5 Argumente, warum Schulsprecher:innen nichts verändern können, wir aber trotzdem kandidieren und du uns wählen solltest.
von Brokkoli Bittner, September 2025 – 7 Minuten Lesezeit
Gerade noch in der prallen Sonne gedüst – und jetzt geht’s schon wieder los.
Die Schule hat angefangen. Die ersten Schritte in muffige Gebäude wurden in den meisten Bundesländern schon gewagt. Die ersten Lehrkräfte hielten es schon für nötig, uns mit irgendwelchen lästigen Hausaufgaben zu nerven. Frau/Herr Schneider Schreiben Sie doch einen Aufsatz über meine Sommerferien mit mindestens 500 Wörtern selber.
Trotz einem Monat Pause: Deutsche Schulen sind immer noch wie Frau/Herr Schneider, kurz vorm Zusammenbruch. Neues Schuljahr heißt aber auch immer: Irgendwelche Leute werden für den größten Käse gewählt. Darunter auch Schulsprecher:innen. Und da sollten wir uns eigentlich aufstellen. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen komisch, aber lies mal weiter.
1. Schule ist politisch
Unsere Schulen sind kacke, das ist klar. Lehrkräfte sind entweder rassistisch, übergriffig oder meist beides. Die korrekten such ich in meinem Stundenplan immer noch. Denn die Probleme, die sich überall in der Gesellschaft deutlich erkennbar sind, machen auch vor unserer Schule nicht halt. Wäre ja auch übel komisch, wenn überall Krise ist, aber sobald ich den Geruch von Schimmelklos vernehme, plötzlich heile Welt sein soll. Doch genau das wird uns meist in der Schule erzählt: Schule habe politisch neutral zu sein, obwohl alles an ihr politisch ist.
Oder mit anderen Worten: Deutschland steht samt seiner Schulen in Flammen, aber löschen wäre jetzt auch schon „sehr radikal“. Politische Neutralität an Schulen ist also Quatsch. Und sie stimmt halt auch gar nicht. Denn dass sexistische Lehrkräfte weiter in unseren Schulen ein und aus gehen wie in der CDU-Parteizentrale, ist eine politische Entscheidung. Wir haben dabei nicht mitzureden. Um uns optimal auf unsere Ausbeutung auf dem kapitalistischen Arbeitsmarkt vorzubereiten, sollen wir möglichst brav und folgsam sein, der Prüfungsstress gewöhnt uns schonmal an den Leistungsdruck im Beruf, wir hinterfragen die Anweisungen unserer Lehrer:innen nicht und haben meistens keine Ahnung, wie wir daran etwas ändern können. Quasi perfekte Arbeitskräfte.
Also: Schule ist politisch – auch wenn uns etwas anderes erzählt wird. Und wir müssen unseren Mitschüler:innen klar machen, dass sie etwas tun können und das Gemeinsam. Ein Weg, ihnen das klarzumachen, ist, dass wir uns als Schulsprecher:in aufstellen. Und bewusst den Tag der Wahlen und den Wahlkampf in ein politisches Licht rücken, indem wir zum Beispiel mit einem kleinen Wahlprogramm antreten, in welchen wir Forderungen aufgreifen, die die Probleme in der Schule entgegenwirken.
2. Ohne gemeinsamen Kampf verändert sich nix
Nur weil unsere Mitschüler:innen wissen, dass etwas veränderbar ist, verändert sich noch gar nichts. Nur weil wir die Wahl zum Schulsprecher:in politisieren, sind die Probleme nicht gleich weg. Dabei muss uns klar sein: Das Amt der Schulsprecher:inist nicht dafür da, Dinge zu verändern. Sonst hätte jede Schule schon zehn Wasserspender und keine Hausaufgabenmehr. Und genau dieser Umstand, dass die Wahl zwar viel verspricht, die:der Schulsprecher:in jedoch keine wirkliche Macht hat, Veränderungen herbeizuführen, soll uns als Vorbereitung auf die gesellschaftlichen Verhältnisse dienen. Man tritt in ein Gremium ein, in dem ohne die Zustimmung des Schulleiters nichts entschieden werden kann und in dem man zusätzlich mit bürokratischen Hürden konfrontiert ist, die nahezu jede Verbesserung an der Schule unmöglich machen. Damit stütz die Schule am Ende die herrschenden Verhältnisse, denn nur Wählen gehe ohne mich gegen Krieg, Rassismus oder Sexismus zu organisieren, wird sich in der Gesellschaft daran wenig ändern.
Darum ist es umso wichtiger, in der Schule schon anzufangen einen aktiven Kampf gegen die Missstände aufzubauen, denn das ist der Ort, an dem wir uns Jugendliche 5mal in der Woche einfinden müssen. Der Kampf gegen die Probleme an unserer Schule muss also abseits von der Hoffnung in den:die Schulsprecher:in, aber trotzdem gemeinsam geführt werden. Damit meinen wir: Wir müssen die Wahl nutzen, um den Kampf gegen die Probleme zu stärken und Sichtbar zu machen. Das Politisieren der Wahl ist dafür der erste Schritt. Der zweite ist es, konkrete Forderungen für die Schule aufzustellen und diese im Rahmen der Wahl populär zu machen. So kann die Wahl als Podium für die politischen Interessen von uns Schüler:innen genutzt werden. Und der dritte schritt ist sich in der Schule zu organisieren und einen gemeinsamen Kampf um die Umsetzung der Forderungen zu führen, das vor allem während und nach der Wahl, egal wie diese letztendlich ausfällt. Dabei muss aber immer klar sein: Keine Schüler:innenvertretung kann diese Forderungen umsetzen. Was es braucht, sind Schulgruppen mit regelmäßigen Treffen an der Schule. Diese Aktionsgruppen müssen den Kampf für konkrete Forderungen führen z. B. indem sie Aktionen durchführen, wie Flyer verteilen, kurze Reden auf dem Schulhof oder Bannerdrops und so systematisch Druck auf die Schule erhöhen und Mitschüler:innen vom Inhalt der Wahl und dem Kampf danach auch abzuhollen und zu informieren.
Die Wahlen müssen genutzt werden, um diese Aktionsgruppen zu stärken. Denn ohne Kampf verändert sich nix.
3. Demokratische Rechte an der Schule verteidigen
Im Gegenteil: Wenn wir nichts machen, wird alles schlimmer. Gerade in einer Zeit, in der rechte so viel Zulauf haben wie seit Langem nicht mehr, spüren wir das deutlich. Parteien wie die AfD wollen selbst die wenigen demokratischen Rechte, die es an Schulen gibt, angreifen, bis sie ganz verschwinden. Das dürfen wir nicht zulassen.
Die Schule ist ein Ort der Erziehung. Doch in dieser Erziehung ist eigentlich kein Platz für freie Entfaltung. Wir sollen irgendwann fleißige Arbeitskräfte werden und bloß nicht auf die Idee kommen, dass Mitbestimmung im eigenen Betrieb das einzig Logische wäre.
Trotzdem gibt es wenige Möglichkeiten der demokratischen Teilhabe an Schulen. Doch diese sind eher Schein und sollen uns darauf vorbereiten, dass die demokratischen Strukturen der Erwachsenen „ganz kompliziert“ sind wo Kompromisse gefunden werden müssen und deswegen alles irgendwie immer doof ist. Es geht also darum, uns daran zu gewöhnen, dass das Interesse der Mehrheit trotz Demokratie am Ende egal ist.
In der Schule ist es der Schulleiter, der Vorhaben stoppt, obwohl die ganze Schüler:innenvertretung dafür war. Später sind es Rüstungsfirmen, die Kriege anheizen, obwohl die meisten Menschen sie nicht wollen.
4. Scheindemokratie aufdecken!
Wenn uns Schülerinnenvertretung und Schulsprecherinnenwahl nur darauf vorbereiten sollen, die Lügen der Herrschenden zu glauben – warum sollten wir uns dann überhaupt aufstellen? Abgesehen davon, dass wir dadurch unsere Aktionsgruppen stärken können.
Es geht auch darum, das allen klar zu machen: Strukturen wie Schulsprecherin erfüllen gar nicht den Zweck, etwas zu verändern. Das kann so aussehen, dass, wenn die Schulleitung wieder einmal im Alleingang Vorhaben blockiert, die lokale Aktionsgruppe das in einem Flyer veröffentlicht und es für alle Transparent macht. Gerade wenn es an der Schule einen Kampf für bestimmte Forderungen gibt, kann man durch offene Anträge aufzeigen, dass die Schüler:innenvertretung nicht dafür da ist, Dinge zu verändern.
Wenn das klar wird, müssen wir deutlich machen, dass es echte Mitbestimmung an der Schule braucht. Keine Gruppe an der Schule ist so groß wie wir Schüler:innen und trotzdem haben wir am wenigsten zu sagen. Was soll das?
Lasst uns gemeinsam für Strukturen kämpfen, die wirklich etwas verändern können. Und um diese aufzubauen, brauchen wir wieder lokale Aktionsgruppen/Schulkomitees.
5. Bewusste Offensive
Ein Großteil der Leute ist an der eigenen Schule schon aktiv – meistens ohne es zu merken. Indem sie in Diskussionen linke Standpunkte einbringen. Indem sie über Nazis lästern oder ihre Aufkleber entfernen. Indem sie kostenlose Hausaufgabenhilfe geben. Doch das reicht nicht mehr.
Wenn Neonazis auf unseren Straßen wieder Menschen jagen. Wenn Politiker im Bundestag erzählen, wie sie Menschen das Recht rauben wollen, ihren Wohnort frei zu wählen. Wenn diese Politiker Kanzler werden wollen. Dann reicht es nicht, nur zu widersprechen, wenn man uns dran nimmt. Wir müssen in die Offensive treten.
Offensive heißt einmal Aktivität in der Schule aufbauen, aber auch: Wir fordern, was uns schon lange zusteht. Deswegen werden wir uns bundesweit zu den Schulsprecher:innenwahlen aufstellen und gemeinsam mit den Schulgruppen zeigen: Wenn wir an unseren Schulen kämpfen, können wir Dinge verbessern und unsere Mitschüler:innen gegen das System organisieren, das für diese Krisen verantwortlich ist.
Tut es uns gleich: Baut Aktionsgruppen auf und stellt euch als Schulsprecher:in mit einem politischen Programm auf! Braucht ihr Unterstützung beim schreiben solch eines Wahlprogramms, oder beim Aufbau von einer Schulgruppe? Dann schreibt uns an!