Neues Jahr: Gleiche Probleme?

VON REVOLUTION LEIPZIG


Jahr für Jahr müssen sich Millionen Schüler_Innen an verschiedensten Schulformen den gleichen Strapazen aussetzen. Von Mobbing, über Leistungsdruck und Unterdrückung durch Geschlecht oder Herkunft. Der Konkurrenzkampf beginnt schon von klein auf. Wenn sich die Grundschulzeit dem Ende neigt und du dich entscheiden sollst, auf welcher Schulform du dich nun weiterbilden sollst, werden Kinder von Eltern und Lehrer_Innen unter Druck gesetzt, den Sprung auf das Gymnasium zu schaffen. Denn sie meinen: Ohne eine schulische Ausbildung auf dem Gymnasium und guten Noten erreichst du nicht das Abitur, ohne Abitur erhältst du keinen erstklassigen Job und ohne diesen verdienst du nicht genug Geld, um vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu sein. Somit beginnt bereits hier das Klassendenken und Aussortieren.


Die Schüler_Innen in den Gymnasien werden getriezt und unter Druck gesetzt, z.B. mit unendlich vielen umfangreichen Hausaufgaben, Hausarbeiten und täglichen Tests und Klausuren. Denn sie seien ja die „Eliteschüler_Innen“. Kaum bleibt Zeit, um sich auszuruhen oder persönlichen Aktivitäten nachzugehen. Hingegen werden Schüler_Innen von Haupt- und Mittelschulen als schlecht, weniger intelligent und minderwertig abgestempelt. Um so genannte „Sorgenkinder“ wird sich kaum gekümmert, denn „ihnen kann man schließlich eh nichts beibringen“ und somit werden sie bis zur 9. bzw. 10. geduldet und gehofft, dass sie schon irgendwo eine Ausbildung finden werden.


Doch egal in welcher Schulform, ob Hauptschule oder Gymnasium: Unterdrückung herrscht in jeder Schule und oft auch zwischen den Schüler_Innen. Ob nun die Noten, oder bei Jugendlichen typische Statussymbole, wie Kleidung, Handys usw. Thema sind. Bist du nicht wie die anderen und kannst nicht mithalten, wirst du ausgegrenzt. So wird man genötigt, die teuersten und angesagtesten Dinge zu besorgen, die neuesten Musiker_Innen zu kennen und zu mögen, angepasst zu sein, wie alle anderen, um einen erträglichen Schulalltag mit den Mitschüler_Innen erleben zu können. Oft leiden migrantische Schüler_Innen auch unter rassistischen Anfeindungen, oder im schlimmsten Falle mit Angriffen. Doch getan wird erst etwas, wenn es schon längst zu spät ist. Denn oft ist dieses Denken nicht nur in den Köpfen der Schüler_Innen, sondern auch in denen der Lehrer_Innen und genau da liegt das Problem. Lehrer_Innen werden als Autoritäten dargestellt, als Menschen, deren Meinungen und Entscheidungen grundsätzlich richtig sind und denen man gehorchen muss. Doch wie sollen Kinder und Jugendliche als solidarische und tolerante Menschen erzogen werden, wenn es ihnen genau von diesen Menschen falsch vorgelebt wird?


Meist traut sich niemand, etwas zu sagen, aus Angst, dass es einem dann selbst so ergehen könnte. Denn oft werden die Schüler_Innen, die sich gegen sexistische, homophobe, oder rassistische Aussagen wehren, mit Tadeln bestraft, oder nicht ernst genommen und beachtet, da die Lehrer_Innen die Autoritätspersonen sind und diese haben nun mal recht. Somit fällt es schwer, sich Machtausübungen dieser Art entgegen zu setzen. Kritisches Denken ist in der Schule nicht verboten, jedoch wird oft wenig getan, es bei den Schülern zu fördern. Vor allem für Hauptschüler_Innen, welche oft am meisten von Ausbeutung beim Arbeiten bedroht sind. Viel häufiger bekommt man die Lehrinhalte durch Frontalunterricht eingetrichtert und muss sie aufsaugen wie ein Schwamm. Der Inhalt der Fächer ist stark von der herrschenden Meinung abhängig und rechtfertigt diese. In Nazideutschland äußerte sich das besonders extrem: Rassenlehre stand auf dem Lehrplan.


Gerät das System durch Krisen ins Schlingern, nimmt die ideologische Indoktrinierung zu. So z.B. aktuell in der Ukraine, wo die Schulgeschichtsbücher Stepan Bandera – einen ukrainischen Nazi, der mit Nazideutschland zusammenarbeitete – seit diesem Jahr als Nationalhelden feiern. Auch in Deutschland will die rechtspopulistische AfD den Geschichtsunterricht auf das 19. Jahrhundert umgewichten, weg von allem Leid, dass Deutschland im 20. Jahrhundert über die Welt brachte.


Im Kapitalismus wird Schule immer darauf ausgerichtet bleiben, gehorsame, unkritische Menschen für den Arbeitsmarkt zu erziehen. In einer sozialistischen Gesellschaft würde die Schule für Schüler_Innen ein Ort der Mitbestimmung, ein Ort der individuellen Entfaltung unter Gleichaltrigen sein und die Geschichtsbücher würden sich vor allem dem Kampf der Menschheit gegen alle Formen der Unterdrückung durch die herrschenden Klassen widmen. Die Aufdeckung und Aufarbeitung kapitalistischer Interessenpolitik und damit verbundener Verbrechen (Kriege, Regierungsstürze, Ausbeutung, Unterdrückung, Umweltzerstörung etc.) wird ein wichtiger Punkt werden. Die Schule wird solidarisches und kritisches Denken mit auf den Weg geben, statt egoistisches Karrieredenken und Konkurrenzkampf.


Im letzten Jahr haben wir es mit „Jugend gegen Rassismus“ geschafft, bundeweit Schüler_Innen für den Kampf gegen die rassistische Bewegung in Deutschland zu gewinnen. Wir haben die enorme Energie der Masse beobachtet. Auf dieser Grundlage ist es möglich, jede Aufgabe gemeinsam zu meistern. Fast Zehntausend Schüler_Innen gingen am ersten bundesweiten Aktionstag in mehreren Städten auf die Straße. Es wurde gestreikt, demonstriert und gekämpft. Gekämpft für bessere Bildung, dafür, dass die Freund_Innen aus meiner Klasse nicht abgeschoben werden. Gekämpft gegen eine mörderische rechte Bewegung, die immer größer und stärker wird und unser aller Leben bedroht. Um eine bessere Zukunft zu haben – um im Angesicht des kommenden Faschismus überhaupt eine Zukunft zu haben – bieten wir allen Jugendlichen unsere Hände, um dieses drohende Übel gemeinsam abzuwenden. Gemeinsam können wir es schaffen, eine Organisation aufzubauen, die auch die Wurzel des Übels – den Kapitalismus – direkt herausfordern und tatsächlich besiegen kann. Wir glauben, REVOLUTION kann diese Organisation sein. Organisiert euch bei uns, mit uns – gemeinsam für eine Welt jenseits von Konkurrenz, Leistungsdruck und Chauvinismus – gemeinsam für eine sozialistische Weltrevolution!

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Sexuelle Selbstbestimmung – Immer noch nur im Rahmen von Rollenbildern

Gesetzesverschärfung zum Vergewaltigungsparagraph § 179 StgB


VON HELENA KACHÉ


Gesetzeslage


Der Paragraph 179 zum sexuellen Missbrauch widerstandsunfähiger Personen soll zukünftig durch einen neuen Paragraphen zum sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung besonderer Umstände ersetzt werden. Das Inkrafttreten des neuen Gesetzentwurfs lässt noch bis September auf sich warten, wenn der Bundesrat sein OK dazu gegeben hat.
Was diese Gesetzesänderung bedeutet, zeigen die noch immer geltenden Richtlinien, die notwendig sind, um einen Vergewaltiger vor Gericht zu bringen. Hierzu muss das Opfer nachweisen können, dass es sich vor dem Missbrauch deutlich körperlich zur Wehr gesetzt hat oder dass von dem Täter eine Bedrohung für Leib und Leben ausging. Wenn dies nicht der Fall war, sondern dem Opfer beispielsweise bedroht wurde, seinen Arbeitsplatz oder seine Aufenthaltsgenehmigung zu verlieren wenn es sich nicht füge, wurde dieses Vergehen vor Gesetz nicht als Vergewaltigung anerkannt. Dies galt auch, wenn das Opfer schlichtweg überrumpelt wurde oder sich aus Erfahrung und Angst vor einer Eskalation nicht zur Wehr setzte, sondern nur seinen Widerwillen äußerte.


Jetzt soll die Lage geändert werden, von der Notwendigkeit einer körperlichen Gegenwehr seitens des Opfers hin zu einem schlichten Nichteinverständnis.
Der Anlass für den Bundestag sind die Ereignisse in Köln in der Silvesternacht. Vorerst wurde dieses Ereignis mit rassistischer und anti-muslimischer Hetze beantwortet, im April folgte dem öffentlichen Druck dann ein Gesetzesentwurf zur sexuellen Selbstbestimmung vom Bundesjustizministerium . Schon 2014 wurde ein ähnlicher Antrag gestellt, im Zuge der damaligen Istanbul Konvention, dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Doch damals wie heute sagt der Justizminister Heiko Maas, dass die deutsche Rechtslage den Anforderungen der Konvention bereits genüge, der Richterbund sieht hingegen schlichtweg keine Möglichkeit, die Thematik in Gesetzesform zu packen. Erst auf Druck der Ministerinnen wurde ein Gesetzesentwurf verfasst, der die vielen Lücken für sexuelle Übergriffe schließen soll.


Öffentliche Diskussion


Die öffentliche Diskussion steht dem im Großteil positiv gegenüber, nachdem erschreckende Fakten zu sexuellen Missbräuchen veröffentlicht wurden. Demnach wurden von 130 von 1000 Frauen schon Opfer einer Vergewaltigung. Von diesen 130 würden jedoch nur 13 Anklage erheben, und nur in einem einzigen dieser Fälle würde eine Verurteilung folgen.
Hinzukommen die vielen Gesetzeslücken, die kaum einer Bürger_In bewusst waren, denn fast Jede geht davon aus, dass eine Vergewaltigung selbstverständlich strafbar ist und keine Anforderungen daran gestellt werden dürfen. So kann es einer Frau passieren, dass sie Opfer eines sexuellen Missbrauchs wurde, zur Polizei geht um den Täter anzuklagen, um dort zu erfahren, dass sie nach dem Gesetz nicht vergewaltigt wurde, da sie sich nicht heftig körperlich zur Wehr gesetzt habe. Das impliziert eine Schuld bei dem Opfer und führt dazu, dass Frauen nicht wieder zur Polizei gehen, aus Angst, abgewiesen zu werden. Hinzu kommt, dass diese Gesetzeslücke die Augen völlig vor der Tatsache verschließt, dass der Großteil der Täter ihr Opfer persönlich kennt, oder sogar eine Beziehung zu ihnen führt.


Das kommt nicht von ungefähr, sondern resultiert aus kursierenden Vergewaltigungsklischees, wo ein Mann nachts in einem dunklen über eine Frau herfällt, die sich dann laut und heftig wehrt. Daraus geht natürlich eine sehr deutliche Rollenzuweisung hervor, Männer sind zügellose Täter und Frauen wehrlose Opfer. Historisch kann man diese Rollenzuweisung an dem bürgerlichen Familienbild festmachen. Hierbei gilt: Der Ehemann hat die absolute Verfügungsgewalt über seine Frau und Kinder, und die Ehefrau hat ihre Pflicht zu erfüllen. Dazu gehört auch, dass die Frau verpflichtet ist, mit ihrem Mann zu schlafen; erst 1998 wurde dieses Gesetz in Deutschland aufgehoben und die Vergewaltigung in der Ehe als Straftatbestand anerkannt.


Rollenbilder


Entsprechend dieser Rollenbilder werden als Präventivmaßnahmen für Vergewaltigungen prinzipiell Frauen angesprochen und ihnen wird nahegelegt, sich nachts nicht allein fortzubewegen und Selbstverteidigungskurse zu belegen. Daran ist an sich nichts auszusetzen, impliziert aber eine Schuldzuweisung gegenüber den Frauen, was absolut verneint werden sollte.


Hinzu kommt, wenn es denn zu einer Vergewaltigung gekommen ist, müssen sich Frauen um Anklage zu erheben einer belastenden Prozedur untergeben, die sowohl eine medizinische Akutversorgung sowie eine polizeiliche Beweismittelfeststellung beinhaltet. Doch selbst bei einer Anzeige mit Vergewaltigungsmerkmalen gibt es noch immer viele Strafbarkeitslücken, die zu dieser dermaßen geringen Verurteilungsquote führen.


Dementsprechend soll von nun an das Gesetz allein den Willen der Betroffenen beurteilen, weshalb ein NEIN von dem Opfer für eine Verurteilung reichen soll. Kritiker sehen darin eine Gefahr für jeden Mann als potentiellen Vergewaltiger, denn es könnten ja alle Frauen daherkommen und Männer der Vergewaltigung bezichtigen. Dabei wird wohl völlig vergessen, dass bis zur Verurteilung immer noch eine Gerichtsverfahren notwendig ist, wo Falschaussagen aufgedeckt werden sollten und sich kaum eine Frau gerne in die Rolle des Vergewaltigungsopfers begibt, wie die Statistik zeigt. Es ist schon absurd, ein Gesetz deshalb nicht zu verfassen, weil es zu falschen Anzeigen kommen könnte, anstatt aufgrund der Notwendigkeit Vergewaltigungen vorzubeugen und zu bestrafen. Daraus wird deutlich, welchen Stellenwert die deutsche Politik dieser Problematik beimisst.


Kritik am Gesetzentwurf


Der Gesetzesentwurf lässt leider noch immer Strafbarkeitslücken offen. So wird von Frauen, die sexuelle Gewalt erfahren, erwartet, dass sie konkret ihren Widerwillen mit einem NEIN äußern. Es wird dabei nicht anerkannt, dass es ein Verbrechen ist, sexuelle Handlungen auszuüben, ohne das Einverständnis des Gegenübers eingeholt zu haben.
Hinzu kommt, dass mit den Vorfällen in Köln als Anlass für den Gesetzesentwurf, auch eine Erleichterung der Abschiebung von Sexualstraftätern einhergehen soll. Dieser rassistische Zusatz sollte nicht geduldet werden, sondern sexuelle Gewalt als gesamtgesellschaftliches Problem, unabhängig von der Herkunft, aufgezeigt werden. Auch für Frauen könnte dadurch hinzukommen, dass sie aus Angst vor einer Abschiebung ihres Vergewaltigers nicht zur Polizei gehen.


Es muss uns klar bleiben, dass Gesetze das Problem von Frauenunterdrückung, Homophobie und Rassismus nicht an der Wurzel packen, sondern nur einige Symptome durch Reformen zu beheben suchen. Stattdessen bestärken sie die Form der bürgerlichen Familie als Grundlage für das kapitalistische System, in dem wir leben. Es bestärkt die Rollenbilder, die Männern und Frauen zugewiesen werden, um dieses System aufrecht zu halten.


Wenn wir diese grundlegende Ursache, den Kapitalismus, radikal bekämpfen wollen, um für Frauenbefreiung und Gleichberechtigung von LGBTIA-Menschen (Lesbian, Gay, Bi, Trans, Asexual, Intersexual) zu kämpfen, brauchen wir eine geschlossene Arbeiter_Innenbewegung.


Die Befreiung der Frau ist nur im Zuge der Befreiung der Gesellschaft möglich, genauso wie die Befreiung der Gesellschaft einhergehen muss mit der Befreiung der Frau.


Toronto Slutwalk




Blockupy goes Berlin – Eine neue Runde des ewigen Eventhoppings

VON LARS KELLER


Das 2012 entstandene Bündnis Blockupy will mal wieder den Protest auf die Straße tragen. Nachdem in den Vorjahren hauptsächlich Frankfurt den örtlichen Schwerpunkt der Proteste darstellte – zuletzt im März 2015 bei der Eröffnung der neuen EZB – ist das Bündnis nun nach Berlin umgezogen: „Blockupy goes Berlin“. Dort sind am 2. September Proteste und Blockaden rund um das Arbeitsministerium geplant. Am darauffolgenden Tag ruft das Bündnis zur Teilnahme an der Großdemonstration „Aufstehen gegen Rassismus“ auf. Blockupy ruft also zu Protesten gegen die Spar- und Verarmungspolitik in Europa und das europäische Grenzregime auf. Soweit nichts unbedingt Neues und weiterhin auch notwendige Proteste – weswegen auch wir uns Anfang September selbstverständlich beteiligen werden und zur Teilnahme an den Protesten aufrufen!


Was bietet Blockupy?


Gleichzeitig muss aber auch gefragt werden: Was hat Blockupy in den letzten Jahren an politischer Qualität abseits eines tollen, durchaus massenhaften Aktionstages erreicht? Welche Perspektive, welche Forderungen bietet uns Blockupy? Wie soll es nach dem Aktionstag weitergehen? Wird dann wieder anderthalb Jahre gewartet und dann denkt man sich: „Ach, komm, wir machen mal wieder was tolles, buntes um ein Zeichen der Solidarität zu setzen!“? Wo sieht Blockupy die Ursachen für Krisenregime und Rassismus und wer kann laut ihnen den Kampf dagegen auch gewinnen?


Diese Fragen stellen wir nicht zum ersten Mal. Schon bei den Aktionen gegen die EZB-Eröffnung kritisierten wir die fehlenden, konkreten Forderungen und weiterführenden Perspektiven. So auch dieses Mal: Im Aufruf zum zweiten September wird viel geschwärmt über Flüchtlingssolidarität, den Kämpfen in Frankreich, es wird sich beschwert über den Grenzbau und Abschottung und über die Austeritätspolitik technokratischer Regime, denen eine Absage erteilt wird.


Aber da, wo sich viele die Frage stellen, wie zum Beispiel dem wachsenden Rassismus dauerhaft praktisch begegnet werden kann, da hört Blockupy auf. Nirgends ist die Forderung an Gewerkschaften und Arbeiter_Innenparteien für eine Einheitsfront mit lokalen Aktionskomitees zu finden. Nirgends die Forderung nach antirassistischer Selbstverteidigung. Ebenso ist Blockupys Antikapitalismus weiter sehr phrasenhaft und genauso begrenzt und leer. Weder beim Rassismus, noch bei der Austerität erkennt Blockupy, dass beides ein zwangsläufiges Phänomen der kapitalistischen Krise ist, Blockupy erkennt nicht, dass die herrschende Klasse soziale Angriffe fahren muss, um ihren Platz in der weltweiten Konkurrenz zu halten. Genauso der Rassismus, welcher dann entsteht, wenn Teile der Gesellschaft im Zuge der Krise vom sozialen Abstieg betroffen sind und daher schnell der Ideologie „Deutsche zuerst“ verfallen, diese Spaltung ist natürlich durchaus praktisch für die herrschende Klasse.
Dementsprechend koppelt Blockupy sich also wie viele linke Gruppierungen den Antirassismus vom Sturz des kapitalistischen System als Ganzem los.


Eventhopping


Während für uns Aktionstage wie der 2. September oder auch die zahlreichen Aktionskonferenzen der letzten Monate, bei denen es darum ging, wie Geflüchtete integriert (Welcome 2 Stay) werden können oder der Rassismus geschlagen (Aufstehen gegen Rassismus) werden kann, dazu dienen sollen eine Bewegung zu entfachen, so scheinen für die treibenden Kräfte Blockupys wie z.B. die „interventionistische Linke“ mit den Events die Bewegungen bereits ihren Höhepunkt erreicht zu haben. Anstatt der Beginn zu sein, ist das Event das Ziel. Danach schlafen die meisten Mobilisierungsstrukturen wieder ein. Das ist sehr schade, denn Blockupy hätte durch die Verbindung zu Gewerkschaften und Linkspartei durchaus Potential große Teile der Klasse zu mobilisieren.


Doch dafür müssten eben dieser Klasse auch Vorschläge gemacht werden – und daran mangelt es ja bekanntlich. Zwar schreibt Blockupy am Ende des Mobitextes, dass der 2.9. ein Startschuss für eine Art Kampagne mit Hinblick auf den G20-Gipfel nächstes Jahr in Hamburg werden soll, aber die Erfahrung aus dem letzten Jahr war, dass zum G7-Gipfel deutlich weniger kamen als Monate zuvor zur EZB-Eröffnung.


Wie kann es weitergehen?


Das Bündnis „Jugend gegen Rassismus“ wird am 29. September einen weiteren bundesweiten Schulstreik gegen Rassismus durchführen. Hierzu werden wir während des gesamten Septembers intensiv mobilisieren, so auch bei Blockupy.


Nicht nur das, wir versuchen auch die oben aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Für uns sollte sich eine Einheitsfront vor allem auf gemeinsame, dauerhafte, massenhafte Aktionen mit lokalen Aktionskomitees bestehend aus allen Organisationen der Arbeiter_Innenklasse einigen – sei es nun gegen Rassismus oder Verarmung und Arbeitslosigkeit.


Es sollte wenige gemeinsame, konkrete Forderungen geben, aber nichts was die eigene Politik verwäscht! Solche Forderungen können unter anderem sein:



  • Aufteilung der Arbeit in Europa auf alle, seien es Geflüchtete oder die arbeitslose Jugend Südeuropas – und das nicht zu Dumpinglöhnen, sondern einem von Arbeiter_Innenkontrollkomitees festgelegten und überprüften Mindestlohn!
  • Offene Grenzen!
  • Wohnraum für alle – kontrolliert durch Arbeiter_Innenkomitees! Enteignung von Leerstand und für sozialen Wohnungsbau, finanziert durch die Kapitalisten!



So eine Einheitsfront fällt aber natürlich nicht vom Himmel – um ihren Aufbau muss gekämpft werden. Es braucht mehr als einen Aktionstag, es braucht verpflichtende Absprachen und Druck auf die Arbeiter_Innenparteien und Gewerkschaften! Blockupy hat die Reichweite so etwas mit voranzutreiben. Daher fordern wir Blockupy auf, eben jenen Druck auszuüben und zudem mit zu mobilisieren für den Schulstreik Ende September!


Jugend steht auf gegen Rassismus




Dresden: Neue technische Angriffe von Pro-Zionist_Innen

VON REVOLUTION DRESDEN



 

Seit der Gründung unserer Dresdner Ortsgruppe vor knapp sieben Monaten, hören die Angriffe der pro-zionistischen Kräfte nicht auf. Verbot des offenen Auftritts auf Demonstrationen, Boykott und Sabotage der Aktionen, an denen wir mitgewirkt haben etc. Als exemplarisches Beispiel hierfür dient sicherlich der Schul- und Unistreik am 29.04.2016, an dessen Planung und Organisierung auch unsere Ortsgruppe beteiligt war.  


Dabei halten wir den antirassistischen Schulstreik für ein in dieser Situation notwendiges und taktisches Mittel, vor allem für die Zusammenarbeit von unterschiedlichen Strömungen der subjektiven Linken – speziell in Sachsen. Eine kollektive Aktion dient vor allem einen: der Möglichkeit für die einzelnen Gruppen, Strukturen und Aktivist_Innen, ihre Perspektiven und Forderungen in eine gemeinsame Mobilisierung einfließen zu lassen. Auf der anderen Seite ermöglicht es den unterschiedlichen Kräften, ihre Ideen außerhalb der Linken zu propagieren, um Ansätze zu schaffen, sich dort zu verankern, wo sich nahezu alle Jugendlichen bewegen – in der Schule. Hier entsteht die Herausforderung und das Potential, Jugendliche für den antirassistischen Kampf zu gewinnen. In Zeiten, in denen Pegida wöchentlich eindeutig stärker mobilisiert als „wir“, zeigt sich diese Notwendigkeit deutlicher denn je auf. Letzteres Argument verdeutlicht auch nochmal den dritten Punkt, der für den Schulstreik spricht: Wir befinden uns im Zuge der neuen Qualität der rassistischen Bewegung in einem starken Polarisierungsprozess. Dieser Polarisierungsprozess führt jedoch nicht automatisch dazu, dass sich die Menschen nach links bewegen, sondern, dass es die Aufgabe von „uns“ ist, diesen Menschen Angebote und ein revolutionäres Programm im Kampf gegen den aufkommenden Rassismus, als Folge der historischen Krise des Kapitalismus, anzubieten. Sich dieser Perspektive zu verschließen, ist unserer Meinung nach rückschrittlich. 


Wie gesagt, so getan. Der erste Schul- und Unistreik nach vielen Jahren wurde nicht unterstützt oder gar ignoriert, sondern von Pro-Zionist_Innen mit allen Mitteln sabotiert. Sowohl der „anti-autoritäre Jugendtreff“ als auch die FAU Dresden hatten sich eher dafür entschieden, am Aktionstag Flyer gegen unsere Organisation zu verteilen und sich von der Mobilisierung fernzuhalten, als diese zu unterstützen. Auch wenn sie auf den Flyern darauf hingewiesen haben, dass die Aktion und der inhaltliche Rahmen sehr unterstützenswert seien, war die Beteiligung unserer Organisation Grund genug, um nicht gegen Rassismus auf die Straße zu gehen. 


Die Realität geht sogar noch weiter. Wir haben es hierbei nämlich mit einer Reihe von bewusst-technischen Angriffen auf unsere Strömung zu tun. Die Devise lautet dabei: konkretes unter Druck setzen jener Kräfte, die die Zentralität der kollektiven Aktion erkannt haben. Unser Ziel, und das sei an dieser Stelle deutlich betont, ist es nicht, die pro-zionistischen Rassist_Innen, die in der Unterdrückung einer Gruppe die Befreiung einer anderen zelebrieren, dazu zu bewegen, ihr Herz zu erweichen und uns willkommen zu heißen. Wir reichen jenen die Hand, die mit dieser Art der isolierenden Politik brechen wollen.  


Diese Angriffe sind selbstverständlich darauf zurückzuführen, dass die „Gefahr“ besteht und wächst, dass sich eine antiimperialistische und antizionistische Organisation in der Dresdner Linken stärker verankern und die vorherrschende pro-zionistische Ideologie ins Wanken kommen könnte. Da tritt selbst der hoch geschätzte Antirassismus und der Kampf gegen PEGIDA eindeutig in den Hintergrund. So oder so ähnlich ging es mehreren Organisationen in der Vergangenheit, die verdrängt, isoliert und mundtot gemacht wurden. Mit Erfolg, denn im Moment sind wir die einzige antizionistische Jugendorganisation, die als solche wahrgenommen wird und aktiv öffentlichkeitswirksame Arbeit macht.  


Da die bisher unternommenen „Maßnahmen“ nicht dazu geführt haben, auch uns in die Bedeutungslosigkeit zu zwingen, wurde nun die Entscheidung getroffen, uns auch den Tagungsraum (offenes Abgeordnetenbüro von Juliane Nagel und Lutz Richter – Fraktion Die Linke im sächsischen Landtag) zu entziehen. „Auf Druck vieler linker Strukturen“ hin hätten sich Juliane Nagel und Lutz Richter dafür entschieden, unsere migrantisch geprägte Ortsgruppe von der Benutzung dieser Räumlichkeit, die nach Eigenbezeichnung  u.a. auch speziell für Postmigrant_Innen zu Verfügung stehen soll, auszuschließen. Wir lehnen diese Entscheidung deutlich ab, denn es handelt sich hierbei um politische Zensur. Wir fordern die Rücknahme dieser Entscheidung. Gleichzeitig appellieren wir an alle Kräfte, die diese Entscheidung ebenfalls ablehnen, sich mit uns zu solidarisieren. Uns ist klar, dass diese Repression zwar uns trifft, jedoch eine gefährliche Tendenz für alle fortschrittlichen linken Kräfte darstellt – denn gemeint sind wir alle!


Wir betrachten diesen Angriff als rückwärtsgewandte Intervention in die Arbeiter_Innenbewegung und Linken. Für uns ist dies ein deutliches Zeichen, was die führende Kraft innerhalb der Arbeiter_Innenbewegung ist; es ist der Reformismus. Der Reformismus versucht, die paar Zugeständnisse, die an einen Bruchteil der Arbeiter_Innen gemacht wurden, einzutauschen gegen die Verteidigung des objektiven Interesses der internationalen Arbeiter_Innenklasse. Im Austausch für dieses Zugeständnis verteidigt er die herrschenden Eigentumsverhältnisse. Aus diesem Zugeständnis verteidigt er auch die kapitalistischen Nationalstaaten und legitimiert sie vor seiner sozialen Basis. Ein Pfeiler des deutschen Staates ist die Unterstützung des Zionismus als Ordnungsmacht im Nahen Osten, zur Verteidigung der imperialistischen Weltordnung. Im Windschatten eines solchen Bewusstseins können sich auch solche kleinbürgerlichen Ansätze, wie der der Antideutschen breit machen.


Doch diese Ausgangslage lässt uns nicht resignieren! Euer aufgewirbelter Wind macht uns nur stärker und bestätigt uns darin, dass wir seit langem dringend notwendige Politik nach Dresden tragen. Und an diesem Punkt werden wir unsere Arbeit fortsetzen – gestärkt. 
Wir möchten alle Aktivist_Innen und Gruppen in Dresden, die für eine gemeinsame Perspektive gegen die bestehende rassistische Bewegung kämpfen wollen, nochmals dafür motivieren, dies im Schulterschluss mit uns zu machen. Das bundesweite Bündnis „Jugend gegen Rassismus“, an dessen Aktionen sich auch das Jugendbündnis Bricolage teilnimmt, versucht dabei, einen Ansatz für den Aufbau einer antirassistischen Jugendbewegung darzustellen. Am 29. September wird es in vielen Städten in Deutschland und Österreich einen antirassistischen Schulstreikaktionstag geben, dieser Tag stellt einen guten Ausgangspunkt für die kommenden Kämpfe, auch in Dresden, dar. 



 

Weitere empfehlenswerte Artikel zur Frage: 


Grundlage: Wer sind die „Anti“-Deutschen?


Unsere letzte Stellungnahme zur Offensive von Anti-Deutschen Kräften gegen unsere Organisation:
Dresden: Kämpft die Linke gegen PEGIDA oder gegen sich selbst?


Schulstreik




Frauen- und Familienbild der AfD: Kinder, Küche, Kirche – plus Karriere

VON VERONIKA SCHULZ, Frauenzeitung Nr. 4, ArbeiterInnenmacht/REVOLUTION, März 2016


Die Position der AfD zur Rolle der Frau in der Gesellschaft hat nicht nur Ähnlichkeit mit den Programmen anderer konservativer Kräfte, sondern weist darüber hinaus unverkennbare Parallelen zur Haltung der Nationalsozialisten auf. Insbesondere seit der Spaltung der Partei 2015 treten sowohl ihre reaktionären wie auch rassistischen Positionen deutlicher hervor.


Reaktionäre Politik zur Festigung von Unterdrückung


Besonders entschieden spricht sich die AfD gegen das sogenannte „Gender Mainstreaming“ aus, welches zum Ziel hat, bei gesellschaftspolitischen Entscheidungen die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern gleichermaßen zu berücksichtigen, um auf diese Weise die Gleichstellung der Geschlechter durchzusetzen. Die AfD erhebt den Vorwurf, dass dieses Vorgehen auf eine nicht erwünschte „Aufhebung der Geschlechteridentitäten zielt“ 1. Die Kritik richtet sich dabei vornehmlich gegen SPD und Grüne, die während ihrer Regierungszeit eine „ideologisch gesteuerte Verzerrung der Geschlechterrollen“ betrieben und damit ihre Kompetenzen deutlich überschritten hätten, da staatliche Eingriffe in diesen Bereichen zu unterlassen seien. Die Ablehnung der als bedrohlich eingestuften „Gender-Ideologie“ beweist, dass es der AfD mit ihrer angestrebten Politik keineswegs um eine tatsächliche Gleichberechtigung aller Menschen geht, weder von Mann und Frau geschweige denn von Personen, die sich nicht in diese Dichotomie einordnen können oder wollen. Ganz im Gegenteil vertritt die AfD eine Auffassung, wonach Frauen eine „natürliche Rolle“ ihrem „Wesen“ gemäß zugeschrieben werden kann. Frauen haben demnach andersartige Fähigkeiten als Männer. Diese Gemeinsamkeit mit dem Gedankengut der Nationalsozialisten formuliert die Partei in ihrem Programm wie folgt: „Die AfD strebt die Gleichberechtigung der Geschlechter unter Anerkennung ihrer unterschiedlichen Identitäten, sozialen Rollen und Lebenssituationen an.“ 2 Dieses reaktionäre Frauenbild reproduziert die vermeintlich „unterschiedlichen Identitäten“ der Geschlechter und weist emanzipatorische Bestrebungen der Frau in ihre „natürlichen“ Schranken. Väter, die sich an Haushaltsführung oder Kindererziehung beteiligen, und das vielleicht sogar gerne, kommen in der gartenzwerg-behüteten AfD-Welt nicht vor. Das einzig „progressive“ Element der Frauenversteher in der AfD ist das Zugeständnis, dass Frauen nicht mehr ausschließlich auf ihre Rolle als Mutter reduziert werden, gibt es doch mittlerweile auch viele bewusst Kinderlose. Daher beschränkt sich der weibliche Wirkungskreis nicht auf „Kinder, Küche, Kirche“. Mindestens genauso wichtig ist nun die Vereinbarkeit dieser „genuinen Pflichten“ einer Frau mit ihrer Rolle in der Arbeitswelt – die „Karriere“ kommt also noch hinzu. Die Frau dient somit als Stütze sowohl ihres Mannes als auch der Gesellschaft, da sie in der Familie unbezahlte und in der Arbeitswelt häufig prekäre und schlecht bezahlte Tätigkeiten verrichtet, die den Kapitalismus und die bürgerliche Gesellschaft aufrechterhalten. Auch hier findet sich eine weitere Parallele zur Politik der Nationalsozialisten, war diesen doch jede Frau recht, wenn es um lohngünstige Kriegsproduktion ging und männliche Arbeiter rar wurden.


Ginge es nach den familienpolitischen „Vordenkern“ der AfD, sollte jede – wohlgemerkt deutsche und gut ausgebildete – Frau (mindestens) drei Kinder haben. Dieses Ideal der „Drei-Kinder-Familie“ klammert wie selbstverständlich homosexuelle Paare aus und erhebt die heterosexuelle Ehe zum Leitbild. Als Begründung für diesen Appell an den Fortpflanzungswillen deutscher Frauen führt die AfD in ihrer Argumentation die leeren Sozialkassen ins Feld, die auf diese Weise stabilisiert werden sollen. Der in die Jahre gekommene Begriff des „Generationenvertrages“ wird dabei von der Partei bemüht, um ihre Fokussierung auf die Zukunftsgestaltung Deutschlands und somit eine Politik zu legitimieren, die scheinbar an langfristigen Zielen orientiert ist. Dies drückt sich auch in der Forderung nach stärkerer Berücksichtigung von Kindern bei der Rentenberechnung aus 3. Gleichzeitig lehnt die AfD, wie mittlerweile durchaus auch von konservativ-wirtschaftsnahen Kreisen der Unionsparteien gefordert, Zuwanderung zum Zweck der Stabilisierung der „sozialen Sicherungssysteme“ entschieden ab.


Exklusion von LGBTIA-Menschen


Auch im Hinblick auf die Rechte von LGBTIA-Menschen ist das Programm der AfD von einer Politik der Exklusion gekennzeichnet. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Analyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung aus dem Jahr 2014. LGBTIA-Menschen kommen wenn, dann nur in stereotypisierter und negativer Weise im Programm der AfD vor und sind als Minderheiten den Angriffen der Partei ausgesetzt. Der Themenbereich Sexualität wird ideologisch sowie moralisch aufgeladen, während die AfD gleichsam vor „ideologischer Umerziehung“ von Kindern warnt. Verschwörungstheoretisch tritt sie dabei dem sogenannten Bildungsplan in Baden-Württemberg entgegen: „In dem Falle wird davon ausgegangen, dass ein systematisches ,Umerziehungsprogramm‘ ins Werk gesetzt worden sei, wo es in Wirklichkeit um die weithin akzeptierte Selbstverständlichkeit geht, vielfältigen geschlechtlichen und sexuellen Identitäten Akzeptanz zu verschaffen.“ 4 Die Analyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung verdeutlicht, dass die Diskriminierung von LGBTIA-Menschen aus Sicht der AfD legitim ist, da für diese Gruppe(n) Rechte abgeleitet würden, die das Grundgesetz lediglich für Ehe und Familie vorsieht 5. Auch einer „Sexualisierung der Gesellschaft“ 6 soll Einhalt geboten werden, wobei man sich bei allgegenwärtiger sexistischer Werbung durchaus die Frage stellt, inwiefern diese nicht bereits an der Tagesordnung ist.


Rassenideologie/Bildungsrassismus


Auch gegen Ausländer_Innen und Geflüchtete geht die Partei seit ihrer Abspaltung von den „Euro-Skeptikern“ 2015, wie bereits erwähnt, offensiver vor. Passenderweise wünscht sich die AfD deshalb eine Vermehrung des (deutschen) Volkes, geht jedoch sogar einen Schritt weiter als die nationalsozialistische Rassenideologie. Vorrangig gut ausgebildete Frauen bzw. Paare sollen für den deutschen Nachwuchs sorgen, wohingegen eine „unkontrollierte Vermehrung“ von Arbeitslosen oder Migrant_Innen abgelehnt wird. Familien der bürgerlichen Elite und akademischen Mittelschicht sollen Kinder bekommen, da die AfD von einer „natürlichen Begabung“ der Menschen ausgeht, die sich von den gebildeten Eltern auf ihre Kinder überträgt, im Falle der „nichtsnutzigen Schmarotzer“ eben nicht. Diese Haltung ist Bildungsrassismus in widerwärtigster Form, der die bestehende Chancenungleichheit nicht nur leugnet, sondern zugunsten einer vermeintlich evolutionären Vorbestimmung sogar begrüßt.


Abtreibung


Eine ebenso konservative wie moralisierende Auffassung lässt sich in der Position der Jugendorganisation Junge Alternative (JA) zum Thema Abtreibung finden. Die JA spricht sich für den Schutz ungeborenen Lebens aus und behauptet, die aktuelle Rechtslage berücksichtige ausschließlich den Willen der Mutter. Dies ist zum einen nicht korrekt, da in Deutschland Schwangerschaftsabbrüche weiterhin illegal, wenn auch nach verpflichtender Beratung straffrei, bleiben. Zum anderen zäumt die AfD-Jugend mit der Forderung nach „Abtreibung nur bei triftigen Gründen“ 7 das Pferd von hinten auf: Eine kindgerechte und familienfreundlichere Gesellschaft kann keinesfalls durch staatliche Verbote und Eingriffe in die Entscheidungsfreiheit von Frauen geschaffen werden. Im Gegenteil, erst die Abschaffung bestehender Unterdrückungs- und Ausbeutungsverhältnisse, die wesentlicher Bestandteil des kapitalistischen Systems und bürgerlichen Staates sind, eröffnet Frauen (und auch Männern) die Möglichkeit einer Familienplanung frei von materiellen Abwägungen. Die fehlerhafte Denkweise der JA äußert sich auch in folgender Forderung: „In jedem Fall muss der Staat das materielle und seelische Wohlbefinden von Schwangeren, bei denen ein Schwangerschaftsabbruch droht, sicherstellen und dazu ermuntern, die Schwangerschaft fortzusetzen.“ 8 Dadurch wird die Doppelmoral konservativer Argumentation, die auf Moral und Menschenwürde basiert, offenkundig: Während einer Schwangerschaft gilt das ungeborene Leben als ultimativ schützenswert und wird über die Belange der Mutter gestellt, nach Geburt des Kindes ist die Frau jedoch auf sich allein gestellt und kann sehen, wo sie und das Kind bleiben. Das herangewachsene Kind darf später dann den „Schutz des Lebens“ in Kriegen des deutschen Imperialismus an der Front am eigenen Leib erfahren. Passend dazu stellt die AfD „Elternverantwortung für den Werdegang ihrer Kinder“ 9 in den Vordergrund ihrer Familienpolitik. Die Forderung danach, dass „jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft“ 10 haben soll, ändert noch lange nichts an der Realität und ist verkürzt auf rein materielle Hilfeleistungen. Genau an dieser Stelle wird die familienpolitische Position der AfD zur Klassenfrage: Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist aktuell insbesondere für prekär Beschäftigte nicht gegeben, während sich
gut situierte „Idealfamilien“ aus (zumeist) männlichem Alleinverdiener und liebender Hausfrau und Mutter darüber weniger Gedanken machen müssen. Und auch für Paare mit mittleren Einkommen sind die vorhandenen Betreuungsangebote durch – wenn auch unzureichende – finanzielle Unterstützung des Staates zumindest erschwinglich. Doch allein durch weiteren Kita-Ausbau oder finanzielle Anreize lässt sich keine Geschlechtergleichheit erzeugen. Insofern bringt es die Programmatik der AfD auf den Punkt, wenn sie zugesteht: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuförderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“11 Da es elterliche Pflicht ist und bleiben soll, sich um die eigenen Kinder zu kümmern, wird das propagierte Idealbild einer intakten Kernfamilie aus Vater, Mutter, Kindern gestärkt und reproduziert.


Keimzelle


Eine solche Darstellung der Familie als „Keimzelle der Gesellschaft“ ist jedoch kein Alleinstellungsmerkmal der AfD. Ähnliche Formulierungen finden sich auch bei der Union zuhauf. Die dargestellte Haltung der JA zum Thema Abtreibung offenbart allerdings, worum es der Partei und ihrer Jugend in Wirklichkeit geht: die Familie als Ort unbezahlter Reproduktionsarbeit, in Form von Kindererziehung und Altenpflege. Diese Sichtweise versperrt sich gegen den gesamtgesellschaftlichen Auftrag, sich um derartige Arbeiten zu kümmern. Aus einer fortschrittlichen sozialistischen Perspektive kann also nur die Vergesellschaftung dieser unbezahlten Erziehungs- und Pflegearbeit die Antwort sein. Dies bezieht explizit die Männer bzw. Väter sowie die Gesellschaft als Ganzes mit ein, da es sich bei Erziehung, Pflege und sonstiger Reproduktionsarbeit wie Kochen und Waschen um gemeinschaftliche Aufgaben handelt. Ausgerechnet die Einbettung dieser Arbeiten in die private Sphäre kann zu Isolation und Konflikten führen. Die Kernfamilie, die auch die AfD nicht müde wird als Ideal zu verklären, ist somit nicht automatisch ein Hort von Liebe und Glückseligkeit. Im Gegenteil, in dieser gewissermaßen sakrosankten Institution ist die Unterdrückung der Schwächeren um ein Vielfaches erleichtert. Körperliche, psychische und sexuelle Gewalt werden innerhalb der Familie abgeschottet von der gesellschaftlichen Wahrnehmung ermöglicht. Durch materielle Abhängigkeit beispielsweise der Frau von ihrem Mann ist ein Durchbrechen dieses Mechanismus nicht ohne weiteres möglich, dazu kommen Scham und Tabuisierung. Die idealisierte Familie wird auf diese Weise häufig zur „Keimzelle“ von Gewalt und Unterdrückung.


Refugee-Thematik


Die moralische Heuchelei der AfD im Hinblick auf eine kinder- und elternfreundliche Gesellschaft tritt auch bei der Refugee-Thematik offen zutage. Die jüngste Debatte offenbart auf erschreckende Weise die menschenverachtende Position der AfD-Parteiführung. Petry und von Storch, zentrale Führungsfiguren der Partei, stehen ihren männlichen Kollegen in nichts nach, wenn sie nach mehr „Law and Order“ rufen und sich für die Option eines Schießbefehls an deutschen Grenzen aussprechen. Hier wird auf zynische Art überdeutlich, dass es der AfD nicht um „Frauen“ und „Kinder“ im Allgemeinen oder ein „kinderfreundliches Deutschland“ im Speziellen geht, sondern bei allen Forderungen der AfD deutsche Frauen und deutsche Kinder gemeint sind. Trotz mehrfacher, hilfloser Distanzierungsversuche kann diese Position der AfD-Führung als stellvertretend für die gesamte Politik der Partei betrachtet werden. Die Standortsicherung Deutschlands als Wirtschaftswunderland innerhalb der EU und damit verbundene neoliberale Reformen stehen an vorderster Stelle, während soziale Programme, wenn überhaupt, nur für Bürger_Innen mit deutschem Pass Verbesserungen bringen sollen. Alle anderen, die sich nicht auf deutsche Abstammung oder wirtschaftlich verwertbare Ausbildung berufen können, sollen doch bitte woanders als im gelobten Deutschland ihr Glück suchen, geht es nach der AfD.


Neoliberale Politik


Insofern wird mehr als deutlich, dass die AfD eine neoliberale Politik für das gehobene Kleinbürgertum vertritt, die jedoch den Interessen der Mehrzahl der Lohnabhängigen zuwiderläuft. Das damit verbundene Heilsversprechen zur Stabilisierung der Sozialsysteme wird sich ebenso als Illusion erweisen wie die Prognose, wonach durch die Programmatik der AfD prekäre Beschäftigung für Akademiker_Innen wegfallen wird, im Gegenteil. Auch bei der Politik, für die die AfD steht, erfolgt weiterhin ungebremst eine Umverteilung von unten nach oben.


Die Idee, wonach Deutschland durch gesetzgeberische Maßnahmen „kinder- und familienfreundlicher“ 12 werden könne, muss aus marxistischer Sicht ebenso abgelehnt werden wie das ausschließliche Vertrauen auf das bereits beschriebene „Gender Mainstreaming“. Es ist nichts anderes als eine Illusion, Geschlechterrollen und Gleichstellung von Frauen und Männern auf bürokratische Weise herstellen zu wollen. Der bürgerliche Staatsapparat greift auf gesetzliche Regelungen und Verordnungen zurück, wodurch er die Frauenfrage allerdings nicht lösen wird, solange kein wirklicher Abbau von sexueller Unterdrückung und ökonomischer Ausbeutung geschieht. Daher ist eine materielle Einebnung von Geschlechtsunterschieden notwendig. Ebenso kann aus marxistischer Perspektive nur durch Vergesellschaftung häuslicher Tätigkeiten zu einer offenen, kinderfreundlichen Gemeinschaft beigetragen werden.


Die Antwort auf die geschilderten Hirngespinste reaktionärer Kräfte, die durchaus alles andere sind als ein Haufen verirrter Spinner, liegt nicht in individuellen, „emanzipierten Lebensentwürfen“, die einer solchen Politik entgegengehalten werden. Vielmehr bedarf es einer proletarischen Frauenbewegung, die organisiert und entschieden für Frauenbefreiung, für die Überwindung der patriarchalen bürgerlichen Gesellschaft und gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem eintritt. Nur durch die Befreiung der Frauen kann die Arbeiter_Innenklasse als Ganze ihre Interessen verwirklichen, nur durch den Sozialismus können Gleichberechtigung von Frauen und LGBTIA-Menschen erreicht und Unterdrückung überwunden werden!


  1. Alternative für Deutschland (AfD): Programm & Hintergrund. Fragen und Antworten: Bildung und Gleichstellung (2016), online unter https://www.alternativefuer.de/programm-hintergrund/fragen-und-antworten/bildung-und-gleichstellung/
  2. AfD: Programm & Hintergrund. Fragen und Antworten: Bildung und Gleichstellung (2016).
  3. AfD: Programmatik & Leitlinien (2013), online unter https://www.alternativefuer.de/programm-hintergrund/programmatik/
  4. Korsch, Felix/Wölk, Volkmar: Nationalkonservativ und marktradikal. Eine politische Einordnung der „Alternative für Deutschland“, 2. aktual. u. erw. Aufl. 2014. Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin, S. 8
  5. Vgl. Korsch, Felix/Wölk, Volkmar (2014): S. 3
  6. Junge Alternative für Deutschland (JA): Programmatik (2014), online unter https://www.jungealternative.com/info/programmatik/
  7. Programmatik (2014).
  8. JA: Programmatik (2014).
  9. AfD: Programm & Hintergrund. Fragen und Antworten: Bildung und Gleichstellung (2016).
  10. JA: Programmatik (2014).
  11. JA: Programmatik (2014).
  12. AfD: Programmatik & Leitlinien (2013).



Interview über Jugend gegen Rassismus

Ein Interview mit JAQUELINE KATHERINA SINGH, für REVOLUTION im Koordinierungskreis von Jugend gegen Rassismus


Am vergangenen Wochenende fand das bundesweite Treffen der Jugend gegen Rassismus statt, worum ging es?


Am Wochenende gab es mehrere Brandanschläge und den Vorfall in Clausewitz. Wirklich überraschend kam das nicht, wenn man bedenkt, dass es seit Anfang 2015 in ganz Deutschland einen merklichen Anstieg von Übergriffen auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte, sowie eine Vielzahl rechter Mobilisierungen gab. Wir haben uns mit ca. 70 Aktivist_Innen aus 12 unterschiedlichen Städten getroffen, um zu diskutieren, was wir dieser rassistischen Bewegung konkret entgegenstellen können und wie wir auch Menschen integrieren können, die noch nicht in einer linken Gruppe organisiert sind.


Ihr plant für den April bundesweite Schul- und Unistreiks gegen Rassismus, warum soll denn gegen Rassismus gestreikt werden?


Auf der Konferenz haben wir uns entschieden, am 27. April einen bundesweiten Schul- und Unistreik zu organisieren. Warum? Ganz einfach. Rassismus ist nicht nur auf der Straße zu finden, sondern überall im Alltag – auch in Schulen oder Universitäten. Dort trifft er besonders geflüchtete Jugendliche, die nur eingeschränkten Zugang zu Bildung haben und von Abschiebung bedroht sind, wenn sie sich nicht an die Richtlinien halten. Er trifft auch Jugendliche mit Migrationshintergrund, die per se schlechtere Chancen im Bildungssystem haben und rassistische Herabwertungen alltäglich erfahren. Ich denke, es ist wichtig dass man nicht nur auf Naziblockaden und Gegendemonstrationen geht, sondern anfängt, antirassistische Fragen im Alltag aufzuwerfen und Grundrechte einfordert, wo sie sein sollten. Und zwar dort, wo man sich tagtäglich befindet.


Wollt ihr mit den Streiks nur Schüler_Innen und Studierende erreichen?


Ja, wir wollen Schüler_Innen und Studierende erreichen. Auszubildende allerdings auch. Ob man zum Streik gehen kann, oder nicht, ist bei Azubis meist eine Frage von Kräfteverhältnissen im Betrieb. Deswegen rufen wir dazu auf, dass sie Aktionskomitees in Berufsschulen und dem Betrieb gründen und fordern die Gewerkschaften auf, sich zu positionieren, Versammlungen einzuberufen und konkret in Betrieben über Rassismus zu diskutieren. Darüber hinaus haben wir auch vor, Arbeitskämpfe zu unterstützen, wo es sie gibt. Beispielsweise wollen wir uns mit den Warnstreiks der Lehrer_Innen oder den Kämpfe, die die Arbeiter_Innen von Amazon führen, solidarisieren. Denn Rassismus wird konkret benutzt, um die Arbeiter_Innen zu spalten. Beispielsweise beim Mindestlohn versucht man, Geflüchtete und Belegschaft konkret gegeneinander auszuspielen. Das dürfen wir nicht zulassen und müssen dies in der gemeinsamen Aktion überwinden und ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es für einen erfolgreichen Streik notwendig ist, Kämpfe zu verbinden.


In wie vielen Städten sollen Streiks stattfinden?


Bereits im letzten Jahr sind mehr als 5000 Jugendliche in Bremen, Frankfurt am Main und Berlin auf die Straße gegangen. Diese Städte sind auch dieses Mal dabei. Dazu kommen München, Dresden, Potsdam und Essen. Andere Städte, wie Bochum oder Bonn, waren ebenfalls auf der Konferenz anwesend und werden über ihre Beteiligung diskutieren.
Wir hoffen, dass sich im Verlauf mehr Aktivist_Innen, Gruppen und Bündnisse der Aktion anschließen. Ein gutes Zeichen ist, dass wir während der Konferenz Anfragen von mehreren linken Jugendgruppen aus dem Bundesgebiet bekommen haben, die sich Jugend gegen Rassismus anschließen wollen. Auch kleine Aktionen wie Demonstrationen oder Kundgebungen sind möglich.


Welche konkreten Ziele und Forderungen habt ihr?


Wir wollen eine antirassistische, bundesweite Bewegung aufbauen, die über die linke Szene hinaus wahrnehmbar ist. Dass dies machbar ist, zeigt die Wahrnehmung der Schul- und Unistreiks in Berlin, die in der ganzen Stadt bekannt sind und auch von außerhalb viel positives Feedback bekommen. In dem Diskussionsbeitrag vom Januar haben wir deswegen geschrieben, dass wir Geflüchtetenorganisationen, antirassistische Initiativen und Bündnisse, sowie linke Gliederungen der Linkspartei und SPD gerne dabei haben wollen. Das wird beim nächsten Aufruf ebenfalls der Fall sein.
Außerdem ist es für uns zentral, nicht nur Rechte der Geflüchteten zu verteidigen, sondern auch konkret einzufordern und zu erkämpfen. Wir dürfen uns nicht von den Rassist_Innen paralysieren lassen, sondern müssen Initiative ergreifen, eine Perspektive anbieten und für diese kämpfen. So stehen wir beispielsweise für die Rücknahme aller rassistischen Gesetzgebungen wie den Asylpaketen, aber auch für offene Grenzen und Staatsbürger_Innenrechte für Alle ein.
Aber dabei wollen wir es nicht belassen. Uns ist wichtig, aufzuzeigen, wer für diese „Geflüchtetenkrise“ verantwortlich ist. Flucht ist nichts Illegales, nichts Krimininelles. Kriminell sind jene, die Fluchtursachen durch Rüstungsexporte, Kriege und Ausbeutung schaffen: die deutsche Regierung, deutsche Banken und Konzerne.
Ein großer Teil der Bevölkerung fragt außerdem, wer dafür bezahlen soll. Anstatt den Leuten vorzuwerfen, dass diese Fragestellung schon per se rassistisch sei, wollen wir eine Antwort darauf geben. Deswegen werfen die Losung auf, die schon in der Bildungsstreikbewegung eine zentrale war: Brecht die Macht der Banken und Konzerne, lasst sie für ihre Krise zahlen!


Bisher sind im Bündnis vor allem kleinere Jugendorganisationen. Versucht ihr auch, Gewerkschaftsjugenden und andere linke Jugendorganisation einzubinden? Woran liegt es, dass die bisher nicht dabei sind?


Natürlich sind wir daran interessiert, größere Organisationen einzubinden, schließlich wollen wir eine breite, antirassistische Bewegung. Als besonders positiv nehmen wir wahr, dass sich bereits [’solid] Basisgruppen aus unterschiedlichen Bundesländern wie Sachsen, Nordrheinwestfalen und Bremen beteiligen. Ähnlich verhält es sich mit der SDAJ, die in Essen und Dresden Interesse an der Aktion geäußert haben, ebenso wie die junge GEW in Dresden. Ja, woran liegt es, dass größere Organisationen und Gewerkschaften noch nicht dabei sind? Ich denke, das ist eine sehr gute Frage, die vielleicht wir und jene, die eine schlagkräftige antirassistische Bewegung aufbauen wollen an größeren Organisationen herantragen sollten. In der aktuellen Situation, wo die Rassist_Innen an Zulauf gewinnen und die parlamentarischen Parteien nach rechts gehen, ist nicht viel Zeit, sich darüber zu streiten, ob die Initiative schlecht ist, nur weil Organisation XYZ kommt. Die objektive Lage zwingt uns dazu, zu handeln und offensichtlich ist das Bedürfnis und der Wille zur Vernetzung da. Deswegen wollen wir auch auf andere Initiativen, die sich zur Zeit gründen, zugehen. Beispielsweise werden wir mehrere Leute nach Hamburg zur Internationalen Konferenz von Refugees und Migrant_Innen schicken, um über eine gemeinsame Perspektive zu diskutieren.
Die letzten Konferenzen haben gezeigt, dass wir dazu fähig sind, solidarisch zu diskutieren. Natürlich gab es Differenzen und Mehrheitsentscheidungen. Allerdings sind wir zu einer Einigkeit gekommen und am wichtigsten ist, dass wir die gemeinsame Plattform in der Aktion vereinen. Wir sind die letzten, die eine Diskussion über inhaltliche Differenzen ablehnen und laden deswegen alle ein, sich Jugend gegen Rassismus zu beteiligen!


Antirassistische Jugendkonferenz




Viel erreicht, doch längst nicht gewonnen

VON ARBEITER*INNENSTANDPUNKT


8.000 Menschen demonstrierten gegen den deutschnationalen Akademikerball auf dem sich rechte und rechtsradikale Spitzen trafen. Der Protest war ein zarter politischer Sieg gegen die Rechte, der zeitweise zum Schaulaufen vor Polizeischikanen verkam. Der Akademikerball konnte erneut nicht verhindert werden, aber das ist nur die Hälfte der Geschichte.


2015 war ein fürchterliches Jahr für Antirassist_Innen in Österreich. Während ein spürbarer Rechtsruck durch die Gesellschaft geht, hat die Regierung eine Reihe von rassistischen Gesetzen beschlossen, die wirken, wie von Straches FPÖ diktiert. Am Rande von rechtsradikalen Demonstrationen – die immer öfter und mit mehr Teilnehmer_Innen stattfinden – kam es mehrmals zu teilweise bewaffneten Übergriffen auf Antifaschist_Innen. Und Flüchtlingshasser_Innen verübten Anschläge auf Unterkünfte und Migrant_Innen. Die Fäden dieser Entwicklungen laufen zusammen beim FPÖ-Akademikerball in der Hofburg. Dort trifft sich die FPÖ-Spitze mit Rechtsradikalen aus ganz Europa, gewaltbereiten „Identitären“ und einflussreichen Burschenschaftern. Kein Wunder, dass so viele Menschen in Österreich diesen Ball verabscheuen.


Erfolgreiche Demonstration


Die Demonstration war groß, laut und kämpferisch. Der Fokus der meisten Aktivist_Innen lag darauf, Solidarität mit Geflüchteten mit dem Kampf gegen Rassist_Innen und Faschist_Innen zu verbinden. Das ist gut, denn es ist eine wichtige Aufgabe die Refugees selbst und die Aktivist_Innen der Flüchtlingssolidarität für antirassistischen Protest zu gewinnen.


Auf der Auftaktkundgebung betonten die Redner_Innen, warum es wichtig sei, gegen den Akademikerball zu kämpfen. Die Frauenfeindlichkeit, der völkische Rassismus und die Überschneidungen mit dem Neonazi-Spektrum standen im Mittelpunkt der Reden. Ein Sprecher des Arbeiter*innenstandpunkt erklärte, dass der Widerstand aus den Betrieben und Schulen kommen müsse. Er erzählte von den Erfahrungen der CARE Revolution Wien, die einen Kampf für mehr Lohn und Personal im Wiener Krankenanstaltsverbund geführt hatte, Vereinnahmungsversuche der FPÖ entschieden zurückwies und Spenden für Flüchtlinge sammelte. Auch viele der Kolleg_Innen aus der Pflegebewegung waren ehrenamtlich an den Bahnhöfen aktiv gewesen, um Geflüchteten zu helfen. Auf einer von mehreren Abschlusskundgebungen erklärten wir noch einmal die Notwendigkeit, im Kampf gegen den Rassismus die sozialen Fragen wie Arbeitslosigkeit, Arbeitsverdichtung und Reichtumsverteilung antikapitalistisch zu beantworten. Eine Genossin der Jugendorganisation REVOLUTION betonte die Rolle der Jugend im Antifaschismus.


Wegen der riesigen Sperrzone war die Demonstrationsroute sehr lang, sie wurde auch immer wieder von der Polizei aufgehalten. Schikanen der Polizei, wie ein Spalier um einen Gutteil der Demonstration oder eine abgesperrte, vier Meter breite Engstelle am Ring, wo alle Demonstrant_Innen abgefilmt wurden, verzögerten den Ablauf weiter. Auch rechtsradikale Provokationen, wie von den „Identitären“ vor dem Hotel Intercontinental, wurden von der Polizei beschützt.


Kurz vor Schluss der Demonstration, an der Babenbergerstraße, versuchte die Exekutive noch einmal die Situation eskalieren zu lassen. Sie drängte sich mitten in die Demonstration und kündigte Festnahmen oder sogar einen Kessel an. Durch die Weigerung, sich auseinanderreißen zu lassen, und die praktische Solidarität mussten sich die Polizist_Innen aber wieder zurückziehen. Trotzdem war die Demonstration an diesem Punkt sehr schlecht koordiniert. Mit Angriffen der Polizei musste gerechnet werden, es ist notwendig, sich in der Zukunft besser darauf vorzubereiten, um die Repression abwehren zu können.


Unbedeutende Ballnacht?


Die letzten Jahre war immer wieder gemutmaßt worden, dass die für Österreich riesigen Demonstrationen und erfolgreichen Blockaden dem Akademikerball das Rückgrat gebrochen hätten. Das autonome Bündnis „NoWKR“ schreibt zum Beispiel: „Das Fernbleiben namhafter Gäste hat dem Ball den Charakter des ‘rechtsextremen Vernetzungstreffen’ genommen […]“ Tatsächlich haben die Proteste die rechtsradikale Ideologie der Ballbesucher_Innen an die Öffentlichkeit gebracht und seine Bedeutung stark verkleinert.


Aber der gesellschaftliche Rechtsruck wirkt dieser Arbeit entgegen. Wo Vorschläge der FPÖ zum Umgang mit Geflüchteten von der Regierung anstandslos umgesetzt werden (Grenzzäune, Obergrenze, Asyl auf Zeit) gehört der Besuch „ihres“ Balls fast schon zum guten Ton.


So waren auch 2016 zentrale Figuren der europäischen Rechten in der Hofburg: Tatjana Festerling (PEGIDA) und Vertreter_Innen der rechtsradikalen ungarischen JOBBIK dürften zu Gast gewesen sein. Andere Ballgäste, wie die Salzburger FPÖlerin Marlene Svazek, nutzten schon die vergangenen Wochen zur Vernetzung mit Gruppen wie dem Front National oder UKIP.


Und so war der Akademikerball größer als in den letzten Jahren, wenn man übereinstimmenden Berichten der Polizei, der Veranstalter_Innen und großer Medien glauben will. Die Gegendemonstration war mit 8.000 Teilnehmer_Innen gleich groß wie im Jahr davor, wenn nicht sogar etwas kleiner. Das ist aber immer noch sehr stark im Vergleich zu anderen antirassistischen oder antifaschistischen Demonstrationen.


Ein Schritt zurück


Wie schon 2015, als Demonstrationszüge verboten wurden, fand keine autonome Demonstration statt, nachdem sich das Bündnis NoWKR unter der massiven staatlichen Repression aufgelöst hatte. Die Aktionen der „Offensive gegen Rechts“, dem Bündnis dem auch der Arbeiter*innenstandpunkt angehört, zielten dieses Jahr nicht darauf ab, den Ball zu verhindern. Statt dessen gab es drei verschiedene Kundgebungen, mit dem Anspruch ein politisch-inhaltliches Programm umzusetzen. Wir haben uns gemeinsam mit der Jugendorganisation REVOLUTION, der Sozialistischen Linkspartei und dem „Funke“ an der Kundgebung in der Nähe zu Karlsplatz/Oper beteiligt.


In den vergangenen Jahren haben wir uns für ein Konzept von massenhaften Blockaden ausgesprochen. Wir sind auch weiterhin der Meinung, dass diese Aktionsform das einzige Mittel ist, den Ball zu verhindern. Dezentrale Aktionen und Kleingruppen-Blockaden, wie viele Autonome sie vorziehen, sind angesichts der Polizeimacht nicht nur oft ineffektiv, sie machen es für unerfahrenere Aktivist_Innen oft unmöglich, an der Aktion aktiv teilzunehmen. Es ist aber unser Anspruch, möglichst viele in unsere Aktionen einzubeziehen. Denn der Akademikerball wird nicht dadurch abgeschafft, dass ein paar wenigen Ballgästen der Abend vermiest wird.


Bei dennoch versuchten Blockaden errichtete die Polizei massive Kessel, zwischen Herrengasse und Bankgasse tatsächlich eine vierfache Kessel-in-Kessel-Situation, bei der dazuströmende solidarische Aktivist_Innen festgehalten wurden. Dabei wurde auch eine angemeldete Kundgebung festgesetzt. Gleichzeitige Angriffe von Neonazis aus dem Hooligan-Spektrum, die beim Volkstheater und der Bankgasse stattfanden, konnten von Demonstrant_Innen abgewehrt werden, die Polizei sah tatenlos zu.


Aber die objektiven Umstände waren nicht gut, weder für Massenblockaden noch für dezentrale Aktionen. Die Polizei hat mit den letzten Jahren ein effizientes Konzept gefunden, mit großer Sperrzone und vielen mobilen Einheiten, um die Blockadeversuche schnell abdrängen zu können. Die polizeiliche Repression gegen NoWKR hat die Bewegung dazu noch geschwächt und war sicher der größte Misserfolg der Proteste 2015. Die Hofburg mit mehreren Blockaden abzuriegeln ist unter diesen Umständen sehr schwierig, das haben auch schon die Jahre davor gezeigt, als die Proteste noch größer waren. Aktionen durchzuführen, deren Scheitern sicher ist, hat aber nichts mehr mit verantwortungsvoller antifaschistischer Arbeit sondern mehr mit Effekthascherei zu tun.


Antikapitalistische Perspektive


Dass der Akademikerball wieder auf dem aufsteigenden Ast sitzt und die Polizeirepression sich massiv gegen linke Aktionen richtet, ist beunruhigend, aber bedingt durch das gesellschaftliche Klima, indem sich die Rechten fast schon siegessicher fühlen. Es ist jetzt die Aufgabe von revolutionären Organisationen und Antirassist_Innen, sich nicht einschüchtern zu lassen. Der Protest gegen den Akademikerball als Großereignis antifaschistischer und antirassistischer Politik muss direkt genutzt werden: Bei weiteren Aktionen gegen die immer öfter stattfindenden Neonazi-Aktivitäten und rassistischen Aufmärsche. Wir befinden uns in einer Situation in welcher Identitäre und andere radikale Rechte versuchen, eine zwar kleine, aber dennoch faschistische Bewegung auf die Straße zu tragen. Klar dienten gerade auch Burschenschaften diesen „neuen Rechten“ als Wegbereiter. Aber wir müssen klar machen wo derzeit die größte Bedrohung von rechtsradikaler Seite liegt und den Widerstand dagegen besser früher als später organisieren.


Der massive Rechtsruck hat viel mit der Krise und den Gegenstrategien der Regierung zu tun. Umverteilung von Unten nach Oben und eine Eskalation internationaler Konflikte waren die Antwort der Herrschenden in ganz Europa. Es ist notwendig gegen Spardiktat und rassistische Mobs zu kämpfen und eine kommunistische Alternative für die Jugendlichen und Arbeiter_Innen aufzubauen.



Kampf dem Faschismus




Dresden: Kämpft die Linke gegen PEGIDA oder gegen sich selbst?

VON REVOLUTION DRESDEN


Zum 06.02.2016 rief die rassistische, islamophobe PEGIDA unter dem Motto „Fortress Europe“ zum europaweiten Aktionstag gegen Flüchtlinge, den Islam und für ein militärisch abgeschottetes Europa auf. Entgegen der Ankündigungen blieb der Erfolg für die Rassist_Innen aus – in Dresden kamen ‘‘nur‘‘ 4000-6000 Pegida-Anhänger_Innen zusammen, was verhältnismäßig zu den sonstigen Montagsaufmärschen wenige sind, während in den anderen Städten Europas jeweils nur wenige Hunderte den Aufrufen folgten.
An den Gegenaktivitäten in Dresden beteiligten sich laut Schätzungen der Studierendengruppe „Durchgezählt“ etwa 3500-4500 Menschen. Die bundesweite Demonstration „Solidarity without Limits“ thematisierte neben der Notwendigkeit der Stärkung der politischen Solidarität mit Flüchtenden auch die Verbindungen zwischen ihren Fluchtgründen und der europäischen Innen- und Außenpolitik.


Auch wenn die Mobilisierung der Rassist_Innen kleiner als von ihnen erhofft war, so ist dieser Tag noch längst kein siegreicher gewesen. Solange wir nicht in der Lage sind eine schlagkräftige Gegenbewegung aufzubauen, die die Demonstrationen verhindern kann, den Angriffen gegen Migrant_Innen, Geflüchteten und ihren Unterkünften die gemeinsam organisierte Selbstverteidigung entgegensetzt und sich an Schulen und in Betrieben verankert, um dort Aufklärung zu betreiben und Selbstorganisierung zu ermöglichen, sind wir weit entfernt von einem Sieg gegen den Rassismus.
Soweit, so bekannt!


Im Vorfeld


Die antirassistische Demonstration „Solidarity without Limits“, die „entschlossener“ ausgerichtet sein sollte, als die Gegenproteste des bürgerlichen Spektrums, wurde vom Dresdner Bündnis Critique ’n‘ Act (aktiv bei „umsGanze“) organisiert. Auf das Vorbereitungstreffen für die Planung der Demonstration wurde auch das antirassistische Jugendbündnis „Bricolage“, in dem u.a. REVOLUTION Dresden und die linksjugend [’solid] Dresden aktiv sind, eingeladen.
Als ein Genosse von REVOLUTION die Idee eines antirassistischen Jugendblocks, an dem sich auch unsere Genoss_Innen aus Berlin und Leipzig beteiligt hätten, in das Plenum getragen hat, kam die Aussage seitens der URA (Undogmatische Radikale Antifa), sie würde nicht mit „Antisemiten“ auf eine antirassistische Demonstration gehen. Nachdem Genoss_Innen der Organisation „Außer Kontrolle“ (ebenso Teil des Bündnisses) sich für einen derartigen Jugendblock und damit einhergehend für die Beteiligung unserer Organisation aussprachen, ging die URA auf’s Äußerste und legte ein Veto ein. Sie hätten sich aus der Planung zurückgezogen, so die Drohung ihrerseits, wenn die Entscheidung getroffen worden wäre, dass REVOLUTION offen auftreten „darf“.


Uns ist jedoch klar, dass dieses Veto nur durch die Akzeptanz der unterschiedlichen Kräfte des Bündnisses gegenüber dem undemokratischen Verhalten der URA möglich war. Solange die unterschiedlichen Teile des Bündnisses solche Manöver zulassen, tragen sie ebenfalls eine Mitverantwortung. Wir als Gruppe fordern daher alle im Bündnis beteiligten Gruppen dazu auf, sich gegenüber dem undemokratischen Manöver der URA zu verhalten, welches ein Bremsklotz im Kampf gegen die neue Qualität der rassistischen Bewegung darstellt.


An dem Vorbereitungstreffen wurden folgende „Verbote“ beschlossen:


  1. Kein öffentlicher Auftritt (Fahnen, Transpis etc.) von der Jugendorganisation REVOLUTION
  2. Keine Fahnen, auf denen Nationalflaggen abgebildet sind
  3. Keine Fahnen, auf denen „Hammer und Sichel“ abgebildet sind
  4. Kein öffentlicher Auftritt von parteinahen Jugendorganisationen (z.B. linksjugend [’solid])


Zunächst sei gesagt, dass es uns und anderen Organisationen „gewährt“ wurde als Einzelpersonen dabei zu sein. Dennoch: REVOLUTION tritt offen für das Recht der Palästinenser_Innen auf nationale Selbstbestimmung ein! Prozionistische Kräfte werfen unserer Politik dabei häufig Antisemitismus vor, indem sie diesen mit Antizionismus gleichsetzten. Hierbei muss klar gesagt werden, dass Antisemitismus eine gegen Jüdinnen und Juden gerichtete Spielart des Rassismus darstellt, die wir entschieden bekämpfen.
Jedoch ist auch der Zionismus eine rassistische Ideologie zur Rechtfertigung der Expansionsinteressen des Staates Israel und der Vertreibung, Kolonialisierung und Entrechtung der palästinensischen Bevölkerung. Indem er die Besatzung der Palästinenser_Innen mit nationalistischen und völkischen Argumenten rechtfertigt, spaltet er gleichzeitig die israelische Arbeiter_Innenklasse anhand ethnischer und sozialer Linien und versucht sie unter dem Banner des Nationalismus und anti-muslimischen Rassismus an die herrschende Klasse zu binden.
Als Marxist_Innen ist uns klar, dass keine Arbeiter_Innenklasse einer Nation sich befreien kann, solange sie eine andere unterdrückt. Deshalb kämpfen wir gleichzeitig nach Kräften in der israelischen Arbeiter_Innen- und Friedensbewegung für die Forderung nach einem Bruch mit dem Zionismus.
Somit richtet sich unsere Politik gegen diesen unterdrückerischen Staat, jedoch nicht gegen seine Bevölkerung und stellt dem völkischen Konstrukt eines rein jüdischen Staates eine freie und sozialistische multiethnische Gesellschaft gegenüber.
Dennoch sehen wir uns nicht in der Position uns gegenüber diesen plumpen Antisemitismusvorwürfen rechtfertigen zu müssen. Vielmehr stehen die Kräfte in der Verantwortung sich zu rechtfertigen, die mit ihrer sektiererischen Haltung eine effektive antirassistische Politik in Dresden blockieren. So viele Differenzen der Nahostkonflikt in der Linken auch aufwerfen mag, und so viel Kritik und Vorwürfe wir ebenso an den pro-zionistischen Teilen der radikalen Linken anbringen könnten, sollten uns diese Zwistigkeiten nicht davon abhalten gemeinsam gegen die rassistische Gefahr in Aktion zu treten.


Wir kritisieren diese Angriffe auf die Kritik- und Propagandafreiheit jeglicher (Jugend-)Organisationen und das Vorgehen der URA! Der Auftritt der URA, der durch das Veto eine demokratische Entscheidungsfindung blockierte, statt einen konstruktiven Diskussionsprozess zu fördern, hätte nicht unsolidarischer, sowohl uns als auch den Genoss_Innen und Genossen des Bündnisses gegenüber, sein können.
Dies war nicht nur ein Angriff auf REVOLUTION, sondern auf die antirassistische Bewegung selbst, die in Dresden ziemlich schwach aufgestellt ist, aber u.a. von unseren Genoss_Innen, die seit der Gründung der Ortsgruppe überall offen für Diskussionsforen und gemeinsame Aktivitäten plädieren, (so auch an diesem Tag), gestärkt wird.


Was bedeutet Antirassismus in Dresden?


Unserer Meinung nach steckt im Verbot von Organisations- und Parteifahnen die Ablehnung einer zentralen Frage: Wie die Führungskrise des Proletariats im Kampf gegen den aufkommenden Rassismus und, untrennbar davon, gegen das kapitalistische System zu beantworten ist.
Einfacher: Warum treten wir offen als Organisation auf? Unserer Meinung nach ist die führende Ideologie unter den kämpfenden Teilen der Arbeiter_Innen und Jugendlichen der Reformismus. Eine Position, die eine Aussöhnung mit dem Kapitalismus sucht, dies geht jedoch nur durch den (bewusst oder unbewussten) Bruch mit der internationalen Solidarität und durch die Beschränkung auf die Unterstützung der nationalen Arbeiter_Innen, zumeist auch nur von Teilen dieser. Denn, wie schon Malcolm X sagte, „you can’t have capitalism without racism” [frei übersetzt: Es gibt keinen Kapitalismus ohne Rassismus].
Demnach gibt es unterschiedliche Kampfmethoden gegen den Rassismus, die teilweise auf einem Fehlverständnis von Rassismus beruhen.
Wenn wir das offen darstellen, machen wir uns und allen anderen deutlich, wie die Ansätze lauten und wer sie vertritt. Nur so können wir Menschen bewusst für unsere jeweiligen Ansätze gewinnen und eine gleichzeitige gemeinsame Praxis entwickeln. Ein Verbot zur Darstellung der politischen Vielfalt und somit der real existierenden Meinungsverschiedenheit, konserviert den Ist-Zustand.


Während Flüchtlingsheime brennen, Faschist_Innen nahezu täglich Refugees und Migrant_Innen attackieren und PEGIDA ihre Isolation zu durchbrechen versucht – auch mit dem europaweiten Aktionstag am 06.02. – hat keine linke Kraft in Dresden, aber auch darüber hinaus, die Möglichkeit, andere klar antirassistische, antikapitalistische Organisationen und Strukturen auszuschließen. Stattdessen sollte man, falls es Differenzen gibt, jederzeit Kritik ausüben und somit die eigenen Positionen – trotz gemeinsamer Aktionen – vertreten können.
Da sowohl die URA als auch REVOLUTION alleine nicht in der Lage sind diese Verhältnisse zu durchbrechen, rufen wir – von der kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION – sowohl die URA als auch das Bündnis Critique ‘n‘ Act dazu auf, diese Isolation zu durchbrechen und eine gemeinsam geplante Aktionseinheit einzugehen.
Durch gemeinsam gesetzte praktische Ziele und durch die für alle geltende Freiheit andere Gruppen zu kritisieren können wir sowohl offen die Differenzen diskutieren, als auch der neuen Qualität der rassistischen Bewegung den praktischen Kampf ansagen.
Eine Möglichkeit dafür ist unserer Meinung nach der 28.April, dort soll ein bundesweiter antirassistischer Schul- und Unistreik stattfinden, durchgeführt vom Aktionsbündnis „Jugend gegen Rassismus“.


Für eine antirassistische Aktionseinheit bestehend aus linken Kräften, Arbeiter_Innenparteien und den Gewerkschaften!


P.S.: Wir möchten uns an dieser Stelle für die späte Veröffentlichung unserer Kritik bei unseren Leser_Innen entschuldigen.
Da wir in Dresden eine recht junge und, den unterschiedlichen Anforderungen entsprechend, ziemlich kleine Gruppe sind, mussten wir abwägen, welche Arbeit wir priorisieren. Im Vordergrund stand dabei unsererseits die Vorbereitung des bundesweiten Vernetzungstreffens von „Jugend gegen Rassismus“ am 19.-21.02 in Berlin (Drugstore, Potsdamer Straße 180). Außerdem sahen wir es für notwendig an, unser Vorgehen ausführlich im neu entstandenen Dresdener antirassistischen Schüler_Innenbündnis „Bricolage“ und mit den darin vertretenden Gruppen zu diskutieren. Auch wenn die konkrete Aktion nun in der Vergangenheit liegt, so hat die Problematik an Aktualität leider jedoch längst nicht verloren.


Kampf dem Zionismus!




Mindestlohn statt Hungerlohn – Für Jugendliche und Flüchtlinge!

VON BALTHASAR LUCHS


Am 1. Januar 2015 wurde der Mindestlohn in Deutschland eingeführt – nach langen Grabenkämpfen zwischen Politik, Gewerkschaft und Industrie. Der Zweck dieses erst mal positiv klingenden Mittels ist das Lohndrücken etwas zu begrenzen. In Zahlen bedeutet dies 8,50 € pro Stunde, bei einer 40h-Woche, ca. 1000 € Netto. Zum Vergleich: Die Armutsgrenze in Deutschland liegt bei 979 € für eine alleinstehende Person. Somit liegt der Lohn vieler Beschäftigter knapp über der Armutsgrenze. Ein trauriger Erfolg!
Dennoch wurde bei dieser Regelung seitens der Industrieverbände und ihrer Vertreter_innen in der Politik schon der „wettbewerbsverzerrende Einfluss“ angeprangert. Der Mindestlohn mache Deutschland nicht mehr konkurrenzfähig, die Lohnkosten würden zu teuer, nicht alle Sparten könnten sich das leisten, die Arbeitslosigkeit würde steigen. Von Anfang an wurden deshalb Ausnahmen eingebaut. Da die Löhne der Leiharbeit, Textilindustrie, Fleischverarbeitung, Friseure sowie Land- und Forstwirtschaft noch weit unterhalb dieser Grenze lagen, wurde erlaubt diese bis 2017 schrittweise anzuheben. Saisonarbeiter_innen, also z.B. Erntehelfer_innen, bekommen dann zwar auch den Mindestlohn, ihre Unterbringung darf aber damit verrechnet werden.


Die andere große Ausnahme sind vor allem junge Arbeitnehmer_innen. Alle Berufstätigen unter 18 Jahren sind ausgenommen, ebenso alle Pflichtpraktika im Zuge der Schul- oder Studienausbildung, alle freiwilligen Praktika bis zu drei Monaten während der Ausbildung, alle Abschlussarbeiten im Zuge des Bachelor- oder Masterstudiums und alle Langzeitarbeitslosen (Langzeitarbeitslos ist wer länger als ein Jahr ohne Arbeit ist).


Unter dem Aspekt der weltweiten Krise und des Flüchtlingszustroms nach Deutschland wird nun gefordert, den Mindestlohn abzuschaffen oder zu reformieren. Eine solche Reform wäre zum Beispiel, Flüchtlinge davon auszunehmen. So wird von Reinhard Göhner – dem Chef der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände BDA – vorgeschlagen, Flüchtlingen über die Dauer eines Praktikums keinen Mindestlohn zu bezahlen. „Wer noch nicht vollwertige Arbeit leistet, zum Beispiel aufgrund fehlender Sprachkenntnisse oder in einer Anlernphase, kann nicht den vollen Lohn erwarten“ sagt Christian Schmidt von der CSU. Aus kapitalistischer Sicht hat man Ausnahmen zu leichteren Integration im Arbeitsmarkt eingeführt, bedeutet übersetzt: Macht man die Arbeitskraft billig genug, wird sie auch genommen.


In der Tat hat auch die deutsche Wirtschaft mit sinkendem Wirtschaftswachstum und Preisdruck zu kämpfen. Im kapitalistischen System wird dieser Preiskampf immer auf das schwächste Glied geschoben, die einfache Arbeitskraft, die Arbeiter_Innenklasse. Bei einer Ausbildung bringt ein Flüchtling seine gesamte Arbeitszeit ein und muss damit unter Umständen den Unterhalt einer Familie bestreiten. Es muss also auch volles Gehalt gezahlt werden. Ausnahmen würden es Firmen ermöglichen, eine ohnehin schon entrechtete Gruppe für geringen Lohn einzustellen und danach wegen Unbrauchbarkeit zu entlassen. Für die deutsche Bourgeoisie ein ersehnter Traum, für Hunderttausende bedeutet dies Ausbeutung und Armut, trotz Vollzeitstelle.


Rassistischen Vorurteilen wird dadurch Auftrieb verliehen, da eine Neidhaltung entsteht: „Ausländer“ würden „Deutschen“ durch Dumpinglöhnen die Arbeitsplätze wegnehmen und die Löhne drücken – das Ergebnis: Rassismus und Spaltung der arbeitenden Bevölkerung! Perfide daran ist, dass der Billiglohn sogar noch als Bewerbungsvorteil angesehen werden würde. Der Mindestlohn kann also nur funktionieren, wenn er für alle gleichermaßen gilt, sonst wäre der nächste Schritt die Forderung seiner Abschaffung. Und wenn von Integration der Flüchtlinge geredet wird, muss auch die Gleichstellung vor dem Gesetz erfolgen. Das heißt auch gleiche Arbeitsbedingungen und -rechte.


Der wohl zentralste Punkt an dieser Stelle ist jedoch die Spaltung der Arbeiter_innenschaft! Einerseits rassistisch in Deutsche und Nichtdeutsche und andererseits in gut und schlecht bezahlte. Dies hätte eine massive Schwächung zur Folge, weil die einzelnen Gruppen von den Kapitalist_innen gegeneinander ausgespielt werden können. Zudem birgt es Konfliktpotential innerhalb der Gewerkschaften, da die Interessen niemals gleichermaßen gewahrt werden können. Kernbelegschaft und Niedriglöhner_innen aller Art stehen sich jetzt schon gegenüber.


Eine solche Spaltungspolitik – welche auch von Gewerkschaftsspitzen teilweise mitgetragen wird – ist also rundweg hinderlich für das gemeinsame Interesse aller Lohnabhängigen nach einem Lohn, welcher für ein angenehmes Leben ohne Zukunftsängste reicht. Unabhängig von Alter, Herkunft und Bildungsstand der Angestellten müssen Unternehmen für deren Vergütung aufkommen und ihren Bildungsbedarf finanzieren. Wollen sie Arbeitskraft, dann müssen sie auch dafür bezahlen!
Deshalb sind unsere kurzfristigen Ziele:


  • Abschaffung aller Ausnahmen egal ob für Jugendliche, Auszubildende und Geflüchtete
  • Gleiches Arbeitsrecht und gleicher Lohn ohne Rücksichtnahme auf die Herkunft oder Nationalität
  • Anhebung des Mindestlohns über die Armutsgrenze! Wir wollen mindestens 12 Euro netto die Stunde, um von unserer Arbeit leben zu können.
  • Errichtung von demokratischen Lohnkontrollkomitees der Arbeiter_innen, um ein Umgehen des Mindestlohns zu verhindern und die Anpassung an Preisentwicklungen zu regeln!


Wir verteidigen den Mindestlohn gegen alle Angriffe der Bourgeoisie! Aber die Debatte darum macht auch deutlich, dass die Löhne der Arbeiter_Innen im Kapitalismus fortlaufend angegriffen werden. Wir gehen deshalb weiter und betonen, dass erst mit der Sturz des Kapitalismus durch die Arbeiter_Innenklasse der fortlaufende Lohnkampf zugunsten der Arbeiter_Innen entschieden werden kann.


Banksy - what next?




Antirassismus: Bundesweite Großdemonstration nötig

von Arbeitermacht + REVOLUTION Germany


In zahlreichen Städten gibt es nach wie vor Gruppierungen von Unterstützer_Innen und freiwilligen Helfer_Innen oder lokale Bündnisse zur Unterstützung der Flüchtlinge. Aber diese arbeiten mehr oder weniger nebeneinander. So lassen sich aber weder die politische Offensive der Regierung noch der Zulauf von rassistischen Parteien und Bewegungen stoppen. Dazu braucht es auch Massenaktionen und eine Massenbewegung. Eine bundesweite Demonstration gegen die rassistischen Verschärfungen des Asylrechts, gegen jede Einschränkung der Einreise von Geflüchteten und Migrant_Innen wäre dazu ein erster, wichtiger Schritt.


Wir schlagen vor, diese Forderungen mit der nach angemessenem Wohnraum für Flüchtlinge, Migrant_Innen wie auch alle anderen Wohnungssuchenden und Obdachlosen zu verbinden. Eine Großdemonstration sollte ebenso Arbeit zu tariflichen Bedingungen und geltenden Mindestlohn für alle sowie volle demokratische Rechte (Bewegungsfreiheit, politische Rechte) fordern. Finanziert werden sollen diese Maßnahmen durch die Besteuerung der Unternehmensgewinne und großer Vermögen.


Gegen Angriffe von Rechten und Faschisten treten wir für die organisierte gemeinsame Selbstverteidigung von Linken, Gewerkschafter_Innen und Migrant_Innen ein.
Solche Bündnisse müssen in allen Städten und Kommunen aufgebaut werden und zur Mobilisierung wie zur Initiierung weiterer Aktionen dienen. Eine zentrale Aktion müsste die Mobilisierung gegen die geplante europaweite rechts-radikale Demonstration am 6. Februar sein.