Kritik des Feminismus

Stefan Katzer, Gruppe ArbeiterInnenmacht, Fight! Revolutionäre Frauenzeitung No. 6

Die feministischen Kämpfe und Bewegungen lassen sich grob in drei „Wellen“ aufteilen.

Die erste Welle des Feminismus bezeichnet die bürgerliche Frauenbewegung, die bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts (bis in die 1920er Jahre) eine wichtige politische Rolle spielte. Ausgehend und Bezug nehmend auf die Ideale der französischen Revolution forderten die FeministInnen der ersten Welle vor allem gleiche Rechte (Wahlrecht; politische Teilhabe), gleichen Lohn, den Zugang zu Universitäten und öffentlichen Ämtern und die Beendigung der Vorherrschaft und Gängelung der Frauen durch Ehemänner und Väter.

Stark vertreten waren diese FeministInnen vor allem in Europa, den USA und Australien. Trotz zu unterstützender, progressiver demokratischer Forderungen, welche auch im Interesse der ArbeiterInnen waren, machte sich allerdings schnell die Klassenschranke dieser Art des Feminismus bemerkbar. Er war wesentlich ein von bürgerlichen Frauen getragener und auf die Bedürfnisse der Frauen jener Klasse zugeschnittener Feminismus, welcher blind blieb für die materiellen Ursachen der Ungleichheit zwischen Männern und Frauen in der kapitalistischen Epoche. Diese Klassenschranke trat besonders deutlich hervor, als große Teile der ersten Welle der Frauenbewegung in Bezug auf den ersten Weltkrieg den Standpunkt ihrer, d. h. der herrschenden Klasse, einnahmen und offen für die „Vaterlandsverteidigung“ eintraten, d. h. für den imperialistischen Krieg. So kam es zu einer Spaltung dieser bürgerlichen Frauenbewegung, wobei ein kleinerer Teil hinüberwechselte in das proletarische Lager. Der bürgerliche Feminismus dieser Periode zerfiel oder ging auf im Nationalsozialismus, mit dessen Ideologie man sich fortan arrangierte.

Die zweite Welle der Frauenbewegung, die sogenannte Frauenbefreiungsbewegung, entstand nach dem Ende des 2. Weltkriegs. Im Zuge veränderter materieller Verhältnisse, welche Frauen die Möglichkeit höherer Bildung, besserer Einkommen und den Zugang zu Verhütungsmitteln verschafften, veränderte sich auch das Bewusstsein der Frauen, die noch immer einer klaren rechtlichen und sozialen Diskriminierung ausgesetzt waren.

Die soziale Basis dieses neuen Feminismus bildeten aber wiederum nicht die Gesamtheit der ArbeiterInnen, sondern vor allem Frauen der Intelligenz und höhere proletarische Schichten. Dies hatte Einfluss auf den politischen Charakter dieser Frauenbefreiungsbewegung, welcher als kleinbürgerlich klassifiziert werden kann. Doch unterschieden sich die Zusammensetzung und Inhalte dieser Frauenbefreiungsbewegung je nach konkreter gesellschaftlicher Situation, wobei in Europa der Einfluss der ArbeiterInnenbewegung und der intensiver geführte Klassenkampf (im Gegensatz zu den USA) eine stärkere Orientierung auf sie beförderte.

So gingen von der 2. Welle der Frauenbewegung wichtige Impulse aus, die auch den vorherrschenden Sexismus in der ArbeiterInnenbewegung thematisierten und die Frage der Frauenbefreiung in die ArbeiterInnenbewegung hineintrugen. Tatsächlich waren solche Fragen in der ArbeiterInnenbewegung lange Zeit ausgeklammert worden oder wurden nur sehr verkürzt behandelt.

Gleichzeitig gelang es den FeministInnen jedoch nicht, ihre eigenen Beschränkungen zu überwinden und eine revolutionäre Klassenposition zu entwickeln. Vielmehr zerfiel die zweite Welle nach dem Ende des Nachkriegsbooms in verschiedene Strömungen, welche allesamt ihre je spezifischen theoretischen und politischen Verkürzungen nicht überwinden konnten.

Die kleinbürgerlichen RadikalfeministInnen gingen davon aus, dass Frauen eine eigene unterdrückte Kaste bzw. Klasse darstellen. Deren Hauptfeind seien „die Männer“, welche in Form des „Patriarchats“ eine Klassenunterdrückung geschaffen hätten, welche grundlegender sei als alle anderen Formen der Unterdrückung. Grundlage dieser patriarchalischen Unterdrückung der Frauen sei die Gewalttätigkeit der Männer, welche zugleich das Mittel zur Aufrechterhaltung der Unterdrückung darstelle. Nicht die herrschenden Produktionsverhältnisse seien also der Hebel zur Überwindung der „Männerherrschaft“, sondern die Bekämpfung der Männer als feindlicher Klasse. Dies führte nicht nur zum Ausschluss von Männern aus diesen Zusammenhängen, sondern selbst heterosexuelle Frauen wurden teilweise ausgeschlossen, da sie ja mit dem Klassenfeind „kollaborierten“.

Darüber hinaus bestand die Strategie dieser RadikalfeministInnen häufig darin, sich an den bürgerlichen Staat zu wenden, um von diesem die Bekämpfung diskriminierender und unterdrückerischer sexistischer Praktiken einzufordern. Dies führte zu teilweise reaktionären Anti-Porno-Kampagnen, von denen vor allem Homosexuelle negativ betroffen waren, da der Staat hier in besonderer Weise „unsittliches Verhalten“ ausmachte.

Letztlich waren also auch die RadikalfeministInnen blind für die materiellen Ursachen der Frauenunterdrückung. Sie verkannten, dass „das Patriarchat“ kein von den jeweils herrschenden Produktions- und Klassenverhältnissen zu trennendes, selbstständiges Ausbeutungsverhältnis darstellt, sondern immer mit diesen vermittelt ist und selbst historischen Wandlungen unterliegt. Entsprechend konnten sie auch keine Perspektive entwickeln, welche es ihnen ermöglicht hätte, die Klassenfrage angemessen zu berücksichtigen und entsprechende politische Strategien zu entwickeln, welche in den (proletarischen) Männern nicht den Hauptfeind ausmachen, sondern (potentielle und letztlich notwendige) Verbündete Im Kampf um die allseitige Befreiung.

Die „sozialistischen FeministInnen“ versuchten, auf diese Verkürzungen eine Antwort zu geben, indem sie sich verstärkt auf die ArbeiterInnenklasse fokussierten. Gleichzeitig machte es ihnen der herrschende Stalinismus unmöglich, im so verfälschten „Marxismus“ eine Alternative zu sehen. Dies führte dazu, dass sich diese „sozialistischen FeministInnen“ zwar an Marx orientierten, aber gleichzeitig eigene theoretische Konzepte entwickelten, welche die bei Marx ausgemachten „Verkürzungen” überwinden sollten. Der Vorwurf gegenüber der Marx’schen Theorie lief auf die Feststellung hinaus, dass dieser bei seiner Analyse „geschlechtsblind” gewesen sei und nicht erkannt habe, welche Rolle speziell die Reproduktion, also die Arbeit im Haushalt, für die Kapitalverwertung spiele. Es seien besondere, von den herrschenden Produktionsverhältnissen relativ autonome „Reproduktionsweisen”, welche eine besondere Dynamik der Frauenunterdrückung begründeten, welche wiederum tiefer liege als die Klassengegensätze.

Ähnlich wie die RadikalfeministInnen sehen die sozialistischen FeministInnen im „Patriarchat” eine eigenständige Unterdrückungsstruktur „der Männer” gegenüber „den Frauen”. „Die Familie” wird gewissermaßen als selbstständige Unterdrückungsinstanz konzeptualisiert, wobei deren Wandlungen und je spezifischen Vermittlungen mit den herrschenden Produktionsverhältnissen nicht zur Kenntnis genommen werden. So kam es, dass auch die sozialistischen FeministInnen eher Bündnisse mit ihren (falschen) bürgerlichen Schwestern eingegangen sind, als gemeinsam mit ihren proletarischen Brüdern gegen die Klassenherrschaft der Bourgeoisie und die kapitalistischen Produktionsverhältnisse zu kämpfen, welche die materielle Grundlage der Frauenunterdrückung darstellen. Dies war freilich, wie bereits angeführt, nicht nur die „Schuld” der sozialistischen FeministInnen, sondern ist auch auf die Haltung der StalinistInnen zurückzuführen, welche es den sozialistischen FeministInnen beinahe unmöglich machte, ihre Perspektiven in die ArbeiterInnenbewegung zu tragen.

In den 1990er Jahren entwickelte sich in den USA eine dritte Welle der Frauenbewegung. Sie war vor allem eine Reaktion auf einen populären Antifeminismus und auf die Ansicht, dass Feminismus obsolet sei, weil er alle Ziele erreicht hätte.

Angesichts der Ausdifferenzierung innerhalb des heutigen Feminismus scheint eine einfache Einordnung aber nicht ausreichend. Dieser reicht vielmehr von den verschiedenen Spielarten des offen bürgerlichen Feminismus, welcher auch bei konservativen PolitikerInnen auf offene Ohren stößt – vor allem dann, wenn dessen Forderungen den Bedürfnissen der Kapitalverwertung entgegenkommen und etwa der sinnlosen Verschwendung „weiblichen Humankapitals” durch die gezielte Förderung der Aufstiegschancen von (vor allem gut ausgebildeten) Frauen (aus der Mittelschicht) entgegenwirken – bis hin zu solchen Ansätzen, die sich nach wie vor auf Marx beziehen und einen emanzipatorischen Anspruch vertreten.

Hausarbeitsdebatte

Eine einflussreiche Debatte, welche von FeministInnen in den 70er Jahren angestoßen wurde (insbesondere Maria Rosa Dalla Costa, einer italienischen politischen Kämpferin und späteren Dozentin und Selma James, einer US-amerikanischen Theoretikerin/ pol. Kämpferin), ist die sogenannte „Lohn für Hausarbeit”-Debatte oder „Hausarbeitsdebatte”. In der Annahme, dass Marx für wesentliche Formen der Unterdrückung und ökonomischen Ausbeutung blind gewesen sei, konstruierten einige TheoretikerInnen die Familie und die darin geleistete Hausarbeit als eine Form produktiver Arbeit, welche in gewisser Weise die Grundlage der gesamten Mehrwertproduktion darstelle und selbst Mehrwert produziere.

Die zentrale These lautet, dass die Hausarbeit zwar oberflächlich betrachtet den Eindruck erwecke, als sei sie eine persönliche Dienstleistung außerhalb des Kapitalverhältnisses, weil nicht der/die KapitalistIn, sondern der Ehemann als ausschließliche/r AdressatIn der häuslichen Dienstleistungen erscheine. Tatsächlich aber gehe die Hausarbeit direkt in die Mehrwertproduktion des Kapitals ein, sei also produktive, Mehrwert erzeugende Arbeit. Indem nämlich die Hausarbeit die Ware Arbeitskraft des männlichen Arbeiters hinter dem Rücken der industriellen Produktion, also in verschleierter Form, ohne Lohn reproduziere, sorge sie für die Vergrößerung der Mehrwertproduktion, so Dalla Costa. Marx habe dies in seiner Analyse nicht berücksichtigt, da er nicht erkannt habe, dass die kapitalistische Produktionsweise ohne die Reproduktion der Ware Arbeitskraft nicht funktionieren könne. Ohne die Reproduktionsarbeit gebe es aber keine Ware Arbeitskraft, ohne Ware Arbeitskraft gebe es keine Ausbeutung von Mehrarbeit und ohne Ausbeutung von Mehrarbeit gebe es keine kapitalistische Produktionsweise. Die Familie sei also die hauptsächliche Stütze der kapitalistischen Organisation der Arbeit.

In ihrem Versuch, die Frauenunterdrückung „materialistisch” zu erklären und eine eigenständige Frauenpolitik (Frauenstreik etc.) zu begründen, biegt sich Dalla Costa allerdings wesentliche Begriffe der marxschen Analyse so zurecht, dass sie am Ende für die Analyse kapitalistischer Gesellschaften überhaupt nicht mehr zu gebrauchen sind.

Zwei wesentliche Konzepte bilden dabei die Grundlage für die Theorie von der Hausfrau als produktiver Arbeiterin: die Produktion von Arbeitern/Arbeitskraft (d. h. Kindererziehung, Dienstleistung am Ehemann/Arbeiter) und ihre Rolle bei der Konsumtion – Einkaufen, Kochen usw.

Die Behauptung, diese beiden Aspekte der Hausarbeit brächten Mehrwert hervor, ignoriert allerdings zwei wesentliche von Marx gemachte Unterscheidungen, nämlich der zwischen industrieller und privater Konsumtion (d. h. Konsumtion in der Familie) und zum anderen zwischen produktiver Arbeit und einfacher Arbeit, die nur einen Gebrauchswert erzeugt.

Zum Verhältnis von industrieller und privater Konsumtion schreibt Marx:

Die Konsumtion des Arbeiters ist doppelter Art. In der Produktion selbst konsumiert er durch seine Arbeit Produktionsmittel und verwandelt sie in Produkte von höherem Wert als dem des vorgeschossenen Kapitals. Dies ist seine produktive Konsumtion. Sie ist gleichzeitig Konsumtion seiner Arbeitskraft durch den Kapitalisten, der sie gekauft hat. Andrerseits verwendet der Arbeiter das für den Kauf der Arbeitskraft gezahlte Geld in Lebensmittel: dies ist seine individuelle Konsumtion. Die produktive und die individuelle Konsumtion des Arbeiters sind also total verschieden. In der ersten handelt er als bewegende Kraft des Kapitals und gehört dem Kapitalisten; in der zweiten gehört er sich selbst und verrichtet Lebensfunktionen außerhalb des Produktionsprozesses.“ (Das Kapital, Bd. 1, 21. Kapitel)

Zwar wird die private Konsumtion von den KapitalistInnen berücksichtigt, da sie zur Aufrechterhaltung und Reproduktion der Arbeitskraft notwendig ist – und als solche wird sie als „ein notwendiges Moment des Produktionsprozesses“ angesehen. Aber „der Kapitalist kann ihre Erfüllung getrost dem Selbsterhaltungs- und Fortpflanzungstrieb der Arbeiter überlassen.“ Die Tatsache, dass es notwendig ist, zu essen, zu leben und sich fortzupflanzen macht die Familien also nicht zu einem „Zentrum gesellschaftlicher Produktion”. Diese Dinge finden vielmehr ungeachtet der gesellschaftlichen Produktionsform statt. Individuelle Konsumtion zu Hause ist also keine kapitalistische Produktion.

Der/die LohnarbeiterIn gehört sich selbst und verkauft dem/r Kapitalisten/in seine/ihre Arbeitskraft, besser: vermietet sie auf Zeit. Der/die KapitalistIn muss sich also nicht darum kümmern, wie der/die ArbeiterIn sich fortpflanzt und lebt – außer dass er/sie sicherstellen muss, dass die ArbeiterInnen weiterhin dazu gezwungen sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Während also diese individuelle private Konsumtion im weitesten Sinne ein „Moment“ der Produktion ist, d. h. berücksichtigt wird vor allem bei der Lohnberechnung, so ist sie keinesfalls kapitalistische Produktion. Aus diesem Grunde sagte Marx, die individuelle Konsumtion finde außerhalb des Produktionsprozesses statt.

Eine ähnliche Entstellung der Marx’schen Theorie findet sich in Bezug auf den Begriff der „produktiven Arbeit”. Wie gesagt handelt es sich dabei nicht um eine moralisch bewertende Kategorie, sondern eine der Analyse. Als solche wird sie von Marx in Bezug auf jene Arbeiten verwendet, die unmittelbar für den/die Kapitalisten/in erbracht wird und diesem/r zur Aneignung des Mehrwerts dient. Dass Marx einen solchen Begriff von produktiver Arbeit hat, heißt nicht, dass er für alle anderen Formen von Arbeit blind gewesen sei. Ganz im Gegenteil thematisiert er explizit andere Formen der Arbeit, die er bspw. als „einfache”, d. h. Gebrauchswert erzeugende Arbeit benennt.

Wenn Dalla Costa und James allerdings von Hausarbeit als produktiver Arbeit sprechen, dann werfen sie die Marx’schen Begrifflichkeiten durcheinander und verunmöglichen damit eine tatsächlich materialistische Analyse der Frauenunterdrückung im Kapitalismus, welche für die Entwicklung einer revolutionären Perspektive notwendig wäre.

Wenn sie etwa behaupten, dass Frauen Menschen „produzierten”, dann ist das im biologischen Sinne sicherlich richtig. Das bedeutet aber nicht, dass man deshalb schon von produktiver Arbeit (für eine/n Kapitalisten/in) sprechen kann. Genau dies ist der theoretische Fehlschluss, der letztlich auch zu falschen politischen Forderungen führt. Denn die Ware Arbeitskraft wird nicht als Ware produziert, sondern als Ware verkauft. Der „Produktionsprozess” der Ware Arbeitskraft im Haushalt ist selbst nicht kapitalistisch, er steht vielmehr außerhalb des Lohnarbeit-Kapital-Verhältnisses, welches die systematische Grundlage der Klassen- und Ausbeutungsverhältnisse darstellt. Auch geht die (notwendige Reproduktions-)Arbeit nur dann als wertbildende Arbeit in diese besondere Ware (Arbeitskraft) ein, wenn diese in Form von bezahlten Dienstleistungen erbracht wird.

Der Tauschwert der Arbeitskraft wird durch die Konsumtion materieller Dinge (Essen, Kleidung) und Dienstleistungen (medizinische Versorgung, Ausbildung) geschaffen. Der Gesamtwert dieser Mittel zum Lebensunterhalt ist der Wert der Arbeitskraft. Die zur Aufbereitung dieser Verbrauchsgüter von den Hausfrauen geleistete Hausarbeit wird offensichtlich bei dieser Summe nicht berücksichtigt. Hausarbeit fügt der Ware Arbeitskraft keinen Tauschwert hinzu. Das bedeutet nicht, dass Frauen zu Hause nicht arbeiten – aber diese häusliche Schufterei ist keine kapitalistische Produktion und wird daher bei der Analyse kapitalistischer Produktionsverhältnisse nicht berücksichtigt.

Die Tatsache, dass Marx die im Haushalt geleistete Arbeit nicht als produktive Arbeit fasste, hat also nichts mit seiner angeblichen „Blindheit” gegenüber sexistischen Unterdrückungs- und Ausbeutungsverhältnissen zu tun als vielmehr mit der Tatsache, dass diese Arbeit unter kapitalistischen Produktionsbedingungen vom Produktionsprozess wirklich ausgeklammert ist und „privat” stattfindet.

Die Forderung nach „Lohn für Hausarbeit” ist aber nicht alleine deshalb problematisch, weil sie auf einer falschen Analyse beruht (auch auf falschen Annahmen beruhende Forderungen können sinnvoll und unterstützenwert sein), sondern vielmehr, weil sie auch politisch-strategisch einige Probleme aufweist. So zielt die Forderung nach „Lohn für Hausarbeit” gerade nicht auf die Überwindung der Trennung von „produktiver und reproduktiver/gebrauchswertbildender” Arbeiten, also auf die Vergesellschaftung der Hausarbeit in einem Programm gesellschaftlich nützlicher Arbeiten, sondern schreibt diese Trennung und die ihr zugrundeliegende sexistische Zuteilung vielmehr fest.

Da die Hausfrauen darüber hinaus in keinem direkten Verhältnis zum Kapital stehen, haben sie auch kein direktes Mittel, das sie nutzen könnten, um Druck aufzubauen (wie etwa der Streik). Eine Niederlegung der Arbeit im Haushalt würde nicht in erster Linie die KapitalistInnen treffen, sondern vielmehr die Familienmitglieder, die ihre Arbeitskraft auch weiterhin verkaufen müssten, da die Kapitalherrschaft ungebrochen fortbesteht.

Zudem ist Lohnarbeit eine falsche Bezeichnung für solche unmittelbaren Gebrauchswert schaffenden Tätigkeiten und wäre gemäß der irreführenden Logik der Forderung vom/von der LohnarbeiterIn einzufordern statt vom/von der KapitalistIn. Bestenfalls wäre es als Variante eines bedingungslosen Grundeinkommens von ihm/ihr bzw. dem bürgerlichen Staat zu verlangen. Letzteres zementiert im Gegensatz zur Forderung nach Verkürzung der Arbeitszeit, Aufteilung der Arbeit auf alle Erwerbspersonen bei vollem Lohn-/Gehalts- und Personalausgleich die Existenz struktureller Arbeitslosigkeit, statt sie zu bekämpfen. „Lohn für Hausarbeit“ verfestigt genauso den Gegensatz zwischen (indirekt, über den Markt vermittelter) gesellschaftlicher (Re-)Produktion und nicht vergesellschafteter, privat im LohnarbeiterInnenhaushalt unter dem Etikett der bürgerlichen Kleinfamilienform erbrachten Dienstleistungen.

Diese zumeist von proletarischen Hausfrauen häufig neben ihrem Lohnverhältnis in der kapitalistischen Produktion geleisteten Tätigkeiten setzen der Arbeitskraft keinen Tauschwert, wohl aber Gebrauchswert zu. In diesem Sinn kann man von Ausbeutung der ArbeiterInnenhausarbeit sprechen. Im Unterschied dazu produzierte in vorkapitalistischen Ausbeutergesellschaften die Frauenarbeit im Haushalt auch Güter des Mehrprodukts für die herrschenden Klassen. Im Kapitalismus, der den Gegensatz zwischen Produktion und Reproduktion auf die Spitze getrieben hat, erzeugt der ArbeiterInnenhaushalt „nur“ das lebendige Arbeitsvermögen seiner Beteiligten. Diese Subsistenzproduktion wird mit der Aufhebung des Kapitalismus nach und nach ebenso direkt vergesellschaftet wie der blinde, hinter dem Rücken der unmittelbaren ProduzentInnen vergesellschaftete kapitalistische Markt durch eine kollektive Planwirtschaft. Beide Sphären gehen in ihr auf. Sie dient der Reproduktion der frei assoziierten ProduzentInnen einzig und allein und findet dort ihre Schranke, ist nicht mehr Produktion um der Produktion willen. Der Kapitalismus ist wie alle vorhergegangenen Klassengesellschaften eine Gesellschaftsformation, in deren Mitte seine Produktionsweise über alle anderen (z. B. Subsistenzproduktion, Knechtschaft, Sklaverei) überkommenen Produktionsverhältnisse herrscht. Die je spezifische Produktionsweise ist das dynamische Element jeder Gesellschaftsordnung, die sich alles andere unterordnet. Im Kapitalismus erreicht der Familienhaushalt seinen Gipfel an Anachronismus und drängt mehr denn je zuvor nach Vergesellschaftung.




Body Positivity: Webfeminismus oder revolutionäre Frauenbewegung?

Leonie Schmid, Revolution-Germany, Fight! Revolutionäre Frauenzeitung No. 6

Der Druck auf Frauen, immer gut auszusehen, ist in unserer Gesellschaft wirklich sehr hoch: immer glänzende frisch gewaschene (am besten lange) Haare zu haben, möglichst keine Hautunreinheiten, am besten schlank, aber mit Rundungen und sportlich. Das Schönheitsideal dürfte jedem/r klar sein, der/die sich in sozialen Netzwerken, Geschäften oder auch Schulen herumtreibt. Das führt vor allem bei jungen Mädchen zu massiver Unsicherheit. „Wer schön sein will, muss leiden“, wird hier wörtlich genommen: ob es sich nun darum handelt, bei -10 °C in Minirock und Feinstrumpfhosen in die Schule zu gehen oder um Mitternacht Sit-ups zu machen, um den perfekten Bauch zu bekommen, sich schmerzhaft die Beine zu enthaaren oder nicht ungeschminkt das Haus verlassen zu können. Sich stetig unsicher in seinem Körper zu fühlen, immer hübsch aussehen zu wollen, ist Standard. Was mit Verunsicherung anfängt, kann in mitunter tödlichen Essstörungen enden.

Was ist Body Positivity überhaupt?

Eine Antwort des neueren Feminismus darauf ist Body Positivity. Es handelt sich hierbei um eine Bewegung, die vor allem im Internet sehr erfolgreich ist und Frauen dazu auffordert, sich radikal selbst zu lieben mit all ihren vermeintlichen Makeln und gegen die westlichen Schönheitsideale anzukämpfen. Viele posten Bilder, schreiben Texte und unterstützen sich gegenseitig. In erster Linie ist das eine gute Sache. Sich nicht für seinen Körper zu schämen und dem ständigen Druck, gut aussehen zu müssen, den Kampf anzusagen, ist wichtig.

Leider gibt es ein Problem: Es entsteht ein bisschen das Gefühl, dass jede/r für sich selbst verantwortlich ist und zuallererst selbstbewusst sein muss, bevor der Rest der Gesellschaft einen akzeptiert. Dabei ist der gefühlte Zwang zum Schönheitsideal nichts, was in den eigenen 4 Wänden geklärt werden und simpel wegkonstruiert kann, sondern die Frage muss gesamtgesellschaftlich geregelt werden. Schließlich wird uns Tag für Tag so eingeredet und subtil vermittelt, wie unser Körper eigentlich aussehen soll. Natürlich ist es nett, wenn sich einige Stars auch mal ungeschminkt oder mit Cellulite („Orangenhaut“) zeigen, gar unretuschiert veröffentlicht werden oder Werbekampagnen immer diverser ausfallen. Aber wenn man sich anschaut, wem Fitness und Beautywahn zugutekommen, weiß man, dass ein bisschen Öffentlichkeit, ein paar Likes und Beiträge auch nicht so schnell dazu führen werden, dass die Schönheitsstandards werden verschwinden können. Denn der Profit, der mit Diätpillen, Rasierapparaten, Make-up und Frauenmagazinen, die dazu raten, gemacht wird, lässt sich längst nicht aufwiegen mit diverser, nicht-sexistischer Werbung, die auch trotzdem nur dem Kapital nützt.

Sich selbst zu lieben reicht nicht

Wir unterstützen das Konzept von Body Positivity. Es sollte allen Frauen ermöglichen, ihren Körper bedingungslos zu lieben und nur, wenn sie es von sich aus wollen, ihn zu verändern, auf welche Weise auch immer. Es ist auch wichtig, eine Plattform zu schaffen, zu sehen, dass man nicht alleine mit seinen Zweifeln ist und dem Rest der Welt, der weiterhin unrealistische Beautystandards vertritt, klarzumachen, dass man sich das nicht gefallen lassen muss und soll. Denn gerade für jüngere Mädchen ist es wichtig, Vorbilder zu haben, die nicht die unerreichbare Perfektion des weiblichen, schlanken, weißen Körpers darstellen, sondern einfach „normal“ aussehen. Doch die Gründe für Body Shaming sind trotzdem nicht verschwunden, nur weil man plötzlich selbstbewusster geworden ist. Die gesellschaftlichen Schönheitsideale, der Anspruch an Frauen, immer gut auszusehen und am besten jedem/r zu gefallen, sind Produkte von Frauenunterdrückung, die mit dem Kapitalismus verwoben ist. Kurz gesagt, die Objektifizierung von Frauen liegt in seinen Gesellschafts-, v. a. aber Eigentumsverhältnissen begründet. Sie ist eine Methode, um Frauen zu unterdrücken, sie klein zu halten und auszubeuten. Dahinter steckt die Idee, dass es die Aufgabe der Frau ist, schön zu sein und dem Mann zu gefallen. Dies festigt die Rollenbilder und letzten Endes auch die geschlechtliche Arbeitsteilung innerhalb der bürgerlichen Familie. Diese hat im Kapitalismus die Aufgabe für die herrschende Klasse, ihr Eigentum weiterzuvererben, für die Arbeiter_Innklasse hingegen ist sie Fessel und Ruheort zugleich. Denn im Kapitalismus ist sie der einzige Ort, wo ihre Arbeitskraft reproduziert wird, was zwar positiv ist, aber zu einer Doppelbelastung gerade von Frauen führt. Zusätzlich wird in dieser Familie ebenso das patriarchale, christliche Rollenbild weiter gelebt, die Unterwerfung der Frau. In allen Klassengesellschaften waren Frauen unterdrückt. Es kann sich nur etwas grundlegend an Sexismus und sexueller Unterdrückung ändern, wenn es eine klassenlose Gesellschaft gibt!

Was ist zu tun?

Statt also das Problem nur auf das Selbstwertgefühl einzelner Frauen zu reduzieren, muss das Problem von einer organisierten Arbeiter_innen und Frauenbewegung angepackt werden! Zwar kann Frauenunterdrückung erst vollständig in einer befreiten Gesellschaft abgeschafft werden, dennoch heißt das nicht , dass es bis dahin keine Möglichkeit geben kann, gegen Sexismus vorzugehen. Body Positivity ist begrüßenswert, aber damit sich für alle etwas verändert, müssen wir auch dafür kämpfen, die großen Medienhäuser zu enteignen, um Werbung & Co. unter Arbeiter_Innenkontrolle zu stellen. Daneben bedarf es der Caucusrechte (auf geschlossene Treffen, ungestört unter sich bleiben zu dürfen) in den Organisationen der Arbeiter_Innenklasse wie den Gewerkschaften, wo Frauen sich treffen können, um ihre Erfahrungen mit Sexismus zu thematisieren. Ergänzend dazu bedarf es auch antisexistischer Strukturen, die Männer dazu verpflichten, ihr Verhalten zu hinterfragen und sich mit den Rollenbildern auseinanderzusetzen. Dabei dürfen wir aber nicht stehenbleiben. Der Kampf gegen sexistische Rollenbilder ist auch ein Kampf gegen sexuelle Gewalt, ungleiche Bezahlung und muss auch mit dem Kampf gegen den Kapitalismus verbunden werden!

– Gegen unterdrückerische Schönheitsideale in Werbung und Medien! Enteignet die großen Medienhäuser und die „kulturschaffende“ Industrie (Gameentwickler, Filmproduktionen,..)! Für organisierte Medienarbeit durch Räte aus Zuschauer_Innen, Arbeiter_Innen und Kreative ohne die Reproduktion von Unterdrückung!

– Für einen selbstbestimmten, offenen Umgang mit dem eigenen Körper: Der weibliche Körper darf nicht einerseits tabuisiert und andererseits sexualisiert werden!




Hände weg von unseren Körpern! Abtreibungen international legalisieren!

Ella Mertens, Revolution-Germany, Fight! Revolutionäre Frauenzeitung No. 6

Ob nun in Chile, den USA, Spanien oder Polen – auf der ganzen Welt protestieren Frauen für ihr Recht, über ihren Körper selber bestimmen zu dürfen. Genauer gesagt: Sie demonstrieren dafür, selbst entscheiden zu können, ob sie im Falle einer Schwangerschaft ein Kind bekommen oder nicht. Wie erfolgreich so eine Kampagne sein kann, sehen wir in Polen. Vor knapp 2 Jahren forderte die Bürger_Inneninitiative von „Ordo Iuris“, einer „Lebensschutz“ organisation, 5-
jährige Haftstrafen für Abtreibungen sowie das Verbot der „Pille danach“ – auch bei Vergewaltigung oder Lebensgefahr für Mutter oder Kind. Diese wurde anfangs von der rechtspopulistischen PiS-Regierung unterstützt. Als jedoch zum sogenannten „schwarzen Protest“ mehr als 100.000 Menschen gegen das Gesetz auf die Straße gingen und viele Frauen die Arbeit niederlegten, sprach sie sich bei der Abstimmung dagegen aus. Allerdings nicht, weil sie spontan ihre Meinung geändert hatte, sondern um laut eigener Aussage ihre Chancen bei der kommenden Wahl zu verbessern.

Dennoch, dank des Protestes konnten die schweren Einschnitte in die Selbstbestimmung über den eigenen Körper abgewehrt werden. Einen ähnlichen Hintergrund haben die Proteste in Irland. Seit mehreren Jahren versuchen Aktivist_Innen, die restriktiven Gesetze des Landes zu verändern, beispielsweise durch den jährlichen „March of Choice“. 2014 wurde erkämpft, dass Abtreibungen bei lebensgefährlichen Schwangerschaften erlaubt werden. Doch ansonsten droht Frauen, die beispielsweise eine Abrruchpille per Internet bestellen, eine 14-Jährige Haftstrafe. Nun wird im Mai diesen Jahres ein Referendum über die Liberalisierung des 1983 eingeführten Gesetzes abgehalten.

Situation in Deutschland

Auch wenn es oftmals anders scheint, in Deutschland ist die Rechtslage in Bezug auf Abtreibungen ebenfalls nicht besonders fortschrittlich. Ein gutes Beispiel dafür ist die Gießener Frauenärztin Kristina Hänel, die auf ihrer Homepage Informationen bezüglich Schwangerschaftsabbrüchen zur Verfügung stellte. Im Rahmen des Paragraphen 219a wurde sie dafür zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt. Denn anscheinend ist sachgemäße Aufklärung über Abtreibung Werbung. Aber das ist nicht alles. Laut Paragraph 218 im Strafgesetzbuch ist ein Schwangerschaftsabbruch nämlich illegal, wenn a) eine Frist von 12 Wochen überschritten wird und b) die Schwangere sich vorher keiner vermeintlich neutralen Beratung unterzieht. Wenn solch eine Beratung nicht stattfindet und trotzdem eine Abtreibung vorgenommen wird, kann das bis zu 5 Jahre Gefängnis für die schwangere Frau oder den/die Arzt/Ärztin bedeuten. Frauen werden also gesetzlich eingeschränkt, wenn sie darüber entscheiden wollen, was sie mit ihrem Körper machen, angefangen bei der Informationsbeschaffung. Was das in der Praxis bedeutet, wird oftmals ausgeblendet. Viele Krankenhäuser unter kirchlicher Trägerschaft lehnen die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen ab. Während man in einer Großstadt sich eine andere Behandlungsstelle suchen kann, sieht das in ländlichen Regionen anders aus. Lehnt das medizinische Personal vor Ort die Behandlung ab, müssen die schwangeren Frauen teilweise 50-100 km bis zur nächstgelegenen Behandlungsstelle fahren. Das ist nicht nur eine emotionale Belastung, sondern ein Kostenpunkt, den sich Geringverdiener_Innen oder Minderjährige oftmals nicht leisten können. Denn neben dem eigentlichen Eingriff bedarf es oftmals auch noch eines separaten Beratungsgespräches.

Allerdings bewegt sich etwas. Das Urteil über die Gießener Frauenärztin hat die Debatte in den Bundestag gebracht. Am 22. Februar werden drei alternative Gesetzesentwürfe diskutiert, die den Paragraph 219a, also jener, der die Informationen über den Schwangerschaftsabbruch kriminalisiert, verändern sollen. Doch das allein reicht nicht. Wir müssen den Prostest ausweiten und mit den Kämpfen von Frauen in anderen Ländern verbinden, beispielsweise durch gemeinsame Aktionstage. Dabei treten wir für das volle Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper ein! Informationen über den Schwangerschaftsabbruch müssen frei verfügbar sein. Dazu gehört auch zu wissen, wo und wie man sich behandeln lassen kann. Daneben bedarf es eines flächendeckenden Ausbaus von kostenlosen Beratungs- und Behandlungsstellen, die säkular, also ohne den Einfluss der christlichen Kirchen oder anderer Religionen arbeiten müssen! Es kann nicht sein, dass Frauen medizinische Hilfe und Selbstbestimmungsrechte aufgrund von Glaubensfragen verweigert werden. Also, lasst uns aktiv gemeinsam aktiv werden und für unsere Rechte kämpfen!

Hände weg von unseren Körpern! Raus mit der Kirche und anderen Religionen aus Gesundheitssystem und Gesetzgebung! Für Abschaffung des Abtreibungsparagraphen sowie der Beratungspflicht!

Für den flächendeckenden Ausbau an Beratungs- und Behandlungsstellen! Vollständige Übernahme der Kosten für eine Abtreibung, egal in welchem Monat, und aller Kosten für Verhütungsmittel durch den Staat!

Für die Abschaffung von Fristen, bis zu denen abgetrieben werden darf! Für die ärztliche
Entscheidungsfreiheit, lebensfähige Kinder zu entbinden!




Totgespart – Pflege in anderen Ländern

Lucia Siebenmorgen, Arbeiter*innenstandpunkt, Fight!  Revolutionäre Frauenzeitung No. 6

Der Gesundheits- und Sozialbereich sind nach wie vor klassische Frauenarbeitsfelder, die schlecht bezahlt werden trotz hoher Arbeitsbelastung. Vom neoliberalen Abbau des Sozialstaates, der gerade in den meisten europäischen Ländern stattfindet, sind die Bereiche ebenfalls besonders stark betroffen. Gerade bei den Krankenhäusern wurde in den letzten Jahren vermehrt sichtbar, was Einsparungen in diesen Bereichen bedeuten und wen sie treffen. Privatisierungen und Personalabbau haben etliche Krankenhäuser in unterschiedlichen Ländern in Krisen gestürzt und teilweise auch zu Protesten bei der Belegschaft geführt wie in Wien seit 2015 durch Proteste von CARE Revolution Wien.

Trend zur Privatisierung

In einigen europäischen Ländern, vor allem jenen, die die Wirtschaftskrise von 2008 besonders hart getroffen hat, kam es zu massiven Sparmaßnahmen, um die Krise der Finanzwelt auf die Bevölkerung abzuwälzen. Diese haben auch den Gesundheitsbereich getroffen, in Griechenland wurde beispielsweise das Budget für diesen Bereich halbiert. Dadurch verloren nicht nur viele Krankenhausangestellte ihren Job, sondern auch die Versicherungszahlen gingen stark zurück: 3 von 11 Millionen Griech*innen sind zurzeit nicht krankenversichert. Es wird außerdem davon ausgegangen, dass etwa 50.000 Menschen in den letzten Jahren gestorben sind, da sie keinen ausreichenden Zugang zu öffentlich zugänglicher, ärztlicher Behandlung hatten und viele Leistungen auf Grund der Privatisierungen der letzten Jahre unerschwinglich geworden sind. Ähnliches kann man in Spanien beobachten.

Die USA, in denen das Gesundheitswesen schon lange zu großen Teilen in privater Hand ist, liefern ein gutes Beispiel dafür, was bei einer weiteren Zerschlagung öffentlicher Strukturen auch europäischen Ländern droht. So sind etwa 28 Millionen US-Amerikaner*innen überhaupt nicht krankenversichert, weshalb Ärzt*innen und Pfleger*innen in ihrer Freizeit ehrenamtliche, kostenlose Versorgung anbiete. Diese können allerdings den Bedarf lange nicht decken und werden als medizinisches Personal an ihre Grenzen getrieben. Während es unter Obama diesbezüglich zumindest einige Verbesserungen gegeben hat wie die Versicherungspflicht, die dafür sorgen sollte, dass alle Arbeiter*innen zumindest minimal versichert sind, hat Trump dies bereits wieder gestoppt. Die Menschen werden dadurch wieder vermehrt von privaten Versicherungen abhängig. Einerseits können viele sich diese gar nicht leisten, andererseits nehmen diese gerade Menschen, die bereits älter sind oder Vorerkrankungen haben, gar nicht auf, da sie höhere Kosten befürchten. Das macht deutlich, was das Hauptproblem an der Privatisierung von Gesundheitssystemen ist – private Unternehmen arbeiten immer für eigenen Profit, wollen Kosten vermeiden und möglichst viele Ausgaben einsparen. Daher sind Unternehmer*innen auch mit Trumps Abschaffung der Versicherungspflicht zufrieden. Sie sind nun nicht mehr verpflichtet, ihre Angestellten zu versichern. Für die Arbeiter*innen bedeutet das nur, dass medizinische Versorgung Luxus ist und man selbst in einem medizinischen Notfall überlegt, ob man nicht mit dem Auto statt mit dem Krankenwagen in die Notaufnahme fährt.

Engagement der Berufsgruppen

In vielen Ländern ist zu beobachten, dass sich Ärzt*innen, Pfleger*innen und sonstiges medizinisches Personal zusammenschließen, um in ihrer Freizeit Krankenversorgung für Menschen, die aus der Krankenversicherung fallen, anbieten zu können. Dadurch wird zwar sichtbar, über welches Engagement diese Berufsgruppen häufig verfügen, andererseits ist dies aber keinesfalls eine zufriedenstellende Lösung. Schon jetzt sind viele Krankhausangestellte in etlichen Ländern von langen Diensten und einem viel zu geringen Personalschlüssel betroffen, wodurch nicht immer die optimale medizinische Versorgung gewährleistet werden kann. Trotz der Tatsache, dass es auch in österreichischen Krankenhäusern Gangbetten gibt und Krankenpfleger*innen immer mehr Aufgaben übernehmen müssen, gibt es für diese Berufsgruppe keine Entlastung. Im Gegenteil: Von neoliberalen Politiker*innen wird laufend über Sparmaßnahmen im Gesundheitsbereich nachgedacht. Der Abbau des Sozialstaates führt auch dazu, dass der Staat sich immer mehr aus der Verantwortung nimmt und Gesundheitsversorgung zu einer privaten Angelegenheit wird, während das medizinisch-pflegerische Personal, das dennoch ausreichende Versorgung gewährleisten möchte, bis zur Erschöpfung ausgebrannt wird.

Es geht auch anders

In Schweden wurde exemplarisch versucht, andere Wege zu gehen, um das Personal zu entlasten und dadurch eine umfangreichere Versorgung zu ermöglichen. In der Stadt Göteborg wurde unter der reformistischen Linkspartei bereits 2015 die 30-Stunden-Woche eingeführt – in Kombination mit Lohn- und Personalausgleich. In den Krankenhäusern gab es 6-Stunden-Schichten, die eine enorme Entlastung für das Personal darstellten. Die Resultate waren nicht nur weniger Krankenstände bei den Mitarbeiter*innen sondern auch wesentlich kürzere Wartezeiten sowie qualitativ bessere Behandlungen für Patient*innen. Die Mehrkosten für 14 neue Kräfte (10 Millionen Kronen = ca. 1 Million Euro) wurden an anderer öffentlicher Stelle zur Hälfte eingespart (Arbeitslosen- und Sozialhilfe, niedrigerer Krankenstand), gar nicht eingerechnet indirekte volkswirtschaftliche Vorteile: gesünderes Personal geht später in Rente, Fachkräfte sind einfacher zu finden, die Ausbildungsbereitschaft im bisher wenig populären Beruf steigt. Trotz dieser Vorteile für die öffentlichen Arbeit„geber“*innen wurde das Projekt aufgrund der Kosten 2017 eingestellt. Vizebürgermeister Daniel Bernmar von der Linkspartei: „Davon, dass Arbeitszeitverkürzung den Arbeitgeber mehr kostet, kommt man in den meisten Fällen nicht weg.“ (NEUES DEUTSCHLAND, 7. Februar 2018, S. 2).

Angestellte im Gesundheits- und Sozialbereich müssen sich gemeinsam gegen die weltweit stattfindenden Privatisierungen und das Sparen bei der Gesundheit von Menschen einsetzen und für bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung kämpfen. Dieser Kampf betrifft vor allem Frauen, die nach wie vor in etlichen schlecht bezahlten Sektoren arbeiten und stark von Armut betroffen sind. Letztlich muss dieser mit dem für eine andere Gesellschaft verbunden sein, in der nicht die privaten Profitinteressen über die Gesundheit und somit auch über Leben und Tod von Menschen entscheiden können.




Geflüchtete in Lagern

VON REVOLUTION LEIPZIG

 

Anfang März diesen Jahres wurden vom ungarischen Parlament neue gesetzliche Bestimmungen zum Umgang mit geflüchteten Menschen beschlossen. Geflüchtete sollen laut diesen Bestimmungen in den zwei Container-Lagern bei Röszke und Tompa – auch als Transitzonen bezeichnet – an der Grenze zu Serbien festgehalten werden. Davon betroffen sind ebenfalls unbegleitete Minderjährige im Alter von 14 bis 18 Jahren.

 

Diese Lager sind nun der einzige Ort in Ungarn, an dem sich Geflüchtete offiziell aufhalten dürfen und einen Asylantrag stellen können. Pro Tag werden aus den Grenzcamps in Serbien von den ungarischen Behörden maximal 10 Personen in die Zonen gelassen. Die Situation auf der anderen Seite ist also ebenfalls schlimm. Mehrere tausend Menschen auf der Suche nach Asyl sind nun, nach der tagelangen Internierung in den Verwahrungseinrichtungen, unter unmenschlichen Bedingungen in Serbien gestrandet.

 

Serbien wurde von Ungarn zum sicheren Drittstaat erklärt. Dies ist der nächste Gipfel einer längeren Entwicklung. Schon im September 2015 wurde von Ungarn die Grenze zu Serbien mit Zäunen aus Stacheldraht verstärkt und gleichzeitig auch die beiden Lager eingerichtet. Bisher wurden die Migrant_Innen in Tompa und Röszke allerdings nur registriert und dann in andere, offenere Lager gebracht. Nun müssen sie dort bis Ende des Asylverfahrens bleiben. Wer sich noch in einem anderen Lager befindet oder im Land aufgegriffen wird, soll dorthin verlagert werden. Eine zentrale Forderung sollte deshalb die nach der Bereitstellung von Wohnraum für Geflüchtete, insbesondere von sicherer Unterbringung von Frauen und sexuell Unterdrückten, sein!

 

Zwar wurden schon früher Menschen direkt an der Grenze mit brutaler Gewalt gezwungen, nach Serbien zurückzukehren. Aktuell steigt die Anzahl von Berichten über Misshandlungen von Geflüchteten durch die ungarische Polizei oder sogenannte „Grenzjäger“ allerdings noch weiter an. Um in diese erst seit kurzem existierenden Einheiten mit dem martialischen Namen aufgenommen zu werden, bedarf es nur einer sechsmonatigen Ausbildung, dann darf aktiv beim „Verteidigen“ der Grenzen gegen Geflüchtete geholfen werden.

 

Allein aufgrund des hohen Ausbildungsgehaltes ist dieser Beruf leider für viele ungarische Jugendliche eine attraktive Option. Etwa ein Drittel der Student_Innen in Ungarn wählt die faschistische Jobbik-Partei oder sympathisiert mit ihr, in anderen Teilen der Gesellschaft sieht es nicht besser aus. Auch die rechte Bürgerwehr Magyar Gárda (Ungarische Garde) verzeichnet weiterhin viele neue Unterstützer_Innen, staatlich unterstütze Rechtsrock-Bands wie die Gruppe Kárpátia erfreuen sich großer Beliebtheit. Der Aufbau von organisierter Selbstverteidigung gegen rassistische und faschistische Angriffe auf unterdrückte Minderheiten und fortschrittliche Kräfte sollte deshalb nun eine der Hauptaufgaben der Linken vor Ort sein.

 

Seit dem Zusammenbruch der stalinistischen Staaten hat Ungarn stark unter der Angliederung an den „Westen“ gelitten. Um die damaligen Forderungen des IWF zu erfüllen, wurden extreme Sparmaßnahmen umgesetzt, was unter Anderem dazu führte, dass die Arbeitslosigkeit in die Höhe schoss und beim EU-Eintritt 2004 die Mehrheit aller großen Unternehmen und Banken ausländischen Investoren gehörten.
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Präsident Orbán bezeichnete die Aufnahme von Geflüchteten in einer öffentlichen Rede zur Vereidigung neuer Grenzjäger-Einheiten als „nationalen Selbstmord“. Der Nationalismus in Ungarn wird durch eine von der Regierung geförderte Verklärung der Vergangenheit verstärkt. Die Okkupation durch und Kollaboration mit Nazi-Deutschland wird vergessen, dafür wird sich positiv auf das „goldene Zeitalter Großungarns“ bezogen und dieses auch wieder als Option für die Zukunft dargestellt.

 

Europa als Projekt der imperialistischen Mächte ist in einer Krise. Deutschland versucht weiterhin den europäischen Kontinent politisch und wirtschaftlich zu beherrschen, was allerdings zunehmend schwerer wird. In fast allen Mitgliedsstaaten der EU gibt es eine starke Zunahme von rechtspopulistischen, rassistischen bis offen faschistischen Bewegungen, auf der Straße und in den Parlamenten. Immer mehr Teile der Bourgeoisie bieten nationalistische Lösungen für die Krise an und werden dabei von den Mittelschichten unterstützt. Diese „Lösungen“ reichen vom schlichten Austritt aus der EU bis zum Aufruf, diese zu zerstören, und beinhalten wie in Ungarn eine ultra-neoliberale und reaktionäre Sozialpolitik. Die unmenschliche Behandlung von Geflüchteten gehört da natürlich zum Programm und ist nur eine der deutlicheren Ausprägungen der Spaltung der Arbeiter_Innen. Die revolutionäre Linke muss dieser mit einem gemeinsamen Kampf für mehr demokratische und soziale Rechte entgegentreten und zu europaweiten Aktionen gegen Spardiktate und imperialistische Kriege, gegen alle Abschiebungen und für die Rücknahme aller Verschärfungen der Asylgesetze europaweit eintreten.

 

Für offene Grenzen und gleiche Staatsbürger_Innenrechte für alle Geflüchteten und weg mit der Festung Europa!




Jugendunterdrückung im Betrieb: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“

VON LARS KELLER


Diesen Spruch haben schon viele Azubis, vor allem im technischen und handwerklichen Bereich, von Gesell_Innen und Ausbilder_Innen gehört und sich gefragt: „Was soll das eigentlich heißen?“ Die Redewendung kann im extremen Fall auch so übersetzt werden: „Ich bin der Ausbilder, weiß wie es läuft und der Azubi hat zu tun, was ich sage!“ Andere Sprüche, die man als Azubi zu hören bekommen kann sind beispielsweise „Saustift“ (Azubi im ersten Lehrjahr) oder „Arsch zum Bier holen“ (A-zu-Bi). Nun wird das sicherlich nicht immer ernst gemeint sein, aber es nervt doch irgendwie – mal davon abgesehen, dass „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ auch ein männlich dominiertes Berufsbild reproduziert. Nun, woher kommen eigentlich solche Sprüche und was bewirken sie?


Meist haben die Ausbilder_Innen diese Sprüche selbst aufgeschnappt und zu hören bekommen, als sie Lehrlinge waren und sie auf der untersten Hierarchiestufe im Betrieb standen und die Drecksarbeit machen mussten oder den Gesell_Innen das Werkzeug nachschleppen mussten. Später dann, als sie ausgelernt hatten und ihnen Azubis unterstellt wurden, hatten diese dann wiederum jemanden, der ihre ätzende Arbeit macht – und so geht der Kreislauf weiter.


Gewiss ist heute vieles besser als noch vor einigen Jahrzehnten, sei es vom Gehalt her oder die Tatsache, dass Azubis heute nicht mehr geschlagen werden, wenn ihnen Fehler unterlaufen. Auch ein Lehrgeld müssen Azubis oder ihre Familie heute für gewöhnlich nicht mehr an den Betrieb entrichten. In großen Konzernen wird zudem einiges für die positive Entwicklung von Jugendlichen getan, sei es durch Seminare für soziale Kompetenz oder die Finanzierung des Führerscheins.


Und dennoch: Sprüche wie die oben aufgezählten, das Abwälzen der notwendigen, einfachen und doch beschwerlichen Arbeit auf den Azubi oder zu sagen, dass die Auszubildenden stets gehorsam zu sein haben – all das reproduziert die Jugendunterdrückung am Arbeitsplatz – vor allem in kleinen Betrieben, wo man als Azubi nicht einfach so die Abteilung wechseln kann.


Dabei spreche eigentlich vieles dafür nach einer gewissen Lehrzeit die Azubis mehr einzubeziehen. In der Berufsschule erlernen sie den aktuellen Stand der Technik, die gültigen Vorschriften und moderne Arbeitsweisen. Bei den Ausbilder_Innen oder Facharbeiter_Innen ist das häufig nicht oder nur teilweise der Fall, je nach dem wie gut sie weitergebildet werden, für Weiterbildung offen sind oder wie weit ihre eigene Ausbildung zurückliegt.


Aber natürlich ist es so, dass man als Azubi da nur selten den Mund auf macht und die Facharbeiter_Innen auf Fehler oder so hinweist. Ganz zu Schweigen davon, den Mut aufzubringen und sich darüber beschweren, dass ständiges Kaffee holen nicht in den Rahmenlehrplan gehört oder dass bloßes Zuschauen nur eine begrenzten Bildungseffekt hat. Und natürlich schaltet man lieber auf Durchzug, wenn der Meister etwas Rassistisches oder Sexistisches von sich gibt, als sich dem entgegenzustellen. Der Grund ist ganz einfach: Wenn wir es uns mit den Facharbeiter_Innen verscherzen, spricht sich das erstens schnell herum und zweitens wird die ohnehin schwierige Aufgabe, in der Arbeitswelt Fuß zu fassen, noch erschwert, weil man die Gunst der Facharbeiter_Innen oder Ausbilder_Innen verloren hat. Und das, obwohl junge Arbeiter_Innen meist ohnehin den meisten sozialen Kontakt am Arbeitsplatz erfahren, eben weil sie dort an die 40 Stunden in der Woche sind und Freund_Innen daher nicht mehr so oft sehen können, wie noch zur Schulzeit.


Und nun stellt sich aber doch die Frage: Gibt’s denn gar keinen Weg, die Jugendunterdrückung im Betrieb zu bekämpfen?


Doch die gibt es. Es gibt zum Beispiel die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV), die Azubis und junge Arbeiter_Innen selbst wählen und die für deren Belange und Rechte bei Betriebsrat und bei den Chefs eintreten sollen. Sie können zum Beispiel die Versetzung in eine andere Abteilung durchsetzten, wenn man als Azubi in seiner aktuellen Abteilung nicht mit den Vorgesetzten oder Meister_Innen klar kommt. Eine andere Möglichkeit ist, sich an seine entsprechende Gewerkschaft, bzw. Gewerkschaftsjugend zu wenden.


Es muss aber gesagt werden, dass sich Gewerkschaftsbosse und -funktionäre den Chefs der Betriebe zumeist näher stehen als ihrer eigenen Mitgliedschaft – selbiges gilt für Betriebsräte. Die JAV hat meist eine gewisse Abhängigkeit vom Betriebsrat, bzw. die Jugendgewerkschaft von der Gewerkschaft. Manche in der JAV streben durchaus eine Karriere im Betriebsrat an und die Betriebsräte suchen auf der anderen Seite Nachfolger_Innen, die ihre Politik des Betriebsfriedens anstelle von Arbeitskämpfen übernehmen. Und so setzt sich eine Form der Jugendunterdrückung auch da fort, wo Jugendlichen eigentlich geholfen werden sollte, die Unterdrückung loszuwerden.


Wir müssen abschließend festhalten, dass ein wirkliches Ende der Jugendunterdrückung im Betrieb wie auch sonst auf der Welt, im Kapitalismus nicht zu machen ist. Die Chefs setzten auf Spaltung der Arbeiter_Innen und das, was sie den Facharbeiter_Innen aufhalsen, kriegen Azubis zu spüren. Dem stellen wir die Perspektive des gemeinsamen Kampfes der Azubis und Facharbeiter_Innen entgegen. Die Lehrpläne sollen von Azubis und Facharbeiter_Innen gemeinsam in dafür gewählten Kommissionen entwickelt werden. Zu guter Letzt müssen die Betriebe von Arbeiter_Innen geführt werden und sich nicht im Privatbesitz eines Kapitalisten befinden. Dann gäb’s nämlich keine Chefs mehr, über die sich junge wie alte Arbeiter_Innen auskotzen.





Gegen jede Form von staatlicher Repression – egal ob in Deutschland, der Türkei oder Indien!

VON RESA LUDIVIN

 

Ob durch Namen wie Mumia Abu Jamal, Abdullah Öcalan oder durch den Fall Deniz Yücel sind sie uns im Bewusstsein: politische Gefangene. Die Zahl politischer Gefangener ist in der letzten Zeit enorm angestiegen.

 

Allein in der Türkei wurden seit Juli 2016 über 40.000 Menschen festgenommen

 

Der bürgerliche Staat spielt sein Gewaltmonopol offener aus. Am offensichtlichsten wird das wahrscheinlich, wenn wir uns die Politik Erdogans ansehen: Ausgangssperren, inhaftierte Kritiker_Innen und Intellektuelle sowie das Verbot diverser Oppositionszeitungen. Die Türkei hat im letzten Jahr einen Prozess durchgemacht, der in anderen Ländern versteckter vorangetrieben wird, aber trotzdem klar erkennbar ist. So bedient sich nicht nur die Türkei dem Terrorismusvorwurf als Grund, unliebsame Bürger_Innen hinter Gitter zu bringen. Auch in Ägypten wurden vor einigen Jahren unter dem Vorwurf, sie stünden der Muslimbruderschaft nahe, mehrere Journalist_Innen verhaftet. Auch Deutschland hat sich auf diese Phrase eingelassen, indem die Symbole des kurdischen Befreiungskampfes unter Berufung auf den §129b erst kürzlich verboten wurden.

 

Wir erleben zunehmend Staatsstreiche, das Aufkommen autoritärer und bonapartistischer Regime sowie einen weltweit spürbaren politischen und gesellschaftlichen Rechtsruck. Seit der historischen Krise des Kapitalismus von 2008 haben sich immer mehr autoritäre Staaten etablieren können. Ein Grund dafür ist, dass auch Teile der Bevölkerung sich mehr Stabilität durch starke Führungspersonen erhoffen. In den USA waren es vor allem die Verliere_Innen der Globalisierung und wirtschaftlich Abgehängte, die auf Trumps Versprechen für neue Jobs angesprungen sind. Andererseits besteht die Notwendigkeit für den bürgerlichen Staat im sich zuspitzenden Konkurrenzkampf, alles dafür zu tun, um wettbewerbsfähig zu bleiben. (Mehr dazu erfahrt ihr in dem Artikel „Was ist Imperialismus“.)

 

So bedienen sich auch Staaten im Herzen Europas gerne autoritärer Maßnahmen. Zum Beispiel herrscht in Frankreich nach dem Anschlag immer noch Ausnahmezustand. Das Ausrufen eines Ausnahmezustands bedeutet stets mehr Macht für den jeweiligen Staat und die Einschränkung essentieller demokratischer Rechte wie das Versammlungsrecht. Der Anschlag in Frankreich, der hierfür als Vorwand genommen wird, ist bereits 2 Jahre her und trotzdem wird der Ausnahmezustand immer wieder verlängert. Gerade die Protestbewegung letztes Jahr hat dies zu spüren bekommen, da ihre Forderungen in den Augen des Staates ein Angriff auf die Behauptung des französischen Imperialismus im globalen Kontext war. Alle wollen vorne mitspielen, da sind progressive Aktivist_Innen jeglicher Art eine Gefahr und müssen bekämpft werden. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Verhängung einer lebenslangen Strafe für 13 Gewerkschafter_Innen in Indien für ihren Beitrag im Arbeitskampf.

 

Lage in Deutschland

 

Deutschland ist ebenso wenig frei von dieser Entwicklung. Hierzulande zeigen sich die autoritären Maßnahmen unter anderem im Ausbau der Rechte von Polizei und der Bundeswehr im Inneren.
Auch die gesellschaftliche Lage spitzt sich zu. Insgesamt wurden 2016 laut staatlicher Statistik 12 503 Straftaten mit rechtsextremen Hintergrund verübt, davon 914 Gewalttaten mit 692 Verletzten. Die Dunkelziffer dürfte weit höher sein. Die Schüsse auf das Büro einer LINKEN-Abgeordneten in Sachsen Ende März jedoch hat wenig medialen Aufschrei hervorgebracht, im Vergleich zu Aktionen aus der linken Szene wie den Kampf um die Rigaer Straße letzten Sommer. Hier zeigt sich, dass der Staat auf dem rechten Auge blind ist und zu wessen Gunsten sich die herrschende Klasse positioniert. Rassismus, um die Klasse zu spalten, ist ihnen selbstverständlich lieber als ein Angriff auf die herrschende Klasse selbst. Linke wurden seit jeher mehr als Gefahr angesehen und im Vergleich zu Rechten viel öfter Opfer staatlicher Repression. Gleichzeitig zeigt diese Entwicklung aber auch, dass innerhalb der bürgerlichen Klassenjustiz keine Gerechtigkeit herrscht und nie herrschen kann. Fest steht: Gemeint sind wir alle!
Bei den Protesten gegen G20 dürfen wir davon ausgehen, dass uns viel Repression erwartet, unter anderem weil bereits Monate im Voraus ein Freiluftgefängnis errichtet wurde und die Polizei mehr Rechte bekommen hat. Beispielsweise kann der kleinste Schubser gegen Polizeibeamte schon zu einem Freiheitsentzug führen. Auch wenn die Frage der Repression und vor allem der politischen Gefangenen zurzeit global gesehen ein wichtiges Thema ist, welches uns auch die nächsten Jahre begleiten wird, darf dies unsere Kampfkraft nicht hemmen. Unsere Antwort auf ihre Repression muss daher heißen: Massenhaft, militant, organisiert unsere Forderungen auf die Straße bringen!

 

Daher fordern wir:

 

  • Von Leipzig über Ankara bis nach Gurugram (Indien) Freiheit für alle politischen Gefangenen!
  • Zerschlagt Staat und Kapital! Lasst uns damit am 7. und 8. Juli in Hamburg beginnen!



Mücadeleye Devam – Der Kampf geht weiter!

VON DILARA LORIN

 

Die Türkei, tief gespalten, kurz vor einem noch massiveren Bürgerkrieg und wirtschaftlich total am Ende. Seit dem Referendum am 16.04.2017 ist klar: das Land unter Erdogan und seiner AKP entwickelt sich immer mehr zu einer bonapartistischen Diktatur. Erdogan hat mit dieser Abstimmung deutlich gemacht, dass er mit allen Mitteln versucht hat, seinen Traum vom Präsidialsystem wahr zu machen. Dass Erdogan nur mit 51,4% zu 48,77% „gewonnen“ hat, spielt für ihn keine Rolle. 70% der Bevölkerung wussten nicht genau, worüber sie bei diesem Referendum abstimmten, wie auch die OSZE kritisierte. Viele dachten, und so wurde es auch vom regierungsnahen Lagern beworben, dass es eine Wahl für oder gegen Erdogan sei. Viele wurden bewusst getäuscht und wieder andere wurden mit Angst zurückgedrängt.

 

Schon vor dem Referendum lief ein Krieg gegen das Nein-Lager. Jeglicher Versuch dafür Werbung zu machen, wurde als terroristischer Akt beschrieben und verboten. Im Vorfeld wurden mehr als 150 kritische Nachrichtenkanäle geschlossen, mehr als 130.000 Beamte per Gesetzesdekret entlassen, über die Hälfte der pro-kurdischen und linken Abgeordneten in Untersuchungshaft genommen. Diese kann während des immer noch andauernden Ausnahmezustandes mehrere Jahre lang andauern. Im Osten der Türkei, wo mehrheitlich Minderheiten leben, stieg die Brutalität der Repressionen an. Während des Referendums gab es viele Auseinandersetzungen zwischen den Wähler_Innen und Sicherheitskräften. Des weiteren wurden OSZE Wahlbeauftragte in Diyarbakir an ihrer Arbeit gehindert und es tauchten nach der Wahl immer mehr Videos auf, in denen die Wahlbeobachter der AKP mehrere Stimmzettel zugleich mit JA abstempelten. Das sind nur Bruchteile der Dinge, welche an diesem Tag stattgefunden haben. Der größte Eklat ist jedoch, dass über 2 Millionen ungestempelte, also offiziell nicht von der hohen Wahlkommission zugelassene Stimmzettel auftauchen. Ausnahmslos alle stimmten für „Ja“ und das Gericht entschied, diese gelten zu lassen. Da die Differenz zwischen dem Sieg des „Ja“ und des „Nein“ jedoch unter 2 Millionen liegt, sind diese Stimmen der entscheidende Betrugsfaktor gewesen, über den praktisch sogar international hinweggesehen wird.

 

Dass die Wahl schon im Vorfeld stark beeinflusst war, sieht man an den brutalen Repressionen, die gegen jeglichen demokratischen Protest ausgeübt wurden. Bei den Kommunalwahlen 2014 gewann die kurdische Partei HDP 103 Gemeinden und Städte für sich. Bis heute wurde ein Großteil dieser demokratisch gewählten Bürgermeister_innen abgesetzt, teilweise verhaftet, und durch regierungstreue Zwangsverwalter aus Ankara ersetzt. Viele Menschen waren sich bewusst, dass das Referendum keine legale Abstimmung war und noch am selben Abend gingen in den Großstädten wie Istanbul, Izmir, Mersin und Ankara mehrere tausend Menschen auf die Straße, um gegen das Ergebnis des Referendums zu protestieren. Die Proteste gegen das Ergebnis hielten noch fast 2 Wochen lang an, doch hat es keine Welle von Aufständen verursacht, wie man es sich gewünscht hätte. Aber was ist falsch gelaufen?

 

Probleme der Proteste waren, dass sie nicht über die Forderungen der Neuauszählung der Stimmen, sowie der Nicht-Akzeptanz des Ergebnisses hinaus gegangen sind. Dabei bedarf es Forderungen unter denen sich der Protest ausweiten kann und die Bewegung, welche nach den Wahlen entstand, bündelt. Das Regime von Erdogan muss klar abgelehnt werden und man darf keine Illusionen in Verfahren wie die Neuauszählung der Stimmen setzen. Als ob Gerichte und Polizei nicht von Erdogan kontrolliert werden würden oder es ihn überhaupt interessieren würde! Hier muss konkret die Machtfrage gestellt, beispielsweise in der Forderung nach einer verfassungsgebenden Versammlung, die sowohl die Putschverfassung von 1982 wie auch die Verfassung Erdogans ablehnt.

 

In der aktuellen Situation ist die Linke und Arbeiterbewegung in der Türkei stark geschwächt und in einer Defensive. Aber auch wenn die HDP mit vielen Abgeordneten im Gefängnis, kaum noch kontinuierliche Arbeit leisten kann, hat sie dennoch eine starke Auswirkung auf die kurdische und türkische Bevölkerung in der Türkei. Um sich zu wehren, bedarf es eines gemeinsamen Kampfes der linken Gewerkschaften und Organisationen, aber auch Geflüchteten. Die Organisierung der Menschen ist notwendig, um sie weiter zu bilden, und sie nicht in ihre vier Wände zurück zu drängen. Vor dem Referendum gab es bereits Versammlungen in den einzelnen Stadtteilen, die weitergeführt werden müsste. Gleichzeitig wird es immer notwendiger, Selbstverteidigungsstrukturen aufzubauen, da vor allem die AKP mit ihren paramilitärischen Strukturen prahlt. Es bedarf Selbstverteidigungsstrukturen von Arbeiter_Innen, Jugendlichen und Geflüchteten, die sich gegen Hausdurchsuchungen und Verschleppungen schützen und für die Versammlungsfreiheit eintreten!

 

Und in Deutschland?

 

Hier dürfen wir nicht stillschweigend zuschauen, wenn unsere Genoss_Innen in der Türkei die Gefängnisse füllen! Uns muss bewusst sein, dass der kurdische Befreiungskampf, aber auch der Kampf gegen Erdogan nichts ist, was man nur in der Türkei lösen kann. Wenn wir erfolgreich sein wollen, müssen wir auch hier aktiv sein, denn der Hauptfeind steht im eigenen Land. Monatelang hat die deutsche Regierung geschwiegen, als die Türkei dutzende kurdische Gebiete dem Erdboden gleich gemacht und die Bevölkerung terrorisiert hat. Sie hat geschwiegen, als die Ko-Vorsitzenden der HDP ins Gefängnis gesteckt wurden, sie hat geschwiegen als Versammlungsrechte und Pressefreiheit angegriffen wurden. Noch mehr als das: Sie setzt das Interesse Erdogans in Deutschland um! Dabei ist der Böhmermann-Skandal nur ein kleiner Nebenschauplatz. Denn seit Jahren wird die kurdische und türkische Linke in Deutschland kriminalisiert und verfolgt. Deswegen fordern wir: Weg mit dem dem Flaggenverbot, weg mit dem Verbot der PKK, weg mit 129a und b! Schluss mit wahllosen Hausdurchsuchungen unserer Genoss_Innen, keine Zwangsabschiebungen in die Türkei und Aufhebung des Flüchtlingsdeals zwischen der EU und der Türkei!

 

Konkret heißt das: Dort wo möglich versuchen wir es, unseren Genoss_Innen zu ermöglichen die Fahnen ihrer Wahl zu tragen. Es bedarf aber auch die Verbindung von Kämpfen auf anderer Ebene:

 

Wir müssen Seite an Seite mit türkischen Linken und de Arbeiterklasse kämpfen und versuchen den Keil zwischen der türkischen und kurdischen Linken zu entfernen. Der Kampf gegen Unterdrückung ist International, was bedeute Solidarität statt Nationalismus und Sektierertum. Darum ist es wichtig, auf die Straße zu gehen, um gegen Merkel zu protestieren, die auch heute nicht den Flüchtlingsdeal mit einer Türkei gebrochen hat, die überlegt, die Todesstrafe einzuführen. Die Wirtschaftsdeals laufen fröhlich weiter, beispielsweise soll in der Türkei eine Panzerfabrik der Firma Rheinmetall gebaut werden. In Deutschland wächst durch solch eine Politik vor allem das rechte Lager an, aus dem chauvinistische Stimmen lauter werden, die fordern, dass alle Ja- Stimmenden in die Türkei zurück gebracht werden sollen. Unser Kampf darf aber nicht bei der Solidarität aufhören, er muss ebenso gegen den antimuslimischen Rassismus hier in Deutschland geführt werden, welcher den Rechtsruck verdeutlicht und begünstigt hat. Schließlich wirkt sich dieser auch auf die kurdische und türkische Linke aus und betrifft nicht nur Geflüchtete. Denn in dem rechten Klima ist es leichter für türkische und deutsche Rassist_Innen sich zu verankern und uns anzugreifen! Außerdem wirkt es sich auf das gesamte Bewusstsein der Arbeiter_Innenklasse negativ aus.

 

Deswegen brauchen wir gemeinsame Aktionen und Demonstrationen mit der kurdischen, türkischen Linken, den Geflüchteten und der deutschen Arbeiterklasse um mehr Druck gegenüber dem Merkel-Erdogan-Pakt aufzubauen. Wir sagen: Hoch die internationale Solidarität und für einen militanten gemeinsamen Widerstand in der Türkei gegen den Bonaparten Erdogan, offene Grenzen für alle!

 




Der CSD – buntes Treiben oder Kampftag für LGBTIA* Rechte?

VON LEONIE SCHMIDT
Laute Technomusik, viele buntgeschminkte Menschen und über ihnen wehen Fahnen, meist im Spektrum des Regenbogens. Ebenso sieht man Wagen von Initiativen sowie Ländern und Konzernen. Alle zusammen feiern eine riesige Party der LGBTIA*-Rechte. Die Rede ist vom Christopher Street Day.

 

Der Ursprung

 

Häufig ist der Ursprung des CSD nur noch wenigen Demonstrationsteilnehmer_Innen wirklich bewusst. In den 1960er Jahren hatte es in New York immer wieder übermäßige Razzien in Bars für Trans- und Homosexuelle gegeben. Vor allem Afro- und Lateinamerikaner_Innen traf die Schikane der Polizist_Innen. So auch im Stonewall Inn, in der New Yorker Christopher Street, wo eine Polizeikontrolle durchgeführt wurde und auch Anwesende verhaftet worden sind. Doch zum ersten Mal in der Geschichte der LGBTIA*-Bewegung ließen sich die sexuell Unterdrückten die Prozedur nicht gefallen – dies ist als Stonewallaufstand in die Geschichte eingegangen.
Vornehmlich afro- und lateinamerikanische Drags, Transmenschen und Homosexuelle wehrten sich. Sie konnten die Polizei vertreiben, aber dafür griff diese im Laufe der Nacht einige Drags und Transmenschen auf und misshandelten sie. Daraufhin kam es in den nächsten Tagen zu größeren Demonstrationen und kämpferischen Auseinandersetzungen rund um das Stonewell Inn.

 

Der CSD wurde als eine Art Gedenktag angesetzt und wird heutzutage hauptsächlich als „Gay Pride“ begangen. Dabei geht es vor allem darum, die eigene sexuelle und geschlechtliche Identität nach außen zu tragen. Das an sich soll hier nicht kritisiert werden. Was aber scheinheilig ist, ist dass auch Parteien und Konzerne mitlaufen, obwohl ihre Politik oftmals zu Ungunsten der LGBTIA*-Community ist und gleichzeitig eine Entpolitisierung des Protestes stattfindet. Zudem ist die Ignoranz der Demonstrationsteilnehmer_Innen gegenüber der weitreichenderen sexuellen Unterdrückung anzumerken. Denn diese ist nicht nur im Alltag vorhanden, wie oft von Redner_Innen auf dem CSD beschrieben wird (wenngleich diese natürlich auch äußerst unangenehm und zu bekämpfen ist), sondern hauptsächlich strukturell angesiedelt.

 

Die Situation heutzutage

 

Auch Deutschland ist nicht so offen gegenüber einem Leben fernab der heterosexuellen Norm wie es gerne vorgibt zu sein. So ist es zu bemängeln, dass mensch im Aufklärungsunterricht in der Schule nie wirklich etwas über queeren Sex hört oder gar erklärt bekommt, wie beispielsweise Safer Sex aussieht, wenn man sich nicht vor Schwangerschaften schützen muss und auch kein Kondom zum Einsatz kommen kann. In vielen Ländern sind LGBTIA*s auch staatlichen Gewalttaten ausgesetzt, unter anderem in Russland, wo in den letzten Jahren eine regelrechte Hetzjagd auf Homosexuelle durchgeführt wurde. Zurzeit werden besonders in Tschetschenien, vom dortigen Ministerpräsidenten Kadyrow unterstützt, Schwule verschleppt, misshandelt und letztendlich in Lagern ermordet. Auch in den USA geht es für LGBTIA*s nicht gerade lustig zu: alleine im Jahr 2017 gab es bisher 9 Morde, vornehmlich an Trans*Frauen of Color.

 

Gleichzeitig werden aber auch Länder glorifiziert, bei denen es angeblich ganz fortschrittliche und tolle Rechte für sexuell Unterdrückte gibt. In Teilen der deutschen Linken und der liberalen LGBTIA* Bewegung ist es nämlich nichts ungewöhnliches, wenn Israel für sein tolles Engagement im queeren Bereich verehrt wird. Pinkwashing nennt sich das. Es soll aufzeigen, wie modern und progressiv ein Staat ist und wie im Fall Israels davon ablenken, dass gleichzeitig die Menschenrechte der Palästinenser_Innen, und seien sie noch so queer, mit Füßen getreten werden und soll außerdem die queeren Menschen von anderen, ebenfalls unterdrückten Gruppen isolieren. Auch wird der direkte Vergleich zu angeblich barbarischen und homophoben Gruppen gezogen, um diese weiterhin zu unterdrücken. Somit kann eben zum Beispiel die israelische Regierung ihren Kolonialismus vorantreiben und die Islamophobie propagandistisch ausnutzen. Sicher, in der arabischen Welt gibt es immer noch Homophobie, aber genauso ist es überall auf der ganzen Welt, weil es leider nach wie vor ein universelles Problem ist. Pinkwashing ist und bleibt also ein Instrument zur Spaltung.

 

Für uns ist klar, dass es im Kapitalismus nicht möglich sein wird, sich von sexueller Unterdrückung, genau wie von Sexismus, zu befreien. Durch die Notwendigkeit der bürgerlichen Familie (Mutter, Vater, Kinder) im kapitalistischen System wird auch diese immer die Norm bleiben und besonders geschützt werden, während LGBTIA*-Familien oder Beziehungen immer als unnatürlich bezeichnet werden. Erst auf dem Weg zum Kommunismus über den Sozialismus kann sich dieser gesellschaftliche Widerspruch auflösen.

 

Was tun?
Aufgrund der strukturellen Unterdrückung von LGBTIA*s ist es aber gerade wichtig, dagegen anzukämpfen und auf dem CSD nicht nur zu feiern, dass man „anders“ ist. Es reicht eben nicht aus, ein paar Regenbogenfahnen zu schwingen und durch die Straßen zu tanzen. Nein, für die Rechte der LGBTIA*s muss aktiv und zur Not auch militant eingetreten werden. Auch und besonders von Seiten der heteronormativen Gesellschaft. Der CSD muss wieder kämpferisch werden! Trotzdem muss der Kampf gegen sexuelle Unterdrückung als ein täglicher Kampf angesehen werden, der nicht nur einmal jährlich, sondern bei allen politischen Fragen egal ob Flucht, Armut oder Bildung geführt werden muss. Gleichzeitig kann auch dieser Kampf nur gewonnen werden, wenn er eingebettet ist in den gemeinsamen Kampf aller Unterdrückten weltweit.

 

Wir fordern:

 

  • Volle Legalisierung von LGBTIA* weltweit und gleiche Rechte in ihren Beziehungen (finanzielle Gleichstellung, Adoptionsrecht)!dass im Aufklärungsunterricht LGBTIA*-Beziehungen und Heterosexualität gleichwertig dargestellt und gleich ausführlich behandelt werden!
  • Selbstverteidigungskomitees für LGBTIA*s gegen Übergriffe und das Caucusrecht in der Arbeiter_Innenbewegung!



Warum sollten Jugendliche gegen G20 protestieren?

VON JAQUELINE KATHERINA SINGH

 

Jährlich verhungern 8,8 Millionen Menschen. 1,2 Milliarden Menschen haben nicht mehr als 1€ pro Tag zur Verfügung. Wenn wir die Umwelt weiter wie bisher zerstören, brauchen wir bis 2035 spätestens eine zweite Erde. Und das sind nur einige der Probleme, die wir hier haben.
Doch was hat das Ganze mit dem G20-Gipfel am 7. und 8. Juni in Hamburg zu tun? Ganz einfach: Dieser Gipfel ist die Spitze des Eisbergs. Die mächtigsten Staatsoberhäupter, unzählige Lobbyist_Innen und Institutionen wie der IWF kommen zusammen, reden über die Probleme der Welt und versuchen dabei, ihre eigenen Interessen durchzusetzen.
Unter der Wasseroberfläche ist aber der gigantische Klotz an Problemen, die sie mit ihrer Politik produzieren: Hunger, Umweltzerstörung, Krieg, Armut und Ausbeutung. Aber warum sollten wir Jugendliche gegen den G20 Gipfel protestieren? Weil wir diejenigen sind, die unter der aktuellen Politik und ihren Folgen leiden müssen!

 

Die Situation ist angespannt…

 

Das Bild, was die G20-Teilnehmer_Innen in der Vergangenheit nach Außen getragen haben, ist am bröckeln. Ursprünglich entstand das Treffen aus der Not heraus: Die Weltwirtschaftskrise 2008/09 erforderte, dass vorher schon existierende Treffen der Finanzminister_Innen so umzuformen, dass sich stattdessen alle Staatsoberhäupter treffen.

 

Doch seitdem ist viel passiert: Mit dem Ukraine-Konflikt ist Russland aus den G8 Staaten geflogen, als Zeichen, dass es seine Politik nicht einfach so ohne Folgen umsetzen kann. Trump ist Präsident und droht offen anderen Ländern mit Krieg. Das sind nur einige Beispiele für die zunehmenden internationalen Spannungen, die das schöne Bild der Nationen, die „gemeinsam“ versuchen, die Probleme der Welt zu lösen, ins Wanken geraten lässt.

 

Aber warum ist das eigentlich so?

 

Oben schon mal am Rande erwähnt, müssen wir, wenn wir diese Frage beantworten wollen, uns die Weltwirtschaftskrise 2008/09 ein bisschen genauer anschauen. Während wir hier in Deutschland nicht besonders viel von dieser Krise gemerkt haben und uns höchstens daran erinnern, dass man sich als Reaktion darauf ein neues Auto billiger anschaffen konnte, sieht das in anderen Ländern ganz anders aus.

 

Ein Beispiel, das besonders deutlich macht, dass so eine Krise existiert und zu Lasten der Bevölkerung geht, ist Griechenland. Die angeblichen „Rettungspakte“ sind an Sparmaßnahmen geknüpft, die die Bevölkerung dort in massive Armut gestürzt haben. So sind aktuell immernoch knapp 50% der Jugendlichen arbeitslos und über 300 000 Angestellte verdienen im Monat gerade mal zwischen 100 und 400€. Und das, obwohl viele von ihnen in ihrer Stelle informell zu einer 40-Stunden Woche gezwungen werden!
Auch in anderen Ländern wie Spanien hat die Krise hart zugeschlagen. In Frankreich ein bisschen weniger, aber immernoch genug, um den französischen Imperialismus langfristig zu schwächen. Im Zuge dessen sind gerade im Bereich der Bildung massive Kürzungen gefahren worden. Zudem haben Jugendliche und auch Frauen massiv ihre Jobs verloren oder haben aufgrund der Ausweitung von Leih- und Zeitarbeit eine unsichere, schlecht bezahlte Zukunftperspektive aufgetischt bekommen. Aber mit der Krise sind nicht nur Angriffe auf uns einher gegangen. Sie hat auch dafür gesorgt, dass eine internationale Konkurrenz sich verschärft und daraus einige andere Dinge ins Rollen gekommen sind…

 

Internationaler Rechtsruck

 

Ob Trump, LePen, Erdogan oder May: Überall auf der Welt sehen wir Rassist_Innen und rechte Populist_Innen im Auschwung oder an der Regierung. Nationaler Chauvinismus, sowie dumme Stereotype nehmen zu. Mit ihnen kommt auch der Ruf, die Grenzen zu schließen, massenhaft Menschen abzuschieben und Geflüchtete und Migrant_Innen zu Menschen zweiter Klasse herabzusetzen.

 

Warum? Verkürzt kann man sagen, dass insbesondere kleinere Firmen, also mittelständische Unternehmen, Angst haben, ihre Stellung zu verlieren. Die zunehmende Monopolisierung, aber halt auch die Auswirkungen der Krise befeuern ihre Angst, sozial abzusteigen und selber zu Arbeiter_Innen zu werden. Deswegen fangen sie an, herumzubrüllen: Protektionismus, Nationalchauvinismus, Standortborniertheit, das sind ihre Argumente, um sich zu schützen. Kurz gesagt: Sie wollen das Rad der Zeit aufhalten, um nicht ihren Reichtum zu verlieren; sich gegen die internationale, arbeitsteilige Struktur des Gesellschaftssystems stellen. Weil es zusätzlich im Großteil der Welt keine starke Linke gibt, die eine klare Kante gegen den Rassismus stellt und gleichzeitig Forderungen aufgreift, die die Situation von Arbeiter_Innen und Jugendlichen verbessern würde, rutschen dann auch Teile dieser nach rechts. Dabei hat dieser Rechtsruck für uns Jugendliche ziemlich beschissene Folgen! Für Manche von uns bedeutet das, dass sie selbst oder ihre Freund_Innen in Kriegs- und Krisengebiete abgeschoben werden. Das Schließen der Grenzen bedeutet eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit für uns Alle.

 

Daneben bedeutet das Erstarken der Rechten auch eine physische Bedrohung für Menschen mit Migrationshintergrund, sowie Linke. Dass das nicht aus der Luft gegriffen ist, sehen wir, wenn wir einen Blick nach Polen werfen. Dort werden regelmäßig Linke von Faschist_Innen gejagt. Aber auch hier in Deutschland hat sich in den letzten zwei Jahren etwas verändert. Während die NDP noch in den 90ern für den Slogan „Kriminielle Ausländer abschieben!“ verachtet wurde, ist das Heute gängige Praxis. Auch häufen sich rechte Straftaten und physische Angriffe. Brandanschläge auf Unterkünfte von Geflüchteten haben sich in den letzten 3 Jahren mehr als verdoppelt. Das wollen wir nicht hinnehmen! Bei den Gegenprotesten zu G20 kämpfen wir für offene Grenzen und Staatsbürger_Innenrechte für Alle! Wir kämpfen gegen das Erstarken der Rassist_Innen und Rechtspopulist_Innen und die Politik, die ihr entstehen überhaupt erst ermöglicht!

 

Kampf um die Neuaufteilung der Welt

 

Aber das ist nicht Alles: Gleichzeitig zum Rassismus steigt auch die Militarisierung. Die aktuellen Schlagzeilen lassen bei uns ein mulmiges Gefühl entstehen, wenn wir die Zeitung aufschlagen oder uns die Nachrichten anhören. Ob nun der Krieg in Syrien, die Grabkämpfe zwischen China und den USA im Pazifik oder die Sanktionen gegen Russland. Weltweit scheint der Frieden zu bröckeln. Allein in den Konflikten in Afghanistan, dem Iran, der Ukraine und Syrien sind über 3 050 000 Menschen gestorben und einige dieser Konflikte fordern auch heute noch regelmäßig Tote. In jeder dieser Auseinandersetzungen waren übrigens mehrere G20-Staaten beteiligt und haben versucht, ihr eigenes Interesse durchzusetzen, wie beispielsweise die USA und Russland in Syrien und der Ukraine.

 

Nicht besser wird das Ganze dadurch, dass parallel die weltweiten Rüstungsausgaben steigen, Truppen verschoben werden und die Werbung für’s Militär mehr und mehr in den Alltag rückt. Sei es nun in China, wo die Volksbefreiungsarmee mit Rapvideos für sich wirbt oder in Deutschland, wo die Bundeswehr zu kostenlosen IT-Camps mit Videospielen einlädt. Dies passiert wiederum kurz gesagt deswegen, weil die Möglichkeit, andere Länder auszubeuten, sich mehr und mehr erschöpft und der Verteilungskampf auf direkterer Ebene geführt wird.

 

Für uns bedeutet dass, dass wir zusehen müssen wie immer mehr und mehr Geld in die Waffenindustrie geblasen wird, während es an andere Stelle fehlt. Letztendlich bedeutet es auch, dass wir im Falle eines Krieges unser Leben für eine Politik, die wir nicht zu verantworten haben und Profite, die wir nie zu Gesicht bekommen, geben müssen.

 

Deswegen sagen wir: Krieg dem Krieg! Raus mit allen imperialistischen Truppen, stoppt die Waffenexporte! Kein Mensch, kein Cent dem Militarismus!
All diese Dinge zeigen uns, dass die Tagesordnung der G20 nichts als heiße Luft ist. Klar: Sie sprechen schon über die Umweltzerstörung, Gesundheit und die Frage, wie sie das Wirtschaftswachstum ankurbeln können. Aber dabei sind sie nicht an unserer Zukunft interessiert, sondern an ihren Profiten! Wenn’s nach denen geht, dann sind Krieg, Armut und Ausbeutung eine tolle Sache! Schließlich nützt ihnen das am meisten. Aber wie können wir eigentlich klar machen, was unsere Position ist?

 

Widerstand ja — aber wie?

 

In der Vergangenheit appellierten NGO’s wie Greenpeace, Netzwerke wie Attac, Gewerkschaften und sozialdemokratische Parteien wie die SPD oder die Linkspartei immer wieder an das Gewissen von G8 oder G20. Diese Appelle weckten die Illusion, dass die Welt innerhalb des Kapitalismus, gemeinsam mit den Herrschenden der G-Staaten, grundlegend zu verbessern wäre.

 

Die vergangenen Jahre haben aber gezeigt, dass unsere Rechte und Interessen nur gegen sie mit massivem Widerstand verteidigt werden konnten. Streiks, Demonstrationen und Besetzungen waren erfolgreiche Mittel. Mit netten Bitten, dass die Kapitalist_Innen mal eben auf ihren Gewinn verzichten oder mal einer energischen Rede auf einer Kundgebung, die im Nichts verhallt, haben wir nicht besonders viel Erfolg.

 

Uns muss klar sein: Die Vertreter_Innen der G20 repräsentieren das Interesse der 1% der Weltbevölkerung, die 80% des Reichtums besitzt. Die wollen nicht gemeinsam mit uns die Welt verbessern, die wollen sie und uns gegen unseren Willen ausrauben!

 

Was es braucht, das ist Druck. Druck durch massenhaftes, militantes und organisiertes Auftreten. Druck durch den Großteil der Bevölkerung. Aber das erreichen wir nicht einfach so. Für eine große Mobilisierung bedarf es Basiskomittees, die wir an den Orten aufbauen, an denen wir uns tagtäglich aufhalten müssen. Also der Schule, den Unis und Betrieben. Dort kann es dann Vollversammlungen, Veranstaltungen und Diskussionen über den G20-Gipfel geben, um eine breite Mobilisierung zu gewährleisten. Hierbei ist ebenfalls anzumerken, dass, auch wenn wir die Politik der obengenannten Organisationen nicht teilen, wir die Notwendigkeit im gemeinsamen Widerstand gegen die Folgen der Krise und ihre Verursacher_Innen sehen. Gerade aktuell, wo die Konkurrenz und Streitigkeiten unter den Herrschenden zunehmen, müssen wir gemeinsam mit der Arbeiter_Innenklasse und ihren Organisationen Einigkeit in der Aktion zeigen.

 

Und über die Gegenproteste hinaus?

 

Nach den G20-Gipfel-Protesten wird der Kapitalismus nicht gestürzt sein. Aber was muss man eigentlich dafür tun, dass das klappt? Unserer Meinung nach bedarf es einer Organisation mit einem revolutionären Programm, die bewusst in Bewegungen und aktuelle Kämpfe eingreift und eine Perspektive aufwirft. Dabei ist das Programm zwar in Schrift festgehalten, aber noch lange nicht in Stein gemeißelt! Jeder Mensch mit revolutionären Anspruch muss sich vornehmen, seine Politik in der Praxis zu überprüfen, sich weiterzuentwickeln und seine Fehler einzugestehen. Nur so kann man verhindern, dass man Politik macht, die nicht an der Realität vorbei geht.
Trotzdem ist es wichtig, eine gemeinsame Grundlage für die Arbeit miteinander zu haben und aus den Fehlern, die in der Vergangenheit gemacht wurden, zu lernen. Deswegen erachten wir ein Programm überhaupt als notwendig.

 

Aber das ist noch nicht Alles. Überall auf der Welt gibt es Jugendliche, die ihre Situation nicht einfach so hinnehmen wollen. Beispielsweise die Jugendlichen in Brasilien. Die haben im vergangenen Herbst mehr als 1000 Schulen und 100 Universitäten besetzt als Zeichen des Protests gegen eine geplante Bildungsreform, bei der unter anderem sämtliche gesellschaftswissenschaftliche Fächer gestrichen werden sollten. Die brasilianische Jugend ist aber nicht bei den Besetzungen stehen geblieben. Sie haben ihre Proteste an die „Fora-Temer“-Bewegung angeschlossen (heißt soviel wie „Gegen-Temer“). Temer ist der Präsident, der sich im vergangenen Jahr an die Regierung geputscht hat und versucht, die Sparpakete durchzusetzen. Diese Bewegung hat am 28. April einen Generalstreik gegen die Kürzungen getragen, bei der sich 40 Millionen Menschen beteiligt haben! Auch in anderen Ländern können wir sehen, wie Jugendliche für ihre Rechte kämpfen. Sei es nun in Spanien, Südafrika, Palästina oder Frankreich und der Türkei.

 

Was damit gesagt werden soll, ist Folgendes: Der Kapitalismus ist auf der ganzen Welt zu finden. Wenn wir ihn stürzen wollen, dann müssen wir uns ebenfalls international organisieren und die internationalen Kämpfe der Jugend zusammenführen, sowie gemeinsam Antwort auf die brennensten Fragen der Jugendlichen auf der ganzen Welt geben. Deswegen werfen wir von REVOLUTION die Forderung zur Gründung einer neuen Jugendinternationale auf, die genau das umsetzt.

 

  • Lasst die Reichen für ihre Krise zahlen! Keine Bankenrettungen, Subventionen für Unternehmen etc. auf Kosten der Jugend, der Arbeiter_Innenklasse und der einfachen Bevölkerung!
  • Gegen Lohnkürzungen, Entlassungen und Werksschließungen – Für die Verstaatlichung von Betrieben, die solche Maßnahmen durchsetzen wollen unter Arbeiter_Innenkontrolle!
    Stoppt die Sparpakete, Schluss mit Sozialkahlschlag und Bildungsabbau! Stattdessen: Für ein Programm gesellschaftlich nützlicher Arbeiten, wie dem Ausbau des öffentlichen Nah -und Fernverkehrs und regenerativer Energien, sowie dem Bau neuer Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Freizeit- und Kultureinrichtungen! Bezahlt werden soll das aus dem Reichtum und den Profiten der Kapitalist_Innen!
  • Stoppt die imperialistischen Kriegseinsätze, Schluss mit den Waffenexporten!
  • Kampf dem Rassismus! Für offene Grenzen, Staatsbürger_Innenrechte für alle und Selbstverteidungskomittees von Arbeiter_Innen, Jugendlichen und Gefllüchteten!
  • Schluss mit dem Ringen um Profite über Spekulationen – Verstaatlichung des Bankenwesens zu einer Zentralbank unter Arbeiter_innenkontrolle!
  • Lasst uns für diese Forderungen und gegen die Angriffe des Kapitals und der G20 kämpfen – für Massenmobilisierungen von Gewerkschaften, Arbeiter_Innenparteien und Linken gegen die Krise, international! Für die internationale Koordination von Besetzungen und Generalstreiks!

 

Exklusiv: gute Frage – gute Antwort

Warum ist Deutschland nicht so stark von der Krise betroffen?

 

Zum Einen liegt das daran, dass ein größerer Angriff auf uns Arbeiter_Innen und Jugendliche bereits vor 2008/09 gefahren worden ist: die Agenda 2010. Einige von euch haben den Begriff vielleicht schonmal gehört in Verbindung mit HartzIV. Aber das war nicht das Einzige, was im Rahmen dieser Sparmaßnahme mit eingeführt worden ist. Auch die Zahl an Leih- und Zeitarbeit ist seitdem in die Höhe gestiegen. Zusätzlich wurde auch an sozialen Einrichtungen ordentlich gespart. In großen Städten müssen Jugendzentren und Freiräume Investoren weichen, damit diese mit überteuerten Lofts Geld verdienen können. Auf Döfern sieht’s da nicht besser aus. Daneben sind die Reallöhne gesunken und haben damit die Auswirkungen der Kise für die Kapitalist_Innen abgefedert.

 

Zum Anderen ist aber auch klar zu sagen, dass der deutsche Imperialismus deutlich von der Krise profitiert hat. Während andere Länder in der Krise gesteckt haben und von der EU (unter dem Drängen von Deutschland) Spar- und Rettungspakete auflerlegt bekommen haben, haben sich deutsche Firmen an den Auswirkungen der Krise bereichert. Siehe dazu auch unseren Artikel „Was ist Imperialismus?“ (S. 11)