Die 2. Corona-Welle und ihre Leugner_Innen

Sani Maier, Anfang September 2020

Auch wenn mittlerweile in Europa die meisten Lockdown-Maßnahmen aufgehoben wurden, lassen die internationalen Infektionszahlen leider wenig Raum für Hoffnung auf ein Ende der Corona-Pandemie. Die Epizentren sind nun nicht mehr Italien oder China, sondern vor allem die USA, Brasilien, Indien und Russland. Doch auch in Deutschland sind die Infektionszahlen wieder auf einem Höchststand, wie zuletzt im Mai diesen Jahres. Während viele noch über die Wahrscheinlichkeit einer zweiten Welle diskutieren, geht der Ärzteverband Marburger Bund davon aus, dass uns diese bereits erreicht hat, wenn auch mit einem flacheren Anstieg als die erste Welle. Zudem haben die Zahlen aufgrund erhöhter Testvolumen eine andere Aussage als noch im Mai.

Die Schulen und Kitas sind wieder vollständig geöffnet und der Alltag der meisten Menschen in Deutschland verläuft weitestgehend wieder regulär. Dies ist vorrangig aber kein Ergebnis sinkender Infektionszahlen, sondern wesentlich wirtschaftlich motiviert. Da bspw. nun wieder alle Kinder vormittags betreut werden und nicht mehr von zuhause aus lernen, können die Eltern auch wieder regulär zur Arbeit gehen. Da es vor allem in Schulen fast unmöglich ist, in Klassenräumen mit 30 Personen Abstandsregeln einzuhalten, überraschte es wenig, dass bereits nach wenigen Wochen Dutzende Schulen Infektionen verzeichneten.

Was den Impfstoff angeht: Die Suche danach läuft, doch dabei gibt es kaum internationale Zusammenarbeit. Durch den Konkurrenzdruck versucht jedes Land, als erstes einen Impfstoff zu entwickeln, um diesen dann möglichst profitbringend an andere verkaufen zu können. Auch werden immer noch keine flächendeckenden Tests bereitgestellt, sodass auch unter Reiserückkehrer_Innen nicht mal alle diejenigen automatisch kostenlose Tests erhalten, die per Flugzeug einreisen. Einen kostenlosen Test bekommt man nur, wenn man aus einem Risikogebiet (mit sehr hohen Infektionszahlen) mit dem Flugzeug einreist. Wer mit meist günstigeren Alternativen wie Bahn, Bus oder Auto reist, muss sich selbst um einen Test kümmern, welcher normalerweise nur bei bereits vorhandenen Symptomen bereitgestellt wird. Keinen Test zu bekommen heißt zwei Wochen Quarantäne.

Auch alle Teile der Arbeiter_Innenklasse, welche nicht im Home Office arbeiten können und nun wieder zurück in ihre Betriebe müssen, erhalten keinen ausreichenden Schutz vor Infektionen am Arbeitsplatz, wie vor allem die gravierenden Missstände bei Amazon, Tönnies & Co. gezeigt haben.
Und obwohl das alles für die meisten Menschen weitestgehend eine Rückkehr zur Normalität bedeutet, sehen sich manche Teile der Gesellschaft massiv bedroht durch die verbleibenden Maßnahmen wie z.B. die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und Läden. Die sogenannten „Corona-Leugner_Innen“ gingen in Berlin zu Tausenden auf die Straße und auch internationale Regierungschefs wie der brasilianische Präsident Bolsonaro spielen die Existenz des Corona-Virus herunter und leugneten es (und das obwohl Bolsonaro selber Corona hatte) und fordern eine Aufhebung aller Infektionsschutz-Maßnahmen.

Wer sind die „Corona-Leugner_Innen“?

Berlin, 1. August 2020: 20- 30. 000 Menschen aus ganz Deutschland demonstrieren im Rahmen der sogenannten „Tag der Freiheit“-Demonstration gegen die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus und auch am 29. August gingen wieder 40.000 Menschen auf die Straße und versuchten sogar, den Bundestag zu stürmen. Sie stehen der Thematik entweder skeptisch gegenüber oder leugnen sogar die Existenz des Virus.

Die Organisation wurde vor allem von rechen Kräften getragen und unter den Teilnehmer_Innen fanden sich Personen aus den Kreisen der NPD, Identitären Bewegung, Reichsbürger_Innen, aber auch sogenannte Verschwörungstheoretiker_Innen & Impfgegner_Innen. Auch wenn diese Kräfte die Bewegung immer mehr unterwandern, repräsentieren sie nicht die Mehrheit der Teilnehmenden. Diese setzt sich vielmehr aus Skeptiker_Innen und Esoteriker_Innen, die den Einschränkungen ihres Alltags kritisch gegenüberstehen und kleinbürgerlichen Schichten zusammen. Letztere sehen sich vor allem durch die wirtschaftlichen Einbrüche vom Abstieg bedroht und fordern deshalb eine vollständige wirtschaftliche Öffnung, ohne Rücksicht auf die gesundheitlichen Risiken für die arbeitende Bevölkerung. Zu diesem Zwecke verharmlosen sie den Virus als eine Grippewelle oder bezeichnen ihn als bloße Erfindung von „Machteliten“ wie Bill Gates & Co.

DieDass viele Teile der Bevölkerung in Anbetracht einer kommenden Wirtschaftskrise nun um ihre Existenz bangen, ist dabei nicht verwunderlich oder verwerflich. Allerdings muss das Erstarken rechter Theorien in diesem Zuge als Ergebnis des internationalen Rechtsrucks gesehen werden, auf den die Linke nachhaltig keine klare Antwort zu geben weiß. Es wurde versäumt, eine Antikrisenbewegung aufzubauen, die den sozialen Ängsten der Menschen eine antikapitalistische Perspektive aufzeigen kann. Stattdessen haben es rechte, irrationale Verschwörungstheorien geschafft, diese Verunsicherung für sich zu nutzen. Gerade das Kleinbürger_Innentum ist aufgrund seiner wirtschaftlichen Stellung besonders anfällig für einen solchen Irrationalismus. Als Klasse steht es zwischen der Arbeiter_Innenklasse und der Bourgeoisie, befindet sich also nicht in klassischen Lohnarbeitsverhältnissen, besitzt aber auch zu wenige Produktionsmittel und nicht genug Kapital, um dieses gewinnbringend zu reinvestieren und somit zu vermehren. Dadurch ist es ständig bestrebt, in die höhere Klasse aufzusteigen, aber auch gleichzeitig vom sozialen Abstieg in die Arbeiter_Innenklasse bedroht, was zu einem schwankenden Charakter des Bewusstseins führt. Somit suchen Kleinbürger_Innen vor allem in Krisenzeiten nach verkürzten Antworten auf ihre Abstiegsängste, um ihre Position zu erhalten und hetzen z.B. gegen einzelne Monopolkapitalist_Innen wie Gates, da sie sich akut bedroht sehen von ihnen wirtschaftlich zermalmt zu werden.

Welche Perspektive braucht es?

Wir dürfen nicht zulassen, dass eine Mischung aus wissenschaftsfeindlichen Verschwörungstheorien und rechter Hetze die einzige Antwort auf die Angst vor der kommenden Wirtschaftskrise bleibt. Es gibt eine notwendige Kritik an der Bundesregierung und ihren Corona-Maßnahmen. Es ist unsere Aufgabe, eine Antikrisenbewegung aufzubauen, die eine klare antikapitalistische Perspektive gegen Massenentlassungen und soziale Kürzungen eröffnet, ohne dabei das Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung zu vernachlässigen.

Dafür braucht es den Aufbau eines Antikrisenbündnisses, das die Frage aufwirft, wer für die Krise zahlen soll & soziale Kämpfe miteinander verbindet. Dazu zählen vor allem Bewegungen wie Black Lives Matter, Fridays for Future, Enteignungskampagnen für bezahlbaren Wohnraum oder auch die Arbeitskämpfe im Care Sektor, welche vor allem in Pandemiezeiten unverzichtbar sind. In diesem Zuge fordern wir unter anderem den Kampf gegen alle Entlassungen, die Fortzahlung der vollen Löhne und Transferleistungen, die Vergesellschaftung des Gesundheitssystems unter Arbeiter_Innenkontrolle und eine international koordinierte Impfstoffforschung. Um dies durchzusetzen, müssen wir den Druck auf Gewerkschaften und Arbeiter_Innenparteien wie die SPD und Linke erhöhen, ihre Burgfriedenspolitik mit dem Kapital endlich zu beenden und für die Interessen der Arbeiter_Innenklasse einzutreten.

Dabei muss uns auch gleichzeitig die Frage beschäftigen, wie man die Bevölkerung weiterhin effektiv vor Neuinfektionen schützen kann. Dabei ist Arbeiter_Innenkontrolle das entscheidende Stichwort: Sie müssen diejenigen sein, die entscheiden, welche Bereiche der Wirtschaft wirklich systemrelevant sind und welche Betriebe im Falle einer Notwendigkeit eines zweiten Lockdowns geschlossen werden können. Weiterhin müssen die Arbeiter_Innen, die weiterarbeiten, selbst entscheiden können, welche Maßnahmen an ihrem Arbeitsplatz notwendig sind, um für ihre Sicherheit zu garantieren: Bedarf an Schutzkleidung, Desinfektionsmittel, Masken, etc.

Die Krise darf weder auf die Arbeiter_Innenklasse noch auf einfache Kleinbürger_Innen abgewälzt werden! Massive Besteuerung auf die Profite der Banken und Industrien! Enteignung falls Betriebe schließen oder massenhaft entlassen!




Moria: Der Ruß an unseren Händen?

Jaqueline Katherina Singh

12 000 Menschen ohne ein Dach über den Kopf, auf eine Autobahn gepfercht. Essenslieferungen, Getränke, medizinische Versorgung – all das gibt es nur spärlich und wird auch aktiv von der Polizei blockiert. Proteste und Versuche nach Mytilini, die nächste Stadt zu kommen, werden jedoch seitens der Polizei mit Tränengas beantwortet, während nebenbei rechte Bürgerwehren die Menschen angreifen. Was sich nach einem Katastrophenfim anhört ist nur ein paar tausend Kilometer weit weg schmerzhafte Realität seit dem am Mittwoch, dem 9. September ein Feuer auf Lesbos ausbrach und Moria vollkommen zerstörte.

Seit Jahren werden auf den griechischen Inseln Geflüchtete festgehalten und in menschenunwürdigen Zuständen zusammengepfercht. Moria selbstist eherein Gefangenenlager, das in dieser Form auf den EU-Türkei-Deal von 2016 zurückgeht. Es wurde ursprünglich für 2.800 Menschen gebaut, während im regulären Camp mehr als 12 000 Menschen lebten. Dabei ist herauszuheben, dass das Lager nur eines von vielen ist. Es ist also kein einzelner Schandfleck, sondern Teil einer Gesamtkonzeption.

Der Brand raubte den Menschen, die eh nicht viel hatten, ihr letztes bisschen. Man könnte meinen, dass dieses Problem schnell zu lösen wäre. Schließlich wurden ja die gestrandeten Urlauber_Innen beim Anfang der Corona-Krise mehr oder weniger schnell wieder ins Land geholt. Schließlich wurde ja beim Brand der Kuppel des Norte Dame innerhalb weniger Stunden Millionen Euro gesammelt. Doch auch wenn es schnell möglich wäre, diesen Menschen eine Perspektive zu geben, sieht die Realität aktuell anders aus. Aktuell wird gegen den Willen der Geflüchteten ein neues Lager errichtet. Deswegen müssen wir uns fragen: Wie konnte es so weit kommen?

Wer
trägt die Verantwortung? 

Schuld sind nicht nur einzelne Poliker wie Horst Seehofer oder Sebastian Kurz. Die aktuelle Lage ist auch Ausdruck eines internationalen Rechtsrucks, den wir seit 2016 auch in Deutschland zu spüren bekommen. Im Zuge der Krise 2007/08 hat sich die Konkurrenz unter den Kaptialist_Innen verschärft. Viele Unternehmen sind pleite gegangen, gerettet wurden zuerst die Global Players der imperialistischen Staaten. Das führte dazu, dass ein Teil der Kapitalist_Innen (besonders kleinere, nationale Unternehmen und der sog. Mittelstand) vom Abstieg bedroht ist. Getrieben davon fingen sie an laut herumzubrüllen: Protektionismus, Nationalchauvinismus, Standortborniertheit, das sind ihre Argumente um die eigene Stellung zu versuchen zu schützen.Sie wollen vor internationale Konkurrenz geschützt werden – zugleich aber auch am Weltmarkt punkten, wenn sie dazu fähig sind.

Da es an klarer linker Perspektive fehlte, die die Probleme, die durch die Krise entstanden sind abwehrte und da die Gewerkschaften, die Sozialdemokratie und auch große Teile der Europäischen Linksparteien auf Klassenkollaboration, statt auf Klassenkampf setzen, schafften sie es mittels rassistischer Rhetorik nicht nur das KleinbürgerInnentum und Mittelschichten, sondern auch Teile der Arbeiter_Innenklasse anzusprechen und Druck auf die etablierten Parteien auszuüben. Auch wenn sich das erst mal sehr abstrakt liest, ist dies wichtig zu verstehen. Der internationale Rechtsruck beeinflusst das Kräfteverhältnis insgesamt. So sind Seehofer und Kurz wahrscheinlich sehr unangenehme Menschen, aber die Politik, die sie betreiben ist Ausdruck einer konkreten politischen Entwicklung und eines Kräfteverhältnis. Deswegen löst der Rücktritt Einzelner somit das Problem nicht auf.

Shame on you, EU?!

Der Rechtsruck machte auch vor den einzelnen Mitgliedsstaaten nicht halt. Insbesondere die Migrationspolitik verursachte Risse in der angeblichen Solidargemeinschaft. Vielmehr blockierten sich die einzelnen Nationen gegenseitig und das einzige, auf dass sich geeinigt werden konnte war, sich nicht zu einigen und Hilfe zu unterlassen. So fiel nach und nach die Seenotrettung weg, diverse Abkommen wie der EU-Türkei-Deal wurden geschlossen, damit weniger Menschen überhaupt in die Festung Europa kommen.

Doch bei all dem muss man sich fragen, welche Rolle der deutsche Imperialismus dabei spielt. Anfangs schien es so, dass Deutschland eine fortschrittliche Rolle innerhalb Europäischen Union einnahm. Als Angela Merkel 2015eine Abriegelung der Grenzen ablehnte trat, war dies kein Akt jedoch Nächstenliebe.Sie gab weigerte sich zum einen Hunderttausende, die die Grenzen der EU zeitweillig durchbrochen hatten, mit extremen polizeilichen und militärischen Mitteln zu stoppen. Sie gab andererseits auch der Welle der Solidarität nach, die viele in Europa mit den Geflüchteten zum Ausdruck brachten. Hunderttausende empfinden damals Geflüchtete an den Bahnhöfen, vielen wollten sie in ihren Wohnungen auf nehmen, was jedoch staatlicherseits verhindert wurde.

Zudem lage dem Kurs von Merkels auch ein wirtschaftliches Kalkül zugrunde. Der deutsche Imperialismus bezieht seine Stärke nämlich aus Exporten, der Zoll- und kontrollfreie Raum der Europäischen Union ist ein wichtiger Stützpfeiler ohne die nicht die gleiche Wirtschaftsleistung erbracht werden kann. Die „Wir schaffen das Mentalität“ war ebenso nur möglich, da  Deutschland, anders als viele Länder, besser aus der Finanzkrise herausgekommen und hatte somit einen größeren Spielraum den sogenannten „Sozialstaat“ auch für andere teilweise zu öffnen. Gerade letztere Position sorgte in der EU für viel Streit und Uneinigkeit, hielt sich aber nicht lange. Denn der bereits beschriebene Rechtsruck fand auch in Deutschland statt. So wurde aus „Wir schaffen das.“ ein „Genug getan, wir schaffen es Niemanden hier rein zu lassen.“ Das, was in Moria passiert ist, ist somit eine bewusste Entscheidung der deutschen Regierung und bewusst in der Verantwortung der CDU/CSU, sowie der SPD. Man kann auch sagen: Während die AfD hetzte, machte die Große Koalition die Gesetze. Und alle trugen sie mit.

Und nun?

Nun will Niemand mehr unnötige Kosten ausgeben. Denn als nichts anderes werden die Menschen auf den griechischen Inseln gesehen. Kosten, die vermieden werden müssen und so kann man sich auf das einigen, was 2017 noch für eine große Diskussion innerhalb der CDU sorgte: das erste offizielle Auffanglager der EU. Ein anderes Wort dafür ist Gefängnis. So schrieb‘ die SZ in ihrem Artikel „Blaupause für die europäische Migrationspolitik“: „Seehofer hat bereits früher eingeräumt, dass der Aufenthalt in diesen Lagern nicht zwingend ein freiwilliger sein wird. Weiterwanderung Geflüchteter durch Europa, wie sie derzeit üblich ist, soll unbedingt vermieden werden.“ Kurz um: Moria soll das erste gemeinsame Auffanglager werden, wo Menschen gegen ihren Willen festgehalten, wenn sie nicht in ihre Herkunftsländer wieder abgeschoben werden können.Nebenbei werden die Maßnahmen an den Außengrenzen verschärft, ebenso die Asylgesetzgebungen der Mitgliedstaaten. Die Festung Europa rüstet also auf.

Eigentlich geht es aber auch darum, die aktuelle Krise dafür zu nutzen, dass in Zukunft Lager und eine „kontrollierte“ Einreise und Aufnahme von Geflüchteten möglichst schon außerhalb der EU, in der Türkei oder in den Ländern Nord- und Zentralafrikas stattfinden soll. Damit gibt die EU jede Verantwortung für die Unterbringung der Geflüchteten ab, hebelt faktisch das Recht aus Aysl weiter aus und erklärt alle Geflüchteten, die sich nicht außerhalb der EU bei „Migrationszentren“ melden, für illegal.

Was macht die Linke?

Die Antwort ist einfach: hilflos zuschauen. Spontan gingen am Mittwoch Abend im Bundesgebiet mehrere 10 000 Leute auf die Straße. Seit Monaten gibt es mehrere Gemeinden und Kommunen, die sich für die Aufnahme von Geflüchteten aussprechen. All das sind kleine Signale, dass es noch Menschen gibt, die sich gegen den Rechtsruck stellen. Doch diese spontanen Ausbrüche helfen in der Situation nur bedingt weiter. Zwar ist es gut, dass es sie gibt, aber wenn man erfolgreich alle 12 000 Menschen evakuieren möchte, braucht es klare Forderungen und einen Plan, wie man aus der Defensive in der wir uns befinden, herauskommt. Vor allem wenn man längerfristig die Festung Europa einreißen will.

Fehlerhafte
Politik

Was also tun? Auch wenn es Manchen falsch vorkommt, Jene zu kritisieren, die abstrakt für das gleiche Ziel kämpfen, so müssen wir an dieser Stelle offen Kritik üben und gemeinsam diskutieren. Denn dass Menschen verbrannt sind, während andere nun hungern, ist nicht nur die Schuld von Horst Seehofer, sondern auch Ergebnis der Politik Gewerkschaften und reformistischen Parteien. Diese beteiligten sich zwar formal an unterschiedlichen Bündnissen, verweigerten sich aber konsequenter antirassistischer Politik. Statt mit der Großen Koalition zu brechen, setzte die SPD die rassistischen Asylgesetzverschärfungen mit um. Statt dies zu kritisieren, die Geflüchteten in die eigenen Reihen aufzunehmen und gemeinsam für Verbesserungen der gesamten Arbeiter_Innenklasse zu kämpfen, setzten die Gewerkschaften auf leere Phrasen und Standortpolitik. Der Linkspartei hingegen fehlte eine Taktik, diese beiden herauszufordern und offen zu kritisieren und verlor sich stattdessen in eigene Grabenkämpfe und Einzelprojekte. Dies trug maßgeblich damit bei, dass sich die Positionen der AfD in Teilen der Arbeiter_Innenklasse mehr Gehör fanden.

Wir müssen aber auch die Politik der Radikalen Linken kritisch betrachten. Dabei geht es an dieser Stelle weniger um Schuldzuweisungen, sondern mehr darum eine Debatte anzustoßen und aus den Fehlern zu lernen. Nur so können wir perspektivisch erfolgreich sein. Was wurde also gemacht?  Seit 2014 gab es punktuell immer mal wieder große Demonstrationen, es gab bundesweite Bündnisse gegen Rassismus -und zwar mehr als genug. Doch statt sich gemeinsam zu koordinieren und konkret um Forderungen zu kämpfen, blieb es dabei dass jedes Spektrum sein eigene Suppe kocht. Die schmeckt schließlich am besten. Doch was ist aus den Zielen geworden? Aufstehen gegen Rassismus, das wohl größte Bündnis setzte sich zum Ziel „rote Haltelinien“ neu zu ziehen und die Positionen der AfD aus der Gesellschaft zu vertreiben mittels kleiner Multiplikator_Innen, sogenannter Stammtischkämpfer_Innen. Nationalismus ist keine Alternative wollte blockieren, Welcome2Stay hatte vor Strukturen von Supporter_Innen und Geflüchteten zu vernetzen.

Doch was ist geblieben? Nicht viel. Die Asylgesetzverschärfungen sind durchgekommen und die Debatte hat sich verschoben: Statt dafür zu kämpfen, dass Geflüchtete hier arbeiten gehen können, geht’s jetzt darum Abschiebungen zu verhindern und dafür zu kämpfen, dass Menschen in Seenot überhaupt aufgenommen werden können. Was sind also die größten Fehler?

Zusammengefasst hätten sich die bundesweiten Bündnisse koordinieren müssen. Im Zuge der großen Mobilisierungen hätte es Basisarbeit an Orten gebraucht, an denen wir uns alle Bewegung müssen (Schule, Uni, Betrieb) um auch jene zu erreichen, die noch nicht überzeugt sind. Darüber hinaus hätte es Druck gebraucht: auf die Regierung durch Demos, aber auch Streiks und auf einzelne Organisationen der Arbeiter_Innenklasse wie beispielsweise die Gewerkschaften.

Was
braucht es jetzt?

Statt zu hoffen, dass sich was ändert, müssen wir handeln. Auch wenn sich viele in dieser Situation machtlos fühlen, auch wenn es so scheint, dass man nichts mehr ändern kann, selbst wenn man auf Demos geht und mit Freund_Innen diskutiert. Solche Momente in denen sich die Situation krisenhaft zuspitzt, müssen wir nutzen. Unmittelbar gilt es für die sofortige Versorgung vor Ort, sowie die Evakuierung aller Geflüchteten auf Lesbos zu kämpfen und sich nicht mit Kleinstbeträgen abspeisen zu lassen.

Doch wie kann man das durchsetzten? Trotz Corona bedarf es so schnell wie möglich zentraler Aktionstage. In diesem Rahmen darf es dabei nicht nur um die Demonstration an sich gehen. Diese ist vielmehr Anhaltspunkt um vor Ort  in Schule, Uni und Betrieb Aktionskomitees zu gründen, die vor Ort dafür mobilisieren mit Infoveranstaltungen, Vollversammlungen. Dies muss man nutzen, nicht nur die Demonstration zu bewerben, sondern Diskussionen zu starten, wo man bspw. über die Auswirkungen von Rassismus oder auch Corona vor Ort diskutieren kann. Damit das stattfindet, muss man auf Gewerkschaften und Linkspartei auffordern, sich nicht nur an einem Bündnis zu beteiligen, sondern offen und nachvollziehbar alle ihre Mitglieder zu mobilisieren. Besonders Bewegungen wie Fridays for Future oder aber Deutsche Wohnen & Co enteignen! müssten an dieser Stelle klar Stellung beziehen und aktiv Druck ausüben.

Was muss man fordern?

Die sofortige Versorgung, sowie Evakuierung können nur durchgesetzt, wenn wir auch eine gesellschaftliche Perspektive aufzeigen, die über Humanität und Moral hinausgehen. Als Revolutionär_Innen treten wir für offene Grenzen und Staatsbürger_Innenrechte für alle sein. Bewegungsfreiheit darf kein Privileg in imperialistischen Ländern sein, sondern muss ein Recht für die gesamte, internationale Arbeiter_Innenklasse sein. Auch müssen Linke über die Forderung des Bleiberecht hinausgehen.Diese mag auf den ersten Blick fortschrittlich klingen, jedoch sorgt diese dafür, dass Geflüchtet hier lediglich geduldet werden. Staatsbürger_Innenrechte bedeuten jedoch, dass sie die gleichen Recht haben, dass sie auch aktiver Teil der Arbeiter_Innenklasse sein können und hier wählen, arbeiten, sich frei bewegen können.

Darüber hinaus müssen wir in unseren Forderungen bestehende Kämpfe verbinden. Wir sind gegen die Unterbringung in Lagern. Stattdessen bedarf es die Enteignung von leerstehenden Wohnraum, sowie Spekulationsobjekten, die die Mieten in die Höhe treiben. Der zusätzliche Bau von Sozialwohnung sorgt ebenso dafür, dass der überteuerte Wohnraum für alle Vergangenheit wird. Auch müssen wir dafür kämpfen, dass die Geflüchteten in die Gewerkschaften aufgenommen werden und gemeinsam für einen höheren Mindestlohn auf die Straße gehen. Dies kann direkt mit den kommenden Kämpfen gegen Entlassungen kombiniert werden, denn statt arbeitslos zu sein, sollten die individuelle Arbeitszeit bei vollem Lohnausglech reduziert werden. Die Verbindung solcher Fragen schafft es den Rechten den Wind aus den Segeln zu nehmen und bestehende Vorurteile zu beseitigen, da so das Interesse der gesamten Arbeiter_Innenklasse aufgezeigt wird. Um mehr Schlagkraft zu erzeugen, sollte es nicht nur individualisierte Proteste mit unterschiedlichen Forderungen in verschiedenen Ländern geben, sondern ein auf europäischer Ebene organisierter Protest.




Klimabewegung: Weiter machen wie bisher?

Lars Keller

So – es wurde Zeit, Klimabewegung is back in big! Am 25. September ruft Fridays for Future zum globalen Klimastreik auf, Ende Gelände startet im gleichen Zeitraum (23.-28. September) Aktionen im Rheinischen Braunkohlerevier, auch wir sind am Start!

Unsere Ausgangslage ist dabei deutlich beschissener als noch vor rund einem Jahr, als Millionen auf die Straße gingen, um für eine effektive Klimapolitik zu demonstrieren. Praktisch und ein kleiner Trost wär’s gewesen, wenn die Corona-Krise die menschengemachte Erderwärmung zumindest ein kleines Bisschen kühl angehaucht hätte– aber nix davon! Es wird davon ausgegangen, dass 2020 höchstens 7 % weniger CO2 emittiert werden als 2019 (dpa), zu wenig, um irgendetwas gegen den Klimawandel auszurichten.

Und auch sonst sieht’s miese aus. Statt aus der Kohleverstromung auszusteigen, gibt’s mit Datteln IV einen nagelneues Steinkohlekraftwerk. Die Lufthansa wird vom deutschen Staat mit gigantischen Summen gerettet, die selbstinszenierte Klimavorreiterin Deutsche Bahn muss 2 Mrd. Euro allein beim Personal einsparen und zu einem großen Teil mit Datteln-Strom fahren. Die deutsche Autoindustrie kriegt Milliarden in den Arsch geblasen, wer sich ein E-Auto kauft, kriegt fette Zuschüsse für ein Fahrzeug, das überhaupt erst nach 8 Jahren grüner ist als ein Benzinauto…und auch mit Strom aus fossiler Energie fährt.

Corona und die Krise und die Umwelt

Die Rettung der Lufthansa und erhöhte staatliche Förderungen in der Autoindustrie sind unmittelbare Folgen der Coronavirus-Pandemie, welche zu einer massiven Wirtschaftskrise führte. Wäre also ohne Corona wirtschaftlich alles super? Nein, sicher nicht. Corona ist zwar der Auslöser der Krise, ja. Aber genau genommen erleben wir weltweit betrachtet eine durchgehende Krise seit 2008 / 2009. Corona hat diese massiv verschärft, irgendeine Verschärfung war aber sowieso überfällig und wurde seit gut zwei Jahren erwartet von Ökonom_Innen erwartet.

Warum kommt’s eigentlich immer wieder zu Krisen – mit und ohne Virus? Es liegt an der Art und Weise wie der Kapitalismus funktioniert. Er trägt die niemals endende Ausweitung und Intensivierung der Produktion als Zwang in sich. Wer Kapitalist_In ist muss, um auf dem Markt zu überleben, den Großteil seines Gewinns erneut in die Produktion investieren. Genauso wie unsere Erde hat der Markt dabei aber eine Grenze. Irgendwann bietet sich für Kapitalist_Innen keine ausreichend attraktive Möglichkeit mehr, worin sie investieren können. An diesem Punkt befinden wir uns nun schon einige Jahrzehnte. Wenn es im industriellen Bereich kaum noch Möglichkeiten zur Investition gibt, fließt Kapital in unproduktivere Bereiche, es kommt zum Beispiel zu Immobilien- oder Kreditblasen. Hinter den Geldgewinnen steckt hier kein realer Gegenwert mehr. Das bringt den Kapitalismus in eine Schieflage, bis ihn zum Beispiel ein Virus (2020) oder eine Bankenpleite (2009) zum Kippen bringt. Kein Gesetz, keine „Degrowth-Politik“ kann diesen Mechanismus unterbinden, die Konkurrenz selbst verhindert das. „Degrowth-Politik“ eines einzelnen Staates innerhalb des Kapitalismus heißt: wirtschaftlicher Selbstmord.

Was hat das jetzt mit der Krise der Umwelt zu tun? Sehr viel. Auch wenn eine Krise erst mal dafür sorgt, dass z.B. weniger CO2 emittiert wird, weil Fabriken die Produktion drosseln, so ist auf lange Sicht eine Krise ein Brandbeschleuniger für den Planeten. Denn nur weil Krise ist, hört die Konkurrenz zwischen Kapitalist_Innen und ihren Staaten nicht auf – sie wird im Gegenteil viel brutaler und auf Kosten der Umwelt und der breiten Masse der Bevölkerung ausgetragen. Beispiele gibt’s nicht erst seit Corona. China befindet sich seit Jahren im wirtschaftlichen Aufstieg und scheißt dabei großzügig auf Klima- und Umweltpolitik. Die USA sehen sich davon bedroht und kündigten 2017 den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen an (das selbst ein Witz war).

Nur wer kapiert, dass es eine zugespitzte internationale Konkurrenz gibt, wird verstehen, warum die Bundesregierung die Lufthansa und die Autokonzerne mit Milliarden auffängt. Es geht um die Konkurrenzfähigkeit deutscher Kapitalist_Innen auf der Welt. Der Staat agiert nicht zufällig so, denn er ist selbst ein kapitalistischer Staat und eng verwoben mit den Konzernen und Banken.

Die Konkurrenz selbst gipfelt im Kapitalismus darin, dass die stärksten Mächte immer wieder an den Punkt gedrängt werden um die Neuaufteilung der Welt in Einflussgebiete, Absatzmärkte, Rohstoffquellen und Produktionsstandorte zu kämpfen – wir sprechen vom Imperialismus. Das geht politisch-diplomatisch, in letzter Instanz aber mit Gewalt, mit Krieg. Dabei versuchen diese Mächte ihre Krise auf drei Arten zu lösen:

– Abwälzung der Krisenkosten auf ihre eigene Bevölkerung, im Wesentlichen die Arbeiter_Innenklasse durch eine verschärfte Ausbeutung

– Abwälzung der Krisenkosten auf die halbkoloniale Welt, also schwächere, wirtschaftlich von großen Mächten abhängige Staaten, hier schlägt die Krise bereits jetzt brutaler zu, z.B. aufgrund miserabler Gesundheitsinfrastruktur

– Abwälzung der Krisenkosten auf andere Weltmächte
Das Ziel ist jeweils im Konkurrenzkampf auf Kosten Anderer zu überleben. Bei all dem kann es sich ein kapitalistischer Staat kaum leisten, auf einen wirklichen, effektiven Schutz der Umwelt zu Wert zu legen. Die Konkurrenz und ewige Produktionsausweitung tragen bereits in sich, dass es das nicht geben kann, eine Krise tritt dabei immer wieder auf und verschärft das.

Als würde das nicht schon reichen, droht noch ein weiterer Brandbeschleuniger. Die Coronakrise hat der politischen Rechten Rückenwind verliehen. So sammelt sich ein ekelhafter Sud aus Nazis, Verschwörungstheoretiker_Innen und Rechtspopulist_Innen bis weit in die bürgerliche Mitte hinein. Die Schnittmenge derer, die sowohl Corona als auch den Klimawandel leugnen, ist wohl groß. Dabei schaffen es Rechte mittlerweile nicht nur in ihren klassischen Hochburgen große Demos auf die Beine zu stellen. Die rechtsoffenen Aktionen von „Querdenken 711“ haben auch in z.B. in Baden-Württemberg Massen auf die Straße gebracht. Schon allein deshalb muss sich eine Klimabewegung ebenso dem Rechtsruck entgegenstellen. Dazu aber später noch mehr.

Und jetzt? Alles nur scheiße?!

Scheint fast so…aber es gibt auch eine Reihe von Chancen für die Umweltbewegung. Aber um diese zu erkennen, müssen wir uns fragen, was die Probleme von Fridays for Future und einem großen Teil der Umweltbewegung waren…schon bevor Corona uns zurückwarf.

Millionen Menschen auf der Straße, Bitten, Flehen, Weinen und Schreien gegenüber der Politik haben was gebracht? – nichts, also fast nichts…es brachte uns einen Joke, einen schlechten Witz, ein Klimapaket, das weder die Namen „Klima“ noch „Paket“ verdient hat. Ist die Regierung einfach nur taub und blöde, dass sie die gesellschaftliche Debatte, die wir anstießen, nicht hörten; unsere Forderungen auf tausenden Pappdeckeln nicht sahen? Nö. Sie macht, was sie als Regierung eines kapitalistischen Staates tun muss – nämlich Politik fürs Kapital. Sie kann nicht anders und will es davon abgesehen auch gar nicht anders. Klimapolitik gibt’s nur, wenn es der deutschen Exportindustrie nutzt. Und wir sollten ja nicht glauben, dass das mit einem Jakob Blasel oder einer Luisa Neubauer von Fridays for Future bzw. den Grünen an der Regierung anders liefe. Wer wie die Grünen den Kapitalismus grün anstreichen will, wird unterm Strich kapitalistische Politik machen…die niemals nie grün sein kann (siehe oben, Konkurrenz und so).

Am Rande bemerkt: Die LINKEN können aus der Klimabewegung gar keinen Erfolg ziehen. Gerade mal 1% der Befragten einer Tagesschau-Umfrage trauen der Linken eine gute Klimapolitik zu. Naja, wer Braunkohletagebaue in der Lausitz (Welzow II) unterstützt und auch sonst nichts gegen die Krise leistet hat’s wohl nicht besser verdient. Die anderen Parteien im übrigen auch nicht, aber die sind wohl besser darin ihre klimaschädliche Realpolitik umweltfreundlich zurechtzubiegen.

Mit den Bitten an die Regierung, RWE, VW und Co. muss das jetzt mal vorbei sein, es gab Zeit genug zu erkennen, dass damit nichts zu erreichen ist, was den Planeten lebenswert hält. Die Strategie muss eine andere sein – eine antikapitalistische.

Was heißt das? Das heißt z.B. VW, RWE und Co nicht zu bitten, mehr fürs Klima zu tun, sondern sie zu enteignen! Kein Profit mit der Zerstörung des Planeten! Und dann? Wer übernimmt die Kraftwerke usw.? Der Staat? Jein. Enteignen heißt zwar erst mal, dass die Betriebe in Staatshand übergehen, aber der Staat besitzt diese erstens sowieso schon teilweise und zweitens kann er sie genauso schmutzig weiterführen. Es ist eine Frage der Kontrolle.

Wir stellen uns vor, dass die Beschäftigten selbst die Produktion kontrollieren sollen, umgestalten sollen, sodass z.B. schnellstmöglich eine Autoproduktion massiv auf Schienenfahrzeuge umgestellt wird. Alles, was damit verbunden ist – Produktionsumbau, Umschulung usw., haben die Kapitalist_Innen zu zahlen!

Aber sind die Arbeiter_Innen denn dafür zu haben? Die haben ja auch Fridays for Future so gut wie nicht unterstützt! Tja, weil sie davon nicht so richtig angesprochen waren. Die Erfahrung ist nämlich, dass sie z.B. in Form einer CO2 Steuer eine unzureichende Klimawende bezahlen. Aber es ist nicht so, dass Arbeiter_Innen grundsätzlich nicht gewinnbar wären. Es gibt einige Chancen:

– die Tarifverhandlungen von Ver.di zum Nahverkehr sind ein wunderbarer Anknüpfungspunkt für uns. Es gilt Druck mit den Arbeiter_Innen zusammen auf Ver.di und die Bosse zu machen und einen kostenlosen, gut ausgebauten Nahverkehr zu fordern, mit höheren Löhnen für Beschäftigte und verkürzter Arbeitszeit, bezahlt durch eine Besteuerung der Profite der Autokonzerne

– die Krise führt zu großen Entlassungen und Kurzarbeit. Dagegen sollten wir fordern: Wir zahlen nicht die Krise der Bosse! Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und keine Entlassung! Geplante Umstellung der Produktion auf eine wirklich nachhaltige Basis!

– die Coronakrise zeigte die Instabilität unseres Gesundheitssystems. Warum fordert nicht auch Fridays for Future eine kostenlose, gut ausgebaute Gesundheitsversorgung sowie Kommunalisierung der Krankenhäuser?

Hä? Aber die letzte Forderung hat doch gar nichts mit der Umwelt zu tun?!
Erstmal hat alles mit der Umwelt zu tun, z.B. wenn ein Krankenhaus eine Uralt-Heizung verwendet. Zentral ist aber zweitens folgendes: Die Klimabewegung muss es schaffen Kämpfe zu verbinden, dabei eine Antikrisenbewegung aufbauen und sich mit der Arbeiter_Innenklasse insgesamt zu verbünden. Nur sie könnte überhaupt eine Enteignung von VW und Co grün umsetzten.

Kämpfe verbinden heißt auch, eine klar antirassistische Haltung zu beziehen, sich dem Rechtsruck entgegenzustellen. Da reicht es nicht, auf Instagram die Evakuierung Morias zu fordern, sondern offene Grenzen und einen antirassistischen Selbstschutz aufzubauen und genau das überall zu fordern, sei es in Garzweiler oder auf einem Verdi Streik. Die Klimakrise ist der Fluchtgrund Nr. 1.

Wenn wir anfangen, diese Perspektive zu diskutieren und zu fordern, eine antikapitalistische und antirassistische Bewegung gegen die Krisen in Umwelt, Gesundheit, den Betrieben und nicht zuletzt an mörderischen Grenzen aufzubauen, dann kann es möglich sein, dass die Klimabewegung die Initiatorin wird, den Rechtsruck und die Angriffe der Regierung und Konzerne aufzuhalten.

Die Alternative heißt sie weiter anzuflehen und daran zu verzweifeln.




6 Monate nach Hanau: Was brauchen wir, damit Nazis nicht mehr morden?

Das ging
am Aktionstag

Am
22.08.2020 sollte in der Stadt Hanau eine bundesweit organisierte Demonstration
in Gedenken der Neun Menschen geben, die am 19. Februar 2020 von einem Faschisten
kaltblütig ermordet wurden. Faschistische und rassistische Gewalt mit tödlichem
Ausgang nehmen in Deutschland, Europa und der ganzen Welt immer weiter zu. Die
Terrorakte von Halle und Hanau bildeten dabei in Deutschland
nur die blutige Spitze des Eisberges, denn Rassismus und damit auch Angriffe
auf Nichtweiße gehören generell zum kapitalistischen System. Diese Entwicklung
und die mediale Gleichgültigkeit bis hin zur öffentlichen Hetze gegen
Migrant_Innen zeigen uns, wie sehr Rassismus und die Aktivitäten der Faschist_Innen
bereits zur Normalität in unserer Gesellschaft geworden sind. Dabei ist das
Problem aktueller denn je. Während in Polizeidienststellen Hitlerjugendwappen
gefunden werden und rassistische Cops beinahe täglich Migrant_Innen schikanieren
und diese verprügeln, in Berlin Neukölln regelmäßig Autos und Geschäfte von
Migrant_Innen und Linken brennen und die gesamte faschistische Bewegung sich
immer weiter radikalisiert, üben sich die Machthaber_Innen im Nichtstun. Sie bezeichnen
diese Fälle als Taten von verwirrten Einzeltäter_Innen und ignorieren
faschistische Netzwerke beim Verfassungsschutz, bei tausenden Bullen und
Soldat_Innen der Bundeswehr, durch sich die Faschist_Innen weiter ausbilden und
bewaffnen können. Damit unterstützen sie diese Entwicklung.

Doch wir
nehmen diese Augenwischerei nicht länger hin!

Wir und
dutzende andere Organisationen und Gruppen, sowie Teile der
Arbeiter_Innenklasse und migrantische Community, haben eine klare Message: Wir
lassen nicht weiter zu, wie ihr unsere Freund_Innen, Verwandten, Kolleg_Innen
und Familien weiter misshandelt, erniedrigt, verhöhnt, bespuckt und ermordet
werden!

Dafür haben
wir uns allesamt vorgenommen, am 22. August nach Hanau zu mobilisieren, um zu
zeigen, dass wir niemanden vergessen und wir erst recht niemandem vergeben
werden. Mit den Angehörigen der Ermordeten wollen wir uns solidarisch zeigen,
an ihrer Seite stehen und gemeinsam eine Perspektive aufzeigen. Eine
Perspektive in eine Welt, in der niemand mehr Angst vor faschistischen
Mörderbanden haben muss und es keine materielle Grundlage mehr für Rassismus
gibt.

Aufgrund der
derzeitigen Pandemie können Demonstrationen nur mit gut ausgearbeiteten
Hygienekonzepten durchgeführt werden, anders lassen die Ordnungsämter die
Demonstrationen gar nicht zu.

Die
Organisator_Innen haben sich wochenlang mit der Stadt Hanau und dessen
Bürgermeister verständigt, um das Demonstrationsgeschehen so sicher wie möglich
für alle Teilnehmer_Innen zu gestalten. Bundesweit wurde mit Bussen mobilisiert
und ein breites Bündnis wollte zwischen 4000 und 10000 Menschen nach Hanau
bringen, um unser gemeinsames Anliegen kraftvoll, laut und kämpferisch auf die
Straße tragen zu können.

Doch keine
24 Stunden vor der Demonstration kam dann die Absage. Die Zahl der Coronainfektionen
stieg in Südhessen sehr schnell an, sodass sich die Stadt dazu entschlossen
hat, die Demonstration zu verbieten und zwar so kurzfristig, dass es fast
unmöglich war, damit angemessen umzugehen. Das war ein Schlag ins Gesicht. Ein
Schlag ins Gesicht aller, die sich gegen jeden Widerstand des rassistischen
Staatsapparates und unter Einsatz ihres Lebens im Kampf gegen faschistische Gruppen
immer und immer wieder dem mörderischen Rechtsruck entgegenstellen, der unsere
Welt erfasst hat.

Während in
Berlin 20.000 Coronaleugner_Innen ohne jede Sicherheitsmaßnahme und Masken
unbehelligt laufen dürfen und die Nazis sich überall die Straßen erobern,
greifen bei vielen linken Demonstration die Corona-Schutzmaßnahmen und unsere
Veranstaltungen werden verboten oder wegen angeblichen Verstößen mit
Polizeigewalt zerschlagen. Wir müssen dieses Demoverbot von Seiten der Politik
als Angriff verstehen, als ein Manöver im Kampf gegen die Organisierung der
Unterdrückten und Ausgebeuteten und es als solches verurteilen und die
richtigen Schlüsse daraus ziehen!

Die Reaktion
der Organisator_Innen darauf war enttäuschend. Sie fügten sich dem Beschluss
und riefen dazu auf, nicht nach Hanau zu kommen, da man ja nicht zu
Coronarebellen werden wollte. Stattdessen sollte es nur eine zentrale
Kundgebung geben, welche per Livestream bundesweit übertragen wird. Dies ist
zwar auch geschehen, ersetzt aber nicht den kollektiven Charakter einer
zentralen Großdemonstration, die so vielen verzweifelten Menschen die richtige
Message gegeben hätte. „Wir sind viele und geben nicht auf!“ So eine
Masse hätte andere motiviert, es den Demonstrierenden gleich zu tun, auf die
Straße zu gehen und sich bestenfalls Revolutionär zu organisieren. Denn nur als
Massenbewegung können wir den Rechtsruck aufhalten, die faschistische Gefahr
beseitigen und den rassistischen Staatsapparat zerschlagen.

Auf die
Absage der Demonstration reagierten jedoch viele linke und migrantische
Gruppen. Sie organisierten daraufhin Demonstrationen und Kundgebungen, an denen
Tausende teilnahmen, um ihre Solidarität auf die Straßen zu tragen und
möglichst viele Menschen zu erreichen. Allein in Frankfurt fanden 11
verschiedene Kundgebungen und eine Demonstration statt. Ungefähr 4000 Menschen
waren daran beteiligt.

So schön das
auch erstmal klingt, spiegelt es doch den Zustand der Bewegung wider, wenn es
für einen solchen Tag nicht möglich ist, sich auf eine gemeinsame, zentrale
Aktion zu einigen. Anstatt ein Dutzend voneinander abgespaltene, dezentrale
Aktionen durchzuführen, welche Uneinigkeit und eine geringe Zahl an Menschen
repräsentieren, hätte man sich dazu entschließen sollen, sich die Straßen
konsequent zu erobern. Auch wir wollen keine Corona-Rebellen sein und es ist
uns schon gar kein Anliegen, die Gefährlichkeit dieser Krankheit
herunterzuspielen. Doch es gibt Anlässe, bei denen wir uns über staatliche
Beschlüsse hinwegsetzen müssen, bei dem Kampf für Geflüchtete, bei
Terroranschlägen, Massenentlassungen oder Gesetze, die unsere Rechte angreifen.
Der Protest am Samstag wäre ein solcher Anlass gewesen.

Wenn die
Faschist_Innen ohne jede Abstandsregel zu Tausenden marschieren dürfen, dann
müssen wir uns dieses Recht erkämpfen und dabei staatlichen Widerstand
überwinden und dürfen uns nicht von Verboten oder schwerbewaffneten Bullen
aufhalten lassen, ansonsten haben wir keine Chance uns weiter aufzubauen und
den Kampf schon so gut wie verloren!

Wir haben
uns entschieden die Gedenkveranstaltung in Hanau als solche nicht zu stören und
die Entscheidung des Bündnisses kritisch anzunehmen. Entschlossen, organisiert
und kämpferisch sind wir aus mehreren Städten nach Frankfurt gefahren und haben
uns stattdessen an der Aktion um 15 Uhr vor der Hauptwache beteiligt. Dort
konnten wir die Gedenkveranstaltung live miterleben und die Aktivist_Innen von
Migrantifa und Young Struggle unterstützen. Anschließend fand auch eine
Spontandemo statt, die durch Frankfurt an verschiedenen Kungebungsorten
vorbeilief. Auch die Didfjugend und weitere Antifagruppen stießen hinzu. Ein
Lautsprecherwagen wurde organisiert, von dem aus Reden gehalten wurden. Die
Aktivist_Innen von Migrantifa haben dort super motivierend moderiert, die
Blöcke haben viel Stimmung gemacht und so konnte die Demo ihre Anliegen lautstark
auf die Straßen tragen.

Das ist auch
gut so, denn eine solche Veranstaltung sollte natürlich nicht nur den Charakter
einer Trauerveranstaltung haben. Denn wenn wir diese Anlässe nicht nutzen, um
aufzuzeigen, wie wir so etwas in Zukunft verhindern können, wird es solche
Gedenkveranstaltungen noch öfters geben müssen. Das haben wir getan.

Wir sind
auch mit Aktivist_Innen ins Gespräch gekommen und haben uns ausgetauscht über
Wege, wie der Kampf weitergehen kann. Zusätzlich verteilten wir Flyer über
Rassismus in der Bildung, dem Ursprung in der Klassengesellschaft und dass wir
diese überwinden müssen, wenn wir Rassismus für immer beenden wollen.

Wir hoffen,
dass wir uns weiter vernetzen und über solche Fragen diskutieren können, damit
sich trotz Differenzen in der Programmatik eine große Bewegung aufbaut, die
sich gegen Rassismus, Faschismus und dieses unterdrückerische System auflehnt
und in der wir Schulter an Schulter kämpfen können.

Wie kann
das sein?

Permanent
gibt es den Klassenkampf gegen uns, so ist jeder von Faschist_Innen ermordete
Mensch, egal ob politisch aktiv oder nicht, ein Betroffener dessen und jede_r
von ihnen hat zwei Täter. Der Mörder, der die Waffe zückt und den
kapitalistischen, rassistischen Staat, der ihn bewaffnet hat. Um ihrer wirklich
in Würde und Ehre zu gedenken, müssen wir jetzt aufstehen und den Kampf
aufnehmen! Um diesen zu gewinnen, müssen sich alle antirassistischen,
antifaschistischen Kräfte in diesem Land, die es wirklich ernst meinen,
vereinen und Widerstand organisieren!

Nur darüber
reden „mal wieder etwas tun zu müssen“ reicht nicht. Wir brauchen
eine klare Perspektive im Kampf gegen den Terror, den unser Staat und seine
Organe über uns gebracht haben und diese Perspektive wollen wir aufzeigen:

Die
Herrschaftsverhältnisse in diesem System sind die Ursache der Unterdrückung der
Arbeiter_Innenmassen. Die Menschen, die das Eigentum an Produktionsmitteln
besitzen, nutzen jede Möglichkeit so viel Mehrwert wie möglich zu
erwirtschaften und ihr Kapital zu vermehren. Da passt es ihnen ganz gut, wenn
die Menschen, die für sie arbeiten, um sich Wohnung und Essen leisten zu
können, sich durch chauvinistische Strukturen wie Rassismus und Sexismus gegenseitig
bekämpfen, anstatt eben die Ursache ihrer beschissenen Situation – das Privateigentum
– anzugreifen. Zusätzlich können sie diese Spaltungs- und
Unterdrückungsstrukturen nutzen, um PoCs, Migrant_Innen und Frauen weniger Lohn
zu zahlen und noch mehr Profit zu gewinnen.

Der Staat
ist dabei eine Struktur, die den ideellen Gesamtkapitalisten darstellt. Er
vermittelt zwischen der ArbeiterInnenklasse und der KapitalistInnenklasse,
vertritt jedoch stets die Interessen des Großkapitals, das sehen wir auch, wenn
durch Steuergelder Konzerne wie Lufthansa, VW und RWE gerettet werden oder eben
an rassistischen Asylgesetzen und die Verstrickung der rechtsextremen Szene bis
tief in die Repressionsorgane hinein. Wir sind damit aber nicht allein! Auf der
ganzen Welt vertreten die Staaten ihre kapitalistische Klasse und stehen dabei
im Konkurrenzkampf. Als unterdrückte Klasse haben wir keinen Staat, der uns
wirklich vertritt und haben mehr mit den Arbeiter_Innen in Bangladesh gemein
als mit dem Chef der Firma, für die wir arbeiten. Deshalb müssen wir uns als
internationale, unterdrückte Klasse zusammenschließen und dieses System
bekämpfen. Die Arbeiter_Innen müssen auf nationaler Ebene gegen ihren eigenen
Staat mobilisieren und auf internationaler Ebene gemeinsam vereinen mit dem
Ziel, eine Gesellschaft aufzubauen, in der die Massen das Sagen haben.

Wie
können wir das erreichen?

Wir müssen
uns organisieren in der Schule, der Universität und natürlich den Betrieben und
Fabriken, um die Herrschenden herauszufordern. Denn die Arbeiter_Innenklasse
vereint, ist dazu in der Lage, diesen Staat nicht nur herauszufordern, sondern
ihn auch zu stürzen und dafür setzen wir uns ein.

Um uns dafür
einzusetzen, ist uns Jugendlichen klar, dass wir uns schon so früh wie möglich
organisieren müssen, um uns zu schulen und für den Kampf im Betrieb
vorzubereiten, damit wir dann als Erwachsene das Erlernte im Betrieb und auf
der Straße einsetzen können. Aber nicht nur als Erwachsene müssen wir kämpfen,
als Jugendliche erfahren wir auch eine strukturelle Unterdrückung im System, dagegen
müssen wir uns unabhängig organisieren und den Schulterschluss mit den
Arbeiter_Innen im Klassenkampf suchen.

Letztendlich
kann dieses Regime nämlich nur durch eine Revolution gestürzt werden, damit wir
uns zu einer klassenlosen, kommunistischen Gesellschaft weiterentwickeln
können, in der es dann wirklich keinen Rassismus oder andere Formen des
Chauvinismus mehr geben wird.

Und genau
deshalb laden wir alle Jugendlichen, die diesen Kampf zu führen bereit sind,
dazu ein, sich uns anzuschließen. Denn gewinnen können wir nur zusammen! 

Wir stellen
dabei folgende Forderungen gegen Rassismus auf:

– Kein
Vergeben, kein Vergessen, für eine lückenlose Aufklärung der Terrorangriffe von
Rechten, für die Aufdeckung rassistischer und faschistischer Netzwerke durch
von der unterdrückten Klasse gewählten Strukturen. Dem Staat können wir dabei
nicht trauen

– Es gibt
kein Recht auf Nazipropaganda! Springer&Co enteignen, Nazis blockieren!

– Wir lassen
uns nicht Spalten! Volle Staatsbürger_Innenrechte für alle, wo sie gerade
leben! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!

-Weg mit
allen rassistischen Asylgesetzen! Weg mit den „Sonderdeals“ zur
Abwehr der „Flüchtlingsströme“! Für offene Grenzen und sichere
Fluchtrouten!

-Festung
Europa zerschlagen! Weg mit Frontex und allen anderen Grenzschutzeinheiten! Für
die Vereinigten sozialistischen Staaten Europas!

-Gegen
Geflüchtetenlager! Für dezentrale Unterbringung! Enteignung von leerstehendem
Wohnraum und massive Investitionen in sozialen Wohnungsbau für Geflüchtete!

-Kein
Vertrauen in den Staat! Für das Recht auf Selbstverteidigung gegen rechten und
polizeilichen Terror! Für die Organisierung von Selbstverteidigungsstrukturen
der Unterdrückten gemeinsam mit den Organisationen der ArbeiterInnenklasse,
Migrant_Innen und anderer unterdrückter Gruppen!

— Für den
Aufbau einer antikapitalistischen, antifaschistischen, internationalen, multiethnischen
Arbeiter_Innenbewegung

Für die
sozialistische Revolution!

Hoch die
internationale Solidarität!




Aufruf zum Klimaherbst mit Ende Gelände und Fridays for Future:

Fight the Crisis – Wenn nicht mit Bitten, dann mit Enteignung!

Diesen Herbst erwarten uns nicht nur neue Temperaturrekorde, sondern
auch internationale und bundesweite Mobilisierungen gegen die aktuelle
Umwelt- und Energiepolitik.

Am 25.9. wollen wir uns in vielen Städten am globalen Klimastreik
beteiligen und am 26. und 27.9. das rheinische Braunkohlerevier
blockieren!

 Denn gigantische Buschbrände, Hitzerekorde, Gletscherschmelzen und
Naturkatastrophen machen keine Pause, nur weil gerade eine weltweite
Pandemie ausgebrochen ist. Vielmehr sehen wir, dass Klima-, Gesundheits-
und Wirtschaftskrise untrennbar miteinander verbunden sind. Es ist die
Art und Weise, wie wir produzieren und wer die Produktion kontrolliert,
die darüber bestimmt, ob wir in der Lage sein werden, diese Krisen zu
bewältigen.

Eine Produktionsweise, die sich am Profit und nicht an der
Befriedigung der Bedürfnisse von Mensch und Natur orientiert, wird nur
weitere Krisen auslösen und ihre Kosten auf den Schultern der Jugend,
der ärmeren Länder und der Lohnabhängigen abladen. Kapitalismus macht
krank und zerstört Klima und Gesundheit!

Und was ist die Antwort der Regierung? Während bei der Deutschen Bahn
Massenentlassungen drohen und die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland
allein im März um 33 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist, pumpt
die Bundesregierung Milliarden in klimaschädliche Konzerne wie die
Lufthansa. Gleichzeitig werden Corona-Leugner_Innen und
Regenwaldkiller_Innen wie Bolsonaro hofiert, während es in Brasilien zu
einem Massensterben aufgrund von Covid-Infektionen kommt. Den Gipfel der
Ignoranz stellt das neue sogenannte „Kohleausstiegsgesetz“ dar und ist
eine Beleidigung für alle von uns, die im letzten Jahr ernsthaft für
Klimagerechtigkeit gekämpft haben. Von Ausstieg ist dort keine Rede,
sondern lediglich von einem milliardenschweren 18-jährigen
Stützungsprogramm. Ganz nebenbei wurde dann heimlich mit Datteln 4 noch
ein weiteres Kohlekraftwerk eröffnet. Ob’s nun darum geht, unsere Erde
zu retten oder den Schaden von Corona klein zu halten: Wir sehen, dass
die Profite weniger immer über dem Interesse der Mehrheit stehen.

Obwohl die Klimabewegung international riesige Menschenmassen hinter
sich vereinigen konnte, hat sie außer medialer Aufmerksamkeit kaum etwas
erreicht. Wir können also nicht weiter machen wie bisher. Wir haben
keine Illusionen in das Parlament und wollen auch nicht bei der nächsten
Wahl in den Bundestag einziehen um dann Lobbyist_Innen anzubetteln,
dass sie unsere Erde retten. Wir wollen das Problem an der Wurzel
packen! Wenn Bitten an Politik und Wirtschaft nichts bringen, können wir
nicht einfach selber zu denen werden, die das System mit verwalten.
Stattdessen müssen wir durch Streiks Druck aufbauen und zum Mittel der
Enteignung unter Arbeiter_Innenkontrolle greifen, da unsere Forderungen
nicht gehört werden.

Wir fordern Organisationen wie die Linkspartei, SPD und
Gewerkschaften auf, ihre gesamte Mitgliedschaft für die Aktionen zu
mobilisieren und sich gegen die kommenden Angriffe zu wehren. Denn wir
brauchen keine Predigten für „nationale Einheit“, wir brauchen keinen
Kuschelkurs mit dem Kapital. Stattdessen gibt es mit der Perspektive,
die zentralen gesellschaftlichen Sektoren wie Gesundheitssystem,
Industrieproduktion, Energie und Bildung unter demokratische Kontrolle
zu bringen und nicht der kapitalistischen Profitlogik zu überlassen,
einen Weg, wie wir kollektiv und solidarisch gegen Klimawandel,
Wirtschaftskrise und Pandemie kämpfen können.

 Lasst uns als Klimabewegung voranschreiten und Kämpfe miteinander
verbinden, um erfolgreich zu sein! Lasst uns für eine globale
Antikrisenbewegung kämpfen, die uns als Jugendlichen, Lohnabhängigen und
Migrant_Innen eine unabhängige Stimme verleiht und die kommenden
Angriffe auf Klima, Löhne, Bildung und Sozialsysteme abwehren kann –
eine Antikrisenbewegung, die international und antirassistisch ist,
sonst kann sie keinen Erfolg haben! Internationale Krisen lassen sich
nicht von einem Land aus bekämpfen und nationale (Schein-)Lösungen
bedeuten letztlich nur, dass andere Länder stärker ausgebeutet werden,
um kleine Verbesserungen vor der eigenen Haustür zu schaffen. Unsere
Partner_Innen sind dabei nicht die Grünen oder die NGOs, die durch ihre
Beteiligung am Kohle„kompromiss“ die Klimabewegung verraten haben.
Vielmehr ist es die organisierte Arbeiter_Innenklasse, die durch ihr
Mobilisierungspotential und ihre Stellung in der kapitalistischen
Produktionsweise zusammen mit uns das System aus den Angeln heben kann.
Dafür müssen wir ihr zum Beispiel in den Tarifrunden im ÖPNV solidarisch
zur Seite stehen und unsere Kämpfe verbinden!

  • Schließt Euch unserem Block im globalen Klimastreik und bei Ende
    Gelände an, wenn Ihr auch der Meinung seid, dass wir Wirtschafts- und
    Klimakrise nicht durch Bitten, sondern nur durch Enteignungen stoppen
    können!
  • Für ein Mindesteinkommen, kostenlosen Nahverkehr und
    umfangreiche Gesundheitsversorgung für alle, bezahlt aus der Besteuerung
    von Profiten und Vermögen!
  • Für die Vergesellschaftung von Energie, Verkehr und Produktion
    unter demokratischer Kontrolle der Produzent_Innen und
    Verbraucher_Innen! Gegen jede einzelne Entlassung!
  • Für eine klimafreundliche Umgestaltung von Produktion, Energie
    und Verkehr, kostenlose Umschulung der Beschäftigten und einen
    gemeinsamen Branchentarifvertrag!
  • Anerkennung von Klimakrise und Corona-Pandemie als Fluchtgründe!
    Für offene Grenzen und volle Staatsbürger_Innenrechte für alle! Kampf
    gegen den Rassismus! Selbstverteidigungsstrukturen in Betrieben, Kiezen
    und überall, wo es notwendig ist!
  • Lasst uns diese sozialistische Perspektive der kommenden Krise
    und dem/den mit ihr wachsenden Rassismus, Militarismus und
    Verschwörungstheorien entgegenstellen!

Wenn ihr den Aufruf oder den Block unterstützen wollt, schreibt uns bei Facebook, Instagram oder per Mail an germany@onesolutionrevolution.de !




Kein Vergessen! Beteiligt Euch an den Demonstrationen im Gedenken an die Ermordeten von Hanau!

Aufruf von Gruppe ArbeiterInnenmacht und REVOLUTION

Gerade sechs Monate liegen die rassistischen Morde vom 19. Februar 
zurück. Die Erinnerung an den barbarischen Anschlag eines
rechtsextremen, völkischen und neo-nazistischen Terroristen erschüttert
bis heute.

Wie viele andere Antirassist_Innen und Antifaschist_Innen rufen wir zur Teilnahme an den Aktionen am 19. August und an der bundesweiten Demonstration am 22. August in Hanau auf. Wir wollen damit den Familien, den Angehörigen und Freund_Innen der Getöteten unsere Anteilnahme, unser Mitgefühl zeigen, sie in ihrem Schmerz, ihrer Wut, ihrer Verzweiflung nicht alleine lassen. Wir wollen damit ein Zeichen der Solidarität mit allen Opfern rassistischer und faschistischer Anschläge, Angriffe und Morde setzen, ein Zeichen der Solidarität mit allen Abgeschobenen, mit den Opfern der mörderischen EU-Grenzpolitik sowie allen Formen staatlicher und institutioneller rassistischer Gewalt, Diskriminierung und Unterdrückung.

Damit aus Wut und Trauer, Zorn und Angst Widerstand gegen den
rassistischen Terror und Rechtsextremismus wird, müssen wir uns bemühen,
die Ursachen, die sozialen Wurzeln der barbarischen Morde zu verstehen.

Rechtsruck

Der Todesschütze von Hanau war darauf aus, möglichst viele migrantische Menschen zu töten. 9 riss er in den Tod. Über seine Motive besteht kein Zweifel. Seine Bekennerschreiben und Videos lesen sich wie Manifeste neo-faschistischer und völkischer Barbarei, sind Aufrufe zum Pogrom, zur Vernichtung „bestimmter Völker“! War sein Hass auch mit obskuren Verschwörungstheorien verbunden, so richtete er sich vor allem gegen Migrant_Innen aus der Türkei und arabischen Ländern.

Er reiht sich damit in eine ganze Serie erschreckender rassistischer Morde und Anschläge der letzten 30 Jahre ein. Seit 1990 sind Untersuchungen der Amadeu Antonio Stiftung zufolge über 200 Menschen Opfer rechter, rassistischer und faschistischer Gewalt geworden. Menschen, die aus der Türkei und arabischen Ländern stammen oder als Muslim_Innen wahrgenommen werden, stehen besonders stark im Visier dieser Angriffe, die von Schlägertrupps bis zu organisierten terroristischen Zellen wie NSU reichen.

Die Zunahme rechter Anschläge wie die Bildung terroristischer
Gruppierungen, Zellen und Netzwerke stellt den zugespitzten Ausdruck
eines internationalen wie bundesdeutschen Rechtsrucks dar. Dieser
umfasst den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien wie der AfD,
faschistischer Organisationen wie der „Identitären Bewegung“ und
klandestiner Terroreinheiten. Tobias R., der Killer von Hanau, erinnert
unmittelbar an den Attentäter von Christchurch oder an den norwegischen
Massenmörder Breivik.

Rassistischer Wahn

Die faschistischen, neo-faschistischen, aber auch zahlreiche rechtspopulistische Organisationen stellen ein irrationales völkisches Wahngebilde zunehmend ins Zentrum  ihrer Ideologie, eine Mischung aus Verschwörungstheorie, Rassismus, Antisemitismus und allen möglichen Formen reaktionären Gedankenguts wie z. B. des Antifeminismus. So bizarr und wirklichkeitsfremd, ja die Realität auf den Kopf stellend diese Ergüsse auch wirken (und sind), knüpfen sie doch an die Vorstellungswelt eines viel breiteren rechten Spektrums an, das bis tief in bürgerliche und kleinbürgerlich-reaktionäre Schichten  reicht (und natürlich auch unter politisch rückständigen Arbeiter_Innen Gehör finden kann.

Und diese Gefahr sollten wir nicht unterschätzen. Der zunehmende individuelle Terrorismus auf Seiten der Rechten signalisiert einen grundsätzlichen Stimmungsumschwung unter weiten Teilen des Kleinbürger_Innentums und der Mittelschichten (samt demoralisierter ArbeiterInnen). Das drückt sich auch in der Herkunft vieler Attentäter_Innen aus. Tobias R. war, den Informationen der Medien zufolge, ein „gebildeter Mensch“, veröffentlichte seine Gesinnung auf Deutsch und Englisch, studierte Betriebswirtschaftslehre.

Viele andere rechte Terrorist_Innen entpuppten sich als Menschen mit klassischen kleinbürgerlichen Karrieren, besonders häufig im Polizei- und Sicherheitsapparat. Über alle jeweiligen biographischen Besonderheiten hinweg verdeutlicht die Gemeinsamkeit der sozialen Herkunft, dass sich die gegenwärtige Krise im Kleinbürger_Innentum, in den Mittelschichten ideologisch nicht nur als Angst vor Deklassierung, sondern auch als zunehmendes Misstrauen und Ablehnung gegenüber der traditionellen bürgerlichen Führung und dem Staat manifestiert. Es bedarf eines rechten Aufstandes, einer Pseudorevolution, der Entlarvung von „Verschwörungen, eines Pogroms an den „fremden Rassen“ und „Volksverräter_Innen“, was im individuellen terroristischen Akt, im Mord an möglichst vielen schon exemplarisch vorgeführt wird.

Wie bekämpfen?

Wie der Mord am Regierungspräsidenten Lübcke gezeigt hat, kann sich der rechte Terrorismus auch gegen Repräsentant_Innen des bürgerlichen Staats und Parlamentarismus richten. Die Masse seiner Opfer findet er jedoch – und darin gleicht er dem Terror faschistischer Massenbewegungen – unter der Arbeiter_Innenklasse, Migrant_Innen, rassistisch Unterdrückten, linken AktivistInnen oder dem Subproletariat (z. B. Obdachlose). Darüber hinaus drückt sich die reaktionäre Radikalität dieser Form des Terrorismus auch darin aus, dass ihre Anschläge den eigenen Tod mit einkalkulieren, ihn als ein Fanal inszenieren.

So wichtig es daher ist, rechte terroristische Zellen und Einzeltäter_Innen schon im Vorfeld zu stoppen, so zeigt die Erfahrung jedoch auch zweierlei: Erstens können wir uns dabei – wie im Kampf gegen den Faschismus insgesamt – nicht auf den bürgerlichen Staat und seine Polizei verlassen. Auch die Forderung nach verschärfter Repression und Überwachung geht dabei nicht nur ins Leere, sondern letztlich in eine falsche Richtung, weil sie einem bürgerlichen, repressiven, rassistischen Staatsapparat mehr Machtmittel in die Hand gibt, die in der Regel gegen uns eingesetzt werden.

Zweitens können aber auch der Selbstschutz, der Aufbau von
Selbstverteidigungseinheiten, antifaschistische Recherche – so wichtig
sie im Einzelnen auch sind – gegen klandestine Terrorzellen oder
Individuen nur begrenzt Schutz bieten.

Das Hauptgewicht des Kampfes muss daher auf dem gegen die gesellschaftlichen Wurzeln liegen, und zwar nicht nur, indem der Kapitalismus als Ursache von Faschismus, zunehmender Reaktion, Rechtsruck, Krise identifiziert und benannt wird. Es kommt vor allem darauf an, dass die Arbeiter_Innenklasse als jene soziale Kraft in Erscheinung tritt, die einen fortschrittlichen Ausweg aus der aktuellen gesellschaftlichen Krise zu weisen vermag. Der Zustrom zur AfD, die Mobilisierungskraft von Corona-Leugner_Innen und Verschwörungstheoretiker_Innen, also der gesellschaftliche Rechtsruck und Irrationalismus, stellen keine unvermeidliche, automatische Reaktion auf eine Krisensituation dar.

Dass der Rechtspopulismus zu einer Massenkraft geworden ist und in seinem Schlepptau auch faschistische Organisationen und Terrorismus verstärkt ihr Unwesen treiben, resultiert auch, ja vor allem daher, dass sich die reformistische Arbeiter_Innenbewegung nicht als anti-kapitalistische Kraft, sondern als bessere Systemverwalterin zu profilieren versucht. SPD und die Gewerkschaften machen auf Bundesebene der Großen Koalition die Mauer und üben den nationalen Schulterschluss mit dem Kapital. Die Linkspartei, wie immer hoffnungsfroh, setzt abwechselnd auf die „Einheit der Demokrat_Innen“ (bis hin zu CDU und FDP, wenn es gegen die AfD geht) und auf eine „Reformkoalition“ mit SPD und Grünen.

In Wirklichkeit frustrieren die Spitzen von SPD, Gewerkschaften und
auch der Linkspartei mit ihrer Politik der Klassenzusammenarbeit nicht
nur die eigene Basis, diese stößt auch jene Lohnabhängigen, die sie in
den letzten Jahren verloren haben, weiter ab. Die größte ökonomische
Krise seit fast einem Jahrhundert, die sich vor unseren Augen entfaltet,
wird nicht durch die „gemeinsamen Anstrengungen“ aller Klassen, nicht
durch eine imaginäre „gerechte Verteilung“ der Kosten der Krise
überwunden werden können. Das ist auf Grundlage des Kapitalismus, von
Marktwirtschaft und Privateigentum an Produktionsmitteln, unmöglich.

Faschismus, Rassismus und Rechtspopulismus können geschlagen werden. Aber dazu braucht es einen politischen Kurswechsel, ein Programm, eine Strategie, die die Mobilisierung gegen diese Kräfte als Teil des Klassenkampfes versteht. Nur so kann dem Rechtsruck sein Nährboden entzogen werden. Nicht Einheit über alle Klassengrenzen hinweg, sondern Einheit der Arbeiter_Innenbewegung, der Linken, der Migrant_Innen gegen rechten Terror, Populismus und Rechtsruck ist das Gebot der Stunde.

Lasst uns unsere Wut, Trauer, Zorn und Solidarität in den nächsten Tagen auf die Straße tragen! Schaffen wir eine breite Aktionseinheit der Arbeiter_Innenbewegung, der Linken, der migrantischen, antirassistischen und antifaschistischen Organisationen! Lasst uns den Kampf gegen Rassismus und Faschismus mit dem Aufbau einer Anti-Krisenbewegung verbinden!

Bundesweite Aktionen und Demonstration

Gedenken am 19. August: Übersicht über Demonstrationen, Kundgebungen, Aktionen: Initiative 19. Februar Hanau

Samstag, 22. August 2020, 13.00, Kurt-Schumacher Platz: Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen. Bundesweite Demonstration in Hanau




Revo4Ort: Dresden

Der Mord an George Floyd erschütterte die Welt und führte
zu massiven Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt. International finden
gerade Demonstrationen in Solidarität mit den rassistisch Unterdrückten in den
USA statt. Doch Rassismus ist natürlich nicht nur dort ein Problem. Erinnern
wir uns nur an den 19. Februar 2020, an dem der Rechtsradikale Tobias Rathjen
neun Menschen in zwei Shishabars und einem Kiosk in Hanau ermordete. Erinnern
wir uns an den 9. Oktober 2019, an dem der Antisemit Stephan Balliet einen
Anschlag auf eine Synagoge in Halle verübte. Oder erinnern wir uns an Oury
Jalloh, der 2005 in Polizeigewahrsam verbrannte. Hinzu kommen rassistische
Aufmärsche, wie die Montagsdemonstrationen von Pegida hier in Dresden.
Rassismus ist ein internationales Problem, sowohl institutionell in staatlichen
Strukturen wie der Polizei, als auch in unserem Alltag. Der Mord an George
Floyd ist hier nur die Spitze des Eisbergs, der Tropfen, der das Fass der
tagtäglichen Benachteiligung, Misshandlung und Diskriminierung zum Überlaufen brachte.

Tagtäglich sind Menschen mit „anderer“ Herkunft, „anderer“
Hautfarbe, Migrationshintergrund, usw. benachteiligt und werden geächtet. Ein
großer Teil von ihnen gehört zur unterdrückten Klasse in der bürgerlichen
Gesellschaft, der Arbeiter_Innenklasse. Oft sind sie selbst in den prekärsten
Beschäftigungsverhältnissen angestellt und erreichen, aufgrund von
Sprachproblemen oder Vorurteilen, keinen so hohen
Abschluss. Von Nazis und Rechtsradikalen werden sie dann als dumm und
Schmarotzer dargestellt, obwohl sie oft zu denen gehören, die am meisten für
ihre Existenz kämpfen müssen. Viele Menschen mit Migrationshintergrund werden
nach Jahren wieder in vermeintlich sichere Herkunftsländer abgeschoben. Zu
diesen Ländern gehört z.B. auch Lybien. Ein Land in dem Bürgerkrieg herrscht.

Doch woher stammt dieser Rassismus? Die
herrschende Klasse – die Kapitalist_Innen – und der Staat als ihre nationale
Vertretung und als Instrument der Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft stehen
stets in internationaler Konkurrenz. Dafür müssen sie das Wirtschaftswachstum
im Land ankurbeln, um Profite zu steigern, die höher als die der anderen
nationalen Wirtschaften sind. Zu diesem Zweck werden auch andere Länder und
ihre Bevölkerung geplündert und wenn es notwendig ist auch militärisch
unterjocht. Insbesondere
Deutschland und die USA, als imperialistische Staaten, beuten andere
wirtschaftlich aus und beteiligen sich an Kriegen um Ressourcen wie Erdöl und
Absatzmärkte für ihre Billigprodukte. Die Menschen, die dann vor Krieg und
Armut fliehen, werden aus Europa abgeschoben oder ertrinken im Mittelmeer.
Dafür ist Rassismus eine Rechtfertigung. Weiterhin dient dieser Rassismus und
die nationale Abschottung natürlich auch der Spaltung der Arbeiter_Innenklasse,
damit sie nicht in einem internationalen Kampf den Kapitalismus überwinden
kann. So können z.B. in Deutschland Saisonarbeiter_Innen aus der Ukraine oder
Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus besonders gut ausgebeutet werden,
weil viele deutsche Arbeiter_Innen, die von der bürgerlichen Ideologie beeinflusst
wurden, nicht mit ihnen in den Streik treten.

Dadurch, dass Rassismus ein gesellschaftliches Problem
ist, sind auch staatliche Institutionen wie Schulen nicht frei von
strukturellem und alltäglichem Rassismus. Hast du schon mal Rassismus an deiner
Schule, Uni oder in deinem Umfeld erlebt? Willst du dich klar dagegen positionieren
und für diese Menschen einsetzten? Bist du vielleicht sogar selbst davon
betroffen?

Dann beteilige dich an unserer Kundgebung „Jugend gegen
Rassismus“

 Am 18.7. Samstag
15 Uhr am Jorge-Gomondai Platz, Dresden




Wie kann ich den #Schulboykott an meiner Schule organisieren?

Das Virus ist lange nicht
besiegt, aber die Schulen werden wieder geöffnet, damit die Eltern wieder
Mehrwert für das Kapital erwirtschaften können. Du findest das unverantwortlich
und scheiße? Wir auch. Du weißt aber, dass es Stress gibt, wenn du einfach so zu
Hause bleibst und das allein auch kaum etwas bringt? Wir auch. Du fragst dich,
was du tun musst, damit du einen erfolgreichen Boykott an deine Schule tragen
kannst? Das wollen wir hier beantworten.

Schritt 0: Erstmal in
die Schule gehen.

Klingt paradox, ist auch
nicht immer notwendig, aber: Wenn du noch alleine bist, höchstens ein, zwei
Freund_Innen hast, die dabei wären, dann solltet ihr vielleicht doch in den
ersten Tagen noch einmal in die Schule gehen. Denn ihr müsst Leute um euch
sammeln! Führt in den Pausen Diskussionen, findet raus was die anderen ankotzt,
überzeugt sie mitzumachen.

Schritt 1: Kompliz_innen
finden, Aufmerksamkeit erregen.

Individuell und
vereinzelt ist kaum jemand weit gekommen. Um euch zu vernetzen und kollektiv zu
organisieren, solltet ihr ein Streikkomitee an eurer Schule gründen. Darin
könnt ihr eure weiteren Aktivitäten demokratisch planen. Aktivitätsformen gibt
es dann viele: Ihr könnt ein Transpi dropen, Plakate kleben, Flyer fliegen
lassen, ihr könnt mit Sprühkreide o.ä. auf euch aufmerksam machen. Ihr könnt
einen offenen Brief an den Senat oder an die Schüler_Innenvertretung schicken.
Es kann ebenso lohnen, sich an die Presse zu wenden. Man kann eine
Presseerklärung schreiben oder Interviews führen, es gibt auch linkere Tageszeitungen
wie die „Junge Welt“ oder „Neues Deutschland“, die sich vielleicht schneller
interessieren lassen. Checkt auch aus, was es online für Möglichkeiten gibt:
Welche Telegram-Gruppen existieren an der Schule? Sind alle auf Instagram
unterwegs? Gibt es eine Schulseite, an die man etwas posten kann und alle
kriegen es mit? Beschränkt euch aber nicht nur auf das Internet, denn die Leute
müssen auch wissen, dass es euch um praktische Maßnahmen geht.

Schritt 2: Vernetzen!

Erst einmal: Ihr seid
nicht die einzige Schule in eurem Ort, wahrscheinlich gibt’s hunderte mehr, an
denen überall das gleiche Problem besteht. Nehmt Kontakt auf, streikt
gemeinsam, dann seid ihr auch hundertmal mehr auf der Straße.

Als Schüler_Innen sind
wir aber auch nicht die einzigen, die von der verfrühten Schulöffnung betroffen
sind. Insbesondere die Gesundheit der Lehrer_Innen, aber auch von Eltern,
Großeltern, generell von allen wird aufs Spiel gesetzt, wenn sich das Virus
wieder schneller ausbreitet. Holen wir sie also in den Kampf dazu. In der GEW
(Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft) sind viele Lehrer_Innen
gewerkschaftlich organisiert, auf diese Weise kann man sie also kollektiv
ansprechen. Auch andere Gewerkschaften wie ver.di oder der DGB sind gute
Adressatinnen wie auch die politischen Parteien, die darin dominieren, also SPD
und Linkspartei. Vergesst aber nicht, dass alle davon einer verräterischen Leitung
unterstehen, die schon oft genug unsere Interessen und die ihrer eigenen Basis
in den Wind geworfen haben. Immerhin haben wir die Schulöffnung selbst zu einem
großen Teil der SPD-Führung zu verdanken.

Schritt 3: Streik!

Es ist wichtig, dass ihr
dem Streik ein Programm gebt und eure Aktion um konkrete Forderungen herum
mobilisiert. Was genau sind die Verbesserungen, die ihr wollt? Und wie könnte
man diese umsetzen?

Dabei wird auch eine
andere Sache immer notwendiger in dieser Zeit: Klare Kante gegen Rechts!
Organisiert euch um einen antirassistischen und antisexistischen Konsens!

Sobald ihr eine kritische
Masse habt, heißt es Streik! Bedenkt, dass der Streik selbst auch eine Zugkraft
entwickeln kann. Vielleicht fangt ihr also auch schon mit einer kleineren Zahl
an und begeistert die anderen, indem ihr ihnen beweist, dass es euch ernst ist,
und dass so ein Boykott tatsächlich machbar ist. Zwar sind Massendemonstrationen
derzeit schwierig, kleinere Kundgebungen kann man aber in den meisten
Bundesländern anmelden, wenn ihr genug seid, dann macht halt mehrere.

Klingt anstrengend?

Kann es auch sein. Aber
es ist schaffbar und man kann damit gewinnen, das hat die Geschichte schon oft
genug bewiesen. Falls ihr Unterstützung oder noch weitere Tipps braucht, dann
meldet euch bei uns. Wir werden auch in einigen Städten wie Berlin oder Dresden
selbst etwas an den Schulen organisieren.




Aufruf zum Schulstreik gegen die Öffnung der Schulen!

in Unterstützung des #Schulboykott

Am 14. Mai (14.05.) 2020 um 10 Uhr, also nächste Woche
Donnerstag, rufen die internationalistische, kommunistische Jugendorganisation REVOLUTION
und die antikapitalistische Schulgruppe „Lessing Wird Politisch“ auf,
gemeinsam gegen die Schulöffnungen vor der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend
und Familie (am Alexanderplatz) auf die Straße zu gehen.

Die frühzeitige Öffnung der Schulen ist ein unverantwortlicher
Akt, der die Gesundheit von unzähligen riskiert und eine zweite Welle
der Pandemie provoziert. Auch wenn die Chancen-ungleichheit des E-Learnings in
den Vordergrund gestellt wurde, machen der überhastete Beschluss und die
Durchführung klar, dass durch diese Entscheidung ein rein wirtschaftliches
Interesse
erfüllt wird. Die Schüler_Innen der Abschlussklassen sollen um
jeden Preis ihre Prüfungen bewältigen um dem Arbeitsmarkt zu Verfügung zu
stehen. Gleichzeitig können mehr Eltern protestlos die Arbeit wieder aufnehmen,
desto mehr Schüler_Innen in die Schule zurückgeschickt werden. Dabei werden die
Warnungen seitens Virolog_Innen in den Wind geschlagen und Sicherheitsmaßnahmen
nicht zureichend umgesetzt. Wir müssen diese Entscheidung auch im Zeichen der kommenden
Wirtschaftskrise
sehen, als eine in einer Reihe von vielen Entscheidungen,
die erneut die Schicksale tausender der Rettung der Wirtschaft und damit dem
Interesse einiger Weniger, opfern. Generell und schon gar nicht dafür wollen
wir Schüler_Innen in die Schule gehen und krank werden, nur um das Virus dann
erneut in der Gesellschaft zu verbreiten, unsere Liebsten anzustecken
oder selbst krank zu werden. Wir möchten nicht für eine zweite Welle des Virus
mit verantwortlich sein. Statt uns einfach zurück in die Schule zu
schicken sollte zusammen mit Schüler_innen und Lehrkräften das E-Learning
besser ausgebaut werden – zukünftig und auch heute sollte uns mehr
Mitsprache
im Lehrplan, der Unterrichtsgestaltung und natürlich bei
wichtigen Themen wie der Schulöffnung während einer Pandemie gegeben werden.
Außerdem muss allen Schüler_Innen der Zugang zu lehr- und technischen Mitteln
garantiert werden, um sich in vollem Umfang am Unterricht daheim oder in der
Schule zu beteiligen.

Deswegen ist unsere Antwort Streik – denn nur mit
einem Streik können wir den Druck aufbauen, den es braucht um diese
Entscheidung zu kippen und Forderungen für einen besseren Schulalltag während
und nach der Pandemie durchzusetzen. Der Schulboykott setzt dabei einen guten
Anfang, doch braucht es für den nötigen Druck die Mithilfe der arbeitenden
Bevölkerung, eben die Ausweitung zu einem Streik.

Daher fordern wir:

  • die Rücknahme der überhasteten Schulwiedereröffnung. Die Gewerkschaft  GEW, Vertreter_Innen der Lehrer_Innen, Schüler_Innen, Eltern unter Beratung von Virolog_Innen – nicht  Schulbehörden, Staat oder sog. „Expert_Innen“ müssen darüber entscheiden, wann die Schulen eröffnet werden oder nicht.
  • die Ausstattung aller Schüler_Innen mit kostenlosen digitalen  Endgeräten um die individuelle Teilnahme an den E-learningangeboten zu  gewährleisten, sowie kostenloser Internetzugang. 
  • die freiwillige Versetzung aller Schüler_Innen in die nächsthöhere Klassenstufe. 
  • Absage aller
    Abschlussprüfungen an allen Schultypen und  Anerkennung des Abschlusses
    für alle Schulabgänger_Innen (Abitur, andere  Abschlussprüfungen).
    Abschaffung des Numerus Clausus (NC) an den  Universitäten und freier
    Zugang zur Uni für alle AbgängerInnen. 
  • freiwillige Nachhilfe und
    Unterricht in Kleingruppen, für leistungsschwächere Schüler_Innen, oder solche,
    die das Gefühl haben nicht gut mitzukommen.

Also schließt euch uns am
Donnerstag, den 14.05.2020 um 10 Uhr vor der Senatsverwaltung
für Bildung, Jugend und Familie zu einer Kundgebung an.

Bernhard-Weiß-Straße 6 
(am Alexanderplatz)

Liebe Grüße und wir freuen uns darauf euch mit uns auf der
Straße zu sehen!

REVOLUTION und Lessing Wird Politisch




Linke Politik in der Pandemie?! (TEIL 1)

Florian Hiller

In
einem anderen Artikel haben wir bereits die Gefahren analysiert, wie
rechte Parteien und faschistische Strukturen die Corona-Krise für
sich nutzen könnten. Pünktlich zum 1. Mai, dem internationalen
Kampftag der Arbeiter_Innenklasse, startet nun unsere Artikelreihe
zum Thema linke Politik in Zeiten von Corona. In 3 Teilen wollen wir
untersuchen, welche Fragen sich welche Teile der Linken stellen, was
sie fordern und wie sie ihre Forderungen umsetzen. Los geht es heute
mit dem 1. Teil zum Thema Gewerkschaftspolitik.

Was
macht die Klasse?

Die
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in Deutschland sind noch nicht ganz
zu erfassen. Die aktuellste Erhebung der Arbeitslosenzahl geht auf
den 12. März zurück, also bevor in Deutschland das Corona-Virus so
stark ausbrach. Fest steht allerdings bereits, welche Maßnahmen
ergriffen werden: Die Bundesregierung setzt, wie schon bei der
Finanzkrise ab 2008/2009, auf Kurzarbeit. Das bedeutet, dass der_die
Arbeiter_In nur noch maximal 67% ihres Gehalts bekommt, nach einer
neuen Regelung erhöht sich der Prozentsatz aber nach 4 Monaten auf
77 % und nach 7 Monaten auf 80% . Zum 14. April haben bereits 725.000
Betriebe Kurzarbeit angemeldet. Das sind jetzt schon 30 mal so viel
wie 2009. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass es im Verlauf dieses
Jahres auch zu Massenentlassungen kommen kann. Wer sich davon ein
Bild machen möchte, schaue auf die Zahlen der USA. Dort haben
innerhalb von einem Monat mehr als 26 Millionen Menschen ihren Job
verloren. Das sollte uns aber nicht zu dem Gedanken verleiten lassen,
in Deutschland würde, anders als in den USA, im Sinne der
Arbeiter_Innenklasse gehandelt werden. Das Kurzarbeiter_Innengeld
wird ebenso wie die Finanzhilfe für klamme Unternehmen über
Arbeitslosenversicherung bzw. Steuern finanziert – die Kosten also
überwiegend auf die ArbeiterInnenklasse und Mittelschichten
abgewälzt.
Während viele Arbeiter_Innen aufgrund von
Lohneinbußen um ihre Existenz bangen, lockerte die Bundesregierung
das Arbeitsschutzgesetz damit Unternehmen ihre Arbeiter_Innen länger
zur Arbeit zwingen können. Dabei soll nicht nur die
Höchstarbeitszeit auf 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche
angehoben werden, sondern gleichzeitig die Ruhezeit von 11 auf 9
Stunden verkürzt werden. Besonders unterdrückte Teile unserer
Klasse wie Frauen, Migrant_Innen, LGBTIA und Jugendliche sind noch
zusätzlich von den Folgen betroffen. So sind wir häufig die ersten
die entlassen oder in prekäre Beschäftigungsverhältnisse gezwungen
werden. Auch müssen wir die aktuell besonders sichtbaren akuten
Mängel im Gesundheitssystem als Angriffe auf unsere Klasse
verstehen, da dieses über Jahrzehnte hinweg zu Spottpreisen an
private Investor_Innen verkauft wurde. Ebenso trägt die Tatsache,
dass beispielsweise Schulen wieder eröffnet werden sollen aber das
Demonstrationsrecht weiter eingeschränkt bleibt, einen klaren
Klassencharakter, da uns hier Rechte genommen werden, die sich die
Arbeiter_Innenklasse lange erkämpfen musste, während gleichzeitig
Unternehmensprofite über unsere Gesundheit gestellt werden.

Sozialpartnerschaft,
Standortnationalismus und rassistische Ausgrenzung

Damit
sind nur die schärfsten Angriffe auf die Arbeiter_Innenklasse
genannt. Angesichts der Situation müssten doch diejenigen, die die
Arbeiter_Innenklasse vertreten wollen, laut aufschreien –

angefangen
mit den Gewerkschaften. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB)
verkündetet bereits Mitte März: „Die
Sozialpartner stellen gemeinsame Verantwortung in der Coronakrise
über Differenzen“. Diese Aussage klingt erst einmal ganz nett aber
zeigt bei genauerem Hinschauen sein wahres Gesicht: Im Klartext
bedeutet das nämlich, dass sich die Gewerkschaften (als einer von 2
Sozialpartnern) nicht gegen die geplanten Angriffe der Unternehmen
(dem anderen Sozialpartner) wehren werden und alles hinnehmen,
solange es nur dem ach so tollen Wirtschaftsstandort Deutschland
nutzt. Ganz in diesem Sinne wirkt die Internetseite des DGB eher wie
ein Informationsportal, das die kommenden Einschnitte für
Arbeiter_Innen erklärt, aber nicht wie ein Sprachrohr für eine
kämpferische Arbeiter_Innenklasse. Sozialpartnerschaft bedeutet
also, dass die „Arbeitnehmer_Innen“ gemeinsam mit den
„Arbeitgeber_Innen“ als Sozialpartner kooperativ Entscheidungen
treffen. Was als Stütze einer sozialen Politik verkauft wird, führt
letztendlich vor allem dazu, dass die Klassengegensätze verschleiert
werden. Die einen entlassen, um Kosten einzusparen, die anderen
lassen es mit sich machen. Unterdrücker_In und Unterdrückten wird
ein gemeinsames Interesse zugeschrieben, so auch jetzt, wenn davon
gesprochen wird, dass wir vor Corona alle gleicht wären und wir
gemeinsam (gemeinsam endet dabei auch an den Nationalstaatsgrenzen)
durch diese Krise gehen müssen. Diese Politik wird auch als
„Burgfriedenpolitik“ bezeichnet. Der Begriff entstand im 1.
Weltkrieg, als die Regierung die Bevölkerung davon überzeugen
wollte, dass Sie in den Krieg ziehen müsste, um das „Vaterland“
zu verteidigen. Bis auf den linken Teil um Karl Liebknecht und Rosa
Luxemburg, schloss sich die SPD damals dieser nationalistischen
Politik an und sprach auch damals von einem „gemeinsamen
Interesse“, das vor die Differenzen gestellt werden muss.
Belege
dafür, dass es aktuell vor allem um die Interessen der Unternehmen
geht, gibt es genug (wie bereits im ersten Teil beschrieben):
Kurzarbeiter_Innengeld, 12-Stunden-Tag, aber auch viele andere
Probleme, die damit einhergehen, wie zum Beispiel die Frage wie
Geringverdiener_Innen ihre Miete in Zukunft zahlen sollen.
Die
IG Metall feiert sich derweil, dass sie die Erhöhung des
Kurzarbeiter_Innengeldes mit ausgehandelt hat. Wie mit dem Loch in
der Arbeitslosenversicherung, das dadurch entsteht, umgegangen werden
soll, wird dabei jedoch nicht geäußert.
Aber nicht nur, dass
die Gewerkschaften ungenügend auf die Angriffe durch die
„Corona-Maßnahmen“ reagieren, werden auch andere Kämpfe, die
schon vor Corona liefen, ausgesetzt. In der Automobilbranche sind
nämlich schon seit letztem Jahr Arbeitsplätze bedroht. Darüber
sollte auch in der aktuellen Tarifrunde gesprochen werden, diese
wurden jetzt aber abgesagt.
Die Niederlegung von Streiks und
Tarifverhandlungen trifft auch andere Branchen, wie zum Beispiel die
Arbeiter_Innen aus der Ernährungsindustrie in Sachsen, die zuletzt
Aufmerksamkeit erregten, weil sie zum ersten Mal seit der Wende
streikten, um für einen gleichen Lohn für die Beschäftigten im
Osten zu kämpfen. In Betrieben im Westen verdienen Menschen für die
gleiche Arbeit bis zu 760€ mehr im Monat. Alle Arbeitskämpfe
wurden nun abgesagt.
Auch abgesagt wurden alle Veranstaltungen
vom DGB zum 1. Mai. Was auf den ersten Blick als Aufgabe des
wichtigsten Kampftages der Arbeiter_Innenklasse erscheint, ist
letztendlich nur konsequent. Von Klassenpolitik haben sich die
Gewerkschaften, aber auch SPD und die Linke sowieso schon lange
verabschiedet. Bierzeltpartys müssen nun wirklich nicht sein in der
aktuellen Situation. Für alle anderen, die diesen Tag nutzen wollen,
um für die Arbeiter_Innenklasse zu kämpfen, ist dies natürlich
eine traurige Entscheidung.

Klassenkampf
ist möglich!

Dass
es auch anders gehen kann zeigen Beispiele in Italien. Nachdem die
Regierung verkündete, dass alle Firmen schließen sollen, die nicht
„systemrelevant“ seien, kam es in einigen Fabriken zum Streik.
Denn das Label „systemrelevant“ wurde hier sehr großzügig im
Interesse der Kapitalist_Innen verliehen, sodass ArbeiterInnen aus
der Metall- und Chemieindustrie zum Streik aufriefen, unterstützt
von den Gewerkschaften.
Auch in Spanien kam es zu ähnlichen
Situationen. Dort legten 5000 Arbeiter_Innen eines Mercedes-Werks die
Arbeit nieder, um die Schließung zu erzwingen. Währenddessen riefen
auch Mieter_Innengewerkschaften zum Streik gegen fehlende
Notmaßnahmen der sozialdemokratischen Regierung auf.
Das zeigt
auch, dass Hoffnungen auf anhaltende Verbesserungen durch Reformen
von Sozialdemokrat_Innen und Linkspopulist_Innen vergeblich sind, da
sie letztendlich der Profitlogik eines globalisierten Kapitalismus
nicht entkommen können.

Für
einen konsequenten Internationalismus!

Was
all den linken Kräften besonders fehlt ist ein
internationalistischer Standpunkt. Wenn nun viel von „wachsender
Solidarität“ gesprochen wird, z.B wenn alle Parteien gemeinsam
hinter dem Corona-Paket stehen, wird oft vergessen, dass eine
wachsende Solidarität innerhalb eines Nationalstaats auch schnell
mit wachsender Ausgrenzung gegenüber Nicht-Staatsbürgern
einhergeht. Der Begriff der „Burgfriedenpolitik“ entstand ja auch
während des Weltkrieges, dort war auch eine wachsende Solidarität
innerhalb Deutschlands zu beobachten. Ein Zusammenhalten gegen den
äußeren Feind. Auch bei der Bekämpfung von Corona passiert genau
das: Grenzen werden geschlossen, jeder Staat probiert für sich
bestmöglich die gesundheitlichen Folgen der Bevölkerung, aber vor
allem die wirtschaftlichen Folgen für die nationale Bourgeoisie,
abzuwehren. Daran droht aktuell auch das Projekt der Europäischen
Union weiter zu zerfallen. Dazu kommt die verheerende Situation in
den Geflüchtetenlagern in Griechenland. Noch vor der Corona-Pandemie
war dies ein großes Thema. Obwohl es gerade jetzt noch deutlich
wichtiger geworden ist, die Camps zu evakuieren, wird das Thema kaum
von den Gewerkschaften angesprochen. Klassenkämpferische Politik
sollte sich aber auch nicht nur auf Europa beschränken, sondern auch
die weltweiten Folgen der Pandemie analysieren. Auch wenn der
befürchtete schwere Ausbruch in den meisten halbkolonialen Ländern
bisher ausgeblieben ist, heißt das nicht, dass sie die Pandemie
nicht trotzdem hart treffen wird. Krisen treffen im Kapitalismus
immer die wirtschaftlich schwachen, das gilt nicht nur innerhalb
eines Staates, sondern auch weltweit. Die wirtschaftlichen
Auswirkungen werden deshalb besonders halbkoloniale Länder treffen
und zu einem starken Anstieg von an Hunger leidenden Menschen führen.
Hierzu braucht es eine internationale Vernetzung der
Gewerkschaftsbewegung und gemeinsame Forderungen!

Konzerne
Enteignen und unter ArbeiterInnenkontrolle!

Wenn
Linken-Vorsitzende Katja Kipping vom „sozialen Fortschritt“ durch
das „Corona-Paket“ spricht, dann meint sie vielleicht
auch die wachsende Möglichkeit Firmen, die jetzt in Probleme
geraten, zu verstaatlichen. In Anbetracht der starken
Privatisierungen der letzten Jahre, die uns ja gerade die Probleme im
Gesundheitssystem gebracht haben, kann wirklich von Potentialen für
einen „sozialen Fortschritt“ gesprochen werden. Dabei muss aber
auch beachtet werden, dass das nicht bedeutet, dass sich das
verstaatlichte Unternehmen komplett der Profitlogik des Kapitalismus
entziehen kann. Der Staat kann das
Kapitalismus-Game genauso gut spielen wie ein privater Konzern.
Außerdem kann es nach der Corona-Krise
auch schnell wieder zu einer Welle von Privatisierungen kommen „um
die Wirtschaft zu stärken“. Den Kapitalist_Innen wird dann
eigentlich nur geholfen durch die Krise zu kommen, um ihnen
anschließend wieder zum Profit zu helfen. Deshalb muss die
Verstaatlichung auch immer mit der Frage der Arbeiter_Innenkontrolle
verbunden werden. Zum Einen, damit die Arbeiter_Innen gemeinsam die
Vergesellschaftung verteidigen können. Zum Anderen können sie sich
so organisieren, um letztendlich wirklich eine Produktion für die
Bedürfnisse aller Menschen und nicht nur zum Profit einer Minderheit
zu erkämpfen. Um das zu erreichen, müssen sich die kontrollierten
Firmen untereinander vernetzen, um die Revolution im ganzen Staat und
letztlich international auszuweiten. Dazu braucht es eine
kämpferische Gewerkschaftspolitik, die, gemeinsam mit einer
revolutionären Partei, den Kampf gegen das Kapital organisiert.