Personalmangel an Schulen: Mehrarbeit und Yoga sollen es richten

Von Christian Gebhardt, Februar 2023. Wir spiegeln diesen Artikel von der Gruppe Arbeiter:innenmacht

Die Katze ist aus dem Sack: Zu viele Schüler_Innen treffen auf zu wenig Lehrkräfte. Es herrscht Lehrkräftemangel an unseren Schulen. Laut dem Berater_Innengremium „Ständige Wissenschaftliche Kommission“ (SWK) der Kultusminister_Innenkonferenz (KMK) fehlen jetzt schon 12.000 Stellen und in den kommenden Jahren soll diese Lücke jährlich um etwa 1.600 Lehrer_Innen ansteigen.

Diese Lage ist der KMK nicht erst seit heute bewusst. Und natürlich nimmt jede_R Beschäftigte_R in einer Bildungseinrichtung schon lange das zunehmende Problem wahr. Jedoch sind die oben angesprochenen Zahlen der KMK mit Vorsicht zu genießen. Studien des Bildungswissenschaftlers Prof. Dr. Klaus Klemm, die er im Auftrag unterschiedlicher Organisationen wie z.B. der GEW oder des VBE (Verband Bildung und Erziehung) durchgeführt hat, sprechen eher dafür, dass die KMK ein stark geschöntes Bild zeichnet und mit einer weitaus größeren Lücke bis 2030 zu rechnen ist.

Das dahinter liegende Problem zeichnet sich wie folgt: Geburtenschwache Jahrgänge nehmen in den kommenden Jahren ihr Studium auf, während geburtenstärkere eingeschult werden – eine größere Schüler_Innenschaft steht einer kleineren Anzahl an potentiell neuen Lehrer_Innen gegenüber. Die Zunahme der Schüler_Innenzahlen durch Migration von Geflüchteten verstärkt diesen Effekt noch. Hier wird zwar gerne nach einem Sündenbock gesucht, doch den alleinigen Auslöser für das Problem stellt diese bei weitem nicht dar.

Laut Klemm basieren seine Berechnungen wie die der KMK auf einer ähnlichen Annahme des Anstiegs der Schüler_Innenzahl bis 2030 sowie ähnlicher Zahlen der notwendigen Stellen. Interessant wird es aber, wenn ein Fokus darauf gerichtet wird, wie sich das Neuangebot frisch ausgebildeter Lehrkräfte bis 2030 entwickelt. Die KMK geht hier von einer konstant bleibenden Zahl aus. Klemm prognostiziert im Gegensatz dazu ein Sinken der Anzahl jährlich neu ausgebildeter Lehrkräfte. Dies begründet er durch den Verweis auf die oben schon angesprochenen geburtenschwachen Jahrgänge, die in den kommenden Jahren ihr Studium beginnen werden. Weniger potenzielle Lehramtsstudierende bedeuten auch eine geringere Anzahl an Neulehrkräften. Die Rechnung der KMK beschreibt er in diesem Punkt als schlicht unseriös.

Durch diese unterschiedliche Herangehensweise sieht Klemm im Gegensatz zum KMK für 2030 einen Lehrkräftemangel von 81.000 voraus (480% mehr als die KMK). Wichtig anzumerken bleibt, dass diese Zahl notwendig ist, um nur den derzeitigen Status quo aufrechtzuerhalten.

Um bildungspolitische Ziele wie Inklusion, Ganztagsausbau, zusätzliche Betreuung geflüchteter Jugendlicher zu gewährleisten oder die durch Corona entstandenen Lernrückstände aufzuholen, werden noch viel mehr neue Lehrkräfte benötigt. Die wirkliche Zahl beläuft sich laut Klemm daher bis 2030 somit auf weit über 100.000 Fehlstellen, möchte man diese ausgerufenen Ziele auch wirklich erreichen.

Problem erkannt, Problem gebannt?

Nach den obigen Ausführungen können wir schon einmal festhalten, dass die KMK das Problem nicht erkennen, sondern politisch kleinreden und leugnen möchte. Auch bei dessen Lösung sieht es nicht besser aus.

Am 27. Januar 2023 stellte die KMK die Vorschläge der SWK vor. Darin wird u.a. Folgendes vorgeschlagen:

  • Die Möglichkeit der Teilzeit soll eingeschränkt werden.
  • Die zu unterrichtenden Unterrichtsstunden pro Woche (Deputat) sollen befristet erhöht werden.
  • Auslandsabschlüsse sollen einfacher anerkannt werden, um ausländische Lehrer_Innen schneller einsetzen zu können.
  • Pensionierte Lehrer_Innen sollen aus dem Ruhestand geholt werden.
  • Mithilfe des Fernunterrichts soll eine Lehrkraft nicht nur eine Klasse, sondern mehrere gleichzeitig unterrichten.

Die Vorschläge wurden richtigerweise von der Vorsitzenden der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, als „Ausdruck einer Hilflosigkeit“ sowie als „blanker Hohn“ bezeichnet. Sie weist auch darauf hin, dass u.a. die GEW schon seit Jahren auf die Schönrechnerei der KMK aufmerksam macht. Passiert sei aber nichts. Die GEW verweist auf ihre „15 Punkte gegen den Lehrkräftemangel“, die sie zur Diskussion stellt

In diesem Artikel können wir nicht näher auf alle Punkte des „15-Punkte-Programms“ eingehen. Die Strategie der GEW geht jedoch über ein Anbieten von Diskussionen und Verhandlungen nicht hinaus. Im Grunde ist das überhaupt keine Strategie, sondern nur eine Form des Vermeidens einer offenen Konfrontation mit der KMK. Das Problem soll eher mitverwaltet und „gemeinsam überwunden“ werden, anstatt die Interessen der Beschäftigten darzustellen und offensiv gegenüber der KMK zu vertreten und durchzusetzen.

Was könnte die GEW anders machen?

Einer der Punkte, die die GEW als Lösung vorschlägt ist u.a.:

„Um ausgebildete Lehrkräfte an den Schulen zu halten, müssen die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte verbessert und damit attraktiver werden (Senkung der Arbeitszeit, kleinere Klassen, mehr Ausgleichsstunden, besserer Gesundheitsschutz, höhere Altersermäßigung, Unterstützungssysteme für Lehrkräfte wie Team-Coaching und Supervision usw.).“

Diese Forderungen finden sich nicht umsonst unter „Punkt 1“ ihrer Liste! Sie stellen zentrale Fragen dar, durch den der Lehrer_Innenberuf attraktiver gestaltet werden kann, um so Kolleg_Innen im Beruf zu halten und junge Leute für diesen zu begeistern. Leider widerspricht der Vorschlag der KMK fast allen Forderungen. Dies verdeutlicht, dass hier kein Kompromiss auszuhandeln ist. Es muss sich vonseiten der GEW auf eine langanhaltende Auseinandersetzung und Angriffe auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Schulen und darüber hinaus eingestellt werden.

Für die GEW spielt daher der Kampf um einen „Tarifvertrag Gesundheitsschutz“ und für „kleinere Klassen“ in Berlin eine nicht zu unterschätzende Vorreiterrolle! Dieser wird um eine der zentralen Fragen ausgefochten: Wer holt die Kohlen aus dem Feuer? Die Beschäftigten durch Mehrarbeit und schlechtere Arbeitsbedingungen – und infolgedessen auch die Schüler_Innen und Eltern – oder werden Verbesserungen erkämpft und durchgesetzt, die die Krise im Sinne der Beschäftigen, Schüler_Innen und Eltern lösen?

Um diesen Kampf aber zu gewinnen, muss die GEW in Berlin ihre Streikstrategie ändern. Die bisherigen eintägigen Warnstreiks haben gezeigt, dass sie nicht ausreichen, um den Senat zum Umdenken zu bewegen. Sie sollte die Gespräche für gescheitert erklären, die Organisation sowie Durchführung eines unbefristeten Erzwingungsstreiks einleiten und ihre Kampfkraft zusammen mit den Kolleg_Innen im öffentlichen Dienst, bei der Post und im Nahverkehr auf der Straße vereinigen. Hier können wir positiv auf die Initiative der Jungen GEW Berlin verweisen, die richtigerweise eine Unterschriftenliste gestartet hat, indem sie den Vorstand der GEW Berlin dazu aufruft, die Verhandlungen für gescheitert zu erklären sowie die notwendigen Vorbereitungen und Durchführung eines Erzwingungsstreiks einzuleiten (https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSdDESQdkzQGP6lqAFjbYToI6ylV8LGk9bOyqpJxw-qDr137eQ/viewform).

Bundesweite Solidaritätskampagne für die Berliner Kolleg_Innen!

Die GEW bundesweit muss aber nicht nur zuschauen, was in Berlin passiert, sondern sollte schnellstmöglich damit beginnen, den Kampf ihres Berliner Landesverbandes voll zu unterstützen. Sie sollte eine Solidaritätskampagne initiieren, in der sie Lehrkräfte, Schüler_Innen und Eltern in Solidarität mit dem Berliner Tarifkampf sammelt. Neben dem Aussprechen von Solidarität sollte sie auch darauf abzielen, politischen Druck aufzubauen, indem sie die SPD und LINKE dazu aufruft, ihre Blockadehaltung zu durchbrechen. Hierbei sollte sich gezielt auf diese beiden Parteien fokussiert werden, sind es doch gerade die SPD und LINKE, die am meisten in den Gewerkschaften verankert sind und somit durch eine gewerkschaftliche Initiative erreicht und unter Druck gesetzt werden können. Zusätzlich stellen Parteien wie die CDU oder FDP gewerkschaftsfeindliche Parteien dar, von denen nichts zu erwarten ist. Hier sollte keine politisch diffuse Kampagne gefahren werden, in der Hoffnung ein paar mehr Solidaritätsstimmen zu bekommen. Aus einer klassenkämpferischen Gewerkschaftspolitik muss hier eine Klassenlinie gezogen werden und die CDU bzw. FDP stehen hier auf der anderen Seite.

Eine solche Solidaritätskampagne könnte in zweierlei Hinsicht nützlich sein. Erstens könnte sie dazu führen, exemplarisch in einem Bundesland „Kleinere Klassen“ tariflich festzuschreiben. Zweitens könnte sie auch als Ansatzpunkt fungieren, um diese Forderung in einer bundesweiten Initiative zu kanalisieren und mit weiteren Forderungen des „15-Punkte-Plans“ zu verbinden. Diese bundesweite Initiative sollte diese Forderungen als Bestandteil der kommenden Tarifverhandlungen rund um den „Tarifvertrag der Länder“ (TV-L) vorschlagen und diese in die Tarifverhandlungen integrieren.

So hätten alle Kolleg_Innen im Bildungsbereich, ob Schule oder Kita, die Chance, nicht nur in Berlin, sondern bundesweit zusammen mit unseren Schüler_Innen und ihren Eltern auf die Straße zu gehen und der KMK ein klares „Nein“ auf ihre Vorschläge entgegenzurufen. Wir haben die Krise nicht verursacht! Wir werden auch nicht dafür geradestehen!




FASCHIST_INNEN BLOCKIEREN: Gemeinsam gegen die Naziaufmärsche in Dresden!

Aus: Widerworte #2, Januar 2023 – Bild von Twitter @tmoeritz

Dieses Jahr finden am 10./11./12./13.2. wieder die alljährlichen rechtsextremen Proteste in Dresden statt, die das Thema der Bombardierung Dresdens im 2. Weltkrieg für sich instrumentalisieren. Hierbei betreiben die Nazis offenen Geschichtsrevisionismus und nennen die Bombardierung Dresdens „Den Bombenholocaust“, der 250.000 Opfer gefordert haben soll, so zumindest laut dem Fronttransparent vom letzten Jahr. Dabei ist die Bombardierung Dresdens ein Ereignis, das tatsächlich stattgefunden hat: Im Jahre 1945, am Ende des 2. Weltkrieges bombardierten britische Flugzeuge in der Nacht zum 13. Februar Dresden. Über Jahre hinweg gab es verschiedenste Schätzungen zu Opferzahlen mit den unterschiedlichsten Ergebnissen, doch laut Ermittlungen starben bei der Bombardierung etwa 22.700 – 25.000 Menschen.

Diese Fakten interessieren die Nazis aber nicht, sie haben in der Bombardierung Dresdens ein Ereignis gefunden, das man mit verdrehten Fakten für sich instrumentalisieren & emotionalisieren kann. Denn das, was sie machen, das Sprechen von einem angeblichen „Bombenholocaust“, relativiert schlicht und ergreifend den Holocaust, indem es einen übertriebenen Opfermythos erzeugt, der die Bombardierung Dresdens mit dem Holocaust gleichsetzt.

Doch mit diesem Thema haben es die Nazis in den letzten Jahrzehnten geschafft, rund um den 13.2. viele Rechte auf ihre Demo zu mobilisieren. Begonnen hat diese Tradition 2000 mit einem durch eine rechtsextreme Organisation initiierten „Trauermarsch“. Lagen die Teilnehmer_Innenzahlen 2000 noch bei knapp 500 stiegen sie bis zu ihrem Höhepunkt im Jahre 2005 auf 6500 Teilnehmer_Innen an und stellten den zur damaligen Zeit größten Neonazi-Aufmarsch in Europa dar. In den darauffolgenden Jahren verkleinerte sich die Zahl der rechten Demonstranten, auch aufgrund des Gegenprotestes, der immer präsenter wurde. Vor allem während der Pandemie sanken die Teilnehmer_Innenzahlen immer mehr, sodass auf rechter Seite im letzten Jahr lediglich 400-750 Menschen mobilisiert werden konnten.

Warum betrifft uns der Rechtsruck als Jugendliche und Schüler_Innen?

Dass es seit den späten 00ern in ganz Europa einen starken Rechtsruck gibt und dass dieser in den letzten Jahren noch mal einen gewaltigen Aufschwung erlebt hat, ist kein Zufall. Das lag an der Finanzkrise 2008, die nie wirklich aufgelöst wurde und dem erneuten Zusammenbrechen der Wirtschaft im Zuge der Corona Pandemie. In Zeiten wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Unsicherheit wie Kriegen oder Krisen des Kapitalismus beginnen mehr und mehr Menschen am „Weiter wie bisher!“, am kapitalistischen Status Quo zu zweifeln.

Leider führen diese Zweifel nicht bei allen dazu, das gesamte System zu hinterfragen und sich für eine komplett neue gerechtere Gesellschaftsordnung einzusetzen. Bei vielen anderen ist der Glaube an den Kapitalismus als Naturgesetz so tief verankert, dass sie nach anderen Erklärungen suchen. Für sie leben wir in einem fundamental gerechten System. Wenn es ihnen und ihrem Umfeld beginnt, schlechter zu gehen, dann liegt das nicht am System selbst, sondern daran, dass es missbraucht wird. An einzelnen korrupten Politiker_Innen, einer großen Verschwörung, ‚Eliten‘, Schattenregierungen und „Globalisten“ (womit übrigens fast immer Jüdinnen und Juden gemeint sind). Für sie müssen einfach die richtigen starken Männer an die Macht, die all die Verschwörer_Innen verjagen und wieder Frieden und Wohlstand ins Reich einkehren lassen.

Und die, die gerne solche starken Männer wären, wissen, wie sie die Zeiten der Unsicherheit nutzen können. Indem sie weiter Angst und Hass schüren, um Menschen zu sich zu treiben.

Und sollten sie das tatsächlich schaffen, sieht es für uns Jugendliche finster aus. Was noch mehr und offener Rassismus für nichtweiße Jugendliche bedeutet, muss man gar nicht erst ausführen, aber auch darüber hinaus ist mit Einigem zu rechnen. So greifen Rechte auch massiv in jedes einzelne Leben ein. Sie propagieren die bürgerliche Kleinfamilie mit der fürsorglichen und aufopfernden Mutter, dem strengen, gerechten Vater, der als allmächtiger Patriarch über die Familie verfügt und ihren braven weißen Kindern. Platz für abweichende Geschlechtsidentitäten, Sexualitäten oder schlicht und einfach Jugendliche mit einem eigenen Willen ist hier nicht.

Die finanzielle und rechtliche Abhängigkeit Jugendlicher von den Eltern und von Frauen gegenüber ihren Ehemännern ist für sie begrüßenswert und alles was sie schmälern könnte, lehnen sie ab. Sie versuchen uns Rollenbilder aufzuzwingen und all die bereits erkämpften Fortschritte wieder einzustampfen.

Auch die Krise selbst, für die die Rechten keine Lösung haben, trifft uns als Jugendliche besonders hart. Bildung ist das Erste, an dem gespart wird und auch die Jugendarbeitslosigkeit liegt meist noch deutlich über dem Durchschnitt. Azubis und studentische Hilfskräfte sind die ersten, die gefeuert werden und dadurch auch oft gezwungen, zu ihren Eltern zurückzuziehen oder gar nicht erst auszuziehen. So können sie sich nicht frei entfalten und ins selbständige Leben übergehen. All das sind Konsequenzen von Krise, Kapitalismus und Rechtsruck und sie treffen uns alle. Deswegen müssen wir uns auch alle kollektiv dagegen wehren!

Geht auf die Gegenkundgebungen und beteiligt euch an Aktionen rund um den 13.2., um den Nazis zu zeigen, dass wir ihnen ihren Opfermythos nicht abnehmen. Zur Vorbereitung darauf findet morgen (4.2.) um 16 Uhr ein Demotraining in Dresden (Zentralwerk, Riesaer Str. 32) von uns statt!

Aber lasst es nicht dabei! Wir müssen auch selbst Perspektiven aufzeigen und eine internationale Bewegung als Antwort auf die Krise aufbauen. Wir müssen uns organisieren, an Schulen, Unis und Betrieben. Antirassistische Komitees gründen, uns kollektiv selbst schützen und Nazis keinen Raum mehr lassen, auf der Straße oder anderswo. Wir müssen ankämpfen gegen Sparmaßnahmen in der Bildung und im Sozialen. Nicht wir sollten die Krise zahlen, sondern die, die an ihr noch reicher geworden sind! Gegen sexuelle Unterdrückung und für die körperliche Selbstbestimmung aller! Gegen aufgezwungene Rollenbilder, unausweichliche Ausbeutung und unfreiwillige Abhängigkeit von einer Familie, die man sich nicht selbst ausgesucht hat!




Vollen Support an die junge GEW Berlin!

Der Berliner Ableger der Gewerkschaftsjugend der Bildungsgewerkschaft GEW hat sich mit einem offenen Brief an ihren Landesvorstand gewandt, um einen Erzwingungsstreik zu organisieren. Nach mittlerweile 7 Warnstreiks und 0 Gesprächsbereitschaft seitens des grünen Finanzsenators Daniel Wesener wollen sie den Druck auf den Senat dadurch erhöhen, dass die Verhandlungen für gescheitert erklärt, eine Urabstimmung eingeleitet und zu einem unbefristeten Streik aufgerufen wird, der erst aufhört, wenn das Ziel erreicht ist. Unsere Lehrer_innen kämpfen dabei für einen Tarifvertrag-Gesundheit, dessen Ziel es ist, unsere überfüllten Klassen zu verkleinern. Für sie heißt das: weniger Stress und Arbeitsbelastung. Für uns heißt das: besser Lernen, mehr Zeit und weniger genervte Burn-Out-Mathelehrer. Lasst uns diese Kämpfe verbinden! Wie das genau funktionieren soll, erfahrt ihr in unserer neuen Schüler_Innenzeitung oder auf unserer Homepage. Außerdem findet hier den offenen Brief der jungen GEW zum Nachlesen. Streik in der Schule, Uni und Betrieb: Das ist unsere Antwort auf ihre Politik!

Im Folgenden spiegeln wir den offenen Brief:

Erzwingungsstreik jetzt

Wir fordern den Landesvorstand auf, die Verhandlungen um den Tarifvertrag-Gesundheit mit dem Berliner Senat für gescheitert zu erklären. Wir, die streikenden Lehrer:innen, wollen selbst Einfluss auf die Frage nehmen, wie unser Arbeitskampf geführt wird. Der LV möge deshalb alle nötigen Schritte für eine Abstimmung über einen Erzwingungsstreik einleiten. Wir streiken, bis wir unseren Tarifvertrag haben!

Begründung

Die Arbeitsbelastung in den überfüllten Klassen unserer Schulen ist unzumutbar. Während die Schüler:innenzahlen 2023 weiter ansteigen werden, fehlen noch immer rund 1.000 Kolleg:innen in Berlin. Noch immer hat der Senat keinerlei Schritte unternommen, um diesen Mangel zu beheben.Die Untätigkeit des Berliner Senats hat uns zum Handeln gezwungen. Mit unserem Kampf für einen Tarifvertrag-Gesundheit möchten wir die Arbeitsbelastung für uns alle durch eine gesetzliche Verankerung von kleineren Klassengrößen verringern. So waren wir im vergangenen Jahr mit ganzen sieben Warnstreiks auf der Straße. Wir waren viele und wir waren laut. Auch der Landeselternausschuss hat sich unseren Forderungen angeschlossen. Und trotzdem lehnt der grüne Finanzsenator Daniel Wesener bis heute ab, überhaupt mit uns zu sprechen. Wir finden: Jetzt reicht’s! Wir finden, dass wir mehr Druck machen müssen, um den Senat endlich von seiner Blockadehaltung abzubringen. Wir finden, dass wir einen Erzwingungsstreik zur Durchsetzung unserer Forderungen brauchen.

Während der Senat unsere monatlichen Warnstreiks noch teilweise ignorieren konnte, kann die Bildungsverwaltung bei einem Erzwingungsstreik nicht mehr den Kopf in den Sand stecken und Augen und Ohren vor uns verschließen. Ein Erzwingungsstreik ist unser verfassungsmäßig geschütztes Recht nach gescheiterten Tarifverhandlungen den Druck auf den Arbeitgeber zu erhöhen. Wir fordern deshalb unsere Verhandlungsführer:innen Anne Albers (Leiterin des Vorstandsbereichs Beamten-, Angestellten- und Tarifpolitik) und Udo Mertens (Leiter des Vorstandsbereichs Beamten-, Angestellten- und Tarifpolitik) auf, der Wahrheit ins Auge zu sehen: Erkennt, dass es keine Verhandlungen geben wird, wenn wir den Druck nicht erhöhen! Erklärt die Verhandlungen für gescheitert!Auf mehreren Personalversammlungen hat uns Udo versprochen, im kommenden Jahr die „Daumenschrauben anzuziehen“. Udo, halt dich an dein Versprechen und leite eine Urabstimmung für einen Erzwingungsstreik ein!

Wir lassen uns nicht lähmen von der Verzögerungs- und Hinhaltetaktik des Senats. Wir wollen unseren Tarifvertrag, denn unter den gegebenen Umständen, weiß kaum jemand von uns, wie wir diesen Job, den wir doch alle eigentlich irgendwo auch lieben, die nächsten zehn Jahre weiter machen sollen. Lasst uns deshalb gemeinsam das Thema Bildung auf die Tagesordnung des Berliner Wahlkampfes setzen!

Dafür wollen wir nun endlich „die Daumenschrauben anziehen“. Wir fordern den GEW-Landesvorstand mit diesen Unterschriften dazu auf, alle notwendigen Schritte für einen Erzwingungsstreik in die Wege zu leiten und diesen aktiv zu organisieren. Natürlich freuen wir uns auch über Solidarität von Kolleg:innen aus anderen Bundesländern, denn die Frage von kleineren Klassen betrifft nicht nur Berlin.




Wenn das Paket nicht kommt, ist der Konzern schuld!

Zu den aktuellen Streiks bei der Deutschen Post AG

Von Lia Malinovski, Januar 2023

In der Deutschen Post AG läuft seit einigen Wochen die neue Tarifrunde 2023 inklusive Verhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di. Die Beschäftigten fordern 15 Prozent Gehaltserhöhung bei einer Laufzeit von zwölf Monaten und eine Erhöhung der Ausbilungsvergütungen sowie Entgelte der Studierenden um 200 Euro monatlich. Für diese Forderungen haben zwischen dem 18. und dem 20. Januar über 33 Tausend Beschäftigte in Verteilungszentren, sowie Zusteller_Innen selbst, die Arbeit niedergelegt und gestreikt. Die Post selber hat dabei keinen Schritt auf die Beschäftigten zu gemacht. Die Folge ist nun ein dritter Verhandlungstag und weitere Warnstreiks.

Warum die Forderungen?

Die Forderungen nach 15 Prozent mehr Lohn für alle Tarifbeschäftigten soll den Reallohnverlust durch die Inflation und gesteigerte Lebenshaltungskosten angehen und damit der Verschlechterung der Lage der Angestellten entgegenwirken.

Wenn wir an die Post denken, denken wir meistens an die nette Postbotin oder den netten Postboten, die uns unsere Briefe oder Pakete zustellen oder ärgern uns, wenn mal wieder ein lang ersehntes Päckchen später ankommt als gedacht. In den seltensten Fällen ist uns bewusst, unter welcher Belastung die Beschäftigten stehen – mit einem Monatsgehalt von 2.108 bis 3.090 Euro brutto verdienen die meisten Beschäftigten gerade genug, um in einer kleinen Wohnung zu wohnen und gerade genug zu heizen, um am Ende des Monats noch Geld über zu haben. Seit der Privatisierung der Post haben sich Arbeitsbedingungen ohnehin permanent verschlechtert mit längeren Routen, Zusammenlegung von Briefen und Paketen, der wachsende Onlinehandel und Unmengen an Werbung. Dennoch ist ihre Arbeitsbelastung in den letzten zwei Jahren durch die Pandemie besonders stark gestiegen. Das sieht man besonders gut daran, dass die Post in den letzten zwei Jahren Rekordgewinne im Milliardenbereich erzielen konnte, da mehr bestellt wurde als vor der Pandemie. „Erwirtschaftet wird der Erfolg der Deutschen Post AG von den Kolleg*innen, die uns Tag für Tag Briefe und Pakete bringen und angesichts des hohen Sendungsvolumens vielfach einer hohen körperlichen und psychischen Belastung ausgesetzt sind“, schreibt ver.di zu der aktuellen Tarifrunde. Auch die Lage der Jugend in der Post ist prekär: Viele Jugendliche machen einen Nebenjob als Zeitungsausträger_In. Dabei verdient man im Schnitt gerade mal ein paar Cent pro ausgetragene Zeitung. Einen Stundenlohn gibt es nicht und damit kann auch mal der Mindestlohn wegfallen, der bei Jugendlichen eh kaum Bedeutung hat. Die Ausbildungsgehälter sind mit 900 Euro Monatlich bestenfalls durchschnittlich und schon ohne Inflation nicht genug, durch die Inflation aber deutlich zu wenig. Freie Entfaltung oder Unabhängigkeit von Eltern ist damit nicht zu schaffen. Egal, was Springerpresse und der Post-Konzern sagen: Die Forderungen der Beschäftigten sind notwendig und müssen umgesetzt werden!

Streiken, streiken, streiken…

Aber wie können diese Forderungen umgesetzt werden? Die Konzernbosse sind nicht gerade überzeugt davon, die Forderungen umzusetzen. Für die Beschäftigten bedeutet das, dass der Kampf weitergehen wird und muss. Es muss weitere Streiks geben, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen. Dabei darf die Gewerkschaft aber nicht bei Warnstreiks bleiben: Der Konzern wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Forderungen nicht umsetzen, wenn es nur bei Warnstreiks bleibt. Warnstreiks kann ein Konzern noch verkraften, da sie zeitlich begrenzt und an Verhandlungen gebunden sind. Was gebraucht wird, sind sogenannte Erzwingungsstreiks – also Streiks, die unbefristet sind und bleiben, bis die Forderungen erfüllt sind und die Mehrheit der Beschäftigten für die Beendigung des Streiks abgestimmt hat. Die Beschäftigten müssen sich in Streikkomitees organisieren und die Gewerkschaftsführung unter Druck setzen, eine Urabstimmung über einen Erzwingungsstreik zu starten! Denn von alleine wird sie das wahrscheinlich nicht, dafür ist der Vorstand zu eng verwoben mit „Arbeitgeberverbänden“ und den Konzernbossen. Schon bei den vergangenen Arbeitskämpfen bei der Post hat ver.di immer wieder Verrat begangen, indem sie Streiks abgewürgt oder erfolgreiche Streiks mit einem schlechten Tarifvertrag ausverkauft haben.

Sollte es tatsächlich zu Erzwingungsstreiks kommen, müssen wir uns solidarisch mit den Beschäftigten zeigen. Denn wenn unser Paket nicht kommt, ist das die Schuld des Konzerns, der die notwendigen Forderungen der Beschäftigten nicht umsetzt. Auch dürfen die Streiks nicht isoliert bleiben, sondern müssen eine Verbindung zu den Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, die ebenfalls in die Tarifrunden starten, aufbauen. Letzten Endes muss der Kampf sich für eine basisdemokratische Kontrolle der Beschäftigten einsetzen, mit der die Beschäftigten selbst entscheiden können, wann gestreikt wird, wann nicht und welchen Tarifvertrag man annimmt!

  • Für die Anpassung der Löhne an die Inflation, unter Kontrolle der Beschäftigten selbst! Nicht Konzernbosse, sondern diejenigen, die einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten müssen bestimmen, was sie dafür erhalten!
  • Für zufriedenstellende Ausbildungsgehälter! Wir müssen die Möglichkeit haben, uns unabhängig zu machen und selbst zu entfalten! Wir wollen nicht unsere ganze Jugend bei unseren Eltern verbringen!
  • Für die Einführung eines Stundenlohnes mindestens in Höhe des Mindestlohns für Zeitungsausträger_Innen und die Ausweitung der Tarifverträge auf sämtliche Beschäftigte im Logistiksektor!
  • Für die gemeinsame Organisierung der Beschäftigten bei der Deutschen Post AG und der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst und gemeinsame, unbefristete Streiks, solange die Forderungen nicht erfüllt sind! Gemeinsam sind wir stärker (als die Konzerne)!



Lützerath ist gefallen, doch was haben wir gewonnen?

Nachdem die Großdemo am 14.01 vorbei ist, Lützerath vollständig geräumt ist und auch die Blockaden zu Beginn der Woche vorbei sind, sind die meisten (aber längst nicht alle!) Aktivist_Innen wieder zuhause. Wir haben also Zeit uns aufzuwärmen und die vergangenen Tage (oder Wochen; für manche sogar Jahre) Revue passieren zu lassen. Was haben die vielfältigen Aktionen gebracht? War Lützerath eine Niederlage oder ein Sieg für uns? Unsere Einschätzung findet ihr in diesem Artikel.

Lützerath hat uns stärker gemacht

Die Aktionstage haben viele Leute auf die Beine gebracht. Obwohl alle Altersgruppen vertreten waren, kann angenommen werden, dass viele der Aktivist_Innen Jugendliche waren, die sich im Rahmen von Fridays for Future politisiert haben. Allen Menschen bundesweit wurde in NRW vor Augen geführt, dass der Staat für die Profitinteressen des Kapitals bereit ist, brutal gegen die Umweltbewegung vorzugehen. Außerdem ist das Vorgehen von RWE und der Rückendeckung durch den Staat ein politischer Skandal sondergleichen, inklusive tendenziöser Studien und Bruch des Pariser Klimaabkommens. Das hat die Menschen wütend gemacht und sicherlich auch zusammengeschweißt und radikalisiert. Dies hat man nicht zuletzt auch daran gesehen, dass die Parole „RWE enteignen!“ sehr präsent war.

Denn Lützerath hat wieder einmal klargestellt, dass eine nachhaltige Umweltpolitik nicht das Ziel der Landes- oder Bundesregierung ist. Die Grünen, welche sowohl im Bund als auch auf Landesebene mitregieren, haben diese Politik direkt mitzuverantworten. Hoffen wir, dass nun auch die letzten Menschen ihre Hoffnung auf diese Partei aufgeben. Dass die Regierungen ihre Politik ändern, können sie anscheinend nur mit Zwang erreichen. Auch das wurde in Lützerath offensichtlich. Dafür müssen wir uns natürlich auch militant gegen die Polizei durchsetzen. Das war sicherlich eine zentrale Errungenschaft von Samstag, dass die Bewegung eine massenhaft Widerständigkeit erreichen konnte: Ketten bilden, Anweisungen widersetzen, Bullenketten durchbrechen. Wären wir am Wochenende noch mehr und noch militanter gewesen; Lützerath würde noch stehen und die Bullen würden immer noch im Schlamm feststecken!

Lützerath geräumt, Kohle wird abgebaggert

Doch wir müssen wir feststellen, dass Lützerath geräumt ist und in sehr naher Zukunft den gewaltigen Kohlebaggern weichen wird. Insofern muss die Besetzung Lützeraths isoliert betrachet als gescheitert angesehen werden. Wahrscheinlich hätten auch doppelt so viele militante Menschen die Räumung Lützeraths wahrscheinlich nur weiter verzögert, nicht aber verhindern können. So sehr wir die Fähigkeiten, den Kampfgeist und den Mut der Besetzer_Innen des Hambi, des Danni oder jetzt Lützeraths bewundern, letztlich ist diese Politik in jedem dieser Fälle gescheitert. Vielfach wurde auf diese Aussage hin argumentiert, dass durch die Aktionen die Umweltfrage in das Bewusstsein vieler Menschen gerückt ist und noch mehr (aktive) Unterstützer_Innen gefunden hat. Das stimmt zwar sicherlich und ist auch ein Verdienst dieser Aktionen. Doch es ist nur ein erster Schritt, denn: Was folgt auf die Öffentlichkeit und was sollen die so neu politisierten Menschen jetzt machen?

Perspektive

Wir glauben nicht, dass einfach nur die Besetzer_Innenszene größer werden muss, damit sie erfolgreich sein kann. An den Aktionen können sich aufgrund der Strapazen nämlich quasi nur junge Leute beteiligen. Außerdem muss man für eine längere Besetzung den Job kündigen oder man muss Student_In mit ausreichend finanzieller Unterstützung sein. Mit Kindern kann man auch nicht bei allem dabei sein. Zudem haben viele Leute Angst vor der Repression oder vor der physischen Gewalt der Polizei. Besetzungen sind also nur für einen kleinen Teil der Bevölkerung eine Option. Wenn wir gewinnen wollen, müssen aber viel mehr Menschen aktiv werden. Außerdem sind die Besetzungen auf kleine, einzelne Orte konzentriert. Lützi alleine reicht nicht, wenn irgendwo anders Kohle abgebaggert, neue Gasterminals gebaut, Atommeiler weiter betrieben werden und e.on, statt in erneuerbare Energie zu investieren, Geld an seine Manager und Aktionäre ausschüttet?

Was wir damit sagen wollen, ist, dass der Kampf immer und überall geführt werden muss. In den Betrieben, in den Schulen, in Unis, auf der Straße. So kann jede Person kontinuierlich aktiv sein und sich in Bezug setzen zu anderen Missständen der Gesellschaft. Besonders wichtig ist es dabei den Kampf in die Betriebe zu tragen. Dort sind nämlich die Menschen, die mit ihrer Streikmacht wirklich politische Forderungen durchsetzen können. Glaubt ihr, dass RWE Lützerath abbaggern würde, wenn sich die Arbeiter_Innen der Kohlekraftwerke weigern würden, diese Kohle anschließend zu verbrennen? Auch Streiks in anderen Sektoren können dazu genutzt werden, politische Forderungen in der Klimafrage zu erzwingen.  

Forderungen, wie die Streichung der Schulden des globalen Südens, mehr Investitionen in erneuerbare Energien oder kostenloser öffentlicher Nahverkehr sind anschlussfähige und zentrale Forderungen zur Verbindung von Kämpfen. Doch auch diese können nur durch mächtige Streiks im ganzen Bundesgebiet erkämpft werden. Besetzungen können und müssen einen solchen Kampf natürlich unterstützen, sollten aber nicht das alleinige Ziel der Umweltbewegung sein.

Lützerath ist gefallen, aber der Kampf geht weiter. Wir haben in Lützerath gezeigt, dass wir groß und militant sind. Lässt uns diese Größe und Militanz nun wieder in unsere Städte tragen, damit die Regierung und das Kapital gar nicht erst wieder zu Atem kommt!  




Lützerath, Luisa Neubauer und die Heuchelei der Grünen

Die Grünen regieren nun in der Bundesregierung und in einigen Bundesländern, darunter NRW, in denen gerade ein großer Kampf der Umweltbewegung gegen die herrschende Klasse und ihre Regierung ausgefochten wird. Sind die Grünen dabei eine Unterstützung für die Klimabewegung? Mitnichten! Die Grünen entpuppen sich an der Regierung tatsächlich als eine Partei, die rücksichtslos die Interessen der großen Energiekonzerne vertritt. Das hat sie in NRW bereits bewiesen, als sie in Koalition mit der SPD die Abholzung des Hambacher Forstes genehmigte. Auch die teilweise Abholzung des Dannenröder Forstes in Hessen für den Bau einer Autobahn oder die momentan stattfindende Rodung des Fechenheimer Waldes unter der schwarz-grünen Landesregierung sind allen Klimaaktivist_Innen geläufig.

Grünes Regierungsprogramm: Krieg und Umweltzerstörung

Kaum an der Bundesregierung haben die Grünen ihre Versprechen von Klimagerechtigkeit und Frieden über Bord geworfen. Das Produkt waren gewaltige Waffenlieferungen in das heißeste Kriegsgebiet der Erde (Ukraine) und historische Sanktionen gegen Russland, unter welchen vor allem die russischen Arbeiter_Innen leiden und nicht die Machthabenden. Die Folgen der damit einhergehenden Energiekrise waren schmutzige Gas-Deal mit Katar und ein noch schmutzigerer Öl-Deal mit einem Land, welches 2021 einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führte: Aserbaidschan. Die momentane Energiekrise muss jetzt sogar als Begründung für die Abbaggerung Lützeraths herhalten! Zynischer geht es kaum.

Luisa Neubauer: Linke Flankendeckung

Als die Lage in Lützerath kritisch wurde, machte sich die „Klimaaktivistin“ Luisa Neubauer auf den Weg zum Dorf, um den Protesten beizuwohnen. Man könnte meinen, sie würde mit ihrer Prominenz die Proteste unterstützen. Allerdings hat sie mit ihren Karriereambitionen und dem damit verbundenen Eintritt in die grüne Partei längst die Seiten gewechselt. Ihre Taktik besteht darin, die Umweltbewegung in den Staat zu integrieren, indem sie radikale, antikapitalistische Positionen bekämpft und versucht, die Umweltbewegung zu einer auf der Straße aktiven Wähler_Innenbasis der Grünen zu machen. Sie will uns also dazu bringen, eine Partei zu unterstützen, die überhaupt erst für die Umweltkrise verantwortlich ist! Eine solche Politik ist für gefährlich für die Umweltbewegung, weil sie die Tatsache verschleiert, dass der Staat kein Gehilfe, sondern der Feind im Kampf für eine nachhaltige Umweltpolitik ist. Die grüne Partei hat das, wie oben beschrieben, immer wieder unter Beweis gestellt. Da das Land NRW 50,1 % an der REW Power AG besitzt, sind hier Kapital und Staat sogar direkt verbunden und vertreten deshalb auch dieselben Interessen. Wie sehr ihr dieser Verrat selbst bewusst ist, ist letztlich unerheblich. Entscheidend ist, welche Folgen ihr Handeln für die Umweltbewegung hat.

Taktik der Grünen in Lützerath

Die Grünen sind sich sehr wohl dieser Problematik bewusst und haben die Polizei deshalb zunächst zurückhaltend agieren lassen. Sie wollten sicherstellen, dass die Presse berichtet, als ob die Gewalt von den Besetzer_Innen ausgehen würde. Räumungspanzer, Wasserwerfer und hunderte vermummte und behelmte staatliche Schläger entlarven diese Taktik aber. Schnell war auch die Lüge von einem Molotov-Cocktail aufgetischt. Seitdem wird die Räumung mit Schlagstock, Pfefferspray und schwerem Gerät erbarmungslos durchgeführt. Die Grünen setzen einfach darauf, dass die Menschen ihre Doppelmoral bald wieder vergessen haben. Landtagswahlen in NRW sind sowieso erst wieder 2027. Außerdem können sie teilweise damit rechnen, dass ihre Basis bereits soweit verbürgerlicht ist, dass viele ihrer Wähler_Innen die Räumung zumindest akzeptieren, da sie das Märchen glauben, dass die Kohle unter Lützerath für die Sicherstellung der Energieversorgung essentiell sei.

Wie also mit den Grünen umgehen?

Wir sollten jede Einflussnahme der Grünen auf die Proteste entschieden als Heuchelei zurückweisen. Wenn ehrliche und aufrechte Aktivist_Innen der Grünen die Proteste in Lützerath unterstützen, dann begrüßen wir das natürlich. Allerdings müssen wir mit ihnen ins Gespräch kommen und sie davon überzeugen, dass nur ein Bruch mit den Grünen die Umweltbewegung zum Erfolg führen kann. Gemeinsame Aktionen mit der Arbeiter_Innenklasse wie Demos, Besetzungen und vor allem Streiks können die Regierung und die Konzerne in die Knie zwingen. Ein Hoffen auf die grüne Partei und einsichtige Politiker_Innen kann es nicht.

  • Lützerath bleibt! Gegen die Zerstörung von Wohnraum und die Vertreibung von Menschen für die Profite der Energiekonzerne!
  • Für eine nachhaltige Energiewende unter Arbeiter_Innenkontrolle!
  • Aufbau einer internationalen und antikapitalistischen Umweltbewegung jetzt! Streiks und Besetzungen durch Arbeiter_Innen, Schüler_Innen, Studierende und alle Unterdrückten dieses Systems!



Was bringt es, Schülersprecher_In zu werden?

Von Lia Malinovski

Neues Schuljahr, neue Schulsprecher_Innenwahlen und verändern wird sich sowie nichts? Die Mitbestimmungsrechte in der Schule durch Klassen-, Schulsprecher_Innenwahlen und das Recht Vollversammlungen einzuberufen wurden sich von Schüler_Innen hart erkämpft. Statt echter Mitbestimmung wurde die schulische Mitbestimmung durch Organe der Schüler_Innen jedoch nur zur Integration und Vorbereitung auf die parlamentarisch-repräsentative Demokratie umgestaltet. Kurz gesagt wurde aus echter Mitbestimmung ein bürokratisches Pseudo-System ohne wirkliches Mitbestimmungsrecht. Das sieht man besonders daran, dass vor jede Entscheidung durch die Schüler_Innenvertretung, die der Schulleitung nicht passt, ein Riegel geschoben wird und die Durchsetzung durch scheinheilige Gründe plötzlich nicht mehr geht. Zudem passieren die Wahlen meistens nach Beliebtheit und schon im Voraus ist klar, dass ein Großteil der Ideen eh nicht umgesetzt wird.

Aber warum treten wir dann zur Schüler_Innensprecherwahl an?

Als Kommunist_Innen haben wir keine Illusionen in das pseudodemokratische Mitbestimmungssystem an den Schulen. Jedoch wurde dieses System von Schüler_Innen wie uns erkämpft und wir können und sollten es nutzen, um die Schule zu politisieren und revolutionäre Positionen an die Leute zu bringen. Oft wird so getan, als wäre die Schule ein unpolitischer oder politisch neutraler Ort, der nichts mit der politischen Außenwelt zu tun hat. Die Realität widerlegt diese These: Wer auf welche Schule geht, wer Abitur macht und unter welchen Bedingungen, welche Inhalte gelehrt werden usw. ist sehr stark davon abhängig, aus welcher (sozialen) Klasse man kommt. Kinder von Arbeiter_Innen und Migrant_Innen sind stark benachteiligt, während Kinder von Kapitalist_Innen große Vorteile haben, bessere Bildung bekommen und mehr Möglichkeiten der Selbstbestimmung und Selbstentfaltung haben. Die Schule spiegelt also die Klassengesellschaft wider, und das auch mit allen anderen negativen Facetten: Sexismus, Rassismus, Queerfeindlichkeit usw. sind bittere Normalität. Uns zeigt das, dass wir noch viel zu erkämpfen haben.

Wie machen wir das also?

Wir müssen die Probleme an den Schulen aufzeigen. Wir müssen unsere Mitschüler_Innen dafür sensibilisieren, dass die Schule entgegen dem Gelaber unserer Lehrer_Innen ein politischer Ort ist. Ein Mittel neben vielen dafür können die Wahlen der Schüler_Innenvertretung sein. Durch Wahlkampf und Vollversammlungen – sofern es sowas gibt – haben wir ein Podium zur Verfügung, in dem wir unsere Positionen darlegen können und die Probleme an den Schulen und im Schulsystem benennen können. In vielen Bundesländern gibt es das Recht für die Schüler_Innenvertretung, für alle Schüler_Innen (ihre Mehrzahl) verpflichtende Versammlungen ausrufen zu können, bei denen der Unterricht wegfällt und bei denen das Programm dieser Versammlungen durch die Schüler_Innenvertretung bestimmt wird. Dies nennt man eine Vollversammlung. Solche Plattformen können ebenfalls als Diskussionsplattform genutzt werden und Schüler_Innen eine Stimme bieten, die sie sonst nicht haben. So kann eine revolutionäre Schüler_Innenvertretung die Schule politisieren. Ihr erster Schritt könnte die Organisierung des Kampfes für wirkliche Verbesserungen sein. Aber nur ein erster Schritt, denn Diskussionen und das Aufstellen von Forderungen in Vollversammlungen und der Schüler_Innenvertretung ändern ja noch nichts am aktuellen Zustand.

All das reicht doch noch nicht, um etwas zu verändern, oder?

Als Jugendliche müssen wir uns dort organisieren, wo wir uns täglich aufhalten. Mit verschiedenen Aktionsformen können wir das System unter Druck setzen und unseren Forderungen Gehör verschaffen. Wir können mit Flyern, Flugblättern oder linken Schüler_Innenzeitungen die Probleme benennen und Wege aufzeigen, diese zu bekämpfen. Mit Kundgebungen oder Demonstrationen können wir ein größeres Publikum, auch außerhalb der Schulen, erreichen und auch hier unsere Forderungen verbreiten. Mit genug Masse können schon solche Aktionen kleine Verbesserungen schaffen. Letztlich gibt uns das Mittel des Schulboykotts oder -streiks die Möglichkeit, durch direkte Aktion und Sabotage des täglichen Ablaufes, das System unter Druck zu setzen und wirkliche Verbesserungen zu erkämpfen.

Nicht alle Aktionsformen ergeben zu jeder Zeit Sinn. Und bevor wir über Blockaden oder Boykotte reden können, müssen wir die Schüler_Innen und die Schule politisieren. Bevor wir direkte Aktionen zur Verbesserung durchführen können, müssen wir unsere aktuellen Möglichkeiten ausschöpfen. Es ist anstrengend und macht oft keinen Spaß, mit Mitschüler_Innen über Politik zu diskutieren. Aber wir haben keine andere Wahl. Und es ist auch möglich Erfolg zu haben. Beispielsweise haben erst im September beim letzten großen Klimastreik Schüler_Innen in Darmstadt auf ihre Schule eine eintägige Besetzung mit Streikposten errichtet. Das zeigt doch, dass nichts unmöglich ist.

Deswegen rufen wir zur Beteiligung an den Schülersprecher_Innenwahlen auf. Politisiert eure Schulen, tragt aktuelle, revolutionäre Forderungen in die Schulen und lasst die Schüler_Innen darüber diskutieren!

Mit Glück schafft ihr es sogar, in die Schüler_Innenvertretung zu kommen und habt Möglichkeiten, Mitbestimmung und Freiräume für Schüler_Innen zu erkämpfen. Und selbst wenn nicht – es wird immer Leute geben, die eure Positionen gut fanden oder darüber diskutieren wollen. Ladet sie zu Treffen ein oder organisiert Diskussionsrunden! Gründet ein Aktionskomitee an der Schule!

Wir treten zur Schülersprecher_Innenwahl mit diesen Forderungen an. Ergänzt sie und wendet sie an eure eigenen Schulen an! Ihr wisst am besten, was passieren muss:

  • Für Unabhängigkeit von Staat und bürgerlicher Familie: 1200€ Grundeinkommen für Schüler_Innen auf Staat sein Nacken!!
  • Lehrmittelfreiheit! Schulbücher, Hefte, Stifte und digitale Endgeräte müssen kostenlos für alle sein!
  • Schluss mit den privatisierten Mensen mit Dreckessen! Alle Mensen in öffentliche Hand und Kontrolle über das Angebot und die Preise der Mensa durch Schüler_Innen und Lehrer_Innen.
  • Einen Raum, der den Schüler_nnen zur freien Gestaltung und Nutzung in der Freizeit zur Verfügung steht und finanzielle Mittel, um diesen nach Wunsch auszustatten
  • Eine wähl- und abwählbare (!) Meldestelle für Vorfälle von Diskriminierung
  • Investitionen in unsere Bildung – Holt das Geld vom Militär und von den Reichen her!



End Fossil: Occupy your School!

Die neue aufkommende Klimabewegung End fossil Occupy bereitet sich immer weiter aus. Schon in Frankreich, England, Schottland, der USA, Mexiko, Kanada, Dänemark, Spanien, Deutschland und Portugal gibt es Ortsgruppen von End Fossil. Die Bewegung setzt sich zum Ziel, „die fossile Wirtschaft zu beenden“ und macht dies, indem sie, wie der Name schon sagt, Schulen und Unis besetzt.

In Deutschland hat es schon an mehreren Unis und Schulen Besetzungen und Aktionen gegeben, so wie in Göttingen, wo zwei Schulen und eine Uni momentan besetzt sind. Bei den Besetzungen nehmen sich die Aktivist:innen einen Raum, wie zum Beispiel einen Hörsaal und benutzen ihn um den normalen Ablauf zu stören, so wie Workshops rund um das Thema Klimawandel und was man dagegen tun kann, zu veranstalten. Die Aktionen werden von bundesweiten Forderungen begleitet, so wie von lokalen Forderungen, die konkret an die besetzten Orte angepasst werden. Also so was wie „Solarzellen für das Uni-Dach!“. Einer der wichtigsten Forderungen der Bewegung ist aber “eine Übergewinnsteuer für alle Energieträger“, kombiniert mit der langfristigen Forderung der Vergesellschaftung der Energieproduktion unter demokratische Hand, die nicht profitorientiert sein darf. Außerdem beinhalten die Forderungen noch die Notwendigkeit des Ausbaus von ÖPNV und die sofortige Wieder-Bereitstellung des 9-Euro-Tickets. Langfristig fordern die Aktivist_innen einen kostenlosen ÖPNV. Dazu schließt sich End fossil Occupy auch den Forderungen von Lützi bleibt! ,Debt for Climate und Genug ist Genug an. Daran sieht man, dass End fossil occupy anerkennt, dass ihre Kämpfe nicht isoliert passieren können und aktiv mit anderen Kämpfen gegen den menschengemachten Klimawandel und für die Rechte von Lohnabhängigen verbunden werden müssen.

End Fossil gebührt unsere volle Solidarität! Keine Hetze von Schulleitungen, Dekan, Stadtregierung oder Springer-Presse kann diese brechen. Als Jugendorganisation unterstützen wir die Besetzungen, insbesondere von Schulen, und wollen diese Aktionen voranbringen. Wir unterstützen die 3 Prinzipien „Besetzen bis zum Erfolg!“, „Klimagerechtigkeit“ und „Jugend geführt“ voll und ganz. Wir glauben jedoch, dass wir sie nicht ganz erreichen werden, wenn End Fossil so weiter macht wie bisher. Da wir schon lange sowohl in der Bildungs- als auch in der Klimabewegung aktiv sind, konnten wir dort bereits wertvolle Erfahrungen sammeln. Im Folgenden wollen wir End Fossil deshalb einige Vorschläge machen, wie wir glauben, dass die Besetzungen langfristig Erfolg haben und ihre Ziele auch tatsächlich erreichen können. Uns ist dabei wichtig zu betonen, dass diese Vorschläge nicht von Besserwisser:innen abseits der Barrikade kommen, sondern solidarische Vorschläge von Aktivist:innen sind, die sich selbst aktiv an den Kämpfen beteiligen.

  1. Besetzen bis zum Erfolg

Zum einen halten wir es für wichtig, dass sich die Besetzungen nicht nur auf einen kleinen Kreis von Aktiven stützen, sondern von einem Großteil der Schüler_innen oder Studierenden getragen werden. Dafür müssen wir das Mittel der Vollversammlung nutzen, um mit möglichst vielen Leuten ins Gespräch zu kommen, und die kommenden Aktionen zu planen. So können wir erreichen, dass unsere Besetzungen nicht nur symbolisch bleiben, sondern tatsächlich eine Basis und Unterstützung haben, mit deren Hilfe wir länger bestehen bleiben können. Dabei ist wichtig, dass sich an Schulen und Unis aus den besetzenden heraus Demokratische Streikkomitees gründen, die die Besetzungen koordinieren, sich mit anderen Besetzungen vernetzen und vielleicht auch eigene Flyer erstellen, die andere an Schule und Uni von der Besetzung überzeugen können. Der Zweck davon ist es, damit die Besetzung länger am Laufenden zu halten, so wie die Bewegung so auszuweiten, dass die Besetzungen nicht isoliert bleiben, sondern von anderen Unis und Schulen unterstützt werden. Apropos Unterstützung: Auch die Lehrer_innen und Unibeschäftigten sollten wir für die Ideen unserer Besetzungen gewinnen. Auch sie geht die Klimafrage etwas an und außerdem kritisieren sie immer wieder, zu wenig Mitspracherechte zu haben. Hier bietet sich ihnen mal eine Gelegenheit, ihrem Unmut Luft zu verschaffen. Die Mitglieder der Bildungsgewerkschaft GEW müssen wir aufrufen, die Besetzungen zu unterstützen und diese sollten wiederum ihre Kolleg_innen überzeugen. So können wir unserer Besetzung mehr Rückhalt verschaffen und außerdem auch mögliche Repressionen abwenden.

2. Klimagerechtigkeit

Im Gegensatz zu vielen anderen Climate-Justice-Strukturen und Organisationen traut sich End Fossil die wichtige Forderung aufzuwerfen, dass die Energieproduktion demokratisch und nicht profitorientiert vergesellschaftet werden soll. Da fragen wir uns aber unter wessen demokratischer Hand? Die der Arbeiter:innen? Oder die der Politiker:innen? Deswegen schlagen wir vor, die Forderungen zu spezifizieren. Wir schlagen vor, die Energieproduktion unter der Kontrolle der Arbeiter:innen zu enteignen. Aber wie kann das End Fossil hinkriegen, wenn sie sich als Bewegung an Schulen und an Unis aufbaut?

End fossil muss aktiv in ihren Aktionen die Gewerkschaften und die Arbeiter:innen dazu aufrufen, sich ihnen anzuschießen und ihre Arbeitsplätze zu besetzen und unter eigene demokratische Kontrolle zu bringen. Dies kann sie durch die Aktionen und Besetzungen klarmachen, indem End fossil die Arbeiter:innenklasse aktiv in ihren Forderungen aufruft und darum auch mobilisiert. Die besetzten Räume müssen genutzt werden, um diese Forderungen klar an die Außenwelt zu tragen. Allein das Stören der Normalität und das Besetzen von Unis baut noch nicht den ökonomischen Druck auf das fossile Kapital auf, den es braucht, um damit endlich Schluss zu machen. Bleiben die Besetzungen der Unis isoliert, erzeugt dies zwar Aufmerksamkeit, aber um dem fossilen Kapital tatsächlich den Hahn abzudrehen, müssen wir es durch Streiks und Fabrikbesetzungen dazu zwingen. Eine Solidarisierung mit den aktuellen Tarifrunden in der Metallindustrie und dem öffentlichen Dienst wären erster Schritt, hin zu einem Schulterschluss zwischen Klima- und Arbeiter_innenbewegung. Streikende Arbeiter:innen, Beschäftigte aus der Energieproduktion und Gewerkschafter:innen müssen auf die Vollversammlungen eingeladen werden. Aber auch das Einladen und die Diskussion mit Lehrer_innen oder Renigungspersonal kann gewinnbringend sein. Gemeinsam können wir dann diskutieren und Aktionen planen, denn der Kampf fürs Klima ist letztlich ein Klassenkampf, für unsere Fortexistenz auf diesem Planeten. Die Forderung nach der Enteignung der Energiekonzerne unter Arbeiter:innenkontrolle kann eine wichtige Brücke werden zwischen Klimabewegung und denjenigen, die schon jetzt ihre Nebenkostenabrechnung nicht mehr bezahlen können.

3. Jugend geführt?

End fossil hat es jetzt schon geschafft viele Jugendliche an sich zu ziehen, welche es auch selbst geschafft haben, verschiedene Unis und Schulen überall in der Welt zu besetzen. In ihren Prinzipien versteht sich die Kampagne explizit als „Jugendbewegung“. Als Jugendorganisation teilen wir natürlich die Idee, dass sich Jugendliche selbstständig und unabhängig organisieren sollten. Wir halten es aber deshalb auch für zentral, dass auch Forderungen für die Jugend aufgestellt werden. Das glauben wir, weil Jugendliche in ihrem täglichen Leben und an der Schule nahezu kein Mitbestimmungsrecht haben und von Autoritäten wie Eltern oder Lehrer:innen abhängig sind. Warum sonst müssen wir unsere Schule erst einmal besetzen, um überhaupt gehört zu werden? Eine Jugendbewegung muss dies anerkennen, auf die autoritäre Fremdbestimmung eingehen und Vorschläge machen, wie wir das ändern können. Es braucht Forderungen, mit den man Jugendliche besser erreichen und sie aktiv in einen Kampf gegen den Klimawandel einbinden kann. Es gilt unsere Lebenssituation zu verbessern und uns mehr gesellschaftliche Macht zu erkämpfen. Deshalb fordern wir:

  • Kostenloseses und ökologisches Mensaessen! Selbstverwaltete Speisepläne von uns Schüler_innen!
  • Von Schüler_Innen selbstorganisierte Freiräume, die in den Pausen für alle frei zugänglich sind, an jeder Schule!
  • Weg mit dem Leistungsterror Schüler:innen Kontrolle über den Lehrplan!
  • Demokratische Kontrolle der Schüler:innen und Beschäftigten über die Schulen/Unis, bildet Räte!
  • Für eine flächendeckende Modernisierung und energetische Sanierung aller Schulgebäude sowie ihrer Heizungs-, Wasser- und Belüftungssysteme. Bezahlt werden soll das von denen, die vom Krieg und den steigenden Energiepreisen profitieren!
  • Solidarität mit den Tarifrunden in Metallindustrie und öffentlichem Dienst!
  • Sofortige Enteignung aller Energiekonzerne unter Arbeiter:innenkontrolle!



4 Fragen und 4 Antworten zur aktuellen Inflation: Woher sie kommt und was wir dagegen tun müssen

Von Romina Summ

Unser Alltag ist seit den letzten Monaten von andauernden Preissteigerungen geprägt. Früher konnte man sich in der Mittagspause mal einen Döner für 3,50 € holen, mittlerweile bekommt man für unter 5 € kaum noch ein Mittagessen am Imbiss nebenan. Genauso sieht es mit den meisten Lebensmittelkosten und sonstigen Lebensunterhaltungskosten aus. Alles wird teurer. Das stellt für fast alle lohnabhängigen Menschen, aber besonders auch für uns junge Menschen ohne festes Einkommen ein riesiges Problem dar.

Welche Ursachen hat die aktuelle Inflation?

Preisschwankungen können verschiedene Ursachen haben. Die Preise auf kapitalistischen Märkten sind im Grund immer und zu jeder Zeit gewissen Preisschwankungen ausgesetzt. Oft sind zum Beispiel Preise gerade am Anfang des Monats höher als am Ende des Monats. Das liegt daran, dass am Anfang des Monats nach Gehaltszahlungen mehr Geld bei den arbeitenden Menschen vorhanden ist und mehr konsumiert werden kann. Gegen Ende des Monats sinkt dann die Nachfrage, womit ein Überschuss an Waren auf dem Markt ist. Um diese Waren überhaupt noch loszuwerden, muss der Preis sinken. Schließlich ist es für das Kapital besser eine Ware etwas billiger zu verkaufen als gar nicht.

Preisschwankungen können jedoch auch auf eine Veränderung von Angebot oder Nachfrage zurückgehen. Wenn zum Beispiel die Menge an angebotenen Produkten auf dem Markt zurückgeht (z.B. wegen Lieferengpässen), kann dieses Angebot die gleichbleibende Nachfrage nicht bedienen. Es kommt zu einer Steigerung des Preises, wodurch sich nun weniger Leute die Produkte leisten können und die Nachfrage zurückgeht und sich so dem Angebot angepasst hat. Die derzeitige Inflation hat ihre Ursachen genau in einem solchen Rückgang des Angebotes. Wenn also weniger Waren angeboten werden, steigen die Preise, da das Weniger an Waren stärker nachgefragt wird. Die Ursachen für die aktuelle Inflation liegen in den globalen Krisen, die gerade unser Leben bestimmen. Angefangen hat es damit, dass durch pandemiebedingte Lockdowns globale Lieferketten unterbrochen wurden, was zu einer mangelnden Auslastung der Produktionskapazitäten führte. Viele Rohstoffe oder Vorprodukte konnten nicht geliefert werden oder nur mit starken Verzögerungen. Die Auswirkungen zeigen sich bis heute noch und haben zu einem Angebotsschock geführt. Die gleichbleibende Nachfrage ist auf ein extrem sinkendes Angebot gestoßen. Das hat die Preise zunächst in die Höhe getrieben.

Als im Februar der Angriffskrieg auf die Ukraine von russischer Seite begann, antworten die Regierungen der NATO-Staaten mit historisch unvergleichbar harten Sanktionen, welche das Angebot weiter reduzierten. Diesmal beim Gas. Außerdem legte der Krieg die Wirtschaft in der Ukraine, ein Land, welches einen großen Teil der Welt mit Getreide versorgt, (10 % des weltweiten Getreidemarktes, 15 % des Maismarktes) lahm. Dies hatte Auswirkungen auf das Angebot von Lebensmittelpreisen, wodurch auch hier die Preise in die Höhe schießen. Dass sich die Preissteigerungen aber mittlerweile auf fast alle Produkte bei uns niederschlagen, liegt daran, dass für die Produktion Energie benötigt wird. Die gestiegenen Energiekosten schlagen sich somit auf die Endprodukte nieder und spiegeln sich im Preis wider. Dadurch dass die meisten Energiekonzerne und Mineralölkonzerne eine Monopolstellung im Markt inne haben, können sie leichter Preise heben, da es wenig Konkurrenz gibt, die günstiger anbietet. Daher zeichnen sich in dieser Branche in den letzten Monaten Rekordgewinne ab, während immer mehr Menschen verarmen.

Gab es auch vor Pandemie und Ukraine-Krieg schon Inflation?

Die Ursachen der Inflation dürfen jedoch nicht losgelöst von der wirtschaftlichen Entwicklung im letzten Jahrzehnt betrachtet werden. Denn bereits vor der Corona-Pandemie gab es Inflationstendenzen, welche anhand von 3 Faktoren, 1. der niedrigen Kapitalverwertung, 2. der steigenden Verschuldung und 3. der Tendenz zur Deglobalisierung deutlich wurden. Schon seit den 2000er Jahren sank die Produktivität der Weltwirtschaft, was letztlich auch zur großen Finanzkrise im Jahr 2008 geführt hat. Erholen konnte sich die Wirtschaft davon nie wirklich und die Verwertung von Kapital blieb bis heute niedrig. Das bedeutet, dass aus investiertem Kapital durchschnittlich nur niedrige Gewinne abflossen. Dadurch gingen Investitionen und Handel zurück und führten zu einer stagnierenden Kapitalakkumulation (Anhäufung von Kapital durch Investitionen) und niedrigen Profitraten.

Auch die hohe Verschuldung von Staaten und Unternehmen begünstigt in diesem Zusammenhang die Inflationstendenz. Zu Beginn der Coronakrise lag die Verschuldung bei dem 2,6-fachen des Welt-GDP (Bruttoinlandsprodukt aller Länder), mittlerweile sind wir beim über 3-fachem. Schulden sind allerdings nur dann inflationstreibend, wenn die Verwertung der aufgenommenen Kredite nicht mehr produktiv ist. Einfache Verbraucherkredite hingegen führen nicht zur Inflation. Beispiel: Wenn ein Land oder Unternehmen Kredite zu einer Kondition von 7 % Zinsen aufnimmt, aber dieses Geld im Verwertungsprozess (Investition in Produktion, Verkauf von produzierten Waren, Gewinnabschöpfung) nur 3 % Gewinn abwirft, ist die Produktivität geringer und es würde durch die Aufnahme von Krediten nur eine weitere Verschuldung stattfinden. Eine solche Schuldenentwicklung, wie sie sich in Ländern wie Italien zeigt, treibt die Inflation voran.

Zuletzt ist es die Entwicklung zur Deglobalisierung, die die Inflation, am schlimmsten in den abhängigen halbkolonialen Ländern vorantreibt. Weg von der Globalisierung geht der Trend hin zur Verlagerung der Produktion aus den halbkolonialen Ländern zurück in die imperialistischen Länder. Mit entsprechend schlimmen Folgen für die abhängigen Länder: Durch den Abzug von imperialistischem Kapital sinkt der Handel vor Ort, was wiederum dazu führt, dass die lokale Währung nicht mehr so gefragt ist und verfällt. Hinzu kommt, dass durch den Abzug von Fabriken und Kapital mehr importiert werden muss und die Arbeitslosigkeit steigt. Sowohl der Verfall der Währung als auch die teureren Importe feuern die Inflation besonders in diesen abhängigen Ländern an und führen zu einer Verelendung der Menschen. Aufgrund dieser Entwicklung hat sich schon vor dem Krieg und vor der Coronapandemie in vielen südlichen Ländern eine starke Inflation abgezeichnet. Wir sehen also, dass es direkte Ursachen für die aktuelle Inflation im Krieg und in der Pandemie gibt. Diese Aspekte haben aber eine schon dagewesene Krise des Wirtschaftssystems mit inflationären Tendenzen verschärft.

Was bedeutet das für uns?

In genau diesen Ländern ist die Krise nun besonders drastisch und führt teilweise zur Hyperinflation. In Argentinien sind die Menschen teilweise aufgrund der Inflation von knapp 80 % zum Tauschhandel übergegangen. Im Sudan liegt die Inflationsrate sogar bei über 200 %. Der Hunger und der Kampf ums tägliche Überleben bekommen gerade in diesen Ländern eine immer wichtigere Bedeutung. Doch auch hierzulande sind die Auswirkungen der massiven Preisanstiege insbesondere für Menschen ohne festes Einkommen, wie Jugendliche, Studierende oder Arbeitslose, ziemlich verheerend. Alles wird teurer, aber Geld ist sowieso nicht vorhanden. Viele von uns haben bereits vorher schon am Existenzminimum gelebt und haben keine Ersparnisse, sodass wir nun nicht wissen, mit welchem Geld wir die Preissteigerungen bezahlen sollen. Ebenso haben auch Arbeiter_Innen mit einem festen Einkommen bereits große Probleme. Auch ihnen droht durch die Inflation Verarmung. Durch die höheren Preise verlieren sie immer größere Teile ihres Lohns. Die Gewerkschaften hätten die Möglichkeit höhere Löhne, die nicht sofort wieder von der Inflation aufgefressen werden, für die Arbeiter_Innen zu erkämpfen. Anstatt in die Offensive zu gehen, halten sie sich jedoch in den aktuellen Tarifverhandlungen (IG-Metall fordert lediglich 8% Lohnerhöhung) viel zu stark zurück.

Und während die Armut weltweit größer wird, werden die Gewinne einiger Konzerne, vor allem die der Ölkonzerne, immer größer. Besteuerung oder Umverteilung? Fehlanzeige! Die Regierung hat zwar drei Entlastungspakete auf den Weg gebracht, doch diese beinhalten unzulängliche Einmalzahlungen für Heiz- und Energiekosten, für Empfänger_Innen von Sozialleistungen und Arbeitslosengeld und die Anhebung von Kindergeld. Das ist jedoch angesichts der eben beschriebenen Probleme nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Selbst das eher unternehmerfreundliche Institut für Wirtschaftsforschung hat berechnet, dass von 10 Milliarden Euro des 3. Entlastungspaketes ganze 70% an die oberen 30% der Gesellschaft gehen. Die Armen gehen also weiterhin ziemlich leer aus. Das liegt nicht daran, dass die deutsche Regierungskoalition zu unfähig ist, sich effektive Entlastungsmaßnahmen auszudenken, sondern daran, dass ihre Politik in erster Linie die Profite der Unternehmen sichern soll, um der deutschen Wirtschaft ihren Ruf als „Exportweltmeister“ zu erhalten. Die geplante Gasumlage war ein gutes Beispiel dafür. Nur durch massiven Druck von der Straße konnte ihre Umsetzung letztlich verhindert werden.

Was können wir tun?

Nicht wir sollen für diese Krise zahlen, sondern diejenigen, die sie selbst verursacht haben. Vorschläge wie die Einführung einer Übergewinnsteuer gehen dabei schon einmal in die richtige Richtung. Dabei sollen Unternehmen, die besonders hohe Profite durch die Krise gemacht haben, stärker besteuert werden, um Sozialleistungen für Lohnabhängige, Arbeitslose, Jugendliche und Rentner_Innen zu finanzieren. In Spanien wurde eine solche Steuer bereits eingeführt und damit ein kostenloser ÖPNV finanziert. Maßnahmen wie diese müssen wir unterstützen, auch wenn sie noch nicht weit genug gehen. Mit einer kurzzeitig höheren Besteuerung können zwar die Symptome der Inflation ein wenig abgefedert werden, jedoch bleiben ihre Ursachen unangetastet. Dafür müssen wir die Energiekonzerne enteignen und unter demokratische Kontrolle der Konsument_Innen und Beschäftigten stellen. Nur so können wir sicherstellen, dass die Unternehmen ihre Verluste nicht zu Lasten ärmerer Länder ausgleichen und dabei eine ökologische Transformation weg von fossiler Energiegewinnung organisieren. Eine Umgestaltung der Wirtschaft, hin zu einem ausgeglichenen Kreislauf zwischen Mensch und Natur, kann jedoch letztlich nur in einer demokratischen Planwirtschaft erfolgen, in der nicht der Profit, sondern die Bedürfnisse von Mensch und Natur die Produktion bestimmen. Um dahin zu kommen, müssen wir im Hier und Jetzt Forderungen aufwerfen, die eine Antwort auf die sozialen Verwerfungen der Inflationskrise geben und zugleich den Massen aufzeigen, dass sie selbst die Macht erobern müssen, um der Barbarei zu entkommen.

Wir fordern:

  • Lehrmittelfreiheit! Schulbücher, Hefte, Stifte, digitale Endgeräte und auch das Schulessen müssen kostenlos für alle sein!
  • Eine Erhöhung des Mindestlohns und der Renten! Für ein elternunabhängiges Grundeinkommen für Jugendliche von 1600 € monatlich!
  • 9€-Ticket vorbei? Macht den ÖPNV endlich kostenlos!
  • Für eine gleitende Skala der Löhne, die automatisch an die steigende Inflationsrate angepasst wird!
  • Stoppt die Preisexplosionen! Sofortige Preisdeckel für Energie, Lebensmittel und Mieten!
  • Für eine stärkere Besteuerung derjenigen, die an der Krise verdienen! Legt ihre Geschäftsbücher offen und enteignet die, die sich weigern, die Steuer zu bezahlen!
  • Geld für Soziales, Bildung und Gesundheit statt 100 Milliarden für die Bundeswehr!

Diese Forderungen werden sich nicht von selbst umsetzen. Wir müssen schon selbst dafür kämpfen, dass die Krise nicht auf unserem Rücken ausgetragen wird. Dabei müssen wir auch klar machen, dass wir den hinterhältigen Angriff Russlands auf die Ukraine klar ablehnen, jedoch in den Sanktionen kein Mittel sehen, das den Krieg aufhält. Vielmehr versuchen imperialistische Staaten wie die USA oder Deutschland mit den Sanktionen eine missliebige Konkurrenz wie Russland zu schwächen, und das auf dem Rücken der Ukraine, der russischen Arbeiter_Innen und von uns. Was wir brauchen ist internationale Klassensolidarität unter dem Slogan „No Putin, No NATO“.

Auch wenn die Positionen der Organistor_Innen zum Ukraine-Krieg weit auseinandergehen, gibt es bundesweit bereits regelmäßig Demonstrationen und Kundgebungen gegen die Folgen der Inflation. Verschiedene Bündnisse wie „Genug ist genug“ oder „Brot, Heizung, Frieden“ versuchen linke Initiativen und Organisationen hinter gemeinsamen Forderungen zu vereinen. Zentral ist dabei, ob sie es schaffen werden, die Gewerkschaften und auch linke Teile der SPD und der Linkspartei für sich zu gewinnen und diese zur Mobilisierung ihrer Mitgliedschaft zu bewegen. Nur mit Massendemonstrationen und Streiks werden sich diese Forderungen auch tatsächlich durchsetzen lassen. Jedoch wäre das nicht die erste soziale Bewegung, in der SPD, Linkspartei und Gewerkschaften am Start waren, und die Bewegung jedoch vielmehr ins System integriert anstatt im Kampf gegen das System unterstützt haben. Deshalb müssen wir Aktionskomitees in unseren Schulen, Unis, Stadtteilen und Betrieben aufbauen, uns von unten organisieren und verhindern, dass die Reformist_Innen die Führung an sich reißen. Aktuell bleibt jedoch noch offen, ob der viel beschworene „Heiße Herbst“ eine rechte oder linke Richtung annehmen wird. Mit bürgerlichen Forderungen nach einem Wiedereinstieg in die Atomenergie oder einer Verschiebung des Kohleausstieges versuchen die Rechtspopulist_Innen die sozialen Verwerfungen für sich zu nutzen. Auch Forderungen nach Aufhebung der Sanktionen gegen Russland finden sich bei den Rechten. Ihnen geht es dabei jedoch nicht um internationale Klassensolidarität, sondern um’s „deutsche Volk“. Es geht ihnen darum, deutsche Kleinunternehmen, die durch die Sanktionen in Bedrängnis geraten sind, wieder zahlungsfähig zu machen. Es liegt an uns, die Rechten von unseren Demos zu schmeißen und eine klarere und entschiedenere Perspektive von links aufzuzeigen, wollen wir die Folgen der Inflation abfedern und aus dieser Defensive in die revolutionäre Offensive übergehen!




Neues Schuljahr aber alte Probleme: Leistungsdruck, Covid und kaputte Fenster

Das neue Schuljahr hat in allen Bundesländern begonnen und egal in welchem der 16 verschiedenen Schulsysteme du zur Schule gehst: die Probleme sind überall dieselben. Herr Müller macht immer noch dieselben rassistischen „Witze“ und checkt dein Neo-Pronomen nicht, der Rollladen klemmt immer noch, sodass man das Fenster nicht öffnen kann und von Tag 1 an wird uns wieder Druck gemacht, dass schon wieder so viele Klassenarbeiten und Klausuren anstehen. Leider hat sich keins der strukturellen Probleme in der Schule in den Ferien in Luft ausgelöst. Dabei war im letzten Jahr noch überall die Rede davon, dass wir Schüler_Innen die Zukunft seien, dass keine Investition in das Bildungssystem zu teuer sein dürfe und man auf keinen Fall bei den Schulen sparen würde. Alle Parteien haben bei der Bundestagswahl beteuert, wie sehr ihnen unsere Bildung am Herzen liege. Das Hauptargument für die Öffnung der Schulen während der Pandemie war in allen Zeitungen, dass man uns Schüler_Innen nicht im Stich lassen wolle.

Sparen, sparen, sparen?

Schon ein paar Monate später sieht die Situation wieder ganz anders aus: Jetzt müssen wir sparen, denn das Vaterland muss verteidigt werden. Ohnehin steckte die Wirtschaft auch schon vor der russischen Invasion der Ukraine in einer tiefen Krise. Die Coronapandemie hat diese noch verschärft und seitdem Krieg herrscht, kann die Bundesregierung so tun, als ob die ganzen geplanten Sparmaßnahmen Solidaritätsaktionen für die Ukrainer_Innen wären. „Frieren für den Frieden“ zählt auch für die Schule – nur dass die Heizung auch schon im letzten Winter nicht funktioniert hat. Und während die Bundesregierung fucking 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr steckt, will sie bei der Bildung sparen. Der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg Winfried Kretschmann hat vorgeschlagen, die Klassengröße einfach zu erhöhen. Mehr Schüler_Innen in einer Klasse bedeutet schließlich, dass man weniger Lehrer_Innen und Räume braucht. Leider lässt sich in überfüllten Klassen nur richtig beschissen lernen. Das grüne Außenministerium kürzt die Gelder des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) für rund 6.000 Stipendien. Für 6000 Jugendliche aus Arbeiter_Innenfamilien heißt das: Ciao Studium. In Berlin plante der Senat die veranschlagten 136 Millionen Euro für den Bau neuer Schulen und 10 Millionen Euro für zusätzliche Sozialpädagog_Innen einzusparen. Und das sind nur einige Beispiele.

Kalter Corona-Herbst

Auf uns wartet ein kalter Herbst und ein noch kälterer Winter, doch unsere Schulgebäude sind einfach krasse Bruchbuden. Fenster lassen sich nicht richtig schließen oder öffnen, gereinigt wird aufgrund von Personalmangel nur noch alle 3 Tage und die Toiletten sind dauerverstopft. Ein Raum, in dem wir in Pausen entspannt und vor allem von Lehrer_Innen ungestört abhängen können, existiert nur in unseren kühnsten Träumen. Dabei gibt es nicht einmal genug Gebäude, um uns alle unterzubringen. So müssen manche von uns weite Schulwege in Kauf nehmen, mit 32 anderen Schüler_Innen in einer Klasse sitzen oder haben jahrelang in einem Container Unterricht. Doch der Herbst wird nicht nur kalt, es rollt auch noch eine neue Coronawelle auf uns zu. Man hätte ja aus den letzten Jahren lernen können und sichere Belüftungssysteme in die Schulgebäude einbauen können. Stattdessen wurde das Förderprogramm für Luftfilteranalagen auslaufen gelassen. Also heißt es wieder: Fenster auf, Erkältung rein. Auch in diesem Jahr nehmen die Landesregierungen in Kauf, dass wir uns mit Corona anstecken, unsere Familien infizieren, wieder tagelang isoliert zuhause sitzen müssen und vielleicht auch noch Folgeschäden mit uns tragen. Einfach weil ihnen der Ausbau von sicheren Hygienemaßnahmen zu teuer ist. Dazu kommen noch Tausende von uns, die sich bereits in den letzten Monaten mit Corona infiziert haben und seit dem Long Covid zu kämpfen haben. Für diejenigen gibt es keine Hilfemaßnahmen, sondern sie haben halt Pech gehabt, wenn sie sich im Unterricht nicht konzentrieren können, einschlafen und schlechte Noten schreiben.

Leistungsdruck

Das Schuljahr ging kaum los, schon steht da wieder die Mathelehrerin und erzählt uns, wie schlecht unser Jahrgang ist und was wir alles aufholen müssen. So als ob es unsere Schuld wäre, dass wir in einer Pandemie stecken und sowieso ständig Unterricht ausfällt. Ausbaden müssen es trotzdem wir, indem wir den gleichen Unterrichtsstoff, mit der gleichen Anzahl von Klassenarbeiten in weniger Unterrichtszeit in immer volleren Klassen durchpauken müssen. Immer mehr von uns müssen das Nicht-Gelernte in privatem Nachhilfeunterricht nachholen, dabei kann sich das nur leisten, wer reiche Eltern hat. Alle Politiker_Innen haben in den Anfangsmonaten der Pandemie davon geredet, was die geschlossenen Schulen für eine starke psychische Belastung für uns Schüler_innen sei. Und ja, ihr habt Recht, es war echt scheiße. Aber wo sind die ganzen Schulpsycholog_Innen und Sozialarbeiter_Innen, die ihr uns versprochen habt? Wo das Plus an Therapieplätzen, um über unsere Depressionen und Angststörungen sprechen zu können? Anstatt uns zu helfen, wird der Leistungsdruck erhöht. Das Personal fehlt dabei nicht nur im psychologischen Bereich, sondern in der ganzen Schule. Der Lehrer_Innenmangel führt sogar weit, dass ganze Fächer einfach ausfallen und man zum Beispiel in der 9. Klasse einfach mal ein paar Monate kein Englisch hat oder die Sportstunden von 3 auf 2 eingekürzt werden. Die Willkommensklassen sind voll mit Schüler_Innen aus der Ukraine, aber es gibt nicht genügend Lehrkräfte, damit sie auch vernünftigen Unterricht bekommen. Und Inklusion gibt es auch nur auf dem Papier, denn es gibt kein Personal, um diejenigen von uns, die mehr Unterstützung beim Lernen bräuchten, aufzufangen.

Inflation betrifft uns auch.

Dass unser Bildungssystem diejenigen aus reichen Familien belohnt und Migrant_Innen- oder Arbeiter_Innenkids benachteiligt, ist kein Geheimnis. Aber warum redet niemand davon, dass dieser Unterschied noch krasser wird, wenn die Inflation unsere Eltern noch ärmer macht? Zum Beispiel sind die Preise für Schulhefte von Juni auf Juli um 13,6 Prozent gestiegen und sogar das schlechte Mensaessen ist teurer geworden. Auf die Inflation folgt meistens eine Rezession und Zehntausende verlieren ihre Jobs. Das wird auch uns in der Schule treffen und unsere Chancen auf einen nicen Schulabschluss nur noch verringern.

Yallah Klassenkampf!

Wird Zeit, dass wir was tun! Lasst uns mit unseren Mitschüler_Innen über die Probleme in unseren Schulen diskutieren und aktiv werden. Mit kleinen Protestaktionen im oder vor dem Schulgebäude können wir auf die Missstände hinweisen und Aufmerksamkeit schaffen. Lasst uns Aktionskomitees an unseren Schulen gründen, um weitere Aktionen zu planen und uns mit anderen Schulen bundesweit zu vernetzen. Die Gewerkschaft der Lehrer_Innen, die GEW, plant in den kommenden Wochen Aktionen und Streiks, von denen auch wir Schüler_Innen etwas haben: Ob für kleinere Klassen oder für mehr Lohn und damit weniger gestresste Lehrkräfte. Lasst uns mit unseren streikenden Lehrer_Innen solidarisch sein und mit ihnen gemeinsam auf die Straße gehen. Wenn man etwas durchsetzen will, sind Gewerkschaften eine praktische Sache, deshalb brauchen wir auch sowas! Und zwar eine basisdemokratisch organisierte Schüler_Innengewerkschaft, in der wir unsere Interessen gegenüber den Landesregierungen und den Lehrerinnenverbänden deutlich machen und verteidigen können. Dabei müssen wir unsere Forderungen in die Schule tragen und uns mit den bestehenden Bewegungen auf der Straße, ob gegen die Inflation, gegen den Klimawandel oder gegen Rassismus verbinden. Denn allein in der Schule werden wir die tiefgreifenden Probleme des Bildungssystems nicht lösen können.

Wir fordern:

  • Stoppt sofort alle geplanten Sparmaßnahmen im Bildungswesen! Stattdessen brauchen wir eine flächendeckende Modernisierung aller Schulgebäude sowie ihrer Heizungs-, Wasser- und Belüftungssysteme. Bezahlt werden soll das von denen, die vom Krieg und den steigenden Energiepreisen profitieren!
  • Von Schüler_Innen selbstorganisierte Freiräume, die in den Pausen für alle frei zugänglich sind, an jeder Schule!
  • Lehrmittelfreiheit! Schulbücher, Hefte, Stifte, digitale Endgeräte und auch das Schulessen müssen kostenlos für alle sein!
  • Kleinere Klassen und dafür neue Lehrer_Innen, Sozialarbeiter_Innen, pädagogische Assistenzkräfte, Sonderpädagogog_Innen, Schulpsycholog_Innen, Sozialarbeiter_Innen und auch Personal in der Verwaltung und Instandhaltung!
  • Gleiche Mitbestimmungsrechte bei den Lehrplänen, dem Prüfungskalender und beim Unterrichtsstoff durch gewählte Organe von uns Schüler_Innen!