Parlamentswahlen in der Türkei – ein bisschen Sand im Getriebe

Dies ist ein aktualisierter Artikel aus unserer aktuellen Zeitung, welche Ende Juli – also vor Erdogans Krieg in Kurdistan und Syrien –  erschienen ist. Den ursprünglichen Artikel findet ihr hier: http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/parlamentswahlen-in-der-tuerkei-ende-der-alleinherrschaft-erdogans-und-dann/

Die Parlamentswahlen in der Türkei am 07. Juni 2015 fanden vor einem besonderen politischen Hintergrund statt. Die AKP (Adalet ve Kalk?nma Partisi – Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) prägt seit ihrer Übernahme der Regierung vor 13 Jahren das Land mit ihrem islamistisch-konservativen Kurs. Erst im Februar 2015 verabschiedete sie im Parlament ein neues „Sicherheits“gesetz, nach dem Demonstrationen ohne gerichtlichen Beschluss verboten und Polizisten auf Demonstranten schießen dürfen. Um weitere repressive Gesetze beschließen zu können, plante Recep Tayyip Erdogan das Präsidialsystem einzuführen. Dafür wäre eine absolute Mehrheit bei den nationalen Wahlen nötig gewesen.

Für viele Jugendliche und andere sozial Unterdrückte, beispielsweise Kurd_innen, Frauen, Alewit_innen1, Atheist_innen und Homosexuelle schien jedoch eine neue Partei der ersehnte Hoffnungsträger zu sein. Die HDP (Halklar?n Demokratik Partisi – Demokratische Partei der Völker) ist die einzige Partei mit einer männlichen und weiblichen Doppelspitze und fordert Gleichberechtigung und friedliches Zusammenleben für alle Menschen, die in der Türkei leben. Viele Anhänger_innen der PKK wählten sie, deren politischer Arm BDP die HDP dominiert. Dieses Jahr trat die HDP das erste Mal zu den Wahlen an und musste die 10 Prozent Hürde überwinden (im Vergleich, in Deutschland sind es 5 Prozent) um ins Parlament einzuziehen. Die HDP wurde als die gefährlichste Oppositionspartei dargestellt. Nicht nur in den Medien wurde gegen sie gehetzt, auch gegen ihre Büros, ihre Wahlveranstaltungen und einzelne UnterstützerInnen gab es Anschläge, bei denen Menschen getötet und schwer verletzt wurden.

Bis zuletzt war noch unklar, ob die HDP diese 10-Prozent-Hürde überwinden würde, deshalb waren die erreichten 13,12 Prozent ein großer Erfolg, der in der Türkei ausgiebig gefeiert wurde. Die erste große Niederlage seit 13 Jahren musste jedoch die regierende AKP einstecken. Auch wenn sie mit 40,9 Prozent die Wahl klar gewonnen haben, müssten sie nun in einer Koalition regieren. An erste Stelle käme dafür die MHP (Milliyetci Hareket Partisi – Partei der nationalistischen Bewegung) in Frage. Dies ist eine nationalistisch-faschistische Partei, die bekannt ist für ihre militante Verteidigung des „Türkentums“ und ihre Kompromisslosigkeit in der Kurdenfrage. Dass sie über 5 Prozent mehr als bei den letzten Wahlen erhielt (von ca. 11 auf 16,3 Prozent) ist darauf zurück zu führen, dass sie sich als Bollwerk gegen die kurdische Bewegung darstellten, der sie die Spaltung des Landes und Kooperation mit „Terroristen“ unterstellen. Die kemalistische2 Partei CHP (Cumhurriyet Halk Partisi) ist nach wie vor zweitstärkste Partei im Parlament und käme zwar auch als Koalitionspartner in Frage, jedoch geht keine der anderen Parteien auf ihre Verhandlungsangebote ein. Die Bildung einer Regierung ohne die AKP, die dann aus CHP-MHP-HDP bestünde, hielten viele für Ausgeschlossen, jedoch äußerten sich einige HDP-Abgeordnete einer „Anti-Erdogan-Koalition“ gegenüber nicht nur ablehnend. Aus ihren Reihen kamen sogar Stimmen, die eine Regierung aus allen Parteien, also der „nationalen Einheit“ befürworteten. Falls sich bis Mitte August keine Regierung bildet, muss der Präsident zu Neuwahlen aufrufen. Dabei könnte die HDP wichtige Stimmen verlieren, die es aktuell verhindern, dass Erdogan das diktatorische Präsidialsystem einführen kann. Trotz seiner Niederlage ist die AKP nach wie vor mit großem Abstand die stärkste Partei und ihre politische Macht darf auf keinen Fall unterschätzt werden! Von ihrer Seite gibt es jedoch noch keinen klaren Favoriten für eine Koalition.

Vor allem im Osten, in den kurdischen Gebieten, ist die HDP die stärkste Partei geworden. Obwohl sie auch Teile der türkischen Linken vereint und diese zu ihrer Wahl aufgerufen haben, ist ihr Einfluss im Westen der Türkei nach wie vor sehr gering. Ihre deutliche Unterstützung der Kurd_innen sammelt einige fortschrittliche Türk_innen in ihren Reihen und ist ein Ansatz, um die nationale Spaltung in der Türkei zu überwinden. Jedoch lenkt dies auch ab von der tatsächlichen Spaltung, die zu Unterdrückung und Ausbeutung führt: die Spaltung in Klassen. Nicht allein ob man türkisch oder kurdisch ist, entscheidet über politische Fortschrittlichkeit. Die Jugendlichen und die Frauen werden durch die patriarchale Familie überall unterdrückt. Die Arbeiter_innen in Ankara werden an ihrem Arbeitsplatz genau so ausgebeutet wie die Arbeiter_innen in Mardin. Und an keinem Ort in der Türkei ist es leicht, sich als homosexuell zu outen, wie die aktuelle Polizeirepression gegen die Gay-Pride-Parade zeigt. Obwohl die HDP sich offen gegen Frauenunterdrückung, Ausbeutung und für sexuelle Freiheit ausspricht, geht ihr Programm nicht an die kapitalistischen Wurzeln des Problems. Sie hat letztlich einen kleinbürgerlichen Klassenstandpunkt, Teile von ihr sind zudem kurdisch-nationalistisch eingestellt.

Natürlich muss man den Kampf der Kurd_innen gegen den türkischen Staat unterstützen, der ihnen seit Jahren viele Rechte verwehrt, jedoch wäre ein autonomer kurdischer Staat nicht automatisch ein sozialistischer, der frei ist von all diesen Problemen. Ebenso wenig wird in keinem Parlament der Welt jemals über die Enteignung, Vergesellschaftung und Arbeiter_innenkontrolle von Produktionsmitteln abgestimmt werden.

Wie weiter?

Dass es gefährlich ist, abzuwarten, welche Regierung sich die AKP zusammen bastelt und in der Vorstellung zu verharren, dass Erdogan sich moralisch belehren ließe, zeigt die aktuelle Lage. In den letzten Wochen tauchten immer mehr handfeste Beweise für die Zusammenarbeit des Türkischen und Islamischen Staates in den Medien auf. Die syrisch-kurdische Stadt Rojava wurde erneut vom IS angegriffen, dieses Mal sogar von türkischem Staatsgebiet und Erdogan plant eine Militärintervention nach Syrien. Gleichzeitig bleiben Proteste in der Türkei gegen diesen Kriegseinsatz aus.

Für die Ziele, die die HDP erreichen will, ist ein politischer Klassenkampf, sind Massenmobilisierungen notwendig. Der momentane Kurs der HDP, der auf eine bloße Reformierung und punktuelle Veränderung des Staates ausgerichtet ist, wird keine wesentlichen Erfolge erringen, sondern statt dessen zu einer großen Enttäuschung der Wähler_innen führen. Daher gilt es für die linken, proletarischen, kämpferischen Teile in der HDP aktiv eine Alternative zu dieser Politik zu entwickeln, einen Flügel aufzubauen, der für eine revolutionäre Arbeiter_innenpartei kämpft – und damit auch für einen Bruch mit der aktuellen Ausrichtung der HDP.

Dazu muss von der HDP gefordert werden, die sozialen Kämpfe im ganzen Land voranzubringen und zu organisieren, die sich gegen die neoliberale Wirtschaft richten, gegen die Unterstützung von reaktionären Kräften wie dem Islamischen Staat und natürlich gegen die Unterdrückung sämtlicher Minderheiten in der Türkei. Sie muss dazu Aufrufen Aktionskomitees zu gründen, die die Proteste koordinieren und die Verbindung zur türkischen Arbeiter_innenklasse suchen. Das türkische und kurdische Proletariat sollte im Falle eines türkischen Einmarsch in Syrien oder einer Alleinherrschaft Erdogans zum unbefristeten Generalstreik dagegen mobilisiert werden und Streikkomitees aufbauen. Zudem sollte die HDP zum Aufbau von Selbstverteidigungsstrukturen der Bewegung aufrufen, um bspw. Demos gegen die Polizei oder Frauen vor Vergewaltigungen zu schützen. Ein wichtiger Teil der gesellschaftlichen Basis dafür findet sich bereits in der Wählerschaft der HDP. Dieses große Potenzial, das vor allem in der Jugend liegt, muss nun durch ein revolutionäres, sozialistisches Programm gebündelt werden.

Wir sagen deutlich:

Kein Kriegseinsatz in Syrien! Keine Angriffe auf Kurd_innen – in keinem Land!
Keine Beteiligung der HDP an einer Regierung mit Nationalisten, Islamisten und Faschisten!
Für einen säkularen Staat (Trennung von Staat und Religion)!
Aufbau einer landesweiten Arbeiter_innenpartei und Kampf um ein revolutionäres Programm in dieser!

Tek yol- Devrim! One solution- Revolution!

Ein Artikel von Svenja Spunck & Mahir Gezmis, REVOLUTION Berlin

(1)Das Alewitentum bezeichnet eine religiöse Gruppe. Es gibt zwar eine historische Verbindung zum schiitischen Islam, jedoch bezeichnen sich auch viele Alewiten nicht als Muslime. Etwas 15 Prozent der Einwohner in der Türkei sind Alewiten, jedoch sind sie dort bis heute nicht als religiöse Minderheit anerkannt.
(2) Der Kemalismus war die Staatsideologie der Türkei, die 1923 von Mustafa Kemal Atatürk gegründet wurde. Ein besonders wichtiger Aspekt ist der Laizismus, also die Trennung von Staat und Religion, aber auch der Nationalismus, welcher sich gegen ein multiethnisches Staatskonzept richtet, wie es im osmanischen Reich bestand. Der Kemalismus verankert das „Türkentum“ in der Verfassung, auf dessen Beleidigung Strafen erfolgen. Durch diese Staatsideologie wurden Grundsteine zur Unterdrückung vieler Minderheit in der Türkei gelegt, zum Beispiel der Kurden oder Armenier.




Jin, Jiyan, Azadi – Frauen, Leben, Freiheit

Im Nahen Osten wird das Leben der Frauen noch immer stark vom Patriarchat bestimmt. Hausarbeit und die Erziehung werden als selbstverständlich von der Frau zu erfüllende Arbeiten angesehen, oftmals neben der Berufstätigkeit. Frauen haben oft kein Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper, noch dürfen sie eigenständig gesellschaftliche Entscheidungen treffen, sondern müssen dem Patriarchen Folge leisten. So werden junge Frauen oft gegen ihren Willen verheiratet und müssen ihrem Mann Kinder gebären, unter lebensgefährlichen Bedingungen. Vergewaltigungen werden dem Opfer als Ehebruch vorgeworfen, durch welchen der Ehemann seine Ehre verliert. Um das Ansehen wieder zu erlangen, kommt es vor, dass Männer ihre Frauen ermorden. Der Grad der Frauenunterdrückung in den verschiedenen Ländern ist abhängig von den jeweiligen nationalen Kräfteverhältnissen der Klassen. In Saudi Arabien haben Frauen beispielsweise immer noch kein Wahlrecht, auch dürfen sie keinen Führerschein machen. Frauen in den Industriezentren Ägyptens sind dagegen massiv in der Produktion tätig aber werden in der Textilindustrie und in der Landarbeit besonders ausgebeutet, erhalten wesentlich geringe Löhne als ihre männlichen Kollegen und sind sexistischer Diskriminierung am Arbeitsplatz ausgesetzt.

In der Türkei erklärte die AKP-Regierung die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen als Angriff auf die Familienstrukturen. Immer noch wird Frauen die Rolle der Hausfrau und Erzieherin zugeteilt und es besteht kaum Verständnis dafür, dass sie einer bezahlten Arbeit nachgehen möchte oder gar in der Politik agiert. Gewalt gegen Frauen nimmt enorme Ausmaße an, wovon besonders Kurdinnen betroffen sind, da sie als nationale Minderheit von der Gesellschaft ausgegrenzt und unterdrückt werden. So kam es mehrfach zu Angriffen auf kurdische Demonstrationen, Dörfer und Städte. Es gibt kaum Möglichkeiten für sie, sich fortzubilden oder eine Arbeit auszuüben.

Die Situation der Kurd_innen ist im Nahen Osten allgemein durch mehrere Regierungen und den IS – welcher für Andersgläubige wie Jesid_innen insgesamt eine Gefahr darstellt – bedroht. Besonders der IS vertreibt die Kurd_innen aus ihren Dörfern, tötet junge Männer und Frauen, verschleppt Frauen und Kinder. Frauen werden regelmäßig auf Sklavenmärkten verkauft und fallen sexueller Gewalt zum Opfer. Manche Frauen wählen lieber den Freitod, als dem IS in die Hände zu fallen oder auf der Flucht ihr Neugeborenes zurück lassen zu müssen.

Frauenkampf

Erstaunlicherweise hat es in Rojava, der im Zuge der syrischen Revolution entstandenen kurdischen Autonomieregion im Norden Syriens (Westkurdistan), der weibliche Teil der Bevölkerung geschafft, trotz ihrer fatalen Lage, ein hohes Maß an Mitbestimmung und Gleichberechtigung zu erkämpfen.

Viele Frauen nehmen Rojava als Alternative für ihre Zukunft wahr. So kommt es dazu, dass besonders junge Frauen sich auf den Weg nach Syrien machen, um den patriarchalen Strukturen ihrer Familien zu entfliehen und sich dort der YPJ (Frauenverteidigungseinheit), den feministischen Guerillas, anzuschließen. Der Freiheitskampf der YPJ bietet den kurdischen Frauen eine auf Gleichstellung basierende Alternative abseits von rassistischer Diskriminierung, Bevormundung, Abhängigkeit, Zwangsverheiratung und Überausbeutung. Aus der Not heraus schlossen sich hier Frauen zusammen, um sich gemeinsam gegen den IS zu verteidigen. Auch Jugendliche mobilisieren nach Westkurdistan. Die tragische Ermordung der 20 jährigen Duisburger Kommunistin Ivana Hoffmann machte uns auf schmerzliche Weise auf diese mutigen Kämpferinnen aufmerksam. Die Grenze zwischen der Türkei und Syrien ist für Kämpfer_innen aus anderen Ländern jedoch nur schwer zu überwinden und selbst für medizinische Nottransporte oft unpassierbar. Stattdessen werden von der Türkei Anhänger des IS nach Syrien geschleust, sodass uns allen klar sein sollte, auf wessen Seite der türkische Staat steht.

System in Rojava

In Rojava hat sich ein System etabliert, das sich auf soziale und demokratische Rechte stützt, wobei besonders die Gleichstellung zwischen Mann und Frau hervorzuheben sind. Dieses bestimmt, dass Löhne, die berufliche Stellung, das Erbrecht und Zeug_innenaussagen bei beiden Geschlechtern gleich zu behandeln und das Verheiraten junger Mädchen sowie die Polygamie zu verbieten ist. In Rojava sind verschiedene Glaubensrichtungen und Ethnien auf einem Ort zu entdecken, die friedlich miteinander leben. Flüchtlinge werden aufgenommen und nach Möglichkeit politisch integriert, sowie alle anderen Minderheiten und auch Jugendliche. Diese können Räte bilden und Vertreter_innen in den „Hohen Kurdischen Rat“ entsenden. Es besteht eine Frauenquote von 40% und es gibt mehrere Frauenräte. Hier lernen sie sich selbst zu organisieren und können abseits von männlicher Bevormundung und machistischem Verhalten über Sexismus und Selbstverteidigung diskutieren. Sogenannte Frauen-Caucus-Treffen sind auch in unserer Organisation ein wichtiger Eckpfeiler antisexistischer Arbeit. Die kurdische Frauenbewegung von Rojava ist eine beispielhafte Errungenschaft für Frauenrechte im Nahen Osten. Dies wird durch die kurdische Partei PYD, einer Schwesterpartei der PKK, unterstützt, indem sie eine Ideologie entwickelte, in der die Frauenunterdrückung als Hauptwiderspruch des Systems betrachtet wird und das Ziel sein soll, das Matriarchat zu etablieren. Das bedeutet eine Gesellschaftsform, in der Frauen eine bevorzugte Stellung in Staat und Familie innewohnt. Es entspricht dem Gegenteil des Patriarchats.

Ideologie der PKK und PYD

Die Frau wird auf Grund ihrer biologischen Eigenschaften, als friedlich, harmonisch und demokratisch beschrieben, während der Mann egoistisch, ungerecht und unterdrückend sei. Damit erkläre sich der Kapitalismus, da das Patriarchat in der Gesellschaft Fuß gefasst habe und der Sozialismus mit der Frau unterdrückt worden sei. Dies bildet ein reaktionäres Frauenbild und damit einen immensen Widerspruch zu den gesellschaftlichen Strukturen. Der Frau wird damit die gesamte revolutionäre Verantwortung übertragen. Zusätzlich werden Frauen bestimmte Charaktereigenschaften zugeschrieben und ein traditionelles, vor allem auf Kurdistan bezogenes, Frauenbild als biologisch verankert manifestiert. In den Schriften des PKK-Führers Abdullah Öcalan heißt es dazu, dass das „Hüten der Kinder“, die Familienorganisation und das „Vererben der Kultur“ Aufgabe der Frau sei und der Mann diese Fähigkeiten erst noch erlernen müsse.

Auch in Rojava scheinen also überholte Geschlechterrollenverhältnisse reproduziert zu werden. Das Konstrukt Familie wird als solches nicht angerührt, wodurch Kurd_innen weiterhin für die Hausarbeit und die Erziehung verantwortlich gemacht werden. Kampfverbände werden nach Geschlechtern getrennt, was, sobald den Frauen dort keine Unterdrückung oder Misshandlung mehr droht, gemeinsam möglich sein sollte. Insbesondere ökonomisch sind Frauen immer noch vom Patriarchat abhängig, das Privateigentum wird nicht angetastet, Frauen sind finanziell nicht gleichgestellt und dementsprechend gibt es keine Befreiung.

Perspektive

Unumstößlich bleibt die Erkenntnis, dass die Kommune von Rojava, die Frauen massiv gestärkt hat und ihren Kampf entscheidend vorangetrieben hat. Um das Patriarchat und die in ihm verwurzelte Klassengesellschaft schlussendlich kompromisslos abzuschaffen, muss die demokratische Revolution in Rojava jedoch permanent gemacht werden und sich die Aufgaben einer sozialistischen Umwälzung zum Ziel setzen. Die Frauenkooperativen in Rojava sind bemerkenswerte Versuche, Frauen ökonomisch unabhängig zu machen, müssen aber immer noch für einen auf Profit ausgerichteten Markt produzieren. Die kurdischen Frauen müssen diesen Kampf ausbauen und sich die endgültige Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln zum Ziel setzten. Ebenso muss auch der patriarchalen Familienstruktur der Kampf angesagt und eine Vergesellschaftung von Erziehung und Hausarbeit in Gang gebracht werden. Diese Schritte werden nur Erfolg haben, wenn sie einen Flächenbrand im Nahen Osten entfachen. Im arabischen Frühling und anderen revolutionären Bewegungen im Nahen Osten kämpften Frauen zielführend mit. Bereits in Ägypten agierten Frauen konkret, in Form von Streiks in der Textilindustrie unter dem Zitat einer der Kämpferinnen „Die Revolution findet nicht nur auf dem Tahrir-Platz statt, sie ist in jedem ägyptischen Haus“. Für die Frauen gilt es jetzt sich mit anderen Frauenkämpfen zu solidarisieren, besonders mit denen in der Türkei, um den Weg für eine internationale Bewegung zu ebnen. Dafür heißt es zusammen mit fortschrittlichen Männern gegen ihre Unterdrückung politisch anzukämpfen. Der Befreiungskampf der Frauen in Rojava kann im Schulterschluss mit den verbliebenen, fortschrittlichen säkularen Elementen des Arabischen Frühling ein erster Schritt hin zu einer proletarischen revolutionären Frauenbewegung im Nahen Osten sein! Eine Frauenbewegung für eine Föderation sozialistischer Staaten, frei von Patriarchat, Ausbeutung und Rassismus!

Ein Artikel von Larissa Kaché, REVOLUTION Fulda




Grundlagen des Marxismus: Der Staat – Teil 2: Der proletarische Staat

Für die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft durch eine soziale Revolution und eine Übergangsphase, die wir als Sozialismus bezeichnen, ist die Frage des Staates von zentraler Bedeutung. Sich mit ihr intensiv auseinanderzusetzen ist für jede revolutionäre Organisation unerlässlich. Wir widmen dieser Thematik innerhalb unserer Rubrik „Grundlagen des Marxismus“ eine dreiteilige Serie.

Marx und Engels haben ihre Staatstheorie nie in einem einheitlichen Buch niedergeschrieben. Sie berühren diese Frage in verschiedenen Texten, die zu unterschiedlichen Zeiten und Sachverhalten verfasst wurden, vor allem in „Der Bürgerkrieg in Frankreich“, Marx und Engels Kritiken an den Programmen der SPD, aber auch im „Manifest der kommunistischen Partei“. Später, kurz vor der russischen Oktoberrevolution 1917, veröffentlichte Lenin sein Schrift „Staat und Revolution“. In dieser legt er das marxistische Verständnis vom Staat anschaulich dar und untermauert es mit verschiedenen Zitaten von Marx und Engels.

Proletarischer Staat und sozialistische Umwälzung

Der bürgerliche Staat ist für Marx und Engels eine Diktatur der Bourgeoisie. An seine Stelle kann aber nach der Revolution nicht sofort eine Gesellschaft ohne Staat treten, wie es sich die Anarchist_innen vorstellen und wie es für Kommunist_innen das Endziel ist. Die Anarchist_innen wollen zur herrschafts- und klassenlosen Gesellschaft ohne Übergangsphase. Ihre Theorie scheitert, da sie den Staat abschaffen wollen noch bevor die sozialen Verhältnisse verschwunden sind, die ihn hervorbrachten. Zur Umwälzung der Verhältnisse braucht es aber eine Übergangsphase, in der sich die Arbeiter_innenklasse selber des Staates bemächtigt und die Bourgeoisie niedergehalten wird. So wie die Bourgeoisie den Staat zur Unterdrückung der Arbeiter_innenklasse braucht, braucht das Proletariat den Staat während dem Umwerfen der sozialen Verhältnisse zur Niederhaltung der Bourgeoisie. Diese wird auch nach der Revolution noch alles daran setzen das Rad der Zeit wieder zurück zu drehen, um ihre Privilegien und ihren Besitz zurückzuerlangen.

Diese Phase, des bewaffneten, zur herrschenden Klasse organisierten Proletariats, nennen Marx und Engels die „Diktatur des Proletariats“. Marx:

„Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andre. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts andres sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats.“(1)

Da die herrschende Klasse nicht bereit sein wird ihre Privilegien freiwillig aufzugeben, ist es nötig, dass das Proletariat die Staatsgewalt gegen deren gewaltsamen Widerstand erkämpft und verteidigt. Dafür muss sich dieses seine eigenen Milizen aufbauen. Für Marx war die Gewalt „der Geburtshelfer jeder alten Gesellschaft, die mit einer neuen schwanger geht.“(2)

Die Arbeiter_innenklasse kann nicht einfach die bürgerliche Staatsmaschine, wo vieles nicht wählbar (Armeeführung, Beamte, Polizei) ist, von Vertreter_innen der Bourgeoisie kontrolliert wird und die auf Kosten der Arbeiter_innen lebt, für sich nutzen, sondern muss sich ihre eigene schaffen. Das haben für Marx die Erfahrungen der Pariser Kommune gezeigt:

„Namentlich hat die Kommune den Beweis geliefert, dass die Arbeiterklasse nicht die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen und für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann.“(3)

Was Marx hier meint ist, dass die Arbeiter_innen die Staatsmaschine zerschlagen und ihre eigene erschaffen müssen, um politische Gewalt in ihrem Interesse ausüben zu können.

Ein weiterer Grund, warum ein Staat auch nach der Revolution noch bestehen muss ist nicht nur die Niederhaltung konterrevolutionärer Kräfte im Inneren. Auch die Aggression imperialistischer Mächte von Außen stellt eine große Gefahr für jedes Land mit Arbeiter_innenregierung da. Diese werden nicht tatenlos zusehen, wenn das Proletariat eines Landes seine Herrschaft errichtet, die Bourgeoisie enteignet und zu beweisen droht, dass eine andere Welt, ohne Ausbeutung und Unterdrückung möglich ist. Daher werden die Herrschenden angrenzender Länder versuchen die Revolution im Blut zu ertränken, so z.B. kurz nach der Oktoberrevolution der Arbeiter_innen, Bauern und Soldaten in Russland, als imperialistische Mächte Europas gegen den ersten sozialistischen Staat in den Krieg zogen.

Die Bourgeoisie muss zwar niedergehalten werden, um die Möglichkeit einer Konterrevolution zu verhindern, aber es wird schon dann kein besonderer Repressionsapparat (Polizei, stehendes Heer) mehr nötig sein. Die Diktatur des Proletariats ist aber die Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit und in dem Augenblick, wo der Staat keinen besonderen Repressionsapparat mehr braucht ist er schon kein eigentlicher Staat mehr im Sinne eines dauerhaften Unterdrückungsinstrument. Der Staat stirbt in dem Maße ab, in dem die Klassengesellschaft selbst durch das Verschwinden der sozialen Unterschiede abstirbt.

Struktur des sozialistischen Staates

Wie der proletarische Staat aussieht haben die Erfahrungen der Pariser Kommune gezeigt. Nach allgemeinem Stimmrecht wurden Räte in den Bezirken aufgebaut. Die Beamten der Kommune waren für ihre Arbeit rechenschaftspflichtig und konnten jederzeit wieder abgewählt und durch andere Personen ersetzt werden. Ihre Mehrheit bestand logischerweise aus Arbeiter_innen bzw. anerkannten Vertreter_innen ihrer Klasse. Mitarbeiter_innen im öffentlichen Dienst bekamen einen normalen Arbeitslohn bezahlt und genossen keine besonderen Privilegien.

Marx sagt über die Kommune, der sozialistische Staat sollte die Parlamente in „arbeitende Körperschaften“ statt Redebühnen verwandeln, „vollziehend und gesetzgebend zugleich“.(4)

Für den proletarischen Staat ist es außerdem von zentraler Bedeutung möglichst viele, später alle, Menschen an der Ausführung der staatlichen Funktionen zu beteiligen. So verwandeln sich alle Menschen zu Arbeiter_innen und Angestellte einer Fabrik, eines Büros unter völliger Selbstverwaltung. Jede Person soll gesellschaftlich notwendige Arbeit nach einem demokratisch aufgestellten Produktionsplan leisten, welcher die Steigerung der Produktivität zum Ziel hat.

Die Übergangsphase von der kapitalistischen zur kommunistischen Gesellschaft geht für die vorher unterdrückte Mehrheit des Volkes mit einer unglaublichen Erweiterung der Demokratie einher. Doch die Übergangsphase ist kein Kommunismus, da gleichzeitig die demokratischen Rechte der vorher unterdrückenden Minderheit beschränkt werden müssen, um ihren Widerstand zu brechen. Engels:

„Solange das Proletariat den Staat noch gebraucht, gebraucht es ihn nicht im Interesse der Freiheit, sondern der Niederhaltung seiner Gegner und sobald von Freiheit die Rede sein kann, hört der Staat als solcher auf zu bestehen.“(5)

Recht im proletarischen Staat

Auch das bürgerliche Recht wird nicht sofort und komplett aufgehoben werden können. Erst mal wird nur das Privateigentum an Produktionsmitteln aufgehoben.

Die Konsummittel werden aber nach der Arbeitsleistung verteilt, gleicher „Lohn“ für gleiche Arbeit. Doch das ist kein kommunistisches Prinzip(wo jede_r soviel arbeitet, wie gearbeitet werden kann und sich jede_r soviel nimmt, wie gebraucht wird), denn es übersieht die Verschiedenheit der einzelnen Mitglieder einer Gesellschaft (z.B. Frauen und Männer). Gleiches Recht für alle ist also immer noch bürgerliches Recht. Da es illusionär wäre zu glauben, die Menschen würden von heute auf morgen ohne jegliche Rechtsnormen und Erziehung für die Gesellschaft arbeiten, muss der Staat auch bestehen bleiben, um gleiche Verteilung und Leistung zu garantieren, das gesellschaftliche Eigentum zu wahren und um die Produktion auszuweiten bis ein dauerhafter Überfluss herrscht.

Ein Artikel von Lukas Müller, REVOLUTION Kassel

Teil 1 – Der bürgerliche Staat: http://www.onesolutionrevolution.de/marxismus/grundlagen-des-marxismus-der-staat-teil-1-der-buergerliche-staat/

(1) Marx, Engels, MEW 19 S. 28

(2) Marx, Engels, MEW 23 S. 779

(3) Marx, Engels, MEW 18 S. 96

(4) Marx, Engels, MEW 17 S. 339/340

(5) Marx, Engels, MEW 19 S. 7




Gemeinsam kämpfen, gemeinsam siegen: Solidaritätsdelegationen nach Griechenland

Die Lage in Griechenland spitzt sich von Tag zu Tag weiter zu. Mit großem Mut wehren sich viele Griech_innen gegen die Angriffe der Troika, nun werden sie sich auch gegen den Verrat durch Tsipras und die Führung SYRIZA´s wehren müssen. Dafür brauchen sie unsere europaweite Solidarität und Unterstützung.

Solidarität

Deshalb organisieren wir im August und September zusammen mit der Liga für die 5. Internationale, wie bereits 2012 und 2013, erneut Solidaritätsdelegationen nach Griechenland gemeinsam mit unseren englischen, schwedischen und österreichischen Genoss_innen. Wir werden Streiks, Demonstrationen und Aktivist_innen unterschiedlicher Bewegungen besuchen, um ihnen unsere Solidarität zu erklären, von ihren Kämpfen zu erfahren und zu lernen.

Öffentlichkeit

Während unserer Delegationen werden wir eingehend auf unserer Homepage durch Artikel und auf FB mit Bildern, Videos und Kurzbeiträgen berichten. Nach den Delegationen planen wir Informationsveranstaltung in allen Städten wo wir Ortsgruppen haben oder eingeladen werden zu berichten. Wenn du, deine Freunde oder deine Gruppe mehr erfahren wollt über die aktuelle Situation, dann schreibt uns und wir erzählen davon in eurer Stadt.

Koordination

Doch wir kommen nicht als Journalist_innen, sondern als Klassenkämpfer_innen nach Griechenland. Unser größtes Ziel ist es nicht über die Probleme in Griechenland zu berichten, sondern effektiv dagegen zu kämpfen. Dafür ist es notwendig diese Probleme europaweit anzugehen. Solidarität darf keine Floskel sein, sondern muss auf koordiniertem Widerstand beruhen. Deswegen werden wir in Griechenland für künftige Aktionen und Austausch Absprachen mit Organisationen und Initiativen treffen. In diesem Zusammenhang werden wir uns in unserer September-Ausgabe intensiver mit griechischen Jugendorganisationen und -gruppen beschäftigen.

Widerstand

Diesen Widerstand wollen wir auch in Deutschland entfalten. Doch dafür braucht es Organisierung. Gründet Solidaritätskomitees, die Informationsveranstaltungen organisieren, Aufklärung in Betrieb, Schule und Uni betreiben und dann Proteste auf die Straße bringen. Macht Druck auf die Gewerkschaften und die Linkspartei sich klar zu positionieren und entschlossen zu mobilisieren.

Unterstützung

Wenn du diese Arbeit unterstützen möchtest, dann bitten wir dich sie zu aller erst bekannt zu machen. Wir möchten dich auch herzlich dazu einladen dich bei uns zu melden, wenn du Materialien unserer Kampagne und Informationen möchtest oder uns einladen willst in deiner Stadt zu dem Thema zu sprechen. Außerdem würden wir uns natürlich auch über finanzielle Unterstützung freuen, denn wir überlegen auch griechische Jugendliche nach Deutschland zu bringen, um zu berichten und die oben genannten Dinge auch von ihrer Seite in Deutschland tun zu können, da wir eine kleine Organisation sind und die griechische Jugend unter noch viel erbitterterer Armut leidet, möchten wir die um deine Hilfe bitten.

Melde dich unter germany[ät]onesolutionrevolution.de




Griechenland: Bedingungsloser Widerstand – die einzige Antwort auf bedingungslose Kapitulation!

Nach 17-stündiger Sitzung in Brüssel haben Deutschlands „eiserne Kanzlerin“, Angela Merkel, und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble schließlich die vollständige Kapitulation von Alexis Tsipras akzeptiert.

Schon haben Demonstrationen in Athen stattgefunden, die ein deutliches OXI (NEIN) zu diesem unterwürfigen Ausverkauf artikulierten. Die einzige Hoffnung, um eine noch schlimmere soziale Katastrophe zu vermeiden, liegt darin, dass daraus eine Massenrevolte entsteht, die die seitens der Syriza-FührerInnen gesäte Verwirrung und Entmutigung überwindet und die Umsetzung dieser brutalen Angriffe auf ArbeiterInnen, RentnerInnen, Arbeitslose und Jugendliche verhindert.

Die Speerspitze einer solchen Revolte müssen Lohnabhängige und Jugendliche bilden. Die Gewerkschaft des Öffentlichen Dienstes, ADEDY, hat für Mittwoch zum Generalstreik im Öffentlichen Dienst aufgerufen. Können die Basismitglieder des Dachverbands der größten Gewerkschaft (GSEE) mit ihren SpitzenfunktionärInnen brechen, die nicht nur Tsipras’ Ausverkauf unterstützten, sondern ihn sogar anflehten, die Bedingungen der Troika anzunehmen, bevor er nach Brüssel abflog? Wird PAME, die kämpferische Gewerkschaft der Griechischen Kommunistischen Partei (KKE), zusammen mit anderen GewerkschafterInnen streiken im Aufbegehren gegen den großen Betrug?

Die Kräfte der – subjektiv – revolutionären Linken sowohl innerhalb Syrizas, deren Parlamentsabgeordnete mit „Nein“ gestimmt haben, wie außerhalb, in Antarsya, können und müssen jetzt eine entscheidende Rolle spielen. Das trifft auch auf die KKE zu, falls sie ihre sektiererische Politik überwinden kann.

Die trügerischen Reden Merkels und Hollandes in Brüssel mit ihren Behauptungen, drei weitere Jahre an Sparauflagen, massive Privatisierungen staatlicher Dienstleistungen und Industrien sowie die Beseitigung von Gewerkschaftsbefugnissen würden die griechische Wirtschaft wieder flott machen, werden bald entlarvt sein, wenn das Land tiefer denn je im Sumpf versinkt. Wenn es keine machtvolle Gegenwehr geben wird, können wir erwarten, dass die Truppen der Rechten, einschließlich der Faschisten, in einer Atmosphäre der Verzweiflung aufleben und gedeihen werden. Es gilt, keine Zeit zu verlieren.

Die Wiederkehr der Troika

Als Tsipras im Januar gewählt worden war, teilte er den RepräsentantInnen der Europäischen Zentralbank (EZB), der EU-Kommission und des IWF – der Troika – mit, sie sollten ihre Sachen packen, und viele frohlockten. Die Rückkehr der Troika nach Athen, wieder einmal für die griechische Wirtschaft zuständig, stellt nicht nur eine absichtliche Erniedrigung der Syriza-Regierung dar, sie trampelt vorsätzlich auf dem Mehrheitswillen des griechischen Volkes herum. Sie ist darüberhinaus eine Warnung an alle zukünftigen HerausforderInnen der Oberherrschaft Deutschlands und seiner engsten Verbündeten über die Eurozone.

Das enthüllt die Tatsache, dass die wirkliche Macht nicht in der parlamentarischen Demokratie liegt, sondern bei der Diktatur der Großbanken und –kapitalistInnen Londons, Frankfurts, Paris’ und Zürichs. Griechenland wird nicht nur alle Maßregeln, die von der Volksabstimmung Anfang Juli zurückgewiesen wurden, und zusätzliche Kürzungen befolgen müssen, sondern Vermögenswerte in Höhe von 50 Mrd. Euro werden in Gewahrsam genommen. Die Hälfte davon wird zur Rekapitalisierung und nachfolgenden Privatisierung der griechischen Banken verwandt werden, ein kleinerer Teil für mutmaßliche Investitionen innerhalb Griechenlands; der Rest wird als Deckung, zusätzliche Sicherheit für vollständige und pünktliche Erfüllung des weiteren Schuldendienstes vorgehalten. In Wahrheit bedeutet es einen wahrhaft blitzartigen Ausverkauf griechischer Vermögenswerte, See- und Flughäfen sowie von Grund und Boden.

Die Wirtschaft wird „liberalisiert“, Renten werden gekürzt, Hilfszahlungen abgeschafft, Berufsschutz wird aufgeweicht. Automatisch werden Ausgaben gestrichen, die Häfen von Piräus und Thessaloniki privatisiert. Die Troika wird ein Veto über zuvor erlassene Gesetze und Verordnungen erhalten, wieder in Kraft gesetzte gewerkschaftliche Rechte werden annulliert. Dies ist eine vollständige Zurückweisung des beschränkten Programms, auf dem Syriza gewählt wurde.

Dieses Ergebnis stellte von Beginn an das Ziel des deutsch angeführten europäischen Imperialismus’ dar. Es machte überhaupt keinen Sinn, mit ihm aus der Position völliger Schwäche heraus zu verhandeln, während die Reichen Woche um Woche Milliarden Euro außer Landes schafften. Ohne die Übernahme der Kontrolle von Griechenlands ökonomische Ressourcen, ohne aufzuhören, einen einzigen Euro an ausländische Banken und die Institutionen des Finanzkapitals zu zahlen und ohne die Vermögen der griechischen Oligarchen einzufieren, verfügte die Regierung über keine Machtmittel.

Illusionen und Verrat des Reformismus

Am 5. Juli errang Syriza 61 % für ein Mandat, das Sparpaket abzulehnen – und bot ein schlechteres Abkommen als das abgelehnte an. Das war ein klares Signal, dass Syriza reif für ein Abkommen zu jedem Preis war. Tsipras offenbarte, welches seiner zwei Politikversprechen, Schluss mit der Kürzungsorgie und Verbleib innerhalb des Euro, das echte war und welches eine listige Täuschung. Die ImperialistInnen behielten alle Asse in der Hand und wussten das. Deutschland musste lediglich die Daumenschrauben anziehen und Tsipras mit Schäubles Drohungen, Griechenland aus der Eurozone zu entfernen und kaum einen Euro behalten zu lassen, Angst einflößen.

Der „Plan B“ des Akademikers und Abgeordneten der Linken Plattform, Costas Lapavitsas; war um nichts besser. Tatsächlich war er eine Utopie: der „ausgehandelte“ Austritt aus dem Euro gründete auf der Annahme, Deutschland wolle Griechenland aus der Währungszone herauswerfen und dafür bezahlen. Das kam dem Angebot gleich, friedlich auszuscheiden im Gegenzug für einen goldenen Händedruck Schäubles. Natürlich stand das nie zur Wahl. Wie Tsipras’ Plan A verwarf Plan B auch nur den Gedanken an eine Mobilisierung der LohnarbeiterInnen in Verteidigung ihrer eigenen Interessen zugunsten von Kungeleien.

Ebenfalls ging Tsipras’ Strategie niemals auf, zwischen die Herrschenden der EU einen Keil treiben zu können und die Unterstützung eines Teiles von ihnen für keynesianische Maßnahmen zu gewinnen, um die krisenverschärfenden Sparprogramme zu ersetzen. Regierungen von Staaten wie Spanien, Portugal, Irland, Italien wollten Syrizas Strategie, ein Ende der Kürzungspolitik auszuhandeln, nicht unterstützen, nachdem sie jahrelang in ihren eigenen Ländern solche schmerzhaften Einschnitte umgesetzt hatten.

Wenn Syriza jemals damit rechnete, Frankreich und Italien würden sich gegen den deutschen Imperialismus stellen und Griechenland ein besseres Angebot machen, dann ist diese Illusion fürchterlich zerstoben. François Hollande führte eine Komödie auf, Schäuble zu überreden, Griechenland nicht aus der Eurozone herauszukatapultieren, während er die GriechInnen zum Nachgeben drängte. Innerhalb der Eurozone kann kein anderes Land Deutschland finanziell und ökonomisch herausfordern, wenn es drauf ankommt.

Angesichts dieser Unnachgiebigkeit weigerte sich Syriza, das Einzige zu unternehmen, welches das Aufzäumen des Sparzügels hätte aufhalten können: Nichtanerkennung der Staatsschuld, Übernahme der Kontrolle über Bankensystem und Produktionsmittel, Mobilisierungsaufruf an die europäische ArbeiterInnenklasse zu ihrer Verteidigung gegen Gewalt und Erpressung durch ihre Regierungen.

Doch hier ließ ein anderer Faktor die griechische arbeitende Bevölkerung schmählich im Stich: die europäische ArbeiterInnenbewegung. Gewerkschaften und sozialdemokratische Parteien tragen eine schwere Verantwortung, Griechenland, nicht zu Hilfe  geeilt zu sein. Die deutschen SozialdemokratInnen, die mit Merkel und Schäuble das Regierungsamt teilen, unterscheiden sich außer in ein paar Worten in Nichts von diesen imperialistischen RäuberInnen. Die SozialdemokratInnen im restlichen Europa unterstützten ihre Regierungen und Austeritätsprogramme und boten nichts außer Rhetorik zu Syrizas Hilfe an.

Was ist mit den europäischen Linksparteien? Wo war Podemos, das spanische „Syriza“? Obwohl es Mahnwachen und Demonstrationen gab, war es doch kein Vergleich mit den Massendemonstrationen vom letzten Jahr. Das ist ein Eigentor, wenn du wie Podemos im November eine Wahl auf Grundlage einer Politik gewinnen willst, die die Kürzungspakete ablehnt. Die unkritische Schmeichelei gegenüber Syriza, die so verbreitet in der Linken seit ungefähr letztem Jahr ist, brachte Lähmung mit sich, als eine entscheidende Niederlage für die ArbeiterInnen auf dem ganzen Kontinent in Brüssel drohte. Ohne radikale Erhebung in Griechenland und eine Welle an Solidaritätsaktionen im Rest Europas werden wir alle einen hohen Preis für unsere Untätigkeit zahlen.

Der Grad an Bestrafung Griechenlands durch den europäischen Imperialismus für dessen trotzige Herausforderung wurde ermöglicht durch die Passivität der Spitzen der europäischen ArbeiterInnenbewegung. Diese führenden FunktionärInnen, zu ängstlich, ihren eigenen Sparregimes ernsthaft entgegenzutreten, haben ihrem Konto an Feigheit und Verrat im kritischen Moment einen neuen Schandfleck hinzugefügt.

Die Lehren aus dem Verrat

Die Institutionen der EU und die Eurozone beziehen ihre Daseinsberechtigung aus der Durchsetzung der Dominanz einer Handvoll imperialistischer Mächte, deren stärkste in Bezug auf die Wirtschaftspolitik der EU Deutschland ist. Die Europäische Union, die Europäische Zentralbank, die Europäische Kommission usw. können nicht reformiert werden, sondern müssen europaweit entschlossen bekämpft werden mit dem Ziel,
sie zu Fall zu bringen und durch die Herrschaft der ArbeiterInnenklasse zu ersetzen.

Wesen und Ausmaß des Kampfes ist klar: keine reformistische oder keynesianistische Strategie führt zum Ziel, und keine Sektion des europäischen Kapitals hat sich von der neoliberalen Linie abbringen lassen. Ein Ende der Austerität auf absehbare Zeit heißt Sturz der kapitalistischen Klassendiktatur, die Griechenland pulverisiert hat. Das Haupthindernis für den Kampf ist die Führung der Klasse, die die Klassenkonfrontation vermeiden und sich an die „Realitäten“ des Neoliberalismus anpassen will.

Die europäischen linken Parteien und die Führung der Arbeiterbewegung sind nicht geeignet für diesen Zweck. Sie sind nicht nur unfähig, einen tragfähigen Widerstand in ihren eigenen Ländern zu mobilisieren, sie scheuen auch davor zurück, eine elementare europaweite Solidarität mit der Bevölkerung zu organisieren, der von der rücksichtslosen Kapitalistenklasse das Messer an die Kehle gesetzt wird und der klar gemacht werden soll, dass Widerstand zwecklos sei.

Europa – was tun?

Wir müssen ArbeiterInnenparteien aufbauen, die willens und imstande sind, einen Klassenkampf gegen Austerität zu führen, eine internationale Partei, die auf der Strategie des revolutionären Sturzes des Kapitalismus beruht.

Das Modell einer Linkspartei, die vorgibt, die Austerität nur durch die Übernahme von Posten bei Wahlen zu besiegen, vielleicht mit der Unterstützung von sozialen Bewegungen, nicht aber auf dem harten Weg des Klassenkampfes und der Machteroberung ist in Griechenland auf den Prüfstand gestellt worden und verheerend gescheitert.

Die Mehrheit der Linken in Syriza, nach den Stimmen im Parlament zu urteilen, war für eine unnachgiebigere Haltung, schreckte aber vor der Spaltung zurück und vor der Mobilisierung gegen den Ausverkauf. Das ist die historische Rolle des Linksreformismus, und jene ZentristInnen, die dem anhängen, reden zwar von Revolution, aber wenn es darauf ankommt, handeln sie wie ReformistInnen.

Mittlerweile ist es in Griechenland klar geworden, dass Tsipras eine Regierung der nationalen Einheit bilden will – jedenfalls in der Praxis, wenn auch nicht unbedingt unter diesem Namen. Dabei wird er sich auf die diskreditierten und eigentlich besiegten bürgerlichen Oppositionsparteien verlassen, die auf die Austerität eingeschworen sind. Gegen die Gefahr, das wirtschaftliche und politische System des Landes der direkten Verwaltung der Troika und den Pro-Austeritäts-Parteien auszuliefern, müssen sich die ArbeiterInnen, Arbeitslosen und die Jugend organisieren und das Land unregierbar machen für die Troika und ihre Gehilfen.

Dennoch können auch die Linken in Syriza, die es wagten, gegen den Verrat zu stimmen, sich einbringen, indem sie die Kräfte des Widerstands vereinigen helfen. Sie sollten alles daran setzen, die Basis von Syriza gegen die kollaborationistische Führung aufzubringen. Sie sollten alle Parteigliederungen aufrufen, die Kapitulanten zu verurteilen, eine Notkonferenz einberufen, die Führung davonjagen und gegen den Ausverkauf auf die Straße zu gehen.

Falls jedoch, wie gerüchteweise verlautet, Tsipras die Partei von den Linken säubern will, sollten sie alles tun, um sich mit der Linken außerhalb der Partei, besonders jener in Antarsya, zu vereinigen. Die erste Grundlage für die Vereinigung in einer neuen ArbeiterInnenpartei sollte ein Aktionsprogramm des Widerstands gegen die Troika und deren Regierung bilden. Darin enthalten sollten folgende Forderungen sein:

• Besetzung die Häfen und Flughäfen, Transportwege und Großindustrien unter ArbeiterInnenkontrolle!

• Organisierung von Aktionsräten, bestehend aus Delegierten von ArbeiterInnen und Jugend, um sich auf die Verteidigung gegen die konterrevolutionäre Reaktion vorzubereiten!

• Für einen allgemeinen, unbefristeten Generalstreik, um die Troika-Regierung zu stürzen und eine ArbeiterInnenregierung an die Macht zu bringen!

• Aufruf an alle sozialistischen und proletarischen Anti-Austeritäts-Kräfte, eine neue revolutionäre Kampfpartei des Widerstands gegen die kapitalistische Offensive aufzubauen!

• Internationale Solidarität und ArbeiterInnenmobilisierung in den imperialistischen Kernländern, um die Troika zu zwingen, von ihren Plänen abzulassen!

• Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa, um die kapitalistische Europäische Union zu ersetzen!

Eine Stellungnahme der Liga für die Fünfte Internationale, 14. Juli 2015




Der Streik: Ein politisches Mittel?

Wir erleben in Deutschland gerade eine der größten und breitesten Streikwellen seit langem. Die wohl bekanntesten Streiks fanden bei der Deutschen Bahn statt, durchgeführt von der Gewerkschaft deutscher Lokführer (GdL) statt, außerdem wurde auch in Kindertagesstätten, in Vertriebszentren des Konzerns Amazon und zuletzt bei der Deutschen Post die Arbeit niedergelegt.

International sieht es ähnlich aus: ob in Griechenland mit dem letzten Generalstreik gegen Ende 2014, den Streiks der Fluglotsen in Italien, bei den Aktionen der McDonald´s-Beschäftigten in den USA, den besonders kämpferischen Demonstrationen der streikenden Eisenbahner_innen und Hafenarbeiter_innen Anfang 2015 in Belgien oder bei den unzähligen Streiks der Arbeiter_innen in China; überall auf der Welt entscheiden sich Lohnabhängige für das Kampfmittel des Streiks. Und dafür gibt es gute Gründe.

Warum streiken?

Während auf der einen Seite deutsche Unternehmen neue Rekordgewinne einfahren und Deutschland in den bürgerlichen Medien wieder als „Exportweltmeister“ abgefeiert wird, haben immer mehr Menschen mit Armut zu kämpfen. Denn damit die Kapitalist_innen ihre Profite bekommen können, muss bei den Arbeiter_innen gekürzt werden. Die Höhe der tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeit stieg in den vergangenen Jahren, die reale Lohnentwicklung sank in den letzten 10 Jahren um 3,3%. Außerdem wird die zu leistende Arbeit immer anstrengender. Gerade in den Niedriglohnbereichen, bei denen Spätschichten und kurze Pausenzeiten bei teilweise Knochenarbeit dazugehören, führt dies zu einer ansteigenden Belastung für die Arbeiter_innen. Mittlerweile gehören etwa ein Viertel der Beschäftigten in Deutschland zum Niedriglohnbereich. Es gibt also viele Menschen die mit ihren Arbeitsbedingungen unzufrieden sind – Tendenz steigend.

Der Streik ist in dieser Situation eines der besten Mittel, um den Kapitalist_innen etwas entgegenzusetzen. Mit einem Streik lassen sich die Interessen der Arbeiter_innen meist besser durchsetzen als wenn sie bloße Forderungen bleiben. Ein/e Kapitalist_in in dessen/deren Betrieb gestreikt wird, kann gezwungen werden auf die Forderungen der Streikenden einzugehen. In Krisenzeiten stellen Streiks oft die einzige Möglichkeit dar, um überhaupt noch ökonomische Erfolge für die Lohnabhängigen zu erzielen. Je größer die Beteiligung der Arbeiter_innen und je wichtiger die Position, die der bestreikte Betrieb oder die bestreikte Branche in der Gesellschaft einnehmen, desto wirkungsvoller der Streik. Klar, wenn bei Daimler ein paar weniger am Band stehen fällt das erst mal kaum auf, wenn allerdings die Lokführer_innen streiken, wird der Streik zu einem wirksamen Kampfmittel und zum gesellschaftlichen Gesprächsthema.

Der politische Streik: Eine gesellschaftliche Waffe

Denn der Streik ist nicht nur ein gutes Mittel, um den Kapitalist_innen zu schaden und um den Arbeiter_innen bei Verhandlungen um höhere Löhne oder kürzere Arbeitszeiten eine Waffe in die Hand zu geben. Ein Streik und vor allem der Generalstreik (also der Streik möglichst aller Beschäftigten eines Landes), kann durch die Unterbrechung der Produktion von Profit sowie der Störung des gesellschaftlichen Lebens eine noch viel größere soziale und politische Kraft entfalten, als andere Formen des Protests (Demonstrationen, Besetzungen,…).

Durch eine gemeinsam durchgeführte Massenaktion werden die Arbeiter_innen aus ihrer Isolation gerissen und zu einer organisierten Einheit. Sie sehen, dass sie nicht alleine sind und gemeinsam ihre Rechte verteidigen und können. Vor allem durch gewonnene Kämpfe kann so das Bewusstsein der Klasse (sprich: Arbeiter_innen sehen sich als Teil des Proletariats in Abgrenzung zur Bourgeoisie) für ihre Möglichkeiten und Kämpfe enorm erhöht werden. Um aber ein politisches Klassenbewusstsein (die Klasse begreift sich als politische Kraft) zu schaffen, müssen die ökonomischen Kämpfen (Streiks um z.B. höhere Löhne) mit den politischen Kämpfen verbunden und kombiniert werden, ebenso müssen die einzelnen Streiks zusammengeführt werden. Ein unbefristeter, europaweiter Generalstreik könnte z.B. verbunden mit der politischen Forderung „Streichung der Schulden Südeuropas – Wir zahlen nicht für eure Krise!“ dieses Ziel auch erreichen. Dies ist auch ein gutes Mittel gegen Sozialpartnerschaft und Standortpatriotismus. Damit meinen wir die Politik, die seit langem von den reformistischen Parteien, Gewerkschaften und Organisationen auf dem Rücken ihrer Wähler_innen und Mitglieder betrieben wird. Die Parteien drücken Kürzungen in allen sozialen Bereichen durch, während die Gewerkschaftsführungen die Basis still halten und gleichzeitig mit der Bourgeoisie einen Kompromiss aushandeln. Das tun diese Führungen, weil sie selbst weitaus mehr verdienen als wir einfachen Arbeiter_innen und Jugendlichen.

Eine zentrale Wichtigkeit zur Verhinderung von Verrat hat deswegen die Kontrolle des Streiks durch die Basis: Es braucht demokratisch gewählte und jederzeit abwählbare, rechenschaftspflichtige Streikleitungen, Verhandlungs- und Aktionskomitees sowie Vollversammlungen in den Betrieben auf denen Forderungen und Aktionsform beschlossen werden. Ein europäischer Generalstreik braucht eine europaweite Koordination der Arbeiter_innen!

Aufklärung nötig!

Aber trifft so ein Streik nicht auch häufig die Falschen? Natürlich ist es nicht toll, wenn wegen eines Streiks, z.B. im Nahverkehr, Menschen zu spät zu wichtigen Terminen kommen. Anstatt jedoch darüber zu meckern, dass sie zu spät zur Arbeit kommen, auf der sie selber ausgebeutet werden, sollten sich die Menschen lieber mit den Streikenden solidarisieren und erkennen, dass was dort erkämpft wird auch in ihrem Interesse steht. Dafür sollten seitens der Beschäftigten und Gewerkschaften breite Aufklärungskampagnen über die Ziele des Streiks gestartet werden, denn die bürgerliche Presse hat für Streiks oft nur Hetze übrig – weshalb sich dann auch Leute über Streiks beschweren.

Das Ziel bei einem Streik ist eine Verbesserung der Situation der Lohnabhängigen, nicht das Schaden von anderen Lohnabhängigen, auch wenn das von der bürgerlichen Presse gerne so dargestellt wird. Denn gäbe es keine Streiks und hätte es nie eine organisierte Arbeiter_innenbewegung gegeben, wären unsere Arbeitsbedingungen und Lebensumstände heute noch viel katastrophaler. Mindestlöhne, Krankenversicherungen, Kündigungsschutz sowie das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung und zum Streiken überhaupt, sind Dinge, die immer wieder gegen die Angriffe  der Kapitalist_innen und Regierung (wie. z.B. das aktuelle Tarifeinheitsgesetz das Streikrecht einschränken soll) verteidigt, und täglich neu erkämpft werden müssen.

Ein Artikel von Felix Ernst, REVOLUTION Leipzig




Kapital macht Mobil? Mobilität im Kapitalismus

Für uns Jugendliche und ArbeiterInnen ist es ungemein wichtig möglichst mobil zu sein um in die Schule, die Uni oder zur Arbeit zu kommen. Und auch in unserer Freizeit wollen wir noch irgendwie von A nach B kommen, zum Beispiel um FreundInnen zu treffen.

Damit hängen allerdings sehr viele Probleme zusammen.

Wer selbst entscheiden will wann und wohin er oder sie fährt braucht zwangsläufig ein eigenes Auto/Motorrad, etc. Allerdings ist das für viele jugendliche ArbeiterInnen nicht erschwinglich.

Angefangen beim Führerschein: Abgesehen davon, dass man hunderte Euros für Behördenkrams, dröge Theorie-Lektionen, bei denen wenig hängen bleibt und überteuerte Lernsoftware ausgeben muss, muss – wer einen Führerschein haben will – sich auch noch einiges an Zeit nehmen – was oft wegen beschissenen Arbeitszeiten und langen Wegen zur Fahrschule oder zum TÜV schwer genug ist.

Wer dann einen Führerschein hat steht vor einem noch viel größeren Problem: Den fahrbaren Untersatz bezahlen. Da kommt dann einiges zusammen, Kaufpreis, Versicherungen, Kfz-Steuer, Kraftstoff, Reparaturen, und, und, und.

Deswegen bleiben für viele nur die öffentlichen Verkehrsmitteln.

Und wer schon mal eine halbe Stunde im Regen auf einen verspäteten und überfüllten Bus gewartet hat um im Bus festzustellen, dass das Dauerticket seit gestern abgelaufen ist und ausgerechnet heute die KontrolleurInnen unterwegs sind, weiß wie grandios die öffentliche Beförderung im Kapitalismus ist.

Viele andere haben aber gar nicht die Möglichkeit einen Bus oder Zug zu nutzen – vor allem im ländlichen Raum wurden und werden viele Bahnstrecken stillgelegt und der Bus fährt allenfalls zwei Mal am Tag zur nächsten Schule und zurück. Da bleibt oft nur der eigene Führerschein, der Fahrdienst durch Eltern oder das Rad.

Der gesamte öffentliche Verkehr ist nicht vorrangig nach unseren Bedürfnissen gestaltet, sondern so, dass er am meisten Profit abwirft. Dadurch versuchen Verkehrsunternehmen beim Personal einzusparen, zu rationalisieren und schmeißen Strecken aus dem Fahrplan. Das ist nicht nur doof, weil wir damit womöglich weniger mobil sind, es geht auch zulasten der Verkehrssicherheit. Beispiele sind hier die Berliner S-Bahn Krise vor einigen Jahren, bei der wegen Sicherheitsmängeln in Folge von Einsparungen bei der DB hunderte Züge ausfielen oder die zeitweise Stilllegung des Mainzer Bahnhofs wegen Personalmangel.

Während Personal und Reisende unter Einsparungen leiden, jagen die Verkehrsunternehmen und Konzerne weiter nach Gewinnen.

Auch deswegen unterstützen wir den Kampf der GdL, der z.B. die Forderung nach einer Wochenarbeitszeitverkürzung enthält. Das bedeutet unterm Strich auch mehr Sicherheit, da die LokführerInnen weniger belastet sind.

Für uns als KommunistInnen ist aber klar, dass sich da noch einiges mehr ändern muss.

Die Einsparungen geschehen nicht aus Jux sondern weil Unternehmen in Konkurrenz zueinander stehen oder weil der Staat seine Ausgaben kürzen muss. Die Organisierung des Verkehrs folgt den Systemzwängen des Kapitalismus, so sind die Unternehmen ja z.B. durch Konkurrenzdruck gezwungen Löhne runter zu drücken um nicht von Rivalen abgehängt zu werden.

Deswegen müssen wir – die ArbeiterInnen, die Jugendlichen und Reisenden – die Organisierung des Verkehrs der kapitalistischen Profitorientierung entreißen und ihn nach den Bedürfnissen ausrichten.

Das bedeutet für uns die Verstaatlichung des öffentlichen Verkehrs. Was wir brauchen sind Kontrollen und Planungsausschüsse aus Fahrgästen und ArbeiterInnen, die demokratisch Linienpläne, Anschaffung neuer Fahrzeuge, den Ausbau von Bahnstrecken und eine bedarfsgerechte Taktung der Züge und Busse beschließen und planen.

Wir müssen weg vom System des individualistischen Verkehrs. Nicht nur weil dadurch extrem seltener schwere Verkehrsunfälle oder lange Staus auf Autobahnen passieren würden, sondern auch um durch eine massive Verringerung des Schadstoffausschusses einen wichtigen Teil zum Schutz unseres Planeten beizutragen. Das bedeutet auch die weitere Elektrifizierung des Schienenverkehrs, den Ausbau nachhaltiger Energiegewinnung und die Forschung nach weiteren, alternativen Energien.

Auch muss dafür gesorgt werden, dass allen die öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung stehen – für eine kostenlose Beförderung!

Bezahlen sollen das Ganze die, die seit Jahren den öffentlichen Verkehr zusammengestrichen haben, aber gleichzeitig sinnlose Prestigebauten wie Stuttgart21 in Auftrag gegeben haben, es sollen die bezahlen, die weiter an Kohle – und Atomenergie festhalten, es sollen die bezahlen, die spritfressende Autos bauen – kurz: Die Konzerne und Bosse sollen zahlen! Holen wir uns zurück, was sie uns in Form des Profits weggenommen haben!

Ein Artikel von Flo Wasser, REVOLUTION Zülpich




Erster Mai 2015, der gemeinsame Nenner

Alle Jahre wieder kommt der der Kampftag der Arbeiter_Innenklasse. Die „Internationalen Krisen“ zeugen davon, dass es wichtiger denn je ist gegen ihren gemeinsamen Nenner, den Kapitalismus und die ihm innewohnenden Krisen vorzugehen. Ob es nun um den Irak geht, in dem es nach Jahren von Krieg, und kriegerischer Auseinandersetzung, bzw. „Demokratieexport“ die faschistische Terrormiliz IS geschafft hat den Staat zu stürzen und den Krieg in den Nahen Osten exportiert. Oder um rassistische Bewegung in Deutschland, die gegen Migrant_Innen, die angeblich die deutsche Leitkultur unterwandern sollen, auf die Straße gehen oder ob es um den neuen (k)alten Krieg zwischen dem russischen und amerikanischen Imperialismus geht, der diesmal auf ukrainischem Grund ausgetragen wird.

Doch Krieg und Rassismus sind nicht alles was der Imperialismus kann. Auch in den Kerngebieten fängt es langsam an zu brodeln. Der sozialdemokratische Präsident Frankreichs, Francois Hollande, setzt historische Sparprogramme in Frankreich durch. 50 Milliarden Euro des Staatshaushaltes sollen in den nächsten 2 Jahren eingespart werden. Unter anderem durch Einfrieren von Pensionen, Beamtengehältern und der Kürzung diverser Sozialhilfen. Wenn man bedenkt, dass Frankreich wirtschaftlich wie politisch die Nummer zwei in der Eurozone ist, kann man sich an fünf Fingern abzählen, wo die nächsten Sparmaßnahmen stattfinden werden. In Deutschland wird gerade von der Bertelsmann Stiftung (einem der größten Wirtschaftsinstitute, mit starkem Einfluss in der Politik) über eine Neuauflage der „Agenda 2010“(Zeitarbeit, Leiharbeit, Hartz 4), einer Agenda 2020 sinniert. Auf Internationaler Ebene bietet TTIP ( Kurz erklärt: staatliche Regularien gegenüber Arbeitgebern werden beschnitten, und somit der Arbeitsschutz, das Streikrecht und ähnliches verwässert.) eine prima Grundlage, die von der Arbeiterbewegung des 19. und 20. Jahrhunderts erkämpften Rechte der Bourgeoisie zurückzugeben, ganz versöhnlerisch, über den Rücken der bürgerlichen Parlamente, mit Knicks und kurzer Entschuldigung für diese hundertjährige „Albernheit“.

Doch da, ein Lichtblick für die europäische Arbeiter_Innenklasse: In Griechenland kommen „echte Linke“ unter SYRIZA an die Regierung. Sie versprechen das Spardiktat der EU zu brechen, und der Linken in ganz Europa zu zeigen, dass es eben nicht nur einen Ausweg aus der Krise gibt, nicht nur Sparen, Sparen, Sparen am Proletariat. Doch auch diese Hoffnungen wurden schnellstmöglich zerstört. Anstatt mit linken Kräften in ein Bündnis zu treten wird der griechischen Kapitalistenklasse Tür und Tor ins Parlament geöffnet, die rechtspopulistische Partei ANEL ist der Koalitionspartner der angeblichen Sozialisten. Prompt werden die Versprechen über das Aussetzen der aufgezwungenen Sparpolitik gebrochen, z.B. durch die Unterstützung anstehender Privatisierungen und die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Anscheinend beträgt die Halbwertszeit von Sozialist_Innen in bürgerlichen Parlamenten mittlerweile weniger als einen Monat. So geht’s dann wohl doch nicht!

Wie eingangs erwähnt, ist es wichtig wie eh und je gegen den gemeinsamen Nenner – gegen den Kapitalismus auf die Straße zugehen, denn weder etablierte Parteien noch deren Politiker werden den Kampf gegen Kürzungen im öffentlichen und sozialen oder gegen historische Angriffe auf’s Arbeitsrecht für uns führen. Geschweige denn gegen Rassist_Innen und Faschist_Innen, die sich gerade wieder unter dem Banner von Pegida, Legida und Co. sammeln und auf die Straße gehen. Im Gegenteil, selbst linke Parteien beteiligen sich an den Sparprogrammen. Und die Basis nimmt es zähneknirschend hin. Auch die korrumpierten Gewerkschaftsführungen verraten die Arbeiter_Innen im Akkord. Gerade lehnte die IG Metall die Forderung vom IWF nach mehr Lohn zur Stabilisierung der Konjunktur ab.

Da blitzen längst vergangene Wahrheiten wieder durch: Es kann die Befreiung der Arbeiter_Innen nur das Werk der Arbeiter_In sein. Kein Vertrauen in die Bürokraten und die oportunistische Führung von SPD, Die Linke und den Gewerkschaften. Für die Organisierung der werktätigen Massen gegen alle Kürzungsprogramme und für die Zerschlagung des Kapitalismus und seiner bürgerlichen Regierungen!

Drum raus zum revolutionären ersten Mai! Lasst uns gegen Krise, Krieg und Kapital, für die globale Revolution auf die Straße gehen. Doch lasst es uns nicht dabei belassen. Wer den Kapitalismus wirklich stürzen will muss ein revolutionäres Programm in die Basis bürgerlicher Arbeiterparteien, der Gewerkschaften und in real existierende Kämpfe tragen.

Ob in Berlin, Kiew oder Athen muss unsere Parole lauten: One Solution, Revolution.

Ein Aufruf von REVOLUTION Germany




Taksim, Tahrirplatz, Syntagma-Platz – Die Jugend an vorderster Front, aber mit welchen Perspektiven?

Zur Lage

Ein Blick in die Geschichte der Massenbewegungen zeigt relativ schnell, dass die Mobilisierungen, egal ob im arabischen Frühling in Ägypten, auf dem Taksimplatz in Istanbul oder gegen G8-Gipfel in Seattle (1999) und Genua (2001) massiv von Jugendlichen dominiert wurden.

Heute haben wir 23% Jugendarbeitslosigkeit in der EU – da ist Widerstand auch kein Wunder. Auch sind wir nicht in der Lage zu wählen bevor wir ein gewisses Alter erreicht haben, doch selbst wenn man dann wählen darf, muss man sich schon fragen welche Person im Bundestag die Jugend repräsentieren möchte. Der jüngste Abgeordnete aktuell ist 27 Jahre alt, insgesamt sind inzwischen immerhin 6 Personen unter 30 Jahren, leider alle von SPD und CDU/CSU.

Beschäftigte unter 18 Jahren bekommen natürlich auch keinen Mindestlohn, in der Ausbildung sind es auch nur ein paar hundert Euro, und davon, dass nur 37% aller Studierenden es schaffen, schuldenfrei einen Abschluss zu machen will man dann auch lieber nichts erzählen. Natürlich rentiert sich unsere Situation für die herrschende Klasse aus UnternehmerInnen und Banken. Wo jemand weniger Geld bekommt muss auch jemand weniger abdrücken, wo jemand Zinsen zahlen muss bekommt auch jemand welche.

Weder die Großunternehmen dieser Welt noch ihre neoliberalen Blockparteimarionetten (hierzulande: SPD, CDU/CSU, Die Grünen, AfD, LINKE (ja, auch die – die Privatisierungen von Berlin lassen grüßen) haben ein Interesse daran, unsere Situation zu verbessern. Sie werden auch kein großes Interesse mehr dafür entwickeln, das ist unsere Aufgabe! Es geht nicht darum, quasi Lobbyarbeit zu machen und für eine Vertretung der Jugend zu kämpfen, die wird es in einem Gremium wie dem Bundestag oder dem EU-Parlament sowieso nie zu etwas bringen. Die Regierung ist immer darauf aus die Wirtschaft zu stärken und somit nach den Interessen der Kapitalist_innen zu handeln. Dieser Interessenkonflikt wird immer zu Gunsten der herrschenden Klasse gelöst. Wir müssen klar machen, dass wir unsere Unterdrückung weltweit nicht einfach hinnehmen, dass wir auch in einer Ausbildung alleine wohnen können wollen. Auch wir haben ein Recht auf demokratische Mitbestimmung, egal ob im Betrieb, in der Schule z.B. bei der Gestaltung des Unterrichts, aber natürlich auch beim Planen der Freizeitaktivitäten, Jugendzentren etc..

Widerstand und Organisation

Wir haben schon des öfteren bewiesen, dass wir Kämpfe erfolgreich führen können: Die G8-Gipfel in Seattle und Prag mussten abgebrochen werden, der immense Anteil an Jugendlichen im arabischen Frühling, oder in Deutschland z.B. bei den Schul- und Unistreiks gegen Studiengebühren, um hier nur einige Beispiele zu nennen.

Was wir brauchen, sind gemeinsame Kämpfe und Mobilisierungen aller Gruppen der Jugend, die sich mit den Protesten der anderen sozialen Gruppen verbinden – Der Generalstreik in Frankreich im Frühling 2006 war ein Beispiel für die Wirkung eines gemeinsamen Kampfes aller vom Kapitalismus angegriffenen Gruppen. Ministerpräsident Dominique de Villepin brachte eine Arbeitsmarktreform auf den Weg, welche den Kündigungsschutz von Jugendlichen bis 26 Jahre praktisch aufheben sollte. Mehr Arbeit durch schnelleres Rausschmeißen war die perfide Logik dieser Reform. Obwohl sie bereits von der Regierung verabschiedet war, konnte der andauernde und nachhaltige Massenprotest von Gewerkschaften, ArbeiterInnen und StudentInnen diesen Beschluss zu Fall bringen.

Dies zeigt dass die Jugend nicht durch einzelne, spontane Mobilisierungen ihre politischen Ziele durchsetzen wird, weder SchülerInnen, noch StudentInnen und Azubis und schon gar nicht die jugendlichen Arbeitslosen können allein ihre Kämpfe gewinnen, der Kampf muss gemeinsam mit den ebenso betroffenen Gruppen (Lehrer_innen an der Schule, Arbeiter_innen in Betrieb) geführt werden.

Doch um all diese Kämpfe weltweit auch langfristig erfolgreich zu gestalten brauchen wir eine Perspektive. Die heißt für uns revolutionäre Organisation. In allen Lebensbereichen müssen Strukturen für die verschiedenen Kämpfe der Jugend aufgebaut werden.

Nur als europäische revolutionäre Jugend können wir uns gegen Spardiktate der EU verteidigen. Der Kampf gegen den Kapitalismus muss international geführt werden, unsere Gegner tun dies schon lange. Sei es IWF, WTO oder NATO – die Interessen der imperialistischen Staaten und ihrer Kapitale werden auf globaler Ebene umgesetzt. Nur starke internationale Strukturen der Jugend und der Arbeiterbewegung können diesen Gegner schlagen. Auch die Angriffe gegen die Jugendlichen werden seit Jahrzehnten international geführt. Die Situation in Palästina ist natürlich eine ganz andere als in den USA, der Türkei oder Deutschland, daher müssen international Kämpfe und Angriffe analysiert und diskutiert werden, um daraus politische Ziele und Taktiken ableiten zu können.

Daher treten wir ein für den Aufbau einer neuen Jugendinternationale, nach dem Vorbild der Kommunistischen Jugendinternationale (nein, nicht die stalinistische) – denn nur so können wir dem globalen Kapital entgegen treten: Der Kampf um Befreiung ist und bleibt international!

  • Für Schul-, Uni- und Betriebskomitees der Jugendlichen, für Stadtteilkomitees der Jugend!
  • Für einen Mindestlohn von 15€/Std. Für ALLE
  • Gegen das Troikadiktat aus IWF, EZB und EU über Südeuropa und seine Jugend!
  • Für eine revolutionäre Bewegung der Jugend – Hand in Hand mit den Arbeiter_Innen! Für eine kommunistische Massenjugendorganisation!

Ein Artikel von Carlson von und zu Dach, REVOLTION Berlin




Tsipras’ Kapitulation und die Aufgaben der Linken

Gerade einen Monat nach ihrem Erdrutschsieg haben die Syriza-Führung und die von ihr dominierte Regierung ihren Offenbarungseid geleistet.

Zuerst ging sie eine Koalition mit der rassistischen und anti-semitischen ANEL ein, eine Art Rückversicherung des griechischen Staatsapparates, der Großkapitalisten und der orthodoxen Kirche für den Fall, dass Tsipras weiter gehen sollte, als er selbst je wollte. Dann wurde der ehemalige Innenminister und ND-Mitglied Prokopis Pavlopoulos am 18. Februar auf Vorschlag von ANEL und mit Unterstützung der Nea Dimokratia zum Staatspräsidenten gewählt.

Und dann folgte die vollständige Kapitulation gegenüber der EU und dem deutschen Imperialismus. Außer kosmetischen Zugeständnissen, der „Umbenennung“ der Troika und einer begrenzten Wahl, welche Versprechen die griechische Regierung mehr, welche sie weniger bricht, blieb vom Syriza-Programm nichts übrig.

Hatte die neue Regierung kurz nach ihrer Wahl noch die rasche Umsetzung wichtiger Reformen versprochen und die Troika medienwirksam vor die Tür gesetzt, so überarbeitet sie jetzt täglich die „Kompromissvorschläge“, sprich die Kürzungsdiktate aus Brüssel und Berlin, um eine erste Kredittranche zu erhalten. Die Maulhelden des Neo-Reformismus verhalten sich ganz wie Schulkinder, die immer neu verbesserte Hausaufgaben an ihre Oberlehrer schicken, um nur ja nicht von der Schule zu fliegen. Die Schule sind EU und Eurozone und der Oberlehrer ist der deutsche Imperialismus – und die statuieren an Tsipras, Syriza und der griechischen Regierung gerade ein Exempel.

Beschönigung

Dass die griechische Regierung ihre vollständige Niederlage und Kapitulation allen Ernstes noch als „Sieg“, als „Erfolg“ verkauft, setzt den politischen Verbrechen, die sich die Syriza-Führung in den letzten Wochen geleistet hat, noch die Krone auf.

Natürlich täuscht sie mit solchen Akten von realitätsverleugnender Selbstgefälligkeit keinen ihrer Gegner, die allenfalls den Mantel des Schweigens gnädig darüber fallen lassen, um bei der nächsten Gelegenheit die griechische Regierung wieder als ihr Werkzeug zu benutzen.

Das aberwitzige Schönreden der eigenen Kapitulation ist nichts als Betrug und Täuschung der eigenen AnhängerInnen, Parteimitglieder, WählerInnen, UnterstützerInnen in Griechenland und ganz Europa.

Diejenigen, die Samaras und seine Bande zum Teufel jagen wollten und daher Syriza zu einem historischen Wahlsieg verhalfen, haben ein Recht auf Wahrheit, haben ein Recht zu wissen, was ist.

Von Tsipras und der Syriza-Führung werden sie das natürlich nicht erfahren. Die hat gute Gründe dafür, die Massen zu vertrösten, will sie doch selbst weiter im Amt bleiben – und dazu will sie das Vertrauen der Menschen nicht verspielen.

Dummerweise hilft diese Täuschung, solange sie erfolgreich ist, nicht nur der Syriza-Führung und der Regierung, sondern vor allem jenen, die sie zu bekämpfen vorgibt: dem europäischen Großkapital (und auch den griechischen Kapitalisten), der EU und dem deutschen Imperialismus. Ganz zurecht spekuliert die FAZ in einem Kommentar, dass Tsipras entweder als „Pausenclown“ endet, also als Ministerpräsident, der bald von links oder rechts gestürzt wird – oder als „echter Reformer und Modernisierer“, als zuverlässigerer Sachwalter des deutschen Imperialismus und der EU, als es die korrupten Seilschaften von ND und PASOK je waren.

In jedem Fall zeigt sich die groß-bürgerliche Presse hier weitsichtiger und realistischer als jene „Linken“, die Tsipras und seine Verhandler auch jetzt noch entschuldigen, schönreden usw.

Klar, wurden sie erpresst von der EU und den europäischen Regierungen. Klar, sind weder Frankreich noch ein südeuropäisches „Krisenland“ für sie in die Bresche gesprungen. Doch wer wundert sich darüber? Warum sollten Schäuble und Co. ihre Interessen nicht durchzusetzen versuchen? Warum sollte der Erz-Reaktionär Rajoy Tsipras Zugeständnisse machen, die er von der EU nicht erhielt? Warum sollte der russische Imperialismus Milliarden zur ungewissen Rettung der griechischen Staatsfinanzen verballern, wo er selbst vor einer veritablen Wirtschaftskrise steht und einen Ausgleich mit der EU, allen voran Deutschland, sucht?

Gescheiterter Reformismus

Die ganze Strategie, die verschiedenen kapitalistischen Regierungen gegeneinander auszuspielen, ist kläglich gescheitert. Stattdessen haben sie Tsipras vorgeführt.

Überhaupt ist mit der kläglichen Kapitulation nicht nur die Illusion in die EU und Euro-Zone vorgeführt worden, sondern auch die aberwitzige Vorstellung, die grundlegenden Klasseninteressen der europäischen Bourgeoisien am Verhandlungstisch zu neutralisieren.

Mit der Kapitulation – und das ist wohl die wichtigste Lehre der letzten Wochen – ist auch die Unvermeidlichkeit des Scheiterns der „Reformpolitik“, der sozialdemokratischen Strategie der europäischen Linksparteien offen zu Tage getreten. Varoufakis und die ganze Syriza-Führung treten offen dafür ein, den europäischen Kapitalismus zu stabilisieren durch die Erhöhung der Kaufkraft der Massen und staatliche Investitionsprogramme. So soll die Wirtschaft angekurbelt werden, so sollen Länder wie Griechenland wieder in die Lage versetzt werden, in eine ganze Periode des Wachstums zu treten, die sowohl die Profite der Kapitalisten wie die Löhne der ArbeiterInnen sichert.

Dummerweise geht es im Kapitalismus nie um das Wohl aller Klassen. Und erst recht utopisch ist diese Vorstellung in einer historischen Krisenperiode, wo der Kampf um die Neuaufteilung der Welt geführt wird, wo die dominierenden Kapitalgruppen aus den imperialistischen Ländern ihre Profite sicher durch den Ruin ihrer schwächeren Konkurrenten und durch Erhöhung ihrer Ausbeutungsrate.

Dieser Gegensatz lässt sich nicht „harmonisch“ ausgleichen, auch nicht durch den besten sozialdemokratischen Arzt am Krankenbett des Kapitalismus – er kann nur durch den Sieg einer der beiden grundlegenden Klassen der Gesellschaft gelöst werden.

In Griechenland hat nicht nur Tsipras kapituliert, sondern auch der Bankrott des sozialdemokratischen Krisenmanagements der europäischen Linkspartei wurde offenkundig. Das ist die erste Lehre aus den griechischen Ereignissen.

Die Syriza-ANEL-Regierung ist eine Volksfrontregierung, ein Bündnis einer reformistischen, bürgerlichen Arbeiterpartei mit eine erz-reaktionären offen bürgerlichen Partei. Doch selbst ohne ANEL steht Tsipras letztlich dem griechischen Kapitalismus und dem Europa der Imperialisten näher als der griechischen ArbeiterInnenklasse und Bauernschaft.

Natürlich ist es möglich, dass diese Regierung trotz der Politik von Tsipras in neue Konflikte mit dem Imperialismus gerät oder von den Massen oder ihrer eigenen Anhängerschaft gedrängt wird, entschiedener zu sein, als sie es selbst will. Im Fall eines Konflikts mit dem Kapital oder dem Imperialismus würden wir eine solche Regierung natürlich gegen die Reaktion weiter verteidigen.

Aktuell geht es aber darum, die Umsetzung der Vereinbarungen mit der EU, die Opferung der Verbesserungen für die Massen zu bekämpfen. Mit ihre Kapitulation ist die Syriza-Regierung zu einem Erfüllungsgehilfen der imperialistischen Institutionen und auch der deutschen Regierung geworden.

Wir unterstützen alle Versuche der griechischen Bevölkerung, die Regierung zum Bruch mit den Vereinbarungen mit der EU zu zwingen und vor allem alle Aktionen, die versprochenen Verbesserungen (z.B. Mindestlohn, Stopp der Privatisierungen) auch gegen die Vereinbarung mit den „Institutionen“, wie heute die Troika genannt wird, durchzusetzen.

Dafür gilt es diesen Pakt auf der Straße, in den Betrieben, in den Wohnvierteln, in Stadt und Land zu Fall zu bringen durch Demonstrationen, politische Streiks, Betriebsbesetzungen – und durch den Aufbau von Kampforganen wie Aktionskomitees zu bekämpfen.

Alle Kräfte in Syriza, die gegen die Politik ihrer Führung sind, sollten die Einberufung eines Parteitags fordern und die Mobilisierung gegen den Pakt unterstützen. Alle Abgeordneten, die gegen die Umsetzung des Abkommens mit der EU sind, sollten im Parlament dagegen stimmen. Die Linken in Syriza müssen Tsipras ihre Gefolgschaft aufkündigen – und den anderen linken Parteien (KKE, Antarsya) und den Gewerkschaften eine Einheitsfront gegen die Umsetzung der EU-Vorgaben vorschlagen.

So könnte dem demoralisierenden Effekt der Kapitulation von Syriza entgegengewirkt werden – und zugleich eine gesellschaftliche Kraft aufgebaut werden, die einen Ausweg weist.

Alternative

Das beinhaltet aber auch, dass die revolutionäre und antikapitalistische Linke dem neo-reformistischen Konzept der Syriza-Führung eine alternative Perspektive und Strategie entgegensetzen muss.

Es gibt nämlich eine Alternative zur Kapitulation von Syriza. Doch diese erfordert entschiedene Maßnahmen, die auch vor dem kapitalistischen Privateigentum nicht halt machen wie die sofortige Streichung aller Schulden, Ablehnung der Diktate der EU, die entschädigungslose Enteignung der Banken und Großunternehmen wie der orthodoxen Kirche unter ArbeiterInnenkontrolle, effektive Kapitalverkehrskontrollen, …

Es wäre natürlich abenteuerlich und naiv, solche Maßnahmen dem korrupten griechischen Staatsapparat anzuvertrauen – dazu müssten vielmehr Kontrollorgane der Gewerkschaften und Beschäftigten gebildet werden.

All das würde zu einer revolutionären Zuspitzung der Lage führen – und damit die Notwendigkeit einer ArbeiterInnenregierung auf die Tagesordnung stellen, die das Großkapital enteignet, die Wirtschaft auf Basis eines
demokratischen Plans reorganisiert, den bürgerlichen Staatsapparat zerschlägt und durch Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte ersetzt.

Kampf dem Imperialismus!

Als revolutionäre und anti-kapitalistische Linke hier in Deutschland gilt unsere Solidarität der griechischen Bevölkerung, die nun die Diktate der EU und die Kapitulation der Regierung ausbaden soll; sie gilt allen, die gegen den Ausverkauf ihrer Lebensinteressen Widerstand leisten; sie gilt vor allem jenen Anti-KapitalistInnen in Griechenland, die nicht jede Kröte „ihrer“ Regierung schlucken, sondern einen gemeinsamen Kampf auf der Straße, in den Betrieben, an Schulen und Unis organisieren.

Die Linke, Gewerkschaften, die ArbeiterInnenbewegung hier müssen das Diktat der EU und des deutschen Imperialismus ohne Wenn und Aber bekämpfen. Dazu schlagen wir als NaO vor, breite Bündnisse um drei konkrete Forderungen aufzubauen:

• Sofortige, ersatzlose Streichung der Schulden Griechenlands!

• Nein zu allen Spardiktaten! Nein zur Erpressung der griechischen Regierung!

• Die Banken und Konzern müssen für die Krise zahlen!

Ein Gastbeitrag von Martin Suchanek, Gruppe Arbeitermacht

Exkurs: [’solid], SDAJ und zwei Positionen zu Griechenland

Wir haben oben im Gastbeitrag der Gruppe Arbeitermacht gesehen, dass aller hoffnungsvoller Jubel um SYRIZA in einer durchaus voraussehbaren Kapitulation vor dem Imperialismus und auch vor dem einheimischen Kapital mündete.

Auch wir von REVOLUTION klinkten uns nach dem Wahlsieg in die Debatte ein und setzten uns intern mit den unterschiedlichen Positionierungen zum Thema auseinander. Zwei dieser Positionen wollen wir nun einer Kritik unterziehen, nachdem ihr oben die Position gelesen habt, die wir unterstützen.

[’solid] & SYRIZA

Das [’solid] sich zu internationalen Fragen äußert ist eher selten. Wenn aber die griechische „Schwester“ der LINKEN eine Wahl gewinnt, dann wird sich doch mal geäußert – und das leider nicht sonderlich „kritisch – solidarisch“, wie getönt wird, sondern eher nur solidarisch.

Man lehnt nach der Wahl zwar richtigerweise die Koalition SYRIZA’s mit der rechtskonservativen, rassistischen ANEL-Partei ab1, aber das war es eigentlich auch schon mit der Kritik. Mehr noch: Zwar findet der Bundessprecher_Innenrat von [’solid] die Koalition mit ANEL „scheiße“, aber stellt diese noch mit Verweis auf die Verweigerung zur Regierungsbildung der „Kommunistischen Partei“ KKE als alternativlos hin2.

Dabei hätte SYRIZA durchaus Alternativen gehabt: Minderheitsregierung oder auch ein Einheitsfrontangebot an die Basis der KKE um so Druck auf sie aufzubauen.

Ansonsten schürt [’solid] nach dem Wahlsieg illusionäre Hoffnungen: Der politische Kurswechsel, für den SYRIZA steht, ist eine große Hoffnung für alle Menschen in Europa – außer vielleicht für die Millionäre und Banken. In Griechenland erleben wir, dass die Menschen sich das Recht zu wählen – gegen die angebliche Alternativlosigkeit der „Rettungspolitik“ – genommen haben. Europa geht anders, die politischen Kräfteverhältnisse sind veränderbar, eine Alternative ist möglich […]3

Wie wenig der parlamentarische Weg und Wahlen taugen, um etwas gegen den Willen des EU – Kapitals durchzusetzen, zeigte sich bereits nach nicht mal einem Monat an der Regierung: SYRIZA führt das Sparprogramm weiter. Das parlamentarische System ist nur ein Ausdruck des Gesellschaftssystem Kapitalismus und vielfach mit der Bourgeoisie verknüpft. Die eigentliche ökonomische Macht – sprich die Konzernspitzen, etc. – sind nicht wählbar und die politische Macht im Parlament ist der ökonomischen unterlegen.

Illusionär ist auch die Haltung zur bestehenden EU: Das Ziel kann also kein Europa ohne Griechenland sein. Stattdessen braucht es einen radikalen Bruch innerhalb der bestehenden Europäischen Union und mit der derzeitigen neoliberalen Hegemonie.4

Hier geht es also weiter mit der wortradikalen aber reformistischen Suche nach Lösungen im bestehenden System. Es würde unseren Rahmen sprengen sich hier an der EU zu verausgaben, aber so viel sei gesagt: Die EU ist eine imperialistische Vereinigung, die sich aufgrund der Notwendigkeit (aus Kapitalsicht) gegründet hat anderen Imperialisten wie der USA im weltweiten Konkurrenzkampf etwas entgegenzusetzten. Gleichzeitig dominieren die stärksten Kapitale der EU (vor allem Deutschland) im innereuropäischen Konkurrenzkampf und nutzen die EU um diese Rolle zu behalten. Dementsprechend sind die Institutionen der EU ausgerichtet und abgesehen vom relativ zahnlosen Parlament auch nicht wählbar – und damit für linke Politik gänzlich unbrauchbar. Alles was Tsipras will ist in diesen Institutionen beim Aufteilen des Kuchens dabei zu sein.

Das alles passt ins reformistische Bild von [’solid], mit welchem wir uns hier ausführlich befassen: http://www.onesolutionrevolution.de/wp-content/uploads/2011/04/Solid-Polemik_Lukas_M%C3%BCller_2014.pdf

Bevor wir weiter unten unsere Perspektive umreißen, wollen wir noch einen Blick auf die Position der „Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend“ werfen.

SDAJ & KKE

Bei der SDAJ finden wir durchaus richtige Kritiken am reformistischen SYRIZA-Programm und ihrer Politik, aber man unterstützt das Sektiertum der KKE gegenüber SYRIZA, die – ganz nebenbei bemerkt – auch nicht revolutionär, sondern nationalreformistisch-poststalinistisch ist. Auch sie weigert sich den bürgerlichen Staat zu zerschlagen. Am Ziel des Sozialismus wird zwar festgehalten, doch es fehlt an Übergangsforderungen, d.h. an konkreten Forderungen und Schritten, wie die aktuelle Protestbewegung damit verbunden werden kann. Die KKE hat keine Orientierung auf Arbeitermacht, also auf proletarische Kampf- und (Doppel)machtorgane, auch fehlt eine Perspektive der Machtergreifung. So bleibt der Sozialismus der KKE nur ein Luftschloss und die Praxis reformistisch. Interessant ist auch, dass die KKE zwar eine Regierung mit SYRIZA ablehnt, aber vor Jahren eine Koalition mit der konservativen ND einging.

Zur Verweigerung der KKE sagt die SDAJ: Die Weigerung der KKE, sich an einer Regierung Tsipras zu beteiligen, ist daher kein blindes Sektierertum, sondern lediglich die Weigerung, die eigenen Prinzipien und Interessen der griechischen Werktätigen zu verraten.5

Nachdem die KKE selbst keine revolutionäre, sondern eine reformistisch Partei ist, gibt es für Revolutionär_Innen keinen Grund, warum sie keine gemeinsame Regierung mit SYRIZA bilden sollte.

Eine Regierung aus KKE und SYRIZA könnte wesentlich schlagkräftiger zugunsten der griechischen Arbeiter_Innen und die KKE könnte, da wo sie fortschrittlichere Positionen hat, Druck auf SYRIZA ausüben („getreu der eigenen Prinzipien“), vor allem jetzt nach der Kapitulation SYRIZA’s.

Doch selbst wenn sie keine gemeinsame Regierung bilden würde, so bleibt die Frage, wie sie sich gegenüber einer Alleinregierung von SYRIZA verhalten würde. Auch eine solche Unterstützung verweigert die KKE kategorisch – womit sie es Tsipras erleichterte, eine Koalition mit ANEL als „unvermeidlich“ zu verkaufen.

Die SDAJ und die KKE geben ja bekanntlich an, sich auf Lenin zu beziehen, aber dieser würde die KKE-Politik als „linken Radikalismus“ kritisieren. Die KKE betreibt mit ihrer sektiererischen Politik Selbstisolation, denn trotz der verlogenen (und sicher gut verschleierten) Politik von Tsipras und Varoufakis hat sie in Umfragen an Zuspruch verloren.

Zudem sei daran erinnert, dass in Griechenland mit der Chrysi Avgi durchaus eine faschistische Gefahr besteht und dieser mit einer Einheitsfront der organisierten Arbeiter_Innenklasse geschlagen werden kann. Die KKE lehnt das vehement bis hin zur kleinsten gemeinsamen Mobilisierung ab. Die KKE, bzw. die SDAJ haben bei der Bekämpfung des Faschismus offenbar nichts aus der Politik der KPD gegenüber der SPD beim Aufstieg des Faschismus gelernt.

Wie weiter?

Es bleibt die Frage, wie nun das SYRIZA-Abkommen mit dem EU-Kapital verhindert werden kann. Hier sind der linke Flügel von SYRIZA, als auch die KKE und die antikapitalistische Linke wie ANTARSYA oder die Anarchist_Innen gefragt. Es liegt bei ihnen die Politik SYRIZA’s zu kritisieren und in einer Einheitsfront die unzufriedenen Wähler_Innen gegen das Abkommen zu mobilisieren – z.B. durch Streiks und Demonstrationen. Weiter gilt es Basiskomitees aufzubauen, die Aktionen beschließen und Druck auf die Regierung ausüben. Revolutionä_Innen müssen in diesen Kämpfen intervenieren und die Frage eines revolutionären Programms aufwerfen, es verbreiten und versuchen die Unzufriedenen zu gewinnen.

Wir laden [’solid], SDAJ und auch alle anderen Interessierten ein mit uns über die griechische Frage zu diskutieren und gemeinsame Aktionen zur Unterstützung der griechischen Arbeiter_Innen und Jugendlichen durchzuführen.

Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!

Ein Artikel von Lars Filder, REVOLUTION Fulda

1Siehe: http://www.linksjugend-solid.de/hoffnung-fuer-griechenland-nach-dem-sieg-von-syriza-gedanken-vom-bundessprecherinnenrat-der-linksjugend-solid/
2Vergleiche:
http://www.linksjugend-solid.de/fragen-und-antworten-zur-aktuellen-lage-in-griechenland/
3Siehe: Ebenda
4http://www.linksjugend-solid.de/we-stand-with-syriza/
5http://www.sdaj-netz.de/blog/2015/01/zur-wahl-in-griechenland-zwei-wege/