Austritt aus der Revolutionären Linken (in [solid'] ) – aber warum?

Entwicklung der Revolutionären Linken (RL)

Anfang Juli 2015 gründete sich in der linksjugend [solid‘] die RL, die den Anspruch hatte, für eine klassenkämpferische Jugendorganisation einzutreten. Eine Jugendorganisation, die in der Lage ist den Kapitalismus zu stürzen. Da einige unserer Mitglieder, die vormals in der [solid‘] Fulda aktiv waren, schon ein Jahr zuvor versucht hatten eine revolutionäre Fraktion zu gründen, waren wir über die Gründung und die Dynamik der RL sehr erfreut. Dieser Schritt war bitter nötig, weil [solid‘] einem sozialistischen Anspruch bei weitem nicht gerecht wurde. Dafür sorgen proimperialistische Antideutsche, eine reformistische Führung und ein linker Flügel, welcher sich zwar „Revolution“ auf die Fahnen schreibt, aber praktisch bestenfalls zentristische (SAV,Funke) oder gar offen reformistische Politik (BAK AuF) macht. Um die vergangenen und aktuellen Klassenkämpfe zu verarbeiten und eine Anleitung zum Handeln zu geben braucht es ein Programm. Genau das wollten wir mit Anträgen bei den Treffen der RL in Hamburg, wo seitens der SAV ein zweiseitiger Wisch als Programm verkauft werden sollte, und beim zweiten Treffen in Dortmund versuchen. Dort wurden unsere entsprechenden Anträge mit der Begründung, es brauche „Bewegung“ und kein Programm abgelehnt. Auch unsere Bemühungen eine demokratische Grundlage innerhalb der RL in Form eines Statuts zu schaffen wurde abgelehnt. Paradoxerweise wurde anschließend ein Koordinierungskreis, also eine nicht-demokratisch legitimierte Leitung, gewählt.

In den letzten Monaten gab es außerdem keine zahlenmäßige oder aktionistische Weiterentwicklung der RL. Zwar gab es am 18. Dezember einen bundesweiten Aktionstag, dieser ging allerdings nicht über die RL hinaus. Andere Gruppen oder gar unorganisierte Einzelpersonen einzubinden, wurde nicht einmal versucht. Man beging also genau die Fehler, die jetzt fälschlicherweise an Jugend gegen Rassismus kritisiert werden.

Jugend gegen Rassismus (JgR)

Ende März gab es ein weiteres Treffen der RL. Das Thema war hauptsächlich die über Deutschland hereinbrechende rassistische Welle. Für uns ist das natürlich untrennbar verknüpft mit der Frage: „Was tun gegen Rassismus?“ Eine Beteiligung der RL an dem dynamischsten, bundesweiten Antirassismusbündnis „Jugend gegen Rassismus“ schien uns der beste Weg für die RL an dem Aufbau einer Gegenbewegung mitzuwirken. Unser Antrag einer Beteiligung der RL an JgR wurde allerdings bis auf wenige Gegenstimmen abgelehnt, obwohl bundesweit mittlerweile Teile der SAV „Jugend gegen Rassismus“ unterstützen. Die Argumente waren, man wolle keine Bewegung von oben erzwingen, soziale Forderungen fehlten und die Massen seien nicht bereit mit Forderungen wie „Offene Grenzen“ oder „Selbstverteidigung gegen rassistische Angriffe“ konfrontiert zu werden. Mit einer solchen opportunistischen Argumentation sich einer Einheitsfront zu verweigern, ist schon ziemlich sektiererisch. Vor allem wenn man bedenkt, dass die SAV keinen Alternativvorschlag vorstellte.

Auch das „Argument“, dass JgR keine unorganisierten Jugendlichen ansprechen würde, ist lächerlich. Dass „Jugend gegen Rassismus“ gerade vom Refugee Schul- und Unistreik (RSUS) ins Leben gerufen wurde, an dem sich viele unorganisierte Jugendliche beteiligen, die soziale Fragen sehr wohl Beachtung findet und das Bewusstsein der Massen mit den entsprechenden Forderungen gehoben werden muss, sah die Mehrheit der RL nicht. Der wahre Grund für diese Blamage war viel eher, dass die SAV, die die RL dominiert, kein Projekt unterstützen möchte, bei welchem sie nicht die Führung innehat. Der Aufbau der eigenen Vorfeldstruktur wurde hier über die objektive Notwendigkeit des Aufbaus eines antirassistischen Bündnisses, welche die Keimform einer antirassistischen Bewegung sein kann, gestellt.

Der Bundeskongress 2016

Der Bundeskongress von solid (BuKo) ist offiziell das höchste demokratische Gremium in solid. Faktisch kann sich der Kongress in die Reihe von Kongressen einreihen, auf denen irgendwas beschlossen wird, das aber faktisch keine Auswirkungen hat, nichtmal für die eigene Organisation. Der linke Flügel macht was er will und ihm ist egal, was der rechte beschlossen hat. Andersrum gilt dasselbe. Dass ein nicht unbedeutender Teil von solid vollkommen ignoriert was beim BuKo passiert, drückt sich auch im BuKo selbst aus. Nur 190 von 250 Delegierten, sprich 74 %,[1] kamen und das trotz der Möglichkeit bei Krankheit, etc. Ersatzdelegierte zu schicken. Auch der Funke, der Teil der RL ist, kritisiert, dass der BuKo keine Auswirkungen auf die Arbeit in den Ortsgruppen und Landsverbänden hat: „Viele Beschlüsse des höchsten Gremiums verschwinden oftmals in der Schublade – wodurch die Frage nach dem Sinn und Zweck von Bundeskongressen provoziert werden kann.“[1]

Dass die RL ohne Programm und Statut innerhalb solid nicht fraktionsfähig sein kann, sah man dann während wie auch nach dem BuKo. Während ein Genosse, den man getrost als Linken in der RL bezeichnen kann, von „gemischten Gefühlen“ spricht, tobt auf Facebook ein Kampf zwischen der SAV und dem Funken, wie man sich zu Sexarbeit verhält. Von Diskussion nach innen, Geschlossenheit nach außen, wie es für leninistische Organisationen üblich ist, sah man nichts.

Dank eines Leaks mit dem Hashtag #NuernbergPapers ist uns bekannt, dass auf dem BuKo über JgR etwas beschlossen wurde und AntiDs dem wohl zustimmen wollten. Jedoch können wir, trotzdem wir teilweise zum jetzigen Zeitpunkt noch Mitglieder von solid sind, nicht nachvollziehen, wie das eigentlich ausgegangen ist. Grund dafür ist, dass wir keinen Zugang zu Protokollen des höchsten demokratischen Entscheidungsgremiums haben und auch noch nie hatten. Damit sollte alles zum BuKo gesagt sein.

Taktiken und Positionen

Ein weiterer Grund für das Stagnieren des Aufbaus der RL sind taktische Fehler. Auf der letzten Versammlung der RL wurde klar, dass sie unter keinen Umständen mit der SPD zusammenarbeiten will, weil die SAV diese als bürgerliche Partei charakterisiert. Das ist aber aus unserer Sicht ein grober Fehler, welcher taktische Folgen mit sich bringt. Die SPD ist eine bürgerliche Arbeiter_Innenpartei. Die Führung macht zwar Politik im Interesse der Bourgeoisie, aber ihre soziale Basis ist historisch und aktuell die Arbeiter_Innenklasse. Dies lässt sich auch einfach an ihrer Stärke in den DGB-Gewerkschaften, die sicher keine gelben Gewerkschaften sind, feststellen.

Die Illusionen der Arbeiter_Innenklasse in den Reformismus, wie auch ihr reformistisches Bewusstsein, kann nur durch gemeinsame Aktionen wie einer Einheitsfront mit JgR gebrochen werden. In dieser können Revolutionär_Inne durch eigenständige Propaganda und Kritik an der Führung aufzeigen, dass Diese einer fortschrittlichen Bewegung in Wege steht. Darüber hinaus, können revolutionäres Bewusstsein, wie auch der Einfluss von Revolutionär_Innen, in der Klasse gestärkt werden.

Gleichzeitig verhält sich die RL auch sektiererisch gegenüber anderen linksradikalen Organisationen, was ihre Weigerung „Jugend gegen Rassismus“ aufzubauen zeigt. Dieses Sektierertum geht Hand in Hand mit einer opportunistischen Politik gegenüber der LINKEN und [solid‘]. Hier steckt man tief in den Strukturen, ohne einen offenen Kampf um die Führung zu führen. Echter Entrismus, wie Trotzki ihn sich als Taktik für Revolutionär_Inne in reformistischen Parteien vorstellte, um einen linken Flügel wegzubrechen oder die Partei zu übernehmen, sieht anders aus.

Weiter bleibt die RL auf zentristischen Positionen hängen. Die Weigerung sich ein Programm zu geben ist ein deutlicher Indikator dafür. Brennende Forderungen, die es gerade seit dem massiven Aufkommen der Rassist_Innen und den verstärkten Flüchtlingsbewegungen seit Mitte 2015 braucht, werden nicht genannt. Dazu gehört, das keine offenen Grenzen gefordert werden und auch dem Aufbau von Selbstschutz keine Notwendigkeit zugesprochen wird.

Für eine revolutionäre Jugendorganisation!

Die sich anbahnende Krise und der katastrophale Rechtsruck in Europa machen die Notwendigkeit der Jugend eine einheitliche und revolutionäre Führung zu geben überdeutlich. Wir müssen endlich die aktuelle Führungskrise überwinden und uns für die kommenden Kämpfe wappnen! Dazu braucht es eine sozialistische Organisation mit einem klaren Programm, einem lebendigen demokratischen Innenleben und einheitlichen Aktionen nach außen. Gerade im Rahmen unserer Intervention in [solid‘] und der RL hat sich gezeigt, das keine dieser Strukturen in der Lage sind sich zu so einer Organisation zu entwickeln und die momentane Führungskrise der Jugend als auch der Klasse der Lohnabhängigen als Ganzes zu lösen. Schade auch, dass die SAV die Diskussion, wie eine solche Führung zu schaffen ist, nicht mehr mit uns weiter führen möchte. Dies zeigt sich dadurch, dass sie zum Beispiel Anträge innerhalb der RL durchboxte, die Programmdiskussionen auch auf kommenden Treffen unterbinden. Die SAV zeigt dadurch hervorragend, was sie von der reformistischen Bürokratie in der Linkspartei gelernt hat: bürokratische Manöver.

Ein Austritt unsererseits aus der RL und eine Konzentration auf die eigene Arbeit ist somit mehr als gerechtfertigt. Natürlich arbeiten wir gerne auch in Zukunft mit linken Teilen von [solid‘] und der SAV zusammen, um eine größere Aktionseinheit wie auch Gruppen übergreifende
Diskussionen innerhalb der Linken zu schaffen. Eine organisatorische Einheit ist allerdings nicht mehr gerechtfertigt. Unser eigentliches Ziel, nämlich den linken Flügel in [solid‘] organisatorisch auf die notwendigen Auseinandersetzungen mit der rechten Führung bis hin zum Bruch vorzubereiten, haben wir nicht erreicht. Trotzdem war unsere Arbeit nicht umsonst: Wir haben eine klare Kritik am Reformismus von [solid‘] und dem Zentrismus der RL und der SAV formuliert. Darüber hinaus haben wir REVOLUTION deutschlandweit bekannter gemacht, Kontakte herstellen können und einige Mitglieder in Fulda und Bonn dazu gewonnen. In Fulda wurde im Juni 2015 aus der solid-Gruppe eine sehr aktive REVOLUTION Ortsgruppe, die sich in einer konservativen 60.000 Einwohner_Innenstadt länger als sämtliche andere Jugendorganisationen links der Jungen Union halten konnte und kann.

[1] „Rückblick auf den Bundeskongress 2016“, Der Funke

ac3v1a7z




Solidarität mit den französischen Jugendlichen und Arbeiter_Innen

Wer will, dass das Gesetz fällt, darf keine Angst vor einem Fall der Regierung haben


Wir von REVOLUTION, einer international-kommunistischen Jugendorganisation, sprechen unsere volle Solidarität mit den streikenden Schüler_Innen, Studierenden und Arbeiter_Innen in ganz Frankreich aus. Euer mutiger Widerstand gegen das reaktionäre El-Khomri Gesetz, der Regierung von Partie Socialiste und den Grünen, ist ein Vorbild für Millionen von Jugendlichen in ganz Europa.


Die französische Regierung will mit diesem Gesetz den französischen Imperialismus erneut für die Konkurrenz auf europäischer und internationaler Ebene stärken. Die Leidtragenden werden dann nicht nur die Mehrzahl der Menschen in Frankreich, sondern auch in den Halbkolonien Frankreichs sein. Denn bestärkt durch einen Sieg im Innern würden sich die Kapitalist_Innen umso entschlossener wieder nach Außen richten.


Wir wissen, was auf dem Spiel steht. So organisieren wir auch Jugendliche und junge Arbeiter_Innen in Deutschland, die nach der Agenda 2010 damals durch die Regierung der Sozialdemokratie und der Grünen einen ungeheuren Verlust ihrer sozialen und gewerkschaftlichen Rechte einbüßen mussten. Die damaligen Gesetze haben zu einer massiven Ausweitung der Zeit- und Leiharbeit, von Kürzungen der Sozialleistungen und einem Rückgang der gewerkschaftlichen Organisierung von Millionen Arbeiter_Innen geführt. Diese Gesetze haben große Teile der deutschen Arbeiter_Innenklasse verarmen lassen und werfen viele Jugendliche in die Perspektivlosigkeit. Das dürfen wir in Frankreich nicht geschehen lassen!


Die landesweiten Streiks, die Besetzungen der Raffinerien und das Herunterfahren von Atomreaktoren waren wichtige Schritte, um die Regierung in die Defensive zu drängen. Der Aktionstag am 14. Juni, an dem sich hunderttausende aus Frankreich und klassenbewusste Arbeiter_Innen aus ganz Europa in Paris beteiligen werden, ist ein weiterer Schritt.


Die Kämpfe gegen die Contrat première embauche (CPE) 2006 brachten die Regierung damals beinahe zu Fall und verhinderten die arbeiter_Innenfeindlichen Gesetze der Regierung. Doch die Zeiten haben sich geändert. Seit 2007 erleben wir die größte kapitalistische Krise seit dem zweiten Weltkrieg. Die Banken, Konzerne und ihre Regierung sind umso entschlossener, ihre Vorhaben gegen unseren Widerstand durchzusetzen.


Wir müssen uns darauf einstellen, dass, egal wie groß der eintägige Aktionstag am 14. Juni auch sein mag, die Regierung und das Parlament nicht davon abzubringen sein werden, das El-Khomri Gesetz zu beschließen. Wir müssen uns daher gemeinsam auf eine Auseinandersetzung einstellen, die einen unbefristeten Generalstreik unumgänglich macht. Wir fordern die Gewerkschaftsführungen des Confédération générale du travail, des Force ouvrière, von Solidaires und dem intersyndicale auf, die nötigen Vorbereitungen dafür zu treffen. In jeder Schule, jeder Universität und jedem Betrieb müssen Streikkomitees gegründet werden, die den Streik organisieren und Streikposten aufstellen. Jeder Straßenzug, jeder Arbeiter_Innenbezirk, jede Fabrik muss zu einer Festung unseres Widerstands werden.


Gerade die zentralen Bastionen unseres Kampfes – die bestreikten Raffinerien, die Atomkraftwerke, die Häfen und Eisenbahnen müssen von uns allen verteidigt werden. Die Regierung spricht in dieser Situation mit gespaltener Zunge. Auf der einen Seite versucht sie, die Streikfront zu brechen, indem sie Zugeständnisse an die kampfstärksten Sektoren verspricht, wenn sie den Widerstand beenden. Auf der anderen Seite hängt der Ausnahmezustand mit allen Konsequenzen über euren Protesten.
Doch es gibt eine gute Nachricht. Die Regierung ist schwach, die Partie Socialiste in der Frage gespalten, Francois Hollande ist ein zunehmend schwacher Präsident. Das Gesetz kann fallen, aber die Voraussetzung ist, dass wir uns nicht davor fürchten, dass auch die Regierung mit ihm fallen könnte. Für diesen Fall dürfen wir keine Angst vor dem Front National haben. Die beste Waffe gegen den Rassismus und die neoliberale Politik des FN ist ein Sieg aller Arbeiter_Innen und Jugendlichen Frankreichs, egal welcher Herkunft oder Religion gegen die Gesetze der bestehenden Regierung.


Aber ja, wir brauchen eine eigenständige Antwort. Diese Antwort kann nur in einer Arbeiter_Innenregierung, die sich auf die kämpfenden Gewerkschaften, die linken Parteien, die den Widerstand gegen die Gesetze unterstützen und die Streikkomitees in Stadt und Land stützen, bestehen. Solch eine Regierung hätte die Möglichkeit, nicht nur die Angriffe der Kapitalist_Innen zu beenden, sondern auch revolutionäre, tatsächlich sozialistische Maßnahmen gegen sie zu ergreifen, die Schluss mit Armut, Perspektivlosigkeit und Krieg nach Innen und Außen machen.


Die Herrschenden spüren diese Bedrohung für sich selbst. Bei den großen Generalstreiks 1968 in Frankreich dachte Charles de Gaule daher darüber nach, mit der Unterstützung der deutschen Bundesregierung das Militär gegen die Arbeiter_Innen und Jugendlichen Frankreichs einzusetzen. Wir dürfen keine Illusionen haben, dass die herrschende Klasse Frankreichs auch heute darüber nachdenken könnte. Die Proteste des arabischen Frühlings in Ägypten haben gezeigt, dass das Militär in einem solchen Fall für eine Zeit paralysiert werden kann. Aber es kommt auch darauf an, die einfachen Soldat_Innen für die Bewegung zu gewinnen, sich offen auf ihre Seite zu stellen.
Sicher, das mag radikal klingen. Aber wer eine Schlacht gewinnen will, der muss auf alle möglichen Züge des Gegners vorbereitet sein.


Lasst uns gemeinsam die kommenden Schritte eures Widerstandes vorbereiten.


Die heutigen Kämpfe der französischen Jugend und Arbeiter_Innen sind nicht nur ein Vorbild für uns. Ihr Ausgang wird auch wegweisend sein für die kommenden Klassenkämpfe in Europa. Ein Sieg der französischen Regierung wird die Kapitalist_Innen bestärken, er wird den Nationalist_Innen und Rassist_Innen zu neuen Siegen verhelfen. Ein Sieg unserer Bewegung würde den Internationalismus und den Mut der Jugendlichen, der Arbeiter_Innen und Armen in ganz Europa befeuern.


Wir Jugendliche und junge Arbeiter_Innen auf dem europäischen Kontinent schauen auf eure Kämpfe.


Wir Jugendliche und junge Arbeiter_Innen auf dem europäischen Kontinent stehen an eurer Seite in eurem gerechten Kampf gegen die El-Khomri Gesetze.


Generalstreik




Landgrabbing in Lateinamerika – Raub der Lebensgrundlage

In Entwicklungs- und Schwellenländern – wir sagen dazu Halbkolonien, da sie ökonomisch meist von einem imperialistischen Land beherrscht werden – findet sehr starke Ausbeutung und Unterdrückung an der dortigen Bevölkerung statt. Häufig ist es sehr schwer einen Arbeitsplatz zu finden, oder von diesem zu überleben. Viele Menschen sind daher auf die Landwirtschaft angewiesen. Meist um sich selbst zu ernähren, seltener um noch einen geringen Teil ihrer Waren an andere zu verkaufen. Alles, was diese Menschen besitzen, ist ein Stück Land, doch auch diese existenzielle Lebensgrundlage wird ihnen vielerorts genommen. Meist passiert dies durch ausländische Investor_Innen oder gar ganze Staaten. Viele Kapitalist_Innen aus Industriestaaten besitzen in Halbkolonien riesige Landflächen die einzig und allein dafür genutzt werden, um Waren zu produzieren und diese zurück in die Industrieländer zu exportieren.

Natürlich geben die Bauern/Bäuerinnen die Fläche nicht freiwillig her. Manche bekommen tatsächlich auch Pacht bezahlt, allerdings meist in sehr kleinen Summen, wie z. B. drei Dollar pro Monat, von denen keinesfalls eine ganze Familie leben kann. Oft wird ihnen auch versprochen, dass ihr Dorf ein Krankenhaus oder eine Schule bekommt, im Gegenzug dafür, dass sie ihr Land hergeben. Doch dies bleiben meist nur Versprechungen und die Menschen haben nicht nur ihr Land verloren, sondern auch ihre Beschäftigung sowie die Lebensgrundlage ihrer Familien.

Manchmal kommt es jedoch noch schlimmer. An manchen Orten werden nicht einmal leere Versprechungen gemacht. Bauern und Bäuerinnen werden regelrecht von ihren Ländereien vertrieben, um Platz für internationale Investor_Innen zu machen. Kommt es hierbei zu Gegenwehr, wird kurzerhand die Ernte beschädigt oder man brennt die ganze Landfläche inklusive Wohnhaus nieder. Ist dies nicht genug, kann es auch zu körperlicher Gewalt bis hin zu Mord kommen, entscheiden sich die Bauern/Bäuerinnen nicht zur „Korporation“. All das fällt unter den Begriff „Landgrabbing“.

Soja – einer der vielen Gründe für arbeitslose Bauern/Bäuerinnen

Besonders gut lässt sich „Landgrabbing“ am Beispiel der Sojabohne erklären. Die Sojabohne ist zurzeit ein Lebensmittel, das weltweit nachgefragt wird. Für viele ist es nicht nur gesund, sondern der Lebensmittelersatz schlecht hin. Zusätzlich wird Soja in der Fleischindustrie zu Tausenden Tonnen als Tierfutter verwendet. Doch an ihrem Vertrieb verdienen viele große Kapitale: z. B. Monsato, hinsichtlich des internationalen Handels, Bayer, hinsichtlich der Pestizide und Dünger, sowie Volvo, hinsichtlich der Produktion der landwirtschaftlich erforderlichen Geräte. Nicht zu vergessen sind Investmentbanken wie Goldman Sachs, die das „Landgrabbing“ finanzieren oder durch Spekulationen auf Lebensmittel ihren Beitrag zur miserablen Lage leisten.

Alleine in der Savanne Cerrado in Brasilien lebten Mitte des 20. Jahrhunderts bis zu 50 indigene Völker, die heute der Produktion von Sojabohnen weichen mussten. Diese Savanne ist ungefähr 6-mal so groß wie Deutschland und besitzt das größte Ökosystem der Erde. Doch wenn so weiter gewirtschaftet wird wie bisher, wird 2030 von dieser Fläche nichts mehr übrig bleiben.
2007 haben in Brasilien durch Landraub 2,9 Millionen Menschen ihr Zuhause und ihre Existenz verloren, in Argentinien und Paraguay betraf es 150.000 bis 300.000 Familien. Diese blieben logischerweise nicht auf dem Land, sondern gingen in Hoffnung auf Arbeit in die Städte, um dort enttäuscht zu werden und in Armenvierteln zu leben.
Der deutsche Staat ist direkt involviert in diesen Landraub für Sojaproduktion, denn der Agrarfond der Deutschen Bank ist am argentinischen Konzern Cresud beteiligt, welcher viel Land in Südamerika zur Sojaproduktion besitzt.

Nicht alle geben auf – der Kampf um die Ackerfläche

Doch nicht alle Menschen in Südamerika lassen sich ihres rechtmäßigen Landes berauben. Sie geben nicht auf und wehren sich gegen diese meist illegale Enteignung ihrer Wirtschaftsflächen. Es gibt einige Initiativen wie zum Beispiel die brasilianische Landlosenbewegung MST, eine Massenorganisation, welche radikal für selbstbestimmte Wiederaneignung kämpft und unter anderem Felder besetzt und Großkundgebungen durchführt. Ihre Anfänge sind in der späten Industrialisierung Brasiliens 1970 zu finden. Damals kämpfte man dafür, dass die Felder keinen Fabriken weichen mussten. Die MST hatte vor allem Anfang des 21. Jahrhunderts mit starken und gewaltsamen Repressionen seitens des Militärs und der Polizei zu kämpfen. Sie werden mittlerweile jedoch von der Regierung anerkannt. An der Durchsetzung ihrer Forderungen zur Rückgabe des Landes an sie hat das nicht viel geändert. Höchstens ein Drittel wurde zurückgegeben.

Doch nicht nur gewaltsame Niederschlagungen von Protesten sind in Südamerika gang und gäbe, viele der Aktivist_Innen werden wie zum Beispiel in Kolumbien auch einfach in überfüllte Gefängnisse gesperrt und warten dann unter unmenschlichen Zuständen auf ihre Entlassung. Mit bis zu 70 Menschen müssen sie sich die wenigen Quadratmeter für Monate teilen. Viele der Insassen werden nicht nur körperlich, sondern auch geistig krank. Einige leiden an Schizophrenie und Depressionen. Medizinische wie auch psychologische Hilfe wird ihnen nicht bereitgestellt.

Jeglicher Kampf gegen Landraub ist unserer Meinung nach legitim und unterstützenswert. Jedoch muss diesem Kampf auch eine Perspektive gegeben werden, welche nur im Bündnis mit der Arbeiter_innenklasse zu finden ist. Auch in halbkolonialen Ländern ist die Arbeiter_innenklasse durch ihre gesellschaftliche Stellung in der Lage die demokratischen wie auch sozialen Probleme der jeweiligen Länder zu lösen. Die Erfahrung der MST in Brasilien zeigt jedoch, dass ein solches Bündnis zwischen Bauern/Bäuerinnen und der Arbeiter_innenklasse auf revolutionäre Füße gestellt werden muss. Hat die Zusammenarbeit der MST mit der reformistischen Regierungspartei Partido dos Trabalhadores (PT), nicht zur Durchsetzung ihrer Ziele geführt. Eine solche Zusammenarbeit muss ein revolutionäres Programm zum Inhalt haben und nur in Verbindung mit der Theorie der „Permanenten Revolution“ erfolgreich sein. Eine Theorie, welche die demokratischen Fragen und Probleme der Halbkolonien mit den sozialen Fragen und Probleme des Kapitalismus national wie auch international verknüpft und Antworten dafür bereithält.

VON LEONIE SCHMIDT

2C0BA35100000578-3225155-Alight_Farmers_stand_next_to_their_tractors_after_lighting_a_fir-a-100_1441646883545




Jugend gegen Rassismus: Wie weiter nach dem Aktionstag?

JAQUELINE KATHERINA SINGH

Im Januar dieses Jahres kamen jugendliche Aktivist_Innen zusammen, um zu beratschlagen, was es in der aktuellen Situation bedarf, um der rechten Bewegung etwas entgegenzustellen. Aus 7 Städten waren rund 40 AktivistInnen anwesend, die einen Diskussionsbetrag mit Streiktermin veröffentlichen und die Initiative „Jugend gegen Rassismus“ (JGR) gegründet haben.

Ziel war es, mehr Kräfte für die Aktion zu gewinnen. Ende Februar gab es dann eine größere Aktionskonferenz, die die Forderungen und den Koordinierungskreis hervorbrachte. Konkret sind in den drei Monaten aus den 7 Städten 16 geworden, die eine Aktion am 27. April machen.

Nach dem Streik ist vor dem Streik?

Nach dem Streik ist es wichtig, die Bündnisse, die sich gegründet haben, aufrecht zu erhalten. Die Aktionen müssen ausgewertet werden, nicht nur lokal, sondern bundesweit. Für die Auswertung ist es wichtig zu verstehen, dass diese Aktion im Gegensatz zu den vorherigen Streiks einen entschiedenen Unterschied darstellt. Denn statt in zwei oder drei Städten gehen nun in 16 Städten Jugendliche am gleichen Tag auf die Straße. Nicht nur das: Sie tun dies sogar mit einem gemeinsamen Slogan und gemeinsamen Forderungen!

Für viele mag das vielleicht banal klingen. Aber in den letzten Jahren war Berlin die einzige Stadt, in der nach den Bildungsstreikprotesten mit einer gewissen Regelmäßigkeit Schulstreiks organisiert wurden. Erst beim letzten Streik im November 2015 sind Städte wie Bremen und Frankfurt am Main dazugestoßen, später Hamburg und Bonn. Dass sich innerhalb von drei Monaten so eine Dynamik entwickelt und Aktivist_Innen in unterschiedlichen Städten die Initiative ergreifen sich der Aktion anzuschließen, ist ein Zeichen dafür, dass die Aktion in der aktuellen Situation eine notwendige und richtige war.

Klar ist, dass nicht in allen Städten mehrere tausend Jugendliche demonstrieren. Man sollte sich nicht davon demoralisieren lassen, dass bei der ersten Aktion, die man gemacht hat, man nicht gleich die Massen ansprechen konnte. Das hat nämlich mehrere Gründe: Zum einen liegt es daran, dass die Aktion oftmals von kleineren linken Gruppen und Einzelaktivist_Innen getragen wird. Das schränkt die Möglichkeiten für die Mobilisierung ein, vor allem, wenn es wenig Erfahrung gibt auf die man zurückgreifen kann. Würden größere Organisationen wie solid, Jusos, die Gewerkschaftsjugend, die SDAJ oder die SAV die Aktionen nach ihren Kräften unterstützen, würde es ganz anders aussehen. Es gäbe noch mehr Städte, die sich an den Aktionen beteiligen und mehr Organisationen, die die für die Mobilisierung unabdingbare Basisarbeit leisten könnten. Das heiß es gäbe mehr Ressourcen für Mobitouren vor Schulen, Veranstaltungen und Vollversammlungen an Schulen hin zum Streik. Vereinzelt nehmen Ortsgruppen dieser Organisationen an Aktionen teil, wie beispielsweise solid und die SAV in Bremen oder die SDAJ in Kiel. In ihrer Gesamtheit verhalten sich die Organisationen als Gesamtes leider eher passiv und mobilisieren dort, wo sie müssen, ihre Basis.

 

Und wie geht’s weiter?

Am 21./22. Mai soll es eine Perspektivkonferenz in Berlin geben. Auf dieser sollten Vertreter_Innen der lokalen Bündnisse zusammentreffen und auch Organisationen, die Interesse haben, sich JgR anzuschließen oder mit dem Bündnis zusammenarbeiten wollen. Die unterschiedlichen Aktionen sollen ausgewertet werden und wir müssen uns die Frage stellen, wie wir das Loch, das die Sommer- und Semesterferien mit sich bringen, füllen können.

Schwerpunktmäßig sollte jedoch die Frage aufgeworfen werden, wie man die Initiative auf eine größere qualitative Stufe bringt und die positiven Elemente, die wir entwickelt haben, wie den Koordinierungskreis professionalisieren können. In unserem Aufruf haben wir festgehalten, dass wir der bundesweiten rassistischen Bewegung eine linke, antirassistische, antifaschistische entgegenstellen wollen. Dass wir nicht nur die Angriffe auf die Rechte der Geflüchteten abwehren wollen, sondern dass wir für ihre Rechte in Verbindung mit der sozialen und demokratischen Rechten von Jugendlichen und ArbeiterInnen kämpfen wollen.

bild

Unsere Forderungen wie die Staatsbürger_Innenrechte für alle, die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten, sowie der Ausbau vom sozialen Wohnungsbaus und die Enteignung der leerstehenden Immobilien können allerdings nur realisiert werden, wenn wir größere Massenorganisationen (v.a. Gewerkschaften, aber auch Linke und SozialdemokratInnen) für uns gewinnen können. Das wird aber nicht durch bloße Appelle möglich ein, sondern auch, indem wir mit dem Schulstreik und JgR ein kleines Beispiel setzten, welche Bündnis wir bundesweit brauchen.

Ein Teil unsere Arbeit besteht dabei auch darin, Kämpfe von Lohnabhängigen zu unterstützen wie z.B. den LehrerInnenstreik in Berlin oder Warnstreik von ver.di Bremen bei der laufenden Tarifrunde im Öffentlichen Dienst.

Die Aktionen in den 16 Städten haben eine Grundlage geliefert, die gute Aussichten bietet, dass sich weitere Organisationen beteiligen. Denn so einen koordinierten, abgesprochenen Protest hat es in so einer Form in den vergangenen zwei Jahren nicht gegeben, obwohl er dringend notwendig ist. Ziel muss es sein den Protest weiter voranzutreiben, ihn auszuweiten und weitere Teile in Aktivität zu ziehen. Denn wenn wir uns jetzt nicht anfangen zu wehren und unsere Rechte gemeinsam einfordern, werden wir spätestens zur Bundestagswahl im September nächsten Jahres ein Problem haben.

Eine konkrete unmittelbare Aktionsperspektive kann beispielsweise die Teilnahme an einer Großmobilisierung im Herbst 2016 sein. Insbesondere im Hinblick auf die kommenden Landtagswahlen in Mecklenburg Vorpommern und Berlin im September wäre es lohnenswert, aktiv zu werden, zumal in diesem Kontext vermehrt die AfD zu Diskussionen an Schulen geladen wird. Allerdings sollten wir nicht den Fehler begehen, uns nur auf die AfD zu konzentrieren.

Die jahrelange Sparpolitik der Regierung, die Auswirkungen der kapitalistischen Krise und Konkurrenz sowie die Ausbeutung anderer Länder haben uns erst in diese Situation gebracht. Es sind noch immer der Staat und die Bundesregierung, die hauptverantwortlich für die rassistische Flüchtlingspolitik sind, die für zunehmende Abschiebungen, für den schäbigen Deal mit der Türkei und die geplante Abriegelung aller Flüchtlingsströme stehen. So versucht die Regierung das „Problem“ zu lösen, indem es an die EU-Außengrenzen verlagert wird, das Mittelmeer als Todesfalle fungieren soll und das Thema hier aus den Schlagzeilen verschwinden soll.

Das heißt aber auch, dass sich die antirassistische Mobilisierungen – ob nun unter Jugendlichen oder in der gesamten Gesellschaft – verstärkt darauf konzentrieren müssen, auch international zu agieren und die EU-Flüchtlingspolitik zum Thema zu machen. Auch muss man darauf Bezug nehmen, dass die Rechte, aber auch Parteien des bürgerlichen Mainstreams zunehmend das „Flüchtlingsproblem“ als ein „Problem der Muslime“ rassistisch besetzen wollen. Die AfD ist in ihrem antimuslimischen Rassismus dabei oft nur schriller als die „Ordnungspolitiker“ von CDU/CSU, ja selbst aus der SPD.

An der Stelle wird es unbedingt notwendig, den Kampf gegen antimuslimischen Rassismus mit einer aktiven Kampagne an Schulen, Unis, in Betrieben zu verbinden – und zugleich gemeinsame Aktionen gegen Wohnungsnot, Billiglohn, für den Ausbau des öffentlichen Schulsystems, Ausbildungsplätze für alle  zu organisieren.

racism

Zweifellos werden alle dieser Aktivitäten immer wieder zur Systemfrage führen, ja das sollen sie auch. Konkret: Wer Rassismus effektiv bekämpfen will, der muss ihn auch an seiner Wurzel packen, dem Kapitalismus! Damit das überhaupt zu einer realen Perspektive werden kann, ist es notwendig, dass sich die gesamte Jugend, die Arbeiter_Innenbewegung, die Linke gemeinsam an den Schulen an den Unis, in den Betrieben zu einer antirassistischen Bewegung formieren.

Nehmt teil an der Konferenz von „Jugend gegen Rassismus“ am 21./22. Mai!




Sexuelle Unterdrückung: LGBTIA als Fluchtursache

VON SOPHIA AMECKE, Frauenzeitung Nr. 4, ArbeiterInnenmacht/REVOLUTION, März 2016


Homosexualität steht in ca. 70 Ländern unter Strafe. Diese reichen von Geldstrafen über lebenslange Haft bis zu Todesstrafen. Die Todesstrafe auf Homosexualität gilt im Iran, Katar, Sudan und Saudi-Arabien, im Jemen und in Mauretanien nur für Männer und in Somalia und Nigeria nur in bestimmten Gegenden.
Doch auch in Staaten, wo Homosexualität legal ist, wie in Russland oder den Balkanstaaten, werden LGBTIA-Personen (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Inter-, Asexual) oft wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert. Auch Misshandlung und gewaltsame Übergriffe sind an der Tagesordnung.
Das sind Gründe, die die Menschen dazu bewegen, aus ihrem Herkunftsland zu flüchten. Sie hoffen, in anderen Ländern in Frieden und ohne Angst leben zu können. Doch oft bietet die Flucht nicht das, was sich viele erhoffen. Sie sind der Homophobie anderer Flüchtlinge ausgesetzt und müssen ihre sexuelle und/oder geschlechtliche Identität verbergen. Dies ist besonders in den Sammelunterkünften mit Gemeinschaftsduschen und Gruppenschlafräumen sehr schwierig und die Betroffenen sind dauerhaftem Stress ausgesetzt.


Oft sind sie erneut von Gewalttaten betroffen. Ausreichend soziale und psychische Betreuung ist nicht gegeben.
Eine dezentrale Unterbringung mit gesonderten Unterkünften wäre wünschenswert, um den nötigen Schutz zu gewährleisten. Berlin ist diesbezüglich ein Vorreiter, aber leider auch eine Ausnahme. Bis Mitte Februar ist ein LGBTIA- Flüchtlingsheim mit 120 Plätzen in Planung. Bisher steht allerdings noch kein Gebäude zur Verfügung. Weder Mietvertrag noch der Betreibervertrag mit dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) waren indes bis zum 31.1.2016 unterschrieben. Die Unterbringung ist besonders wichtig, da sich Asylanträge über Jahre hinweg hinziehen können. Das Berliner Zentrum für Migranten, Lesben und Schwule (MILES) berichtet von 95 seinen Mitarbeiter_Innen bekannt gewordenen Fällen verbaler, körperlicher oder sexualisierter Attacken. Zudem habe es seit April bei 19 von 34 Ämterbegleitungen Beleidigungen durch Dolmetscher_Innen oder Wachpersonal gegeben. LesMigraS, der Antidiskriminierungsbereich der Berliner Lesbenberatung, erklärt, dass handfeste „körperliche Gewalt in den Heimen eher selten“ sei. In den Unterkünften herrsche eine „Atmosphäre der Resignation“. Saideh Saadat-Lendle von LesMigraS schildert den Fall eines jungen homosexuellen Afrikaners, der in der Unterkunft befummelt und verhöhnt worden sei.


Er erduldete diese Übergriffe aus Angst, dass seine Familie von der Homosexualität erfahren könne. „Ein Transmann, also eine Frau, die körperlich ein Mann werden wolle“, wollte sich aus Angst, in der Unterkunft angegangen zu werden, umbringen, weil die vor der Flucht nach Deutschland begonnene Hormontherapie hier abgesetzt wurde – aus Gründen, die dem bürokratischen Asylverfahren geschuldet sind, wie u.a. dem eingeschränkten Zugang zum deutschen Gesundheitswesen (ND, 1.2.2016).
Die Bewilligung des Antrags ist dann eine Einzelfallentscheidung, die oft sehr willkürlich ausfällt. Verfolgung aufgrund der sexuellen und/oder geschlechtlichen Identität ist zwar ein Grund für Asyl, die bloße strafrechtliche Verfolgung auf dem Papier in dem jeweiligen Land reicht jedoch nicht aus. Die Antragsteller_Innen müssen nachweisen, dass sie auch abweichend von der allgemeinen Lage verfolgt wurden. Doch das glaubwürdig zu beweisen ist nicht leicht, wenn in ihren Herkunftsländern LGBTIA-Begehren und LGBTIA-Identitäten sowie der offene Umgang damit tabuisiert sind. Oft wird ihnen unterstellt, die Unwahrheit zu sagen, um ihre Chancen auf Asyl zu erhöhen.


Ein weiteres Problem sind die Richter_Innen, die sich oft von Vorurteilen leiten lassen. Sieht der oder die Betroffene nicht wie ein/eine Homosexuelle/r aus, wird ihr oder ihm nicht immer geglaubt. Häufig müssen sich die Betroffenen von sogenannten „Gutachtern“ auf die „Qualität ihrer homosexuellen Neigungen“ überprüfen lassen. Ist nach Ansicht der Gutachter_Innen ein „Ausweichen auf eine heterosexuelle Lebensweise“ möglich, wird kein Asyl gewährt. Einige Flüchtlinge trauen sich nicht einmal, ihren wahren Fluchtgrund anzugeben. Dies kann zum einen daran liegen, dass sie nicht über die gesetzliche Lage in Deutschland informiert sind. Sie befürchten, dass ihnen auch hier Strafe droht. Ein anderer Grund dafür ist die Angst, die Dolmetscher_Innen aus ihrem Heimatland könnten sie an die dortige Regierung verraten, weil sie oft mit den Botschaften der Herkunftsländer zusammenarbeiten. Falls der Antrag dann abgelehnt würde, würde ihnen eine hohe Strafe drohen.


Deshalb fordern wir:


  • dezentrale Unterbringung für ALLE Geflüchteten
  • sensiblen Umgang in der Unterbringung für die besonderen Bedarfe von LGBTIA
  • ausreichende soziale, psychologische und medizinische Betreuung in den jeweiligen Herkunftssprachen der/des Einzelnen
  • rechtliche Unterstützung bei LGBTIA Themen
  • Sensibilisierung und Schulung aller Helfer_Innen und Mitarbeiter_Innen.





Böhmermanns Gedicht: Pressefreiheit ausgehebelt!

Wenn man an Jan Böhmermann denkt, denkt man einen Komiker, der einen auf politisch macht, dabei aber oft sexistisch, rassistisch oder antiproletarisch ist, und trotzdem von vielen „Linken“ gefeiert wird. Böhmermann hat nun ein Gedicht gegen Erdogan geschrieben bzw. ein Gedicht, dass Erdogan beleidigt. Das Gedicht ist sicherlich von der Rapszene beeinflusst, da es sich auf pure, stumpfe Beleidigungen reduziert, die lustig sein sollen. Es ist sicher nicht das erste Mal, dass Erdogan so beleidigt wird, aber wohl das erste Mal von Seiten der Presse. Politisch ist dieses Gedicht, dass im Vergleich zu gutem Rap keinen einzigen guten Reim enthält, sondern nur aus Zweckreimen besteht, für niemanden den der sich irgendwie als links bezeichnet tragbar. Erdogan wird mit üblen rassistischen Klischees wie „Ziegenficker“ oder „Stinkt schlimm nach Döner“ beleidigt und Böhmermann mach auch „Witze“ über Erdogans Penisgröße. Armseeliger kann eine Kritik an Erdogan überhaupt nicht sein.

Doch viel interessanter als sein Gedicht, dass wir auf keinen Fall politisch verteidigen, sondern aufs schärfste angreifen, ist die Reaktion des bürgerlichen Staates danach. Böhmermann wurde erst von der Staatsanwaltschaft Mainz angeklagt. In einem Statement bestätigten Erdogan und sein Außenminister die Klage und sagte, dass sie sich beleidigt fühlen. Damit ist ein Straftatbestand erfüllt und Böhmermann wird nun vor Gericht angeklagt.

Dies ist ein fundamentaler Angriff auf die Pressefreiheit, der klarmacht, dass wenn die Presse die deutsche Politik, in diesem Fall die Außenpolitik angreift, dann wird zensiert und JournalistInnen müssen sich mit Anklagen, die oft hohe Anwaltskosten mit sich ziehen, abkämpfen. Das führt dazu, dass die Presse nicht mehr frei ist, sondern man höchstens von einer Freiheit in Ketten sprechen kann. Hält man sich an den Rahmen den der bürgerliche Staat vorgibt, ist man auf der sicheren Seite, durchbricht man ihn aber, dann muss man mit Repression rechnen und spürt die Ketten.

Ein ähnlicher Fall, aber mit ganz anderer Stoßrichtung, war die Unterlassungsklage seitens des Zeitherausgebers Josef Joffe und seines Journalisten-Kollegen Jochen Bittner gegen die ZDF-Sendung „Die Anstalt“. Hier wurde 2014 während der heißen Phase der Ukraine-Krise ein Beitrag gesendet, bezüglich einer Studie („Meinungsmacht. Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalisten – eine kritische Netzwerkanalyse“) über die Verflechtung führender deutscher Journalisten in transatlantischen Lobbyverbänden. Kurz gesagt: Die Anstalt warf Spitzenjournalisten der Süddeutschen Zeitung, der FAZ und der Zeit vor, meinungsmachende Berichterstattung zu betreiben – aufgrund eben ihrer Nähe zu pro-westlichen Interessenverbänden.

Wenn wir uns an die Berichterstattung erinnern, wurde Russland immer als böser Aggressor und die EU/USA als Beschützer der wahren DemokratInnen dargestellt – augenscheinlich ging es jedoch um den Interessenskampf dreier imperialistischer Mächte um Einfluss in der Ukraine. Der Anstalt-Beitrag wurde ebenfalls aus der Mediathek entfernt und darf aufgrund ungenauer Formulierung nicht wieder gesendet werden. Hier sei angemerkt: Die Presse kann niemals meinungsneutral berichten, jede/jeder JournalistIn hat einen persönlichen Hintergrund und einen Standpunkt!

Wir sind auch dagegen die Presse durch den bürgerlichen Staat zu verbieten, egal wie reaktionär sie gerade ist. Schon Trotzki schrieb in einer Polemik gegen die Kampagne von Lombardo Toledano, einem mexikanischen ArbeiterInnenführer, die das Ziel hatte „die reaktionäre Presse zu „zügeln“, indem sie entweder der Zensur unterworfen oder gänzlich verboten wird“, dass „jede Einschränkung der Demokratie in der bürgerlichen Gesellschaft, schließlich gegen das Proletariat gerichtet ist, so, wie Steuern schließlich immer auf die Schultern des Proletariats zurückfallen.“ Etwas anders verhält es sich jedoch bei faschistischer Presse. Wir treten zwar auch nicht dafür ein, dass der bürgerliche Staat sie verbietet, aber wir fordern, dass ihre Organe durch ArbeiterInnenmilizen zerschlagen werden, ihre Verlagshäuser besetzt und ihre Redaktionsgebäude enteignet werden.

Angesichts der Tatsachen fordern wir:

– Keine Klage gegen Böhmermann! Sofortiges Einstellen des Verfahrens gegen ihn!
– Kein Deal mit Erdogan! Für das Recht ihn und alle anderen „Staatschefs“ zu beleidigen! Weg mit Paragraph §103
– Keine Zensur der Presse! Aber Schaffung eines Kontrollorgans von ArbeiterInnen verschiedenster Bereiche – Niemand will sexistische, rassistische oder andere reaktionäre Beiträge


VON BEN ZIMMER

böhmi




Reaktionen zum AFD-Wahlsieg: Wohin geht die Linkspartei?

VON LARS KELLER


Nach den jüngsten, einschlägigen Erfolgen der „Alternative für Deutschland“ (AfD) ist in der Linken eine Diskussion darüber entbrannt, wie mit dieser zusehends erfolgreichen und immer weiter nach rechts gehenden Partei umgegangen werden soll.


Sigmar Gabriel (SPD) beschwört angesichts des weiteren Niedergangs der SPD die „Einheit aller Demokraten“ und die CDU/CSU streitet darüber, wer am Aufstieg der AfD Schuld ist. Die Grünen werden wohl in allen Regierungen landen. Die Linkspartei musste unterdessen einen herben Verlust in Sachsen-Anhalt einstecken. In den beiden westdeutschen Ländern spielte sie ohnedies nie eine Rolle in den Parlamenten.


Doch anstatt aus den Warnsignalen die Notwendigkeit einer antirassistischen Einheitsfront der Arbeiter_Innenparteien und Gewerkschaften zu erkennen und für Losungen wie offene Grenzen, gegen imperialistische Interventionen, Angriffe auf Arbeitsplätze, Löhne und Sozialleistungen aufzurufen, glänzt die Linkspartei von Gysi bis zur AKL mit einer Politik, die die PDL immer tiefer sinken lassen wird.


Gysi und die Union


„Alle demokratischen Parteien müssen sich gemeinsam gegen die Rechtsentwicklung stellen – von der Union bis zur LINKEN.“ (FAZ, 16.3.2016) Mit diesen Worten meldete sich der vormalige Fraktionsvorsitzende zu Wort – nicht ohne im darauffolgenden Satz zu sagen, dass es auch weiter darum gehe, „die Union in die Opposition zu schicken“. Wenn es aber gegen die AfD geht, müsse die LINKE auch mit der Union „zusammenarbeiten“ können.


Das erklärte Ziel des Gysi-Flügels, 2017 eine rot-rot-grüne Bundesregierung zu stellen, rückt angesichts des AfD-Aufstiegs in immer unerreichbarere Ferne. Worum es Gysi geht, ist eine Regierungsbeteiligung um (fast) jeden Preis. Doch mit dem Regieren ist das in der LINKEN so eine Sache: Der linke Flügel sträubt sich dagegen, der rechte Flügel ist bereit, alles in Kauf zu nehmen, was dazu gehört: Abschiebung, Sozialabbau, Privatisierung … eben das, was Leute um die AKL nicht wollen. Nur so, durch die Bereitschaft zur „Einheit aller Demokraten“ könne der Aufstieg der AfD gestoppt werden.


Damit spielt er letztlich denen in die Hände, die er zu bekämpfen vorgibt. Die „demokratischen Parteien“ werden von der Linkspartei den Verzicht auf weitere soziale, friedenspolitische, demokratische Versprechen einfordern und sie somit zur „linken“ Mehrheitsbeschafferin degradieren. Zugleich spielt das Zurückstellen aller Differenzen, aller sozialen und demokratischen Forderungen der AfD und anderen rassistischen Demagogen in die Hände, die sich dann umso leichter als einzige „Systemopposition“ hinstellen können.


Gysi setzt mit seiner Forderung nach „Einheit der Demokraten“ bewusst seine Partei unter Druck, indem er als einziges Mittel gegen den Aufstieg der AfD die Zusammenarbeit mit allen „demokratischen Kräften“ einschließlich Union und FDP darstellt.


Wagenknecht und der Sozialchauvinismus


Während Gysi versucht, die Partei über eine Zusammenarbeit mit der Union an die Regierung zu bringen, versucht eine andere in der LINKEN, die in Richtung AfD abhandengekommenen Wähler_Innen wieder zurückzuholen – und macht dabei Konzessionen an die Rassist_Innen.


p>Sahra Wagenknecht versuchte bereits nach den sexistischen Vorfällen in der Silvesternacht, die Abschiebung krimineller Migranten in der LINKEN hoffähig zu machen. Sie legte nach, als sie meinte, man könne nicht „jedes Jahr eine Millionen Menschen aufnehmen“.


Jetzt, nachdem sie zunächst das Gift des Sozialchauvinismus fleißig versprüht hat, angelt sie nach jenen, die in den rassistischen Teich gefallen sind: „Natürlich darf man nicht pauschal alle Menschen, die sich angesichts hoher Flüchtlingszahlen noch stärker um Arbeitsplätze, Sozialleistungen, Wohnungen und steigende Mieten sorgen, in eine rassistische Ecke stellen. Das gilt auch für Wähler der AfD.“ (Die Welt, 20.3.2016)


Es ist richtig, dass viele die AfD wählten, weil sie sich um die von Wagenknecht genannten Punkte sorgen. Aber nichtsdestotrotz suchten diese Wähler_Innen ihr Heil bei einer offen rassistischen Partei.


Warum?


Das Heil im Sozialchauvinismus sucht auch Sahra Wagenknecht. Die einzigen fortschrittlichen Forderungen, die sie glaubwürdig erheben könnte, um die Frage von Rassismus und Wohnungen, Sozialleistungen usw. zu beantworten, würden auf einen Konflikt mit dem deutschen Kapital hinauslaufen. Anlegen will sie sich aber allenfalls mit dessen „neoliberalem“ Teil und andere für eine Rückkehr zur „sozialen Marktwirtschaft“ gewinnen, also für einen Ausgleich zwischen Lohnarbeit und Kapital. Auf Basis dieser Reformlogik müssen Forderungen nach offenen Grenzen notwendigerweise wegfallen. Wagenknechts Anpassung an die AfD ist also nicht nur dem Aufstieg der Rechten geschuldet. Ihre (und Lafontaines) Forderung nach Begrenzung der Migration entspringt auch der „Einsicht“, dass ein sozialpartnerschaftliches System nicht für die ganze Welt funktionieren, sondern immer nur auf eine mehr oder weniger große Bevölkerungsmasse in den imperialistischen Ländern begrenzt sein kann.


Nachdem die LINKE überall, wo sie an der Regierung war, bürgerliche Realpolitik geliefert hat und in der Opposition zusehends immer weniger eine Alternative darstellen kann, bleibt nun für den Flügel um Lafontaine/Wagenknecht nur der tief im Reformismus verankerte Sozialchauvinismus, um die fortgelaufenen Wähler_Innen wieder einzufangen.


Aufhalten wird das aber weder den Niedergang der Linkspartei noch den Aufstieg der AfD. Warum soll der so schleierhafte Sozialchauvinismus Wagenknechts gewählt werden, wenn Petry, Höcke und Co. mit viel klareren Feindbildern daherkommen?


Der Linke Flügel und die soziale Frage


Je mehr der Gysi-Flügel bei jeder Gelegenheit getreu seiner Ausrichtung versucht, die Partei nach rechts zu treiben, desto größer wird der Selbstbetrug am linken Flügel. Hier existiert nach wie vor die illusorische Vorstellung, dass der rechte Flügel der Partei belehrbar sei oder einfach nur Fehler mache, anstatt mit viel Kalkül die Partei nach seinen Regierungsinteressen zu formen.


Dementsprechend schreiben Heike Hänsel, Sevim Dagdelen und Alexander Ulrich:„Jetzt auf Anti-AfD-Bündnisse zu setzen, deren Breite nur dadurch zustande kommt, dass die soziale Frage außen vor bleibt, hieße, das Scheitern von Linken in Europa[…]. Was wir stattdessen brauchen, ist ein Bündnis gegen Neoliberalismus. Hier wird sich schnell zeigen, auf welcher Seite SPD und Grüne stehen.“ (heike-hänsel.de, 15. 3. 2016)


Hier wird außerdem das aktuell Notwendige hintangestellt. Obgleich der Neoliberalismus eine große Verantwortung dafür hat, dass der Rassismus einen Aufstieg erlebt, ist ein antineoliberales Bündnis eine unzureichende Antwort.


Wenn Flüchtlingsheime bereits brennen, wenn das schärfste Anti-Asylgesetz seine Umsetzung findet und die AfD eben mit über 20 Prozent in einen Landtag einzieht, ist eine antirassistische Einheitsfront unmittelbar erforderlich.


Praktisch bedeutet die Position dieser Linken, Antirassismus und Antineoliberalismus zu trennen und der Gemeinschaft aller Demokrat_Innen die Aufgabe des antirassistischen Kampfes zu überantworten.


Damit wird der Klassencharakter des Rassismus entsorgt, er lediglich als Verstoß gegen Mitmenschlichkeit begriffen. Eine antirassistische Arbeiter_Inneneinheitsfront ist aber nicht nur deshalb notwendig, weil Arbeiter_Innen auch noch zusätzlich gegen Neoliberalismus und für soziale Forderungen kämpfen sollen, sondern weil nur sie alle Aspekte des Rassismus aufgreifen kann, v.a. den der Klassenspaltung. Rassismus bedeutet auch Lohndrückerei, erschwerten Zugang zu gleichen Arbeitsrechten, legt der Integration von Migrant_Innen und Geflüchteten in die Arbeiter_Innenorganisationen rechtlich und materiell Steine in den Weg, kurz: schwächt die Kampfkraft unserer Klasse in jeder Beziehung. Das Eintreten gegen diese Hindernisse ist mit den offen bürgerlichen „antirassistischen“ Parteien unmöglich, weil sich Rassismus nur auf das Proletariat in ganzer, voller Härte auswirkt!


Die Forderung, sich nur auf Antineoliberalismus zu konzentrieren, um die Wähler_Innen von der AfD zurückzugewinnen, schließt indirekt jene aus, die vom Rassismus am härtesten getroffen sind und verkennt obendrein, dass Antirassismus untrennbar mit der sozialen Frage und damit mit Antineoliberalimus verbunden ist. Diese Dinge voneinander zu isolieren heißt den gemeinsamen Kampf mit Geflüchteten nicht primär zu suchen und damit letztlich eine der Spaltungslinien in der Arbeiter_Innenklasse nicht anzugreifen.


Ganz links?


Noch weniger Perspektive als der „Antineoliberalismus“ kommt von jenen, die sich am äußerst linken Flügel der Partei aufgestellt wähnen: „Wenn DIE LINKE nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken will, muss sie eine unmissverständliche und kämpferische Opposition gegen CDU, SPD, Grüne und AfD betreiben.“ (sozialismus.info, 17.3.2016), schreibt Lucy Redler für die SAV.


Wie dieser Kampf aussehen und geschehen soll, darüber scheint immer weniger bis keine Klarheit zu herrschen. Wir haben einen Vorschlag: Die sich als links oder gar revolutionär verstehenden Kräfte in der LINKEN sollten sich verstärkt die Frage stellen, ob sie weiter das linke Anhängsel für eine Partei und deren reformistische Führung seien wollen, die nahezu
alle linken Grundprinzipien schon längst verraten hat. Sie sollten von ihrer Partei die aktive Beteiligung an einer antirassistischen Einheitsfront gegen die AfD und die rassistische Regierungspolitik einfordern, die die soziale Frage und den Antirassismus zusammenbringt. Dann wird sich nicht nur zeigen, „auf welcher Seite die SPD steht“, um so mehr wird sich erneut zeigen, wo die LINKE als Partei steht – auf der des Sozialchauvinismus.





Keine Entlassungen bei Bombardier! Wir bleiben alle!

Gegenwehr! Betriebs- und Gewerkschaftsinfo von ArbeiterInnenmacht und REVOLUTION, 16. März 2016


Weltweit will Bombardier in den nächsten zwei Jahren rund 7.000 und damit etwa 10% der Stellen streichen, 3.200 davon allein in der Zugsparte und davon wiederum 1.430 in Deutschland. Alleine 1.200 an den größten drei Standorten Hennigsdorf (270 von 2.800), Görlitz (700 von 2.500) und Bautzen (230 von 1.000).
Den unmittelbaren Grund dafür bilden vor allem die enormen Verluste von über 5,3 Milliarden Dollar bei nur 18,2 Milliarden Dollar Umsatz in der Flugzeugsparte. Doch nicht nur die brutale Konkurrenz und die kommende Wirtschaftskrise bilden den Hintergrund für drohende Massenentlassungen. Insbesondere der Einstieg des Pensionsfonds von Québec bei Bombardier Transportation mit 1,5 Milliarden Dollar (30%) hat zusätzlichen Druck geschaffen. Der Fonds verspricht eine Mindestrendite von 9,5%, Ziel ist ein zweistelliger Gewinn.


Angriffe


Dies soll augenscheinlich vor allem durch Sparmaßnahmen auf Kosten der Lohnabhängigen erreicht werden. Alleine in Hennigsdorf sollen die Kosten um insgesamt 20 Prozent gesenkt werden. Der gesamte Wagenkastenrohbau wird eingestellt, 30% der Engineering-Tätigkeiten werden nach Indien verlegt, insgesamt 40% des im Vergleich zur Konkurrenz jetzt schon armseligen Budgets für Forschung und Entwicklung sollen gestrichen werden.


Vorgebliches Ziel dieser Maßnahmen ist es, sich auf die „Kernkompetenzen des Standortes“ zu spezialisieren. Wie das geschehen soll, ist schleierhaft, wo doch gerade der Wagenkastenbau und das Engineering zwei Kernkompetenzen sind. Außerdem sollen 30% der Stellen in der Führungsebene gestrichen werden, um Entscheidungswege zu verkürzen. Doch auch hier ist davon auszugehen, dass dies vor allem Führungskräfte in den unteren Ebenen treffen wird und nicht diejenigen, die für die zahlreichen Fehlentscheidungen der letzten Jahre verantwortlich sind, die Bombardier und den Standort Hennigsdorf in die heutige Krise gebracht haben. Weitere Maßnahmen sollen im Sommer folgen.
Es wird argumentiert, der Standort sei unwirtschaftlich, da die Stundensätze zu hoch seien und so die Produkte nicht konkurrenzfähig angeboten werden könnten. Doch der Standort wurde erst unwirtschaftlich gemacht, durch das Verpassen von Aufträgen und das Ignorieren von seit Jahren existierenden Problemen. Es wurde zwar viel geredet, aber es hat sich nicht viel getan. Die Kommunikation zwischen den Abteilungen  und Bereichen ist nach wie vor miserabel, es gibt zu viele Schnittstellen, Entscheidungsverantwortungen werden hin und hergeschoben oder schlecht kommuniziert. Die zahlreichen Umstrukturierungsprojekte und ständiger Austausch vom oberen Management haben diese Probleme eher noch weiter verschlimmert.


Die Verlagerung von Aufträgen an andere Standorte trotz anderslautender Betriebsvereinbarungen und Verträge ist eine weitere Ursache. Hier zeigt sich, wie versucht wird, die Belegschaft zu spalten und die Standorte gegeneinander auszuspielen, auch bei der Vergabe von Aufträgen ins Ausland. Dann heißt es auf Betriebsversammlungen: deutsche Wertarbeit werde nicht mehr geschätzt oder die Polen würden mit ihren Billiglöhnen uns die Aufträge klauen. Doch nicht die KollegInnen der anderen Standorte sind es, die uns unserer Lebensgrundlage berauben, sondern es sind die ManagerInnen und Eigentümer, die die Stellen streichen. Während auch Betriebsräte gegeneinander um Aufträge buhlen und so bei der Konkurrenz Standort gegen Standort mitspielen, werden in ganz Deutschland und weltweit unsere KollegInnen gefeuert. Wir sollten uns nicht auf das Marionettenspiel einlassen und uns stattdessen mit den KollegInnen und Kollegen im In- und Ausland solidarisieren und unsere Kämpfe verbinden. Auch sie bangen um ihre Lebensgrundlage und die ihrer Familien.


Branchenweite Probleme


Doch nicht nur die ArbeiterInnen bei Bombardier sind von Stellenabbau betroffen, der ganze Metallsektor steckt in einer Krise. So haben Betriebsrat und IG-Metall bei Siemens Power & Gas erst Ende September einen sogenannten „Interessenausgleich“ für das Sparprogramm PG 2020 unterschrieben, der weitgehende Entlassungen im Gasturbinenbau und massive Lohnkürzungen festschreibt. Die Entlassungen sollen „sozialverträglich“ durch einen Sozialplan reguliert stattfinden. Dadurch sollen „sozial Schwächere“ vor Entlassungen geschützt werden.


Einen solchen Ausverkauf gilt es zu verhindern! Denn auch am Standort Nürnberg hieß es einst, man wolle sich auf die Kernkompetenzen konzentrieren. Mit einer Salamitaktik, auf die sich Betriebsrat und Gewerkschaft durch immer weitreichendere Zugeständnisse einließen, wurde der Standort nach und nach dem Untergang geweiht. Es wurde immer weiter gekürzt, bis der Standort schließlich ein reiner Engineering-Standort war. Seit 2004 ist er geschlossen. Auch hier wurden Entlassungen mit einem Sozialplan reguliert. In Hennigsdorf strebt die Unternehmensleitung ebenfalls einen Sozialplan an und auch hier wird die Befürchtung laut, die Produktion könnte nach und nach wegfallen.


Zwar hat die IG-Metall „massive Aktionen“ angekündigt, doch die Gewerkschaft hat schon in der Vergangenheit oft genug gezeigt, dass sie bereit ist, ihre Basis durch einen Sozialplan zu hintergehen. Und auch beim Betriebsrat ist zu befürchten, dass dieser sich letztendlich auf einen Sozialplan einlassen wird, um die Entlassungen „sozialverträglich“ zu gestalten. Doch dieser spaltet nur die Belegschaft und schwächt ihre Kampfbereitschaft. Denkt nicht: „Mich betrifft das sowieso nicht“, denn wie Nürnberg zeigt, kann es jeden früher oder später treffen.


Perspektive Klassenkampf


Wir stellen dem Sozialplan den Kampf gegen alle Entlassungen entgegen – egal ob von unbefristet Beschäftigten oder von LeiharbeiterInnen. Sollte Bombardier an seinen Plänen festhalten und das Unternehmen auf Kosten der Belegschaft „sanieren“ wollen, so sollten wir für die entschädigungslose Enteignung von Bombardier unter Kontrolle der Beschäftigten eintreten.  Warum sollten wir für eure Krise zahlen? Dazu wird es mehr brauchen als ab und zu eine einstündige Kundgebung abzuhalten. Wir brauchen massive Streiks und den Druck von der Straße. Dazu ist es auch nötig den Arbeitskampf mit dem der anderen ArbeiterInnen aus der Metallbranche, wie den KollegInnen von Siemens, zu verbinden. Dafür kann die kommende Tarifrunde eine Gelegenheit sein.