Was bringt uns das Rettungspaket der Bundesregierung?

Jonathan Frühling

Auch in Deutschland entstehen massive wirtschaftliche und soziale Verwerfungen durch die Corona-Pandemie, man spricht von der „Corona-Krise“. Diese findet auf 2 verschiedenen Ebenen statt: Auf der wirtschaftlichen Ebene und auf der medizinischen Ebene. Die Wirtschaftskrise ist die tiefgreifendste seit der großen Depression ab 1929, wurde allerdings durch die medizinische Krise nur ausgelöst und verstärkt, jedoch keineswegs verursacht. Eine schwere Rezession war von führenden Ökonom_Innen bereits vorher für 2020 vorhergesagt.

Um den Auswirkungen der Krisen entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung Maßnahmen in einer Höhe von bis zu 756 Milliarden Euro angekündigt. Viele Menschen in Deutschland glauben, dass die Bundesregierung damit der Allgemeinheit einen großen Dienst erwiesen hat. Die Zustimmungswerte der Regierungspartei CDU sind so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Wir wollen in dem folgenden Artikel einmal genauer beleuchten, was die Maßnahmen der Regierung eigentlich genau beinhalten und somit herausfinden, wem sie helfen und wem nicht.

Neuverschuldung für Corona-Hilfen

Sechs Jahre lang war ein Stopp von Neuverschuldungen (die sogenannte „schwarze Null“) deutsche Staatsdoktrin und hat zu einem massiven Investitionsstau bei Bildung, Infrastruktur und Kultur geführt. Dem hat Corona vorerst ein Ende gemacht. Dieses Jahr wird die Neuverschuldung bei 156 Milliarden Euro liegen. 3,5 Milliarden sollen davon in die Entwicklung eines Impfstoffes und das Erwerben von Schutzausrüstung gesteckt werden. Weitere 55 Milliarden werden zur sonstigen Pandemiebekämpfung veranschlagt. Für Unternehmen mit 1-10 Mitarbeiter_Innen sollen insgesamt rund 50 Milliarden aufgewendet werden, um ihre laufenden Kosten, wie Mieten oder Versicherung zu decken. Unternehmen mit bis zu 5 Mitarbeiter_Innen bekommen einmalig bis zu 9000€, Unternehmen mit bis zu 10 Mitarbeiter_Innen bekommen einmalig bis zu 15000€, ohne, dass sie das Geld zurückzahlen müssen. Je nach Bundesland gibt es auch Soforthilfen für größere Unternehmen.

Und die Krankenhäuser?

Hilfen vom Staat bekommen auch private und gewinnorientierte Krankenhäuser. Das Geld ist allerdings hauptsächlich dafür da, die Krankenhäuser für ausbleibende Profite zu entschädigen. Durch das Freihalten von Betten für Corona-Patient_Innen müssen nämlich profitable Operationen abgesagt oder verschoben werden. Hätte man die Krankenhäuser in den letzten 20 Jahren nicht massenweise privatisiert, dann müsste dieses Geld überhaupt nicht erst gezahlt werden.

Über Geld für mehr Personal und eine Belastungsentschädigung für die Arbeiter_Innen im Gesundheitssystem wird dagegen kaum gesprochen. Das reguläre Personal wird stattdessen für dessen lebensrettende Arbeit mit der Einführung der 60h-Woche „belohnt“. Da können 500€ Einmalzahlung, wie es sie in Bayern angekündigt wurde, auch kein Trost sein. Medizinstudent_Innen, die sich freiwillig zum Dienst melden, sollen sogar kostenlos auf den Stationen buckeln und sich der Ansteckungsgefahr aussetzen. Das alles löst in den Krankenhäusern momentan Unverständnis und Wut aus.

Der 600-Milliarden-Rettungsschirm für größere Unternehmen

Der eigentliche Rettungsschirm von bis zu 600 Milliarden ist dagegen nur für größere Unternehmen (d.h. ab 10 Mitarbeiter_Innen). 400 Milliarden dienen dabei als Bürgschaften, mit denen Unternehmen frische Kredite absichern können. Konkret bedeutet das, dass Unternehmen Kredite bei ihrer hauseigenen Bank aufnehmen und diese durch die KfW-Bank (Kreditanstalt für den Wiederaufbau; eine staatliche Förderbank, die der Finanzierung von deutschen Unternehmen dient) abgesichert werden. Wenn das Unternehmen das Geld nicht zurückbezahlen kann, dann zahlt die KfW-Bank bis zu 90% der Kredite zurück. Weitere 100 Milliarden gibt es dafür, dass die KfW-Bank direkt Kredite an Unternehmen vergeben kann, bei denen sie 100% des Ausfallrisikos übernimmt.

Die letzten 100 Milliarden sind dazu da, dass der Staat selbst als Anteilseigner in Unternehmen in Schieflage einsteigt, um Kapital in die Firmen zu pumpen und das Vertrauen in sie zu stabilisieren. Im Extremfall will der Staat diese Unternehmen sogar komplett übernehmen und trägt somit die Kosten für die Sanierung oder das Risiko einer Pleite. Sobald die Unternehmen wieder Gewinne machen, will sich der Staat freilich wieder zurückziehen. Es werden also mal wieder Verluste über die Steuergelder sozialisiert und Gewinne privatisiert. Mit dieser schändlichen Praxis muss endlich Schluss sein!

Für die Arbeiter_Innen: Kurzarbeit

Zudem muss das Kurzarbeitsgeld aufgewendet werden, das 470.000 Unternehmen für ihre Arbeiter_Innen beantragt haben und bereits insgesamt 4 Millionen Arbeiter_Innen betrifft. Kurzarbeit bedeutet, dass Lohnarbeiter_Innen (zumindest teilweise) zuhause bleiben und dafür 60%, bzw. mit Kind im Haushalt 67%, des Gehaltes als Zahlung bekommen, anstatt vielleicht gekündigt zu werden. So erscheint es vielen, dass das Hilfspaket allen Menschen zu Gute kommt. Tatsächlich wird das Kurzarbeitsgeld überhaupt nicht aus dem Hilfspaket gezahlt. Stattdessen wird die Kasse der Arbeitslosenversicherung aufgebraucht. Diese Kasse wird paritätisch (das heißt zu gleichen Teilen) von Unternehmen und Arbeiter_Innen finanziert. Schenken tut die Bundesregierung uns also überhaupt nichts.

Aus der Finanzierung des Kurzarbeitsgeldes ergibt sich jedoch ein gravierendes Problem: In Zukunft werden wir in Deutschland mit gewaltigen Massenentlassungen konfrontiert werden. Die Auto-, Elektro- und Maschinenbauindustrie kündigte in den letzten 5 Jahren bereits zehntausenden Menschen ihren Job. Und das Kapital machte auch vor der Corona-Krise schon öffentlich, dass weitere hunderttausende Menschen entlassen werden sollen.

Die Wirtschaftskrise wird diese Tendenz in der gesamten Wirtschaft verstärken und beschleunigen. Doch wo soll dann das Arbeitslosengeld für diese Menschen herkommen, wenn die Kassen bereits jetzt geleert werden? Wir können uns deshalb wahrscheinlich in Zukunft auf Beitragserhöhungen und/oder Kürzungen von Leistungen gefasst machen. Wäre es nicht viel sinnvoller, die Unternehmen die Löhne fortzahlen zu lassen, bis ihre eigene Liquidität aufgebraucht ist?

Stattdessen zahlte VW vor kurzem 1,3 Milliarden (!) Euro an seine Aktionär_Innen aus. Um herauszufinden, wie viel Geld bei den Unternehmen für Lohnfortzahlungen vorhanden ist, müssten diese gezwungen werden, ihre Finanzen offen zu legen. Haben die Unternehmen in der kommenden Krise deshalb Liquiditätsprobleme, müssen sie entschädigungslos verstaatlicht werden.

Für die Arbeiter_Innen läuft es hingegen auch trotz Kurzarbeitsgeld schlecht: Der anteilige Wegfall vom Einkommen ist für viele Niedriglöhner_Innen bereits existenzbedrohend, gleichzeitig sind sie am häufigsten davon betroffen und bekommen es viel seltener vom Unternehmen aufgestockt als jene, die ohnehin viel verdienen. 40% der Kurzarbeiter_Innen ohne Aufstockung hatten angegeben, nicht länger als 3 Monate damit auszukommen. Außerdem bekommen viele Arbeiter_Innen ihr Kurzarbeitsgeld erst, wenn sie Überstunden und Urlaub verbraucht haben, dürfen ihre Freizeit also jetzt in Quarantäne absitzen. Leiharbeiter_Innen, Minijobber_Innen, Scheinselbstständige oder Menschen, die gezwungen sind, „schwarz“ zu arbeiten, zahlen nicht in die Arbeitslosenversicherung ein und bekommen ohnehin nichts über Hartz IV hinaus. Davon sind ca. 30% der Lohnarbeiter_Innen betroffen.

Und trotzdem steigen die Umfragewerte der CDU

Wieso hat die Union bei diesem neoliberalen und arbeiter_Innenfeindlichen Krisenmanagement dennoch mit 37% ihr höchstes Ergebnis seit der letzten Wahl? Zum einen ist die Krise sehr unübersichtlich und tatsächlich weiß niemand ganz genau, was am besten ist, um z.B. Neuansteckungen zu verhindern. Deshalb hat es die Regierung momentan leicht, die Einschränkungen und Maßnahmen als alternativlos darzustellen.

Zum anderen darf auch nicht vergessen werden, dass es eine nicht unerhebliche Schicht von kleinen und kleinsten Unternehmer_Innen in Deutschland gibt. Vorher haben diese vielfach die Grünen oder die AfD gewählt. Dies sind beides klassische Parteien des Kleinbürger_Innentums und die Parteien, von deren Verlust die CDU kürzlich profitiert hat. Sie fühlen sich jetzt wieder durch die CDU vertreten, da diese Geld investiert, um sie vor der Pleite zu bewahren.

Außerdem steht die gewaltige Summe von 600 Mrd. im Raum. Die Bevölkerung hat deshalb das Gefühl, dass die Regierung bei der massiven Krise auch massive Maßnahmen ergreift. Dass dieses Geld gar nicht zur Finanzierung der Kurzarbeit genutzt wird, ist vielen Arbeiter_Innen gar nicht bekannt. Sie sind einfach nur froh, Kurzarbeitsgeld statt gar nichts zu bekommen, auch wenn das nicht mehr wirklich zum Leben reicht.

Die Arbeiter_Innen, deren Arbeitsplätze durch die Rettung der Unternehmen erhalten bleiben, sind natürlich auch froh, ihren Job vorerst behalten zu können. Pleiten und Massenentlassungen in angeschlagenen Unternehmen würden heutzutage nämlich tatsächlich die Arbeiter_Innenklasse besonders heftig treffen. Sie sehen dabei nicht, dass die kapitalistische Regierungspolitik diese Probleme überhaupt erst verursacht und dass eine Politik möglich wäre, die die Arbeiter_Innen direkt versorgt, ohne dass dabei noch die Profite geschützt werden. So könnte man auch eine Infektion am Arbeitsplatz verhindern, indem man die Produktion verbietet, wo es für die Versorgung verkraftbar wäre. Doch das wäre für das deutsche Kapital schmerzhaft. Stattdessen will die Regierung die Ausbreitung auf eine andere Weise hemmen und schränkt dafür umso stärker das Privatleben der Menschen ein. Indem der neoliberale Kurs als alternativlos dargestellt wird, werden die Arbeiter_Innen fälschlicherweise vor die Wahl gestellt, ob sie eher eine Kontaktsperre oder den Jobverlust in Kauf nehmen würden. So sind dann viele mit dem Ausmaß der Einschränkungen und der Regierungsarbeit ganz zufrieden.

Selbst wenn die Corona-Krise vorbei ist, wird die Wirtschaftskrise jedoch weiter wüten. Massenarbeitslosigkeit, Lohnkürzungen und eine Welle von Unternehmenspleiten werden dann unvermeidlich sein. Kleine Unternehmer_Innen und Arbeiter_Innen werden davon besonders schwer betroffen sein. Die Mittel der Regierung die Krise abzufedern, werden zudem nach der Pandemie noch kleiner sein als zuvor. Mit der Beliebtheit der Regierung dürfte es dann vielleicht schnell wieder vorbei sein.

Resümee

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Rettungspaket der Bundesregierung in erster Linie dazu da ist, um die Stellung deutscher Konzerne auf dem Markt zu halten und nicht um Löhne fortzuzahlen oder Arbeitslosigkeit zu verhindern. Die Lohnarbeiter_Innen in Deutschland stellen sich deshalb berechtigterweise die Frage, wo die Bundesregierung war, als sie zu Tausenden die Sanierung von Schulen oder zu Millionen die Rettung der Umwelt gefordert haben. Das Geld war anscheinend da, die Bundesregierung aber nicht gewillt, unsere Interessen in die Hand zu nehmen.

Wir fordern, dass das Geld zur Bekämpfung der Corona- und Wirtschaftskrise anders als bisher eingesetzt wird:

  • Für ein Kontrolle von Arbeiter_Innen und Gewerkschaften darüber, was mit den Hilfsgeldern geschieht, damit sie uns und nicht nur dem Kapital zugutekommen.
  • Rettet die Kassen der Arbeitslosenversicherung! Unternehmen müssen die Löhne in voller Höhe selbst zahlen, bis ihre Liquidität verbraucht ist, dann übernimmt der Staat. Um Betrug vorzubeugen, müssen sie ihre Geschäftsbücher offen legen. Gehen sie pleite, werden sie entschädigungslos enteignet!
  • Einmalige progressive1 Vermögensabgabe für die Bekämpfung der Pandemie und Wirtschaftskrise und zur Abfederung der sozialen Folgen!
  • Geld für mehr Sozialhilfen, Frauenhausplätze und Bildungsgerechtigkeit statt für große Unternehmen!
  • Für eine Aufwertung des Pflegeberufs durch höheren Lohn und mehr Personal!

1:
Progressiv bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Prozentsatz der
Abgaben mit der Höhe des Vermögens steigt.

Quellen:

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/coronavirus-corona-rettungspaket-scholz-altmaier-1.4854296
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Corona-Schutzschild/2020-03-13-Milliarden-Schutzschild-fuer-Deutschland.html
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135753.coronakrise-schon-vier-millionen-beschaeftigte-in-kurzarbeit.html



Fulda: REVO vor Ort!

Fulda: Schulleitung macht
Druck auf linke Schüler_Innen

Im
Zuge der Bewerbung einer Veranstaltung zu den Strategien der
Umweltbewegung, waren Mitglieder unserer Fuldaer Ortsgruppe an ihren
Schulen aktiv, um mit einem Flyer Mitschüler_Innen für die
Umweltproblematik zu sensibilisieren.

In
diesem Flyer argumentieren wir, dass es kein Zufall ist, dass die
Regierungen trotz alarmierender wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht
fähig und nicht willens sind ihre Politik zu ändern. Sie stehen
stellvertretend für eine kapitalistische Gesellschaftsordnung, in
welcher letztlich alles den Profitinteressen der Wirtschaft
untergeordnet wird – auch der Umweltschutz, denn dieser kostet
Geld. Nachhaltigkeit und Kapitalismus sind zwei unvereinbare
Widersprüche. Deshalb treten wir für eine sozialistische
Gesellschaft ein, in der sich die Wirtschaft an den Bedürfnissen
aller Menschen orientiert und
auch von diesen demokratisch und nachhaltig geplant wird.

Diese
Forderung reichte an einer Schule aus, um für Wirbel zu sorgen. Ein
Vater bekam den Flyer von seinem Sohn gezeigt und alarmierte umgehend
die Schulleitung. Von dieser forderte er Maßnahmen und sogar ein
Eingreifen der Sicherheitsbehörden, da die Überwindung des
Kapitalismus gegen die „freiheitlich-demokratische“ Grundordnung
verstößt. Die Schulleitung reagierte mit einer Mail an den
Elternbeirat, das staatliche Schulamt und den Beauftragten für
Extremismusprävention. Nun soll der Verfassungsschutz an die Schule
kommen und über „Linksextremismus“ aufklären.

Dabei
muss man sich vor Augen führen: In Hessen sind in letzter Zeit
mehrere Nazi-Netzwerke bei der Polizei aufgeflogen. Weiter gab es
zwei faschistische Terroranschläge. Mit dem NSU gab es 2006 noch
einen dritten. Durch Hessen zieht sich eine Blutspur des rechten
Terrors. Kam da mal jemand auf die Idee an Schulen darüber
aufzuklären? Fehlanzeige. Und jetzt setzen sich Schüler_Innen für
eine demokratische und nachhaltige Wirtschaft jenseits des
Kapitalismus ein und der Verfassungsschutz soll kommen!? Geht’s
noch!?

Wir
lassen uns von Schulleitungen und Eltern, die im Kampf für eine
gerechte und nachhaltige Welt ein Problem sehen, sicher nicht
einschüchtern und werden auch weiterhin an unseren Schulen aktiv
sein für die Überwindung des Kapitalismus!




Berlin: REVO vor Ort!

Theaterstück & Workshop zu alternativem Sexualkundeunterricht

Nachdem
wir uns auch in Berlin an der Demonstration zum Internationalen
Frauenkampftag am 8. März beteiligt hatten, führten wir am
Alexanderplatz, dem Endpunkt der Demo, ein Theaterstück zum Thema
„Alternativer Sexualkundeunterricht“ auf. Dazu spielten einige
Mitglieder eine Schulklasse, in der gerade zum ersten Mal das Thema
„Sexualität“ behandelt wird. Der von uns dargestellte Lehrer
konfrontierte sie also mit den typischen Mythen und Stereotypen des
Sexualkundeunterrichts wie zum Beispiel „Sex dient nur der
Fortpflanzung“, „Frauen müssen sich um die Verhütung kümmern“
oder der problematischen Einteilung von Sex in Kategorien wie
„normal“ und „unnormal“. Die Schüler_Innen der Klasse
stellten nun
kritische Fragen an ihren Lehrer wie „Spielt Spaß beim Sex keine
Rolle?“ oder „Sind diese Standards nicht super homophob?“, auf
die dieser nicht antworten wollte oder konnte. Daraufhin übernahmen
die Schüler_Innen selbst die Kontrolle über den Unterricht und
forderten ein alternatives und fortschrittlicheres Konzept zum bisher
bestehenden Sexualkundeunterricht. Ziel dieser Aufführung war es,
aufzuzeigen wie sexistisch, heteronormativ und veraltet die Standards
dessen sind und Schüler_Innen dazu zu ermutigen, dies auch offen in
der Schule zu kritisieren und eine Bildung einzufordern, die sich an
der tatsächlichen Realität von Sexualität orientiert und nicht an
sexistischen und homophoben Stereotypen. Abschließend zu unserer
Aufführung öffneten wir die Diskussion für alle Zuschauer_Innen zu
einem Workshop mit Themen wie Konsens und wie sich problematische
Sexualpädagogik auch später noch auf unser Sexualleben auswirkt.




Dresden: REVO vor Ort!

Dresden: Schulgruppen in Aktion

von Alys

Das erste Treffen eurer eigenen
Schulgruppe wurde erfolgreich durchgeführt und jetzt muss eine erste
Aktion her? So ging es auch uns im Gymnasium Dresden Klotzsche. Die
ersten Treffen hatten wir bereits durchgeführt und uns einen
Überblick über Probleme und Themen an der Schule gemacht.
Klimaschutz stand zu der Zeit im Mittelpunkt der Diskussionen vieler
Schüler_Innen. Damit ist es also eine prima Möglichkeit möglichst
viele Menschen anzusprechen und für eine Diskussion zu begeistern.
Doch was kann man an einer Schule dahingehend verändern? Am besten
etwas, womit alle Schüler_Innen täglich konfrontiert sind?

Schnell fiel unser Augenmerk auf das
Mittagessen. Wenn man mittags etwas Warmes
essen möchte, kommt man nicht drumherum sich ein Menü vom
Essensanbieter zu bestellen. Natürlich gibt es da jeden Tag auch
Fleisch zu essen. – aus Sicht des Klimaschutzes ist das
problematisch, da 18 Prozent der Treibhausgase von der
Fleischindustrie verursacht werden. Dazu kommt, dass das von
Rindern erzeugte Methan die Erdatmosphäre 20 Mal schneller als
Kohlendioxid erwärmt. Außerdem erhöht übermäßiger Fleischkonsum
die Cholesterinwerte, was wiederum das Risiko für Schlaganfälle,
Diabetes Typ 2 und verschiedene Krebsarten steigert. Wir lehnen den
Fleischkonsum natürlich nicht prinzipiell ab. Dennoch ist es mit der
momentanen Lage des Klimas, als auch der gesundheitsschädlichen und
grausamen Massentierhaltung, wahrscheinlich mehr als nötig diesen
einzuschränken. Fleisch aus z.B. biologischer Landhaltung ist für
die meisten viel zu teuer und wird sowieso nicht an Schulen
angeboten. Es ist zwar kein revolutionärer Ansatz auf privaten
Konsumverzicht zu setzen, aber solange die Produktion noch nicht
demokratisch in Arbeiter_Innenhand liegt, ist die Schule ein
Ansatzpunkt für Schüler_Innen sich für ihre Interessen
einzusetzen. Täglicher Fleischkonsum schadet Mensch, Tier und
Umwelt. Es gibt an Schulen noch keine ausreichende Aufklärung über
diese Themen, deshalb sollte es wenigstens die gleiche Auswahl an
Fleischgerichten und vegetarischem Essen geben.

Eigentlich sieht es an unserer
Schule dahingehend schon ganz gut aus. Es gibt immer ein Gericht mit
Fleisch, ein Vegetarisches und einmal Nudeln. Doch da liegt auch das
Problem: Die Soße zu den Nudeln enthält meistens Fleisch. Zum
Beispiel in Form von Jagdwurst oder Bolognese. Zudem ist das
vegetarische Gericht meistens süß, dann gibt es zum Beispiel in
einer Woche Hefeklöße, Kaiserschmarrn und Puddingsuppe. Das mag
nicht jede_R und an solchen Tagen gibt es keine Ausweichmöglichkeit
für Vegetarier_Innen oder Schüler_Innen, die keine Lust auf Fleisch
haben.

Sehr gut lässt sich das Interesse
der Schüler_Innen an mehr vegetarischem Essen in einer
Unterschriftenliste darstellen. Die Hemmschwelle zu unterschreiben
ist relativ niedrig und sollte unsere Forderung abgelehnt werden,
wird klar wie viel Mitspracherecht Schüler_Innen wirklich haben und
andere lassen sich schneller zu radikalen
Kampfformen überzeugen. So haben wir es dann auch gemacht: Einen
Petitionstext verfasst und Listen ausgedruckt. Zusätzlich mit
kleinen Flyern über unsere Gruppe bewaffnet, haben wir zuerst
Schüler_Innen in ihren Klassen und später während der Pause in der
Mensa angesprochen. Einige haben ohne zu fragen unterschrieben, aber
es sind auch viele Diskussionen entstanden. Generell wurde das Thema
gut angenommen und wir
kamen prima in
Kontakt mit interessierten Schüler_Innen. Sogar einige Lehrer_Innen
haben unterschrieben.

Bis jetzt konnten wir schon 214
Unterschriften sammeln, aber das ist wahrscheinlich noch nicht das
Maximum. Deshalb werden wir nach der Coronapause weitermachen und die
Listen zum Schluss den Schulleiter_Innen vorlegen. Was am Ende dabei
herauskommt wissen wir noch nicht. Petitionen führen an Schulen (und
auch generell) zwar selten zu ihrem Ziel, aber das ist erstens kein
Argument es nicht trotzdem zu versuchen und zweitens konnten wir so
erst einmal ausmachen,
wer interessiert ist und auch durch die Diskussionen zum Nachdenken
anregen. Zum Beispiel haben die Schüler_Innen dann beim Essen weiter
mit ihren Freund_Innen darüber geredet etc., und das ist für den
Anfang auch schon mal was.

Jetzt in der Coronazeit können wir
vorerst keine weiteren Unterschriften sammeln. Allerdings liefert sie
uns auch ein neues aktuelles Argument, denn Massentierhaltungen und
Fleischindustrie erhöhen sehr wahrscheinlich die Gefahr von
Pandemien wie das Coronavirus, die Schweinegrippe, die Vogelgrippe,
SARS, AIDS oder Ebola. In der Zukunft wollen wir auf jeden Fall mehr
Teilnehmer_Innen für unsere Treffen gewinnen und natürlich noch
mehr Aktionen planen.

Also bleibt dran und organisiert euch an euren Schulen! Und keine Angst, wir haben es auch zu zweit schon bis hierhin geschafft.




Prüfungsstopp sonst Schulboykott!

Wenn wir uns mit
unseren Freund_Innen an der frischen Luft im Park treffen, um mal aus
der engen Wohnung rauszukommen und zu quatschen, haben wir in 10
Minuten die Bullen an der Backe, weil das aus
„infektionsschutzrechtlichen Gründen“ verboten ist. Ab nächster
Woche sollen aber nun die Schulen wieder aufgemacht werden? Ohne uns!

Es gibt kaum einen
Ort in der Gesellschaft, an dem Viren in so krassem Ausmaß
verbreitet werden wie die Schule. Und ganz ehrlich: wer schon einmal
in seinem Leben auf einem Schulklo war weiß, dass die nötigen
Hygienebedingungen in Schulen nicht umsetzbar sind, von 1,5 m
Mindestabstand ganz zu schweigen. Viele Virolog_Innen haben sich
deshalb gegen die Schulöffnungen ausgesprochen. Außerdem gibt es
kein einheitliches Konzept für den Wiedereinstieg in den
Schulbetrieb und jedes Bundesland kocht seine eigene Suppe. Dass
jedoch Wirtschaftsverbände, neoliberale Forschungsinstitute und
Politiker_Innen so auf eine Wiedereröffnung der Schulen drängen,
zeigt nur wieder einmal, dass es in diesem System um Profite und
nicht um unsere Gesundheit geht. Die Bosse wollen, dass unsere Eltern
wieder zur Arbeit gehen und wir noch schnell Schulabschlüsse
reingedrückt bekommen, damit wir auch schnell in den
kapitalistischen Verwertungsprozess eingegliedert werden können.
Dabei ist es ihnen egal, dass diese Maßnahmen höchstwahrscheinlich
eine erneute Welle der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus auslösen
werden. Wir fordern die Schließung der Schulen mindestens bis zum
Sommer und höchstens so lange, wie es zur Bekämpfung der
Corona-Pandemie nötig ist!

Das Schuljahr geht
eh nur noch wenige Monate, welche Lerninhalte sollen wir da
eigentlich noch sinnvoll bearbeiten? Ums Lernen geht es hier also
nicht, sondern darum, uns noch schnell unter massivem Stress viele
Prüfungen reinzuwürgen damit wir Abschlussnoten bekommen. Da
Bildung im Kapitalismus vor allem die Funktion hat, uns durch
Autorität, Konkurrenz und verwertbares Wissen in einen Arbeitsmarkt
reinzupressen und dementsprechend vorzuselektieren, sind die
Abschlussnoten in diesem System unerlässlich. Wir fordern die
Aussetzung aller Prüfungen und Klassenarbeiten in diesem Schuljahr
und Versetzungen für alle! Keine_r bleibt wegen Corona sitzen! Alle
Abgangsklassen, ob Hauptschule, Realschule, Berufsschule oder
Gymnasium sollen einen Schulabschluss bekommen. An den Unis müssen
die NCs ausgesetzt werden.

Dabei geht es uns
nicht darum, dass wir zu faul zum Lernen sind sondern, dass wir
gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Das E-Learning muss zu
Hause weitergehen, allerdings nicht so wie bisher: Wie
selbstverständlich wurde vorausgesetzt, dass wir die nötige
Hardware, also einen eigenen Computer und Drucker samt Zubehör zu
Hause haben. Auch nicht jede_r von uns hat ein eigenes Zimmer und zu
Hause die nötige Ruhe zum Lernen. Während einige von uns Eltern
haben, die selber studiert haben, fließend Deutsch sprechen und ihre
Kinder während des Homeoffice gut bei den Aufgaben unterstützen
können, haben andere von uns Eltern, die vielleicht eine andere
Muttersprache oder eine andere Schulbildung erfahren haben und
alleinerziehend sind oder täglich für wenig Geld im Supermarkt oder
Krankenhaus arbeiten müssen. Wer keinen eigenen Computer hat,
muss einen von der Stadt kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen!

Wir labern nicht nur sondern meinen es ernst! Nachdem Unterschriftenlisten nichts gebracht haben, müssen wir nun selber tätig werden. Jetzt heißt es: Schulboykott! Wir werden nicht in die Schule gehen und zu Hause bleiben, bis unsere Forderungen erfüllt wurden. Einfach nur zu Hause Bleiben reicht natürlich nicht aus. Um unsere Forderungen durchzusetzen, wird es letzten Endes notwendig sein, auch auf die Gewerkschaften zuzugehen und den Boykott in einen richtigen Streik umzuwandeln. Damit wir also nicht alleine blöd dastehen, müssen wir uns vernetzen und organisieren, denn zusammen sind wir stark! Zusammen mit unseren Lehrer_Innen und der GEW fordern wir: Lasst die Schulen zu!

Bild: https://www.flickr.com/photos/30845644@N04/13924686926/in/photostream/




Wie international Rechte die Pandemie ausnutzen

Flo Schwerdtfeger

Die
ganze Welt ist gezwungen gegenüber dem Corona-Virus zu handeln. Und
während das schon mit Einschränkungen in allen Lebensbereichen und
der Grundrechte geschieht, schaffen es trotzdem noch konservative und
rechte Parteien, einen drauf zu setzen. Dabei entsteht oft eine Suppe
aus Kleinreden mit der starken Forderung nach schneller Öffnung im
Interesse der Wirtschaft auf der einen Seite und dem autoritären
Umbau des Staates auf der anderen Seite, alles garniert mit
ordentlich Rassismus. In diesem Artikel wollen wir uns mit einigen
Beispielen und den Hintergründen auseinandersetzen.

Wer
zuletzt kommt, den bestraft der Weltmarkt

Die meisten Länder, deren Politiker_Innen das Virus zuerst verleugneten und immer noch klein reden, haben konservative bis offen rechte Regierungen. Prominent sind hierbei Brasilien, USA und GB.
Entweder man erkannte die reelle Gefahr nicht an oder setzte, entgegen den Ratschlägen der Wissenschaft und dem Widerstand der Bevölkerung, auf das System der schnellen Herdenimmunität. Dabei will man das Virus dadurch überwinden, indem man im Grunde gar nichts macht und möglichst schnell ein Großteil der Menschen durch eine vorige Ansteckung und anschließender Genesung immun werden. Ungeachtet der Tödlichkeit des Virus‘ wird eine Überlastung des Gesundheitssystem in Kauf genommen, was man durch das Versprechen legitimiert, dass es so schlimm schon nicht werden wird. So reagierten England und die USA erst lange, nachdem die meisten europäischen Staaten die Ausgangsbeschränkungen einführten. Auch durch dieses Zögern sind die USA zum neuen Zentrum der Pandemie geworden, während man sich nach wie vor mit Schuldzuweisungen gegen China behängt und den Handelskrieg weiter führt.

In anderen Ländern, in denen man davon ausgeht, dass bereits das Maximum der Ansteckungen erreicht wurde und sich die Kurve wieder abflacht (wie z.B. in Deutschland), fordern Rechte sowohl aus AfD als auch CDU/CSU eine schnelle Lockerung der Maßnahmen. Dies tun sie aber nicht aus ihrer Liebe zu den Grundrechten oder zu den Menschen. Der Grund dafür ist vielmehr in ihrer sozialen Basis zu suchen. Flach gesagt, vertreten die AfD und rechtere Teile der Union die Interessen einer Fraktion des deutschen Kapitals aus kleineren binnenmarktorientierten Kapitalist_Innen. Diese (z.B. kleinere Gastronomie oder Tourismusunternehmen) sind aber noch oft noch unmittelbarer von der Krise betroffen als das Großkapital und werden die Maßnahmen nicht so lange durchhalten können. Deswegen muss alles getan werden, dass sie dabei nicht hinten herunterfallen und wenn man dem durch Lügen, Kleinrederei und Lobbypolitik die Gesundheit und Leben unzähliger Menschen opfert.

Autoritärer Rückschlag im weltweiten Ausmaß

In
Deutschland sind die Grundrechtseinschränkungen massiv und es ist
nicht unwahrscheinlich, dass einige nicht zurückgenommen werden.
Doch auch die Liste der Maßnahmen und Methoden, die andere Länder
ergreifen, liest sich wie How-To’s für Autokratien und
Demokratieverächter. Werfen wir also den Blick in Länder, in denen
die Angriffe besonders heftig sind.

Das beste Beispiel dafür sind die Notstandsgesetze, welche in Ungarn durch die regierende Partei Fidesz eingeführt wurden. Diese ermöglichen dem Premierminister Viktor Orban per Dekret zu regieren und somit alle Entscheidungen alleine treffen zu können. Die Regierung versucht zwar immer wieder, zu beschwichtigen und beruft sich darauf, dass dieser Umstand endet, sobald auch die Notsituation endet, Kritiker_Innen sehen darin aber den Höhepunkt einer Entwicklung in dem schon seit Jahren autoritärer werdenden Staat, der nun de Facto zur Autokratie geworden ist. Dazu ist es ein heftiger Angriff auf die Arbeiter_Innenklasse, dass die Regierung 140 der größten und wichtigsten ungarischen Unternehmen unter Militärkontrolle gestellt hat und das Militär auch im öffentlichen Raum eingesetzt wird, um für Ruhe zu sorgen. Die Militärkontrolle soll so offiziell darauf achten, dass eine „reibungslose“ Produktion sichergestellt werden kann.

Auch die Philippinen setzen auf das Militär und die Polizei im Umgang mit Coronavirus, nur noch härter. Menschen, die dort gegen die Ausgangssperre verstoßen, riskieren, noch auf der Straße erschossen zu werden. Der Präsident Duterte gab öffentlich diese Anweisung. Die sich damit ergebende Situation ist besonders gefährlich für Menschen, die schon vor der Krise unter prekären Verhältnissen lebten oder z.B. im informellen Sektor arbeiten. Für sie gab es nie die Option des Homeoffice‘ oder von Ersparnissen zu erleben. Durch die Ausgangssperre werden sie auch endgültig ihrer Einkommensgrundlage beraubt und müssen täglich ihr Leben riskieren, entweder zu verhungern oder auf der Straße erschossen werden.

Wie bereits erwähnt, hat der brasilianische Präsident Bolsonaro das Corona-Virus lange kleingeredet („es ist nur eine kleine Grippe“), sodass die bewaffnete Autorität nun von anderen ausgeübt wird. Was wie ein schlechter Witz klingt, ist die bittere Realität: Da die Regierung nicht frühzeitig Maßnahmen ergriff, handelten die Gangs und Drogenkartelle zuerst und verhängten unter Androhung drakonischer Strafen eigenmächtig Ausgangssperren in den Favelas. Diese sind durch die fehlende Versorgungsinfrastruktur, die beengte Bebauung und hohe Einwohner_Innendichte besonders gefährdet. Bereits jetzt sind die Krankenhäusern in den Ballungsräumen an ihren Grenzen und es werden Stadien zu Notlazaretten umgebaut.

Eine andere Gefahr in den meisten Ländern wie auch Deutschland ist Terrorismus von Rechtsradikalen. Diese sehen in der derzeitigen Notstandssituation die Chance, die angespannte Situation durch gezielte Anschläge auf wichtige Infrastrukturen weiter zuzuspitzen. Ziel ist es, den Staat soweit in Unruhe zu versetzen und zu schwächen, bis man endgültig einen Bürgerkrieg anzetteln kann. Vor der Gefahr des rechten Terrorismus wird schon seit Jahren gewarnt, besonders im Zusammenhang mit Netzwerken, auch ins Militär, Polizei und Parteien. Zwar erkennt der Verfassungsschutz diese nun als größte Gefahr an, doch die Verstrickungen der vergangenen Vorfälle lassen nur zu sehr vermuten, dass der Staat weiter auf dem rechten Auge blind bleibt.

Leider nichts neues

Alle
diese Beispiele sind nicht bloß den gegenwärtigen Umständen
geschuldet, sondern sind schon jahrelang die Auswüchse des
Rechtsrucks, der auf der ganzen Welt stattfindet. Ungarn und Polen
verfolgen schon seit Jahren einen immer autoritärer werdenden Kurs
und diskriminieren systematisch LGBT*-Menschen. Brasilien und die
Philippinen gehen mit aller Härte gegen linke Aktivist_Innen,
Minderheiten und ärmere Bevölkerungsschichten vor, z.B. im Falle
des „Drogenkrieges“. Die EU denkt nicht mal dran, die
schreckliche Lage in den Flüchtlingslagern in Griechenland und der
Türkei zu beheben und überlasst den Menschen dort lieber ihrem
Schicksal, als sie aufzunehmen und zu versorgen. Eine Regierung nach
der anderen fällt an nationalkonservative und offen rechte Parteien.

Diese
Entwicklung wird bedingt durch die weltwirtschaftliche Zuspitzung
seit der Wirtschaftskrise 2008 und die daraus folgende Forderung der
nationalen Kapitalist_Innenklassen nach aggressiverer Politik, um die
eigene Stellung abzusichern. Die darauffolgenden Sparmaßnahmen
wurden oft von liberalen oder gar sozialdemokratischen Parteien
durchgesetzt und sorgen dafür, dass sich die Lebenslage der
Bevölkerung deutlich verschlechtert. Das ist der Nährboden des
Rechtsrucks,
der sich seit Jahren durch jedes Land zieht. Gerade jetzt zeigt sich
die verhängnisvolle Auswirkung der Sparpolitik. Spanien und Italien,
die am schwersten getroffenen Länder in Europa, mussten auch im
Gesundheitssystem Kürzungen durchführen, wodurch jetzt Betten und
Personal fehlen, um angemessen auf die Pandemie zu reagieren. In
Deutschland äußerte sich das z.B. auch in den Kürzungen und
Privatisierungen des Bildungssystems.

Wenn
du dich für eine genauere Analyse des Rechtsrucks interessierst,
schau dir
den Artikel „Internationaler
Rechtsruck – seine Grundlagen verstehen, um ihn zu bekämpfen!“
an:
http://onesolutionrevolution.de/internationaler-rechtsruck-seine-grundlagen-verstehen-um-ihn-zu-bekaempfen-2/

Wie müssen wir reagieren?

Es könnte gut sein, dass die Rechten mit der kommenden Wirtschaftskrise noch mehr Futter bekommen, doch es ist noch nicht festgelegt, dass sich der Rechtsruck auch verschärft, denn wir haben da noch ein Wörtchen mitzureden! Wir brauchen eine linke Bewegung, die sowohl gegen die Rechten als auch gegen die Sparmaßnahmen und Grundrechtseinschränkungen Widerstand leistet. Damit der Kampf effektiv ist, müsste diese das kapitalistische System an sich bekämpfen und international sein, denn sowohl Rechtsruck als auch der Kapitalismus sind ebenso international. Der Burgfrieden mit dem Kapital (ob nun in Form von Konzernen, Regierungsparteien oder Rechten), an dem Gewerkschaften und Linke festhalten, muss gebrochen werden und folgende Forderungen laut gemacht werden:

Nazis stoppen!


Faschoaufmärsche verhindern – massenhaft und militant!


Nazis morden, der Staat schaut zu: Antirassistischen Selbstschutz
organisieren statt auf die Bullen verlassen!

Gesundheit vor Profite!


Kostenlose Gesundheitsversorgung für alle – von Tests bis zur
Unterbringung in Krankenhäusern und Intensivmedizin. 500 Euro/Monat
mehr für alle Beschäftigten in den Pflegeberufen!

#stayathome


Keine Wiederöffnung der Unternehmen ohne Schutz- und Hygieneplan
unter Kontrolle der Beschäftigten!


Wir zahlen nicht für die Krise!


Gegen alle Entlassungen! 100 % Lohnfortzahlung für alle, die in
Kurzarbeit sind! Keine Aushebelung von Arbeitszeitbeschränkungen und
Arbeitsrecht!


Keine Milliarden-Geschenke für die Konzerne – massive Besteuerung
von Vermögen und Gewinnen! Entschädigungslose Enteignung der Banken
und des Großkapitals unter Kontrolle der Beschäftigten!

Keine Rendite mit der Miete!


Für das Aussetzen aller Miet- und Kreditzahlungen für die
arbeitende Bevölkerung! Enteignung der großen Immobilienkonzerne
wie Deutsche Wohnen, Vonovia und Co. Nutzung von Leerstand, um die
Räume Bedürftigen wie Geflüchteten und Obdachlosen zur Verfügung
zu stellen!

#leavenonebehind


Abschaffung von Lagersystemen und rassistischen Asylgesetzen: Offene
Grenzen und StaatsbürgerInnenrechte für alle!




Nein zu überhasteten Schulöffnungen!

Christian Gebhardt, Gruppe ArbeiterInnenmacht

Lange hat es gedauert. Zuerst galten Kinder und Jugendliche angeblich
überhaupt nicht als gefährdet. Es hieß, sie würden von dem Corona-Virus
zwar infiziert werden können, aber gesundheitlich sei nichts zu
befürchten. Es wäre viel unverantwortlicher, die Schule zu schließen, da
ansonsten ihre Eltern nicht zur Arbeit gehen könnten.

Dieses „Argument“ galt bis Mitte März, also bis kurz vor dem Beschluss der Schulschließungen. Die Ausbreitung der Pandemie zwang zu einem Kurswechsel. Die sozialen Auswirkungen der Schulschließungen – Vereinsamung, Verstärkung der sozialen Ungleichheiten beim home-schooling, Fehlen fest jeder Vorbereitung der SchülerInnen, Lehrer_Innen und Eltern – spielten damals noch keine Rolle. Das Schuljahr sollte auf Teufel komm raus durchgezogen werden.

E-Learning – ein Erfolgskonzept?

Dann kam die „Online-Wende“. Innerhalb weniger Tage, ja Stunden wurden die Schulen geschlossen. Kein/e Schüler_In werde dadurch einen Nachteil erhalten. Schließlich würden ausreichend Online-Angebote geschaffen und alles ohne weiteres daheim weitergehen können. Dieses „ohne weiteres“ war schnell abzusehen: Schüler_Innen aus ärmeren Haushalten waren durch die jetzige Situation stärker daran gehindert, ordentlich digital zu lernen (Leben unter Corona – aus der Sicht eines Lehrers).

Die derzeitige Situation – unter anderem geschaffen durch das jahrelange Verschlafen notwendiger digitaler Versorgung aller Schulen, Lehrer_Innen und Schüler_Innen unabhängig von ihrer Herkunft – verstärkte die Ungleichheit der Bildung weiterhin. Ein effektives Lernen unabhängig von der sozialen Herkunft des jeweiligen Kindes ist in der derzeitigen Situation nicht realistisch.

Stattdessen sollte daran gearbeitet werden, die Kerngruppen zu verkleinern, jede_N Schüler_In mit einer digitalen Ausstattung zu versorgen sowie Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen (z. B. Stadtbibliotheken, Eingliederung in die Notfallbetreuung in den Schulen), in denen Schüler_Innen, die zuhause über keine räumlichen Voraussetzungen verfügen, ohne Stress lernen können. Nur so könnte es den Lehrkräften sowie den Schüler_Innen ermöglicht werden, ein effektiv Lernen zu gestalten und daran teilzunehmen.

Zurück zur Normalität – aber wie?

Nachdem nun die Schulschließungen über vier Wochen andauern, war die
Diskussion der letzten Tage rund um die allgemeinen Lockerungsbemühungen
auch immer stark von der Frage geprägt: „Wann können wir die Schulen
wieder öffnen?“

Anders als noch vor den Schließungen waren die Argumente nun nicht ausschließlich die, dass es den Eltern so schnell wie möglich wieder ermöglicht werden sollte, die Arbeit wieder aufnehmen zu können. Neben diesem Argument wurde plötzlich auch auf die soziale Ungleichheit der derzeitigen Situation hingewiesen und ,wie schwer es vielen Familien fällt, mit dieser Situation umzugehen. Ganz nach dem Motto „spalte und herrsche“ werden hier die Interessen der Eltern gegen die der Schüler_Innen und der Gesellschaft insgesamt ausgespielt.

Bemerkenswert auch, dass der selektive Charakter des E-Learnings
plötzlich jenen auffällt, die ansonsten den Klassencharakter des
Schulsystems verteidigen und für Privatisierung und verstärkte Auslese
eintreten.

Aber gut, dass wir sogenannte „Expert_Innen“ haben, denen uneingeschränkt und ohne Probleme geglaubt werden kann. Dumm nur, wenn sich diese in den wesentlichen Dingen widersprechen. Forderte die Nationale Akademie der Wissenschaften, Leopoldina, die Schulförderung direkt nach den Osterferien mit den jüngsten Klassen zu beginnen, kam von den Expert_Innen des Robert-Koch-Institutes (RKI) die Empfehlung, mit den älteren Jahrgängen zu beginnen, da sich diese eher an die Hygienevorschriften halten könnten. Von Seiten der Regierungen des Bundes und der Länder wurde sich nun am 15. April darauf verständigt, dem Rat des RKI zu folgen. Die Schulen sollen nun noch bis zum 4. Mai geschlossen bleiben und danach soll mit dem Unterricht der Abschlussklassen erneut begonnen werden. Wie dieser Unterricht sowie die notwendigen Infrastrukturen (Schulweg, Pausenregelungen etc.) gestaltet werden sollen, soll nun durch die Kultusminister_Innenkonferenz (KMK) bis zum 29. April erarbeitet werden.

Doch manche Länder preschen vor – ohne dass irgendwelche hygienischen oder sonstigen Voraussetzungen, z. B. Grundreinigungen der Schulen, schon flächendeckend gewährleistet sind. Diese Sonderregelungen sehen Bund und Länder ausdrücklich vor. Bundesländer, die schon zeitnah das Abhalten ihrer Abschlussprüfungen (z. B. das Abitur) angekündigt haben, sollen auch schon vor dem Stichtag ihre Schulen wieder öffnen dürfen. Der Berliner Senat hat angekündigt, in der kommenden Woche, vom 20.–24. April, mit dem Lateinabitur anfangen zu wollen. Ab 27.4. sollen weitere Schulen geöffnet werden. In Rheinland-Pfalz sollen die Schüler_Innen der Abschlussklassen ebenfalls schon Anfang nächster Woche wieder den Unterricht besuchen. Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen will ab 23. April die Schulen wieder teilweise öffnen.

Prüfungen auf Teufel komm raus?

Die Frage der Abschlüsse wird ebenfalls von allen Politiker_Innen hochgehalten, spielen sie doch in einer kapitalistischen Leistungsgesellschaft eine wichtige ideologische Rolle. JedeR soll unter Stress und Druck beweisen, dass die Bereitschaft und Fähigkeit zur Leistungserbringung im System vorhanden ist. Unabhängig ob nun die Schulen wieder voll starten können oder nicht, sollen die Prüfungen für die Schüler_Innen früher oder später durchgezogen werden.

Auch wenn argumentiert werden kann, dass der Großteil des Lernstoffes schon vor der Schulschließung im Unterricht behandelt wurde, fehlen wichtige Bestandteile einer gut organisierten Prüfungsvorbereitung: die Übung, Wiederholung und Vernetzung von Lernstoff der letzten Jahre. Klar kann sich theoretisch im Selbststudium daheim der Inhalt beigebracht und für die Prüfungen gelernt werden. Aber das wichtige, begleitete Üben mit einer Lehrkraft sowie das gemeinsame Abfragen und Lernen mit Mitschüler_Innen fällt in der jetzigen Situation wieder denen zu, die durch ihre familiäre Situation eine ruhige und feste Lernatmosphäre vorfinden.

Zu Recht protestieren Elternvertretungen, Gewerkschaften und Schüler_Innen gegen Prüfungen unter diesen Bedingungen. Eine erste Wirkung hat das erzielt. Das Land Hessen will allen Schüler_Innen eine Versetzung in die höheren Klassen erlauben.

Was kümmert mich die Virusgefahr von gestern?

Die überhastete Wiedereröffnung der Schulen darf jedoch nicht nur im Zusammenhang mit schulischen Fragen betrachtet werden. Die Bundesregierung und die Länder setzen unter dem Druck der Unternehmer_Innenverbände auf ein möglichst rasches Hochfahren der Wirtschaft, also darauf, möglichst viele wieder zur Arbeit zu schicken, Geschäfte und Restaurants zu öffnen.

Während die Eltern wieder in den Betrieb müssen, sollen die Schüler_Innen an den Schulen betreut werden. Es greift somit zu kurz, nur die Schulpolitik an den Pranger zu stellen. Schließlich müssen die Unternehmen wieder Gewinn machen – und das ist im Kapitalismus eben systemrelevant und allemal wichtiger als Demokratie und Gesundheit. Damit die Eltern wieder ungestört zur Arbeit können, sollen die Kinder und Jugendlichen in die Schule. Mit deren Öffnung wird bewusst das Risiko einer erneuten stärkeren Ausbreitung der Pandemie, einer zweiten Welle in Kauf genommen. Die Verantwortung für eine mögliche Steigerung der Infektionszahlen versuchen Bund und Länder dabei, vorsorglich auf Lehrer_Innen und Schüler_Innen abzuwälzen, die sich unter unverantwortlichen Bedingungen eben „verantwortlich“ zu verhalten hätten.

Nein zur Schulöffnung! Nein zum Prüfungsabenteuer!

Zu Recht sprechen sich mehr und mehr Gewerkschafter_Innen sowie die GEW, Lehrer_Innenvereinigungen, Eltern- und Schüler_Innenvertretungen gegen die überhastete Öffnung der Schulen aus.

Der DGB spricht sich u. a. auch aus obigen Gründen zusammen mit der
GEW dafür aus, in diesem Schuljahr keine Abschlussprüfungen mehr
durchzuführen. Die Gleichbehandlung der Prüflinge sei nicht gegeben. Wir
unterstützen diese Forderung, die Prüfungen für alle Schultypen
abzusagen. Aber damit ist es alleine nicht getan, lassen sich doch nur
durch die Forderung nach Absage einer Abschlussprüfung schnell Ängste
und Unsicherheiten gegeneinander ausspielen: „Werde ich dann von meinem
Betrieb übernommen?“, „Werde ich eine Anstellung mit einem
Corona-Abschluss finden?“, „Wie kann ich meinen Abischnitt dann noch
verbessern, um mich für meinen Wunschstudiengang bewerben zu können?“

Diese Fragen schwirren vielen derzeit bei der Diskussion um die Abschlussprüfungen im Kopf umher. Anders ist es nicht zu erklären, warum Landesschüler_Innenvertretungen wie die aus Baden-Württemberg sich dafür stark machen, zwar die Prüfungen abzusagen, es aber freigestellt sein soll, sich einer freiwilligen Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt zur Notenverbesserung unterziehen zu dürfen.

Die richtige Forderung der GEW und des DGB nach Aussetzung der Prüfungen in diesem Jahr sollte daher noch durch weitere Forderungen ergänzt werden. Nur mit einem solchen Forderungskatalog kann der Druck von den Schüler_Innen, den Eltern und Erziehungsberechtigten genommen werden, um auch das häusliche Miteinander in Zeiten von Ausgangssperren zu vereinfachen. Rührt viel Druck und Stress doch auch daher, dass ein Schuljahr unter schwierigen Bedingungen „normal“ zu Ende geführt werden soll.

Wir fordern deshalb:

  • Nein zur überhasteten Schulwiedereröffnung. Die Gewerkschaft GEW, VertreterInnen der Lehrer_Innen, Schüler_Innen und Eltern – nicht Schulbehörden, Staat oder sog. „Expert_Innen“ müssen darüber entscheiden, wann die Schule eröffnet wird oder nicht.
  • Dies bedeutet auch die Erarbeitung eines Umbauplans der Schulen, um sie für eine „andere Schule“ in Zeiten von Corona fit zu machen: Ausbau von Klassenzimmern um kleiner Klassengruppe zu ermöglichen, Einrichtung von Teststationen um die Schüler_Innen und Lehrer_Innen und Verwaltungsangestellte in den Schulen regelmäßig testen zu können. Ein solcher Umbauplan und Umbaumaßnahmen macht es notwendig über eine längere Schulschließung nachzudenken.
  • Für die Ausstattung aller Schüler_Innen mit kostenlosen digitalen Endgeräten um die individuelle Teilnahme an den E-learningangeboten zu gewährleisten.
  • Die Versetzung aller Schüler_Innen in die nächsthöhere Klassenstufe.
  • Absage aller Abschlussprüfungen an allen Schultypen und Anerkennung des Abschusses für alle SchulabgängerInnen (Abitur, andere Abschlussprüfungen). Abschaffung des Numerus Clausus (NC) an den Universitäten und freier Zugang zur Uni für alle AbgängerInnen.
  • Sicherung der Ausbildung für alle Schulabgänger_Innen. Sollten die Unternehmen Azubis nicht einstellen, müssen sie für deren Ausbildung zahlen (Umlage) und soll die Ausbildung durch den Staat bei voller Vergütung gesichert werden.
  • Übernahme aller Azubis in ihren Lehrbetrieb. Sollte die Übernahme aufgrund von Schließungen nicht möglich sein, sollen diese Betriebe entschädigungslos enteignet,  die Azubis bei vollen Tariflöhnen übernommen werden. Sie sollen für gesellschaftlich nützliche Arbeit (z. B. im Gesundheitswesen, für die Wiedereröffnung der Schulen im Herbst, für ökologische Erneuerung) etc. beschäftigt werden.
  • Für die Neueinstellung zusätzlicher Lehrkräfte, die Verringerung der Klassenteiler und der Deputatsstunden. Die Schulen werden sich im kommenden Schuljahr mit einer inhomogeneren Schüler_Innenschaft auseinandersetzen müssen. Hierfür müssen Bedingungen geschaffen werden, um es den Schulen zu ermöglichen, mit dieser umzugehen.
  • Für eine massive Ausweitung der Bildungsbudgets, Ausbau von Schulen und Kitas. Schluss mit der Privatisierung der Schulen, Privatschulen in öffentliche Hand. Für eine gemeinsame Schule aller unter Kontrolle von Lehrer_Innen, Schüler_Innen und Vertreter_Innen der Lohnabhängigen.

Wir werden diese Forderungen aber nicht geschenkt bekommen. Die
DGB-Gewerkschaften müssen mit ihrer Burgfriedenspolitik brechen. Die GEW
muss nicht nur kritisieren, sondern vor allem mobilisieren. Anstatt
Politik zusammen mit den Unternehmen zu gestalten, sollte sie eher eine
Bewegung für die Durchsetzung ihrer Forderungen aufbauen.

Es sollte zusammen mit den Schüler_Innenvertretungen sowie den Elternbeiräten an einem Boykott der Abschlussprüfungen gearbeitet werden. Auch wenn die derzeitige Situation die offensive Mobilisierung auf den Straßen erschwert, sollten Mittel der Verweigerung und des Streiks benutzt werden, um die diesjährigen Prüfungen zu stoppen.

Schüler_Innen, Bewegungen wie FridaysforFuture, die Gewerkschaften und die gesamte Arbeiter_Innenbewegung sollten gegen die Schulpolitik von Bund und Ländern aktiv werden und sie bestreiken! Gewerkschaften und Schüler_Innenvertretungen sollten nicht nur online protestieren, sondern auch an den Schulen den Kampf aufnehmen.




Erster Mai 2020 – Wir zahlen nicht für Virus und Krise!

Diskussionsbeitrag von ArbeiterInnenmacht und REVOLUTION

Während im Mai Produktion und Schulen wieder anlaufen sollen, sollen am Ersten Mai alle Kundgebungen und Demonstrationen untersagt bleiben. Ein generelles Demo-Verbot lässt sich zwar bundesweit nicht mehr durchsetzen, aber die Einschränkungen laufen faktisch auf das Verbot von Massendemonstrationen hinaus, auch wenn die Menschen noch so sehr auf Ansteckungsgefahr achten würden. In vielen Städten und Bundesländern wie z. B. in Berlin droht selbst kleinen Aktionen massive Repression. Für uns – und wohl auch für einen großen Teil der radikalen Linken oder klassenkämpferischer Arbeiter_Innen und Gewerkschafter_Innen – stellt die entscheidende Frage eigentlich weniger dar, ob, sondern wie und mit welcher politischen Stoßrichtung wir am Ersten Mai aktiv werden. Die bundesweite Diskussion zur Frage ist daher begrüßenswert – und auch, dass eine Reihe von Gruppierungen und Bündnissen zur Aktion aufruft.

Besondere
Bedeutung kommt unserer Meinung nach dabei dem Aufruf der „Vernetzung
für kämpferische Gewerkschaften“ (VKG) zu. Nicht, weil dieser so
viel besser als andere wäre, sondern weil es von
politisch-strategischer Bedeutung für unsere zukünftigen Kämpfe
ist, dass wir die Auseinandersetzung in die Betriebe und
Gewerkschaften tragen.

Drohende Katastrophe

Über vier Millionen Kurzarbeiter_Innen, eine tiefe Rezession, drohende Massenentlassungen bei gleichzeitiger Überarbeitung im Gesundheitswesen oder im Einzelhandel verdeutlichen, dass die aktuelle Krise des Kapitalismus‘ eine des Gesamtsystems, eine der gesamten Produktion und Reproduktion darstellt. Natürlich sind schon heute die Schwächsten und Unterdrücktesten (Geflüchtete, Alte, Kranke, Frauen aus der Arbeiter_Innenklasse, …) am härtesten betroffen. Die Ausgangssperren bewirken z. B. gleichzeitig auch einen massiven Anstieg häuslicher Gewalt, die insbesondere Frauen und Kinder trifft.

Es ist absehbar, dass diese Krise die gesamte Klasse der Lohnabhängigen mit extremer Härte treffen wird – ob nun Facharbeiter_Innen in der Großindustrie, prekär Beschäftigte oder die noch einigermaßen „gesicherten“ Teile im öffentlichen Dienst. Die Kosten dieser Krise – und damit die, die das Kapital und sein Staat uns aufhalsen wollen – werden viel größer sein als 2008/2009 oder bei den Einschnitten durch die Agenda 2010. Dies wird die aktuellen Probleme noch verstärken: ob Rechtsruck, Umweltzerstörung, Kriegsgefahr oder Angriffe auf Arbeitsrechte.

All jene, die dagegen Widerstand leisten wollen, befinden sich aktuell in einer widersprüchlichen Lage. Wir alle stehen nicht nur vor dem Problem der Einschränkung unserer Bewegungsfreiheit und der Aushebelung demokratischer Rechte. Wir stehen auch vor dem Problem, dass zur Zeit die Regierung die öffentliche Meinung bestimmt. Merkel ist es – nicht zuletzt mithilfe von SPD und DGB-Gewerkschaften – gelungen, eine Art nationalen Schulterschluss zu inszenieren. Praktisch alle Medien, alle Landesregierungen sowie die Führungen von Unternehmer_Innenverbänden und Gewerkschaften unterstützen ihn. Im Grunde macht auch die parlamentarische Opposition mit – einschließlich großer Teile der Linkspartei.

Das wird sicher nicht immer so bleiben. Schon heute stellen Teile der AfD und der extremen Rechten das auf reaktionäre Weise in Frage. Auch Unternehmer_Innenverbände fordern nicht nur Milliarden für das Kapital, sondern auch die Abschaffung von Rechten der Arbeiter_Innenklasse, „Streichung“ des Urlaubs usw.

Gleichzeitig herrschen in der Arbeiter_Innenklasse und selbst in größeren Teilen der Linken das Hoffen auf Staat und Sozialpartner_Innenschaft oder Lähmung und Schweigen vor. Und das, obwohl die drohende soziale, gesellschaftliche Katastrophe durchaus klar sichtbar wird.

Wie Widerstand entfalten?

Angesichts
dieser Situation müssen wir am Ersten Mai die Frage ins Zentrum
rücken, wie wir den notwendigen Klassenwiderstand entfalten. Denn
wenn wir jetzt nicht anfangen, Widerstand aufzubauen, dann werden
seitens des Kapitals Fakten geschaffen. Dabei ist es jetzt unsere
Aufgabe, Antworten auf die aktuellsten Fragen zu geben: Wer
verhindert die Zwangsräumung, wenn man aufgrund von Kurzarbeit die
Miete nach August nicht zahlen kann? Wie retten wir die 40.000
Geflüchteten, die aktuell an der EU-Außengrenze auf den
griechischen Inseln zum Tode verurteilt werden? Wie wehren wir uns
gegen drohende Entlassungen und kommende Sparmaßnahmen?

Wir müssen jetzt anfangen, Antworten auf diese Fragen zu geben – auch als kämpferische Minderheit, um für größere Teile der Lohnabhängigen und Aktive sozialer Bewegungen sichtbar zu werden. Wir werden kämpferische Arbeiter_Innen, Schüler_Innen, Migrant_Innen nur schwer für zukünftige gemeinsame Aktionen und Bündnisse gewinnen können, wenn ihnen das Abhalten einer Aktion oder Demonstration als Selbstzweck erscheint.

Die Form kann vielmehr flexibel gehandhabt werden. Zum Schutz der Teilnehmer_Innen sollten wir bei Straßenaktionen (z. B. einer Demo) auf Gesichtsmasken und Abstand Halten achten. Das folgt aus unserer Verantwortung für die Teilnehmer_Innen. Aber ein Auftreten ist auch notwendig, um den Herrschenden die Scheindebatte möglichst zu erschweren, dass Demos ein besonderes Gesundheitsrisiko darstellen würden (während es Öffnungen von Betrieben und Schulen anscheinend nicht sind).

Entscheidend
ist jedenfalls der Inhalt, um den wir für den Ersten Mai
mobilisieren. Die drängendsten Fragen für Millionen Lohnabhängige
müssen dabei im Zentrum stehen. Wir schlagen folgende zentralen
Punkte/Forderungen für den Ersten Mai und für die Neuformierung
einer Anti-Krisenbewegung vor:

Gesundheit vor Profite!


Kostenlose Gesundheitsversorgung für alle – von Tests bis zur
Unterbringung in Krankenhäusern und Intensivmedizin. 500 Euro/Monat
mehr für alle Beschäftigten in den Pflegeberufen!

#stayathome


Keine Wiederöffnung der Unternehmen ohne Schutz- und Hygieneplan
unter Kontrolle der Beschäftigten!


Wir zahlen nicht für die Krise!


Gegen alle Entlassungen! 100 % Lohnfortzahlung für alle, die in
Kurzarbeit sind! Keine Aushebelung von Arbeitszeitbeschränkungen und
Arbeitsrecht!


Keine Milliarden-Geschenke für die Konzerne – massive Besteuerung
von Vermögen und Gewinnen! Entschädigungslose Enteignung der Banken
und des Großkapitals unter Kontrolle der Beschäftigten!

Keine Rendite mit der Miete!


Für das Aussetzen aller Miet- und Kreditzahlungen für die
arbeitende Bevölkerung! Enteignung der großen Immobilienkonzerne
wie Deutsche Wohnen, Vonovia und Co. Nutzung von Leerstand, um die
Räume Bedürftigen wie Geflüchteten und Obdachlosen zur Verfügung
zu stellen!

#leavenonebehind


Abschaffung von Lagersystemen und rassistischen Asylgesetzen: Offene
Grenzen und StaatsbürgerInnenrechte für alle!

Dafür
sollten wir am Ersten Mai aktiv werden. Wir sollten dabei
Demonstrationen und Kundgebungen möglichst dort organisieren, wo die
Menschen leben und arbeiten, die wir erreichen wollen. Das kann im
Kiez (wie in Berlin-Friedrichshain) sein, wir sollten aber unsere
Solidarität und Perspektive auch vor Unterkünften von Geflüchteten,
vor Kliniken und Krankenhäusern (natürlich nur in Absprache mit den
dort Untergebrachten oder Beschäftigten) zum Ausdruck bringen.

So
können wir den Ersten Mai zu einem Kampftag für unsere Forderungen
und zur Verteidigung demokratischer Rechte – einschließlich des
Streikrechts machen. Ein solches politisches Signal zielt darauf ab,
unmittelbar all jene zu vereinen, die beim nationalen Schulterschluss
von Kapital und Kabinett nicht weiter mitmachen wollen und die im
Betrieb, an der Schule, Uni und im Stadtteil eine neue
Anti-Krisenbewegung aufbauen wollen.




Moria Interviews – TEIL 2 / 2: „Es war, als ob sie gar nicht existierten“

Interview mit Karl, der als freiwilliger Helfer auf der griechischen Insel Lesbos von Faschist_innen angegriffen wurde

Die Meldungen über die
Corona-Pandemie überschlagen sich, während sich kaum jemand mehr
für die schreckliche Situation an den europäischen Außengrenzen
interessiert. Auf den griechischen Inseln dicht vor der Türkei
bekommen die dort internierten Geflüchteten die Brutalität der
Festung Europa besonders zu spüren. Insbesondere auf der medial
bekanntgewordenen Hotspot-Insel Lesbos konnten sich im Windschatten
einer rechten Regierung, die von der EU die nötigen Mittel für
ihren grausamen Job als europäischer Türsteher bereitgestellt
bekommt, faschistische Strukturen etablieren.

Wir haben mit dem Opfer eines
faschistischen Angriffes gesprochen und ihm einige Fragen gestellt,
um uns ein genaueres Bild von der Situation zu verschaffen. Unser
Interviewpartner heißt Karl (Name von der Redaktion geändert), ist
norwegischer Staatsbürger und arbeitet als freiwilliger Helfer und
Fotograph auf der Insel.

Revo: Hey Karl, schön, dass du Zeit gefunden hast, um mit uns zu sprechen. Vielleicht kannst du uns erst einmal kurz berichten, wie es zu dem Angriff kam?

Karl: Der Angriff fand an einem
späten Sonntagabend statt. Es war bereits dunkel. Ich war in Moria
(Anmerkung der Redaktion: größtes Geflüchtetencamp auf den
griechischen Inseln mit über 20 000 Bewohner_innen), um dort eine
Fotoserie zu machen. Als ich im Camp hörte, dass alle
Zufahrtsstraßen nach Moria von Faschist_innen blockiert wurden,
sprang ich mit 4 Freund_innen mit Fluchthintergrund ins Auto, um
schnell weg in die 8km entfernte Stadt Mytilini zu gelangen. Wir
nahmen eine weniger befahrene Seitenstraße und hofften so unbemerkt
fortkommen zu können. Doch nahe einer Tankstelle stellten sich uns
ca. 100 schwarzgekleidete und maskierte Menschen in weg und sprangen
vor mein Auto.

Revo: Und dann haben sie euch
angegriffen?

Karl: Genau. Es ging alles ziemlich
schnell und kam mir vor wie in einem Film. Wenn ich mich
zurückerinnere, höre ich vor allem die Geräusche in meinen Ohren:
das Klirren zerschlagener Autoscheiben und laute Schreie. Die
Faschist_innen öffneten die Türen meines Autos, zogen uns heraus
und drückten uns auf die Erde, begleitet von Tritten in die Seite.
Während sie mich festhielten, nahmen sie mir meine Kamera ab und
zerstachen einen Reifen meines Autos. Aufgrund der Maskierungen
konnte ich keine Gesichter sehen aber ich erkannte, dass es sich um
Frauen und Männer, alte und junge Menschen handelte. Mit der Kamera
hatten sie vermutlich, was sie wollten, und ließen mich dann mit
meinem kaputten Auto auf 3 Reifen mit einem lautstarken
Schleifgeräusch von Metall auf Straße weiterfahren.

Revo: Und was passierte mit
deinen Freund_innen?

Karl: Das konnte ich erst im
Nachhinein herausfinden, da wir während des Angriffes sofort
getrennt wurden. Es hat mich total fertig gemacht, nicht zu wissen,
wie es ihnen geht und ich hatte sogar Angst, dass sie nicht mehr
lebten. Ich habe sie dann später in Moria und einem anderen Camp
wiedergetroffen und glücklicherweise konnten alle fliehen, sodass
ihnen nichts Schwerwiegendes passiert ist. Einige hatten trotzdem
Wunden von den Schlägen und Tritten der Faschist_innen und auch
ihnen wurden die Handys gestohlen.

Revo: Bist du dann zur Polizei
gegangen?

Karl: Ja aus
versicherungstechnischen Gründen musste ich das tun. Ganze 6 Mal war
ich auf der Polizeistation. Am Ende erhielt ich einen ziemlich
ausführlichen Bericht vom ganzen Tathergang. Allerdings fehlte etwas
ganz Entscheidendes: Meine nicht-europäischen Freund_innen wurden
mit keiner Silbe erwähnt. Und das, obwohl ich der Polizei
detaillierte Auskünfte über Namen und Ausweisnummern meiner
Mitfahrer_innen gab. Es war, als ob sie gar nicht existierten.

Revo: Hat dich das überrascht?

Karl: Nein eigentlich nicht. Einige
der Beamten schauten mich jedes Mal so an, als ob ich gerade 10
Menschen auf einmal getötet hätte. Sie scheinen alle zu hassen, die
irgendetwas mit Geflüchteten oder NGOs zu tun haben. Ein Freund von
mir, der ebenfalls von Faschist_innen angegriffen wurde, hat mir
erzählt, dass er beobachten konnte, wie ein Polizeibeamter der
ganzen Situation genüsslich zugeschaut hat.

Revo: Du hast also schon von
mehreren solcher Angriffe gehört?

Karl: Ja, das ist mittlerweile zum
Alltag auf der Insel geworden. Das öffentliche Leben für die
Geflüchteten ist dadurch stark eingeschränkt und die Arbeit von
NGOs und Freiwilligen quasi unmöglich. Viele NGOs haben ihre
Mitarbeiter_innen bereits von der Insel abgezogen, was die Situation
in den Camps noch unerträglicher macht. Noch am selben Abend wurden
viele weitere Autos zerstört. Vor einigen Tagen sind Faschist_innen
sogar ins Camp Moria eingedrungen, um dort Leute anzugreifen.

Revo: Hast du davon gehört, dass auch Neonazis aus Deutschland, von der sogenannten „Identitären Bewegung“ auf der Insel waren, um die lokalen Faschist_innen zu unterstützen?

Karl: Ja das ging hier durch alle
Whatsgruppen, somit hatten wir Fotos von den Leuten. Die waren
allerdings nicht lange hier und haben ziemlich schnell von
Antifaschist_innen eins auf den Deckel bekommen. Als ich das zweite
Mal auf der Polizeistation war, habe ich sie sogar dort gesehen,
durch die Fotos wusste ich ja wie sie aussehen.

Revo: Mit dem Bild von weinenden
Faschos finden wir noch einen positiven Abschluss für dieses
ansonsten ziemlich traurige und schockierende Interview. Es scheint
doch noch Widerstand von lokalen Antifaschist_innen, Internationals
und vor allem von Geflüchteten zu geben, die sich gegen die
faschistischen Angriffe organisieren und zu Wehr setzen. Wir wünschen
ihnen viel Kraft und Erfolg in ihrem antifaschistischen Kampf. Dir
Karl vielen Dank für das Interview und bleib gesund!




Von Polizei erschossener Afghane: Kritiker_Innen werden eingeschüchtert

Zwei
Jahre ist es nun her, dass in Fulda der afghanische Geflüchtete Matiullah J. von
einem Polizisten erschossen wurde, nachdem er an einer Bäckerei randaliert und
Passanten mit Steinen attackiert hatte. Das Ergebnis der Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft ging von Notwehr aus, der Polizist wurde freigesprochen – basierend
vor allem auf seiner eigenen Aussage. Er war der einzige Zeuge, weitere Polizist_Innen
allerdings in unmittelbarer Nähe. Was genau am Tag der Tat geschehen ist, wird
sich wahrscheinlich nie weiter klären lassen.

Interessant
ist aktuell vor allem, wie massiv Staatsanwälte und Polizei gegen all jene
vorgehen, die eine unabhängige Untersuchung der Ereignisse fordern, obwohl dies
durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt ist. Zum Beispiel wurde von
Teilnehmer_Innen der Solidaritätsdemos für Matiullah J. die Frage gestellt, wieso
mehrere Polizist_Innen es nicht geschafft haben einen 19-jährigen zu stoppen,
ohne ihn zu töten. Sie stellten sich auch die Frage, wie von einem Menschen
eine tödliche Gefahr ausgehen kann, wenn er so weit weg ist, dass ein
geschulter Polizeischütze von zwölf Schüssen scheinbar achtmal danebentrifft. Auch
vor dem Hintergrund aufgedeckter rechter Netzwerke innerhalb der hessischen
Polizei wurde argumentiert, dass eine rassistisch bedingte Überreaktion nicht
ausgeschlossen werden kann. Deshalb stellte die Demonstration die Forderung
nach einer unabhängigen Untersuchung auf.

Heute
sehen sich einzelne Teilnehmer_Innen der erwähnten Demonstrationen einer Welle
an Repressalien ausgesetzt. Phillip W. wird vorgeworfen den Vorfall als Mord
bezeichnet zu haben, weshalb eine Strafanzeige gegen ihn gestellt wurde. Er
selbst bestreitet diese Aussage. Ihm sei es lediglich darum gegangen die Forderung
nach einer unabhängigen Untersuchung zu unterstützen. Doch diese Strafanzeige
ist nur eine von sechs, die im Zusammenhang mit der Demonstration gestellt
wurde. Die Tatverwürfe reichen von übler Nachrede und Verleumdung über
Beleidigung bis hin zu einem Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Auch die
Anmelderin ist betroffen, weil sie den Sprechchor
„Bullen morden und der Staat schiebt ab, alles ein Rassistenpack.“ nicht unterbunden
haben soll.

Der
Autor Darius R. verfasste einen Artikel über die Tat, in dem er davon schreibt,
dass Matiullah mit zwölf Schüssen getötet wurde. Matiullah trafen vier Schüsse,
zwei waren tödlich. Abgegeben wurden allerdings insgesamt zwölf Schüsse. Die
Frage von rassistischer Polizeigewalt wird in dem Artikel aufgeworfen. Die
Staatsanwaltschaft stellte hier einen Strafbefehl von 2250€ aus. Der Vorwurf:
Darius R. wollte mit dem Artikel gezielt den Eindruck einer Hinrichtung vermitteln.
Mit welchem Eifer die Fuldaer Polizei und Justiz ihre Kritiker_Innen verfolgt
wird auch dadurch deutlich, dass die Anzeige gegen Darius R. von dem Fuldaer
Polizeipräsidenten persönlich gestellt wurde.

Timo
S., der Administrator einer Fuldarer Seite gegen Rassismus ist, musste sogar
eine Hausdurchsuchung über sich ergehen lassen, nur weil über seine Seite der
Artikel geteilt wurde. Die Polizei war angerückt mit dem Ziel, sämtliche
technischen Geräte zu konfiszieren. Besonders brisant ist dabei, dass seine
Privatwohnung auch Sitz seines Lokalmagazins „Printzip“ ist. Der Anspruch der
Verhältnismäßigkeit ist deshalb in dem konkreten Fall höher als bei einer
Hausdurchsuchung in einer normalen Privatwohnung. Der Strafrechtsexperte
Andreas Hüttl behauptet unter anderem deshalb, dass es mehrere rechtliche
Unzulänglichkeiten bei dem Durchsuchungsbefehl gebe.

Diese
Welle an staatlicher Repression zeigt abermals im Fall Matiullah J.,
dass Polizei und Justiz eben nicht unabhängig und neutral sind. Sie verfolgen
eine eigene Agenda, welche unter anderem daraus besteht, Kritiker_Innen
einzuschüchtern und mundtot zu machen. Wir sind solidarisch mit allen
Betroffenen und fordern die sofortige Einstellung aller laufenden Verfahren.
Auch die Forderung nach einer Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den
Todesschützen ist legitim und wird von uns unterstützt.  

Wenn
ihr euch auch solidarisch zeigen wollt, dann könnt ihr für ein unabhängiges
Gutachten in dem Fall spenden. Außerdem könnt ihr Phillipp W., Darius R. und
seiner Co-Autorin bei ihren Gerichtsterminen Beistand leisten. Die Termine
waren für Anfang April angesetzt, sind jedoch aufgrund der Corona-Krise auf
unbestimmte Zeit verschoben. Wir werden darüber informieren, sobald es einen
neuen Termin gibt.

Spendenwebseite
für ein unabhängige Gutachten: https://www.betterplace.org/de/projects/78990-spende-fur-finanzierung-von-unabhangigen-gutachten-wasgeschahmitmatiullah

#WasGeschahMitMatiullah