-Ausstoß bei der Zementproduktion mit keinem Cent besteuert, steigt die Aktie des Konzerns wieder kräftig. Hier müssen InternationalistInnen im Kampf ansetzen.

Wer kämpft?

In erster Linie haben wir es hier mit einer Massenbewegung von SchülerInnen zu tun. Jedoch handelt es sich dabei nicht um eine sozial einheitliche Gruppe, sondern eine gemäß der Klassenherkunft ihrer Familie differenzierte. Die Gruppen, die das Außenbild der Bewegung prägen, sind vor allem sozial besser gestellte Jugendliche, die aus der lohnabhängigen Mittelschicht, dem BildungsbürgerInnentum, dem KleinbürgerInnentum oder der ArbeiterInnenaristokratie stammen. Aus diesen beiden Faktoren entsteht ein Spannungsverhältnis. Die soziale Vorherrschaft von Mittelschichten und KleinbürgerInnentum drückt sich ideologisch auch im Programm, in den Zielsetzungen und im Bewusstsein der Bewegung aus.

Hieraus folgt für RevolutionärInnen, dass wir nicht einfach nur die Bewegung aufbauen, sondern auch für einen proletarischen Klassenstandpunkt kämpfen müssen.

Welche Hürden überwinden?

Auf der einen Seite kämpft die gesamte Bewegung dafür, die Regierung zum Einlenken in der Klimafrage zu bewegen. Sie will von der herrschende Klasse und dem Kapital Maßnahmen erzwingen und die bürgerliche Politik selbst entlarven. Sie hegt reale Illusionen darin, dass die Bundesregierung bzw. die auf dem UN-Gipfel versammelten Staats- und RegierungschefInnen von einer „vernünftigen“, im Interesse alle Klassen liegenden Klimapolitik überzeugt werden könnten.

So ist der wohl kämpferischste Auszug aus der Rede von Greta Thunberg vor dem UN-Klimagipfel folgender: „Ihr sagt, dass Ihr uns ‚hört‘ und dass Ihr die Dringlichkeit versteht. Aber egal wie traurig und wütend ich bin, will ich das nicht glauben. Wenn Ihr die Situation wirklich verstehen würdet und uns immer noch im Stich lassen würdet, dann wärt Ihr grausam und das weigere ich mich zu glauben.“ (The Guardian, 23. September 2019)

Er verdeutlicht sinnbildlich die Widersprüche der Bewegung. Zum einen klagt Thunberg die Herrschenden offen für ihre Weigerung zu handeln, für ihre hohle „Klimapolitik“ an. Zum anderen weigert sie sich verbittert, aber auch umso sturer zu akzeptieren, dass diese tatsächlich auf der anderen Seite stehen.

Hartnäckig stellt sie das Problem so dar, als ginge es darum, dass „die Politik“ dessen Dringlichkeit endlich richtig verstehen müsse. Ansonsten wäre sie nämlich „grausam“. Letztlich präsentiert sie also die Frage rein moralisch. Die Regierenden müssten nur richtig zuhören, die Lage akzeptieren, wie sie ist – und alsdann handeln.

Der systemische Charakter des Kapitalismus fällt vollkommen aus dem Blickfeld. Die objektiven Klasseninteressen, die den FunktionsträgerInnen des Kapitals in den Konzernen wie in den bürgerlichen staatlichen Institutionen vermittelt über die Konkurrenz bestimmtes Handeln ganz unabhängig vom Bewusstsein oder der Vernunft des Einzelnen aufzwingen, werden erst gar nicht zur Kenntnis genommen.

Daher auch der beeindruckende moralische Impetus der Rede von Thunberg einerseits, der andererseits eine hoffungslose und ohnmächtige Perspektive entspricht – der ständig wiederholte Appell an die Mächtigen der Welt, doch endlich ihr Herz und Hirn zu gebrauchen und die Menschen nicht weiter im Stich zu lassen.

In Wirklichkeit zwingt die kapitalistische Produktionsform samt ihrer freien Konkurrenz die einzelnen ProduzentInnen, ohne Rücksicht auf ihren Ressourcenverbrauch oder ihre Abfallerzeugung zu wirtschaften, da sie sonst verdrängt werden könnten. Nachhaltigkeit ist für sie in erster Linie ein Kostenfaktor, der ihre Profite nicht weiter schmälern soll. Wir müssen die Unvereinbarkeit von Nachhaltigkeit und kapitalistischer Produktion verdeutlichen.

Generalstreik und Klassenfrage

Mit dem Aufruf zum 20. und 27. September hatte die Bewegung einen Schritt vorwärts gemacht, insofern sie zu einem globalen Generalstreik aufrief. Allerdings wurde und wird darunter nicht eine kollektive, organisierte Arbeitsniederlegung der Lohnabhängigen und ihrer Gewerkschaften verstanden, sondern eher eine individuelle Entscheidung einer/s Einzelnen. Wer – ob nun während der Arbeitszeit oder am arbeitsfreien Tag – zur Demonstration kommt, „streikt“. Es streiken Beschäftigte ebenso wie Unternehmen, die, ob aus Solidarität oder Werbezwecken, ihr Geschäft für einen Tag oder einige Stunden schließen.

Auch das entspricht der vorherrschenden kleinbürgerlichen Ideologie der Bewegung. Diese kommt umgekehrt auch den Gewerkschaftsführungen gelegen, die einen politischen Streik, also eine echte Konfrontation mit Kapital und Kabinett fürchten wie der Teufel das Weihwasser. Die Führung der Bewegung wiederum will – insbesondere hier in Deutschland – den Gewerkschaftsapparat nicht verschrecken und lehnte daher mehrheitlich ab, die Generalstreiksforderung an die Organisationen zu richten, die ihn durchführen hätten können. Diese riefen nicht zum Streik, sondern höchstens zum Ausstempeln auf.

Dies erleichterte es zugleich einer Reihe von Parteien und Unternehmen, Greenwashing zu betreiben, während der Kampf beim reinen Protest stehenbleiben muss. Allein in Deutschland erklärten sich 2.800 Unternehmen solidarisch.

Hieraus folgt, dass die ArbeiterInnen zumeist aus „Nettigkeit“ ihrer Unternehmen an diesem Tag demonstrieren konnten. In Berlin und New York wurde weiten Teilen der öffentlichen Beschäftigten an diesem Tag frei gegeben, was die Größe der Demonstrationen erklärt.

Heute erscheint vielen in der Bewegung dieser klassenübergreifende Charakter der Proteste, der Aktionen und ihrer Ziele als Stärke. In Wirklichkeit besteht darin ihre größte Schwäche.

Antikapitalismus

Deshalb müssen wir uns als  AntikapitalistInnen in den Protesten für eine offene Debatte um die Perspektive des Kampfes gegen den Klimawandel einsetzen. Er kann nur erfolgreich sein, wenn er die Eigentumsfrage ins Zentrum rückt. Ohne entschädigungslose Enteignung der großen Konzerne, ohne Kontrolle über Forschung und Wissenschaft durch die ArbeiterInnenklasse und die Masse der Unterdrückten sind effektive Klimaschutzmaßnahmen unmöglich, da diese vor allem eine Veränderung der Produktion, die ökologische Nachhaltigkeit mit der Befriedung der Bedürfnisse der großen Masse der Menschheit verbindet, erfordern.

Die notwendigen Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen und zur Umstellung der Ökonomie sind undenkbar ohne einen international koordinierten Plan, sozialistischen Umbau der Wirtschaft. Bauen wir daher gemeinsam einen revolutionären, klassenkämpferischen Pol in der Bewegung auf!




Der Kampf fürs Klima muss antikapitalistisch sein!

Dass unser aktuelles kapitalistisches Wirtschaftssystem und die Rettung des Klimas nicht miteinander funktionieren können, lässt sich in vielen Bereichen erkennen. Die Wichtigsten werden im Folgenden dargestellt:

Was ist die Aufgabe der Produktion und welche Rolle spiele ich selbst dabei?

Natürlich ist es die Aufgabe einer jeden einzelnen Person, ihren Beitrag zu Rettung des Klimas zu leisten. Die entscheidende Frage dabei lautet allerdings: Wie viel kann man alleine ausrichten? Heutzutage werden uns allerlei „Möglichkeiten“ geboten, unseren ökologischen Fußabdruck zu verbessern. Meist handelt es hierbei jedoch um „Möglichkeiten“, die für die meisten – gerade Arbeiter_Innen – keine finanzierbaren Alternativen darstellen. Zwar gibt es mittlerweile Bio-Supermärkte an jeder Ecke und vermehrt sogenannte „Unverpackt“-Läden, allerdings auch nur mittelgroßen bis großen Städten. Diese liegen jedoch nur im Budget der oberen Schichten. Zusätzlich erfordert das regelmäßige bzw. ausschließliche Konsumieren solcher nachhaltigen Waren einen enormen Zeitaufwand. Als vollzeitarbeitende, alleinerziehende Person ist es somit mehr als verständlich, erforderliche Lebensmittel etc. im Discounter um die Ecke zu erwerben. Ferner stellt unser individueller Konsum sowieso auch nur einen ziemlich unbedeutenden Teil der globalen Treibhausgasemissionen dar, verglichen mit dem, was die großen Konzerne ausstoßen.

Auch das Leben in sogenannten „Öko-Kommunen“ stellt keine für die Allgemeinheit umsetzbare Alternative dar. Das grundlegende Problem liegt darin, dass es sich hierbei um ein individuelles Prinzip handelt, dessen globale Umsetzung utopisch ist, besonders weil dies nur für Menschen aus privilegierten Gesellschaften möglich ist und diese auf eine umliegende kapitalistische Produktion angewiesen sind.

Liegt also das Hauptproblem in der Produktion? Der Kapitalismus „funktioniert“ nur durch stetiges Wachstum. In der Konkurrenz müssen sich die Kontrahent_Innen permanent ausstechen, wer durch die stärkere Produktion mehr Marktanteile hat und dadurch mehr Profite einfährt. Die daraus resultierende Überproduktion hat natürlich auch fatale Auswirkungen auf die Umwelt. Es wird heute schon genug produziert, doch die Wirtschaft wächst immer weiter, während die Ungerechtigkeit der Verteilung die Befriedigung der Bedürfnisse aller verhindert, indem wir hier mit Angeboten überflutet werden und dort nicht alle Menschen satt werden. Natürlich könnte man dem durch sinnvollere, demokratische Ressourcenverteilung entgegenwirken, das bringt dann aber keine Profite mehr. Zudem sind diejenigen, die unsere Ressourcen am meisten verschwenden diejenigen, die zumeist selbst noch am wenigsten vom Klimawandel betroffen sind – die Bourgeoisie! Während vor allem die Bäuer_Innen in manchen Halbkolonien durch die enormen Klimaschäden kaum bis gar keine Ernte mehr erhalten, können die Reichen wegziehen oder sich durch z.B. stabile und klimatisierte Häuser das Leben angenehm machen. Somit liegt das eigentliche Problem darin, dass die Produktion im Kapitalismus nicht demokratisch organisiert und an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet ist. Stattdessen zeigt im Kapitalismus erst im Nachhinein die Nachfrage auf dem Markt, ob es überhaupt sinnvoll war, diese und jene Ware herzustellen.

Die Verkehrsfrage

Eine der größten Umweltbelastungen neben der Industrie stellt das Verkehrswesen dar. Durch die Privatisierung der Bahn und die generellen Kosten für die Infrastruktur des Schienenverkehrs ist diese – gerade für etwas längere Strecken – kaum mehr bezahlbar. Dadurch profitieren natürlich die sogenannten „Billigflieger“, die durch geringe Steuern und dem kostenlosen Himmel deutlich günstiger kommen. Wenn ein Bahnticket das achtfache wie ein Flug kostet, ist es heutzutage eben üblich, dass man mal schnell von Berlin nach Köln fliegt. So entstehen weitere durchaus vermeidbare Belastungen für die Umwelt.

Abgesehen davon kommt es durch immer weiter ansteigende Preise für öffentliche Nahverkehrsmittel und teilweise sehr schlecht ausgebauten Verkehrsnetzen – gerade in ländlichen Regionen – zu immer mehr Individualverkehr, der wiederum die Feinstaubbelastung erhöht. Durch sinnvolle Investitionen und vor allem durch kostenlosen Nahverkehr ließe sich dieses Problem ebenfalls stark verringern. Das müsste durch starke Besteuerung der Reichen geschehen und das würde der mächtigen Autoindustrie den heimischen Markt abgraben. Diese Schwächung des Wirtschaftsstandorts Deutschland wird die Politik wohl kaum riskieren – auch wenn es sich hierbei um ein wesentliches Problem in der Klimafrage handelt.

Internationales Klima

Der Klimawandel ist kein nationales Problem einzelner Länder. Selbstverständlich gibt es Angelegenheiten – beispielsweise der Nahverkehr – , welche sich nur auf lokaler bzw. regionaler Ebene regeln lassen. Dennoch sollte gerade Deutschland als eine der größten Exportnationen mehr Verantwortung übernehmen. Statt selbst vor der eigenen Haustür zu kehren, schieben Deutschland, aber auch andere große Exportnationen und Industrieländer den ärmeren Ländern die Schuld zu. Das Gemeine daran ist, dass ein großer Teil der umweltschädlichen Produktion in diesen Halbkolonien (wie bspw. Stahl, Textil- oder Sojaproduktion) selbst aus den imperialistischen Ländern dahin ausgelagert wurde und die größten Profite aus dieser Industrie auch nach wie vor in die Taschen der großen Monopolkonzerne fließen. Was fehlt, ist die Einsicht, dass die Rettung des Klimas nur auf internationaler Ebene stattfinden kann. Einem koordinierten internationalen Vorgehen steht dabei das globalisierte, auf Konkurrenz ausgerichtete Wirtschaftssystem entgegen, das einen Kampf gegeneinander erzeugt, wo eigentlich Zusammenarbeit nötig wäre.

Welche Alternativen gibt es?

Statt einzusehen, dass die kapitalistische Produktionsweise den Planeten zerstört, wird von der Bourgeoisie händeringend nach Alternativen innerhalb des Systems gesucht. Eines der neusten Projekte stellt dabei der sogenannte ,,Green New Deal“ dar. Das Grundkonzept existiert bereits seit 10 Jahren und zielt darauf ab, durch Reformen, Umverteilung und Investitionen eine gerechtere und grünere Gesellschaft zu erreichen, ohne jedoch das Privateigentum an Produktionsmitteln anzurühren. Seit diesem Jahre wird die Idee vom ,,grünen Kapitalismus“ immer populärer. Zur Europawahl startete z. B. DiEM25 (Democracy in Europe Movement 2025) eine reformistische Bewegung zur Verwirklichung dieses Konzepts. Mit der Unterstützung einiger Europaabgeordneter, vor allem der Grünen, wurden bereits eine Erklärung und 10 Säulen als programmatische Basis formuliert. Diese 10 Säulen beinhalten beispielsweise den Umbau von Kohlekraftwerken aber auch den Ausbau von Eisenbahnstrecken. Auch wenn der ,,Green New Deal“ Nachhaltigkeit und die Rettung des Klimas propagiert, werden Kompromisse mit Kapital und Profiten gemacht, die für unsere Misere verantwortlich sind. Konzepte wie der „Bio-Diesel“ zeigen zum Beispiel, wie „grüne“ kapitalistische Maßnahmen dazu führen, dass man in Deutschland zwar ökologisch tanken kann aber in Brasilien der Regenwald für diese Plantagen abgeholzt wird. Der Green New Deal stellt also keine Alternative dar und geht auf Kosten der Armen!

Was wir brauchen, ist keine weitere Kontroverse in diesem System, das bereits so viel Schaden angerichtet hat. Was wir wirklich brauchen, ist eine grundlegende Veränderung, eine neue Wirtschaftsordnung – die demokratische Planwirtschaft. Im Gegensatz zu einem kapitalistischen System werden in der demokratischen Planwirtschaft die Ressourcen nach Bedürfnissen verteilt – nicht nach Kapital. Dadurch und durch die planvolle Einteilung unserer Umweltbelastung werden die Ressourcen nachhaltig genutzt. Demokratische Planwirtschaft heißt in diesem Falle nicht eine scheindemokratische Wirtschaft, in der eigentlich ein bürokratisches Oberkommando a là UdSSR die Entscheidungen „im Namen der Arbeiterklasse“ trifft. Demokratische Planwirtschaft bedeutet, dass die Arbeiter_Innen selbst Ausschüsse wählen, die die Entscheidungen in der Produktion treffen.

Somit ist es unsere Aufgabe, für ein nachhaltiges und gerechtes System zu kämpfen, indem wir uns der aktuellen Ordnung widersetzen. Erst auf diese Art und Weise ist es möglich, den Planeten zu retten!




Heraus zum Generalstreik fürs Klima am 20. September!

Kurz vorab: Seit einigen Monaten arbeiten wir bereits in der Antikapitalistischen Plattform „ChangeforFuture“ und hatten eigentlich geplant, einen Aufruf zum 20.9. mit der Plattform zu veröffentlichen. Wir konnten uns in CFF noch nicht gemeinsam für eine Version desselben entscheiden. Da es nicht mehr lange ist bis zum Streik veröffentlichen wir dennoch schonmal das Folgende.

Wir, die antikapitalistische Plattform Change for Future, rufen zum
Generalstreik am 20.09 und zu der bundesweisten Protestwoche, voller
Streiks, Besetzungen und direkten Aktionen zwischen dem 21.und dem 27.
September auf.
Gemeinsam mit allen Arbeiter_Innen, Schüler_Innen. Student_Innen und
Arbeitslosen wollen wir in den Generalstreik treten, um unseren
Forderungen Gehör zu verschaffen.

Als Kampfmittel verbindet der Generalstreik den politischen Protest mit
der Aktionsform des Streiks, einer Aktionsform der Arbeiter_Innenklasse.
Hierbei sollen wirtschaftlicher und politischer Druck die herrschende
Klasse zur Umsetzung unserer Forderungen zwingen. Lasst uns deutlich
machen, dass unsere Bewegung sich auf die Seite der Ausgebeuteten und
nicht der Ausbeuter_Innen stellt. Wir müssen jede Möglichkeit nutzen,
uns mit den sozialen Bewegungen der Klasse, mit den
Mieter_Innenprotesten und mit der Antirassistischen Bewegung gemeinsam
auf eine Seite zu stellen.
Wir nehmen uns das Streikrecht!
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts gibt es in Deutschland kein politisches
Streikrecht. Der Streik sei ein Mittel für bessere Arbeitsbedingungen zu
kämpfen. Dieser Konsens entpolitisiert die Arbeiter_Innenklasse und
nimmt ihr eines ihrer wirksamsten Kampfmittel.
Damals wie heute -Hartz, Leih und Zeitarbeit wurden ebenfalls unter
Rot-Grün durchgeboxt- beteiligt sich die SPD an Regelungen, die
offensichtlich nicht im Interesse der sozial Benachteiligten stehen.
Daneben fliegen neoliberale und rechtspopulistische Parteien gerade im
Aufwind. Gerade jetzt werden soziale Bewegungen geschwächt und
demokratische Rechte eingeschränkt. Internetzensur, Überwachung, neue
Polizeigesetze und Eingriffe ins Streikrecht ebnen dabei den Weg,
zukünftige Bewegungen im Keim zu ersticken und die Macht der
Kapitalist_Innen zu festigen.
Unser Umweltschutz kennt keinen Markt!
In einem System, dass auf Ausbeutung und Mehrwert, so wie dem Zwang
ständig zu wachsen beruht, sehen wir keine Möglichkeit die Umweltkrise
zu lösen. Ansätze, die den bestehenden Konzernen und Banken nutzen, z.B.
Verkauf vermeintlich grüner Technik(Stichwort Elektroautos) werden
verfolgt, wobei längst klar ist, dass der individuelle Personenverkehr
nicht grün sein kann!
Mit diesem Streik wollen wir deutlich machen, dass wir nicht glauben,
dass die Klimakrise durch Verzicht im Konsum, auf dem Rücken der
privaten Haushalte gelöst werden kann.
Vielmehr muss zur Lösung der Umweltkrise die Systemfrage gestellt
werden.

Internationalismus statt Rechtsruck, Nieder mit der Festung Europa!
Gerade in halbkolonialen Ländern müssen Menschen schon jetzt unter den
Folgen des Klimawandels leiden. Tödliche Hitzewellen, Überschwemmungen,
jahrelange Dürren oder das massive Artensterben, das vielen Menschen die
Nahrungsgrundlage entzieht: alles Auswirkungen des menschengemachten
Klimawandels. Gleichzeitig beuten westlliche Konzerne Arbeiter_innen auf
der ganzen Welt aus, vereinnahmen Böden mit Monokulturen und zerstören
so nachhaltig ganze Ökosysteme. Stellvertreter_Innenkriege, die
Finanzierung antidemokratischer Kräfte und die Flut an Waffenexporten
tun Ihr Übriges zur Zerstörung der Lebensgrundlage von Millionen von
Menschen bei. Menschen, die so zur Flucht genötigt werden, können in den
seltensten Fällen auf Asyl in reichen imperialistischen Staaten hoffen,
da diese sich mehr und mehr mit Hilfe von Zäunen, von Grenzen,
Kontrollen und letztlich Waffengewalt gegen Einwanderung abschotten.
Wir haben begriffen, dass der Klimawandel globale Auswirkungen hat, dass
Lösungen nur global gefunden werden können. Dabei hilft es sich nicht in
nationalistischer Manier nur auf die Politik im eigenen Land zu
fokussieren und so das Große ganze aus dem Blick zu verlieren. Die
Arbeiter_Innen kennen kein Vaterland, nieder mit jedem Nationalismus.
Klimagerechtigkeit jetzt! System Change not Climate Change!




Gi-Ga-Generalstreik am 20.9.! Warum die Gewerkschaften bisher nicht mitmachen wollen und wir sie aber dringend brauchen.

Stellt euch mal vor, die Fridays-for-Future Großaktionen am 20.9. werden noch ein bisschen anders als wir es sonst von unseren Schulstreiks am Freitag kennen. Neben den Tausenden von Schüler_innen mit bunten Schildern in den Händen könnten an diesem Tag noch einmal mindestens doppelt so viele Arbeiter_innen in grellen Warnwesten und mit den Fahnen ihrer Gewerkschaften stehen. Ein lautstarker Demonstrationszug mit hunderttausenden von Menschen könnte sich in vielen Städten gleichzeitig in Bewegung setzen. Im Unterschied zu sonst wären wir nicht nur wesentlich mehr Menschen sondern es würde auch niemand um uns herum arbeiten. Keine Straßenbahn würde an uns vorbeifahren und keine Bauarbeiter_innen würden von Gerüsten auf uns mit fragenden Blicken herabschauen. Es wäre nämlich ein Generalstreik. Mit Fridyas for Future konnten wir bereits viel Aufmerksamkeit generieren und das Klimaproblem stärker in den Fokus der öffentlichen Debatte rücken. Doch noch immer haben wir es nicht geschafft, die Politik wirklich zum Handeln zu bewegen. Das könnte sich durch einen Generalstreik am 20.9. ändern, denn wenn alles stillsteht, bleiben auch den Konzernen ihre Profite aus und die Politiker_innen sind gezwungen zu handeln. Der Generalstreik ist die stärkste Waffe, die wir als Menschen haben, die selber kein Vermögen auf dem Konto, eigene Fabriken oder große Ländereien besitzen, um für unsere politischen Ziele zu kämpfen.

„Ausstempeln“ bis zum Generalstreik?

Ist es also das, was uns am 20.9. erwartet? Mehrere Prominente wie zum Beispiel der Fernsehmoderator Joko Winterscheidt haben schließlich bereits öffentlich ihre Solidarität mit unserem Klimageneralstreik ausgedrückt und dazu aufgerufen, an den Aktionen teilzunehmen. Dazu gehört auch Frank Bsirske, der Chef der Gewerkschaft verdi, der zweitgrößten Gewerkschaft in Deutschland. Klingt also so, als ob unsere schöne Idee vom Klimageneralstreik tatsächlich Realität werden könnte. Leider gibt es da nur einen Haken: Kurz nachdem der Gewerkschaftschef seine Solidarität mit uns ausdrückte, sagte er: „Wir rufen natürlich nicht zu einem ordentlichen Streik auf, das geht nicht. […] Aber wer kann, sollte ausstempeln und mitmachen“.

Aber wer kann einfach so mal nicht zur Arbeit kommen, um an einer Demo teilzunehmen? Wer hat am Ende des Sommers noch Urlaubstage übrig, um mal eben „auszustempeln“? Damit Arbeiter_innen streiken können, ohne Angst um ihren Job oder andere Repressionen fürchten zu müssen, ist es essenziell, dass die Gewerkschaften zum Streik aufrufen. Tun sie dies nicht, bleibt nur einigen wenigen privilegierten Arbeiter_innen die Möglichkeit an den Aktionen teilzunehmen. Der Streik sollte jedoch eine kollektive und keine individualistische Aktionsform sein, denn so verliert er seine Wirkung.

Legal? Illegal? Scheißegal!

Zum anderen bleibt uns Bsirske auch eine Antwort auf die Frage schuldig, warum man denn nicht zu einem ordentlichen Streik aufrufen könne. Vermutlich würde er ähnlich wie auch Anfang des Jahres bezüglich des internationalen Frauenstreiks antworten, dass in Deutschland sogenannte „politische Streiks“ verboten seien. Gewerkschaften dürften Streiks lediglich als letztes Mittel nutzen, um Druck in Tarifverhandlungen auszuüben. Sorry Frank, aber du erzählst hier mal wieder Mist. Schließlich gibt es genug Beispiele für politische Streiks in Deutschland. Prinzipiell sind diese auch nicht von der Verfassung verboten. Es gibt lediglich eine Tradition in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, die Streiks ohne Bezug zu laufenden Tarifverhandlungen häufig mit Einschränkungen und Repression belegt. Langjähriger Präsent des Gerichtes und Architekt der arbeiter_innenfeindlichen Urteile war übrigens der NS-Jurist Hans-Carl Nipperdey, der schon unter Hitler begeistert die nationalsozialistische Einheit zwischen Angestellten und Unternehmern beschwor1. Außerdem könnte sich unser verängstigter Frank dann auch mal mit den anderen DGB-Gewerkschaften an einen Tisch setzen und zusammen überlegen, ob sie nicht weitere Streikaktionen durchführen wollen, um mögliche Finanzstrafen des Bundesarbeitsgerichtes abzuwenden.

Zum anderen ist es eigentlich auch gar nicht wichtig, ob ein Generalstreik im Einklang mit dem geltenden Recht in Deutschland steht. Die großen Generalstreiks in der Geschichte der Arbeiter_innenbewegung in Deutschland waren es zumindest auch nicht: Ob die Massenstreiks zur Beendigung des Ersten Weltkrieges, der Generalstreik der die Weimarer Republik vor einem faschistischen Putsch 1920 gerettet hat oder der Generalstreik, der uns 1948 vor dem krassesten Marktradikalismus bewahrt hat. Und trotzdem konnten sie ihre politischen Ziele einfach so entgegen dem geltenden bürgerlichen Recht durchsetzen. Was soll auch so ein Stück Papier gegen die geballte Kraft der Arbeiter_innenklasse ausrichten? Schließlich hat ein Generalstreik mit Millionen Unterstützer_innen auch eine viel höhere demokratische Legitimität als irgendein von Fascho-Juristen konstruiertes Urteil. Die Herrschenden sind dadurch gezwungen auf die Interessen der streikenden Massen einzugehen und können, sollten sie dies nicht tun, durch weitere Aktionen sogar entmachtet werden.

Die soziale Frage aufwerfen

Allen falschen Ausreden und Opportunismus von unserem verdi-Frank zum Trotz ist es dennoch schon einmal ein gutes Zeichen, wenn sich die zweitgrößte Gewerkschaft in Deutschland mit den Protesten solidarisch zeigt. Viele andere Gewerkschaften haben dies bisher nicht getan. Dabei wäre das eigentlich bitter nötig, denn die Klimakrise betrifft uns alle. Besonders uns Jugendliche und Lohnabhängige, denn die Reichen können sich viel besser vor den Auswirkungen des Klimawandels schützen, während wir speziell in ärmeren Ländern seinen Folgen vorwiegend ausgesetzt sind. Die Klimakrise hat also eine soziale Dimension, eine Klassendimension, weshalb wir den Kampf dagegen auch mit der sozialen Frage, der Klassenfrage, verknüpfen müssen. So müssen wir dafür eintreten, dass die Kosten der Klimakrise nicht auf dem Rücken der Arbeiter_innen und der Jugend ausgetragen wird (z. B. durch Ökosteuern oder Massenentlassungen in umweltschädlichen Industrien). Wir müssen dafür sorgen, dass die Klimafrage und die soziale Frage nicht gegeneinander ausgespielt sondern miteinander verbunden werden. Das heißt also nicht Jobs in der Braunkohle zu retten damit weitergebaggert und verpestet wird. Vielmehr heißt das neue Jobs in der Gewinnung regenerativer Energien zu schaffen und durch Umschulungen, höhere Löhne und Arbeitszeitverkürzungen gleichzeitig für bessere Arbeit und ein besseres Klima zu kämpfen. Dafür brauchen wir jedoch auch in Fridyas for Future ein Verständnis und Sensibilität für die existenziellen Sorgen und Nöte der Beschäftigten und keine abgehobene Ignoranz, wie sie in der Debatte manchmal vorkommt. Sprüche wie „Sucht euch doch einfach nen Job in nem Öko-Startup!“ oder „Wir alle sollten einfach nur noch Bio-Produkte kaufen!“ helfen da wenig weiter und spiegeln vielmehr die privilegierte Position einiger Aktivist_innen wider.

Good old Klassenkampf is needed!

Dass jedoch heute nicht alle Arbeiter_innen und Gewerkschaftsmitglieder so Feuer und Flamme für den Aufbau einer kämpferischen Umweltbewegung eintreten und wir Schüler_innen und Studierenden es in Fridays for Future dagegen schon tun, hat viel mit den desillusionierenden Erfahrungen der Gewerkschaftsbewegung in den letzten Jahrzehnten zu tun (die wir zum Glück nicht machen mussten). So hat die Gewerkschaftsführung mit ihrer Politik der Sozialpartnerschaft (was so viel wie Kooperation zwischen Kapital und Arbeit anstelle von Klassenkampf heißt) für Vertrauensverlust, Trägheit und Passivität unter den Gewerkschaftsmitgliedern gesorgt. Und das, obwohl Umweltschutz seit dem Entstehen der Arbeiter_innenbewegung eigentlich immer ein zentrales Thema der Gewerkschaften war. Damals ging es vor allem noch um den Kampf gegen den Einsatz lebensgefährlicher Chemikalien in der Produktion, die die Gesundheit von Mensch und Natur massiv bedrohten. Im Zuge der Sozialpartnerschaft haben die Gewerkschaften dann das Umweltthema und viele andere politische Fragen nach und nach im Aktenschrank der Geschichte verstaut und sich von den Unternehmen aus der Sphäre der Politik drängen lassen, sodass sie sich heute nur noch für Tarifverhandlungen zuständig fühlen.

In diesem Aktenschrank müsste sich auch ein Schredder befinden, dem die internationale Solidarität zum Opfer gefallen ist. Mit der Sozialpartnerschaft ging nämlich auch die Entfaltung der nationalistischen Orientierung der Gewerkschaften einher, die den Ausbau Deutschlands zur Exportmacht der Solidarität mit Arbeiter_innen weltweit vorzieht. Doch da der Kampf gegen die Klimakrise global stattfinden muss, brauchen wir internationale Solidarität statt nationalistischer Spaltung. Dies wird umso deutlicher, wenn wir uns vor Augen führen, dass sich der Klimawandel auch zu einem der wichtigsten Fluchtgründe entwickeln wird. Wenn wir also die Arbeiter_innenklasse ernsthaft für Fridyas for Future gewinnen wollen, müssen wir sie davon überzeugen, die Politik der Sozialpartnerschaft zu beenden indem wir zwei Sachen von den Gewerkschaften einfordern:

  1. Hört auf euch von den Unternehmen bevormunden und mundtod machen zu lassen und fangt endlich wieder an, euch als politische Kampforgane der Klasse zu begreifen, indem ihr euch zum Beispiel entschieden gegen die Klimakrise positioniert.

  2. Brecht mit eurer nationalistischen Standortideologie, denn dem Klima sind nationalstaatliche Grenzen ziemlich egal. Zum anderen kann die Aufgabe einer ökologisch-nachhaltigen Umgestaltung der Produktion insbesondere für die deutsche Wirtschaft, die auf die Verwertung von Rohstoffressourcen und billiger Arbeitskraft im Ausland angewiesen ist, nur international gedacht werden kann. Holt euch von uns ein wenig Nachhilfeunterricht zum Thema „Klimagerechtigkeit“ ab.

Die Gewerkschaftsführungen werden sich vermutlich leider nicht so leicht von unseren Argumenten überzeugen lassen – auch wenn sie gut sind. Das liegt daran, dass sie selber viel zu tief in der Scheiße mit drinstecken und ihre eigenen Privilegien verlieren könnten. Es braucht also aktiv Druck aus der Gewerkschaftsbasis gegen die Führung, sonst machen die gar nichts. Der 20.9. kann dabei ein Startschuss sein, um die Diskussion neu zu entfachen, wie Gewerkschafts- und Umweltbewegung vereint werden können. Doch lasst uns nicht nur quatschen sondern auch machen und jede_r Arbeiter_in auf unseren Demos willkommen heißen. Ziel muss es sein, eine internationale Bewegung der Jugend und der Arbeiter_innen aufzubauen, die durch Massenstreiks und Besetzungen unser Interesse an der Rettung dieses Planeten durchsetzt.

1 Vgl. ak Nr. 651, S.23




Beim Umweltschutz gibt es keine Kompromisse

Kurz vorab: Seit einigen Monaten arbeiten wir bereits in der Antikapitalistischen Plattform „ChangeforFuture“ und hatten eigentlich geplant, die Resolution zusammen mit der Plattform zu veröffentlichen. Wir konnten uns in CFF noch nicht gemeinsam für eine Version der Resolution entscheiden. Deshalb werden wir sie im Folgenden vorstellen.

Unsere Zukunft ist antikapitalistisch.

Man sagt, unsere Bewegung hat sehr viel erreicht. Aber das ist falsch. Wir haben nur eins erreicht: Aufmerksamkeit. Doch die nötige Panik vor der Klimakatastrophe, die Greta, wir und mit uns Millionen Jugendliche fordern ist bisher ausgeblieben. Zumindest in den Chefetagen der Regierungen, Konzerne und Banken. Das von uns geforderte Handeln ist ausgeblieben. Ein Jahr ist vergangen – und uns bleiben nur neun Jahre.

Was aktuell getan wird ist Betrug. An uns, an der Zukunft der Menschheit. Die Politiker haben Jahrzehnte durch Verleugnung und Untätigkeit vergeudet. Jetzt versucht die Regierung uns mit Kompromissen zu vertrösten. Doch wir als Bewegung dürfen keinen Schritt in unseren Forderungen zurück gehen. Tatsächlich müssen wir weitergehen.

Greta sagt, alles muss anders werden. Und sie hat recht. Statt kosmetischen Reformen braucht es einen grundlegenden Systemwechsel. Selbst die Vorschläge der Grünen reichen laut Scientists for Future nicht aus, die Klimakatastrophe aufzuhalten. Deswegen brauchen wir statt einer Wirtschaft zugunsten der Profite Weniger, ein internationales System, in dem nach unseren Bedürfnissen und Fähigkeiten, und den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Umwelt gelebt, produziert und konsumiert wird. Es braucht eine wahrhaft demokratisch geplante Wirtschaft. Das geht nur ohne den Kapitalismus!

Einige in der Bewegung sagen, Antikapitalismus versetzt Leute in schrecken. Und sie haben Recht. Es versetzt die Reichen und Mächtigen in Schrecken. Es ängstigt alle, die die drohende Klimaapokalypse zu verantworten haben und bisher nicht handeln. Wenn wir etwas erreichen wollen, müssen sie in Panik geraten.

Kein Vertrauen in ihre leeren Versprechungen. Nur unser entschlossenes und radikales Handeln kann etwas erreichen.

Deswegen muss es am 20. September einen wirklichen Klimageneralstreik geben. Wir fordern hiermit den Deutschen Gewerkschaftsbund, die Mietervereine, Migrantenorganisationen, alle grünen und linken Organisationen dazu auf, in den politischen Streik zu treten. Diese Organisationen müssen Betriebsversammlungen und Mitgliederversammlungen organisieren, um zu diskutieren und zu mobilisieren. Der DGB sagt, er unterstützt unsere Bewegung. Aus Worten müssen Taten werden! Wir werden unsere Aktionen und Forderungen vor die Betriebe tragen, um das sicherzustellen. Alles muss stillstehen.

In der Mobilisierung müssen wir lokale, regionale und bundesweite Strukturen schaffen. An jeder Schule, in jedem Betrieb und in jedem Stadtteil müssen Gruppen entstehen, um die Bewegung zu vergrößern. In Zukunft sollten wir dort VertreterInnen wählen, so dass wir verbindliche Entscheidungen treffen können. Wenn wir handeln wollen, müssen wir das gemeinsam tun.

Klimagerechtigkeit darf keine Phrase bleiben. Klimagerechtigkeit heißt: Deutschland muss aufkommen, für die Kosten der Umweltzerstörung durch deutsche Konzerne in den armen Ländern und den Aufbau einer grünen Industrie. Es heißt: offene Grenzen für Alle, die aufgrund der Kriege, der Zerstörung und Ausbeutung der Banken und Konzerne fliehen müssen. Es heißt, die Verantwortlichen zahlen. Es braucht direkte Besteuerung der Reichen, Banken und Konzerne. Die Klimakrise darf nicht auf die Armen hier oder im Ausland abgewälzt werden, wie es die Regierung praktisch vorhat. Um das zu erreichen, muss Fridays for Future jetzt sofort mit den Umweltbewegungen der Bauern, Landlosen und der Armen in der „Dritten Welt“ zusammengehen.

Um Klimagerechtigkeit zu ermöglichen schlagen wir folgende Sofortmaßnahmen vor.

Kostenloser Öffentlicher Nahverkehr. Ausbau des Nahverkehrs und des Fernverkehrs aus den Profiten der großen Energie-, Flug- und Autokonzerne.

Entschädigungslose Enteignung aller „Klimasünder“, wie beispielsweise aller Konzerne in Deutschland, die an der Abholzung der Regenwälder oder den Erzminen verdienen, und ihr Umbau zu ökologischen Unternehmen. Der Mehrwert dieser Unternehmen muss in die Entgiftung der Böden, dem Recyceln allen Plastiks, der Aufforstung der Wälder etc. fließen.

Kein Arbeitsplatz oder Lohnverlust. Schaffung grüner Arbeitsplätze und Umschulung bei weiterer Zahlung des ehemaligen Lohns.

Abschaffung des Patentrechts. Öffnung aller Patente, um die Wissenschaft in den Dienst der Rettung der Menschheit und nicht den Dienst der Profitinteressen zu stellen.




Fridays For Future Sommerkongress: Viel Bespaßung, aber kein Grund zum Feiern

Kurz vorab: Seit einigen Monaten arbeiten wir bereits in der Antikapitalistischen Plattform „ChangeforFuture“ und hatten eigentlich geplant, den Bericht zusammen mit der Plattform zu veröffentlichen. Wir konnten uns in CFF noch nicht gemeinsam für eine Version der Auswertung des Soko entscheiden. Wir denken, dass es notwendig ist, allen interessierten vor Augen zu führen, wie die FFF Bewegung im inneren funktioniert, und wie sie konsequent antikapitalistische Positionen unterdrückt, deshalb veröffentlichen wir den Bericht in unserem Namen schon jetzt.

Anfang August, vom 31.07 bis zum 04.08, hat die Klimabewegung Fridays for Future einen Sommerkongress organisiert. Mit über 1500 Teilnehmer_Innen, vielen politischen Diskussionen und einer größeren Demo in Dortmund(in der Nähe des Kongresses) war der Soko ein kleiner Erfolg für die Bewegung. Eine kurze Besetzungsaktion, vor einem Tochterunternehmen von RWE fand auch noch statt. Dabei hat es sich die Führung nicht nehmen lassen, sich unmittelbar von der Aktion zu entsolidarisieren.

Wir, also die Antikapitalist_Innen von Change for Future, haben uns nach Möglichkeit beteiligt. Über die Teilnahme an Workshops und Panels aber auch über stundenlange Vernetzungstreffen, in denen wir über unsere Vorstellungen und Perspektiven für die Bewegung diskutiert haben.

Auch mit Teilen der Bundesorga konnten wir ins Gespräch kommen. Auf unsere Kritik, daran dass die Bundesorga den Streikbegriff für den 20.09 aufgegeben hat wurde nicht eingegangen. Auf unsere Kritik, dass wir nicht den Weg gehen wollen, Unternehmer_Innen abzufragen, Ihren Arbeiter_innen für den 20.09 freizugeben, wurde nicht eingegangen. Unsere Kritik an den intransparenten Etscheidungsstrukturen der Bewegung wurde belächelt. Mehr noch, von einem delegierten aus Berlin bekamen wir zu hören: „ein bisschen Intransparenz schützt die Bewegung, Ihr wisst, doch was ich meine“. Nein, das wissen wir nicht! Bitte kläre uns auf!

 

Soko und basisdemokratische Beteiligung

die Zeitpläne waren prall gefüllt mit interessanten Debatten rund um Fragen von Konsumkritik, Diskussionen umm einen angeblich Grünen Kapitalismus von Debatten zu Verkehrswende bis hin zur Frage, wer die Kosten für den Klimawandel tragen soll. Den meisten Diskussionen und Workshops war jedoch eins gemein: Die vorherrschende Ideologie in FFF, der Glaube an einen wandelbaren Kapitalismus und die Illusionen in die Erfolgschancen einer Bewegung die Politiker_Innen um Verbesserungen im System bittet, wurde nicht infrage gestellt.

Eine größere Debatte um den Charakter der Bewegung, letztlich um die Frage wie viel antikapitalistische Positionen in FFF gezeigt werden dürfen(!), hätte diese Ideologie infrage stellen können. Sie war auch die einzige große Debatte, in der neben Fragen auch Beiträge und Positionen erwünscht waren, die einzige Debatte, die zumindest etwas Raum für Diskussionen gegeben hat.

Wir als Antikapitalist_Innen konnten uns in dieser Debatte als entschlossenste Aktivist_Innen in der Bewegung präsentieren und vor einer größeren Basis unsere Positionen vorstellen. So kann Basisdemokratie in einer Bewegung praktisch umgesetzt werden, indem sich die Masse der Bewegung versammelt und gemeinsame Positionen abstimmt. Abgestimmt wurde nicht.

Diskussionen um die grundlegende Ausrichtung der Bewegung, um die Strategie zum Generalstreik am 20.09 und zur Verbindung unserer Bewegung mit anderen kämpfenden Bewegungen wie XR, Ende Gelände oder aber der Antirassistischen Bewegung hätten die Zeit füllen sollen. Stattdessen durften wir Professoren, Berufspolitiker_Innen und Wirtschaftsweisen zuhören, wie sie sich den Grünen Kapitalismus vorstellen würden.

Jedoch konnten wir den Kongress nutzen um uns als Antikapitalist_Innen zu vernetzen und Grundlagen für gemeinsame Kämpfe besprechen.

Wir von Revolution hatten selbst einen Workshop auf dem Soko angemeldet. Dieser tauchte im Zeitplan nicht auf, obwohl wir eine Zusage bekommen haben, ihn halten zu dürfen. Auf unsere Nachfrage, warum dass so sei bekamen wir keine Antwort. Wir müssen Annehemen, dass dieses Verhalten ein taktisches Manöver ist, andere Ideologien vom Kongress zu verdrängen, ohne dabei auch nur den Ansatz einer Auseinandersetzung zu suchen.

Wir akzeptieren den liberalen Konsens der Bewegung sich politisch nur zur Frage des Klimas zu positionieren nicht.

Wir sind eine starke Kraft in der Bewegung. Wir sollten den Kongress, so wie die Planung zum 20.09 hin als Anlass sehen, CFF gemeinsam bekannt zu machen und der Führung der Bewegung zeigen, dass wir sie als solche nicht akzeptieren.

System Change not Climate Change




加油香港! Hongkong: Proteste und Perspektive

Seit etwas mehr als 9 Wochen gehen die Menschen in Hongkong, einer Autonomie-Region und früheren britischen Kolonie, im Süden Chinas auf die Straße. Daran beteiligen sich bis zu 2 Millionen, der 7,3 Millionen Einwohner_Innen. Sie demonstrieren gegen die Einflussname der chinesischen Regierung in ihrer Stadt und für die Ausweitung ihrer demokratischen Rechte. Als Höhepunkt der Proteste wurde in der zweiten Augustwoche sogar der internationale Flughafen Hongkongs über mehrere Tage durch die Demonstrant_Innen blockiert. Der weltweit dritt größte internationale Verkehrsflughafen wurde damit zeitweise lahmgelegt und bei einer Blockade von Freitag bis Dienstag fielen knapp 1000 Flüge komplett aus.

 

Warum das Ganze?

Auslöser der Proteste war eine geplante Gesetzesänderung, die eine Auslieferung von „Verbrecher_innen“ bzw. alldenjenigen die aus der Sicht Beijingtreuen Hongkonger Regierung ein Verbrechen begangen haben, nach China ermöglichen sollte. Diese geplante Aufweichung, des Autonomiestatus und damit der Anfang dessen Endes, ist Grund für diesen massiven Aufschrei. Der chinesischen Justiz ausgeliefert zu werden, welche ganz eigene Maßstäbe setzt, wenn es um die Einschränkung, Verfolgung und Verschleppung von politischen Aktivist_Innen geht, führt vielen Hongkonger_Innen ihren privilegierten Status innerhalb der Volksrepublik vor Augen. Ein Status, der den Bewohner_Innen ein Recht auf freie Meinungsäußerung, freie Ausübung der Religion oder das Versammlungsrecht gewährt. Dinge nach denen man im sog. Festlandchina lange suchen muss. Diese Sonderrechte sind Bestandteil, des mit dem Vereinigten Königreich 1997 ausgehandelten Vertrags, die die Rückgabe Hongkongs regeln sollte. Diese waren auf 50 Jahre festgeschrieben, stehen nun aber schon deutlich früher auf dem Spiel. Eine Entwicklung von der auch die Demonstrant_Innen wissen und weswegen sich die Proteste ausgeweitet haben. Ein weiteres Aufschieben des Gesetzes, durch die Vertretung der chinesischen Regierung in Hongkong, konnte die demonstrierenden Bewohner_Innen jedoch nicht stoppen. Derzeit halten die Proteste weiter an.

 

Wie reagiert der Westen?

Seit dem Beginn der Proteste in Hongkong sind immer wieder Bilder der Demonstrationen sowie dem brutalen Eingreifen der Polizei in den westlichen Medien. Die politischen Reaktionen halten sich allerdings zurück. Man will es sich mit China eben nicht verscherzen. Trump twittert scheinheilig „er hoffe niemand würde getötet“ als China seine Truppen bei Hongkong sammelt. Der deutsche Außenminister Maaß rät Reisenden nach Hongkong ihre Flüge zu verschieben. Beides ´´unschätzbare´´ Hilfen für die Menschen Vorort, die ein Eingreifen westlicher Mächte oder Unterstützung aus Taiwan herbeisehnen. Solidaritätsbekundungen kann man lange suchen und das obwohl die Bevölkerung Hongkongs doch für die Rechte auf die Straße geht, die der Westen gerne hochhält, um sich als überlegen zu inszenieren. Zumindest so lange man diese Rechte als gute Ausrede benutzen kann irgendwo einzumarschieren oder Sanktionen zu verhängen, die letztlich nur den eigenen wirtschaftlichen oder politischen Zielen dienen. Da begnügt man sich lieber mit der Aussage der chinesischen Regierung, die die Demonstrant_Innen als Terrorgefahr für die Stadt einstufen. Damit belässt man sie als innere Angelegenheit Chinas. Im Notfall kann man sich stets auf die schlechte Informationslage berufen.

 

Lage in Hong Kong

Der entflammte Konflikt um die Autonomierechte der Stadt sind jedoch nicht der einzige Grund auf die Straße zu gehen. Durch den wirtschaftlichen Sonderstatus der Stadt und ihre gute Anbindung zu China ist der begrenzte Platz auf der Insel sehr begehrt. So hat sich der Mietpreis seit 2003 um ca. 300% gesteigert. Es ist nirgendwo auf der Welt so teuer Wohnraum zu bekommen wie in Hongkong, was die ärmere Bevölkerung auf engsten Raum, sogenannte „Nanoapartments“ zusammenpfercht. Hinzu kommt eine stetig weiterwachsende Bevölkerung sowie die offensive Umsiedlung von Festlandchineses_Innen. Deren Ziel ist es wahrscheinlich die alten Strukturen und die Nähe zum Westen, die sich auch in den Köpfen widerspiegelt, zu brechen. Letzteres zeigt sich am Character des derzeitigen Protests, der weitestgehend bürgerlich ist und auch nicht über den Erhalt bürgerlicher Freiheitsrechte hinausgeht.

Die derzeitige Hongkonger Regierung glänzte immer wieder durch Abwesenheit, um sich dann klar zu Peking, und ihren Terrorismusvorwürfen, zu positionieren. Hier zeigt sich wieder, dass auch wenn es theoretisch freie Wahlen in Hongkong gibt, bei allen höheren Positionen, Peking das letzte Wort hat. Aus Peking weitet Präsident Xi seinen Einfluss in Festlandchina über die Einführung des „Social Credits Systems“ aus. Ein Einfluss der auch in großen Teilen der Welt über Südamerika, Afrika und Zentralasien entlang der „neuen Seidenstraße“ zu spüren ist. Hier würden Zugeständnisse an ein so kleines Gebiet wie Hongkong die Verhandlungsposition in anderen Regionen schwächen, was sich Xi nicht leisten kann. Vor der Perspektive von erfolgreichen Protesten in der Einflusssphäre Chinas riskiert er die gesamte Machtposition der Zentralregierung. Doch Hong Kong ist eben nicht nur eine kleine, unbedeutende Stadt, sondern auch eines der wichtigsten Finanzzentren der Welt und Chinas größter Hafen.

In Hong Kong selbst sind die Fronten nicht so klar. Neben der Polizei und, den Demonstrant_Innen gibt es mindestens noch eine weitere Gruppe von Akteur_Innen. Die Farbe der Bewegung ist schwarz, die Farbe der Regierungsbefürworter_Innen hingegen weiß und eben jene „white shirts“ zogen wie ein Mob durch die Straßen Hongkongs auf der Jagd nach Regierungsgegner_Innen. Sie wollten mit einem Angriff auf eine U-Bahnstation die Gunst der Pekinger Regierung gewinnen und ihre kriminellen Machenschaften absichern. Am 17. August gab es dann auch eine regierungsfreundliche Demonstration, die laut der ARD-Korrespondentin etwa 10.000 Teilnehmer_Innen groß war. Allerdings steht hier die Frage im Raum inwiefern es sich hierbei um freie Demonstrant_Innen handelt, da wohl auch viele gar keine Stadtbewohner_Innen waren. Dass die Führung in Beijing versucht so die Einheit der Regierungsgegner_Innen zu brechen ist daher wahrscheinlicher.

 

Die Lage spitzt sich weiter zu – was tun?

Der Flughafen stand still, immer mehr Demonstrant_Innen werden verhaftet und das chinesische Militär bezieht nahe Hongkong Stellung – eine Eskalation wird immer wahrscheinlicher.

Beijing hat seine Truppen vor den Toren Hongkongs, in der Stadt Shenzhen, stationiert. Ein Einmarsch scheint immer wahrscheinlicher. Westliche Beobachter_Innen halten ein zweites Tiannamen (blutige Niederschlagung der Studentenproteste 1989) für nicht unwahrscheinlich. Doch auch nach Angaben von der politischen Führung in Beijing sei das Gewaltmonopol der Hongkonger Polizei noch nicht gänzlich ausgespielt und die Angst vor Toten wächst auf Seiten der Bevölkerung.

Trotz der drohenden Eskalation gehen weiter Massen von Menschen auf die Straße. Die Frage nach einer Perspektive: „Was kommt danach? Und wie machen wir weiter?“ treiben die Demonstrat_Innen weiterhin an. Die Proteste sind Ausdruck der Perspektivlosigkeit vieler Menschen in Hongkong und China. Die eher unpolitischen Proteste im Zuge des Auslieferungsabkommens beginnen sich zu wandeln. Angesichts brutaler Polizeigewalt ist die Augenklappe ein Symbol der Proteste geworden. Hintergrund dessen ist, das ein Mädchen durch ein Polizeiheschoss ein Auge verlor. Eine klare politische Perspektive wohin die Proteste gehen gibt es jedoch nicht. In erster Linie gehen die die Menschen hier eben für den Erhalt bürgerlicher Freiheitsrechte auf die Straße. Doch diese Gruppe an Menschen – zum großen Teil Studierende aber auch Teile der oberen Mittelschicht, etc. – allein wird es nicht schaffen der Pekinger Regierung etwas entgegenzusetzen. Auch auf das Eingreifen westlicher Mächte können sie lange warten. Ein Funken Hoffnung glimmt jedoch in der Verbindung der Proteste mit sozialen Kämpfen auf dem Festland. Ohne diese Verbindung zur Arbeiter_innenklasse, gibt es für die Proteste zwei realistische Alternativen 1: Massenhafte Festnahmen und Tote oder 2: Massenhaft Festnahmen und das Einknicken der Bewegung.

Die in Hongkong geforderten Rechte sind auch für die Festland Chines_Innen durchaus ansprechend. So sind Polizeiwillkür und Scheinwahlen auf dem Festland die Normalität. Auch die Diskriminierung weiter Teile der (nicht städtischen) Arbeiterklasse durch den sog. „Hukuo“ kann eine Perspektive für die Verbindung der Kämpfe geben. Der „Hukuo“ bestimmt dabei ob ein Mensch in einer Stadt oder auf dem Land leben darf und drängt so viele Chines_Innen in die Illegalitä, die für eine bessere Jobperspektive in die Städte gehen. Das bedeutet die Trennung vieler Familien über tausende Kilometer hinweg und ein prekäres Leben im Untergrund.

Die Hongkonger Forderungen greifen dies jedoch nicht auf und es gilt diese sinnvoll zu erweitern, um einen Erfolg der Proteste zu ermöglichen. Die Forderungen der Hongkonger Gewerkschaft sind im Folgenden kurz aufgeführt.

  1. Stoppt das Auslieferungsgesetz
  2. Freilassung der gefangenen Demonstrat_Innen
  3. Aufhebung des Aufstandsstatus der Proteste am 12th Juni
  4. Unabhängige Untersuchung des Machtmissbrauches und der Gewalt durch die Polizei
  5. Freie Wahl der politischen Vertreterinnen

Auch diese Forderungen verdeutlichen noch einmal den bürgerlichen Charakter dieser Proteste, da diese nur auf die geplante Gesetzesänderung abzielen. Die Gewerkschaftsführung unterstreicht durch Ausbleiben von Wohnraumforderungen und der Weigerung zu mehr als den zentralen Aktionen zu mobilisieren das sie mit der Realität der Bevölkerung vor Ort wenig am Hut hat.

Ein Aufruf die Autonomierechte der Stadt nicht nur zu verteidigen, sondern auch auf weitere Regionen auszuweiten ist erforderlich, um Verbesserungen für die Bevölkerung zu erkämpfen. Die Forderungen eins bis vier aus dem Katalog in derzeitiger Form erhalten lediglich den Status quo- allerdings der des „Protestzustand“ und nicht mal den vor der Ankündigung der Gesetzesänderung- und Verteidigen die aktuellen Proteste. Sie zeigen keine Perspektive für den demokratischen Kampf der Massen und die Verteidigung gegen weitere Angriffe. Die in Punkt fünf geforderten Wahlen politischer Vertreter war schon eingeschränkt möglich, jedoch sollten diese auch ohne Vorauswahl der Kandidaten und Einflussnahme aus Beijing stattfinden.

Die Reaktion der Präsidentin Carry Lamm sich zurückzuhalten und im Sinne Pekings und nicht für Hongkong zu entscheiden zeigt, das diese sofort abgesetzt werden muss. Eine demokratische Kontrolle Hongkongs durch die Bevölkerung mit wähl- und abwählbaren Strukturen ist als erster Schritt zur Selbstorganisierung erforderlich. Darüber hinaus ist die Errichtung von Selbstverteidigungsstrukturen zum Schutz der Arbeiterklasse vor Polizei und Mörderbanden unabdinglich. Da wo es geht müssen Verteidigungsmaßnahmen ausgeschöpft werden und eine Bewaffnung gegen kommende Angriffe stattfinden.

Ein erfolgreicher wirtschaftlicher Protest kann sich nicht nur auf bürgerliche Strukturen stützen, sondern benötigt die Arbeiterklasse, um relevanten Druck ausüben zu können. Nur sie haben die Mittel dazu. Eine Besetzung des Hongkonger Hafens zum Beispiel würde über internationale Gewässer hinweg Wellen schlagen und die Machtposition der Hongkonger Massen festigen. Neben „Praktischen Aktionen“ braucht es auch die Entwicklung eines Programms, welches über alle Kanäle in Hong Kong und der restlichen Volksrepublik verbreitet wird, was die Perspektive der Selbstorganisierung als Alternative zu Partei und deren Gewerkschaften überhaupt erst möglich macht.

Wir fordern:

Solidarität mit den Protestierenden und Gefangenen! Für die Freilassung aller politischen Gefangenen in China!

Verteidigung und Ausweitung der Autonomierechte!

Ausweitung der Proteste!

Organisiert Selbstschutz, verteidigt euch und eure Stadt!

Selbstorganisierung der Bevölkerung- ersetzt Carry Lamm!

Blockiert den Hafen! Verbindet eure Proteste mit sozialen Kämpfen und den Kämpfen der chinesischen Arbeiter_Innenklasse!

 




Extinction Rebellion: Ziviler Ungehorsam als Antwort auf die Klimakrise?

Jan Hektik

29.07.2019

Extinction Rebellion ist bekannt als radikaler Teil der Umweltbewegung und als enger Bündnispartner von FridaysforFuture. Gerade in Großbritannien und den USA sind sie im Fokus der öffentlichen Debatte. Doch wofür stehen sie? Was sind ihre Taktiken? Und was ihre Stärken und Schwächen? Mit diesen Fragen möchte sich dieser Artikel auseinandersetzen.

Was macht Extinction Rebellion?

XR ist eine auf öffentlichkeitswirksame Aktionen abzielende Bewegung, die vor allem in Großbritannien viele Anhänger_Innen und große Protestaktionen organisiert hat. Auch in Deutschland existieren ca. 30 Ortsgruppen von XR. Zunächst einmal muss man positiv hervorheben, dass durch XR viele Jugendliche aktiv auf die Straße gehen und in Konflikt mit dem bürgerlichen Staat treten, gegen den wir letztlich die Rettung unserer Lebensgrundlagen durchsetzten müssen. Weiterhin hat XR es geschafft, zumindest in Großbritannien eine große Öffentlichkeit zu erreichen und so die öffentliche Debatte maßgeblich zu beeinflussen. Dies geschieht vor allem in Aktionen zivilen Ungehorsams wie Straßenblockaden aber auch in künstlerischen Protestformen wie z. B. „Die-Ins“ (sich an öffentlichen Orten massenweise totstellen). In Großbritannien erreichten die Aktionen teilweise eine Größe von 6000 Teilnehmer_Innen und führten inzwischen zu hunderten, wenn nicht tausenden, Verhaftungen. Laut XR ist es sogar das Ziel Verhaftungen zu provozieren, um eine größere Öffentlichkeit zu schaffen. Weiterhin soll gewaltfrei agiert werden, damit die Öffentlichkeit sich eher mit den Protesten solidarisiert.

Die Positionen von XR

Bevor wir uns mit den Aktionsformen auseinandersetzen, geben wir zunächst die Forderungen von XR wieder:

1. Tell the Truth (Sprecht die Wahrheit)!

Die Regierung solle den Ernst der Lage anerkennen und einen „Klimanotstand“ ausrufen statt den Klimawandel zu leugnen oder das Problem herunterzuspielen. Außerdem solle in den Massenmedien darüber aufgeklärt werden.

2. Act Now (Jetzt Handeln)!

Die Regierung solle Maßnahmen ergreifen, um den Verlust an Biodiversität zu verhindern und einen Nettotreibhausgasausstoß von 0 bis zum Jahr 2025 zu erreichen.

3. Beyond Politics (Jenseits von Politik)!

Dies stellt darauf ab Bürger_Innenversammlungen einzuberufen, welche die Entscheidung über die Frage der Umweltpolitik treffen sollen und diese Entscheidung als Empfehlung an die Regierung aussprechen sollen.

Probleme der Taktik

So beachtenswert der Aktivismus ist, er hat auch Grenzen, denn diese Taktik kann momentan nur von einem begrenzten, privilegierten Kreis von Aktivist_Innen angewandt werden. Insbesondere Menschen mit einem unsicheren Aufenthaltsstatus können es sich schlicht nicht leisten, verhaftet zu werden. Auch Menschen in bestimmten Berufen, mit offenen Verfahren oder auf Bewährung sind von solchen Aktionen ausgeschlossen.

Andererseits drückt sich in den Aktionen des zivilen Ungehorsams und den Forderungen eine Scheinradikalität aus. Die Aktionen wirken radikal und aufopfernd aber ersetzen bei XR konkrete Lösungsvorschläge. Diese werden dann doch der Öffentlichkeit, den Investor_Innen und Regierungen überlassen. „Beyond Politics“ bewegt sich unterm Strich völlig im Rahmen der bestehenden kapitalistischen Politik und die ersten zwei Forderungen gehen über Bitten an die Politik der Regierungen nicht einmal hinaus. Weiterhin ist die dritte Forderung undemokratisch, denn Bürger_Innenversammlungen stellen keine demokratisch gewählten Vertreter_Innen dar. Was wie breite Beteiligung wirkt, ist in Wirklichkeit eine Verschleierung der Kräfteverhältnisse im kapitalistischen Staat. Die Frage, welche Klasse den Ton im Staat angibt, wird ausgeklammert.

Es sind die Eigentümer_Innen von Stromkonzernen, Autokonzernen und Transportunternehmen, die in unserem System herrschen und deren Macht in der parlamentarischen Demokratie verschleiert wird. Sie haben insofern kein Interesse daran einen effektiven Klimaschutz zu schaffen, sobald er ihren Profitinteressen entgegensteht. Die heutige Klimakrise geht auf ihre Kappe – genauso wie auf die Kappe der Regierungen, die XR um eine Lösung der Klimakrise bittet.

Weiterhin ist die Umweltzerstörung ein globales Problem, welches nur international gelöst werden kann. Solange sich die Weltwirtschaft in den Händen konkurrierender kapitalistischer Blöcke befindet, wird keine internationale Zusammenarbeit beim Klimawandel möglich sein. Wir müssen die großen Energie-, Verkehrs- und Verschmutzungsindustrien enteignen und demokratisieren, ihre technischen Befugnisse und Vermögenswerte zusammenführen, um den Übergang zur nachhaltigen Produktion zu beschleunigen, ja überhaupt erst zu ermöglichen.

Welche Aktionsform?

Daher fordern wir massenhafte, kollektive Aktionsformen, die den Kern der verantwortlichen Industrien treffen: Streiks, Besetzungen, Massendemonstrationen. Auch eine Platzbesetzung wie sie XR in London ausgeführt hat kann sinnvoll sein. Es braucht aber vor allem demokratisch gewählte Organe von Arbeiter_Innen, Unterdrückten und Jugendlichen, welche die im Rahmen von FFF und XR begonnen Aktionen verstärkt international koordinieren und daraus Räte und Komitees entwickeln, die die Umstrukturierung der Industrie selbst vornehmen.

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage der Gewaltfreiheit. Da es hierbei um das Überleben der Menschheit geht, ist eigentlich klar, dass im Notfall leider Gewalt angewendet werden muss. In der Tat ist die Alternative dazu es weiter zuzulassen, dass Klimakiller unsere Umwelt zerstören, alles andere als gewaltfrei. Sie bedeutet nämlich massenhafte Vertreibung und letztlich die Zerstörung der Lebensgrundlage vieler Millionen Menschen.

Die Frage ist, welche Art von Gewalt und Aktionsform für uns sinnvoll ist. Sicher können „Die-Ins“ genauso wie die Aktionen von Ende Gelände kurzzeitig einen Ablauf in der Industrie oder im öffentlichen Leben stören und ein medienwirksames Symbol darstellen. Wirklich unter Druck setzen wird dies aber weder Regierung noch Konzerne. Erst eine massenhafte militante Streikaktion kann das tun. In diesem Sinne sollten die Schulstreiks fortgeführt werden und die Verbindung zu Arbeiter_Innen suchen. Die Polizei wird nicht dazu geneigt sein, solche Aktionen mit Samthandschuhen und Humor zu behandeln – aber diese können organisiert und kollektiv verteidigt werden.

Wie gehen wir mit XR um?

Wir glauben, dass es notwendig und richtig ist sich solidarisch mit XR zu zeigen, denn sie kämpfen für ein richtiges und notwendiges Ziel. Sie schaffen es tausende Jugendliche anzusprechen, zu politisieren und in einen Konflikt mit dem herrschenden System und seinen Repressionsorganen zu bringen. Wir fordern: Keine Repression gegenüber den Aktivist_Innen! Fallenlassen aller Verfahren und Freiheit für die politischen Gefangenen!

Gleichzeitig denken wir, dass andere Aktionsformen notwendig sind, um den Kampf gegen Umweltzerstörung weiterzutreiben. Es braucht nicht nur eine Radikalität in Aktionen, sondern vor allem in Losungen und Forderungen, wie wir einige oben angerissen haben. Deshalb bieten wir mit diesem Artikel XR und allen anderen Interessierten eine Diskussion über Aktionsformen und politische Ausrichtung an.




Antifa heißt CDU wählen? What the fuck?!

Peter Böttcher

Es gibt Tage, an denen Linke „verkehrte Welt“ zu spielen scheinen. Zum Beispiel, wenn sie staatliche Repression gegen andere Linke befürworten und bei Hausdurchsuchungen bei vermeintlichen Mitgliedern unliebsamer Gruppen ganz unverhohlen ihre Schadenfreude äußern. Oder aber eben, wenn sie sogar zur Wahl von CDU-Kandidaten aufrufen. So heißt es in einem Tweet der Linksjugend Görlitz (Ostsachsen) vom 15.06.2019: ,,Antifa heißt CDU wählen, jedenfalls in #Görlitz“. Hintergrund dessen war die am 16.06. stattgefundene Stichwahl zum Oberbürgermeister (OB) in Görlitz. Görlitz liegt an der polnischen Grenze und ist eine von vielen sächsischen Städten, in denen die AfD zur Kommunalwahl die meisten Stimmen erhielt. Der OB-Kandidat der AfD für Görlitz, Sebastian Wippel, erzielte im ersten Durchgang 36,4%. Der CDU-Kandidat Octavian Ursu kam im ersten Wahldurchgang Ende Mai auf gerade mal 30,3% der Stimmen. Der Grund für den Tweet der Linksjugend Görlitz war also die Angst davor, dass die Stadt beinahe bundesweit die erste geworden wäre, in der die AfD den Oberbürgermeister stellt. Franziska Schubert (Grüne) und Jana Lübeck (DIE LINKE) haben auf eine eigenständige Kandidatur in der zweiten Runde verzichtet und stattdessen zur Wahl von Octavian Ursu von der CDU aufgerufen. Somit standen sich zur finalen Stichwahl nur ein Kandidat der CDU und der AfD gegenüber. Neben den Parteien DIE LINKE und den Grünen riefen auch die SPD und Görlitzer Wählerbündnisse zur Wahl des CDU-Kandidaten Octavian Ursu auf. Die finale Stichwahl war sehr knapp und bis zuletzt ein Kopf-an-Kopf Rennen. Jedoch konnte sich Octavian Ursu mit 55,2% der Stimmen knapp gegen den AfD-Kandidaten Sebastian Wippel durchsetzen 44,8%. Das heißt, ein (Wahl-)Bündnis über alle Parteien hinweg hat letztlich den Sieg eines rechtspopulistischen OB-Kandidaten verhindert.

Als Linke CDU wählen – wirklich alternativlos?

LINKE- Politiker Mirko Schulze schrieb: ,,Ich habe es getan, zum ersten Mal in meinem Leben CDU gewählt, kein gutes Gefühl, aber heute wirklich alternativlos“. Doch ist der Aufruf zur Wahl eines CDU-Politikers durch eine linke Partei und ihren Jugendverband tatsächlich alternativlos? Wir sollten nicht vergessen, dass es die CDU war, die durch ihre neoliberale Politik, durch Sozialkürzungen, sogenannte „Sparmaßnahmen“, die Ausweitung von prekären Beschäftigungsverhältnissen wie Leih- und Teilzeitarbeit und eine Anpassung an die Programmatik der Rechtspopulist_Innen erst der AfD in die Hände gespielt hat. Auch ist es die CDU, die mit ihrer Politik maßgeblich für den Ausverkauf der ehemaligen DDR, für die massive Vernichtung von Arbeitsplätzen und auch für die krassen Lohnunterschiede zwischen Ost und West verantwortlich ist. Die CDU ist also selbst Teil des Problems und eben keine Alternative. Ihre neoliberale Politik ist der Heizkessel des Siegeszuges der AfD, ihre rassistische Rhetorik kaum von jener der Rechtspopulist_Innen zu unterscheiden und ihre Umsetzung von Forderungen der AfD und Verabschiedung rassistischer Gesetze bestätigt lediglich weiter die rechten Wähler_Innen. Eine Partei, die für die Abschiebung tausender Geflüchteter, für Repression gegen Linke, für eine unsoziale Politik und die Abwälzung der Krisenlasten auf die Lohnabhängigen, für die Verschärfung der Asylgesetze und Verabschiedung von autoritären Polizeigesetzen verantwortlich ist, sollte eigentlich von Linken nicht durch eine Wahlempfehlung gewürdigt werden. Eine solche Partei muss bekämpft statt gewählt werden.

Warum gibt es kein kleineres Übel?

Die Argumentation der Görlitzer Genoss_Innen ist: Die CDU sei übel, aber immerhin ein kleineres Übel als die AfD. Es stimmt zwar, dass die AfD in vielen Punkten die CDU an Ekelhaftigkeit noch überbietet, allerdings ist es dennoch ein Trugschluss, daraufhin für die Wahl der CDU aufzurufen. Um das zu verstehen ist es notwendig in Kategorien von Klassen zu denken. (FUSSNOTE: Andersherum ist es ebenso notwendig sich von diesen Kategorien zu verabschieden, um die CDU zu wählen). Die Arbeiter_Innenklasse ist das revolutionäre Subjekt im Kapitalismus, unsere Aufgabe muss es sein, sie zu organisieren, um den Sturz des kapitalistischen Systems zu erreichen. Aus verschiedenen Gründen ist das Bewusstsein der Arbeiter_Innen allerdings aktuell weit davon entfernt, stattdessen unterstützen auch viele Arbeiter_Innen die AfD. Einer der wichtigsten Gründe dafür ist aber, dass die „linken“ Arbeiter_Innenorganisationen wie SPD und LINKE es eben nicht geschafft haben, die richtigen Handlungsvorschläge an die Arbeiter_innen zu formulieren, sondern stattdessen einen Verrat an den Interessen der Arbeiter_Innenklasse nach dem anderen begangen haben. Jetzt jeglichen Inhalt völlig fallen zu lassen und sich der CDU, also einer Partei, die ganz klar den Klassenstandpunkt der Bourgeoisie vertritt, unterzuordnen, ist also das genaue Gegenteil von dem, was notwendig wäre, um das Vertrauen der Klasse zurückzugewinnen. Die CDU sagt Danke und holt morgen zur nächsten Repression gegen Linke und zu sozialen Angriffen auf Arbeiter_Innen aus.

Alternative

Stattdessen hätte die LINKE die eigene Kandidatur aufrecht erhalten müssen, auch wenn sie die Wahl verloren hätte. Sie hätte zur Wahl der LINKEN gegen die AfD aufrufen und unter einem klaren Programm, dass die drängendsten Probleme aufgreift, mobilisieren müssen. Ein solches Programm fordern wir von ihr auch zur kommenden Landtagswahl, wobei wir zur kritischen Wahlunterstützung der LINKEN aufrufen. Doch durchs Kreuzchensetzen allein wird sich der Rechtsruck nicht aufhalten lassen.

Nur durch den gemeinsamen Widerstand von Arbeiter_Innenorganisationen, LINKE, SPD, linken Gruppen und den Gewerkschaften gegen den Rechtsruck, Rassismus & die AfD, aber auch gegen die unsoziale, neoliberale und oftmals nicht minder rassistische Politik der Regierung ist das möglich.

Es braucht dafür Aktionskomitees in Betrieben, Schulen und Unis sowie eine Aktionskonferenz, auf welcher der antirassistische Kampf verstetigt und koordiniert werden kann. Wir von REVOLUTION haben einen Anfang gemacht und am 28.06. in Dresden einen Schulstreik unter dem Slogan „‚Fridays Against Racism – Schulstreik gegen Rassismus, Sexismus, Neoliberalismus & Umweltzerstörung“ organisiert und gezeigt, was Antifaschismus heißt: nämlich konsequenter Kampf auf der Straße gegen den Rechtsruck und den Kapitalismus! Dafür kämpfen wir auch auf der #unteilbar Demo in Dresden am 24. August in Dresden – schließ dich uns an!




Fridays for Future: Wie können wir gewinnen?

Lars Keller

29.07.2019

Nach rund einem halben Jahr Fridays for Future in Deutschland sind wir nicht mehr wegzudenken! Trotz allem Gelaber von wegen wir sollen das mit der Energiewende „den Profis“ überlassen, trotz diverser Drohungen von Schulleitungen und Kultusministerien, trotz aller Angriffe die wir uns anhören müssen, bloß weil man ein „total stromfressendes Smartphone“ nutzt.

In Aachen waren wir am 21.06 beim ersten gemeinsamen europäischen Klimastreik mit rund 40.000 auf der Straße – der bisher größte Erfolg. Einen Tag später trugen wir unseren Protest direkt vor die Haustür des Rheinischen Braunkohlereviers – der größten CO² Schleuder Europas. Zusammen mit einem Teil von Ende Gelände liefen wir am Tagebau Garzweiler II entlang ins von den Baggern bedrohte Keyenberg. Es gab sogar schon Streiks die über den wöchentlichen Freitagstermin hinausgingen und einige Tage andauerten!

Aus der Bundespolitik erreicht uns angesichts der Mobilisierungserfolge von Fridays for Future nicht nur Kritik – von LINKE über Grüne und sogar bis hin zur CSU erreichen uns Komplimente von Berufspolitiker_Innen für unser „tolles Engangement“ und „Interesse an Politik“. Aber dieses ganze Geschwätz bringt uns nichts für unsere Zukunft. Das erkennen viele von uns. Immerhin ist die Untätigkeit dieser parlamentarischen Schwätzer_Innen etwas ernsthaftes gegen die Zerstörung unseres Planten und Klimas zu tun überhaupt erst der Grund, warum wir zu Tausenden auf die Straße gehen!

Diese Untätigkeit trifft auf alle Parteien im Bundestag zu. Die AfD macht es sich am einfachsten und leugnet den menschlichen Einfluss auf das Klima. Aber auch die anderen Parteien kommen nicht gut weg: Die Linke und SPD haben in Brandenburg dem Ausbau des Tagebaus Welzow zugestimmt, die Grünen die Abholzung des Hambacher Forstes abgesegnet und das unsinnige Stuttgart 21 unterstützt, die FDP und CDU erst den Ausstieg aus der Atomkraft zurückgenommen um dann nach dem Unfall von Fukushima das Ganze doch wieder umzudrehen. Außerdem beteiligten sich Grüne, SPD, CDU und FDP an dem faulen Kohlekompromiss (Ausstieg aus der Braunkohleverstromung erst 2038) – genauso wie die NGOs Greenpeace und BUND übrigens auch.

Was brauchen wir jetzt?

Viele in Fridays for Future stellen sich die Frage, wie die Bewegung weiterkommen und siegen kann – so auch wir. Doch was wollen wir überhaupt erreichen? Bundesweit tritt Fridays for Future für die Einhaltung des 1,5 Grad Zieles, Ausstieg aus der Kohle bis 2030 sowie Nettonull bis 2035 ein. Einige lokale Gruppen, wie z.B. Frankfurt am Main gehen bereits darüber hinaus und fordern die Gemeinden und Kommunen zum konkreteren Handeln auf. Es zeigt sich: Viele von uns geben sich nicht mit den wenigen bundesweiten Punkten von Fridays for Future zufrieden und treiben den Kampf auf lokaler Ebene weiter.

Weit verbreitet ist dabei das Mittel des „Klimanotstandes“. Derzeit läuft eine Petition diesen bundesweit durchzusetzten. Ziel ist, Kommunen dazu zu verpflichten, aktiv gegen den Klimawandel vorzugehen. Wir finden, dass das ein nettes Symbol ist, das aber noch viel weiter getrieben werden muss! Wenn Konzerne trotz aller Mahnungen nicht bereit sind, aus der Braunkohleverstromung auszusteigen, Banken weiter in Klimakiller investieren oder Industrien weiter Verbrennungsmotoren bauen, dann müssen wir die Chefetagen leider austauschen – und zwar durch wähl- und abwählbare Komitees aus den Arbeiter_innen und Wissenschaftler_innen (sowas nennt man auch Enteignung und Kollektivierung).

Das wäre die logische Konsequenz eines Klimanotstandes. Wenn für die Reichen der Profit über dem Klima steht, dann müssen wir halt dafür sorgen, dass das Klima Vorrang bekommt! Nur so kann eine ökologische Umstrukturierung der Gesellschaft erfolgen: Wir nehmen den Profit und das Kapital der Konzerne und Industrien und kontrollieren demokratisch zusammen mit den Arbeiter_Innen dieser Industrien, wie damit zum Beispiel die schnellstmögliche Energie- und Verkehrswende erfolgen und finanziert werden kann.

Das sehen leider viele Aktivist_innen in unserer Bewegung nicht so. In Aachen zeichnete sich allerdings auch eine Polarisierung in der Bewegung ab. Neben dem Pol um die Partei die Grünen, BUND, Greenpeace, campact usw. gab es auch einen sichtbaren antikapitalistischen Pol. Wir als eine der antikapitalistischen Kräfte hielten einige Workshops ab und diskutierten dabei auch die Frage von Revolution und Sozialismus als Lösung der Klimakrise. Es gab dabei viele Kritiken an unserer Position, aber auch Zustimmung. Bedeutend war aber nicht bloß der Inhalt der Diskussion, sondern auch die Diskussion selbst. Wir denken, dass eine lebendige, breite Diskussion um die politische Ausrichtung der Bewegung entscheidend für das Weiterkommen von Fridays for Future ist. So kann die Bewegung in der Basis verbreitert werden, sich gegen politische Angriffe rüsten und für Diskussionen mit Arbeiter_Innen und Gewerkschaften aufstellen.

Um‘s konkret zu machen: Wir sind dafür, dass Debatten und Abstimmungen nicht bloß auf Ortsgruppen oder Plena beschränkt sind, sondern bereits auf den Kundgebungen und Demos oder unmittelbar danach in Versammlungen stattfinden. Dort sollten auch die bundesweiten Delegierten gewählt werden, die wöchentlich gegenüber der gesamten Bewegung Bericht erstatten, was läuft und umgekehrt die Bewegung die Möglichkeit hat, wöchentlich die Delegierten neu zu bestimmen. Das schließt auch mit ein, dass transparent offengelegt wird, ob die Delegierten auch in NGO‘s, Organisationen oder Parteien aktiv sind. So bekommt auch die Führung einen demokratisch legitimierten Charakter und wird rechenschaftspflichtig gegenüber einer breiten Basis.

Auch braucht es bei der gegenwärtigen Bewegungsdynamik häufigere, regelmäßige bundesweite Konferenzen, die für alle sozialen Hintergründe von Schüler_Innen bezahlbar sind. Wenn bei Fridays for Future tausende auf die Straße gehen und Massenaktionen wie in Aachen durchgeführt werden, so bringt das auch eine hohe Arbeitsbelastung für führende, anleitende Aktivist_Innen mit.

Bisweilen zogen sich manche auch aufgrund von Überlastung raus. Auch hier schafft eine verbreiterte Demokratie und Debatte Abhilfe und zieht mehr Aktivist_Innen in die Aufgaben. Wöchentliche Abstimmungen, Berichte und Aufgabenverteilungen an die gesamte Bewegung können dafür sorgen, dass viel besser auf die Dynamik der Bewegung reagiert werden kann.

Wir müssen uns auch überlegen, wie wir auf vermehrte Drohungen über Bußgelder und Strafen von Schulleitungen und Kultusministerien antworten wollen. Auch hier liegt für uns die Lösung in einer möglichst breiten Verankerung der Bewegung auch in den Schulen selbst. Streikkomitees an Schulen können vor Ort Aktionen gegen Angriffe vom Direx durchführen. Wenn die Schulleitung unbedingt Fächer unterrichten will, die es nur Freitags gibt, dann zwingen wir sie halt dazu, dass Fach wann anders zu machen.

Kurz gesagt: Wenn sich 10.000 statt 500 lokal an Fridays for Future beteiligen, gibt‘s auch mehr Leute, die was machen, diskutieren und vorantreiben wollen. Eben das muss sich in der Führung einer Bewegung widerspiegeln und kann auch nicht durch WhatsApp und Telegram ersetzt werden – für diese virtuellen Gruppen haben nicht alle dieselben Ressourcen und eine strukturierte Diskussion ist wegen mehreren Themen gleichzeitig oft unmöglich.

Globaler Klimastreik – aber wie?

Der nächste große Mobilisierungsschwerpunkt für Fridays for Future ist der Globale Klimastreik am 27. September. Das bietet aus unserer Sicht gleich drei positive Möglichkeiten für die Bewegung:

Erstens, weil der Klimawandel ein globales Phänomen ist und daher nicht in einem Land isoliert bekämpft werden kann. Das ist uns allen natürlich bekannt.

Zweitens ist der Klimawandel aber nicht bloß ein weltweites Problem, er hängt auch unmittelbar mit Rassismus zusammen. Warum ist das so? Nun, wenn zum Beispiel Menschen aus der Subsahara wegen Dürre fliehen müssen und dann auf die Festung Europa treffen, dann ist das Rassismus. Wenn umgekehrt reiche Länder – wir würden sagen imperialistische Länder – Produktionen in arme Länder (Halbkolonien) auslagern, Müll dorthin exportieren, Raubbau an den dortigen Ressourcen betreiben, dann verschärft das wiederum umgekehrt die dortigen schlechten Lebensverhältnisse.

Deshalb müssen wir den Kampf gegen die Klimakatastrophe mit einem Kampf gegen Rassismus verbinden und ganz klar sagen: Grenzen auf! Klimawandel ist eine Fluchtursache! Zwangsläufig muss auch das ein internationaler Kampf sein um z.B. bessere Lebensverhältnisse und gegen Überausbeutung in der halbkolonialen Welt. Hierbei stehen uns wieder jene Konzerne entgegen, die von der Überausbeutung profitieren – auch hier sagen wir: Enteignung der Konzerne, Kontrolle der Arbeiter_Innen über die Produktion und weltweiter, demokratische Plan zum Aufbau der armen Länder in Verbindung mit einem Notprogramm gegen die ökologische Katastrophe.

Drittens ist der Aufruf zum globalen Klimastreik ein Aufruf zu einem Generalstreik. Der umfasst nicht bloß Schüler_Innen, sondern vor allem auch die, die all den Reichtum der Gesellschaft produzieren: Die Arbeiter_Innen. Der Klimawandel betrifft uns alle und zusammen können wir einfach mehr Druck ausüben. Zum Beispiel haben doch auch viele Lehrer_innen bereits gesagt, dass sie unsere Proteste unterstützenswert finden, doch was wäre, wenn unsere Lehrer_innen, Sozialarbeiter_innen, Sonderpädagog_innen, Erzieher_innen und Bibliothekar_innen nicht mündlich solidarisch sind, sondern selber streiken? Dafür muss die Bildungsgewerkschaft GEW sie zum Streik aufrufen. Auch die Gesundheitsberufe sind betroffen, denn mit der globalen Erderwärmung wird eine riesige Welle von medizinischen Notfällen auf Sie zukommen. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di rufen wir deshalb ebenso zum Streik auf wie alle anderen Gewerkschaften.

Nun stellt sich die Frage, wie können wir Arbeiter_Innen und ihre Organisationen für den globalen Streik gewinnen? Ein erster Schritt ist ein Aufruf einiger Linken in den Gewerkschaften, den Streik zu unterstützen. Wir können versuchen, ihn möglichst weit zu streuen und an lokale Gewerkschaftsinitiativen oder Büros zu versenden. Aber das allein wird nicht reichen. In Deutschland sind politische Streiks (also Streiks, die nicht direkt was mit Löhnen oder Arbeitszeit zu tun haben) illegal und die Führungen der Gewerkschaften sind viel zu feige dagegen anzukämpfen. Sie werden im Gegenteil versuchen, die Arbeiter_Innen vom Streik abzuhalten.

Auch die Arbeiter_Innen stehen uns teilweise feindlich gegenüber. Gerade die in der Kohleindustrie oder der Automobilbranche fragen natürlich: Wie behalte ich bei der Energiewende mein Einkommen. Da bringt‘s uns nix einfach zu rufen: „Es gibt kein Recht auf Kohlebagger fahren!“. Wir müssen uns im Gegenteil darüber klar werden, dass der schnellstmögliche Ausstieg aus der Braunkohle nur durch die Arbeiter_Innen passieren kann, wir allein als Schüler_Innen besitzen dafür leider nicht die Macht. Deswegen: Warum nicht mal eine Freitagskundgebung vor einem Braunkohlemeiler, einer Autofabrik oder einem Busdepot machen und die Diskussion suchen? Dabei müssen wir klar machen, dass wir die Bosse für die Energiewende zahlen lassen wollen und dass eine von den Beschäftigten selbst bestimmte Umstrukturierung der Produktion stattfinden soll. Oder warum nicht mal zu den Gewerkschaften gehen und sie auffordern, den Klimastreik einfach zu unterstützen und auf das eingeschränkte Streikrecht zu scheißen? Es gibt hierbei keine Garantie auf Erfolg, aber wir glauben, dass für Fridays for Futures eigene Zukunft als Bewegung entscheidend sein wird, von der Schüler_Innenbewegung zu einer Bewegung der Arbeitenden und Jugendlichen global zu werden. Also müssen wir zumindest probieren, die offensten, radikalsten, jugendlichsten Teile der Arbeiter_Innen zu gewinnen. Dass das möglich ist, beweisen die bereits jetzt schon vorhandenen Azubis und Arbeiter_Innen, die sich solidarisch mit der Bewegung zeigen.

Wir haben hier nur einige unserer Gedanken zu Fridays for Future zusammengestellt. Wenn ihr Bock habt sie mit uns zu tiefergehend zu diskutieren, schreibt uns an! Wir kommen auch gern zu Eurer Fridays for Future Aktion oder Ortsgruppe!