Ukraine: Weder Berlin noch Moskau, sondern proletarischer Internationalismus!

Im letzten Monat hielten Tausende den Unabhängigkeitsplatz der ukrainischen Hauptstadt Kiew besetzt. Ihre Proteste wurden durch Präsident Viktor Janukowitschs Entscheidung ausgelöst, die Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union auszusetzen.

Es war durchgesickert, dass die EU bei diesen Verhandlungen neoliberale Reformen verlangt hatte, wie aktuell für Griechenland oder wie sie 1992 Russland in Form von Jelzins Schocktherapie betroffen hatten.

Die Auswirkungen in Form von Massenarbeitslosigkeit, Inflation und drastischen Kürzungen von Sozialleistungen hätten v.a. den Ostteil der Ukraine bedroht, in dem überwiegend russisch gesprochen wird. Dort befand sich auch ein Zentrum der Schwerindustrie der früheren Sowjetunion. Das ist das Kerngebiet für Janukowitschs Einfluss und dessen Flügel der Kapitalistenklasse, der sich aus vormaligen Partei- und Staatsbürokraten zusammensetzt und durch Privatisierung von Betrieben reich wurde. Sie könnten jedoch der Konkurrenz aus dem Westen ungeschützt kaum standhalten.

Der konkurrierende Flügel der herrschenden Klasse, der im ukrainisch sprechenden West- und Mittelteil sitzt, will den Großteil dieser Industrie, den er den „Rostgürtel“ nennt, verschrotten. Stattdessen erhoffen sie sich eine Funktion als lokale Vermittler von billigen ukrainischen Arbeitskräften, wenn deutsches Kapital ins Land strömen würde.

Auch Janukowitsch würde gern westliches Kapital ins Land holen, er war bereits in großen Zügen auf die EU-Bedingungen eingegangen und hat auch jetzt einen Vertragsabschluss noch nicht ganz ausgeschlossen. Aber er möchte die bittere EU-Pille versüßen und es sich zugleich nicht mit dem starken Nachbarn Russland verderben.

Eine komplette Wendung nach Westen würde Janukowitschs wirtschaftliche und Wählergrundlage untergraben. Sie würde auch eine Reaktion Russlands provozieren, was die Energieversorgung der Ukraine empfindlich träfe. Das Land steht bei Russland durch dessen Öl- und Gasversorgung in der Kreide. Präsident Putin könnte ihnen also buchstäblich das Licht ausknipsen. Aber auch der Westen kann Druckmittel gegen die Ukraine auffahren, denn in diesem Jahr ist die Rückzahlung von 17 Milliarden Schulden fällig.

Zunehmende imperialistische Rivalität

Der inner-unkrainische Zwist überlappt sich mit der zunehmenden imperialistischen Rivalität. Neben den russischen haben auch amtliche chinesische Stellen gegen die Einmischung von USA und EU in der Ukraine protestiert. Diese beiden neuen imperialistischen Mächte sind enger zusammen gerückt durch Washingtons „Achse gegen Asien“ und den deutschen „Drang nach Osten“ im Kampf um Märkte und billige Arbeitskräfte.

Putin hat zweifelsfrei Druck auf Janukowitsch ausgeübt, um ihn auf Distanz zur EU zu bringen. Zudem hat er Überbrückungskredite versprochen. Aber auf wirtschaftlichem Gebiet kann Russland sich nicht mit Deutschland und dessen EU-Partnern messen. Auch Teile der herrschenden Klasse der USA haben sich eingeschaltet und wollen Vergeltung für die durch Russland erlittene Demütigung im Fall von Syrien.

Das Lager der Protestierenden auf dem Unabhängigkeitsplatz wurde vom alten US-republikanischen Schlachtross Senator John McCain besucht. Er sprach auf einer Kundgebung Seite an Seite mit Elmar Brok von der CDU.

Ferner traf er mit Arseni Jazenjuk von der oppositionellen Vaterlandspartei, dem Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko sowie mit Olech Tjachnybok von der offen faschistischen „Freiheitsbewegung“ zusammen, deren Banden die Leninstatue auf dem Unabhängigkeitplatz zerstört haben.

Tjachnybok verbreitet offen antisemitische Erklärungen und sagt, dass die Ukraine von einer „moskowitisch-jüdischen Mafia“ befreit und die 400.000 Juden aus dem Land vertrieben werden müssen. Doch der US-Senator und die EU-Emissäre hatten trotzdem keine Scheu, mit ihm zu dinieren!

Diese Einflussnahme von außen durch Moskau, Berlin und Washington auf die sich gegenüber stehenden Lager in der Ukraine bedroht letztlich die Einheit des Landes, das durchaus entlang sprachlicher und historischer Linien auseinander gerissen werden könnte. Beide Seiten sehen für die Ukraine nichts als die Zukunft eines von ihnen dominierten, halb-kolonialen Satellitenstaates vor, der sich in eine globale Weltordnung als von der einen oder anderen Mächtegruppe dominiertes Land einzuordnen hat. Das kann die inneren Gegensätze nur weiter verschärfen. Nur die Arbeiterklasse kann das Land zusammenhalten, inner-ethnische Konflikte vermeiden und wirkliche Unabhängigkeit – Unabhängigkeit vom Deutschen, EU- und US-Imperialismus wie auch von deren russischen und chinesischen Rivalen – errichten.

Weder die pro-westlichen Parteien noch die pro-östlichen Oligarchen können der Ukraine eine gedeihliche Zukunft garantieren. Die Antwort der Masse der Bevölkerung auf die Manipulationen der EU und aus Moskau sollte eine klare Ablehnung beider sein.

Dringend notwendig ist jetzt und künftig eine unabhängig und geschlossen handelnde Arbeiterklasse über die Landesteile und Sprachgrenzen hinweg, eine militante Verteidigung ihrer Arbeitsplätze und sozialen Errungenschaften und ein entschlossener Aufruf zum Beistand an die westlichen und östlichen Klassengeschwister gleichermaßen.

Brüssel und Moskau: Hände weg von der Ukraine!

Ein Artikel von Dave Stockton, Liga für die Fünfte Internationale




Studentenproteste in Großbritannien: Kick cops off campus!

polizei#1repressionIn Universitätsleitungen wird brutal gegen eine Welle von studentischen Besetzungen vorgegangen. Die Unterdrückung des Rechtes auf Demonstration markiert den Anfang vom Ende im Kampf um die Vermarktung der höheren Bildung.

An vielen Universitäten sollen einstweilige Verfügungen jegliche Protestaktionen verhindern. Widersetzen sich StudentInnen den richterlichen Verfügungen, schlägt die Polizei die Aufmüpfigen nieder – mit Schlagstöcken und Stiefeln. In London wurden StudentInnen an den Haaren gezogen oder attackiert bis Blut floss. Michael Chessum, Vorsitzender der UoL-Union beschreibt die Übergriffe als „mit das Übelste und Brutalste was ich seit langer Zeit auf dem Campus erlebt habe“.

In Sussex wurden fünf Studenten von der Uni verwiesen, weil sie an Protestaktionen gegen Privatisierung und Stellenkürzungen teilgenommen hatten. Die besetzten Büros auf Führungsebene im Senat House in London wurden durch spezielle Polizeieinheiten zwangsgeräumt. Einundvierzig StudentInnen wurden bislang festgenommen. Die Polizei erließ Räumungsbefehle, nach denen sich StudentInnen nicht in Gruppen von mehr als vier Leuten versammeln dürfen, ausgenommen sind Vorlesungen und Seminare.

Die Motivation, die hinter diesen unvorhersehbaren Maßnahmen steckt, ist klar: ein Wiederaufleben der Studentenproteste gegen die Privatisierung der höheren Bildung gefährdet die erhoffte Etablierung von Wissen als marktwirtschaftliches Gut.

Das harte Durchgreifen der Gerichte und Polizei um Studentenproteste zu unterbinden zeigt deutlich, dass der Vizekanzler vom Staat vollste Unterstützung erhält, um die angestrebten Reformen mit allen „notwendigen“ Mitteln durchzuboxen.

Die UniversitätsleiterInnen sind die (maßlos überbezahlten) InteressensvertreterInnen des Kapitals im Sektor der höheren Bildung – und erfüllen die gleiche Funktion wie die LeiterInnen der Akademien und der freien Schulen.

Eine gefährliche Einheit

StudentInnen können sich heutzutage glücklich schätzen, wenn ihnen das Schicksal ihrer Zeitgenossen erspart bleibt – Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe, Mindestlohn ohne gesicherte Arbeitszeit. Gleichzeitig plagen sich viel mit unsicheren Nebenjobs um sich über Wasser zu halten und die Last von Schulden tragen zu können – die letzten Endes in die Taschen der Elite-Universitätsleitung fließen – und trotzdem schwinden ihre Aussichten auf einen gesicherten Arbeitsplatz immer mehr dahin.

Unter diesen Umständen fällt es den Studenten leicht, sich mit den unter bezahlten, gefährlichen und ausgegliederten Arbeitern zu identifizieren, die die Hallen der Residenzen und die Büros der Führungsebenen sauber halten.

Der immense Erfolg der Tres Cosas Kampagne ist Aushängeschild für den Kampf, den Slogan „students and workers unite and fight“ in die Tat umzusetzen und Studierende und Arbeiter zu vereinen. Solidarität, die große Losung von 2010, wurde zur Waffe von 2013.

Diese Verlagerung im Bewusstsein einer kleinen, aber aggressiven Schicht von Studenten – dieselben die schon 2010 an Schulen und Junior-Colleges gegen Polizeikräfte kämpften – ist gleichsam unsere größte Stärke und der Alptraum der Universitätsleitung.

Jagt die Polizei vom Campus

Der massenhafte Widerstand 2010 bewies, dass die Regierung die Auseinandersetzung verloren hatte, selbst wenn sie einen Sieg davon tragen konnte. Die Universitätsleitung musste sich nun auf die Polizei als schlagende Kraft verlassen, welche die Vermarktung der Hochschulbildung weiter vorantreiben konnte.

revolution-block#9englandDie Polizeikräfte kamen nicht auf den Campus um jene zu schützen die dort studieren und arbeiten. Sie kamen als Repräsentant des Kapitals welches von der Privatisierung der Bildung seinen Profit schlagen will.

Der Kampf die Bullen vom Campus zu vertreiben, ist mehr als ein bloßer Ausdruck von Feindseligkeit gegenüber Polizeikräften, welche im Interesse der Universitätsleitung Studenten schikanieren, prügeln und festnehmen lassen. Das Verständnis dafür ist die nötige Voraussetzung für die Mobilisierung von Widerstand gegen die Privatisierung unserer Bildung. Wenn es uns nicht gelingt, einen sicheren Raum für demokratische Strukturen in unseren Hochschulen zu schaffen, wird es uns auch nicht möglich sein die Masse der Studenten zu Mobilisieren.

Aber die Repression welche von der Leitung der Universität losgetreten wurde, kann sehr wohl der Funke sein, welcher eine neue, stärkere und politisch tiefschürfendere Studentenbewegung entfachen kann. Aus Angst davor ziehen die Regierung, Leitung und die Repressionsorgane an einem Strang, um diese Bewegung bereits in ihrem Keim zu ersticken. Eine schnelle und andauernde Gegenwehr der Masse an Studenten, kann diesen Angriff auf unser Recht auf Protest bezwingen.

 

Wir rufen alle StudentInnen dazu auf:

  • Verteidigt das Recht auf Protest: die Anklagen müssen fallen gelassen werden, Beendigung des Demonstrationsverbots auf dem Campus; keine Kriminalisierung der beteiligten Studenten und Angestellten. Alle PolizistInnen die an Attacken gegen StudentInnen beteiligt waren, müssen verurteilt werden.
  • Für die Verteidigung der Bildung: Beteiligt euch an der Week of Action gegen die Privatisierung von Studiendarlehen im Februar.
  • StudentInnen und ArbeiterInnen vereinigt euch: Solidarität mit dem Kampf der Gewerkschaften im Bildungsbereich für angemessene Löhne. Unterstützt die Tres Cosas Campaign und Streik im Januar.
  • Für die Errichtung ein schlagkräftigen Studentenbewegung: Die ‘National Campaign Against Fees and Cuts‘ und die SAAA müssen eine landesweite Versammlung zur Verteidigung der Bildung und zur Zusammenführung aller lokalen Komitees und Netzwerke organisieren, und dadurch die Grundlage für einen koordinierten Widerstand im Jahr 2014 schaffen.

Artikel von KD Tait, Workers Power (England)




Refugee Protest Camp Vienna: Jetzt oder nie!

Seit vor etwas mehr als einem Jahr das Refugee Protest Camp Vienna (RPCV) nach einem Fußmarsch von Traiskirchen aus im Votivpark Zelte aufschlug waren die Kämpfe der Flüchtlinge das bestimmende Thema für revolutionäre Politik in Wien. Während sich die Flüchtlinge durch den Winter quälten, Rechtsradikale die Votivkirche „gegenbesetzten“ und die Bewegung schließlich erst aus der Kirche und dann aus dem Ausweichquartier Servitenkloster vertrieben wurden warf sich immer wieder die Frage auf: Können wir gemeinsam den Kampf gegen Rassismus und Abschiebungen gewinnen? Und trotz regelmäßigem Versagen der „Linken“ bei der Mobilisierung für Aktionen, einer Innenministerin die die Aktivist_innen als „brutale Schlepperbande“ verleumdete und konstanter Medienhetze aus allen Richtungen kämpft die Bewegung noch. Doch nach einem Jahr, vier Quartieren und mindestens 8 Abschiebungen ist klar: Etwas muss sich ändern, damit hier noch gewonnen werden kann.

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Wir von REVOLUTION waren seit der Besetzung der Votivkirche aktiv im und um das Refugee Protest Camp Vienna aktiv, haben zu den Aktionen mobilisert, an einigen Plena teilgenommen und uns an der Verteidigung der Votivkirche gegen die rechtsradikalen „Identitären“ beteiligt. Eine der größten Stärken der Bewegung ist es, dass sie es geschafft hat den wichtigen Kampf von Flüchtlingen gegen staatlichen und alltäglichen Rassismus den meisten politischen Aktivst_innen ins Bewusstsein zu rufen. Größere und kleiner Mobiliserungen, gelungene und weniger gelungene taktische Schritte gegen staatliche Repression und rechte Hetze wurden zum Teil auch von linken Organisationen und Aktivst_innen unterstützt und weitergetragen, die Bewegung selbst machte es Betroffenen und Supporter_innen bis zu einem gewissen Grad möglich, gemeinsam politisch zu arbeiten.

Die Strukturen, die sich herausgebildet haben waren jedoch nicht in jeder Situation ideal: Gerade die langwierigen Plenumssitzungen und manche scheinbar unkoordinierten Aktionen machten es neuen Aktivist_innen und interessierten Supporter_innen schwierig, ihren Platz in der Bewegung oder auf den Aktionen zu finden. Eine demokratischere Form mit gewählten und jederzeit abwählbaren Aktivst_innen, die Aktionen vorbereiten und die Ergebnisse der verschiedenen Arbeitsbereiche und Arbeitsgruppen zusammentragen und die Umsetzung koordinieren wären dringend nötig. So könnte auch Verwaltungsarbeit transparent aufgeteilt werden, die sonst immer an denselben Aktivist_innen hängen bleibt. Wir glauben, dass eine demokratische und klarere Struktur die Kämpfe und Mobilisierungen nur stärken können.

Die erfolgreichen Aktionen der Bewegung haben jedoch vor allem von erfolgreichen Mobilisierungen und gelebter Solidarität gelebt. Das es nicht gelungen ist, diese Menschen dazu zu bewegen das RPCV längerfristig zu unterstützen und wichtige Aktionen wie die Kämpfe gegen die Abschiebungen Anfang August oder die Demonstration in Traiskirchen zum Jahrestag mitzutragen, das ist vor allem die Schuld der linken Organisationen. Auch wenn einige sich ihren Möglichkeiten entsprechend im Protest engagiert haben gelang es nicht, die gemeinsame Mobilisierungskraft und Erfahrungen zusammenzuschließen. Es wäre wichtig, Solidaritätsstrukturen an Schulen, Universitäten und im direkten Umfeld von Aktivist_innen zu schaffen die die Bewegung direkt unterstützen können, ohne direkt Teil davon zu sein. Wir schlagen vor, solche Solidaritätskomitees aufzubauen und mit Informations- und Mobilisierungsmaterial zu unterstützen. Die Vorgehensweise der Komitees könnte durch eine gewählte und abwählbare Delegiertengruppe koordiniert werden. Auch wäre es wichtig, andere fortschrittliche Kämpfe mit der Bewegung der Flüchtlinge zu vernetzen. Vor allem die Strukturen gegen den rechten Akademikerball im Januar („Offensive gegen Rechts“ und „noWKR“) sind hier gefragt, den Schritt auf die Bewegung zu zu machen um Antirassismus und Antifaschismus Hand in Hand gehen zu lassen. Auch in anderen Fällen kann und muss der Kampf gegen Ausgrenzung mit den Auseinandersetzungen beispielsweise an den Schulen und rund um das Lehrer_innendienstrecht verknüpft werden.

Nach dem Erfolg der „Rise Together!“ Konferenz im September müssen wir auch eine Aktionskonferenz zur Perspektive und vor allem zum politischen Programm der Bewegung organisieren. Denn wenn ein Jahr offenen Kampfes eines gezeigt hat, dann dass es sich bei den Ungerechtigkeiten im Asylsystem nicht um „Fehler im System“ handelt sondern um kapitalistische Ausgrenzungsmechanismus. Rassismus, also das Überausbeuten einer Gruppen aufgrund ihrer Herkunft ist ein Spaltungsmechanismus im Kapitalismus, der einem gemeinsamen Widerstand auf zwei Arten entgegenwirkt. Auf der einen Seite werden Unterdrückte verschiedener Herkunft gegeneinander aufgehetzt, um den Widerstand zu schwächen. Und auf der anderen Seite werden die „privilegierten“ Staatsbürger_innen an den Extraprofiten aus der Überausbeutung anderer Länder oder ihrer migrantischen Kolleg_innen minimal beteiligt. Viele der Flüchtlinge, die jetzt an den Grenzen der „Festung Europa“ mit Drohnen und Militärschiffen vertrieben werden sollen oder in den europäischen Ländern unter dem täglichen Rassismus leiden kommen außerdem aus Teilen der Welt, in denen Krieg oder Regimes herrschen. Diese Kriege, wie zum Beispiel in Afghanistan werden aber zum größten Teil zum Vorteil der Länder geführt, die die Flüchtlinge jetzt um ihr Recht zu Bleiben betrügen wollen!

Der Kampf gegen Abschiebungen ist also notwendigerweise ein Kampf gegen das kapitalistische System: Gegen ein System von Ausbeutung, Unterdrückung und Ausgrenzung. Gegen imperialistische Kriege und wirtschaftlich kolonialisierte Länder, gegen Stacheldraht an den Grenzen und gegen staatlichen Rassismus. Diese Mechanismen und wie sie angegriffen werden können muss eine solche Konferenz thematisieren, so wie der Aktivismus der RPCV sie seit seinem Bestehen frontal angreift.

We demand equal rights!

Ein Artikel von REVOLUTION Austria www.onesolutionrevolution.at




Reflektion, Neuordnung, Widerstand – Die Türkei nach dem heißen Sommer

Nach den Ereignissen, die eine unglaubliche Massenbewegung auf die Straße brachten und eine Welle weltweiter Solidarität ausgelöst haben, stellt sich die Frage, wie die Situation der Protestbewegung jetzt aussieht. Millionen von Menschen protestierten von Mai bis August auf den Straßen, um gegen die Bebauung des Gezi-Parks und letztendlich gegen die rigorose Politik der  ultrakonservativen AKP und forderten den Rücktritt des Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan. Doch die Medien interessieren sich wenig für die Einschüchterungskampagne, die Erdogan jetzt gegen seine politischen Gegner fährt.

Aktivisten werden mit Prozessen bombardiert und für die Organisierung der Proteste, oder auch der bloßen Teilnahme, abgestraft. Die Anklage erfolgt wegen unerlaubter Teilnahme an Demonstrationen und unter dem Anti-Terrorparagraphen 3713, Verdacht auf Gründung terroristischer Vereinigung zum Sturz der Regierung, und kann lebenslange Haftstrafen nach sich ziehen. Journalisten, die regierungskritische Arbeit leisten, erhalten Todesdrohungen der Erdogan-Anhänger und werden aus dem Beruf gedrängt – trauriger Höhepunkt ist die weltweit größte Anzahl inhaftierter Journalisten in der Türkei. Wohnungen von StudentInnen werden gestürmt und durchsucht, Fußballfanclubs, die sich an den Protesten beteiligt hatten, mit Repression und Schikane überzogen. Festnahmen von AnwältInnen, BürgermeisterInnen, StraßenverkäuferInnen, politisch Organisierte, kurzum jeder, der es wagte, sich der Regierung in den Weg zu stellen, soll die Repression erfahren. Auch MitarbeiterInnen des Staates, wie etwa LehrerInnen, die zu den Protesten aufriefen oder ArchitektInnen, die an der Stadtplanung beteiligt waren und sich den Plänen der AKP widersetzten, bekamen die Macht der Partei zu spüren: Der Architekten- und Ingenieurskammer entzog man das Recht auf zukünftige Mitsprache beim Stadtbau und unliebsame Beamte wurden strafversetzt.

Trotz des rücksichtsloser Gewalt der Polizei ist die Bereitschaft zum Widerstand ungebrochen - Die gemeinsamen Kämpfe schweißten die Bewegung nur noch mehr zusammenTrotz des rücksichtsloser Gewalt der Polizei ist die Bereitschaft zum Widerstand ungebrochen – Die gemeinsamen Kämpfe schweißten die Bewegung nur noch mehr zusammen

Im krassen Widerspruch dazu steht die Aufarbeitung der Gewalttaten seitens der Staatsorgane, wie der Polizei oder den Sondereinsatztruppen. Trotz 6 Toter DemonstrantInnen, 8000 Verletzter, der Versenkung ganzer Straßenviertel in Wolken von Tränengas, dem Einsatz von Chemikalien in Wasserwerfern und dem direkten, öffentlichen Einsatz hemmungsloser Gewalt auf den Straßen, kommt es nicht zu Prozessen oder Aufklärung der Verstöße, der Misshandlungen und Folter im Gewahrsam. Die Methoden der Polizei werden gedeckt, um weiterhin willfährige Marionetten zu haben, sollten die Proteste wieder an Intensität zunehmen.

Die Größenordnung der Bewegung hat mit aller Deutlichkeit gezeigt, wie viel vorher bedeckter Unmut gegen die Regierungspartei AKP besteht und, dass man nicht mehr bereit ist ihre gewerkschaftsfeindliche, rassistische und autoritäre Politik zu tragen. Die Partei hat es bewusst auf eine Spaltung der Bevölkerung abgesehen, treibt die Aufhebung der Säkularisierung voran und führt einen gezielten Kampf gegen Gewerkschaftsrechte und Tarifverträge.

Doch neben der Trennung des Landes in Anhänger Erdogans und dessen Gegner, bewirkte dieser Kurs auch einiges Positives. Den linken Kräften im Land war es nach langer Zeit möglich, sich wieder ihrer Stärke bewusst zu werden und Erfahrungen in der Organisierung einer Massenbewegung zu sammeln. Die direkte Zusammenarbeit zwischen Kurden und Türken schloss eine Lücke, welche für zukünftige Kämpfe entscheidend sein kann. Viele der beteiligten Personen und Gruppen besitzen nun eine stärkere Vernetzung als jemals zuvor. Gerade  auch Jugendliche, welche einen Anteil von 43% der Bevölkerung ausmachen, zogen wertvolles Wissen aus der Organisierung und erfuhren direkt, wie unumgänglich militante Verteidigung einer Bewegung und des Stadtviertels ist und welche Strukturen dazu benötigt werden. Einen auffällig großen Anteil an den Protesten hatten Frauen, die  besonders von den Angriffen der AKP betroffen sind. Sie sollen in die Rolle als Mutter der Familie gedrängt werden und man will ihnen gezielt die politische Mitsprache verweigern. Da diese Rückkehr zu antiquierten Gesellschaftsbildern für den Großteil der Frauen nicht hinnehmbar ist, waren sie in allen Teilen des Landes in den vordersten Reihen der Demonstrationen und Blockaden aktiv.

 

Die Proteste legten jedoch auch einige Schwächen der Bewegung zu Tage. Viel zu wenig setzte man seine Kräfte auf die Organisierung des Streiks als politisches Druckmittel gegen die türkische Regierung und die EU. Zwar beteiligten sich teilweise über 200.000 TeilnehmerInnen an den wenigen durchgeführten, die Ausrufung des unbefristeten Generalstreiks wurde jedoch gescheut. Bei einer gewerkschaftlichen Organisierung von gerade einmal 10% zeigt sich aber, dass der Streik als Kampfmittel einen deutlichen Rückhalt in der Bevölkerung erfährt und gerade dessen Einsatz gezielt voran getrieben werden sollte, um die Proteste von einer reinen Straßenbewegung hin zu einer Bewegung in den Betrieben und Fabriken des Landes auszuweiten. Nur so kann der Protest in die Offensive gehe, gezielt größere Teile der Arbeiterschaft einbinden und den Staat an seiner Achillesferse treffen; sprich: Ihn, mittels Organisierung der eigenen Versorgung und dem Aufbau von Räten in den Betrieben, wirtschaftlich lahmzulegen.

Anfang September nahmen die Ereignisse in der Türkei wieder an Fahrt auf. Trotz der massiven Einschüchterung beteiligten sich erneut Tausende in verschiedenen Großstädten des Landes. Der Protest entzündete sich an den Plänen der Regierung, in Ankara eine Straße durch den Wald des Universitätsgeländes zu bauen und damit verbundenen Abholzungsmaßnahmen. Einen weiteren Grund stellte der Tod eines jungen Aktivisten in Antalya dar, der an den Folgen eines Kopfschusses mit einer Tränengasgranate starb. Die Beteiligung entspricht jedoch bei weitem nicht den Zahlen von Juni oder Juli. Trotz des unveränderten Vorgehens der AKP hat die Beteiligung der Bevölkerung an den Protesten nur noch einen Bruchteil ihrer anfänglichen Größe. Anfang 2014 stehen jedoch Wahlen an, welche die ungelösten Probleme und Konflikte in der Türkei mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder aufwerfen werden. Die Frage ist: wird die Regierung erneut einen derartigen Konfrontationskurs fahren?

Die Reaktion der AKP auf den Widerstand der Bevölkerung macht deutlich, dass von der Partei kein Einlenken zu erwarten ist. Die Presse wird als Mittel verwendet, Propaganda zu verbreiten und die Bevölkerung im Interesse der herrschenden Klasse gegen bestimmte Gruppen aufzuhetzen – als Reaktion auf die Gezi-Proteste ließ die AKP eine Propaganda-Armee von 6000 Mitgliedern aufstellen, welche speziell Einfluss auf die neuen Medien wie Facebook, Twitter, Youtube oder Instagram nehmen soll.

Es muss sich von der Vorstellung verabschiedet werden, durch Reformen oder Forderungen eine Änderung bewirken zu können, sei es in der Türkei wie auch in jedem anderen Land. Die jahrelange Toleranz der repressiven Politik Erdogans, das Anpreisen seiner Fortschrittlichkeit und das Ziel, diese Politik auch auf andere Länder der Region zu übertragen, zeigen, dass die führenden Nationen des Westens kein Interesse an einer demokratischen Entwicklung haben, sondern glasklar ihre Interessen vertreten sehen wollen – die Interessen des Kapitals. Selbst die heuchlerische Verurteilung des Vorgehens der türkischen Repressionsorgane sollte nur darüber hinweg täuschen, dass man sich einzig und allein Sorgen um die Stabilität des Landes als verlässlichen Partner machte. Wenn die Opposition gegen Erdogan wieder zunimmt und sie Erfolg haben will, wird man nicht um die Frage der taktischen Ausrichtung herum kommen. Wer die Regierung herausfordert, muss ein konkretes Alternativprogramm aufstellen können, statt sich in andauernden Demonstrationen und Protesten zu verlieren. Ohne die Ausarbeitung und Anwendung eines Programms, wird man nie über den Status einer bürgerlichen Protestbewegung
hinwegkommen und kann aller besten Falls die Abdankung eines Ministers erreichen, nicht aber an der Macht der Partei und ihrer Günstlinge rütteln.

Die Überwindung der Verhältnisse in der Türkei ist zwangsläufig mit der Überwindung des Kapitalismus verbunden. Mit einem reformistischen Programm ist nichts zu erreichen, es wird die Bewegung in den Mühlen des bürgerlichen Parlamentarismus untergehen lassen – Die Interessen der Arbeiterschaft sind unvereinbar mit den Interessen eines kapitalistischen Systems.

Ein Artikel von Baltasar Luchs, REVOLUTION Karlsruhe




Türkischer Frühling – Taksim den Arbeiter_innen, Nieder mit Erdogan!

Seit fast einer Woche wird die Türkei von den größten Massenprotesten seit mehr als einem Jahrzehnt erschüttert. Was am vergangenen Freitag als friedlicher Protest gegen den Bau eines Hotels am Taksim-Platz begann, ist mittlerweile zu einer landesweiten Revolte gegen den Ministerpräsidenten Erdogan und die regierende AKP geworden. Mehr als das: die aktuellen Massenproteste in der Türkei schlagen Wellen weit über die Türkei hinaus.

Vom Protest am Gezi-Park …

turkey-gezip#2Als in der Nacht vom Sonntag, dem 26. Mai, die Bulldozer am Taksim-Platz rollen, um im nahegelegenen Gezi-Park Bäume zu roden, formiert sich der erste Protest. Der Park, der in Istanbuls Innenstadt liegt, soll einem Neubau weichen. Er soll Platz für ein Hotel und ein Einkaufszentrum schaffen, ein Symbol der AKP-Politik. Bereits jetzt wird prognostiziert, dass mehr als 11 Einkaufszentren in Istanbul Fehlbauten sind. Trotzdem sollen allein in den nächsten Jahren weitere 110 große Einkaufzentren errichtet werden, davon insgesamt 80 in Istanbul und der Hauptstadt Ankara.

Für die Herrschenden sind sie ein Zeichen der „Modernisierung“ und des wirtschaftlichen Aufschwungs. Für die arbeitende Klasse und viele Arme sind sie ein Ausdruck der neoliberalen Politik der konservativ-islamischen AKP-Regierung unter Erdogan, von dem viele behaupten, er wolle sich „Denkmäler“ mit diesen Bauten schaffen. Doch der Kompromiss der herrschenden Klasse mit Teilen des Kleinbürgertums und der Arbeiterklasse, der Wirtschaftswachstum im Gegenzug für politische Ruhe versprach, scheint nicht länger zu halten.

Der Krieg gegen die KurdInnen, das brutale Vorgehen gegen die Arbeiterbewegung bei Streiks wie vor kurzem in der Tabakindustrie sowie der immer schärfere Abbau von Pressefreiheit und demokratischen Rechten war der Boden, auf dem sich türkisches und ausländisches Kapital bereichern. Bereits im vergangenen Jahr gab es immer wieder vereinzelte Proteste – auch in nicht-kurdischen Gebieten – gegen diese Umstände.

Der Kampf um den Gezi-Park, der eine der wenigen Grünflächen Istanbuls und darüber hinaus ein wichtiger Bezugspunkt für die Arbeiterbewegung im türkischen Staat darstellt, war daher Auslöser, nicht Grund für aktuellen Massenproteste.

… zur landesweiten Revolte

Die ganze Woche über gibt es immer wieder Auseinandersetzungen mit der Polizei, die die Abholzung des Gezi-Parks mit allen Mitteln durchsetzen will. Sie benutzt Pfefferspray, nutzt Knüppel und brennt Zelte nieder. Nach kurzer Zeit kommen die DemonstrantInnen jedoch immer wieder zurück – mit mehr TeilnehmerInnen als zuvor. Zwischenzeitig sah es so aus, als könne das Vorhaben, den Gezi-Park zu roden, gestoppt werden, nachdem Parlamentarier der BDP, einer kurdischen Partei und der CHP, der nationalistisch-kemalistischen Oppositionspartei, nach der Baugenehmigung fragten.

turkey-gezip#1Doch der Schein trügt. Am Freitag, als sich bereits über 5.000 AktivistInnen, v.a. Jugendliche, im Park versammelt haben, greift die Polizei an. Die Gewalt ist derart massiv, dass nach Aussagen der AktivistInnen Menschen sterben. Die Polizei verschießt gezielt Tränengas – so dass die Projektile die Köpfe und Unterleiber der DemonstrantInnen treffen. Wasserwerfer, die mit Pfefferspray versetzt sind, werden eingesetzt. Doch der Rubikon ist überschritten. Die Gewalt, die vom Erdogan-Regime ausgeht, um den Park zu räumen, ist wie Öl im Feuer – es kommt zur sozialen Explosion.

Der Solidarisierungseffekt ist gewaltig. Innerhalb kürzester Zeit drängen Massen von Menschen aus den Arbeitervierteln Istanbuls auf die Straßen, insbesondere Jugendliche und Frauen sind in den ersten Reihen der Kämpfe zu sehen. Auch Teile des Kleinbürgertums solidarisieren sich. Clubs bleiben geschlossen, kleine Händler und AnwohnerInnen öffnen ihre Türen, um den Verwundeten zu helfen – selbst ein bekannter Fernsehmoderator lässt seine Sendung ausfallen und ruft offen zum Protest auf.

In stundenlangen Straßenschlachten, die von der Polizei mit unglaublicher Härte geführt werden, versuchen die DemonstrantInnen, den Park zu erobern und die verhasste Polizei zu vertreiben. So ist es ihnen am Samstag möglich, den Taksim-Platz zurückzuerobern. Mittlerweile hat sich der Protest auf rund 70 Städte ausgeweitet. Auch die Forderungen sind radikaler geworden. Immer öfter hört man Slogans, die den Sturz der Regierung fordern.

Doch auch die Gewalt seitens der Regierung nimmt zu. Auch wenn die Polizei vom Taksim-Platz fliehen muss, verlagert sie den Kampf in andere Stadtviertel. Hunderte werden verhaftet, viele sind schwer verletzt. Erdogans Ansprache war eine weitere Provokation, die klar machte, dass er keinen Kompromiss schließen will, sondern ein offenes Kräftemessen mit der Arbeiterklasse provoziert.

„Marodeure, Terroristen und Extremisten“ nennt er die Menschen auf den Straßen. Er hingegen sei ein „Diener des Volkes“. Kurz bevor er seine Auslandsreise antritt, lässt er zwar verlauten, dass untersucht werde, ob die Gewalt der Polizei „unverhältnismäßig“ sei, für die politischen Forderungen hat er allerdings nur Hohn übrig. Zu den Protesten am Gezi-Park sagt er folgendes: „Ihr wollt Bäume? Ihr könnt Bäume haben. Vielleicht können wir sogar welche in eure Gärten pflanzen.“ An dem Bau des Projektes will er aber auch nach tagelangen Emeuten nicht rütteln. Zugute kommt ihm zwar die Pressezensur und die Regierungstreue der meisten großen Medien, aber bei dem Ausmaß, dass die Proteste zu diesem Zeitpunkt angenommen haben, lässt sich nur noch wenig verheimlichen.

Falsche Freunde

Das liegt vor allem an der unglaublichen Solidarisierung mit dem Widerstand, der um sich greift. Auch den Informationsfluss kann Erdogan nur begrenzt stoppen, will er nicht das gesamte Internet lahmlegen, ein Schritt, der eine „Alles oder Nichts“-Situation provozieren könnte.

Das wollen auch Andere nicht – allen voran die heuchlerischen PolitikerInnen der USA und der EU. Nach Tagen blutiger Auseinandersetzungen beginnen sie anzumerken, dass die Gewalt „beunruhigend sei“, dass die „Verhältnismäßigkeit eingehalten“ werden müsste. So ließ die deutsche Bundesregierung über die Menschenrechtsbeauftragte Löning verkünden, dass sie „die Entwicklungen in Istanbul und anderen Städten in der Türkei mit Sorge“ verfolge. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit seien in einer Demokratie „zentrale Grundrechte, die es zu wahren und zu schützen gelte. Besonnenheit und Deeskalation auf allen Seiten“ seien das Gebot der Stunde.

Vor allem sehen sie die Gefahr einer Destabilisierung der Regierung, die auch und besonders im Interesse der zentralen Imperialisten innerhalb der EU-Privatisierungen und der neoliberalen Politik durchgesetzt werden. Nicht die Gewalt des Staates an sich wird verurteilt. Sondern die Unverhältnismäßigkeit, die zu massivem Widerstand geführt hat, werden mit Sorge betrachtet. Doch Ähnliches passierte auch in Deutschland bei den Protesten in Frankfurt, wo mit massiver Polizeigewalt das Versammlungsrecht aufgehoben wurde.

Aber auch innerhalb der Bewegung gibt es falsche Freunde, namentlich die kemalistische Partei CHP. Sie mag zwar mit ihrem sekulären Anspruch als progressive Alternative gegenüber der AKP und Erdogan erscheinen, sozial gesehen ist diese Partei aber eine mindestens genauso große Bedrohung für die Bewegung, wie die aktuelle Regierung. Denn die CHP ist konsequente Verfechterin des Krieges gegen die kurdische Bevölkerung. Auch gegen die Privatisierungen und die Politik der AKP im Namen des türkischen Kapitals hat sie nichts einzuwenden, sie will sie nur auf anderem Wege erreichen – kurz: sie will selbst die Politik für das Kapital machen, anstatt dies der AKP zu überlassen.

Doch es gibt durchaus einen nicht unbedeutenden Fakt, der die CHP und die AKP unterscheidet. Die CHP hat durchaus starke Verbindungen in das Militär und die Generalität, die von der Beschneidung ihrer Befugnisse durch das Erodgan-Regime sicher nicht erfreut ist. So lange sich der Protest also gegen die AKP richtet, versucht sich die CHP als Opposition zu profilieren. Sollte es allerdings zum Sturz der Regierung kommen, würde sich die CHP unmittelbar, an der Seite des Militärs an die Spitze des Staates drängen – zumindest, wenn die Arbeiterklasse nicht selbst eine Alternative anzubieten und zu erkämpfen vermag.

Ein anderer falscher Freund ist der türkische Präsident Gül. Während Erdogan die Polizei gegen die DemonstrantInnen brutal vorgehen lässt, diese verhöhnt und jeden Kompromiss ablehnt, gibt sich Gül als der volksnahe Präsident. Er kritisiert die Polizei, fordert zum „Überdenken“ von Regierungsmaßnahmen auf und verklärt sich zum Verteidiger der „Demokratie“. Davon sollte sich niemand täuschen lassen. Gül kommt nicht nur aus derselben Partei wie Erdogan. Auch die Rollenteilung – hier der „harte“ und „böse“ Erdogan, dort der „verständnisvolle“ Gül – wurde in den letzten Jahren immer wieder geübt, um Protest gegen Regierungsmaßnahmen zu unterlaufen, indem durch Gül Kompromissbereitschaft signalisiert, die Maßnahmen der Regierung in der Substanz aber trotzdem umgesetzt wurden.

Für einen Türkischen Frühling der ArbeiterInnen
und der Jugend!

Momentan ist die Bewegung in der Offensive, sie ist im Wachsen und erobert Positionen. Doch schon bald wird sie an ihre Grenzen stoßen, wenn sie nicht eine klare Perspektive und eine organisierte Gegenmacht aufzeigen kann, die nicht nur Protest gegen die Polizeigewalt und die AKP darstellt, sondern beide auch ersetzen kann. Beides ist nicht mit Parteien wie der CHP, noch mit den „UnterstützerInnen aus dem demokratischen Westen“ möglich.

turkey-gezip#3Auch wenn die Arbeiterbewegung sowohl organisatorisch, als auch politisch stark zersplittert ist, so bietet die aktuelle Situation eine historische Gelegenheit, diese Schwäche zu überwinden.

So befinden sich seit Mittwoch, dem 5. Juni, etliche Gewerkschaften im Streik und haben zu Demonstrationen aufgerufen. Es ist aber unbedingt erforderlich, dass diese Streiks zu einem umfassenden und unbefristeten Generalstreik ausgedehnt werden. Dass auch viele Gewerkschaftsbürokraten das nicht wollen, ist nicht verwunderlich, aber kann gebrochen werden, sollte die türkische Linke unmittelbar für Versammlungen in den Betrieben und innerhalb der Streiks aufrufen, die Streikleitungen wählen, die der Basis verpflichtet sind.

Das gleiche ist unbedingt in den Stadtbezirken notwendig. Die Bewegung muss sich Organe schaffen, die sowohl dazu in der Lage sind, ihre Viertel gegen die Übergriffe der Polizei zu verteidigen, als auch Diskussionen zu führen und den weiteren Widerstand politisch zu organisieren. Ebenso unerlässlich ist es auch für die Arbeiterbewegung, unter den einfachen Soldaten Propaganda gegen das Regime zu betreiben, sie aufzufordern, sich nicht für Repression einsetzen zu lassen, und für Forderungen einzutreten, die einen Keil zwischen sie und die Generalität treiben, sowie mit den sozialen und politischen Forderungen der Arbeiterklasse verbinden.

Damit die Bewegung eine Perspektive hat, braucht sie klare politische Forderungen, die über jene nach Rückzug der Polizei und demokratische Reformen hinausgehen. Die mehr und mehr erhobene Forderung nach dem Sturz Erdogans muss auch mit politischem Inhalt gefüllt werden – nämlich mit der Frage, wer denn Erdogan ersetzen soll und mit welchem Programm. Eine CHP-Regierung würde nur bedeuten, vom Regen in die Traufe zu kommen.

Ein politischer Generalstreik, um die Polizeigewalt zu stoppen, die Bildung von Räte-ähnlichen Organen in den Stadtteilen und die Schaffung von Selbstverteidigungseinheiten, wären eine wichtige Basis für die Bildung einer Arbeiter- und Bauernregierung, die sich auf diese Organe stützen würde, denn eine Verschärfung des Kampfes und ein politischer Generalstreik würden die entscheidende Frage aufwerfen, wer herrscht – die türkische Bourgeoise oder die Arbeiterklasse. Die Beendigung des Krieges gegen die KurdInnen, der Privatisierungswellen und der sozialen Angriffe auf die Arbeiterklasse und die Mittelschichten sind auch mit einer noch so demokratischen kapitalistischen Türkei unvereinbar. Auch die Macht des Militärs lässt sich wohl unmöglich ohne revolutionäre Umwälzung brechen.

Sollte dies gelingen, sollte die Arbeiterklasse in der Türkei dazu in der Lage sein, sich auf Grundlage eines revolutionären Programms zu einer Partei zu formieren, dann würde das nicht nur die türkische Bourgeoisie hinwegfegen und unterdrückten Völkern wie den KurdInnen die Freiheit schenken. Es wäre auch ein mächtiges Leuchtfeuer für den Kampf in Europa – insbesondere in Griechenland – gegen die Krise. Im Nahen Osten wäre es ein Vorbild dafür, wie die Macht einer herrschenden Clique gebrochen werden kann.

Beteiligt Euch an den Solidaritätsdemonstrationen und Kundgebungen und Protestaktionen vor den türkischen Botschaften und Konsulaten! Die Massenrebellion in der Türkei braucht unsere Solidarität!

Ein Artikel von Georg Ismael, REVOLUTION-Berlin




Unruhen in Stockholm – Eine Reaktion auf Verelendung, Rassismus und Polizeigewalt

Boulevardzeitungen, TV-Shows und politische Kommentatoren in Schweden konzentrierten sich voll auf die Unruhen in den Vororten Ende Mai. Sorgfältig wurde über jedes ausgebrannte Auto oder Kämpfe mit der Polizei berichtet. Die einwöchigen nächtlichen Ausschreitungen verbreiteten sich schließlich in mehreren Vororten Stockholms, v.a. in jenen mit hohem Migrantenanteil und in geringerem Ausmaß in einigen anderen schwedischen Städten.

Hinrichtung eines Rentners

stockholm-riot#2Am Montag, dem 13. Mai, hatten bewaffnete Polizisten einen 68jährigen Mann, der ein Messer hatte, im Stockholmer Vorort Husby erschossen. Sie gaben an, in Notwehr gehandelt zu haben, und reichten einen Bericht ein, nach welchem das Opfer in einem Krankenwagen starb. Dass dies eine Lüge war, sickerte jedoch schnell durch. Es kam kein Krankenwagen, sondern die Leiche wurde tatsächlich erst mehrere Stunden später mitgenommen.

Mitglieder von „Megafonen“, einer radikalen Stockholmer Organisation der Jugend aus den Vorstädten, waren bei dieser Situation vor Ort und berichteten schnell von den Ungereimtheiten in dieser Polizei-Version der Ereignisse. Schließlich war die Polizei gezwungen zuzugeben, dass ihr Bericht falsch war. Die Berichte von Megafonen hatten Recht. Die Polizei entschuldigte sich mit Nachlässigkeit und menschlichem Versagen, aber ihre bereits geringe Glaubwürdigkeit erhielt einen weiteren Schlag.

Megafonen nannte die tödlichen Schüsse eine Hinrichtung und fordert eine unabhängige Untersuchung. Sie organisierten einen Protest vor der Polizeiwache in Tensta ein paar Tage nach den tödlichen Schüssen, aber die Polizei hat lediglich angekündigt, die übliche interne Untersuchung durchzuführen. Es gibt wenig Grund, nicht zu glauben, dass das Ergebnis bereits feststeht.

In der Nacht von Sonntag, dem 19. Mai, wurde die Polizei noch einmal nach Husby gerufen. Diesmal, sagten sie, wurden sie von Steine werfenden Jugendlichen empfangen und sie wären gezwungen gewesen, Verstärkung anzufordern, um die Ordnung wiederherzustellen.

Und wieder schildern die Bewohner von Husby ein komplett anderes Bild. Nach ihren Berichten startete die Polizei ihren Einsatz, nachdem anfangs ein paar Steine von örtlichen Jugendlichen geworfen worden waren, durch Angriffe auf umstehende Personen mit abfälligen Worten, darunter auch rassistischen Beleidigungen, mit Schlagstöcken und Hunden. Eine Mutter, die ihren Sohn überreden wollte, nach Hause zu kommen, wurde von einem Polizeihund gebissen.

Sprecher von Megafonen, die zu Beginn versucht hatten zu vermitteln und die Kämpfe auf friedliche Weise zu lösen, berichten, dass auch sie von der Polizei angegriffen wurden.

Erst eine Weile später, nachdem die Polizei völlig die Kontrolle über die Ereignisse verloren hatte, ließ sie die Gewalt eine Weile ruhen und begann einen Dialog mit den BewohnerInnen.

Natürlich waren die jüngsten tödlichen Schüsse nur der Funke im Pulverfass. Die von MigrantInnen dominierten Vororte haben eine lange Erfahrung mit Polizeipräsenz, die, wie in Husby an diesem Sonntagabend, alles andere als vernünftig und sensibel ist.

Es ist üblich, dass schon bei geringfügigen Verstößen mit Gewalt reagiert wird. Selbst bevor etwas passiert ist, verhält sich die Polizei oft abfällig und rassistisch. Dazu kommt natürlich, dass die Ungleichheit in der Gesellschaft steigt und z.B. Jugendtreffs dichtgemacht werden, dass Arbeitslosigkeit, Kürzungen von Leistungen und sozialer Verfall zunehmen. 38% der 20 bis 25jährigen in Husby haben weder Arbeit noch eine Bildungsmöglichkeit. „Illegale“ ImmigrantInnen werden deportiert.

All das liefert das Szenario für eine Situation, in der die Wut sich wahllos auf jede Vertretung des repressiven Staatsapparats richten kann und das auch tut.

Eine weitere Bedrohung kommt in Form der „Buy-to-let“-Gentrifizierung, der Art von „Stadtsanierung“, die nicht die Lebensbedingungen für die dort lebenden Menschen, sondern – aus Sicht der neuen Hausbesitzer – die Mieter „verbessern“ will. Es sollen wohlhabendere Bewohner gefunden werden, die die Mietsteigerungen verkraften können und denen bestenfalls egal ist, dass die „Kräfte des Marktes“ die ursprünglichen Bewohner vertreiben.

Eine zweite Variante mit ebenso negativen Folgen ist, dass private Vermieter, die absolut nichts zum Unterhalt oder zur Verbesserung der Wohnqualität tun, versuchen, so lange wie möglich Geld aus der Gegend zu ziehen, indem sie die Kosten auf ein Minimum drücken.

Die Unruhen in Husby sollten daher insgesamt als eine Reaktion gegen rassistische Polizei, Lügen, Gewalt, Armut und Perspektivlosigkeit gesehen werden. Die Frage ist nicht, warum die Wut ausgebrochen ist, sondern warum diese Ereignisse nicht häufiger auftreten.

Der Gegenschlag der Rechten

Die Antwort von der rechten Seite war, wie vorherzusehen, böse. Während SozialdemokratInnen und alle links davon sich zumindest verpflichtet gefühlt haben, auch wenn sie Gewalt und Zerstörung verurteilten, auf die soziale Basis der Unruhen hinzuweisen, so geht es den Liberalen und allen rechts davon nur um gewalttätige und kriminelle Individuen.

„Hört auf, die Schuld der Gesellschaft zu geben!“, ist bei ihnen ein gängiges Muster. Einige haben die Vertreibung der Familien derer gefordert, die beschuldigt werden, an Ausschreitungen beteiligt gewesen zu sein – obwohl diese Position immer noch zu unpopulär für die „respektablen“ bürgerlichen Politiker ist. Rassisten und Reaktionäre haben sich in den sozialen Medien ausgetobt, mit Aufrufen, die Polizei solle jeden Ungehorsamen als Zielscheibe benutzen, und offen rassistischen „Erklärungen“ für Gewalt. Von den etablierten Parteien, gingen die Schwedischen Demokraten, wie vorherzusehen war, am weitesten mit der Forderung nach mehr Befugnissen für die Polizei, einschließlich der Ausrufung des Ausnahmezustand – und „natürlich“ sind die Einwanderer schuld.

Inzwischen haben die faschistischen Gruppen ihre Chance für die Anstiftung zum „Krieg der Rassen“ erkannt. In den vergangenen Nächten haben sie einen „Bürgerwehr“ genannten Mob organisiert, um in einigen Vororten auf Jagd nach „Randalierern“ zu gehen. In der Tat haben sie natürlich versucht, einfach alle Einwanderer, die sie finden konnten, anzugreifen. Glücklicherweise ist die schwedische Nazi-Bewegung nicht mehr das, was sie vor 5-10 Jahren einmal war, so dass es scheint, dass sie jeweils nur maximal 60 Leute auf einmal zusammenbekamen – aber das ist natürlich schlimm genug. Sie haben mehrere Leute verprügelt, einige ziemlich schwer. In Reaktion darauf haben die Jugendlichen in einigen Vororten sich klug vorbereitet, um ihre Gebiete zu verteidigen und Antifaschisten haben sich organisiert, um die Nazis zu vertreiben.

Unsere Antwort

stockholm-riot#1

Kundgebung gegen Polizeigewalt und Vandalismus.

Wir wollen auf ein paar Dinge hinweisen. Erstens: Die Unruhen sind im Grunde eine Reaktion gegen polizeiliche Belästigung, Rassismus und Mangel an Perspektiven. Kommentatoren haben behauptet, dass viele der Randalierer gerade auf der Suche nach einem Abenteuer waren. Das mag sein – wenn eine solche Einstellung auch mit der Entfremdung von der Gesellschaft steigt. Unruhen ziehen immer Menschen aus verschiedenen Gründen an, die nicht alle bewusst politisch sind. Das widerspricht in keiner Weise dem Fakt, dass es in der Tat rechte Politik war, die sich verschlechternden sozialen Bedingungen und der Rassismus, die die Unruhen herbeigeführt haben.

Wenn die schwedische Arbeiterbewegung, die Sozialdemokraten, die Linke Partei und die Gewerkschaften tatsächlich für wirkliche Verbesserungen der Lebensqualität, für Arbeitsplätze und den „Sozialstaat“ kämpfen würden, die Jugend aus den Vorstädten ihre Kampfbereitschaft anders demonstrieren könnte.

Auch wenn die Wut der Jugendlichen auf den Staat berechtigt war, haben die Ausbrüche natürlich negative Folgen. Viele Menschen in den betroffenen Vorstädten haben entweder gegen die Gewalt und die Zerstörung von Eigentum protestiert oder zumindest versucht, diese zu begrenzen. Viele Bewohner, vermutlich genauso Arme und Unterdrückte sehen die Zerstörung des kommunalen und privaten Eigentums in ihren Gebieten als sinnlos an, die ihre Situation nur noch verschlimmert. Es ist daher auch notwendig, nicht alles zu romantisieren nach dem Motto: Je mehr, desto besser. Auch Steinwürfe auf Feuerwehr und Ambulanz stoßen nicht unbedingt auf Verständnis und Zustimmung in der eigenen Klasse.

Wir weisen aber jede „moralische“ Kritik zurück. Der Widerstand gegen Polizeirepression wird nicht ohne Schäden und Gewalt abgehen. Natürlich wollen wir, dass Rebellion so organisiert wie möglich stattfindet, dass Schäden am Eigentum von Arbeiterinnen gering gehalten werden, aber wir stehen eindeutig auf der Seite der Opfer von rechten Regierungen, der Polizei und den Medien und für das Recht auf Rebellion.

In der Tat brauchen wir mehr und nicht weniger Widerstand! Am besten sind Selbstverteidigungsteams der ArbeiterInnen und Jugendlichen aus den Vororten, die sich
der Polizeibrutalität widersetzen und die Knüppelbullen zum Abzug zwingen können. Damit könnten die ständigen Übergriffe auf die Bevölkerung eingeschränkt werden.

Mit der Einhaltung von Gesetzen und Regeln ist nichts zu erreichen. Friedliche Proteste und gelegentliche Stimmabgabe bei Wahlen – was haben sie uns gebracht? Einen zertrümmerten Wohlfahrtsstaat, unsichere und schlechtere Arbeitsverhältnisse, Vertreibungen und eine Nazi-Partei (die Schweden-Demokraten) im Parlament.

Die Leute aus den Vororten haben – wie alle Arbeitslosen und Prekären, die Arbeiterklasse insgesamt und alle unterdrückten Schichten – das Recht, ihre Wut auszudrücken. Entscheidend ist, dass die berechtigte Rebellion solche Formen wählt, die es ihr erlauben, nicht nur die deklassierten Vororte zu vereinen, sondern sich mit allen Ausgebeuteten und Unterdrückten zu verbinden. Hier ist es auch die Aufgabe der Linken und der Arbeiterbewegung, sich an die Seite der MigrantInnen-Jugend zu stellen, die überausgebeutet und mehrfach unterdrückt ist. So kann die Wut der Jugend zu einer wirklichen Änderung führen.

Die Reichen und diejenigen, die von den Missständen profitieren, müssen zahlen. Die Schuld liegt bei den bürgerlichen Politikern, den Kapitalisten und den rassistischen Polizeieinheiten. Die Arbeiterbewegung und die Linke sollten Solidaritäts-Demonstrationen mit folgenden Forderungen organisieren:

  • Bereitschaftspolizei raus aus Husby und den anderen Vororten! Für organisierte Selbstverteidigung gegen Polizei, faschistische und rassistische Banden.
  • Für eine unabhängige öffentliche Untersuchung und Anklage gegen die Mörder des 68jährigen Mannes.
  • Für eine Kampagne für Arbeit, Wohnungen, Bildung und Sozialeinrichtungen.
  • Enteignung aller Hausbesitzer, die Mieten erhöhen, Sanierung der Häuser mit öffentlichen Mitteln unter Kontrolle der BewohnerInnen und örtlichen Arbeiterschaft.

Ein Gastartikel von Jens-Hugo Nyberg, Arbetarmakt, Schwedische Sektion der Liga für die Fünfte Internationale




Alter Summit – Untersützt die Resolution des Widerstands

Anfang nächsten Monats findet vom 7. bis 8. Juni der so genannte Alter Summit, eine „Konferenz der sozialen Bewegungen Europas“, statt. Doch schon jetzt sieht es so aus, als würden die gleichen Reformisten und Gewerkschaftsbürokraten, die den Widerstand ebendieser sozialen Bewegungen im Kampf gegen die Krise in den letzten Jahren ausverkauft haben, den Alter Summit als Alibi-Veranstaltung zu nutzen, um sich gegenseitig auf die nächste Runde der Sozialpartnerschaft und des Klassenverrats einzuschwören. Wir wollen dem entgegentreten. Wir können zwar verstehen, dass viele Jugendliche sich nicht für Konferenzen interessieren, auf denen Bürokraten und Sozialdemokraten langweilige Debatten führen, die bereits im Vorhinein abgekartet wurden. Aber diese Konferenzen sind eben deshalb so, weil sie möglichst keine Beschlüsse für den Klassenkampf fällen sollen. Gerade wir Jugendlichen werden durch die Gestaltung dieser Konferenzen und die reformistische Kontrolle in ihrer Vorbereitung bewusst ausgeschlossen. Deshalb haben wir den folgenden Brief und eine Resolution verfasst, die wir auf den Alter Summit nach Athen tragen wollen. Wir fordern alle jugendlichen Aktivist_innen und Organisationen auf, die für einen europaweit koordinierten Widerstand gegen die Krise sind, sich mit uns in Verbindung zu setzen, unsere Resolution zu unterzeichnen und gemeinsam mit uns für ihre Inhalte zu kämpfen. Kontakt könnt ihr mit uns über germany@onesolutionrevolution.de aufnehmen.

Europa in der Krise

Europa befindet sich, wie die gesamte internationale Wirtschaft, nun schon seit Jahren in einer Krise. Das der „Wirtschaftsaufschwung“ 2010 und 2011 nun wieder zu Ende zu gehen scheint, zeigt das historische Ausmaß der aktuellen Krise. Doch selbst dieser kurze wirtschaftliche Aufschwung fiel vor allem zugunsten der Kapitalist*innen in den imperialistischen Zentren Europas (z.B. Deutschland, Frankreich, Großbritannien) aus. Die Profite der Herrschenden sind in immer größerem Umfang nur noch durch riesige soziale Angriffe zu erhalten. Es sind Angriffe, die in weiten Teilen Europas jegliche sozialen und demokratischen Errungenschaften der Arbeiter*innenbewegung in Frage stellen. Wo das fortbestehen ganzer Nationalökonomien auf dem Spiel steht, kann auch die Gesellschaft, wie die jüngere Generation sie bisher kannte, nicht weiter existieren. Zypern zeigt aufs neue, wie die breite Masse der Bevölkerung die Kosten dieser Krise bezahlen soll. In Ländern wie Griechenland, Spanien oder Portugal wurde innerhalb von drei Jahren die bürgerliche Demokratie an den Abgrund getrieben. Die kapitalistische Diktatur entblößt ihr Gesicht immer mehr durch Notstandsgesetze und die Verelendung der Massen bis hin zur faschistischen Reaktion.

Kämpfe der Jugend

Wir Jugendlichen haben ein besonderes Interesse die „Krisenlösung“ der bürgerlichen Regierungen und der Kapitalist*innen in Frage zu stellen. Wir waren nicht nur die Ersten, die von den sozialen Angriffen betroffen waren. Wir waren auch die Ersten, die dagegen auf die Straße gingen. Ob bei den Platzbesetzungen der Indignados in Spanien, den Studentenprotesten in Großbritannien oder den Generalstreiks in ganz Europa, wir Jugendlichen standen in den vordersten Reihen unserer Bewegung. Unsere Ideen gingen oft weiter als die Ideen vieler unserer älteren Mitstreiter*innen, von denen sich doch viele von unserem Mut und unserem Kampfeswillen inspirieren ließen. Doch nur sehr selten spiegelte sich unsere Kraft auf der Straße auch in der Politik der Führung unserer Bewegungen wieder. Viel zu oft gelang es den reformistischen Bürokrat*innen der Gewerkschaftsspitzen und der sozialdemokratischen Parteien uns unser Mitspracherecht zu nehmen. Sie fürchten zurecht, dass wir Schluss mit den Privilegien machen würden, die sie innerhalb unserer Bewegung oder gar in den Regierungen und Parlamenten genießen. Deshalb glauben wir, dass wir uns innerhalb als auch außerhalb der bestehenden Organisationen unserer Bewegung unabhängig organisieren müssen. Mit Unabhängigkeit wollen wir nicht ausdrücken, dass wir unabhängig von den Kämpfen der Arbeiter*innen, der einfachen Gewerkschafter*innen und der gesamten Bewegung wären. Wir wollen uns unabhängig machen von der Politik manch selbsternannter reformistischer Führer*innen, die unsere Bewegung nun schon oft genug in die Sackgasse geführt haben.

Auf nach Athen: „Ein Europa, Ein Widerstand“

Wir kämpfen für ein Europa jenseits von Krise, Sozialabbau und Entdemokratisierung, ja! Ist solch ein Europa vereinbar mit den Interessen der Kapitalist*innen und der aktuell Regierenden? Nein! Es kann nur durch gemeinsame Massenaktion errungen werden. Alternative Politik bedeutet Politik der Jugendlichen, der Arbeiter*innen und verarmten Bevölkerung. Die Generalstreiks und Massenbewegungen seit 2008 waren Ausdruck dieses Bedürfnisses, doch sie blieben national begrenzt. Der Flügel unserer Bewegung, der sich damit zufrieden ist, der Flügel unserer Bewegung, der sich auf Kompromisse, Stillhalten und Sozialpartnerschaft beruft, ist nicht unangefochten, aber er wurde nicht auf europäischer Ebene herausgefordert. Wir Jugendlichen haben allen Grund ihn herauszufordern. Die Politik des Widerstandes muss zur Politik Europas werden. Wir stellen die Massen auf den Straßen. Wir tragen den Willen zur radikalen Veränderung in uns – all das wollen wir auf dem Alter Summit in Athen in die Waagschale werfen. Unsere Solidarität existiert in der Tat, nicht nur im Wort. Wir wollen ein demokratisches Europa? Dann müssen wir für die Demokratie unserer Bewegung eintreten. Verbindlichkeit der Beschlüsse, Kontrolle unserer Gewerkschaften, der Mobilisierungen und Streiks durch die Basis selbst, das ist Demokratie. Die europäischen Arbeiter*innenparteien und die Gewerkschaften organisieren Millionen von Mitgliedern. Diese Mitglieder zu mobilisieren, Mehrheiten auf der Straße zu schaffen, wo kapitalistische Regierungen den Generalangriff organisieren, das ist Demokratie. Konferenzen auf denen „nur“ Erfahrungen ausgetauscht und Solidaritätserklärungen abgegeben wurden, gab es genug. Aus Athen kann und darf nur ein Zeichen ausgehen: „Ein Europa, Ein Widerstand!“

Zukunft erkämpfen, heißt Jugend organisieren!

Wollen wir das erreichen, so müssen wir Jugendlichen uns eine eigene Plattform schaffen. Wir fordern die gesamte Bewegung auf, unsere Vorschläge aufzugreifen. Wir werden aber nicht auf jene warten, die unwillens sind zu kämpfen. Um das zu gewährleisten brauchen wir eine unabhängige Versammlung aller anwesenden Jugendlichen beim Alter Summit. Dort können wir gemeinsam die brennenden Fragen der europäischen Jugend diskutieren. Das Ziel: Verbindliche Absprachen und eine Resolution des europäischen Widerstandes, das wir dem gesamten Alter Summit zur Annahme vorschlagen. Der folgende Text ist unser Vorschlag für eine solche Resolution. Lasst uns diese Resolution gemeinsam auf das Alter Summit nach Athen tragen, in unseren eigenen Ländern die Diskussion über eine europaweite Vernetzung der Jugend und die Politik, die wir brauchen, um die Angriffe der Kapitalist*innen zurückzuschlagen, voranbringen.

Resolution  zum Alter Summit

Wir müssen die Sparprogramme aufhalten. Das geht aber nur, wenn wir ihnen unsere eigenen Forderungen entgegenstellen und eine Offensive gegen die kapitalistische Krise – anstatt einer defensiven Mitverwaltung der Krise – beginnen.

  • Für die Profite der Kapitalist_innen werden wir nicht unsere sozialen Errungenschaften opfern. Rücknahme und Stopp aller Sparmaßnahmen der Staaten bei Bildung, Renten, Gesundheit, Arbeitslosengeldern und bei Arbeiter_innen im öffentlichen Dienst. Für die einseitige Streichung der Schulden bei den großen Gläubigern und eine progressive Besteuerung von Kapital und Eigentum!
  • In den letzten Jahren wurden die Banken mit hunderten von Milliarden unserer Steuergelder gerettet. Das diente nicht zum Schutz „der“ Wirtschaft. Es diente dem Schutz der kapitalistischen Gewinne. Die Banken müssen ihrer Kontrolle entzogen werden. Für die Verstaatlichung der Banken und der großen Versicherungsunternehmen!
  • Rücknahme und Stopp aller Privatisierung – Für die entschädigungslose Verstaatlichung der großen Industrien von Verkehr, Wasser und Energieerzeugung, sowie der großen Immobilienkonzerne, um die Grundbedürfnisse der breiten Massen zu befriedigen. Den Behörden des Staates kann nicht getraut werden, sie bei nächster Gelegenheit wieder zu privatisieren! Daher müssen diese Industrien unter die demokratische Krontrolle der Konsument_innen und Arbeiter_innen gebracht werden.
  • EU, IWF und EZB stürzen nicht nur die Massen ins Elend, sondern auch Regierungen vom Hinterzimmer aus, um ihre Sparpakete durch Technokraten-Regime zu sichern. Wir wehren uns daher gegen alle neuen „Sicherheitsgesetze“, gegen die Angriffe auf politische, demokratische und gewerkschaftliche Rechte.
  • Ihre Versuche, Profit zu steigern und Konkurrent_innen vom Markt zu werfen äußern sich nicht nur in Krise und Verarmung der Massen – sondern auch in der Zerstörung unserer konkreten Lebensgrundlagen, unserer natürlichen Umwelt. Durch EU-Gesetzgebung und Interventionskäufe werden jedes Jahr Tausende Tonnen Lebensmittel vernichtet, durch Kartellmacht der Ausbau erneuerbarer Energien verunmöglicht während die Atomenergie-Industrie fröhliche Zustände feiert – auf Kosten unser aller Gesundheit! Es ist offensichtlich, dass es dem Kapitalismus nicht gelingt, seine systematische Zerstörung des Planeten auch nur zu verlangsamen. Wir fordern daher eine Verstaatlichung aller Unternehmen, die sich als unfähig erweisen Umweltauflagen zu erfüllen, Schluss damit, dass Umweltgesetzgebung von Lobbyist_innen
    geschrieben wird und für Masseninterventionen dort, wo die Umweltzerstörung weitergetrieben wird!

Die Verarmung muss aufgehalten werden. Arbeit gibt es genug zu verrichten. Der europäische Kontinent bietet genug, um alle Bedürfnisse zu befriedigen. Daher kämpfen wir außerdem für:

  • Eine 30-Stunden Arbeitswoche
  • Mindestlöhne in jedem Land, festgelegt durch die Gewerkschaften
  • Eine gleitende Skala der Löhne gegen die fortschreitende Inflation
  • Die Aufteilung der Arbeit auf alle Hände, ohne Lohnverluste
  • Ein europaweites Programm zur Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit. Ausbau des Nahverkehrs, des Gesundheits- und Bildungssystems und der kulturellen Infrastruktur – bezahlt durch Besteuerung und Enteignung der großen Kapitale

All das lässt sich nicht erbitten. Es muss erkämpft werden. Das erste was getan werden muss, ist verbindliche Absprachen zu treffen. Der politische Massenstreik, europaweit koordiniert steht auf der Tagesordnung.

  • Wenn es Massenstreiks in anderen Ländern Europas gibt, müssen sie von den Gewerkschaften und der Arbeiterbewegung anderer Länder durch eigene Demonstrationen und Versammlungen unterstützt werden.
  • Sollen die Generalstreiks tatsächlich etwas bezwecken, müssen sie unbefristet sein. Lassen sich die Sparpakete nur mit dem Fall der Regierung aufhalten, dürfen wir davor nicht zurückschrecken, sie zu stürzen.
  • Schon jetzt wissen die Regierungen, die in Griechenland, Bulgarien, Italien und Spanien die Angriffe des Kapitals auf die breite Masse der Bevölkerung durchführen, dass ihre Politik auf Gegenwehr stößt. Wir beobachten in vielen Ländern eine massive Aufrüstung der Polizei und des Heeres, die mit immer größerer Brutalität Streiks und Demonstrationen niederschlagen. In Griechenland baut sich als letzter Ausweg des Kapitalismus mit Chrysi Avgi zudem noch der organisierte Faschismus am Horizont auf. Dem müssen die Organisationen der Arbeiter_Innenklasse und der fortschrittlichen Jugend die organisierte Selbstverteidigung gegen Staatsgewalt und Faschismus entgegen stellen!
  • Europaweite Solidarität entsteht nur durch die gemeinsame Tat, nicht nur durch das Wort. Für einen europaweiten Generalstreik am 14. November 2013, der auch Länder wie Frankreich, Deutschland und Großbritannien erfassen muss.

 

Resolution des „RIC – Revolutionary International Council“ von REVOLUTION

Weitere Unterstützer_innen: Solid´Fulda




Spanische Krise: Wie organisiert sich der Widerstand?

spain resistance#1Die Lage in Spanien wird für einen Großteil der Bevölkerung immer aussichtsloser. Die Zahl der Arbeitslosen steigt weiter, nach jüngsten Zahlen hat sie jetzt den Stand von 27,2 % erreicht. Das entspricht 6.202.700 Arbeiter_innen ohne Arbeit. 2008 lag die Arbeitslosigkeit noch bei 8 %! Die Jugendarbeitslosigkeit steigt ebenfalls weiter und liegt jetzt sogar bei unglaublichen 57 % oder etwa einer Million arbeitsloser Jugendlicher. Gleichzeitig stieg die Neuverschuldung Spaniens letztes Jahr durch Rettung der Banken von 7 auf 10 % des BIP!

Und es ist keine Besserung in Sicht. Der IWF schätzt, dass selbst bei günstigem Verlauf der Krise die Arbeitslosigkeit 2018 immer noch bei 23 % liegen wird. Die kapitalistische Krise hat Spanien vollkommen im Griff, und es ist klar: das kapitalistische System bietet vor allem den Jugendlichen keine Perspektive mehr!

Gegen die Politik der Regierung, getrieben von der Troika aus EU, IWF und EZB unter Führung der deutschen Regierung, regt sich aber Widerstand. Die spanische Arbeiterklasse lässt sich nicht alles gefallen. Vorläufiger Höhepunkt war der Generalstreik am 14. November letzten Jahres. Damals hatte sogar der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) zu einem „europäischen“ Streik aufgerufen. Richtig stattgefunden hat dieser allerdings nur in Spanien und im Nachbarland Portugal, wo die Lage noch aussichtsloser ist.

spain resistance#2

Streikposten von Gewerkschafter*innen in Madrid

Dennoch war das ein wichtiger Schritt vorwärts. In Spanien legten Millionen Beschäftigte, vor allem aus dem öffentlichen Dienst, die Arbeit nieder. Es wurden Straßen blockiert und Demonstrationen organisiert, der öffentliche Verkehr wurde lahm gelegt. Doch seitdem hat sich wenig getan. Statt diesen ersten Versuch eines länderübergreifenden Streiks zu einem Startschuss des europäischen Widerstands zu machen, hat sich die Gewerkschaftsbürokratie zurückgezogen und hofft, an den Verhandlungstisch zurückkehren zu können.

Doch die Erkenntnis an der Basis der Gewerkschaften, dass sich an diesem Kurs etwas ändern muss, wächst. Es wird versucht, von der Basis ohne die Gewerkschaftsspitzen zu mobilisieren. Das wird auch der einzige Weg sein. In Madrid hat sich z.B. eine „Koordination der Arbeiter_innen des öffentlichen Dienstes“ gegründet, an der mehrere Betriebskommissionen teilnehmen und, die Widerstand gegen die Kürzungen im öffentlichen Dienst organisieren wollen. Am 9. Mai findet ein Generalstreik im Bildungswesen statt. Aufgerufen haben die Studierendengewerkschaft („Sindicato de Estudiantes“), sowie Gewerkschaften der Professor_innen und Organisationen der Eltern. Studieren kostet in Spanien heute schon mindestens um die 3000 € Gebühren, und mit der geplanten Reform des super-rechten Bildungsministers José Ignacio Wert werden diese nochmal steigen.

Und da ist auch noch die „15M-Bewegung“ der „Indignados“ (die Empörten), beziehungsweise der Ausläufer davon. Viele Jugendliche fühlen sich von der verrotteten Politik der Gewerkschaften und der Parteien zu Recht nicht mehr repräsentiert und suchen nach Alternativen. Die Plattform „En Pie!“ („Auf die Beine!“) hat am 25.April zu einem zweiten (gescheiterten) Versuch der Umzingelung des Parlaments in Madrid aufgerufen. Besonders erwähnenswert ist allerdings die Bewegung gegen die Häuserräumungen („desahucios“), organisiert vor allem um die „Plataforma de los Afectados de los Hipotecas“ (PAH, Plattform der von Hypotheken Betroffenen). Seit Ausbruch der Krise können Tausende Arbeiter_innen ihre Immobilienkredite (Hypotheken) bei den Banken nicht mehr bezahlen, die in einer riesengroßen Immobilienspekulation ausgegeben wurden. Deshalb lassen die Banken die Menschen raus schmeißen. Davon waren bisher über 100.000 Familien betroffen!

Die PAH und andere angeschlossene Organisationen, wie z.B. Stadtteilkomitees, organisieren Widerstand dagegen und versuchen die Räumungen zu verhindern. Sie organisieren auch Demonstrationen bei Auftritten von verantwortlichen Politiker_innen, oder suchen diese zu Hause auf, um sie ihrer Verantwortung bewusst zu machen. Diese Aktionen nennen sich „escrache“.

Ganz offenkundig gibt es Spanien also vielversprechende Ansätze gegen den Ausverkauf des Landes an die Banken und die Diktate der Troika Widerstand zu leisten. Doch genauso offenkundig leidet dieser Widerstand bisher an einer Vereinheitlichung und einem politischen Ziel. Die Wut der Massen muss zu einem koordinierten Widerstand gegen das kapitalistische System mit einem sozialistischen Programm zusammengefasst werden. Dann kann Spanien zum Ausgangspunkt eines neuen, eines sozialistischen Europa werden!

 

Ein Korrespondenzartikel aus Spanien von Rico Rodriuguez, REVOLUTION-Stuttgart




Athener Alter Summit – Zur Konferenz des Widerstandes machen

Alter_Summit#1Zu Beginn dieses Sommers soll in Athen das so genannte Alter Summit stattfinden. Dabei handelt es sich um eine Konferenz, zu der bisher vor allem reformistische Organisationen aufrufen. Ihrer Meinung nach, soll vorrangig diskutiert werden, wie ein „soziales und demokratisches“ Europa „geformt“ werden soll. Gegen ein soziales, wie auch demokratisches Europa ist natürlich nichts einzuwenden. Doch gerade unter diesem Slogan wurde in den vergangenen Jahren die Verteidigung der Arbeiterdemokratie den Bedürfnissen der bürgerlichen Demokratie, die Verteidigung sozialer Rechte der Verteidigung des jeweiligen Standorts, untergeordnet.

Beides war weniger ein Problem der Begrifflichkeit. Es war ein Problem der sozialdemokratischen Führung. Es wurden möglichst schwammige Begriffe benutzt, um möglichst wenig Verpflichtungen im praktischen Kampf gegen das Kapital auf sich zu nehmen. Das war auch der Fall auf der Konferenz in Florenz, im November 2012 an der sich Genoss*innen von REVOLUTION beteiligten. Die gleichen Kräfte, die auch jetzt wieder zum Alter Summit nach Athen aufrufen, blockierten einen tatsächlich europaweit koordinierten Widerstand.

Die Generalstreiks und Aktionen am 14. November standen allerdings schon fest, auf eine verbindliche Mobilisierung gegen den EU-Gipfel im März konnte man sich nicht einigen. Die Konferenz erfüllte mehr den Zweck der unterschiedlichen nationalen Gewerkschaftsführungen und Sozialdemokraten – insofern sie überhaupt anwesend waren – die eigene Politik zu legitimieren.

Was wir aber tatsächlich brauchen ist eine Konferenz der Aktivist_innen, der Jugendlichen und Arbeiter_innen, der Kämpfenden auf den Straßen und in den Betrieben Europas. Das dem bisher nicht so war, ist nicht nur die Schuld der aktuellen bürokratischen Führung. Es ist auch das Versagen vieler sozialistischer und linksradikaler Kräfte, die aufgrund eigener Unsicherheit, Opportunismus oder Sektierertum heraus nicht an den europaweiten Konferenzen teilnahmen.

Das muss sich im Juni beim Alter Summit ändern. Wir wollen dort – insbesondere mit anderen militanten Jugendorganisationen – für ein Programm der europaweiten Aktion eintreten. Die Eckpunkte dieses Programms müssen Verbindlichkeit, gemeinsame Massenaktion, die Kontrolle der der Bewegung durch Aktionskomitees der Basis und die direkte Konfrontation mit dem Kapital sein.

Beteiligt euch mit uns am Alter Summit Anfang Juni in Athen, kämpft mit uns für ein revolutionäres Programm der Jugend in ganz Europa!




Jugend – Krise – Arbeitslosigkeit

Jugend-Krise-Arbeitslosigkeit

Aufs Bild klicken und Flyer herunterladen!

Seit Beginn der Finanzkrise haben tausende Jugendliche in ganz Europa ihren Arbeitsplatz verloren, andere wiederum finden erst gar keinen Job oder sind gezwungen als unbezahlte Praktikant_innen, unterbezahlte Aushilfskräfte, überausgebeutete Auszubildende oder prekäre Leiharbeiter_innen zu schuften. Kapitalist_innen und ihre Politiker_innen und Medien wollen uns weiß machen, dass wir an unserer Situation selbst Schuld seien. Oder sie behaupten, dass Migrant_innen Arbeitsplätze „wegnehmen“ würden. Dabei sind es die „Unternehmer“, die Tausende entlassen und für uns Jugendliche keine Ausbildungsplätze schaffen.

Zwar liegt die Quote von arbeitslosen Jugendlichen bei uns „nur“ bei 7,9 % und somit deutlich unter dem europäischen Durchschnitt (22%), allerdings gelten in Deutschland viele, vor allem gerade Jugendliche, trotz Arbeitsplatz als arm. Dies liegt hauptsächlich an den seit Jahren wirkenden „Strukturreformen“ des Arbeitsmarktes. So sind laut einer Studie von ver.di mittlerweile 22% der unter 25-jährigen über Leiharbeitsverträge beschäftigt, der DGB geht sogar davon aus, dass bei den unter 30-jährigen 30% „prekären Beschäftigungsverhältnissen“ nachgehen. So sieht der sogenannte „Aufschwung“ in Deutschland aus, den sie uns seit Jahren versuchen zu erklären. Profitieren tun – wie eigentlich immer – nur die Kapitalist_Innen.

Die zunehmenden Kürzungen und Privatisierungen im Jugendbereich brachten uns auf die Straßen, um für eine gut finanzierte Bildung, gegen Studiengebühren, die Schließungen von Jugendclubs und Entlassungen zu kämpfen – die Antwort der etablierten Politiker aller Parteien war die Kassen seien zu leer, es gebe kein Geld für unsere Forderungen. Doch auf einmal waren über Nacht die Milliarden, die wir Jahrelang gefordert hatten, für die Bosse und großen Aktionäre der Banken und Konzerne wie „durch ein Wunder“ da. Für uns – einfache Jugendliche, Arbeitslose, Rentner_innen und Arbeiter_innen – gab es keinen Cent. Für die Kapitalist_innen gab es Rettungspakete, für uns gibt es Sparpakete, Entlassungen und Niedriglöhne! Gerade für uns Jugendliche hat dieses System nichts zu bieten, stattdessen wollen sie uns für dumm verkaufen!

Zum Beispiel beim Thema Zeitarbeit

Moderne Märchen gehen in etwa so: Eine Zeitarbeitsfirma vermittelt eine Zeitarbeiterin/ einen Zeitarbeiter an irgendeinen Betrieb, bei dem diese/r ihr/sein Können zeigen „darf“. Schließlich wird nach einiger Zeit dort eine Stelle zufällig frei. Die Zeitarbeiterin / der Zeitarbeiter wird dann vom Betrieb mit der „größten Freude“ übernommen und arbeitet dann dort glücklich bis zum Erreichen des Rentenalters. Aber die Wahrheit sieht anders aus! Glaubt man den offiziellen Zahlen des Bundesarbeitgeberverbands der „Personaldienstleister“ klappt das bei maximal 20 – 30 % der Zeitarbeiter_innen. Das diese Zahlen stark schön gerechnet wurden ist anzunehmen. In Wirklichkeit verhindert gerade Zeitarbeit eine Festanstellung, drückt die Löhne und schafft Beschäftigte zweiter Klasse. Dabei verdienen diese 20 – 25 % weniger als Ihre festangestellten Kolleg_innen. Damit muss endlich Schluss sein!

Was es bedeutet, als Zeitarbeiter_in oder Minijobber_in arbeiten zu müssen, wissen viele: Beschissener Lohn, wenig bis gar keine Rechte gegenüber dem „Arbeitgeber“, dauernde Abrufbereitschaft und Entlassung nach durchschnittlich 2 Monaten! Und wer sich dann weigert beim Arbeitsamt solche Drecksjobs anzunehmen, bei denen man dann erst mal ein paar Tage „Probearbeiten“ muss ohne einen Cent zu kriegen, bekommt seine Leistungen gestrichen und steht dann komplett ohne Kohle da. Und als ob das nicht schon schlimm genug ist wird man in Schmierblättern wie z.B. der „Bild – Zeitung“ als faul oder noch übler täglich beleidigt.

Wenn du also jetzt ins Arbeitsamt reingehst wird wahrscheinlich gleich am Anfang versucht dich in solch einen Job zu vermitteln. DAS MUSS ENDLICH AUFHÖHREN!!!

Deshalb kämpfe mit uns für diese Forderungen:

  • Für eine unbefristete Übernahme aller Zeitarbeiter_Innen! Für das Verbot der Zeitarbeit!
  • Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit – Schluss mit schlecht bezahlten Aushilfsjobs, Ausbildungsplätzen und unbezahlten Praktika! Gleiche Bezahlung und die Überwachung der Löhne durch Kommitees der Arbeiter_Innenklasse!
  • Für einen Mindestlohn von 11 Euro Netto für alle, bezahlt durch die Besteuerung der Reichen!
  • Für Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnverluste, um Jobs für die Jugend zu schaffen!

Komm zu unserem Treffen:

Mittwoch 10. April und 24. April 2013, jeweils um 18.30 Uhr im Jugendhaus West, Bebelstraße 26, Stuttgart