Terroranschlag auf Charlie Hebdo – Nein zu Rassismus und “demokratischer” Heuchelei!

Vor einigen Tagen veröffentlichten wir hierzu bereits eine Stellungnahme des Sekretariats der Liga für die Fünfte Internationale (http://www.onesolutionrevolution.de/international/charlie-hebdo-islamistischer-terrorismus-republikanischer-rassismus/) Diese hier stammt nun von der NaO Berlin.

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nao-prozess.de

Der Terroranschlag vom Mittwoch, dem 7. Januar auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris, dem 12 Menschen zum Opfer fielen, erschüttert uns. Der Anschlag richtete sich gegen eine Zeitschrift, die u.a. für ihre umstrittenen Karikaturen von Religionen unterschiedlicher Konfessionen bekannt war. Die Tat, die wahrscheinlich von islamistischen Terroristen begangen wurde, war fraglos ein reaktionärer Akt, der durch nichts zu rechtfertigen ist. Unsere Anteilnahme gilt den Angehörigen der Opfer.

Doch der Anschlag hat nicht nur Millionen erschüttert, er hat auch ein politisches Erdbeben in Europa ausgelöst. Er zeigt die reaktionären Wirkungen des individuellen Terrorismus. Die französische und europäische „bürgerliche Öffentlichkeit“ stellt den Anschlag als Angriff auf die „Meinungsfreiheit“ dar. Mit anti-muslimischem Rassismus und Imperialismus hätte er nichts zu tun. Doch allein die Reaktion rechter und rechtsradikaler Kreise straft eine solch vereinfachte Sicht Lügen.

Schon vor dem Attentat gab es in Frankreich laut französischen Medien zwei Angriffe auf Moscheen mit Schusswaffen und Granaten. In den vergangenen Monaten brannten auch in Deutschland und Schweden Moscheen. Die europäische Rechte spürt Wind in ihren Segeln und hofft, von der Empörung über das Attentat profitieren zu können. Welch widerliches Schauspiel, welch ein Hohn für die Opfer und ihre Hinterbliebenen. Vor allem aber: Welche bedrohlichen Folgen auch für die migrantischen und muslimischen Gemeinden, für die Linke und ArbeiterInnenbewegung!

Fest der Heuchelei

Auch die Reaktionen der französischen Regierung und der deutschen Politik sind an Heuchelei kaum zu übertreffen. Frankreichs Präsident Hollande ließ nicht nur verlauten, dass er den Terroranschlag als einen „Angriff auf die gesamte Republik“ verstanden wissen wolle. Er sei auch ein Angriff auf „die Ideale von Frieden und Gerechtigkeit, die Frankreich auf der internationalen Bühne umzusetzen versuche. (…) Diese Botschaft von Frieden und Toleranz, die wir auch mit unseren Soldaten gegen Terror und Fundamentalismus verteidigen.

Hier werden nicht nur Geschichte und Gegenwart des französischen Imperialismus mit Kolonialismus und Kriegen auf dem afrikanischen Kontinent und in der arabischen Welt, der fortwährend tausende Menschen ermordet und Millionen in Armut hält, zu einer Geschichte des Friedens und der Toleranz umgedichtet. Es ist auch eine Drohung, diesen Würgegriff nach Außen und Innen mit militärischer Gewalt zu verstärken.

In die gleiche Kerbe schlug auch Bundespräsident Gauck, als er sagte, dass der Terroranschlag ein „Angriff auf die Freiheit der Franzosen, der Europäer und der freien Gesellschaft“ wäre. Die freie Gesellschaft, nach Gauck natürlich ein Privileg der westlichen Zivilisation, müsse verteidigt werden. Auch er zieht eine klare Frontlinie zu allen Nationen und Menschen außerhalb dieser „freien Gesellschaft“. Sogar die Tagesschau verwies immerhin darauf, wie sozial benachteiligt und rassistisch unterdrückt MigrantInnen in den Banlieus der „freien Gesellschaft“ Frankreich sind. Letztlich schafft der Imperialismus mit seiner Weltordnung selbst immer wieder die Bedingungen, die auch zu solchen verzweifelten wie sinnlosen Akten von „Protest“ und „Widerstand“ führen.

Überhaupt sind diese lupenreinen „Demokraten“ auch so „frei“ eindeutige Schlüsse über Motive und Zugehörigkeit der Täter zu schließen, wenn selbst viele Journalisten und an der Untersuchung Beteiligte kritische und bisher unbeantwortete Fragen aufgeworfen haben. Auch werden vollkommen willkürlich politischer Islam, islamischer Fundamentalismus und islamistischer Terror – allesamt reaktionäre Ideologien – jedoch mit unterschiedlicher Anhängerschaft und unterschiedlichem Charakter in einen Topf geworfen. Die extreme Rechte spart sich gleich alle diese Unterscheidungen und hetzt direkt gegen den gesamten Islam.

Daher wird auch nicht in erster Linie die reale Gefahr einer weiteren Zuspitzung des anti-muslimischen Rassismus benannt, sondern von allen bürgerlichen Regierungen die „nationale Einheit“ beschworen. Diese zielt jedoch nicht einfach auf die Verteidigung demokratischer Rechte ab, die auch wir SozialistInnen verteidigen. Sie zielt auf eine klassenübergreifende „nationale Einheit“ zur Verteidigung des Imperialismus und der bürgerlichen Herrschaft. So wird aus einem reaktionären Terroranschlag eine fiktive Gefahr konstruiert, um eine ihrem Charakter nach reaktionäre Bewegung ins Leben zu rufen. Die rechtspopulistischen Bewegungen und faschistischen Organisationen gehen ihrerseits einen Schritt weiter und ignorieren die demokratische Facette. Sie suchen direkt den offenen Konflikt mit der gesamten migrantischen und muslimischen Bevölkerung – ebenfalls im Namen der Nation.

RevolutionärInnen und Anti-KapitalistInnen müssen diese Offensive der „nationalen Einheit“ und der Volksfront, die im säkularen Frankreich ironischerweise unter dem Slogan der „union sacrée“ (Heilige Union) daherkommt, entschieden ablehnen! Dieser Versuch, die Einheit der „bürgerlichen Demokraten“ zu beschwören, muss unweigerlich die Initiative der ArbeiterInnenbewegung, der migrantischen, muslimischen Bevölkerung und der Linken sowohl gegen Fundamentalismus, die erstarkende Rechte, als auch die imperialistische Innen- und Außenpolitik ersticken. Die Politik der „Nationalen Einheit“ schwächt in jedem Fall die Linke und wird die Rechte stärken.

Der französische Journalist Julien Salingue stellte richtig fest, dass das „Französische Modell des Zusammenlebens“ nicht angegriffen wurde. Dieses “Modell” ist ein Mythos, um den strukturellen Rassismus in Frankreich zu vertuschen. „Niemand“, so Salingue weiter, „wird mich zwingen, das Gesicht der `Barbarei`, die bedroht ist, zu verteidigen. Nein, `republikanische Einheit`, rassistische Kräfte und selektive Empörung sind keine Antwort, und niemand wird mich zwingen, meine Stimme den Berufspolitikern aller Art zu geben.

Wir treten für die gemeinsame Mobilisierung von linken Parteien, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen gegen den Rassismus ein. Die Einheit zur „Verteidigung des Säkularismus“ oder „der Demokratie“ mit offen bürgerlichen Parteien lehnen wir ab.

Eine Einheitsfront gegen den Rassismus wird bitter nötig sein. Der erste Schlag müsste sicherlich gegen die erstarkenden rechten Mobilisierungen gerichtet werden. Aber die Regierungspolitik in Frankreich und Deutschland, die in letzter Instanz durch ihre imperialistische Außenpolitik, ihre arbeiterinnenfeindliche und rassistische Innenpolitik erst den Nährboden sowohl für die rechten Bewegungen, als auch das Erstarken islamistischer Organisationen schafft, muss herausgefordert werden. Es ist zu erwarten, dass sich Organisationen wie die rechtsradikale „Front National“, aber auch Kräfte wie PEGIDA und die AfD, die bereits einen Tag nach dem Anschlag einen Schulterschluss herstellten, nicht nur stärken, sondern auch radikalisieren. Solange sie ihr Ziel, die Regierungsmacht, nicht erreicht haben, werden sie versuchen, die aktuellen Regierungen zu reaktionären und undemokratischen Gesetzen zu drängen. So forderte die FN-Vorsitzende Marine Le Pen nach dem Anschlag die Widereinführung der Todesstrafe. Auch in Deutschland wurden sofort Stimmen nach Verschärfung von Anti-Terrorgesetzen, Schleierverbot und der Abschaffung demokratischer Rechte laut.

Natürlich sind islamistisch-fundamentalistische und klerikal-faschistische Regime in gewissen Regionen eine Gefahr. Wir sehen dies in Syrien und Irak, wo der Islamische Staat mit barbarischer Gewalt gegen die Bevölkerung vorgeht und das Recht von nationalen, ethnischen und religiösen Minderheiten mit Füßen tritt. Reaktionäre jihadistische Bewegungen sind auch in Ländern wie Nigeria und Pakistan eine tagtägliche Bedrohung für die Bevölkerung. Wir sehen das auch in den mit der EU verbündeten Staaten der arabischen Halbinsel, die brutal jede demokratische Forderung ersticken. Deshalb unterstützen wir fortschrittliche KämpferInnen wie in Kobanê im Kampf gegen diese Regime – verbunden mit einer sozialistischen Perspektive.

Doch Angriffe auf demokratische Rechte in Europa versetzen nicht diesen Regimen einen Schlag, sondern richten sich gegen die ArbeiterInnenbewegung und führen zu rassistischen Spaltungen in der ArbeiterInnenklasse.

Wir spielen dieses Spiel nicht mit! Wir wissen: Es sind imperialistische Länder wie Frankreich und Deutschland, welche Regionen, wo der Islamismus erstarkt ist, in den Abgrund getrieben und mit Krieg überzogen haben, um dort ihre Profit-Interessen durchzusetzen. Es sind „unsere“ Regierungen, die eine Weltordnung aufrechterhalten, die Menschen weltweit in die Flucht treibt. Diejenigen, die es nach Europa schaffen, werden von Mauern und Rassismus empfangen.

Wir haben auch
nicht vergessen, dass es diese Regierungen sind, die zur Lösung ihrer Krise die Lebensbedingungen und sozialen Errungenschaften der europäischen ArbeiterInnenklasse, der Jugend und Rentner angreifen. Von diesen Angriffen war insbesondere die migrantische Bevölkerung besonders betroffen. Es ist gerade jetzt wichtig, sich an Karl Liebknechts Worte zu erinnern, dass unser Hauptfeind im eigenen Lande steht, dass unsere Gegner v.a. die Regierungen Europas und die europäischen Kapitalisten sind.

Wir, die Neue antikapitalistische Organisation (NaO), rufen daher im gesamten Bundesgebiet zur Teilnahme an linken Demonstrationen gegen PEGIDA am kommenden Montag auf. Wir sagen aber klar, dass wir eine Bewegung gegen Rassismus brauchen, die versucht, linke Parteien, Gewerkschaften und soziale Bewegungen für gemeinsame Mobilisierungen zu gewinnen. Was wir nicht brauchen, sind Veranstaltungen der „nationalen Einheit“, wie sie von Francois Hollande und Sigmar Gabriel beschworen werden.

Eine Stellungnahme der Neuen antikapitalistischen Organisation (NaO) Berlin




Charlie Hebdo: islamistischer Terrorismus, republikanischer Rassismus

Die schrecklichen Anschläge auf das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ brachten eine weltweite Solidaritätswelle hervor. Doch viele dieser Solidaritäten sind zutiefst heuchlerisch. So benutzen z.B. die Rechten um PEGIDA und der AfD die Anschläge für antimusslimischen Rassismus und bürgerliche Politiker hecken vor lauter Solidarität schon die nächsten „Antiterrormaßnahmen“ und rassistischen Beschlüsse aus. Wir veröffentlichen in diesem Zusammenhang eine Stellungnahme des Sekretariats der Liga für die Fünfte Internationale (http://fifthinternational.org/content/charlie-hebdo-islamist-terrorism-republican-racism) vom 11.01.2015.

Der Überfall auf das Büro der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo, bei dem am 7. Januar 12 Menschen getötet wurden, muss einhellig verurteilt werden. Es war ein krimineller Akt von Verfechtern einer reaktionären politischen Philosophie, die von der überwältigenden Mehrheit der französischen MuslimInnen wie auch der französischen ArbeiterInnenklasse und der Jugend verabscheut wird. Ihm folgte eine Geiselnahme mit noch einmal 5 Todesopfern. Unser aufrichtiges Mitgefühl und Beileid gilt den Familien und KollegInnen der Opfer.

Was die Motive der Attentäter auch gewesen sein mögen – die Folgen werden eine Verstärkung der rassistischen und religiösen Unterdrückung sein. Die Statements der politischen Elite Frankreichs machen deutlich, dass sie entschlossen ist, die Attentate zu nutzen, um jede Politik und alle Praktiken des französischen Staates zu rechtfertigen. Das  wird umso weiter den Nährboden für den islamistischen Terrorismus bereiten. Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande behauptet: „Wir werden bedroht, weil wir ein Land der Freiheit sind.“ Sein Amtsvorgänger Nicholas Sarkozy sagte: „ Es war eine Kriegserklärung gegen die Zivilisation. Angesichts von Barbarei muss sich die Zivilisation selbst verteidigen.“ Keine dieser Aussagen entspricht der Wahrheit.

Der französische Staat hat seine eigene Geschichte der Barbarei, welche die arabische und moslemische Bevölkerung in Nordafrika und im Nahen Osten heimgesucht hat und reicht vom algerischen Krieg bis zu gegenwärtigen Interventionen in der Sub-Sahara. Diese barbarischen Akte stellen jenen gegen Charlie Hebdo weit in den Schatten. Die Kriege und Besetzungen allein der letzten anderthalb Jahrzehnte, die von der NATO und ihren Verbündeten geführt wurden, die mörderischen Attacken von Israel auf die PalästinenserInnen, v.a. im Gaza-Streifen, haben viele Menschen mit moslemischem Hintergrund entfremdet und empört. Auch das Kopftuchverbot an Schulen oder das alternativlose Schweinefleischangebot in Schulkantinen haben dazu beigetragen. Ex-Präsident Sarkozys Drohung, er wolle die französischen Vorstädte ‚kärchern’, hat den Zorn einer Jugend ohne gesellschaftliche Perspektive erregt, die als ‚racaille’ – ein Schimpfwort für Kleinkriminelle v.a. mit arabischen Wurzeln – bezeichnet werden.

Die regelmäßige Verfolgung arabischstämmiger Jugendlicher in den Vorstädten, die rassistische Agitation von Seiten der wachsenden rechtspopulistischen Kräfte unter Führung von Marine Le Pens Front National, all dies bildet den Hintergrund, vor dem Charlie Hebdos bewusst provozierende Karikaturen als „Rechtfertigung“ für individuellen Terror herhalten mussten, der nun wiederum brennende Moscheen und Pogrome der radikalen Rechten zur Folge haben könnte.  Mit der Veröffentlichung rassistischer Karikaturen über Muslime oder AfrikanerInnen hat die Zeitschrift die Welle von Islamophobie, die nicht nur Frankreich, sondern ganz Europa durchzieht, verstärkt, ja sogar legitimiert.

Das Argument von einigen Linken in Frankreich wie auch auf internationaler Ebene, es ginge v.a. um die Verteidigung der freien Rede und des Säkularismus, die durch die (islamistische) religiöse Borniertheit und Intoleranz in Gefahr sei, ist völlig falsch. Diese Meinung lässt den Zusammenhang von Imperialismus, Rassismus und Krieg durch die NATO-Mächte völlig außer Acht. Sie beherrschen und plündern weiter die Ölreserven des Nahen Ostens.

Die Anerkennung der Rede- und Pressefreiheit bedeutet nicht, alle Wahrnehmungen dieses Rechtes zu billigen. Wie bei allen formalen Rechten darf deren Wahrnehmung nicht das Recht anderer, dadurch nicht in Gefahr gebracht zu werden, einschränken. Genau dies geschieht jedoch, denn muslimische u.a. Gemeinden werden nun genau dieser Gefahr ausgesetzt.

In Frankreich haben Säkularismus und Satire gegen religiöse Ideen und Institutionen eine lange Tradition durch die großen revolutionären Bewegungen des 18. und 19. Jahrhunderts. Damals war die immer noch ungeheuer mächtige katholische Kirche, die die konterrevolutionären Kräfte gegen die Republik unterstützte, Zielscheibe der Kritik. Die Verteidigung dieses Erbes war eine Säule der Ideologie im französischen Bürgertum, ein wesentlicher Teil seines Anspruchs, Modernität und Zivilisation zu verkörpern. Jedoch bedeutet die Gleichsetzung der Angriffe auf die Religion der alten herrschenden Klasse mit Attacken auf die Religion von unterdrückten Minderheiten, mit den Unterdrückern an einem Strang zu ziehen.

Demokratische Rechte

SozialistInnen verteidigen das Prinzip eines weltlichen Staates gegen alle Versuche, der Religion einen bevorzugten Platz im öffentlichen Leben einzuräumen. Wir verteidigen die Freiheit der Religionskritik genauso entschlossen, wie wir jede Form von Kritik zurückweisen, die dies mit rassistischer Hetze verbindet. In ganz Europa wollen Rassisten antirassistische Gesetze umgehen, indem sie vorgeben, den Islam lediglich als Religion zu kritisieren. Sie nehmen Themen wie Frauenfeindlichkeit und Homophobie zum Anlass, um daraus ein Bild von Moslems als generell reaktionären und gefährlichen fremden Elementen zu zeichnen. Diese Aufstachelung von Islamophobie, d.h. von Hass auf und von Furcht vor Moslems, ist genauso verwerflich wie antisemitische Hetze.

Natürlich ist Charlie Hebdo kein rechtes oder generell rassistisches Hetzblatt. Es hat zum Verbot der Front National aufgerufen und deren Führer, Vater und Tochter Le Pen, heftig karikiert. Seine Verteidiger betonen, dass Charlie Hebdo auch den Papst und auch andere Religionen wie den Judaismus aufs Korn genommen hat. Aber die Angriffe auf Moslems und den Islam sind von anderer Qualität und können nicht vom Vorwurf der boshaften Islamophobie reingewaschen werden. Die Karikaturen waren keine tapfere Verteidigung der Pressefreiheit, sondern hinterhältige Angriffe auf eine verfolgte und benachteiligte Minderheit.

16039261829_7fd50c5638Was ihre Urheber auch beabsichtigt haben mögen, die Kampagne ‚Je suis Charlie’ der sozialen Internetmedien, die das Web mit den Karikaturen des Magazins überschütten wollen, kann nur reaktionäre Folgen haben. Ihre Botschaft ist klar: entweder man erklärt seine Identität mit Charlie Hebdo und unterstützt das Recht auf Veröffentlichung rassistischer Karikaturen, oder man stellt sich auf Seiten der Islamisten, die das Attentat verübt haben. Diese Gegenüberstellung gibt nicht nur den Rassisten Auftrieb, sondern reizt unter Umständen auch einige der Opfer der Islamophobie zu weiteren Attentaten auf und damit zu einer weiteren Runde von Mord und Unterdrückung.

Wir verteidigen sowohl das Recht, Religion zu kritisieren, aber auch das Recht, Religion frei von Diskriminierung oder Missbrauch auszuüben. Diese Rechte geben der ArbeiterInnenklasse und sozial unterdrückten Gruppen einen begrenzten Schutz in einer Gesellschaft, in der die ökonomische, politische und ideologische Macht, die Macht der Presse u.a. Medien sich in den Händen der herrschenden Klasse ballt, die religiöse und ethnische Differenzen zu ihren Gunsten ausnutzt.

Diese Rechte nachhaltig zu verteidigen heißt, die Ziele und die Ideologie der französischen herrschenden Klasse abzulehnen. Insbesondere muss den offiziellen politischen französischen VertreterInnen das Recht abgesprochen werden, sie würden die Rechte aller BürgerInnen schützen. Das ist ein falscher Universalismus. Durch die Erhebung des Säkularismus zum geheiligten Prinzip wird damit jede/R, der/die diesem Prinzip nicht huldigt, als nicht zur französischen Gesellschaft zugehörig erklärt. Ebenso weisen wir die Vorstellung zurück, dass der bürgerliche Säkularismus eine Festung der „weltweiten Werte der Aufklärung und europäischen Kultur sei“, die nun von rückwärts gewandten religiösen Fanatikern belagert würde.

Nationale Einheit

Weder der Säkularismus noch die Freiheit der Religionskritik werden in Frankreich oder anderswo in Europa ernsthaft bedroht. Der Säkularismus als Säule des französischen Staates wird nicht durch einen Angriff auf eine Zeitschrift in Frage gestellt. Die Art der Tat verrät vielmehr klar die soziale und politische Isolation der Attentäter. Ein solcher reaktionärer individueller Terror ist die Waffe der Schwachen. Im Gegensatz dazu ist die Verspottung und Dämonisierung einer nationalen und religiösen Minderheit im Namen von satirischer Kritik ein feiges Nachäffen der dominanten Ideologie der herrschenden Klasse. Die zuvor lobenswerte journalistische Geißelung der französischen religiösen und reaktionären Rechten ist kein Milderungsgrund.

Die bedingungslose Unterstützung für Charlie Hebdo durch Medien und politisches
Establishment macht deutlich, dass die Hauptaufgabe von SozialistInnen im Augenblick nicht in der Opposition gegen Selbstzensur oder der Verteidigung der Religionskritik zu suchen ist, sondern in einer klaren Haltung gegen die Idee der Interessensgleichheit aller BürgerInnen Frankreichs. Das ist der wahre Inhalt und Zweck der Hauptkräfte des politischen Spektrums, von der KPF bis zur Front National. Die Großkundgebung am 11. Januar in Paris, der die Front National nur mit dem formalen Argument fernblieb, sie sei nicht eingeladen, ist eine Feier der Einheit der Nation. Obwohl viele Muslime und französische BürgerInnen arabischer Herkunft daran teilnehmen, ist die Einladung für Benjamin Netanjahu, den Schlächter von Gaza, eine Unverschämtheit.

Frankreich ist ein Land, in dem 60-70% der GefängnisinsassInnen muslimischer Herkunft sind. Ihr Bevölkerungsanteil beträgt jedoch nur 12%. In den Gefängnissen werden ihnen grundlegende religiöse Rechte vorenthalten. Die Polizei bestraft Frauen für das Tragen einer Burka auf der Straße. SchülerInnen wird ein Essen ohne Schweinefleisch nicht ermöglicht. Ihre Eltern dürfen nicht auf Schulausflügen mitfahren. Hier ist klar sichtbar, dass der „Säkularismus“ entweder direkt Einfluss auf Rassismus nimmt oder ihm Vorschub leistet. Wer der offiziellen Lesart folgt, beides hätte nichts miteinander zu tun, nimmt dies als Entschuldigung, statt diese Zustände zu bekämpfen und überlässt damit dem Klassenfeind unangefochten eine mächtige Waffe.

Fazit

SozialistInnen verurteilen einmütig Angriffe auf die Pressefreiheit. Wir bekämpfen unnachgiebig die politischen Projekte von Al-Qaida und des Islamischen Staats. Aber wir stellen uns ebenso entschieden gegen jede Anpassung an den staatlichen Rassismus, der angeblich die bürgerliche Demokratie der französischen Republik gegen Klerikalfaschisten verteidigen will, die Europa islamisieren wollen.

Die Verspottung des Islam und prominenter Muslime in Zusammenhang mit einem allgemeinen Anstieg rassistischer Gewalt und religiöser Intoleranz verstärkt unbedingt die Anstrengungen der herrschenden Klasse, ‚den Islamismus’ als existenziellen inneren Feind darzustellen. Es wäre verheerend, wenn SozialistInnen darauf hereinfielen.

Die erfolgreichen Mobilisierungen in Deutschland gegen die islamfeindliche Bewegung  Pegida ‚Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes’ und deren Ableger zeigen, was getan werden kann. Durch die Lenkung der öffentlichen Aufmerksamkeit auf den rassistischen Inhalt der angeblichen ‚Verteidigung der europäischen Zivilisation’ konnten am 5. Januar etwa 30.000 TeilnehmerInnen gegen die 18.000 von Pegida auf die Straße gebracht werden. Wie ihre französischen Kumpane versucht die deutsche Bourgeoisie, dies als Demonstration für „gemeinsame Werte“ hinzustellen, doch die Gegenbewegung hat zumindest deutlich gemacht, dass sie die Rassisten als Gefahr ansieht und nicht die Muslime.

In ganz Europa müssen die Linke und die Arbeiterbewegung Seite an Seite mit den Muslimen gegen rassistisch populistische und faschistische Parteien stehen und beweisen, dass sie sich nicht durch einen Rassismus für dumm verkaufen lassen, der sich als Verteidigung der Redefreiheit und des Säkularismus maskiert. Dann kann auch der Entfremdung und dem Gefühl des Verfolgtseins, das sicher den meisten terroristischen Ausbrüchen zu Grunde liegt, entgegen getreten werden. In den muslimischen Gemeinden kann ein Kampf gegen die reaktionäre islamistische Ideologie in Gang gesetzt werden, die hundert Mal mehr bewirken wird als alle verschärften sog. Sicherheitsvorkehrungen der imperialistischen Staaten.

Eine Übersetzung der Gruppe Arbeitermacht, deutsche Sektion der Liga für die 5. Internationale




„Mobilitätspartnerschaft“ & „Mare Nostrum“ – Was'n das schon wieder!?

Bei der sogenannten „Mobilitätspartnerschaft“ handelt es sich um eine der täglichen Schweinereien der Refugeepolitik, mit der Flüchtlinge in der EU beim Kampf um das Bleiberecht kämpfen müssen. Denn hinter dem erst mal verlockend klingenden Begriff verbirgt sich ein Abkommen der EU mit einigen afrikanischen Ländern, die südlich an das Mittelmeer grenzen, aber auch mit Ländern wie Georgien oder Armenien.

Diesem Abkommen nach können Flüchtlinge ohne Probleme in jene Transit- oder Herkunftsstaaten abgeschoben werden können, von wo aus sie ihre beschwerliche und gefährliche Reise begonnen haben oder über die sie die Tore der Festung Europa betraten. Hinzu kommt, dass in jenen Ländern keine oder eine extrem lasche Asylgesetzgebung besteht und Flüchtlinge deswegen von dort aus weiter abgeschoben werden, sollten sie nicht aus jenem Land stammen, sowie die offenen, rassistischen Anfeindungen gegenüber Flüchtlingen aus zentralafrikanischen Ländern in Nordafrika.

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Flüchtlinge im Mittelmeer vor Lampedusa

Im Gegenzug wird einer kleinen, elitären Gruppe die Ausreise aus solchen Partnerschaftsländern erleichtert, wie zum Beispiel Professor_Innen und Ärzt_Innen

Jüngst kam im März diesen Jahres zur Unterzeichnung einer solchen „Partnerschaft“ mit Tunesien, welches damit verbunden auch finanzielle und strukturelle Hilfe zur Bekämpfung der Flüchtlingsströme erhält.

Was die EU damit erreichen will, liegt auf der Hand: Man versucht das mitverursachte Flüchtlingsproblem (z.B. Libyenbombardierung 2011) aus dem Blickfeld der Europäer_innen zu verdrängen, um so künftig dem großen Aufschrei aus dem Wege zu gehen, wenn mal wieder hunderte Menschen vor Lampedusa ertrunken sind – da ist es doch wesentlich bequemer, wenn sich Nordafrika um den ganzen Ärger kümmert und die Boote erst gar nicht ablegen könne, um über das Mittelmeer zu fahren.

Hier setzt man auch mit „Mare Nostrum“ an, was, neben dem bereits bekannten Mittelmeerüberwachungssystem Eurosur und der Grenzagentur FRONTEX, nichts anderes als ein Programm zur militärischen Aufrüstung ist: Drohnen, Helikopter, zusätzliche Patrouillenboote, Flugzeuge mit Nachtsichttechnik.

Eingesetzt wurde es im letzten Jahr nach der Flüchtlingskatastrophe mit über 360 Toten vor Lampedusa um mehr Flüchtlinge zu retten. Auf den ersten Blick stimmt das auch, auf dem Mittelmeer werden seither mehr Flüchtlinge gerettet. Doch erstens wird Italien hier von der restlichen EU im Stich gelassen und verweigert weiter die Aufnahme von Flüchtlingen, zweitens ist das Schicksal der Flüchtlinge mit dem oben beschrieben Abkommen ohnehin schon meist nach der Rettung im Mittelmeer vorprogrammiert: Abschiebung.

Die Aussage, mit Programmen wie diesen beiden betreibe man angesichts immer größer werdender Flüchtlingsströme effektiven Flüchtlingsschutz ist schlicht lächerlich, denn die pure Verzweiflung der Flüchtlinge wird sie auf nur noch riskantere Wege Richtung Europa treiben – Wege, die dadurch mit noch mehr Toten gepflastert sein könnten.

Letztlich wird ein sicherer Weg nach Europa nur durch die Öffnung von Grenzen, der Abschaffung von rassistischen Asylgesetzen und Abkommen wie der Mobilitätspartnerschaft und dem Zerschlagen der Festung Europa und seinen Institutionen gewährleistet sein.

Hier gibt es Hoffnung in eine bis zuletzt immer größer werdende Bewegung – trotz oder gerade wegen Niederlagen wie der Räumung des Flüchtlingscamp am Berliner Oranienplatz oder der Teilräumung der von Flüchtlingen besetzten ehemaligen  Gerhardt – Hauptmann – Schule in Berlin, wo der Staat mal wieder sein wahres Gesicht in der Flüchtlingspolitik offenbarte.

Es ist zu erwarten, dass die EU ihren Kampf gegen Flüchtlinge durch neue Gesetze, Abkommen und allerlei (para-)militärischer Technik und Truppen weiter verschärfen wird. Aus diesem Grund kann es für uns nur die Losung geben, uns weiter entschlossen an die Seite der Flüchtlinge zu stellen, den Kampf mit ihnen zu führen und intensivieren. Verbinden werden wir diesen Kampf auch weiterhin mit jenem gegen die Mitverursacher von Flüchtlingsströmen: die deutsche Rüstungsindustrie, das deutsche Kapital – den deutschen Imperialismus.

Quellen:

http://www.proasyl.de/de/themen/eu-politik/detail/news/umkaempfte_grenze_mittelmeer/

http://www.migration-info.de/artikel/2014-04-03/eu-schliesst-mobilitaetspartnerschaft-tunesien

Ein Artikel von Lars Filder, REVOLUTION Fulda




NATO torpedieren – Versenkt das Imperialistische Schlachtschiff!

Am 4. und 5. September fand in Newport Wales der diesjährige NATO-Gipfel statt, das Treffen der FührerInnen der 28 Mitgliedstaaten der NATO. Es handelt sich hierbei um ein Koordinierungstreffen der weltweit mächtigsten Militärallianz, dem Waffenbündnis zur Durchsetzung westlicher Imperialismus-Interessen. Die Jugendorganisation Revolution rief zur Blockade des Gipfels auf, um der menschenverachtenden und rücksichtslosen Politik des Kapitals Einhalt zu gebieten. Wir stellen uns gegen den Rohstoff- und Ressourcen-Hunger der ImperialistInnen und ihrer kruden Kriegstreiberpolitik, welche ganze Länder in Bürgerkrieg, Hunger und Vertreibung versinken lässt. Dieser Artikel hat zum Ziel sich mit den Hintergründen der NATO, ihrer Geschichte und ihrer Strukturen auseinander zusetzen ,sowie ihre aktuelle strategische Ausrichtung zu bewerten.

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Die grundlegende Frage für uns ist: Wieso gibt es die NATO überhaupt? Hierbei ist die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidend. Das Bündnis der Alliierten, bestehend aus den USA, Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion hat den deutschen und italienischen Faschismus besiegt. Die Rote Armee hat auf ihrem Vormarsch die osteuropäischen Länder unter die Kontrolle Stalins gebracht und unterdrückt die aufkeimenden Arbeiterräte und Antifaschistischen Komitees. Europa befindet sich in einer vorrevolutionären Phase. Die ehemaligen Regierungen haben sich noch nicht stabilisiert und die kommunistischen WiderstandskämpferInnen und GewerkschafterInnen kommen aus dem Untergrund und den Arbeitslagern. Revolution liegt in der Luft. Auf Drängen der Westmächte und mit versprochenen Hilfslieferungen, gibt Stalin den westeuropäischen Kommunistischen Parteien die Anweisung, sich ruhig zu verhalten, die Waffen abzulegen und Regierungen mit den bürgerlichen Parteien zu bilden – ganz im Sinne der stalinistischen Doktrin ‚Sozialismus in einem Land‘ soll die Revolution in Russland gesichert werden, selbst mit Verrat an der eigenen Bewegung und Verkauf an den Westen.

Stalin verkauft die Revolution

Absehbarer Weise ging Stalins Plan nach hinten los. Die Westmächte nutzten die Verschnaufpause zur Stabilisierung der Regierungen und für antikommunistische Propaganda, die Geschichte wurde umgedeutet und man sprach die UnternehmerInnen und das groß Kapital bis auf wenige Ausnahmen von der Mitschuld am Faschismus frei. Der Feind war nun der wiedererstarkende Kommunismus. Man begann als Ausdruck dieser Politik und aus Gründen militärischen Verteidigung gegen die Rote Armee, mit der Aushandlung des Nordatlantikvertrages. Durch die Unterzeichnung dieses Vertrages wurde 1949 die NATO gegründet, bestehend aus 16 Mitgliedsstaaten, darunter die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien, Niederlande usw. Als Gegengewicht etablierte die Sowjetunion kurz darauf den Warschauer Pakt. Die NATO wuchs kontinuierlich auf die heutigen 28 Mitgliedstaaten an. 1955 wird Deutschland wiederbewaffnet und ebenfalls NATO-Mitglied. Auch ehemalige Warschauer Pakt Staaten sind heute in der NATO vertreten, etwa Polen, Tschechien und Ungarn.

„Die Amerikaner versprachen, dass die NATO sich nicht über die Grenzen von Deutschland ausdehnen werde nach dem Kalten Krieg. Aber jetzt sind die Hälfte der Länder Osteuropas NATO-Mitglieder. Was ist mit dem Versprechen geschehen? Das zeigt man kann ihnen (der NATO, den USA) nicht trauen“ Michael Gorbatschow, 2008

Die Ausrichtung der NATO war von Anfang gegen den Kommunismus gerichtet. Jedoch nicht beschränkt auf die Politik Stalins. In ihren Mitgliedsländern und darüber hinaus wurde gezielte Verfolgung und Unterdrückung jeglicher Form kommunistischer Politik betrieben. Sei es etwa die Kommunisten-Hatz in den USA durch McCarthy 1950, das Verbot und die Verfolgung der KPD in Deutschland 1956, der fehlgeschlagenen Invasion Kubas durch die USA 1961, der Unterstützung der NATO-Länder für den Völkermord an bis zu 1. Mio. Kommunisten im Indonesien der 60er Jahre, der Liquidierung Che Guevara auf Anweisung der CIA 1967, dem Vietnamkrieg usw. Die Ausrichtung der NATO-Politik zeigt, dass es um den Erhalt und den Ausbau der Macht, mit jeglichen Mitteln geht – Wichtigster Punkt dabei: Es wird penibel darauf geachtet ein bestmögliches Feindbild zu errichten. So geschehen bei Saddam Husein im Irak, bei Osama Bin Laden in Afghanistan, dem Widerstand in Palästina gegen die Politik Israels und den Separatisten in der Ost-Ukraine. Es soll der Eindruck entstehen, die NATO kämpfe gegen das Böse in der Welt.

Der geheime Krieg des „Verteidigungsbündnisses“

Ein wichtiges Kapitel in der Geschichte der NATO sind die Geheimarmeen – Schattenstrukturen die parallel zu dem bestehenden Militär aufgebaut wurden. Als Sammelbegriff für diese regional tätigen Stay-behind-Organisationen, wird heute der Name der italienischen Sektion ‚Gladio‘ verwendet. Diese Gruppen setzten sich zusammen aus Nationalisten, Faschisten, vorrangig mit Einsatzerfahrung wie Polizisten oder Militärs. In Deutschland waren dies ehemalige SS und Wehrmachtsangehörige. Ziel dieser Kampfgruppen war es im Falle einer Invasion Spionage- und Sabotageakte zu begehen, die Flucht der Regierung ins Exil zu Unterstützen und Exekutionen in der Bevölkerung durchzuführen um gezielt Oppositionelle auszuschalten. Im „Notfall“, beispielsweise bei einem Linksruck der Regierung oder Bevölkerung, sollte diese Gruppe ebenfalls zuschlagen. Der Charakter dieser Armeen ist, wie die jedes anderen bürgerlichen Militärs, absolut autoritär und antidemokratisch.Im Gegensatz zu einer regulären Armee sind diese Gruppen jedoch keinerlei staatlicher Kontrolle seitens der Regierung ausgesetzt, sondern werden nur von eingeweihten, hochrangigen Militär- oder Geheimdienst-Offizieren betreut.

Die NATO unterstützen diese Gruppen praktisch durch Waffen, Ausrüstung, Geld und Ausbilder. Über das ganze Land hinweg wurden Waffenlager und kleine Ausbildungsgruppen unterhalten. Im Zuge einer Bewaffnung dieser Gruppe in Italien 1976 wurden zwei Carabinieris, welche einen LKW voller illegaler NATO-Waffen kontrolliert hatten, in ihrer Kaserne exekutiert. Die Waffenversorgung fand aufgrund eines Linksrucks in der Regierung statt, Zeugen konnte man dabei keine gebrauchen. Der Mord wurde Jugendlichen aus der Umgebung in die Schuhe geschoben, einer davon war der damals 22 jährige Giuseppe Gulotta – er bekam 22 Jahre Haft.

Die Existenz dieser Geheimarmeen wurde 1990 von dem italienischen Ministerpräsidenten Giulio Andreotti aufgedeckt. Er legt nahe das es diese Organisationen auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern gab und gibt. Dabei meint er Aktive NATO-Länder wie Frankreich, Deutschland, Spanien, Griechenland, Portugal, Niederlande, Norwegen, genauso wie „neutrale“ Länder wie die Schweiz, Schweden oder Irland. Es wurde aufgedeckt, dass der Anschlag auf der Piazza Fontana 1969 – innerhalb dieser Ermittlung „fiel“ der Anarchist Giuseppe Pinelli aus dem 5. Stock eines Polizeireviers-, der Bombenanschlag von Bologna 1980, eventuell das Oktoberfestattentat im Selben Jahr, mit diesen Gruppen in Verbindung stehen. Oder etwa die Versenkung des Greenpeace Schiff ‚Rainbow Warrior‘ durch den französischen Geheimdienst. Zurzeit läuft ein Verfahren in Luxemburg zur Aussage eines Angehörigen eines verstorbenen BND-Mitglieds bezüglich der Verwicklungen zum Oktoberfestattentat. Im Zeitraum von 1960 bis 1980 rollte eine Kampagne rechten Terrors über Italien hinweg, der Höhepunkt war im Jahr 1978 mit 2400 faschistischen Anschlägen.

Die Aussage von Italiens offizieller Untersuchungskommission aus dem Jahr 2000: „Diese Massaker, diese Bomben, diese militärischen Aktionen wurden von Männern innerhalb italienischer staatlicher Einrichtungen organisiert oder gefördert oder unterstützt und, wie kürzlich aufgedeckt wurde, auch von Männern die mit den Strukturen der Geheimdienste der USA in Verbindung standen.“

Die Dunkelziffer weiterer Morde und Anschläge ist nur zu erahnen. Fest steht jedoch das gezielt nationalistische und faschistische Gruppen aufgebaut wurden. Die Frage ist also warum? Was bringt dieser Staatsterrorismus, wie er in Italien genannt wurde? Man schürte Angst und wollte, dass sich das Vertrauen der Bevölkerung in die Staatsinstitutionen richtet. Wenn es in Europa einen Anschlag gab, wurde er sofort der jeweiligen Linken in die Schuhe geschoben. Im Gegenteil wurden Spuren gezielt verwischt, um einen rechten Hintergrund auszuschließen. Die Propagierung des ‚Linken Terrors‘ sollte in der Bevölkerung einen Rechtsruck auslösen und somit jeder aufkeimende Sozialismus unterbunden werden. „Die CIA wollte entsprechend der Anweisungen ihrer Regierung einen italienischen Nationalismus aufbauen, der in der Lage war, alles aufzuhalten, was seiner Meinung nach zur Linken neigte, und zu diesem Zweck habe man möglicherweise den Rechtsterrorismus benutzt.“ General Giandelio, ehemaliger Chef der italienischen Spionageabwehr.

Militärische Ausrichtung, Verschwiegenheit und Kalkül

safe_image.php Links NATO-Oberkommandant SACEUR Philip M. Breedlove, mittig Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen

Die Frage drängt sich auf, wie sieht denn eine Struktur aus, die solche Tätigkeiten begünstigt? Die bekannteste Person der NATO ist der Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, seine Funktion ist jedoch rein repräsentativer Natur, man könnte sagen der Pressesprecher. Als Militärbündnis ist die NATO strikt hierarchisch/ militärisch aufgebaut. Die größte Verantwortung und zuständig für die strategische Ausrichtung ist der SACEUR (Supreme Allied Command Europe). Der NATO- Oberkommandant ist direkt dem Pentagon unterstellt. Seit Entstehung wird dieses Amt von hochrangigen US-Militärs getragen – dass des Generalsekretärs stets von Europäern. Die Aufteilung der Welt in die Verantwortungszonen Nordamerika, Südamerika, Afrika, Pazifik und Zentral, zeigt das globale geopolitische Interesse der westlichen ImperialistInnen. Das Bündnis ist somit eine Interessensvertretung der Imperialistischen Mächte, auch wenn ein Machtkampf innerhalb des Bündnisses stattfindet. Die USA mit ihrem weltweit stärksten Militärapparat stellen bis dato die Führung. Dies alles zeigt, die NATO ist grundlegend antidemokratisch – Schlagwort „Geheimarmeen“ – und fernab jeder öffentlichen Kontrolle und Transparenz.

Der Kalte Krieg ist vorbei, doch das Bündnis besteht weiter

Doch wie kann man die heutige Politik der NATO bewerten? Etwa im Falle des Kosovo Kriegs 1999, ohne UN-Mandat, der Einmarsch in den Irak 2003 mit gefälschten Beweisen, der illegale Drohnenkrieg in Pakistan. Wenn man sich auf das bürgerliche Spiel einlässt alles mit dem Völkerrecht zu bewerten, sind dies klare Verstöße gegen das Völkerrecht. Bei den Anschlägen des 11. Septembers berief man sich auf den Bündnisfall, die Terroranschläge wurden als Angriff auf einen NATO-Partner gewertet, was alle Mitgliedsländer automatisch in den Kriegszustand versetzt: Die Grundlage um in Afghanistan einzumarschieren. Die Verwendung des Bündnisfalles im Zusammenhang mit einer Terrorgruppe, zeugt eher von zwanghafter Rechtfertigung politischer Interessen. Doch das wäre auch zu vorschnell geurteilt. Betrachtet man die Strategie der NATO, etwa die Ausrichtung auf asymmetrische Kriegsführung, also der Kampf gegen Milizen oder Guerilla, der Einsatz in Bürgerkriegen, Aufstandsbekämpfung usw., bildet sich deutlich heraus:

  1. Die NATO ist kein Verteidigungsbündnis sondern richtet sich auf die Kriegsführung im Ausland im Interesse des Kapitals aus
  2. Die Verwendung von Terror als Kriegsgrund kann nun als Legitimation für den Einsatz in jedem beliebigen NATO-Land , sowie in Halb-Kolonialen Ländern der „dritten Welt“ dienen.

Das Bündnis dient somit auch dem Kampf gegen die eigene Zivilbevölkerung im Falle von sozialen Unruhen – Bei den Aufständen in Bosnien diesen Jahres, wurde darüber debattiert ein Truppen-Kontingent zu entsenden.

NATO-Russland-Schach

Karte der NATO-Basen in Europa, Asien und Nordafrika

Auffällig ist auch, dass die NATO-Erweiterung zielgerichtet nach Osten stattfindet. Strategisch betrachtet rückt man somit dem Konkurrenten Russland auf die Pelle, gleichzeitig verschiebt man die Militärstützpunkte auch immer weiter gegen die andere Imperialistische Großmacht China, sowie die aufstrebende Großmacht Indien. Die Energieversorgung mit Erdöl und Erdgas findet ebenfalls über den Osten statt. Die NATO sichert sich nun einerseits Zugang zu den Energiequellen, andererseits schafft sie sich auch einen Korridor für den Energietransport und rückt militärische Operationsbasen an die Konkurrenten heran. Afghanistan stellt ein solches Schlüsselland dar, welches alle genannten Faktoren erfüllt. Im Falle der Ukraine trifft dies ebenfalls zu, es zeichnet sich aber auch eine interne Spannung ab. Im politischen Mächteringen mit Russland, verliert die EU einen wichtigen Handelspartner, gleichzeitig will man die Ukraine als Arbeits- und Absatzmarkt gewinnen. Den USA gibt sich die Möglichkeit zwei Rivalen gegen einander auszuspielen, Russland und Europa – die Ukraine verliert in jedem Fall. Der Einsatz des Faschismus als Waffe gegen die soziale Bewegung findet auch hier wieder Anwendung, ganz in der Tradition der NATO wird über Leichen gegangen. Am 29. August wurde im ukrainischen Parlament ein Gesetz verabschiedet, welches die Einbindung der Ukraine als NATO-Partner vorbereitet. In Verbindung mit den Truppenverschiebungen in den Osten, ist dies als klare Kampfansage gegen den Konkurrenten Russland zu werten.

Kein Frieden mit der NATO

Als KommunistInnen ist die Akzeptanz eines solchen Bündnisses undenkbar. Sowie bei jedem bürgerlichen Militärapparat auch, gehören die Strukturen zerschlagen und das Bündnis aufgelöst. Jede soziale Bewegung wird von der NATO als Bedrohung war genommen und wird, wie etwa mit dem Stay-Behind-Programm, attackiert. Im Falle einer sozialen Revolution in einem Mitgliedsland, wird die NATO aufmarschieren um die Besitz- und Machtverhältnisse wieder herzustellen. Auf der Sicherheitskonferenz (SIKO) ist dieses Szenario in den zentralen Fokus der Innen- und Außenpolitik der kapitalistischen Regierungen gerückt. Als einer der zentralen Knotenpunkte des militärischen Luftverkehrs, als weltweit drittgrößter Waffenproduzent und dominante Macht in Europa, ist es für uns in Deutschland erklärtes Ziel diese Strukturen anzugreifen und zu stören. Der Widerstand gegen die imperialistische Kriegspolitik, ist eine direkte Unterstützung des antifaschistischen Kampfes der Ostukraine. Deshalb rufen wir dazu auf:

  • Bringt die Wahrheit auf den Tisch: Die NATO ist ein global operierender Aggressor und kein Verteidigungsbündnis
  • Verjagt die NATO von öffentlichen Plätzen, Schulen, Berufsschulen und Universitäten – Wir wollen keinen Militarismus und keine Kriegstreiberei!
  • Blockiert alle strategischen Versammlungen der kapitalistischen Nationen. Blockade der NATO-Gipfel, der SIKO und sowie der G7, G8 und G20 etc.
  • Umverteilung aller Rüstungsausgaben in die Kranken-, Sozialversorgung und Bildung
  • Zerschlagung der NATO und des dazugehörenden Militärs. Zerstörung jeglicher Kapazität zur Aufstandsbekämpfung
  • Offenlegung aller NATO- und Geheimdienstakten – wir wollen Transparenz und keine Lügen!
  • Boykottiert den G8-Gipfel am 4. und 5. Juni 2015 auf Schloss Elmau in Bayern!



Was zum Teufel ist Imperialismus?

Wer sich mit Politik auseinander setzt, kommt zwangsläufig zu dem Punkt sich auch mit politischer Theorie zu befassen. Wir erachten dieses Thema für äußerst wichtig zur persönlichen Weiterbildung, wie auch zur Schaffung einer Diskussionsgrundlage mit politischen Gegnern: Der Kommunismus will schließlich auch wissenschaftlich erklärt werden. In diesem Zusammenhang wollen wir uns mit dem Begriff des Imperialismus befassen und diesen etwas näher erläutern.

Der Kapitalismus wird gerne als ein ausgeglichenes System von Angebot und Nachfrage dargestellt: Waren würden benötigt, die Nachfrage würde durch Warenproduktion befriedigt. Jeder der an diesem Prozess teilnähme profitiere auch davon, seien es UnternehmerInnen, Werktätige oder DienstleisterInnen und nicht zuletzt die Gesellschaft. Diese profitiere durch den von Konkurrenz geförderten Fortschritt – soweit das Märchen.

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Die Realität ist jedoch eine gänzlich andere– wie wir nicht zuletzt am eigenen Leib spüren. Die Produktionsmittel, wie Maschinen und Fabriken, sind in der Hand einer besitzenden Klasse, der KapitalistInnen. Die Arbeiterklasse ist von Mitbestimmung weitestgehend ausgeschlossen und erarbeitet den Profit dieser UnternehmerInnen. Dabei häuft sich Kapital an, welches reinvestiert werden will, sei es direkt in den Produktionskreislauf oder über den Umweg verschiedener Unternehmensbereiche. Mit der Anhäufung von Kapital, häuft sich auch Macht in der Hand der Bourgeoisie, der besitzenden Klasse, an. Die KapitalistInnen führen dabei einen harten Konkurrenzkampf, innerhalb einer Nation und auch über die Ländergrenzen hinweg. Kontrahenten werden aufgekauft oder gehen pleite, der Markt konzentriert sich. Doch die Anhäufung von Kapital hat auch seine negativen Seiten. Geld das nicht reinvestiert wird ist totes Kapital. Ist mehr Kapital vorhanden als es Investitionsmöglichkeiten gibt, spricht man von Überakkumulation. Nun müssen entweder neue Absatzmärkte erschlossen werden oder es kommt zu Absatzkrisen und man vernichtet Produktionsgüter, etwa durch gezieltes Verschrotten oder Krieg.

Imperialismus ist der Begriff für genau dieses Stadium des Kapitalismus. Nach Lenin beschreibt der Imperialismus die fortgeschrittenste Form der kapitalistischen Organisation. Die Ländergrenzen sind zu „eng“ geworden, das Kapital will sich verbreiten. Es kommt zu einer Ablösung der „freien“ Konkurrenz durch das Monopol bis zur Beherrschung der Produktion – also die Beherrschung der Märkte durch Großkonzerne. Monopol ist in diesem Zusammenhang nicht zwangsläufig ein einziges Unternehmen. Meist sind es mehrere Konzerne die sich einen Wirtschaftssektor aufteilen können. Es ist dabei möglich auch Preisabsprachen (Öl- und Gaskonzerne, Telekommunikation) zu treffen und das erscheinen neuerer Technik zu Koordinieren (Automobilsektor)– eine völlige Aufhebung der Konkurrenz ist jedoch nicht möglich.Die Fusion des Banken- und Industriekapitals hin zum Finanzkapital stellt dabei eine wichtige Vorbedingung dar. Dieser Zusammenschluss bedeutet die Verbindung der beiden wichtigsten Säulen des Kapitalismus: Kontrolle über die Produktion und Kontrolle über die Investition, nicht zu vergessen den damit gestiegenen Machteinfluss auf die Politik. Dieser Konzentrationsprozess des Kapitals findet natürlich weltweit statt. Da aber die Bourgeoisie wirtschaftlich und militärisch schwächer gestellter Länder diesen Kampf nicht für sich gewinnen kann, bildet sich der Imperialismus nur in den führenden Ländern aus. Beispiele hierfür sind die USA, Russland, Deutschland, Frankreich, China usw.

„1. Konzentration der Produktion und des Kapitals, die eine so hohe Entwicklungsstufe erreicht hat, daß sie Monopole schafft, die im Wirtschaftsleben die entscheidende Rolle spielen; 2. Verschmelzung des Bankkapitals mit dem Industriekapital und Entstehung einer Finanzoligarchie auf der Basis dieses ‘Finanzkapitals’; 3. der Kapitalexport, zum Unterschied vom Warenexport, gewinnt besonders wichtige Bedeutung; 4. es bilden sich internationale monopolistische Kapitalistenverbände, die die Welt unter sich teilen, und 5. die territoriale Aufteilung der Erde unter die kapitalistischen Großmächte ist beendet. Der Imperialismus ist der Kapitalismus auf jener Entwicklungsstufe, wo die Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals sich herausgebildet, der Kapitalexport hervorragende Bedeutung gewonnen, die Aufteilung der Welt durch die internationalen Trusts begonnen hat und die Aufteilung des gesamten Territoriums der Erde durch die größten kapitalistischen Länder abgeschlossen ist.“ (Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus)

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Außenpolitisch ist der Kampf um die Vorherrschaft der jeweils eigenen Kapitalistenklasse natürlich mit der Ausweitung des Machteinflusses, der Erschließung von Absatzmärkten, Sicherung von Rohstoffquellen und der Nutzung günstigster Produktionsbedingung, beispielsweise in Schwellen- oder Entwicklungsländern, verbunden. War in der Kolonialpolitik noch die militärische Besetzung eines Landes von Bedeutung, geht es nun um die monopolistische Einverleibung. Momentan werden wir gerade Zeuge des Machtkampfes zwischen der EU, Russland und USA um die Ukraine. Die Ukraine soll zum Partner der NATO vorangetrieben werden, militärisch bedeutet dies die mögliche Stationierung von Truppen in rund 500 km Entfernung zu Moskau, sowie der Abschottung Russlands vom Schwarzen Meer, dem einfachsten Zugang zum Mittelmeer und Europa. Hunter Biden, Vertrauter von John McCain, Senator und Unterstützer der Ukrainischen Regierung, stieg beispielsweise in den Aufsichtsrat des ukrainischen Gasriesen Burisma Holdings ein. Schritt für Schritt wird nun der wirtschaftliche Einfluss ausgebaut. Russland versucht dem entgegen zu wirken und sichert sich seine Einflusszone in der Ukraine gegen jeden Protest aus Europa. Die EU will ebenfalls die Ukraine und schnürte bereits ein Assoziierungsabkommen, welches das Land wirtschaftlich attraktiver machen sollte: Im Klartext bedeutet dies Kürzungen des Sozialsystems, Privatisierungen, Deregulierungen.

Die Beispiele sind zahlreich. Im Kosovo- und Irak-Krieg, in Libyen verteilte man die Aufträge für den Wideraufbau an Firmen der jeweils beteiligten NATO-Staaten, sicherte sich Zugang zur dortigen Wirtschaft und Rohstoffen und setzte Marionetten-Regierungen ein. China kauft sich massiv in den Afrikanischen Kontinent ein, im Tausch gegen Infrastruktur wie Straßen und Häfen erhält man Erz, Öl und andere Handelsgüter. Die Infrastruktur ermöglicht obendrein die bessere Ausfuhr und erleichtert die Einfuhr der Massenware, welche den Kontinent überschwemmt. Bereits jetzt zeichnen sich Spannungen zwischen USA und China in diesem Bereich ab.
Russland arbeitet daran seinen Einfluss in Europa zu vergrößern, etwa durch die Monopolisierung des Gashandels. Deutschland nutzt seinen gestiegenen Einfluss in Europa um schwächere Länder wie Griechenland und Spanien von sich abhängig zu machen und gleichzeitig gegen die Konkurrenz aus Frankreich oder Italien zu kämpfen. Es geht um nichts Weiteres als die wirtschaftliche Vorherrschaft in Europa – ganz ohne Waffen. Imperialismus bedeutet die Unterordnung der Mehrheit aller Länder unter einer Handvoll mächtiger Staaten.

Doch die Aufhebung des Freihandels behindert eine der treibenden Kräfte des Kapitalismus. Die Monopolisierung hebt die Konkurrenzverhältnisse auf: Technische Neuerungen werde zu kostspielig, Fortschritt stagniert. Die Entwicklung der Elektroautos kam erst in Fahrt als sich im Zuge der Absatzkrise von 2007/08 ein Überlebenskampf unter den Automobilriesen einstellte. Jahrzehntelang investierte man Gelder in die Atomenergie und schöpfte Milliardengewinne aus den abbezahlten Meilern ab, statt die Entwicklung neuer Energiequellen voran zu treiben.Lenin schreibt dazu: „Dennoch erzeugt es, wie jedes andere Monopol, unvermeidlich die Tendenz zur Stagnation und Fäulnis. In dem Maße, wie Monopolpreise, sei es auch nur vorübergehend, eingeführt werden, verschwindet bis zu einem gewissen Grade der Antrieb zum technischen und folglich auch zu jedem anderen Fortschritt, zur Vorwärtsbewegung; und insofern entsteht die ökonomische Möglichkeit, den technischen Fortschritt künstlich aufzuhalten.“ (Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus)

UnbenanntdfgdfgDer fortschreitende Imperialismus beschleunigt den Zerfall des Systems. Der Kapitalismus trägt demnach seineneigenen Niedergang in sich, was jedoch nicht bedeutet, dass der Untergang unausweichlich ist. Kommt es zu keiner organisierten Gegenwehr der Mehrheit
der Bevölkerung, sprich der Arbeiterklasse, kann die Bourgeoisie ihr System restaurieren und durch die Vernichtung von Kapital wieder künstlich Nachfrage generieren. Dieses Spiel lässt sich zwar nicht auf ewig fortführen, rettet den Kapitalismus aber bis zur nächsten Krise.Der Aufschwung der Wirtschaft nach der Zerstörung durch den 1. Weltkrieg hielt gerade einmal ein gutes Jahrzehnt. Dann folgte eine weitere, tiefgreifendere Weltwirtschaftskrise.

Die Aufgabe der Arbeiterklasse muss es deshalb sein Gegenwehr zu organisieren, wie etwa Streiks in Schulen, Universtäten und Betrieben. Der Aufbau eines schlagkräftigen Gewerkschaftsapparates, frei von gekauften Funktionären, einem revolutionären Programm statt Co-Management. Für die Jugend bedeutet dies Praxis in den aktiven Kämpfen zu sammeln und demokratische Strukturen zu errichten. Politische Bildung und die Erfahrungen in demokratischer Organisierung sind das Rüstzeug das wir dafür brauchen. Keine Demokratie ohne Demokraten – Keine Revolution ohne Revolutionär*innen!

Baltasar Luchs, REVOLUTION Karlsruhe




Mandelas Erbe – Militanz gegen Rassismus

Am 5.Dezember 2013 verstarb Nelson Mandela im Alter von 95 Jahren. Als Kommunist, politischer Häftling, Kämpfer gegen die Apartheid und erster farbiger Präsident Südafrikas war er eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Geschichte Afrikas. Als wesentlicher Bestandteil der Anti-Apartheid Bewegung gehörte er zu denen, die mit Vehemenz gegen Rassismus und für die Befreiung der farbigen Bevölkerung in Südafrika kämpften.

Sein antirassistischer Kampf traf bei dem Großteil der etablierten Politik Südafrikas und der nach wie vor mächtigen imperialistischen Kolonialmacht Großbritannien auf heftige Ablehnung. Margaret Thatcher bezeichnete Mandela und den ANC als Terroristen. Studentische Anhänger der Tories trugen auf ihren T-Shirts die Aufschrift „Hang Mandela! “.

Plakat den Tories nahestehender Student*innenPlakat von den Tories nahestehenden Student*innen

Umso verwunderlicher sind die Worte die David Cameron, ebenfalls Tory, der an Thatchers Grab bittere Tränen vergaß, in „Trauer“ um Mandela findet. Cameron, Premierminister Großbritanniens, verantwortlich für Flüchtlings- und Migrationsabwehr nennt Mandela einen Helden.

Auch die deutsche Politik zeigt an Mandelas Grab ihre Heuchlerische Fratze. Angela Merkel (Skiunfallopfer und Kanzlerin) sprach davon wie Mandelas gewaltloser Widerstand sie inspiriert habe. Ganz abgesehen davon, dass der Kampf gegen die Apartheid aus der Notwendigkeit heraus nicht der Naivität des Pazifismus aufgesessen war, stellt sich die Frage warum Merkels Regierung dann im eigenen Land widerlichsten Rassismus akzeptiert und ausübt. Franz Josef Strauß warnte sogar vor Abschaffung der Apartheid.

Auch wenn -nicht zuletzt dank Mandela- die Apartheid heute formal abgeschafft ist, sind die Unterschiede zwischen der schwarzen und weißen Bevölkerung Südafrikas immer noch gravierend.33% der Bevölkerung sind erwerbslos, die oberen 10% der Bevölkerung verfügen über deutlich mehr als die Hälfte des Wohlstands, Südafrikas Wirtschaft wurde den globalen Weltwirtschaftsakteuren auf Kosten der schwarzen Arbeiter geöffnet und die bürokratische Elite des ANC stieg in Bourgeoise auf. Obwohl der Kampf gegen die Apartheid auch ein Kampf gegen die miserablen Arbeitsbedingungen, die von weißen Kapitalist*innen diktiert wurden blieb diese alte Elite während und nach der Präsidentschaft Mandelas frei von Konsequenzen, wie z.B. einer umfassenden Enteignung und der Etablierung von Räten und Fabrikausschüssen der farbigen Bevölkerung.

Besonders die Minenarbeiter (beinahe ausnahmslos dunkelhäutig) symbolisieren die Kontinuität des gesellschaftlichen Rassismus in Südafrika. Während Cynthia Caroll, Chef des Angelo American Mining Konzerns 2,2 Mio. Pfund und sein Konkurrent Ian Farmer 1,2 Mio. verdiente, schufteten die schwarzen Arbeiter in Minen unter akuter Gefahr für einen lächerlichen Lohn.

Polizei geht gegen streikende Minenarbeiter*innen vorPolizei geht gegen streikende Minenarbeiter*innen vor

Die Seilschaften zwischen ANC und den Kapitalist*innen wie Farmer und Caroll sorgten dafür, dass die Arbeiterschaft Südafrikas sich im Arbeitskampf nicht auf ihre Gewerkschaften verlassen konnte und kann sondern zu anderen Mitteln greifen musste und muss. Während die Kapitalist*innen immer stärker nach den Edelmetallen in Südafrikas Erde gierten regte sich unter den Arbeitern der Widerstand – Streik! Von der Bürokratie unabhängig organisierten die Kumpel 2012 zahlreiche militante Streiks und Grubenbesetzungen. Die immer noch wegen ihrer rassistischen Übergriffe und Brutalität gefürchtete Polizei ging nun unter einer schwarzen Regierung gegen die Arbeiterinnen und Arbeiter vor, die schon 20 Jahre zuvor auch mit Gewalt ihre Minen, Familien und Viertel gegen diese rassistischen Schlägertruppen verteidigten. Am Ende sind 48 Arbeiter*innen tot.

Zwei Sachverhalte müssen klar werden:

  • Rassismus und Kapitalismus sind untrennbar mit einander Verbunden. Malcom X, ebenfalls militanter Antirassist, sagte einmal „You can not have Capitalism without Racism“. Das Land von Malcom X, die USA, sind dafür ein weiteres Beispiel – Obwohl die Bürgerechtler*innen um Martin Luther King Bürgerrechte für alle erkämpft hatten bleibt eine extreme der hispanischen und afroamerikanischen Bevölkerungsteile im „Land of the Free“, auch wenn Obama die Selbe Hautfarbe wie die Opfer rassistischer Polizeigewalt hat.
  • Pazifismus ist keine Lösung. Gewaltlosigkeit mag ein hohes und achtenswertes Ideal sein. In der Praxis bietet sich aber für eine pazifistische Bewegung mit dem Ziel Kapitalismus und Rassismus abzuschaffen ein enormes Problem: Die Gegenseite, die Kapitalist*innen und ihre Henker, halten nichts von Gewaltlosigkeit. Zum Erfolg einer sozialen Bewegung gehört es also auch physisch den Gegner, falls nötig, zu attackieren. Ohne Verteidigungsorgane der Arbeiter*innen und Diskriminierten wird jede Bewegung schnell in ihrem eigenen Blut unter gehen.

Daher fordern wir:

  • Keine Illusion in die Instrumente bürgerlicher Herrschaft: Polizei und Armee stehen der Sicherheit im Wege!
  • Organisierte Selbstverteidigung als Schutz vor Angriffen und als politischer Faktor!

Ein Artikel von Flo Wasser, REVO Zülpich




Lampedusa ist Mord!

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Vor wenigen Wochen kenterte ein Boot mit über 500 Flüchtlingen aus Afrika, nur 155 konnten gerettet werden, dies war allerdings kein Unglück, sondern die logische Folge der EU-Außen- und Asylpolitik.

Im Mittelmeer ist das seit Jahrzehnten der
Normalfall. Seit Anfang Oktober gab es 4 (bekannte) weitere Kenterungen mit mindestens 50 Toten. Nach Schätzungen der Hilfsorganisation Fortress Europe kamen allein im Jahr 2011 mehr als 2300 Menschen bei ihrer Flucht in den Gewässern rund um Lampedusa ums Leben. Seit 1994 ertranken mehr als 6800 Flüchtlinge auf dem Weg zur Mittelmeerinsel.

Die Toten werden nicht nur billigend in Kauf genommen, es wird sogar aktive Beihilfe zum Ertrinken geleistet. In Italien und Malta gibt es Gesetze, die es z.B. Fischern verbieten Flüchtlingen zu helfen, es droht eine mehrjährige Haftstrafe. Augenzeugenberichte aus Lampedusa prangern vor allem die Küstenwache an, welche Fischer, die Menschen retteten, behinderten. Für eine Rettungsaktion in 500m Entfernung zur Küste, brauchte es schließlich 45 Minuten bis man sie aufs Wasser ließ und sie bei der Unglückstelle eintrafen. Von der EU-Grenzschutzagentur Frontex ganz zu schweigen. Diese sind zwar auf offenem Meer immer in Aktion, wenn es darum geht, Flüchtlingsboote aufzubringen (stoppen und entern) und ihnen Wasser und Hilfe zu verweigern, vor Lampedusa waren sie und ihre Hightech-Ausrüstungen nicht einmal vor Ort. Nach eigenen (! ) Angaben gibt es jedes Jahr 5 bis 10 Fälle, bei denen Boote in internationalen Gewässern illegal zurückgeschickt werden. Die Dunkelziffer ist nur zu erahnen.

 In Deutschland hat Innenminister Friedrich das Problem freilich sofort erkannt: „Fest steht, dass wir noch stärker die Netzwerke organisierter und ausbeuterischer Schleusungskriminalität bekämpfen müssen“, sagte der CSU-Politiker der „Welt am Sonntag“. Dass Tausende Menschen vor Armut, Bürgerkrieg und politischer, ethnischer oder sexueller Verfolgung fliehen, interessiert also nicht. Dass die BRD nur 1,5 % aller Asylanträge zustimmt, fällt genauso unter den Tisch. Sind die Flüchtlinge aber bis nach Deutschland gekommen, erwartet sie so einiges. Seien es rassistische Angriffe, wie in München oder Berlin Marzahn-Hellersdorf, Verweigerung von Notunterkünften, wie in Hamburg und rassistische Gesetze jeglicher Couleur, sei es die Residenzpflicht, die es Asylbewerbern verbietet ihren Landkreis zu verlassen, Polizeirepression durch ständige Kontrollen von Menschen anderer Hautfarbe rund um Asylheime und Quartiere. Viele Menschen- und Bürgerrechte gelten für Geduldete und AsylbewerberInnen erst gar nicht, z.B. das Recht auf Arbeit oder das passive, wie aktive Wahlrecht.

Die Grundlage für die EU-Grenzpolitik ist das Schengener Abkommen, dass 1995 in Kraft trat, damit wurden die inneren Grenzen aufgehoben, gleichzeitig regelt es die Asyl- und Einwanderungspolitik der beigetretenen Länder. Der Auftrag von Frontex lautet, die Mitgliedsstaaten darin zu unterstützen, die Schengen-Außengrenzen vor „illegalen Aktivitäten“ wie Schlepperei, Drogenhandel oder illegaler Migration zu schützen. Dafür stellen Kommission, EU-Parlament und die Mitgliedstaaten der Agentur mehrere Millionen Euro jährlich zur Verfügung, aktuell sind es ca. 88 Millionen Euro. Seither wird der Kampf gegen Flüchtlinge mit immer perverseren Mitteln geführt, Herzschlagdetektoren, LKW- und Schiffs-Röntgengeräte und Atemluftscanner sind in Ländern wie Frankreich, Italien oder Spanien Teil der Standardausrüstung.

Neben dem Schengener Abkommen sorgt vor allem die Dublin II-Verordnung für soziale Ungerechtigkeit. So ist dadurch geregelt, dass sich alle Länder zwar an der Migrationsbekämpfung beteiligen, die Möglichkeit für einen Asylantrag ist aber nur im Einreiseland möglich. Die meisten Abschiebungen in Deutschland gehen daher nicht zurück in das jeweilige Ursprungsland des Flüchtlings, sondern jede 5. Abschiebung geht nach Italien. Dort, und in anderen Grenzländern der EU landen sie dann in völlig menschenunwürdigen Unterkünften, bzw. Zeltstädten, die viel zu klein sind, meist gibt es nicht einmal sauberes Wasser. Es ist kein Einzelfall, dass Lager, die für 200 Menschen ausgelegt sind von 1000 oder mehr bewohnt werden. Die Lage hat sich in den letzten Jahren so dramatisch verschlechtert, dass selbst deutsche Richter die Abschiebung nach Italien, im speziellen Süditalien, vereinzelt verhindert haben. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sagte, nach Auswertung aller vorliegender Erkenntnisse ergebe sich das Bild, „dass Italien trotz vorhandener Mängel und einzelner Missstände über ein funktionierendes Asylverfahren gemäß den Standards der Europäischen Union verfügt“. Es gebe daher keinen Grund, die bisherige Rückführungspraxis zu ändern.

 ALL REFUGEES ARE WELCOME!

Bei allem Respekt für die RichterInnen, die sich vereinzelt über geltendes Recht hinweggesetzt haben, verbessert sich so die Situation leider für nicht einmal ein Dutzend Flüchtlinge und für die auch nur marginal. Deutsche Asylbewerberheime sind meist abgelegen von Innenstadt und Nahverkehr oder auch in Schulen, die z.B. aufgrund wegen Asbestverseuchung schließen mussten, aber für Flüchtlinge, so ist sich unser Innenminister Friedrich sicher, reicht das vollkommen aus.

Also ist es mal wieder an uns, an den RevolutionärInnen, den Jugendlichen und allen Menschen, die sich mit Flüchtlingen und Verfolgten solidarisieren, auf die Straße zu gehen, mit ihnen für unsere Rechte zu kämpfen und den staatlichen Rassismus zu bekämpfen, wo es nur geht.

Kampf dem Rassismus!

Volle StaatsbürgerInnenrechte für alle, die in Deutschland leben!

Weg mit den Beschränkungen durch Schengen und Dublin II, für offene Grenzen!

Volles Asylrecht für alle Flüchtlinge! Für das Recht der Verwendung der Muttersprache v.a. bei Ämtern, Behörden und Verträgen!Für mehrsprachige Kitas und Schulen durch die Einstellung migrantischer LehrerInnen und ErzieherInnen!

Kostenloser Deutschunterricht für alle MigrantInnen! Für den Kampf gegen Diskriminierung, ob bei der Wohnungssuche, in Gewerkschaften und für die Kontrolle des Asylrechts durch MigrantInnenausschüsse und ArbeiterInnenorganisationen!

Hans Peter Friedrich und Co. nach Süditalien abschieben (entspricht ja EU-Standards)!

Ein Artikel von Carl Marks, REVO Freiburg




„Nationaler Dialog“ auf dem Rücken der Revolution

In Tunesien ist immer was los – nach dem Sturz Ben Alis 2011 und den darauffolgenden Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung kam es immer wieder zu großen Streiks und Demonstrationen – die Mehrheit davon richtete sich gegen die islamistische Regierungspartei Ennahda. Sie bekam bei der Wahl 2011 die meisten Stimmen und stellte somit die Leitung der Versammlung. Jedoch ist sie dem Auftrag der Tunesier*innen, eine neue Verfassung zu entwerfen und Neuwahlen zu organisieren bis jetzt nicht nachgekommen. Die wirtschaftliche Lage des Landes wird immer schlechter, besonders für die Armen werden grundlegende Lebensmittel immer schwerer erschwinglich – zudem steigt der islamistische Terror auf Linke und Oppositionelle, was in den vergangenen Monaten die Massen immer wieder spontan auf die Straße brachte, so im Februar, als Chokri Belaid ermordet wurde, aber auch als Mohammed Brahmi im Juli diesen Jahres vor seiner Haustür auf dieselbe Art und Weise umkam – von bewaffneten Männern auf einem Motorrad erschossen. Beide Male wurde Ennahda von der Öffentlichkeit als verantwortlich erklärt. Wohl um massiveren Druck von der Straße und größere Proteste zu verhindern, einigten sich die hohen Herren der Regierung und Opposition nach monatelangen Verhandlungen nun auf einen „nationaler Dialog“ – unter Einbeziehung aller politischen Lager. Der Fahrplan, der ausgehandelt wurde beinhaltet das Einsetzen einer Technokraten-Regierung, die Fertigstellung eines Verfassungsentwurfs nach einer 4-wöchigen Frist, die Ausarbeitung des Wahlrechts und das Einsetzen einer Wahlkommission.

Der nationale Dialog

Am 25. Oktober gab der Gewerkschaftsverband UGTT bekannt, dass der lange angekündigte „nationale Dialog“ unter seiner Vermittlung begonnen habe. Ministerpräsident Ali Larayedh hat versprochen, drei Wochen später zurückzutreten. Was sich für manche nach einer netten, friedlichen Lösung anhört, kann nichts Gutes bringen – zumindest nicht für die tunesischen Arbeiter*innen. Ein „nationaler Dialog“, der alle politischen und wirtschaftlichen Kräfte der „Nation“ einbezieht, bedeutet die Interessen des Proletariats denen der Bourgeoisie unter zu ordnen. Es wäre eine Illusion zu glauben, dass es ein gemeinsames Interesse aller Tunesier*innen gäbe und ein nationaler Dialog für alle Verbesserungen beinhalte – wie sollen denn Kapitalist*innen dasselbe wollen wie Arbeiter*innen? Und wie lässt sich die Politik der islamistischen Reaktionären mit der der Säkularen vereinbaren? Leider sind die tunesischen Massenparteien, die die Mehrheit der Arbeiter*innen organisieren, eben keine Kampfinstrumente dieser – die UGTT, der größte Gewerkschaftsdachverband, der eine tragende Rolle inden Verhandlungen spielt, sowie die „Arbeiterpartei“ sind reformistische Kräfte, die im Großen und Ganzen bürgerliche Politik mit sozialem Anstrich betreiben. Im Quartett, das sich um die Ernennung einer „neutralen Person“ zur Durchführung des Fahrplans kümmert, sitzen die UGTT, der Arbeitgeberverband UTICA, die Menschenrechtsliga und die Anwaltskammer. Ein bunter Haufen voller Klasseninteressen. Doch genauso wenig wie das Proletariat Hoffnungen in diesen nationalen Dialog setzen sollte, darf es auch keine Illusionen in die kommenden Wahlen haben – selbst die bürgerliche Demokratie (nach „europäischem Vorbild“), welche das halbkoloniale Land noch nie erleben durfte, ist immer noch eine Herrschaftsform der Bourgeoisie, jener, die die Produktionsmittel in den Händen halten – eine Diktatur also gegen die Lohnabhängigen, gegen Arbeitslose, Jugendliche, Frauen und die arme Landbevölkerung.

Kurzum: Die Krise in Tunesien rührt aus tiefen sozialen Widersprüchen in einem halbkolonialen und kapitalistischen Land her und kann nicht einfach beendet werden, indem sich einfach alle an einen Tisch setzen und mal miteinander reden. Die ursächlichen Probleme der Revolution sind nicht gelöst – Jugendarbeitslosigkeit, Polizeirepression, Armut, Verelendung der Massen, die hohe Inflation usw. Doch darum soll es in dem Dialog gar nicht gehen. Man muss also kein Hellseher sein, um das Ergebnis des „nationalen Dialogs“ vorwegzunehmen: die Interessen der Massen werden sich unter die „nationalen Interessen“ unterordnen, und das sind die Interessen der nationalen Bourgeoisie, der Staatsbürokratie und der imperialistischen Verbündeten. Es stellt sich nur die Frage, warum sich auch die mächtige UGTT in den Versöhnungskurs mit Ennahda einreiht, die eigentlich niemand mehr haben möchte.

Die UGTT-Gewerkschaften haben insgesamt etwa 700.000 Mitglieder – gemessen an der Einwohnerzahl Tunesiens von etwa 10 Mio. und am niedrigen Industrialisierungsniveau eine sehr hohe Zahl. Sie hat eine lange Tradition als politisch kämpfende Gewerkschaftsbewegung – unter der französischen Besatzungsmacht ebenso wie unter dem Regime von Habib Bourgiba von 1956 bis 1987. Gleichzeitig waren aber Führende Gewerkschafter*innen mit dem bürgerlichen Staatsapparat verbunden, und besonders unter Ben Ali wurde die UGTT für die Regierung zum Instrument, um die Arbeiter*innenklasse politisch zu kontrollieren. Das konnte aber nicht verhindern, dass regionale Gewerkschaften gegen diese Kontrolle rebellierten, wie 2008 die Rebellion in Gafsa zeigte. 2011 hat die UGTT erst sehr spät die Proteste gegen Ben Ali unterstützt, als bereits absehbar war, dass er stürzen wird – und hat selbst dann noch die letzten verzweifelten Versuche unterstützt, das Regime mit einer „Übergangsregierung“ von Ben Alis Anhängern zu retten, in der 3 UGTT-Vertreter u.a. als Arbeitsminister vertreten waren.

Die Führer*innen der UGTT vertreten nicht die Interessen der Arbeiter*innenklasse, zu oft hat sie diese in ihrem Kampf verraten und an die Regierung oder die Bourgeoisie verkauft und obwohl sie Massendemonstrationen organisierte, doch nie konsequent den Kampf weitergeführt, sondern schlussendlich nur die Arbeiter*innen demobilisiert und deren unabhängige Organisation verhindert. Auch jetzt arbeitet sie für eine Klassenkollaboration, die das Proletariat ruhig stellen, verstärkte Proteste verhindern und das „Nationalbewusstsein“ stärken soll.

Kampf gegen Islamismus

Auch wenn Ennahda einen großen Teil ihrer Anhänger*innenschaft mittlerweile verloren hat, ist das noch nicht das „Ende des Islamismus“ in Tunesien. Seit dem Sturz Ben Alis hat der islamistische Terror massiv zugenommen. Anschläge auf Gewerkschaften, Frauenorganisationen, sowie Linke und Oppositionelle wurden besonders durch die „Liga zur Verteidigung der Revolution“ zu einer tagtäglichen Bedrohung. Diese, aus den in der Revolution entstandenen Nachbarschaftsmilizen hervorgegangenen, militärischen Einheiten stehen Ennahda nahe und sind für einige reaktionäre Attacken verantwortlich, viele Tunesier*innen sehen in ihnen auch die Verantwortlichen für die Morde an Chokri und Brahmi. Auch liefern sich seit einiger Zeit islamistische Rebellengruppen besonders an den Grenzen zu Algerien und Libyen Scharmützel mit dem Militär, wobei immer wieder Soldaten ums Leben kommen. Vor Kurzem gab es sogar einen Selbstmordanschlag, vermutlich durch einen Anhänger der Ansar Al-Scharia (eine der Al-Qaida nahen Terrororganisation) in dem Urlaubsort Sousse und kurz darauf einen gerade noch verhinderten Anschlag in Monastir vor dem Mausoleum Bourgibas. Der reaktionäre Terror wird immer mehr zu einer Bedrohung für die Zivilbevölkerung, aber besonders auch für fortschrittliche Kräfte. Der tunesische Staat muss hilflos zusehen, wie die Wut über den mangelnden Schutz der Bevölkerung mit jedem Anschlag steigt.

Doch der bürgerliche Staat war noch nie und wird niemals ein geeignetes Mittel darstellen um den Islamismus zu unterdrücken oder gar zu zerschlagen. Die Geschichte Nordafrikas und des Nahen Ostens hat uns gezeigt, dass auch ein noch so „weltliches“ bzw. “westliches“ oder mit dem Imperialismus kooperierendes Regime, das islamistische Organisationen radikal unterdrückte und ihre Führungsmitglieder massenhaft verhaften ließ, es doch nie schaffte ihren Einfluss zu brechen, sondern zum Teil genau das Gegenteil erreichte: den Widerstand gegen das Regime anzuführen oder zumindest ein wichtiges Element dessen zu sein. Gleichzeitig bedeuteten diese Verbote islamistischer Kräfte auch immer Verbote fortschrittlicher Kräfte, vor allem revolutionärer und linker Parteien. Und genauso kann der bürgerliche Staat einen Kampf gegen den Islamismus auf einen Kampf gegen den Kommunismus umlegen und Demonstrationen der Arbeiter*innen und Revolutionär*innen mit derselben Legitimation niederschlagen. Stattdessen müssen es die Betroffenen sein, die am meisten unter dem Terror der Reaktion zu leiden haben –Arbeiter*innen und fortschrittliche Organisationen von Frauen_ und Homosexuellen. Die bürgerlichen Parteien und der Staat können noch so radikale Worte gegen die Reaktion fallen lassen, sie haben weder die Macht noch das wirtschaftliche Interesse die Organisierung der Rechten und Faschist*innen tatsächlich zu zerschlagen. Der reaktionären Ideologie muss auch der Nährboden in der armen Bevölkerung entzogen werden, denn sie sind nicht die Erlöser ihres Elends, ihr Ziel ist es, einen religiösen Staat zu errichten, in dem ihre Moralvorstellungen Gesetz sind und die herrschende Ordnung zu sichern. Die Befreiung der Arbeiter*innen und Unterdrückten kann nur das Werk ihrer selbst sein. Genauso muss der Kampf gegen Islamismus letztendlich ein proletarischer sein – der Sozialismus ist der größte Feind der Reaktion, weil er der bürgerlichen Ideologie, egal ob reaktionär oder liberal, das Wasser abgräbt und die arme Bevölkerung unter einem Banner vereint, unabhängig von Religion, Geschlecht oder Herkunft.

Keine Neuwahlen und kein nationaler Dialog können also die politische Farce in Tunesien beenden. Die bürgerliche Demokratie hat keine Antworten auf die politische und wirtschaftliche Krise. Das Land wird vom Islamismus und der imperialistischen Ausbeutung immer mehr zugrunde gerichtet und die Betroffenen sind die Arbeiter*innen, die immer weiter wachsende Armee der Arbeitslosen, die Jugend, die Frauen, die gegen politische und soziale Unterdrückung und Polizeigewalt kämpfen. Die Bürgerlichen haben lange genug geredet und falsche Versprechungen gemacht, es ist an der Zeit ihnen eine proletarische Partei entgegen zu stellen, die die Interessen der Arbeiter*innen konsequent vertritt – eine Partei, die die fortschrittlichsten Teile der Arbeiter*innenbewegung vereint. Die Revolution die 2011 begonnen hatte muss vollendet werden, sie muss das System tatsächlich radikal verändern und die Herrschaft des Kapitals stürzen.

Dazu bedarf es einer Organisierung der Arbeiter*innen und der Jugend in den Betrieben und Stadtteilen, sowie der armen Landbevölkerung, in Räten – um geeint agieren zu können, um einen Generalstreik zu organisieren und selbst zu entscheiden wie lange gestreikt wird um Forderungen durch zu setzen. Eine auf diese Massenbasis gestützte Regierung muss die dringendsten Probleme der armen Bevölkerung bekämpfen – ein Programm gegen Armut muss umgesetzt werden – Beschäftigung der Arbeitslosen für einen fairen Lohn, Einführung eines Mindestlohns und Enteignung der Großgrundbesitzer*innen und Kapitalist*innen, Besteuerung der Reichen – jede*r in Tunesien muss sich ein gutes Leben leisten können, Schluss mit der Bereicherung einzelner, Schluss mit Hungerlöhnen! Außerdem muss sich eine Regierung um die Versäumnisse der angebrochenen Revolution von 2011 kümmern: Schluss mit Polizeigewalt und Repression gegen Aktivist*innen und Arbeiter*innen – die Polizei und das Militär des alten Regimes müssen zerschlagen werden und durch demokratische Milizen der Arbeiter*innen und armen Massen ersetzt werden. Nur diese können auch die islamistischen Banden tatsächlich zerschlagen, die genauso konterrevolutionär und antiproletarisch sind! Die Generäle und Folterknechte in den Gefängnissen sowie alle Hintermänner und die islamistischen Terrorist*innen, die Mörder Belaids und Brahmis, die korrupten Richter sollen mit ihren Verbrechen nicht davon kommen, sie müssen vor ein von den Massen gewähltes Tribunal gestellt und demokratisch verurteilt werden! Verstaatlichung aller Unternehmen unter Arbeiter*innenkontrolle, egal ob tunesisch oder US-amerikanisch oder europäisch. Die Fabriken denen, die darin arbeiten und das Land denen, die es bewirtschaften.

Ein Artikel von Ilona Szemethy, REVOLUTION Wien




Ägypten: Für ein revolutionäres Programm der Arbeiter, der Jugend und der Unterdrückten!

Am 15.Dezember fand der erste Durchgang der Volksabstimmung statt. Das Resultat wurde kurz nach Ende des zweiten Durchgangs am 22.Dezember veröffentlicht: 64% stimmten für die neue Verfassung, die in ihrem islamistischen Charakter reaktionär ist. Die Sharia sei die Grundlage der Gesetzgebung, Frauenrechte werden explizit nicht genannt, religiöse Minderheiten werden unterdrückt und die Macht liegt unverändert in den Händen des Militärapparates. Der Staat soll die ethischen Werte, die Moral und Recht und Ordnung waren, gibt sich jedoch selbst einen großen Spielraum, seine Machtbefugnisse zu interpretieren. Das Referendum ist eine Vorankündung des Sieges der Konterrevolution. Es bedeutet einen Rückschlag für die Opposition und eine Stärkung des neuen – doch in Wahrheit alten – Regimes der Muslimbruderschaft.

 

Im Kampf um die neue Verfassung gab Präsident Mursi sich selbst die Macht darüber, dass die Entscheidung nicht vom Gericht angefochten werden könne, und erklärte dies als Notwendigkeit zur Sicherheit der Revolution. Er sieht sich im Kampf gegen Teile des Staatsapparat des alten Mubarak-Regimes, welches immer noch die Judikative kontrolliert. Das erklärt auch, warum nur drei Repräsentanten des alten Regimes im Zuge der Revolution angeklagt wurden. Seine Angst davor, das Gericht könnte die gesetzgebende Versammlung auflösen, veranlasste ihn dazu, sich selbst immer stärker zu bemächtigen und das Referendum im Eilverfahren durchzupeitschen.

Dies verursachte große Proteste gegen die Selbstermächtigung des Präsidenten und gegen die Abstimmung über die Verfassung. Zwar erheben sowohl bürgerliche Kräfte wie die Liberalen und sogar die offen reaktionären Kräfte wie die Unterstützuer des alten Regimes ihre Stimmen, die sozialen Wurzeln der Bewegung lagen jedoch woanders. Die oppositionelle Allianz, wo auch kleinere sozialistische Kräfte involviert waren, und die radikale Jugend lösten Massendemonstrationen aus, die zu einer politischen Krise führten, in der die Muslimbruderschaft und die Salafisten ihren waren reaktionären Charakter enthüllten. Diese massiven Proteste zwangen Mursi seine diktatorischen Befugnisse auszugeben, nicht jedoch die Abstimmung und die Verfassung.

Während der Proteste kam es zu vielen Zusammenstößen zwischen den oppositionellen Demonstranten und den Unterstützern Mursis. Teile der Muslimbruderschaft und der Salafisten begannen die Demonstrantionen anzugreifen, was zum Tod von 5 Menschen und 700 Verletzten führte. Als eine Reaktion auf diese Attacken der Islamisten setzten radikale Jugendliche ein Büro der Muslimbruderschaft in Brand. Präsidenten Mursi gab daraufhin dem Militär die Erlaubnis, Personen festzunehmen und stationierte Panzer und Soldaten nahe dem Präsidentenpalast. Obwohl das Militär behauptete, nicht in die Proteste einzugreifen, war es klar, dass sie die Demonstranten einschüchtern sollten und natürlich jederzeit für eine Intervention im Notfall bereit standen.

Der progressivste und militanteste Teil der Bewegung ist die Jugend, die zu großen Teilen zu linken und anarchistischen Positionen tendieren. Das ist kein Zufall, denn die Jugend in Ägypten leidet am meisten unter der Wirtschaftskrise. Bis heute sind etwa 75 Prozent der Jugendliche zwischen 15 und 28 Jahren arbeitslos. Den größten Einfluss der Jugend trägt wohl die Bewegung des 6.Aprils, die eine große Kraft für Mobilisierungen bot. Trotzdem bezeichnet sich die Bewegung selbst nicht als Partei und kann die radikalsten Jugendlichen nicht mit einer revolutionären Perspektive an sich binden. Die Jugend muss jedoch dazu bereit sein, ihren Kampf mit dem von anderen sozialen Gruppen zu verbinden, allen voran mit der organisierten Arbeiterklasse, die als einzige Gruppe der Gesellschaft die Macht hat, die Regierung und die Unternehmen unter Druck zu setzen durch einen Streik, und die als einzige die Form der Produktion und damit die ganze Gesellschaft neu organisieren kann. Deshalb braucht es eine unabhängige Organisation der Jugend, aber auf einem klaren und revolutionären Programm, welches die Arbeiterklasse leitet.

Die Arbeiterklasse leidet ebenso wie die Jugendlichen, die Frauen oder die Migranten am stärksten unter der kapitalistischen Krise und dem reaktionären Regime. Die soziale und politische Krise spitzt sich mit einer immer größer werden Lücke zwischen Arm und Reich zu. Die Wirtschaft liegt brach unter fehlenden Einkommen durch ausländische Investoren und den ausbleibenden Tourismus. Präsident Mursi musste einen Kreditantrag an den IWF in Höhe von 4,8 Milliarden Dollar stellen, welcher normalerweise mit Kürzungen verbunden ist, insbesondere bei Energiesubventionen, Anhebung der Mehrwertsteuer und einer höheren Besteuerung des Einkommens. Obwohl der Präsident auf eine Erhöhung der Steuern kurz vor dem Referendum verzichten wollte, was dem IWF missfiel, muss man dies als eine Taktik in Bezug auf die Volksabstimmung sehen. Der Kredit und die damit verbunden Kürzungen werden im nächsten Jahr kommen und das Leben vieler Arbeiter, Bauern und der Armen in Ägypten ruinieren.. Die Arbeiterklasse und die Gewerkschaften müssen den Kampf gegen diese Kürzungen aufnehmen, ebenso wie dem Kampf gegen die Regierung und die Muslimbruderschaft. Diese versucht die Gewerkschaften auf undemokratische Weise unter ihre Kontrolle zu bringen, in dem sie deren Führungspositionen mit Leuten besetzt, die vom Arbeitsminister für Führungspositionen vorgeschlagen werden. Auch hat die Regierung unter Führung der Muslimbruderschaft ein Gesetz zur Freiheit der Gewerkschaften verabschiedet. Mursis Versuche, die Gewerkschaften unter seine Kontrolle zu bringen und zu schwächen sind die Vorbereitung für einen großen Schlag gegen die Arbeiterklasse. Das ist der Grund, warum der Kampf der Arbeiterklasse und der Gewerkschaften auch ein Kampf gegen die Muslimbruderschaft und die Verfassung sein muss.

Die verfassungsgebende Versammlung wird von der Muslimbruderschaft und den Salafisten dominiert und repräsentiert nicht das Volk. Sie wurde vom Parlament fast ohne Diskussion um das Wahlverfahren und ohne ein Minimum an Frauen oder Repräsentanten religiöser Minderheiten gewählt und wurde deshalb von vielen Liberalen boykottiert. Zudem berichtete die Jugendbewegung 6. April, dass Wahllokale zu spät öffneten und die Muslimbrüder Wähler bedrängte. Die Bewegung schickte Mitglieder in verschiedene Städte, um die Abstimmung zu beobachten. In Damietta boten Islamisten den Wählern Geld dafür, wenn sie für die Verfassung stimmten, in der Provinz Menufija musste ein Richter seine Wahlhelfer entlassen, weil er versuchte die Wähler von der Verfassung zu überzeugen. Auch Priester in Moscheen riefen zur Abstimmung für die Verfassung auf. Trotzdem behaupten die Muslimbruderschaft und die Salafisten weiterhin, die Verfassung vertrete den Willen des Volkes, und zwar auch bei einer Wahlbeteiligung von lediglich 32 Prozent.

Eine repräsentative Verfassung muss eine Verfassung der Massen der Arbeiter, der Bauern und der Jugend sein. Es muss eine gesetzgebende Versammlung geben, die von demokratischen Räten in den Bezirken, den Städten und an den Arbeitsplätzen gewählt wird, wobei diese Delegierten jederzeit wähl- und abwählbar sind. Diese Räte müssen die Versammlung kontrollieren und eine Macht bilden, die den bürokratischen Staatsapparat herausfordern kann. Diese Räte müssen sich Selbstverteidigungsorgane schaffen und Arbeiter- und Bauernmilizen gründen. Das ist der einzige Weg, eine Verfassung im Sinne der Massen zu garantieren.

Aber das ist noch nicht genug. Eine neue, revolutionäre Verfassung kann sich nicht selbst auf eine demokratische beschränken, solange sie es anstrebt, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern, so lange sie Ausbeutung, Unterdrückung und die Existenz der Kapitalistenklasse beenden will. Die Kapitalisten werden jede demokratische Reform bekämpfen, mit allen Mitteln, sobald sie zu einer Gefahr für ihre Herrschaft und ihren Profit werden könnte. Die Revolution muss nun also eine Schritt weiter gehen, demokratische Räte aufbauen und eine Doppelmachtstruktur entwickeln. Sie muss sich selbst bewaffnen, sie muss die Macht übernehmen und sie in den Räten der Arbeiter, Bauern, Jugendlichen und der Armen ausbauen. Sie muss eine revolutionäre Verfassung beschließen, die die Kapitalisten und die Grundherren entmachtet und im gleichen Zug die wichtigen Unternehmen und Fabriken unter Arbeiterkontrolle verstaatlicht. Das wäre der Schritt zu einer sozialistischen Gesellschaft in Gerechtigkeit, Freiheit und Gleichheit. Dies fordert den Aufbau einer Arbeiterpartei auf Grundlage eines revolutionären, kommunistischen Programms, das für die Herrschaft der Massen und für eine sozialistische Verfassung durch die Doppelmacht kämpft. Im Augenblick werden die Parlamentswahlen nach der angenommenen Verfassung eine wichtiger Prozess voller politischer Konflikte sein und die optimale Möglichkeit bieten, eine eben solche Partei zu gründen!

Eine Resolutionn der Internationalen Revolution Leitung ( Revolution International Council)




Ägypten: Die Permanente Revolution vorantreiben

Seit Donnerstag den 22. November gibt es wieder Massenproteste in Ägypten, welche das Ausmaß der Revolution von 2011 besitzen. Sie richten sich gegen den vor 5 Monaten gewählten Präsidenten Mohammed Mursi. Dieser hatte an jenem Tag ein Dekret erlassen, welches ihn, sowie die verfassungsgebende Versammlung für die Justiz und das Parlament unantastbar macht. Die militanten Jugendlichen auf der Straße sehen darin den direkten Versuch eine präsidiale Diktatur aufzubauen, die der von Mubarak in nichts nach steht und fordern überall im Land den Sturz von Mursi.

Massendemonstration auf dem Tahrir Platz

Die Massenbewegung greift allerdings nicht nur Mursi sondern auch die hinter ihm stehende Muslimbruderschaft an. Diese kontrolliert momentan die verfassungsgebende Versammlung und versucht dort eine Verfassung durchzubringen, die Ägypten zu einem islamistischen Staat mit weitreichenden Repressionsmöglichkeiten machen würde. Ihren reaktionären Charackter zeigt die Muslimbruderschaft nicht nur in bürokratischer Manier innerhalb von Staatsgremien sondern auch aktiv auf der Straße. So kam es in den letzten Tagen zu mehreren Attacken auf Anti-Mursi Demonstrationen, welche blutig endeten. Die Reaktion der revolutionären ägyptischen Jugend darauf waren Angriffe auf Büros der Muslimbruderschaft.

Welche Macht die Demonstrationen und Platzbesetzungen der letzten Tage haben, zeigte sich am Samstag den 8. Dezember. Am Abend dieses Tages sah sich Mursi gezwungen seine Dekrete zur Machtausweitung zurück zunehmen um sein Amt nicht zu gefährden. Die Antwort der Opposition ist richtig. Sie gehen nicht auf die Versöhnungsangebote der Regierung ein, sondern wollen den Kampf fortsetzen, wenn auch mit geteilten Zielen. Die gemäßigte bürgerliche Opposition will weiter Widerstand leisten, bis die Volksabstimmung über die islamistische Verfassung verschoben wird, die radikalen Jugendlichen wollen Mursis endgültigen Sturz, sowie weitreichende demokratische und soziale Veränderungen. So kam es auch nach der Zurücknahme der Dekrete unter anderem Kairo, Alexandia und Gizeh zu Massendemonstrationen.

Die ägyptischen Unterdrückten haben seit der Revolution gegen Mubarak die Erfahrung gemacht, dass es nicht ausreicht den Kopf eines grundlegend falschen Systems auszutauschen um sich zu befreien. Nein viele von ihnen wissen, dass das System gestürzt werden muss um eine wirkliche Veränderung herbeizuführen. Das Problem liegt eher darin, dass die meisten aber nicht wissen wie das System zu stürzen ist oder bzw. was danach kommen soll. Trotzdem sind erste Ansätze in diese Richtung zu erkennen, so verbinden sich Teile der demokratischen Bewegung, mit den gewerkschaftlichen Kämpfen der Textilindustrie am Nil. Dies hat eine besondere Bedeutung, nicht nur weil sie so deren Kampf zu ihrem machen und ihren gemeinsamen Feind immer deutlicher erkennen, sondern auch weil so aus der bloßen demokratischen Frage eine soziale wird.

Ziel der Revolutionäre muss es sein, den Kampf weiter zu treiben und zuzuspitzen. Aus der demokratischen Bewegung muss eine Bewegung werden, die die Grundlage für ihre Probleme in der kapitalistischen Unterdrückung und der imperialistischen Ausbeutung sieht und dagegen kämpft. Neben Demonstrationen und Platzbesetzungen muss ein wichtiges Mittel im kampf für diese Ziele der politische Streik und letztlich Generalstreik werden. Hierfür müssen die militanten Arbeiter_innen der ägyptischen Gewerkschaften gewonnen werden. Nur durch einen politischen Generalstreik können die Kräfte die hinter Mursi stehen,  angegriffen und unter Druck gesetzt werden. Denn egal ob Imperialisten, Textilfabrik-Besitzer oder Militär Generäle, sie sind alle Teil der herrschenden Klasse und speisen ihre Macht aus dem Privateigentum an Produktionsmitteln.

Doch letztlich kann die sozialistische Revolution nur gelingen, wenn es den zersplitterten linken Kräften in Ägypten gelingt gemeinsam eine sozialistische Arbeiterpartei aufzubauen die gestützt auf eine kämpferische Massenbasis für ein Programm der Permanenten Revolution kämpft und die Forderungen der Bewegung umsetzt.

Ein Artikel von David Pfeifer, REVOLUTION Stuttgart