Warnung – extrem progressive Drogenpolitik!

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Drogen sind immer wieder Thema, egal ob im Freundeskreis, den Nachrichten oder auf Parties. Oft genug hat das konsumieren von Drogen jedoch durch unverantwortlichen Konsum, gestreckte Mittel oder den Drogenkrieg furchtbare Folgen. Die Legalisierung aller Drogen stellt hierbei keinen Widerspruch zur Behebung dieser Problematiken dar, sondern die Lösung:

Die letzten 50 Jahre repressive Drogenpolitik haben gezeigt, dass der Konsum von Drogen durch Verboten nicht gehemmt oder verhindert wird sondern lediglich ein profitables Geschäft für Kriminelle ermöglicht. Diese nutzen die existierende Nachfrage nach Rauschmitteln in jedem Fall für ihre Gewinne und stören sich nicht an dem Schaden ihrer Kunden.

Das Ziel von Drogenpolitik sollte eine Gesellschaft sein, in der möglichst wenige Menschen süchtig sind oder unter den Folgen ihres Drogenkonsums leiden. Dass eine Legalisierung auch nicht automatisch jeden zum Konsumenten werden
lässt wird durch das Beispiel der Niederlande aufgezeigt. Dort konsumieren prozentual weniger Menschen Cannabis, als in Deutschland. Jeglicher Drogenkonsum birgt Risiken, hierbei ist es egal, ob man von Alkohol, Cannabis oder Ecstasy spricht. Eine Einteilung in „harte und weiche“ oder „legale und illegale“ Drogen nützt deswegen wenig. Nicht, ein Verbot, sondern allein eine gründlich Aufklärung der Menschen für einen bewussten Konsum, oder vor allem auch dessen bewusste Vermeidung, können helfen und den Konsum weniger risikoreich machen. Auch ist es wichtig, nach den Gründen zu schauen, warum Menschen unverantwortlich mit Drogen umgehen.
Speziell hierbei müssen die sozialen und ökonomischen Grundlagen der Menschen geändert und verbessert werden um Drogenkonsum als vermeidlichen Ausweg aus Problemen zu verhindern.

Aufgrund des riesigen und unkontrollierbaren Schwarzmarktes, dessen Verkaufsgüter nicht durch medizinische Behörden kontrolliert werden können, und der Profitlogik der Dealer, ist der Erwerb von sauberen Drogen nahezu unmöglich. Für die Konsumenten ist somit oft weder klar, um welche Substanz es sich genau handelt, noch wie stark die Verunreinigung durch Streckmittel letztlich ist. Und falls die Droge doch einmal rein sein sollte birgt dies -je nach Droge- die Gefahr einer, womöglich tödlichen, Überdosis.

Könnte nicht eine staatlich kontrollierte Abgabe von Rauschmitteln verbunden mit einem hohen Maß an Aufklärung diesen Risiken vorbeugen?
Die hohen Kosten der Strafverfolgung (Gerichte und Polizei) wären in Aufklärung und Suchtprävention besser investiert. Eine staatliche Abgabe böte die Möglichkeit saubere Rauschmittel abzugeben, und eine Altersbeschränkung, die es auf dem Schwarzmarkt de facto nicht gibt, einzuführen.

Wichtig ist jedoch, dass die Betriebe von Herstellung bis Vertrieb zu 100% staatlich und nicht privatwirtschaftlich geregelt sind. Denn z.B. in der Pharmaindustrie werden Medikamente, die den Menschen zu Gute kommen sollten, unzureichend auf Gefahren geprüft und verursachen teilweise enorme und irreversible Schäden. Dies ist in dem erzwungenen Profitstrebens des freien Marktes begründet.

Klar ist, dass die Politik der
Verteufelung und der Verbote offensichtlich gescheitert ist. Wir müssen uns ein Beispiel an der Politik von Staaten wie den Niederlanden oder der USA nehmen, sollten jedoch nicht bei deren Konzepten stehen bleiben, da diese nur einen Schritt in die richtige Richtung darstellen. Deshalb sehen wir folgende Maßnahmen als essenziell an:

*Legalisierung aller Drogen
*Allgemeines Werbeverbot für alle berauschende oder suchterzeugende Mittel (inklusive Tabak und Alkohol)
*Vertrieb von Drogen ausschließlich in staatlich geführten Stellen von Fachpersonal
*Überwachung der Produktion und ständige Prüfung der Produktqualität
*Aufklärungsarbeit direkt beim Verkauf, in Schulen, Jugendzentren und gefährdeten Gebieten
*Stopp der Unterdrückung von Konsument*Innen

Gastbeitrag der [’solid] Fulda




Feminism and Race

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Wenn man heute im ach so gleichberechtigten Deutschland in Diskussionen die realexistierende Frauenunterdrückung anspricht und auf absolutes Unverständnis des/der Gesprächspartner_in trifft, dann bleibt einem immer noch das schlagende Argument der ungleichen Lohnverteilung. Laut statistischem Bundesamt verdienen Frauen in Deutschland 22 %[1]  weniger als Männer – interessant ist dabei auch die Verteilung der Ungleichheit in Hinblick auf die Region: In den alten Bundesländern entspricht der Gender Pay Gap (ungefähr „Geschlechter-Einkommens-Lücke“) mit 23% ungefähr dem Durchschnitt, im ehemaligen Bundesgebiet der DDR sind es nur 8%, Tendenz jedoch steigend.

Niemand bestreitet diesen Lohnunterschied, er ist offiziell. Und in Zeiten der theoretischen Gleichstellung von Mann und Frau in den Industrieländern, ist er eines der Hauptargumente von Feminist_innen, bürgerlichen sowie proletarischen. Doch beide Lager beziehen sich mit der Verwendung dieser Zahlen nur auf die weiße Frau als Subjekt der Unterdrückung.

In den USA ist das kapitalistische Phänomen der Gender Gap statistisch sehr viel intensiver erforscht als in Deutschland. Die alljährlich von der AAUW (American Association of University Women) herausgegebene Studie „The Simple Truth about the Gender Pay Gap“ untersucht unter anderem den Zusammenhang von Ethnie und Lohnunterschied. Da weiße Männer den größten Anteil der Arbeitskraft darstellen, wird auch ihr Durchschnittseinkommen zur Berechnung der Gender Pay Gap herangezogen. Die 23% (USA) Lohnunterschied beziehen sich also auf weiße Frauen und weiße Männer. Denn der Kapitalismus profitiert nicht nur von billigen weiblichen Arbeitskräften und ihrer kostenlosen Reproduktionsarbeit (Kochen, Waschen, Putzen, Kinderbetreuung etc. im privaten Haushalt), sondern kann sie zusätzlich noch aufgrund ihrer Herkunft, im Falle von lateinamerikanischen Frauen, 47%[2] weniger verdienen lassen. Doppelte Unterdrückung bedeutet auch doppelte wirtschaftliche Last. Auch Afroamerikanische Frauen verdienen nur 64% des Gehalts eines weißen Arbeiters. So sind sie im späteren Leben zusätzlich noch stärker von Altersarmut bedroht als weiße Frauen.

In einer progressiven Frauenbewegung müssen diese besonderen Bedingungen aufgegriffen und ein Kampf gegen sie geführt werden. Das bedeutet nicht, dass wir Theorien, wie die der Triple Oppression (3fache Unterdrückung: Sexismus, Rassismus, Klassismus) unterstützen. Zwar haben alle Unterdrückungen unterschiedliche Auswirkungen und stigmatisieren Betroffene speziell, erst recht, wenn mehrere Unterdrückungen sich kombinieren. Doch Rassismus und Sexismus entstehen nicht von alleine, sondern werden tagtäglich von dem kapitalistischen System, in dem wir leben, reproduziert. So wird, neben der direkten Profitmaximierung durch Ausbeutung unterdrückter Gruppen, gezielt eine Spaltung der Unterdrückten in Mann und Frau, Schwarz und Weiß, herbeigeführt und Barrieren für Widerstand gebaut. Es ist dringend notwendig, den Kampf gegen Rassismus und Sexismus mit antikapitalistischen Kräften zu verknüpfen, um eine wirkliche Perspektive zu bieten.

Doch nicht nur finanziell sind Women of Color stark unterdrückt. Durch die einseitige Darstellung in Medien, die zum Beispiel lateinamerikanische Frauen als sinnliches Lustobjekt, aber auch als Hausmädchen präsentieren, wird so ein viel höheres Risiko für Lateinamerikanerinnen, vergewaltigt zu werden, erzeugt. Schwarzen Frauen wird häufig die Rolle der aggressiven, lauten, freakigen Person aufgezwungen. Allein die Bandbreite an weiblichen Charakteren in Filmen ist schon stark eingeschränkt, die für nicht weiße Frauen noch mehr.
Der weiße, bürgerliche Feminismus möchte uns beibringen, dass wir alle so aussehen dürfen, wie wir wollen. Doch nur selten wird dabei das eurozentrische Schönheitsideal angegriffen und noch immer gelten krause Afrohaare als unordentlich, werden gleichzeitig aber als exotisch fetischisiert.

Dies ist nur ein Teil der aufgezwungenen Frauenbildern und des Rassismus, denen wir tagtäglich begegnen. Für viele sind sie mittlerweile zum Alltag geworden. Jedoch nur weil sie in der Mehrheit der Gesellschaft verbreitet werden, wird ihr Inhalt dadurch nicht legitimer. Die Rolle von Frauen in der Gesellschaft muss grundlegend hinterfragt werden, um sich der Missstände gewahr zu werden und Unterdrückungsmechanismen herausarbeiten zu können. Wir dürfen nicht darauf warten, dass es schon eine proletarische Frauenbewegung geben wird, die Frauen ALLER Hautfarben vertritt, sondern müssen uns aktiv mit den besonderen Problematiken auseinandersetzen und für eine solche Bewegung kämpfen

FÜR EINE REVOLUTIONÄRE, PROLETARISCHE BEWEGUNG ALLER FRAUEN!




Von Friedenspolizisten, Korruption und Sklaverei – Endlich wieder Fußball

Die Fußball-WM 2014 in Brasilien ist in vollem Gange. Um Fußball geht es allerdings kaum noch. Vor Ort stehen natürlich die Proteste im Fokus, die sich gegen die Preiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr richteten und sich schließlich in Proteste gegen die Art der Durchführung der Weltmeisterschaft wandelten. Angekündigt sind Demonstrationen und Blockaden für jedes WM-Spiel. Zu kritisieren gibt es viel, ein Stadion tumblr_mw2805FX9q1qcnmbbo1_500in Manaus, mitten in den Dschungel gebaut, in einer Stadt ohne Profiverein; Spenden von privaten Investoren zur Baufinanzierung, die von der Dilma-Regierung angekündigt wurden belaufen sich exakt auf 0,00€. Bei der Vergabe ging die Regierung von ca. 0 – 20% Steuerbeteiligung an den Kosten aus. Und während Stadien, Hotels und Flughäfen renoviert oder gebaut werden fallen in weiten Teilen des Landes Krankenhäuser, Schulen und Straßen langsam in sich zusammen, wenn es denn überhaupt welche gibt. Ein Gesundheitssystem gibt es in weiten Teilen gar nicht. Ein denkwürdiges Beispiel bürgerlicher Analyse lieferte uns der WM-Rekordtorschütze Ronaldo mit dem Satz: „In Krankenhäusern kann man aber keinen Fußball spielen!“ Danke dafür.

Besonders dramatisch stellt sich allerdings die Situation von Straßenkindern dar, von denen es in Brasilien schätzungsweise 8 – 10 Mio. gibt. Die Polizei liefert die Kinder zu dutzenden mit LKW`s vor die Stadt, auch Gerüchte über Erschießungen kursieren. Die Regierung lässt für die WM auch Auffanghäuser einrichten, einige Straßenkinder-Organisationen kooperieren allerdings nicht. Kritisiert wird vor allem, dass die geplanten Maßnahmen nur zeitlich begrenzt und selbst dafür völlig unzureichend sind. Die Kinder sollen nur während der WM von der Straße verschwinden. Nicht einmal die Unterkünfte sind auf mehrere Monate ausgelegt. An den Problemen und ihren Ursachen ändert sich so natürlich nichts, nichts an der Armut, nichts an den schwierigen Wohnverhältnissen und an der Perspektivlosigkeit. Von Bildung und Arbeit will niemand reden.

In Städten wie Sao Paulo und v.a. Rio de Janeiro wurden Insgesamt etwa 220 Comunidades geräumt, also Tausende von Menschen ihrem zu Hause beraubt. Verantwortlich zeigt sich u.a. die UPP (Unidade de Policia Pacificadora), auf deutsch etwa „Polizeieinheit zur Befriedung“, auch oft Friedenspolizei genannt. Etliche Fälle zeigten die Involvierung der Polizei in Folter und Exekutionen von Jugendlichen in der Präfektur von Rio de Janeiro. Sie füllten die Titelblätter der Zeitungen, wobei dies oft dargestellt wurde, als ob Drogendealer in Schusswechseln mit der Polizei umgekommen seien. Viele dieser Fälle wurden schon widerlegt.

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Aber dies ist kein Privileg von Rio de Janeiro. Auch in Sao Paulo gab und gibt es viele Fälle von Exekutionen und von Gewaltakten der Polizei, v.a., wenn es um Räumungen von Obdachlosen geht, sei es von besetzten Gebäuden oder Ländereien, sei es von zentralen Orten, wo es Konzentrationen dieser Ärmsten der Armen gibt. Diese Gewalttaten gehen zum Teil auch auf das Konto paramilitärischer Verbände, die ihre Mitglieder aus früheren und noch aktiven Polizisten rekrutieren und ein Erbe der Militärdiktatur von 1964 bis 1985 sind. Damals wurden diese sogenannten Todesschwadronen gegen politische Oppositionelle eingesetzt, heute gegen die rebellierenden Bewohner der ärmsten Teile der Bevölkerung. Offiziell soll es sie heute nicht mehr geben, aber ihre Organisationsform und ihre Praktiken haben überdauert. Diese Paramilitärs werden von Geschäftsleuten und HausbesitzerInnen angeheuert, um z.B. gegen die Straßenkinder vorzugehen, die vor Läden und in Einkaufspassagen betteln, Abfälle sammeln oder stehlen. Brutale Morde zur Abschreckung sind an der Tagesordnung.

Auch in 4 Jahren in Katar wird die Situation kaum eine andere sein. Seit Monaten sind Berichte über „Unfälle“ auf den WM-Baustellen in den Medien, bis zu 185 ArbeiterInnen sollen bisher gestorben sein. Diese Tode sind allerdings die logische Folge von fehlendem Arbeitsschutz (keine Helme, 12-Std.-Schichten im Hochsommer), Unterkünften ohne sanitäre Anlagen, Strom oder fließendes Wasser, kurz: kapitalistischer Verwertungslogik. Die Arbeiter, die oft monatelang keinen Lohn bekommen haben werden trotzdem zur Arbeit gezwungen, indem man ihnen mit einem kompletten Lohnausfall oder der Abschiebung droht. Klagt man gegen den Arbeitgeber, ist man automatisch erpressbar und wird vor die Wahl gestellt, entweder wird die Klage fallen gelassen, oder die Ausreiseerlaubnis wird nicht erteilt. Die Grundlage hierfür ist das sogenannte „Sponsorengesetz“ von 2009, das ausländische ArbeiterInnen in Katar dazu verpflichtet, die Genehmigung ihres Arbeitgebers einzuholen, wenn sie diesen wechseln oder das Land verlassen möchten, es legt auch die Passabgabe der GastarbeiterInnen an ihren Arbeitgeber fest. Es herrschen zwangsarbeiterähnliche Bedingungen.

Ohnehin sind die Löhne sehr niedrig und die Arbeitsbedingungen sehr hart. Es muss in großer Hitze gearbeitet werden. Die GastarbeiterInnen, sie kommen meist aus Südasien, Nepal, Indien, Pakistan, etc., müssen Vermittlungsgebühr zahlen, damit sie überhaupt an einen Job in Katar kommen. Dafür müssen viele von ihnen Kredite aufnehmen, umgerechnet bis zu 3500 Dollar. Das sind in den jeweiligen Herkunftsländern natürlich horrende Summen. Und wenn die Gebühr über einen Kredit finanziert wird, kommen noch hohe Zinsen dazu. Oft sind die Schulden dann so groß, dass sie nicht mehr zurückgezahlt werden können, geschweige denn, dass die Arbeiter nach ihrem mehrmonatigen Aufenthalt einen Gewinn machen.

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Über die Korruption bei der Vergabe ist ja in nahezu jedem verfügbaren Medium schon berichtet worden, der katarische Unternehmer und ehemalige Fifa-Vizepräsident Bin Hammam (inzwischen lebenslange FIFA-Strafe) habe mehrere Offizielle des Weltverbandes mit insgesamt 3,7 Millionen Euro geschmiert, auch Franz Beckenbauer hat ihm ja einen wohldotierten Job zu verdanken. Er ist auch verantwortlich für große Deals Katars mit anderen Nationen rund um die WM-Vergabe und organisierte Treffen zwischen der Königsfamilie Katars und der der FIFA (offizieller Name: Exekutivkomitee). Doch Korruption in der FIFA hat eine Tradition, die nahezu so alt ist wie die FIFA selbst. Bekanntestes Beispiel ist die ISMM/ISL, früher eine Marketingfirma, von der an die FIFA über 115 Mio.€ flossen, war verantwortlich für Fußball-Übertragungsrechte. Sie bestachen u.a. den einstigen Fifa-Präsidenten Joao Havelange und seinen früheren Schwiegersohn Ricardo Teixeira (bekam über 12 Mio.$), u.a. verantwortlich für die WM-Vergabe an Brasilien und bis vor kurzem Mitglied im Exekutivkomitee. Aus diesem sind einige wegen Korruption und Bestechung bereits entlassen worden, andere behielten ihren Sitz, das FBI und FIFA-Chefermittler Garcia ermitteln weiter.

Allerdings gibt es dort nicht viel zu recherchieren, die Bestechungen sind in dutzenden Fällen erwiesen, laut Vereinsrecht in der Schweiz ist das aber in Vereinen, was die FIFA mit Milliardenumsätzen und jährlich 3-stelligen Mio.-Gewinnen immer noch ist, gar nicht strafbar. Man bedenke dabei die zahlreichen anderen Verbände und Vereine mit Hauptsitz in der Schweiz. Auch von siebenstelligen Boni für offiziell „Ehrenamtliche“ wird in den Medien nicht gesprochen. Doch allein mit diesen beiden Punkten wird klar, jegliche Illusionen in die FIFA und ihre Ethikkommission, wie seitens des DFB (Deutscher Fußballbund) sind völlig unbegründet und auch ein Abgang des erneut antretenden Don Blatter, seit 1998 im Amt, wird am Grundproblem nichts ändern. Solange mit Fußball Geld verdient wird und die WM eine riesige Geldmaschinerie darstellt,- wird sich die Korruption und die Ausbeutung, Räumungen und Morde alle 4 Jahre wiederholen, je nach Situation des gastgebenden Landes in extremer oder abgeschwächter Form.

  • Daher unterstützen wir die Proteste gegen die WM und unterstützen ihre richtigen Forderungen!
  • Baut Krankenhäuser, Schulen und Infrastruktur statt Stadien!
  • Baut Verteidigungskomitees aus BewohnerInnen und ArbeiterInnen für die Comunidades auf!
  • Zerschlagt die UPP und alle anderen Militärpolizeiapparate und Paramilitärs!
  • Abschaffung des Vereinsrechts in der Schweiz
  • Abschaffung des Sponsorengesetzes in Katar und für demokratische, wähl- und abwählbare Kontrollräte aus ArbeiterInnen, die Baustellen, Arbeitsschutz und Unterkünfte kontrollieren
  • Abschaffung aller Forderungen der FIFA ans gastgebende Land, wie z.B. keine Besteuerung aller Umsätze rund um die WM oder Gewinn-Gewährleistungen (Mindestumsätze, Angebotskontrolle rund um
    die Stadien)
  • Enteignet die FIFA
  • Wir brauchen einen demokratischen Verband, der der Kooperation dient und demokratisch und jederzeit wähl-und abwählbar ist, zusammengesetzt aus Fans, SpielerInnen, TrainerInnen und ArbeiterInnen aus Vereinen, Stadien usw.

Ein Artikel von Carlson von und zu Dach




A TOUCH OF SIN

Der Film von Regisseur Jia Zhangke, welcher 2013 in China und Japan gedreht wurde, zeigt Lebensabschnitte von vier Menschen aus der chinesischen Arbeiter_innenklasse. Alle sind sie von Ausbeutung und Unterdrückung betroffen, doch während die einen an der trostlosen Situation zerbrechen, wehren sich die anderen und versuchen wieder ein wenig Selbstbestimmung in ihr Leben zu bringen. Gerechtigkeit erlangen sie so allerdings auch nicht.

Da gibt es zum einen den Minenarbeiter Dahai, welcher sich bei den Dorfoberen über die sinkenden Löhne und die Behandlung der Arbeiter nach der Privatisierung der Mine beschwert. Er greift zur Waffe, nachdem Schläger des Minenbesitzers in krankenhausreif prügeln und versuchen, ihn mit Geld zu bestechen, während seine Mitmenschen nur mit Angst und Unverständnis reagieren.

Der Wanderarbeiter Zhou San hat sich mittlerweile darauf spezialisiert, routiniert Großverdiener zu überfallen. Seine Familie wartet zu Hause in ihrem von Armut, Langeweile und Alkoholismus geprägten Dorf. Er verrät nicht, woher die stetigen Geldzahlungen kommen.

Auf einem Autobahnrastplatz trifft Xiao Yu ihren Geliebten. Sie will, dass er seine Ehefrau verlässt und bei ihr bleibt, wird aber von ihm enttäuscht. Danach versucht sie sich als Sauna-Rezeptionistin ein neues Leben aufzubauen, was darin endet, dass ein reicher Gast sie zuerst demütigt und dann vergewaltigen will, woraufhin sie sich verteidigt.

Der Jugendliche Xao Hui wird in einer Kleiderfabrik beschuldigt, am Arbeitsunfall eines Kollegen Schuld zu tragen. Seine Flucht vor den Regresszahlungen führt ihn zu einem neuen Job in einem Nachtclub; hier feiern die Mitglieder der chinesischen Oberschicht und ausländische Kapitalisten. Doch auch hier läuft es nicht gut für ihn, er zieht weiter. Schließlich lässt ihn der triste Alltag zwischen Werk und Wohnheim, der für viele keinerlei Aussicht auf Besserung der Lebensumstände bedeutet, verzweifeln.

Der Regisseur Jia Zhangke zählt zu Chinas bedeutendsten und auch preisgekrönten Filmemachern (Still Life). In A TOUCH OF SIN zeigt er die Auswirkungen des Wirtschaftssystems im modernen China. Das Land hat sich, seit Maos Tod 1976, von der Autarkiepolitik nach dem Vorbild der Sowjetunion, über die ersten Reformen wie die Gründungen der Wirtschaftssonderzonen und schließlich dem WTO Beitritt 2001, zu einer vollständigen Marktwirtschaft entwickelt. Mittlerweile hat China alles, was ein kapitalistisches, imperialistisches Land ausmacht und kann auf eine riesige Masse billiger Arbeitskräfte und einen bürgerlichen Staat zurückgreifen. Die einzige Besonderheit ist, dass die herrschende Partei keine rein bürgerliche ist, sondern eine „kommunistische“ Vergangenheit hat.

Der Titel und die Wucht der Inszenierung stehen als Hommage an King Hus Martial-Arts Klassiker A TOUCH OF ZEN, welcher als erster chinesischer Actionfilm in Cannes mit einem Preis ausgezeichnet wurde. Das Individuum im Kampf gegen Unterdrückung ist auch ein zentrales Thema des Wuxia-Genres, an welches der Film anknüpft, das in der chinesischen Filmgeschichte auf eine lange Tradition zurückblickt. Nur ist es leider genau das Individualistische am Kampf der Charaktere, was ihre Möglichkeiten begrenzt und nur zu kleinen Verbesserungen in ihrer subjektiven Situation führen kann. Nicht umsonst heißt es:

The workers united will never be defeated!




Josef vor Gericht

Ein Schauprozess gegen alle Antifaschist_innen 

Am 6. Juni 2014 hat der „Prozess“ gegen Josef, einen antifaschistischen Aktivisten, der im Rahmen der Proteste gegen das Vernetzungstreffen der radikalen Rechten Europas, dem Akademikerball, festgenommen wurde und seit mehr als 5 Monaten in Untersuchungshaft gefangen gehalten wird, begonnen.
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Josef, ein 23 jähriger Student und Mitglied der roten Falken aus Jena, wurde am 24.1.2014 im Laufe der Proteste gegen den WKR-Ball (Wiener-Kooporationsring Ball), der seit einiger Zeit unter dem Namen Akademikerball organisiert wird, verhaftet und sitzt seit dem in Untersuchungshaft. Der Akademikerball ist seit Jahren ein Treffen der rechtsextremen Eliten Europas, internationale Gäste wie Le Pen und bekannte Holocaustleugner_innen gehören zum jährlichen Repertoire dieses Balls, der von rechtsextremen Burschenschaften abgehalten wird und rechtsextremen Eliten als Vernetzungstreffen dient. Seit mehreren Jahren gibt es große Proteste gegen diesen Ball, an denen auch wir von REVOLUTION uns beteiligen. Dieses Jahr brachten die Bündnisse „No WKR“ und „Offensive gegen Rechts“ mehr als 8000 Leute auf die Straße, die versuchten diesen Ball zu verhindern. Vor den Demonstrationen gab es eine regelrechte Welle an Polizeirepression, Teile der Wiener Innenstadt wurden zu einem Gefahrengebiet, ähnlich wie in Hamburg, erklärt, in dem ein generelles Vermummungsverbot verhängt wurde, es gab enorme Einschränkungen der Pressefreiheit, Journalist_innen durften nicht ohne Polizei in die Nähe der Hofburg. Am Tag selber kam es zu Prügel-und Verhaftungsorgien von Seiten der Polizei (Das Informationszentrum von Offensive gegen Rechts musste zu einem Lazarett umgewandelt werden), bei denen auch Josef verhaftet wurde.
Die Straftaten die ihm vorgeworfen werden sind schwere Sachbeschädigung, Rädelsführerei, Landfriedensbruch und absichtliche versuchte schwere Körperverletzung. Nicht nur die Begründungen für die Untersuchungshaft (damit U-Haft verhängt wird muss diese begründet und immer wieder geprüft werden – bei Josef waren das „Verdunkelungsgefahr“ und „Tatbegehungsgefahr“) waren an den Haaren herbeigezogen, auch die Live-Berichterstattung las sich mehr wie eine bittere Satire als ein seriös geführter Prozess. Auf was der Prozess jedoch hinauslaufen sollte war relativ klar: ein Exempel sollte an der antifaschistischen Linken statuiert werden und Josef hat es erwischt.

Scheiben klirren und ihr schreit, Menschen sterben und ihr schweigt!

Die Stimmung des Prozesses war relativ klar, man versuchte, mit Bildern und Gruselgeschichten vom schwarzen Block und dem Daherreden von angeblich kriegsähnlichen Zuständen in Wien am 24.1 Josef für alle Schäden, die während der Demonstration passiert sind, verantwortlich zu machen. Da wurde schnell einmal aus einem Transparent ein Rammbock und aus zerbrochenen Fenstern die Apokalypse. Natürlich nicht erwähnt wird, von wessen Seite die Gewalt an diesem Abend ausging: nämlich von der Polizei, welche Provokationen von Seiten der Exekutive (durch Vermummungsverbot und Einschränkung der Pressefreiheit) die Wut vieler Aktivist_innen hervorrief. Es sind ohnehin die politisch weitaus wichtigeren Frage als Glasscherben, dass wir in einem Staat leben der aktiv rechte Recken, Rechtsextreme und Faschist_innen schützt, während er antifaschistische Demonstrant_innen niederknüppelt und kriminalisiert. Kein Wunder in einem System, in dem Rassismus und mörderische Abschiebepolitik zum traurigen Alltag gehören.

No Justice, No Peace

Während der Verhandlung, die, wäre sie nicht so tragisch, fast schon komödienähnliche Qualitäten hatte, wurden die Polizist_innen verhört, die Josef belasteten und starteten somit eine Reihe von Verwirrungen, widersprüchlichen Aussagen und Fehlern während der Verhaftung. Faktische Beweise von den Taten, die Josef begangen haben soll, gab es nicht, das Soundgutachten bei einer Videoaufnahme, wo er die Menge angefeuert haben soll, die Polizeistation zu verwüsten, sagte aus, dass es nicht seine Stimme auf der Aufnahme war, auf keiner Videoaufnahme sieht man Josef Steine auf die Polizei schmeißen, man sieht ihn nur einen Mistkübel wieder aufstellen. Und trotz aller Unstimmigkeiten bei den Aussagen, einem absoluten Beweismangel, wird Josef bis zum nächsten Verhandlungstermin im Juli nicht freigelassen, und das auf Grundlage absolut fadenscheiniger Begründungen, denn man sehe ihn ja den Mistkübel aufstellen. Wir stehen in Solidarität mit Josef und allen von Repression betroffenen Aktivist_innen! Gerade jetzt, wo die antifaschistischen Linke von immer stärkerer Repression betroffen ist, ist es wichtig, Strukturen weiter auszubauen, die Betroffenen helfen können und eine gute und solidarische Bündnispolitik weiterzuführen, denn ein Angriff auf Einen ist ein Angriff auf uns Alle. Antifaschismus darf sich nicht kriminalisieren lassen!

Ein Artikel von REVOLUTION-Wien




SCHUL- UND UNISTREIK AM 1. JULI – Gegen Rassismus und Krieg!

ein Artikel von Georg Ismael

Stell Dir vor es ist Schule und niemand geht hin. Nein, wir reden nicht von den Schulferien. Wir reden von Jugendlichen, die ihre Bildungseinrichtungen bestreiken und auf die Straße gehen, um für politische Forderungen einzutreten. Nach den großen Bildungsprotesten, die 2006 bis 2011 Hunderttausende mobilisierten, gibt es nun wieder Bewegung unter jungen SchülerInnen und Studierenden. Diesmal für die Forderungen der Flüchtlinge, gegen Rassismus und Krieg. Es ist höchste Zeit, dass es wieder eine linke Jugendbewegung in Deutschland gibt.

Der Rassismus gegen Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, empört v.a. Jugendliche. Tausende Menschen, die in den vergangenen Jahren an den Außengrenzen der EU umkamen, sich in Flüchtlingslagern aus Verzweiflung das Leben nahmen sowie Armut, Unterdrückung und Krieg, die sie zur Flucht zwingen, sind Anlässe genug für Empörung – und sie sind Ausdruck einer imperialistischen Welt.

Doch Flucht und Krieg finden nicht nur weit entfernt statt. Die EU und Deutschland bringen nicht nur außerhalb Europas diktatorische Regierungen an die Macht, plündern Ressourcen, führen Krieg und beuten die Bevölkerung schamlos aus.

Als im Dezember 2013 4.000 SchülerInnen in Hamburg gegen die bestehenden Asylgesetze, gegen  Residenzpflicht, Arbeitsverbot und die politische Entrechtung der Flüchtlinge ihre Schulen bestreikten, war das ein wichtiges Signal. Zwar gab es im vergangenen Jahr immer wieder Proteste gegen Rassismus und die deutsche Flüchtlingspolitik, doch sie blieben oft regional und isoliert. Die Aktionen der Hamburger Linken und Jugendlichen waren eine Inspiration, die kurz darauf im Februar zu einem weiteren Schulstreik in Berlin führte, an dem sich 4.000 Jugendliche beteiligten.

Das Bündnis, dass von REVOLUTION und der linken SchülerInnengruppe Red Brain initiiert wurde, zog schnell viele neue AktivistInnen und Jugendorganisationen an. Umso mehr, da der Berliner Senat das Flüchtlingscamp am Oranienplatz schnell räumen wollte – direkt durch die Polizei oder durch eine Spaltung des Protestes, unter dem Vorwand von Verhandlungen.

Seitdem konnten die Landesregierungen der Flüchtlingsbewegung viele Schläge versetzen. Es gab zahlreiche Abschiebungen. Auch die öffentlichen Protestcamps wurden vielerorts geräumt. Die Aktionen, insbesondere der SchülerInnen, konnten diese Angriffe vorerst nicht verhindern. Aber sie mobilisierten dennoch tausende Jugendliche. Viele gingen zum ersten Mal für politische Fragen auf die Straße. Unter ihnen waren auch migrantische Jugendliche, die sehr direkt vom Rassismus betroffen sind. Die Teilnahme von MigrantInnen ist besonders wichtig, denn unsere Forderungen können nur durch eine Massenbewegung umgesetzt werden. Gerade die Mobilisierung und Radikalisierung von Jugendlichen spielt dabei eine zentrale Rolle.

Bestärkt durch den Schulstreik im Februar und die wachsenden Flüchtlingsströme nach Europa, beschlossen die Berliner AktivistInnen daher im April, einen weiteren Schulstreik am 1. Juli zu organisieren.

 

Ein zentrales Problem der Flüchtlingsbewegung und ihrer UnterstützerInnen ist jedoch ihre mangelnde bundesweite und internationale Organisierung. Aktionen wie der Marsch von Würzburg nach Berlin oder jetzt von Straßburg nach Brüssel sind positive Beispiele für die Eigeninitiative der  Flüchtlinge. Doch sie sind sehr isoliert von einer Bewegung, die auch Menschen ohne Flüchtlingshintergrund auf die Straße bringt.

REVOLUTION und Arbeitermacht, sowie die GenossInnen der Neuen antikapitalistischen Organisation (NaO) wollen diese Initiative voranbringen. Wir fordern die Antikriegsbewegung und die Organisationen, die die Demonstrationen in Solidarität mit den AntifaschistInnen und gegen den Krieg in der Ukraine am 31. Mai organisierten, dazu auf, am 1. Juli ebenfalls bundesweite Aktionen zu organisieren. Wir wollen auch die Gewerkschaftslinke dafür gewinnen, aktiv den Kampf für die Forderungen der Geflüchteten und gegen die imperialistischen Machenschaften der deutschen Regierung in der Ukraine zusammen mit kämpferischen GewerkschafterInnen in den DGB tragen.

Mitmachen!

Wir rufen alle Initiativen und Organisationen der Flüchtlingsbewegung dazu auf, sich stärker zu vernetzen. Gemeinsame Aktionen am 1. Juli und eine nachfolgende bundesweite Konferenz aller Beteiligten könnte ein wichtiger Schritt dafür sein. Gerade Jugendorganisationen wie Solid, die JuSos, die SDAJ oder antifaschistische Gruppen sollten einen Beitrag zu dieser Bewegung leisten.

Wir von REVOLUTION und Arbeitermacht werden gegen Rassismus, Krieg und Abschiebung auf die Straße gehen und zugleich für eine weitergehende politische Perspektive eintreten: für ein Europa ohne Grenzen, ohne Ausbeutung, Krieg und Abschiebung – für ein sozialistisches Europa. Denn nur eine Welt ohne Imperialismus, kann auch eine Welt sein, in der niemand fliehen muss, in der Menschen frei sind, zu leben, zu arbeiten und sich zu verwirklichen, wo sie wollen.




Europawahl 2014 – Rechte Kräfte auf dem Vormarsch?

Auch wenn das Europäische Parlament selbst, verglichen mit anderen bürgerlichen Parlamenten, kaum mehr als eine lächerliche Hülle ist, haben die EU-Wahlen als Abbild der Stimmung unter den Wähler*innen eine gewisse Bedeutung.

Europas Rechtsruck – der Sieg der Populisten

 

Es ist erschreckend zu sehen, wie stark die rechtspopulistischen, nationalistischen oder auch faschistischen Parteien in vielen Ländern sind und wie viele Stimmen sie zu holen vermochten.

In Dänemark wurde die Dansk Folkeparti mit 26.6 % der  Stimmen sogar stärkste Kraft. Auch in Großbritannien und Frankreich konnten die Rechtspopulist*innen sich durchsetzen, die UKIP (United Kingdom Independence) gewann die britische Wahl in und in Frankreich gelang es der Front National,  auf ganze 26% zu kommen. Die FPÖ erreichte in Österreich, wie auch bei den nationalen Wahlen 2013, ca. 20% und ist damit die drittstärkste Kraft.

In Griechenland erlangte die faschistische Partei „Goldene Morgenröte“ 9,3%, während die faschistische Jobbik, welche unter anderem an Pogromen gegen Roma in Ungarn beteiligt ist, auf mehr als 14% kam.

Wahlerfolge der (radikalen) Linken

 

Das antikapitalistische Bündnis Podemos erreichte in Spanien aus dem Stand heraus 8% – und das nur wenige Monate nach der Gründung. Die reformistische SYRIZA konnte in Griechenland das mit 26,5% beste Ergebnis der linken Parteien in Europa erreichen. Auch im krisengebeutelten Portugal erreichte der Linksblock ca. 11%. Deutlich zu erkennen ist, dass antikapitalistische linke Parteien dort Erfolge erzielen wo die kapitalistische Krise ihre Auswirkungen am deutlichsten zeigt.

Perspektive für Europa

 

Weder  die rechtspopulistischen, noch die faschistischen Parteien bieten eine Alternative zu etablierten Politik, die soziale Lage der Arbeiter*innen darf nicht von Rechten ausgenutzt werden!

Statt uns dem Wahn des vollen Bootes hinzugeben und damit einer Spaltung im Sinne der Kapitalist*innen zu unterliegen, müssen wir uns gegen die wirklichen Ursachen sozialer Missstände wie Arbeitslosigkeit oder Verarmung wehren und uns klassenkämpferisch, revolutionär und kommunistisch organisieren!

Die Erfolge der Linken zeigen, dass besonders in den Ländern der europäischen Krise in den Massen bereits Ansätze zu dieser Form von Organisierung vorhanden sind. Für den Aufbau einer internationalen revolutionären Arbeiter*innenpartei!

Ein Artikel von Flo Wasser, REVOLUTION Zülpich




"Damit du endlich mal Mamas Schönste bist" – Sexismus an der Schule.

Digital StillCameraBei uns im Sportunterricht muss man zur Leistungskontrolle antreten. Hand in die Höhe ausstrecken und sein Bestes geben. Und vorher natürlich von sich aus das T-shirt in die Hose, damit man nicht Aussagen, wie „Mach das Hemd rein, damit du endlich mal Muttis Schönste sein kannst“, riskiert. Aber darüber diskutieren kann man nicht. Es gilt: „Ein Mann, ein Wort -eine Frau, tausend unnütze.“ Beides sind übrigens wörtliche Zitate von Lehrern.

Diskriminierung im Alltag ist nichts Neues. Als Jugendliche(r) ist die Schule der Ort, wo man tagtäglich mit Sexismus und anderen Formen der Unterdrückung konfrontiert wird. Seien es nur kleine Bemerkungen von Mitschüler_innen oder Lehrer_innen, auf die Betroffenen wirken sie prägend.

Leistungsorientierte Strukturen und mangelnde Förderung der individuellen Entwicklung bereiten einen mehr oder weniger gut auf das künftige Leben in unserem kapitalistischen Wirtschaftssystem vor. Dass die Probleme im Bildungssektor damit unweigerlich verbunden sind, wird nicht angesprochen. -Genauso, wie eine Ungleichbehandlung von Schüler_innen gerne totgeschwiegen wird, denn -so will man uns glauben lassen- was zählt, ist nur die Leistung.

Die bestehende Schule als Struktur des Kapitalismus fördert die Reproduktion des binären Geschlechtersystems, sprich: der einfachen Einteilung in männlich und weiblich. Schon von Anfang an findet eine Trennung zwischen männlichen und weiblichen Schülern statt und Stereotype vom ordentlichen Mädchen und Jungen als Klassenclowns werden teilweise unbewusst gefestigt. Für Schüler_innen, die sich nirgends einordnen können oder sich mit ihrem Rollenbild nicht identifizieren, ist nur selten oder gar kein Platz. Neben der Geschlechtsidentität wird im Biologieunterricht und in anderen Lehrbüchern Heterosexualität als Norm vermittelt, andere sexuelle Identitäten werden ausradiert.

flyer_sexismus-1Lehrer_innen, die durch kleine Bemerkungen oder auch mit ihrem gesamten Verhalten das Patriarchat vertreten, indem sie die Leistungen von Mädchen abwerten oder versuchen, sie in eine Rolle zu drängen, hat wohl Jeder schon mal erlebt. Bemerkungen, wie am Anfang des Artikels geschildert, begleiten einen als Frau in der Schullaufbahn -sind aber nur der Gipfel des Eisberges.

Typisch sind auch dem Rollenbild entsprechende Aufgaben im Matheunterricht, wie „Herr Müller will ein Auto kaufen (…)“, aber „Frau Schmidt geht zum Markt, um Äpfel zu besorgen.“ Auch im Geschichtsunterricht spielen weibliche Persönlichkeiten nach wie vor so gut wie keine Rolle.

Sogar bürgerliche Medien berichten, wenn das Thema Sexismus in der Schule angeschnitten wird, dass eine Ungleichbehandlung vorliegt. Tatsächlich aber kritisiert man dort den kleineren Anteil von männlichen Abiturienten oder die besseren Notenschnitte von weiblichen Schülern. So wird zum Einen fälschlicherweise das Bild erzeugt, dass Sexismus auch „umgedreht“ werden kann. Zum Anderen sind Aussagen, dass Mädchen bevorzugt würden und leichter bessere Noten bekommen nur eine Seite der Medaille, ähnlich wie in der Berichterstattung über die fleißigen Schüler mit asiatischem Migrationshintergrund. Zwar mögen die Noten und Abschlüsse in der Schule besser sein, sieht man sich aber die Besetzung von Führungsposten an, so muss man sich fragen, was aus der angeblichen Bevorzugung der Frauen letztendlich wird.

Dieses Ungleichgewicht in der Jobverteilung sieht man auch deutlich an Schulen. Während der Anteil von männlichen Grundschullehrern noch nur bei ca. 15% liegt, sind es an Gymnasien ungefähr gleich viele Männer wie Frauen. In Schulleitungspositionen sieht das ganze sehr anders aus: circa 80% sind männlich.

Im Zusammenhang von Sexismus und Schule spielen auch Vorurteile, wie „Frauen können nunmal kein Mathe, das ist schon okay“ eine Rolle, welche sich negativ auf die Leistungen von Schülerinnen auswirken. Eine Studie vom National Institute of Mental Health beweist, dass Frauen, denen vor einem Mathetest gesagt wird, dass weibliche Befragte in diesem durchschnittlich schlechter abschneiden als Männer, letztendlich tatsächlich schlechter sind als Frauen, die mit diesem Vorurteil nicht konfrontiert wurden. Wenn Mädchen dann zur Überraschung aller doch mal gut in naturwissenschaftlichen Fächern sind, wird das häufig auf Fleiß zurück geführt. Bei Jungen ist es natürlich Begabung.

Nicht nur in direkten sexistischen Äußerungen, sondern auch im unbewussten Verhalten der Lehrer lässt sich ein Ungleichgewicht erkennen. Eine Studie der Lehrerin Dale Spender kam zu dem Ergebnis, dass Lehrer_innen ihre Aufmerksamkeit zu 85% den männlichen Schülern schenken, selbst, wenn mehr Mädchen in der Klasse sind. Auch unterbrechen Jungen Mädchen häufiger, als es andersherum der Fall ist. Wie auch außerhalb der Schule haben Männer einen sehr viel größeren Anteil an Diskussionen als Frauen. Auch schätzen sie die Verteilung des Gespräches ganz anders ein. Eine australische Studie kam zu dem Ergebnis, dass Männer die Diskussion als ausgeglichen wahrnahmen, wenn Frauen 15% der Zeit redeten. Als von Frauen dominiert sahen sie sie hingegen, wenn der weibliche Anteil an der Diskussion (gemessen sowohl an Wortzahl, als auch an Länge der Beiträge) bei nur 30% lag. In der Schule wird Mädchen so schon früh beigebracht, in Diskussionen lieber zu schweigen und eigene Meinungen nicht zu äußern.

Der Kampf gegen Sexismus an der Schule ist nicht leicht. Konfrontiert man Lehrer_innen mit ihren frauenfeindlichen Äußerungen, wird man schnell als die abgestempelt, die „immer diskutieren will“. Auch riskiert man, schlechtere Noten zu kriegen und im Unterricht ignoriert zu werden, weil der/die Lehrer_in Angst vor kritischen Äußerungen hat. Es ist möglich, gegen den/die Lehrer_in Beschwerde bei der Schulleitung oder dem Schulamt einzureichen, doch hat man in diesem Fall kein Recht, die Stunden des Faches in einem anderen Kurs zu besuchen. Das hat zur Folge, dass man Inhalte verpasst und danach wahrscheinlich nur noch mehr von dem/der betreffenden Lehrer_in gepiesackt wird.

Es ist notwendig, in Schule Strukturen von Schüler_innen zu schaffen, in denen sie Fälle von sexueller, und auch anderer, Diskriminierung thematisieren können. Außerdem muss die Forderung nach von Schüler_innen und Arbeiter_innen festgelegten Lehrplänen mit geschlechterkritischen Inhalten aufgestellt werden. Wir treten für die Schaffung einer Schüler_innen- und Student_innengewerkschaft ein, die Jugendlichen das effektive Eintreten für ihre Interessen ermöglicht.

Ein Artikel von Katherina Singh und Madita Engström, erschienen in der gemeinsamen Frauenzeitung von Arbeitermacht/REVOLUTION, März 2014




Frauen in der Oktoberrevolution

… denn sie haben so vieles zu gewinnen!

Das Bild, das uns in den Kopf kommt, wenn wir an die Russische Revolution denken, ist sehr männlich geprägt. Das bedeutet aber nicht, dass keine Frauen an der Revolution teilgenommen haben. Im Gegenteil: Zu Kriegsbeginn war rund die Hälfte des russischen Industrieproletariats weiblich und die Arbeiterinnen von Wyborg, einem Stadtteil von Petrograd, waren es, die im Februar 1914 zum Streik aufriefen und sich die Unterstützung der Soldaten versichern ließen, als alle anderen noch zögerten. Trotzdem denken wir zuerst an Lenin und Trotzki, wenn wir von der Führung der Bolschewiki reden. Aber gerade, weil der erste Streik gegen die provisorische Regierung 1917 bei Wäscherei-Arbeiterinnen stattfand und die Frauen am entschlossensten für den 8-Stunden-Tag kämpften, wollen wir uns in einem Artikel den Bolschewistinnen zuwenden, die sonst oft unbeachtet bleiben.

Doch, wie ein Zeitgenosse sagte: „Sind die Frauen erst einmal für die revolutionäre Partei gewonnen, werden sie die tapfersten und militantesten Kämpferinnen sein, da sie so vieles zu gewinnen haben.“

Zuerst sollte man Russland im globalen Zusammenhang betrachten. In einem Land, das wirtschaftlich sehr rückschrittlich war und das bis dato von einer Monarchie regiert wurde, war Gleichstellung der Geschlechter selbst in den kühnsten Träumen kein Thema. Nach dem Ausbruch der Revolution kämpften Frauen im Bürgerkrieg Seite an Seite mit den Männern, betrieben politische Agitation und hatten in allen Gremien Mitspracherecht. In anderen Ländern erhofften sich Frauen zu dieser Zeit  noch das bürgerliche Wahlrecht.

Die soziale Struktur innerhalb der weiblichen Bolschewiki unterschied sich jedoch von jener der Männer. Sie kamen hauptsächlich aus mittleren und oberen Schichten, was nicht verwunderlich ist, wenn man sich anschaut, wie viel Zeit eine Bäuerin gehabt hätte, sich nach getaner Arbeit politisch zu schulen und in einer Organisation aktiv zu werden.

Obwohl von staatlicher Seite immer wieder versucht wurde, gerade Bäuerinnen und Proletarierinnen von der „Männersache“ Politik auszuschließen, schlossen sich zunehmend mehr Frauen unterschiedlichen Organisationen wie den SozialrevolutionärInnen, den Menschewiki und den AnarchistInnen an. Die meisten  gingen jedoch zu Lenins Bolschewiki, wo ihr Beitritt sehr begrüßt wurde. Frauenunterdrückung wurde in allen Klassen wahrgenommen und als Problem angesehen, das immer mehr an Konfliktpotential gewann. Die Frauen waren in jeder Hinsicht an die Männer gebunden, u.a. weil sie sich nicht scheiden lassen durften.

Die politischen Strömungen, die sich daraus entwickeln, sind ähnlich unterschiedlich wie heutzutage, aber in Russland waren sie deutlicher und offensichtlicher voneinander abzugrenzen. Die liberalen FeministInnen forderten Reformen von der Regierung, um sich dem Standard der westlicheren Frauenrechte anzupassen und eine kleine Verbesserung zu ermöglichen. Sie wollten aber nicht den Kapitalismus stürzen und weigerten sich auch, das Problem der Frauenunterdrückung als eine Klassenfrage zu begreifen. Ihre Forderungen richteten sich primär auf Verbesserungen für Frauen aus der Mittelklasse.

BolschewistInnen hingegen erkannten diesen Feminismus als eine bürgerliche Ideologie und argumentierten, dass er das wesentlichste aller Probleme, das Recht auf Privateigentum an Produktionsmitteln, nicht beachtet.

Um zu verstehen, warum die Bolschewiki so eine große Anziehungskraft auf die Frauen ausübten, muss man ihre politische Positionierung zu dem Thema betrachten, deren Ursprünge bei Marx und Engels und deren Forschungen u.a. zur bürgerlichen Familie liegen. Dem zu Grunde liegt die Feststellung, dass die Familie kein naturgegebenes Phänomen, sondern eine an die Produktionsprozesse angepasste Struktur ist. Für viele Frauen war es eine logische Schlussfolgerung, die Aufteilung und Vergesellschaftung der Hausarbeit zu fordern, und zwar nicht erst nach der Revolution, sondern schon als Vorbedingung, um überhaupt Frauen in die politische Arbeit zur Vorbereitung einer Revolution einbeziehen zu können. Diese Forderung nach Unabhängigkeit der Frauen von Männern sind ist ein zentrales Element des Marxismus.

Alle bekannten Bolschewistinnen schildern ihren Weg in die Organisation in ähnlicher Weise. Nachdem sie erfahren mussten, was Frauenunterdrückung bedeutet, kamen sie zur revolutionären Bewegung, informierten sich und wurden dann Mitglied. Doch Vorsicht: Solche Darstellungen sind auch oft stalinistisch geschönt, denn es war nicht für jede Frau so einfach, den Bolschewiki beizutreten und mit ihnen politisch aktiv zu werden – nicht zuletzt, weil auch in der Partei nicht alle Vorbehalte gegenüber Frauen von vornherein ausgeräumt waren.

Die Phase der wirklichen Gleichberechtigung von Frauen war leider nur sehr kurz. Je größer Stalins Einfluss wurde, desto weniger aktiv waren die Frauen in den Ortsgruppen, da ihnen aufs Neue die Hausarbeit und die Kindererziehung zugeschrieben wurde. Dies geschah jedoch auf subtile Weise, denn nach außen wurde es sehr begrüßt, wenn Frauen auch in Fabriken arbeiten gingen. Aber die finanziellen Mittel für öffentliche Kinderbetreuung wurden fortlaufend gekürzt, so dass die Frau am Ende nur doppelt belastet war. Ebenso wie die Arbeiter auf perverse Weise heroisiert wurden, geschah dasselbe mit den Frauen in ihrer Rolle als Mütter, die für den Nachwuchs der Sowjetunion sorgten. Viele Errungenschaften für Frauen wurden unter Stalin wieder zurückgedreht.

Ungefähr ein Drittel aller Bolschewistinnen wurde durch Verwandte politisch geprägt, Alexandra Kollontai bekam beispielsweise mit, wie ihre Brüder, die in der Opposition waren, schikaniert wurden. Letztendlich nahmen aber die alltäglichen Situationen zu, welche die Frauen politisierten, denn die Schlangen, in denen man auf Brot wartete, wurden länger und die Polizei wurde rabiater, wenn sie Demonstrationen verhindern sollte.

Doch je aktiver eine Frau wurde, desto größer wurde die Gefahr der Repression gegen die eigene Familie, so dass einige Frauen, wie z.B. Vera Karavaikova, den Kontakt komplett abbrachen, bevor sie in den Untergrund gingen, oder ihre Ehemänner verließen, wenn sie nicht politisch mit ihnen übereinstimmten.

Das Leben innerhalb der Organisation entwickelte sich in immer größer werdendem Gegensatz zum Rest der Gesellschaft, in der es keine Selbstverständlichkeit war, dass Männer und Frauen zusammen arbeiteten, die Partei hätte es sich zudem auch nicht leisten können, Mitglieder auf Grund ihres Geschlechts auszuschließen.

Es wurde relativ schnell klar, dass eine reine Negation des Geschlechterverhältnisses  keinen Fortschritt bringen würde, sondern eine Auseinandersetzung mit dem Thema  „Frauenunterdrückung“ tiefgreifender sein muss. So wurden zuerst Treffen nur für Frauen organisiert, bei denen nicht nur über Politik gesprochen wurde, sondern die auch kulturelle Angebote machten. Sie wandten sich an die Textilarbeiterinnen, an alle unorganisierten Proletarierinnen und begannen mit dem Aufbau von Gewerkschaften für Hausangestellte.

Ab 1914 wurde dann die Zeitung „Rabotniza“ (Arbeiterin) veröffentlicht, die sofort großen Anklang fand und von der bolschewistischen Partei finanziert wurde. Eines der ersten Themen war der Internationale Frauentag 1914, jedoch wurden nicht mehr als sieben Ausgaben veröffentlicht, da die Polizei die Redaktionsmitglieder verhaftete.

Das Verbot der Zeitung zeigte, dass offensichtlich von organisierten Frauen mit politischem Bewusstsein und klaren Forderungen eine große Kraft ausgehen kann, die man unterbinden wollte. Es wird daran auch deutlich, dass Schulung und Emanzipierung der Frauen auch in ausschließlich weiblichen Kollektiven gut und notwendig ist, die Revolution insgesamt aber nur erfolgreich sein kann, wenn Männer und Frauen gemeinsam kämpfen. Gebildete Frauen können Anführerinnen in politischen Aktionen sein und die gemeinsamen Kämpfe mit den Männern anleiten. Ignoriert man die Frauen jedoch, verstärkt man damit die Gefahr, den Kampf zu spalten und die Konkurrenz untereinander zu verstärken.

Dass dieses Konzept der gemeinsamen politischen Aktivität funktioniert, lässt sich daran ersehen, dass Frauen in alle Vorbereitungen zur Oktoberrevolution involviert waren.

Die Beschlüsse, die 1918 bezügliche Ehe, Familie und Vormundschaft getroffen wurden, sind vermutlich die fortschrittlichsten, die die Welt je gesehen hat. Die Abtreibung wurde legalisiert, Ehen konnten viel leichter geschlossen und wieder geschieden werden, wobei beide Ehepartner gleichberechtigt waren. Außerdem wurde Adoption stark kritisiert, weil man die Ausnutzung der Kinder als billige Arbeitskräfte befürchtete.

Doch auch die Frauenpolitik blieb nicht von der stalinistischen Bürokratie verschont. Die Umgestaltung der Partei 1924 benachteiligte nicht nur die, die offene Kritik äußern wollten, um Fortschritte zu erzielen, sondern es waren auf einmal auch weniger Frauen, die Posten bekleideten. Man erklärte die Befreiung der Frau für bereits abgeschlossen und sah deshalb keine Notwendigkeit mehr für Einrichtungen, die nur für Frauen bestimmt waren. Es ging sogar soweit, dass es besondere Straftatbestände  gab, die nur Frauen begehen konnten, wie Teil einer Familie zu sein, die „ein Feind des Volkes“ ist. Trotzki meinte daher, dass die Bürokratie es geschafft habe, den reaktionärsten Kern der Klassengesellschaft wieder herzustellen: die bürgerliche Familie.

Das Schicksal der Frauen, die gegen den Stalinismus
ankämpften, ähnelte dem ihrer männlichen Genossen. Ewgenia Bosch nahm sich 1925 das Leben, als sie sah, wie sich die Dinge entwickelten. Andere, wie Kollontai, Krupskaja und Stassowa, lernten, sich zu arrangieren.

Die politischen Leistungen der Bolschewistinnen sind heute weniger präsent, als sie es sein sollten. Doch es ist unsere Aufgabe, aus ihrer Geschichte zu lernen, ihre Methoden zu studieren, ihren doppelten Kampf gegen Unterdrückung in der Gesellschaft und manchmal auch durch die Männer in der eigenen Organisation. Aber wir sollten uns auch bewusst sein, dass die Revolution die gemeinsame Sache beider Geschlechter sein muss, während gleichzeitig Frauen immer das Recht auf eigene Treffen ohne Männer haben müssen, um ihnen besondere Möglichkeiten für politische Schulung zu geben und damit den ersten Schritt zur Gleichberechtigung von Mann und Frau zu gehen. Entscheidend für den wichtigen Beitrag des Bloschewismus – wie des Marxismus überhaupt – im Kampf für die Frauenbefreiung war dabei letztlich nicht die innere Verfasstheit der Organisation.

Vielmehr ist es die Tatsache, dass sie einen aktiven, revolutionären Zugang zum Kampf der Frauen wie aller anderen Unterdrückten hatte, dass der Standpunkt, das Handeln einer Organisation überhaupt nur als revolutionär betrachtet werden kann, wenn sie alle Formen der Unterdrückung der Klassengesellschaft bekämpft und in einem System von Übergangsforderungen zusammenfasst, die einen Weg zum Sturz des Kapitalismus weisen.

Svenja Spunck, zuerst erschienen in: Frauenzeitung Arbeitermacht/Revolution, März 2014




Frauen in Ägypten – Eine halbe Revolution bringt keine Befreiung

Eine Umfrage der Thomson Reuters Foundation vom November 2013 setzte Ägypten in einem Ranking zu den Lebensbedingungen von Frauen in der arabischen Welt auf den letzten Platz. Die Gewalt, der sie ausgesetzt sind, drückt sich auf verschiedene Weise aus: 91% aller Frauen wurden einer Genitalverstümmelung unterzogen, 99,3% erlebten in ihrem Leben sexuelle Belästigung und 37% sind Analphabetinnen und dadurch auf dem Arbeitsmarkt extrem benachteiligt.

Diese Zahlen stammen von der Zeit nach der Revolution und haben sich seit dem Frühjahr 2011 zunehmend verschlechtert. Obwohl die Frauen damals in der ersten Reihe standen und gegen den Diktator kämpften, fürchten sie heute den Tahrir-Platz, auf dem es immer wieder zu Massenvergewaltigungen kommt.

Die ägyptische Kolumnistin Mona Eltahawy sagte, man habe zwar den Mubarak aus dem Präsidentenpalast verjagt, aber gegen den Mubarak in den Köpfen und im Schlafzimmer müsse man noch kämpfen.

Die „tahrirbodyguards“ ist eine Selbstverteidigungsgruppe, die sich mit dem Ziel gegründet hat, Frauen vor sexuellen Übergriffen zu schützen. Das ist ein guter Anfang, die Gesetzeslage begünstigt aber nach wie vor die Täter. Sie müssen nämlich keine Bestrafung befürchten und die Polizei und das Militär wenden ganz ähnliche Methoden an, um Frauen aus der politischen Aktivität zu vertreiben. DemonstrantInnen werden beispielsweise nach der Festnahme einem „Jungfräulichkeitstest“ unterzogen, das heißt ausgezogen und nackt gefilmt.

Was bedeutet das für die ägyptische Revolution und für den arabischen Frühling?

Die Frauenbefreiung ist offensichtlich nicht voran geschritten. Trotzdem sollte man auch davor warnen, die Rechte, die Frauen zu Mubaraks Zeiten hatten, zu loben, denn sie entstanden nicht aus einer proletarischen Frauenbewegung, sondern waren Privilegien, die den reichen, bürgerlichen Frauen durch Suzanne Mubarak, Husni Mubaraks Frau, zugesprochen wurden, wobei sie dies eher als ein Hobby betrachtete.

Für die Masse der Frauen – z.B. die ArbeiterInnen in der Textilindustrie – gab es auch damals keine Gleichberechtigung, keine Möglichkeit zur legalen Teilnahme am politischen Leben und ihre Organisationen, wie z.B. die unabhängigen Gewerkschaften, wurden brutal unterdrückt.

Permanente Revolution

Die Monate der Revolution versetzten das ganze Land in einen Ausnahmezustand und ließen die Einigkeit der Mubarak-Gegner an erste Stelle rücken. Damals war es egal, ob man als Mann oder als Frau kämpfte, Hauptsache man war dabei. Die streikenden TextilarbeiterInnen von Mahalla waren 2008 VorbotInnen und treibende Kräfte der Revolution, doch unter dem Islamisten Mursi bekamen die Frauen keine Möglichkeiten der politischen Organisation und auch ihre soziale Stellung verbesserte sich nicht.

Dass der Übergangspräsident Adli Mahmud Mansur, der schon zu Mubaraks Zeiten stellvertretender Vorsitzender des Gerichts war, an dieser Lage nichts ändert, steht außer Frage.

Die Revolution in Ägypten hat die Frage der Frauenbefreiung auf die Tagesordnung gesetzt. Millionen haben sich politisch beteiligt und wurden aktiv. Wie auf allen anderen Gebieten blieb die Revolution jedoch auf halbem Weg stecken, weil sie im Rahmen bürgerlicher Eigentumsverhältnisse verblieb. Der alte Staatsapparat und die reaktionären Institutionen blieben intakt.

Eine „halbe“ Revolution droht aber in einer ganzen Konterrevolution zu enden und Frauen sind unter den ersten Opfern ihres Fortschreitens.

Nur wenn es gelingt, den Vormarsch der Reaktion auf allen Ebenen zu begegnen und die halbe, „demokratische“ Revolution zu einer sozialistischen zu machen, werden auch die Forderungen nach der Gleichberechtigung von Mann und Frau erfüllt werden.

Linke und revolutionäre Organisationen sowie die Gewerkschaften müssen daher den Kampf für die Gleichberechtigung der Frauen, für Alphabetisierung, gleiche Bildung und Bezahlung und für die Vergesellschaftung der Hausarbeit zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit machen. Der Kampf gegen Sexismus und Benachteiligung der Frauen muss dabei auch in den eigenen Reihen geführt werden, denn nur so kann eine wirkliche Einheit von Männern und Frauen im Kampf für ihre Befreiung erzielt werden. Dazu ist auch ein politisches Instrument notwendig: eine proletarische Frauenbewegung.

Ein Artikel von Svenja Spunck, zuerst veröffentlich in der Frauenzeitung von Arbeitermacht und REVOLUTION, März 2014