Was zum Teufel ist Imperialismus?

Wer sich mit Politik auseinander setzt, kommt zwangsläufig zu dem Punkt sich auch mit politischer Theorie zu befassen. Wir erachten dieses Thema für äußerst wichtig zur persönlichen Weiterbildung, wie auch zur Schaffung einer Diskussionsgrundlage mit politischen Gegnern: Der Kommunismus will schließlich auch wissenschaftlich erklärt werden. In diesem Zusammenhang wollen wir uns mit dem Begriff des Imperialismus befassen und diesen etwas näher erläutern.

Der Kapitalismus wird gerne als ein ausgeglichenes System von Angebot und Nachfrage dargestellt: Waren würden benötigt, die Nachfrage würde durch Warenproduktion befriedigt. Jeder der an diesem Prozess teilnähme profitiere auch davon, seien es UnternehmerInnen, Werktätige oder DienstleisterInnen und nicht zuletzt die Gesellschaft. Diese profitiere durch den von Konkurrenz geförderten Fortschritt – soweit das Märchen.

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Die Realität ist jedoch eine gänzlich andere– wie wir nicht zuletzt am eigenen Leib spüren. Die Produktionsmittel, wie Maschinen und Fabriken, sind in der Hand einer besitzenden Klasse, der KapitalistInnen. Die Arbeiterklasse ist von Mitbestimmung weitestgehend ausgeschlossen und erarbeitet den Profit dieser UnternehmerInnen. Dabei häuft sich Kapital an, welches reinvestiert werden will, sei es direkt in den Produktionskreislauf oder über den Umweg verschiedener Unternehmensbereiche. Mit der Anhäufung von Kapital, häuft sich auch Macht in der Hand der Bourgeoisie, der besitzenden Klasse, an. Die KapitalistInnen führen dabei einen harten Konkurrenzkampf, innerhalb einer Nation und auch über die Ländergrenzen hinweg. Kontrahenten werden aufgekauft oder gehen pleite, der Markt konzentriert sich. Doch die Anhäufung von Kapital hat auch seine negativen Seiten. Geld das nicht reinvestiert wird ist totes Kapital. Ist mehr Kapital vorhanden als es Investitionsmöglichkeiten gibt, spricht man von Überakkumulation. Nun müssen entweder neue Absatzmärkte erschlossen werden oder es kommt zu Absatzkrisen und man vernichtet Produktionsgüter, etwa durch gezieltes Verschrotten oder Krieg.

Imperialismus ist der Begriff für genau dieses Stadium des Kapitalismus. Nach Lenin beschreibt der Imperialismus die fortgeschrittenste Form der kapitalistischen Organisation. Die Ländergrenzen sind zu „eng“ geworden, das Kapital will sich verbreiten. Es kommt zu einer Ablösung der „freien“ Konkurrenz durch das Monopol bis zur Beherrschung der Produktion – also die Beherrschung der Märkte durch Großkonzerne. Monopol ist in diesem Zusammenhang nicht zwangsläufig ein einziges Unternehmen. Meist sind es mehrere Konzerne die sich einen Wirtschaftssektor aufteilen können. Es ist dabei möglich auch Preisabsprachen (Öl- und Gaskonzerne, Telekommunikation) zu treffen und das erscheinen neuerer Technik zu Koordinieren (Automobilsektor)– eine völlige Aufhebung der Konkurrenz ist jedoch nicht möglich.Die Fusion des Banken- und Industriekapitals hin zum Finanzkapital stellt dabei eine wichtige Vorbedingung dar. Dieser Zusammenschluss bedeutet die Verbindung der beiden wichtigsten Säulen des Kapitalismus: Kontrolle über die Produktion und Kontrolle über die Investition, nicht zu vergessen den damit gestiegenen Machteinfluss auf die Politik. Dieser Konzentrationsprozess des Kapitals findet natürlich weltweit statt. Da aber die Bourgeoisie wirtschaftlich und militärisch schwächer gestellter Länder diesen Kampf nicht für sich gewinnen kann, bildet sich der Imperialismus nur in den führenden Ländern aus. Beispiele hierfür sind die USA, Russland, Deutschland, Frankreich, China usw.

„1. Konzentration der Produktion und des Kapitals, die eine so hohe Entwicklungsstufe erreicht hat, daß sie Monopole schafft, die im Wirtschaftsleben die entscheidende Rolle spielen; 2. Verschmelzung des Bankkapitals mit dem Industriekapital und Entstehung einer Finanzoligarchie auf der Basis dieses ‘Finanzkapitals’; 3. der Kapitalexport, zum Unterschied vom Warenexport, gewinnt besonders wichtige Bedeutung; 4. es bilden sich internationale monopolistische Kapitalistenverbände, die die Welt unter sich teilen, und 5. die territoriale Aufteilung der Erde unter die kapitalistischen Großmächte ist beendet. Der Imperialismus ist der Kapitalismus auf jener Entwicklungsstufe, wo die Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals sich herausgebildet, der Kapitalexport hervorragende Bedeutung gewonnen, die Aufteilung der Welt durch die internationalen Trusts begonnen hat und die Aufteilung des gesamten Territoriums der Erde durch die größten kapitalistischen Länder abgeschlossen ist.“ (Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus)

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Außenpolitisch ist der Kampf um die Vorherrschaft der jeweils eigenen Kapitalistenklasse natürlich mit der Ausweitung des Machteinflusses, der Erschließung von Absatzmärkten, Sicherung von Rohstoffquellen und der Nutzung günstigster Produktionsbedingung, beispielsweise in Schwellen- oder Entwicklungsländern, verbunden. War in der Kolonialpolitik noch die militärische Besetzung eines Landes von Bedeutung, geht es nun um die monopolistische Einverleibung. Momentan werden wir gerade Zeuge des Machtkampfes zwischen der EU, Russland und USA um die Ukraine. Die Ukraine soll zum Partner der NATO vorangetrieben werden, militärisch bedeutet dies die mögliche Stationierung von Truppen in rund 500 km Entfernung zu Moskau, sowie der Abschottung Russlands vom Schwarzen Meer, dem einfachsten Zugang zum Mittelmeer und Europa. Hunter Biden, Vertrauter von John McCain, Senator und Unterstützer der Ukrainischen Regierung, stieg beispielsweise in den Aufsichtsrat des ukrainischen Gasriesen Burisma Holdings ein. Schritt für Schritt wird nun der wirtschaftliche Einfluss ausgebaut. Russland versucht dem entgegen zu wirken und sichert sich seine Einflusszone in der Ukraine gegen jeden Protest aus Europa. Die EU will ebenfalls die Ukraine und schnürte bereits ein Assoziierungsabkommen, welches das Land wirtschaftlich attraktiver machen sollte: Im Klartext bedeutet dies Kürzungen des Sozialsystems, Privatisierungen, Deregulierungen.

Die Beispiele sind zahlreich. Im Kosovo- und Irak-Krieg, in Libyen verteilte man die Aufträge für den Wideraufbau an Firmen der jeweils beteiligten NATO-Staaten, sicherte sich Zugang zur dortigen Wirtschaft und Rohstoffen und setzte Marionetten-Regierungen ein. China kauft sich massiv in den Afrikanischen Kontinent ein, im Tausch gegen Infrastruktur wie Straßen und Häfen erhält man Erz, Öl und andere Handelsgüter. Die Infrastruktur ermöglicht obendrein die bessere Ausfuhr und erleichtert die Einfuhr der Massenware, welche den Kontinent überschwemmt. Bereits jetzt zeichnen sich Spannungen zwischen USA und China in diesem Bereich ab.
Russland arbeitet daran seinen Einfluss in Europa zu vergrößern, etwa durch die Monopolisierung des Gashandels. Deutschland nutzt seinen gestiegenen Einfluss in Europa um schwächere Länder wie Griechenland und Spanien von sich abhängig zu machen und gleichzeitig gegen die Konkurrenz aus Frankreich oder Italien zu kämpfen. Es geht um nichts Weiteres als die wirtschaftliche Vorherrschaft in Europa – ganz ohne Waffen. Imperialismus bedeutet die Unterordnung der Mehrheit aller Länder unter einer Handvoll mächtiger Staaten.

Doch die Aufhebung des Freihandels behindert eine der treibenden Kräfte des Kapitalismus. Die Monopolisierung hebt die Konkurrenzverhältnisse auf: Technische Neuerungen werde zu kostspielig, Fortschritt stagniert. Die Entwicklung der Elektroautos kam erst in Fahrt als sich im Zuge der Absatzkrise von 2007/08 ein Überlebenskampf unter den Automobilriesen einstellte. Jahrzehntelang investierte man Gelder in die Atomenergie und schöpfte Milliardengewinne aus den abbezahlten Meilern ab, statt die Entwicklung neuer Energiequellen voran zu treiben.Lenin schreibt dazu: „Dennoch erzeugt es, wie jedes andere Monopol, unvermeidlich die Tendenz zur Stagnation und Fäulnis. In dem Maße, wie Monopolpreise, sei es auch nur vorübergehend, eingeführt werden, verschwindet bis zu einem gewissen Grade der Antrieb zum technischen und folglich auch zu jedem anderen Fortschritt, zur Vorwärtsbewegung; und insofern entsteht die ökonomische Möglichkeit, den technischen Fortschritt künstlich aufzuhalten.“ (Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus)

UnbenanntdfgdfgDer fortschreitende Imperialismus beschleunigt den Zerfall des Systems. Der Kapitalismus trägt demnach seineneigenen Niedergang in sich, was jedoch nicht bedeutet, dass der Untergang unausweichlich ist. Kommt es zu keiner organisierten Gegenwehr der Mehrheit
der Bevölkerung, sprich der Arbeiterklasse, kann die Bourgeoisie ihr System restaurieren und durch die Vernichtung von Kapital wieder künstlich Nachfrage generieren. Dieses Spiel lässt sich zwar nicht auf ewig fortführen, rettet den Kapitalismus aber bis zur nächsten Krise.Der Aufschwung der Wirtschaft nach der Zerstörung durch den 1. Weltkrieg hielt gerade einmal ein gutes Jahrzehnt. Dann folgte eine weitere, tiefgreifendere Weltwirtschaftskrise.

Die Aufgabe der Arbeiterklasse muss es deshalb sein Gegenwehr zu organisieren, wie etwa Streiks in Schulen, Universtäten und Betrieben. Der Aufbau eines schlagkräftigen Gewerkschaftsapparates, frei von gekauften Funktionären, einem revolutionären Programm statt Co-Management. Für die Jugend bedeutet dies Praxis in den aktiven Kämpfen zu sammeln und demokratische Strukturen zu errichten. Politische Bildung und die Erfahrungen in demokratischer Organisierung sind das Rüstzeug das wir dafür brauchen. Keine Demokratie ohne Demokraten – Keine Revolution ohne Revolutionär*innen!

Baltasar Luchs, REVOLUTION Karlsruhe




Rede in Fulda: "Nieder mit der Mauer"

palästina#1Ich freue mich, dass auch in Fulda, mehrere Hundert Menschen in Solidarität mit den Palästinensern auf die Straße gegangen sind. Das ist ein starkes Zeichen des Widerstandes.

Wir sind hier, um entschlossen für den sofortigen Stopp der Bombardierung auf Gaza und gegen den Einmarsch der israelischen Armee zu demonstrieren, welcher seit Donnerstagabend läuft und tausendfaches Leid zur Folge hat. In den ersten 12 Tagen seit Beginn der Offensive Israels wurden im Zuge des Krieges 330 PalästinenserInnen getötet und 2400 weitere verletzt, darunter mindestens 80% ZivilistInnen. Dies stellt eine neue Stufe der Gewalteskalation dar!

Dieser Krieg ist eine weitere Episode eines seit Jahrzehnten andauernden Konflikts, in dem der israelische Staat jede Friedenslösung blockiert und lieber die Waffen sprechen lässt. Willkürliche Gewalt und Festnahmen stehen an der Tagesordnung. So wurden durch die Besatzungspolitik des Westjordan Landes in den letzten drei Jahren fast 50 Menschen getötet und mehr als 8000 Personen durch scharfe Munition, „Plastikgeschoss“ oder Tränengasgranaten verletzt; 1500 davon waren Kinder. Dies dokumentiert ein Bericht von Amnesty International, der Anfang dieses Jahres erschien.

Eine Lösung des Konflikts kann weder die massive Unterdrückung und Einschränkung des palästinensischen Volkes, noch die viel gepriesene Zwei-Staaten-Lösung sein. Sie würde letztlich einen Kleinststaat schaffen, der alleine nicht lebensfähig und deshalb von einem reaktionären Israel wirtschaftlich stark abhängig wäre.

Viel gefürchteter als die Raketen der Hamas jedoch empfindet Israel Massenmobilisierungen, wie sie Anfang Juli als Protest gegen den Lynchmord an einem palästinensischen Jugendlichen stattfanden. Die Bewegung müsste einerseits mit der Führung aus rückschrittlichen Kräfte der Hamas und der korrupten Fatah brechen und sich andererseits gegen die rechte und militaristische Politik Israels wenden. Sie müsste alle Lohnabhängigen, egal ob Israelis oder PalästinenserInnen unter einem klassenkämpferischen und revolutionären Programm vereinigen!

Wir fordern außerdem jeder Unterstützung Israels politisch, militärisch oder wirtschaftlich einzustellen. Deutschland zum Beispiel treibt einen regen Waffenhandel mit Israel und stellt die jetzigen Angriffe auf Gaza als Selbstverteidigungsakt dar. Außerdem setzt Israel bereitwillig die Interessen des westlichen Imperialismus im Nahen Osten durch und kassiert dafür Milliarden.

Damit muss Schluss sein.

  • Nieder mit der Mauer!
  • Nieder mit dem zionistischen Unterdrückerregime!
  • Für einen bi-nationalen und säkularen Staat von JüdInnen und PalästensenInnen.

Das ist der einzige Weg, der gewährleisten kann, dass endlich alle Menschen unabhängig von Religion und Herkunft gemeinsam und friedlich im geheiligten Land leben können.

Ole, gemeinsame Rede von Solid Fulda und REVOLUTION-Fulda auf der Palästina Demonstration am 19. Juli




Rede in Fulda: "Nieder mit der Mauer"

palästina#1Ich freue mich, dass auch in Fulda, mehrere Hundert Menschen in Solidarität mit den Palästinensern auf die Straße gegangen sind. Das ist ein starkes Zeichen des Widerstandes.

Wir sind hier, um entschlossen für den sofortigen Stopp der Bombardierung auf Gaza und gegen den Einmarsch der israelischen Armee zu demonstrieren, welcher seit Donnerstagabend läuft und tausendfaches Leid zur Folge hat. In den ersten 12 Tagen seit Beginn der Offensive Israels wurden im Zuge des Krieges 330 PalästinenserInnen getötet und 2400 weitere verletzt, darunter mindestens 80% ZivilistInnen. Dies stellt eine neue Stufe der Gewalteskalation dar!

Dieser Krieg ist eine weitere Episode eines seit Jahrzehnten andauernden Konflikts, in dem der israelische Staat jede Friedenslösung blockiert und lieber die Waffen sprechen lässt. Willkürliche Gewalt und Festnahmen stehen an der Tagesordnung. So wurden durch die Besatzungspolitik des Westjordan Landes in den letzten drei Jahren fast 50 Menschen getötet und mehr als 8000 Personen durch scharfe Munition, „Plastikgeschoss“ oder Tränengasgranaten verletzt; 1500 davon waren Kinder. Dies dokumentiert ein Bericht von Amnesty International, der Anfang dieses Jahres erschien.

Eine Lösung des Konflikts kann weder die massive Unterdrückung und Einschränkung des palästinensischen Volkes, noch die viel gepriesene Zwei-Staaten-Lösung sein. Sie würde letztlich einen Kleinststaat schaffen, der alleine nicht lebensfähig und deshalb von einem reaktionären Israel wirtschaftlich stark abhängig wäre.

Viel gefürchteter als die Raketen der Hamas jedoch empfindet Israel Massenmobilisierungen, wie sie Anfang Juli als Protest gegen den Lynchmord an einem palästinensischen Jugendlichen stattfanden. Die Bewegung müsste einerseits mit der Führung aus rückschrittlichen Kräfte der Hamas und der korrupten Fatah brechen und sich andererseits gegen die rechte und militaristische Politik Israels wenden. Sie müsste alle Lohnabhängigen, egal ob Israelis oder PalästinenserInnen unter einem klassenkämpferischen und revolutionären Programm vereinigen!

Wir fordern außerdem jeder Unterstützung Israels politisch, militärisch oder wirtschaftlich einzustellen. Deutschland zum Beispiel treibt einen regen Waffenhandel mit Israel und stellt die jetzigen Angriffe auf Gaza als Selbstverteidigungsakt dar. Außerdem setzt Israel bereitwillig die Interessen des westlichen Imperialismus im Nahen Osten durch und kassiert dafür Milliarden.

Damit muss Schluss sein.

  • Nieder mit der Mauer!
  • Nieder mit dem zionistischen Unterdrückerregime!
  • Für einen bi-nationalen und säkularen Staat von JüdInnen und PalästensenInnen.

Das ist der einzige Weg, der gewährleisten kann, dass endlich alle Menschen unabhängig von Religion und Herkunft gemeinsam und friedlich im geheiligten Land leben können.

Ole, gemeinsame Rede von Solid Fulda und REVOLUTION-Fulda auf der Palästina Demonstration am 19. Juli




Von Friedenspolizisten, Korruption und Sklaverei – Endlich wieder Fußball

Die Fußball-WM 2014 in Brasilien ist in vollem Gange. Um Fußball geht es allerdings kaum noch. Vor Ort stehen natürlich die Proteste im Fokus, die sich gegen die Preiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr richteten und sich schließlich in Proteste gegen die Art der Durchführung der Weltmeisterschaft wandelten. Angekündigt sind Demonstrationen und Blockaden für jedes WM-Spiel. Zu kritisieren gibt es viel, ein Stadion tumblr_mw2805FX9q1qcnmbbo1_500in Manaus, mitten in den Dschungel gebaut, in einer Stadt ohne Profiverein; Spenden von privaten Investoren zur Baufinanzierung, die von der Dilma-Regierung angekündigt wurden belaufen sich exakt auf 0,00€. Bei der Vergabe ging die Regierung von ca. 0 – 20% Steuerbeteiligung an den Kosten aus. Und während Stadien, Hotels und Flughäfen renoviert oder gebaut werden fallen in weiten Teilen des Landes Krankenhäuser, Schulen und Straßen langsam in sich zusammen, wenn es denn überhaupt welche gibt. Ein Gesundheitssystem gibt es in weiten Teilen gar nicht. Ein denkwürdiges Beispiel bürgerlicher Analyse lieferte uns der WM-Rekordtorschütze Ronaldo mit dem Satz: „In Krankenhäusern kann man aber keinen Fußball spielen!“ Danke dafür.

Besonders dramatisch stellt sich allerdings die Situation von Straßenkindern dar, von denen es in Brasilien schätzungsweise 8 – 10 Mio. gibt. Die Polizei liefert die Kinder zu dutzenden mit LKW`s vor die Stadt, auch Gerüchte über Erschießungen kursieren. Die Regierung lässt für die WM auch Auffanghäuser einrichten, einige Straßenkinder-Organisationen kooperieren allerdings nicht. Kritisiert wird vor allem, dass die geplanten Maßnahmen nur zeitlich begrenzt und selbst dafür völlig unzureichend sind. Die Kinder sollen nur während der WM von der Straße verschwinden. Nicht einmal die Unterkünfte sind auf mehrere Monate ausgelegt. An den Problemen und ihren Ursachen ändert sich so natürlich nichts, nichts an der Armut, nichts an den schwierigen Wohnverhältnissen und an der Perspektivlosigkeit. Von Bildung und Arbeit will niemand reden.

In Städten wie Sao Paulo und v.a. Rio de Janeiro wurden Insgesamt etwa 220 Comunidades geräumt, also Tausende von Menschen ihrem zu Hause beraubt. Verantwortlich zeigt sich u.a. die UPP (Unidade de Policia Pacificadora), auf deutsch etwa „Polizeieinheit zur Befriedung“, auch oft Friedenspolizei genannt. Etliche Fälle zeigten die Involvierung der Polizei in Folter und Exekutionen von Jugendlichen in der Präfektur von Rio de Janeiro. Sie füllten die Titelblätter der Zeitungen, wobei dies oft dargestellt wurde, als ob Drogendealer in Schusswechseln mit der Polizei umgekommen seien. Viele dieser Fälle wurden schon widerlegt.

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Aber dies ist kein Privileg von Rio de Janeiro. Auch in Sao Paulo gab und gibt es viele Fälle von Exekutionen und von Gewaltakten der Polizei, v.a., wenn es um Räumungen von Obdachlosen geht, sei es von besetzten Gebäuden oder Ländereien, sei es von zentralen Orten, wo es Konzentrationen dieser Ärmsten der Armen gibt. Diese Gewalttaten gehen zum Teil auch auf das Konto paramilitärischer Verbände, die ihre Mitglieder aus früheren und noch aktiven Polizisten rekrutieren und ein Erbe der Militärdiktatur von 1964 bis 1985 sind. Damals wurden diese sogenannten Todesschwadronen gegen politische Oppositionelle eingesetzt, heute gegen die rebellierenden Bewohner der ärmsten Teile der Bevölkerung. Offiziell soll es sie heute nicht mehr geben, aber ihre Organisationsform und ihre Praktiken haben überdauert. Diese Paramilitärs werden von Geschäftsleuten und HausbesitzerInnen angeheuert, um z.B. gegen die Straßenkinder vorzugehen, die vor Läden und in Einkaufspassagen betteln, Abfälle sammeln oder stehlen. Brutale Morde zur Abschreckung sind an der Tagesordnung.

Auch in 4 Jahren in Katar wird die Situation kaum eine andere sein. Seit Monaten sind Berichte über „Unfälle“ auf den WM-Baustellen in den Medien, bis zu 185 ArbeiterInnen sollen bisher gestorben sein. Diese Tode sind allerdings die logische Folge von fehlendem Arbeitsschutz (keine Helme, 12-Std.-Schichten im Hochsommer), Unterkünften ohne sanitäre Anlagen, Strom oder fließendes Wasser, kurz: kapitalistischer Verwertungslogik. Die Arbeiter, die oft monatelang keinen Lohn bekommen haben werden trotzdem zur Arbeit gezwungen, indem man ihnen mit einem kompletten Lohnausfall oder der Abschiebung droht. Klagt man gegen den Arbeitgeber, ist man automatisch erpressbar und wird vor die Wahl gestellt, entweder wird die Klage fallen gelassen, oder die Ausreiseerlaubnis wird nicht erteilt. Die Grundlage hierfür ist das sogenannte „Sponsorengesetz“ von 2009, das ausländische ArbeiterInnen in Katar dazu verpflichtet, die Genehmigung ihres Arbeitgebers einzuholen, wenn sie diesen wechseln oder das Land verlassen möchten, es legt auch die Passabgabe der GastarbeiterInnen an ihren Arbeitgeber fest. Es herrschen zwangsarbeiterähnliche Bedingungen.

Ohnehin sind die Löhne sehr niedrig und die Arbeitsbedingungen sehr hart. Es muss in großer Hitze gearbeitet werden. Die GastarbeiterInnen, sie kommen meist aus Südasien, Nepal, Indien, Pakistan, etc., müssen Vermittlungsgebühr zahlen, damit sie überhaupt an einen Job in Katar kommen. Dafür müssen viele von ihnen Kredite aufnehmen, umgerechnet bis zu 3500 Dollar. Das sind in den jeweiligen Herkunftsländern natürlich horrende Summen. Und wenn die Gebühr über einen Kredit finanziert wird, kommen noch hohe Zinsen dazu. Oft sind die Schulden dann so groß, dass sie nicht mehr zurückgezahlt werden können, geschweige denn, dass die Arbeiter nach ihrem mehrmonatigen Aufenthalt einen Gewinn machen.

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Über die Korruption bei der Vergabe ist ja in nahezu jedem verfügbaren Medium schon berichtet worden, der katarische Unternehmer und ehemalige Fifa-Vizepräsident Bin Hammam (inzwischen lebenslange FIFA-Strafe) habe mehrere Offizielle des Weltverbandes mit insgesamt 3,7 Millionen Euro geschmiert, auch Franz Beckenbauer hat ihm ja einen wohldotierten Job zu verdanken. Er ist auch verantwortlich für große Deals Katars mit anderen Nationen rund um die WM-Vergabe und organisierte Treffen zwischen der Königsfamilie Katars und der der FIFA (offizieller Name: Exekutivkomitee). Doch Korruption in der FIFA hat eine Tradition, die nahezu so alt ist wie die FIFA selbst. Bekanntestes Beispiel ist die ISMM/ISL, früher eine Marketingfirma, von der an die FIFA über 115 Mio.€ flossen, war verantwortlich für Fußball-Übertragungsrechte. Sie bestachen u.a. den einstigen Fifa-Präsidenten Joao Havelange und seinen früheren Schwiegersohn Ricardo Teixeira (bekam über 12 Mio.$), u.a. verantwortlich für die WM-Vergabe an Brasilien und bis vor kurzem Mitglied im Exekutivkomitee. Aus diesem sind einige wegen Korruption und Bestechung bereits entlassen worden, andere behielten ihren Sitz, das FBI und FIFA-Chefermittler Garcia ermitteln weiter.

Allerdings gibt es dort nicht viel zu recherchieren, die Bestechungen sind in dutzenden Fällen erwiesen, laut Vereinsrecht in der Schweiz ist das aber in Vereinen, was die FIFA mit Milliardenumsätzen und jährlich 3-stelligen Mio.-Gewinnen immer noch ist, gar nicht strafbar. Man bedenke dabei die zahlreichen anderen Verbände und Vereine mit Hauptsitz in der Schweiz. Auch von siebenstelligen Boni für offiziell „Ehrenamtliche“ wird in den Medien nicht gesprochen. Doch allein mit diesen beiden Punkten wird klar, jegliche Illusionen in die FIFA und ihre Ethikkommission, wie seitens des DFB (Deutscher Fußballbund) sind völlig unbegründet und auch ein Abgang des erneut antretenden Don Blatter, seit 1998 im Amt, wird am Grundproblem nichts ändern. Solange mit Fußball Geld verdient wird und die WM eine riesige Geldmaschinerie darstellt,- wird sich die Korruption und die Ausbeutung, Räumungen und Morde alle 4 Jahre wiederholen, je nach Situation des gastgebenden Landes in extremer oder abgeschwächter Form.

  • Daher unterstützen wir die Proteste gegen die WM und unterstützen ihre richtigen Forderungen!
  • Baut Krankenhäuser, Schulen und Infrastruktur statt Stadien!
  • Baut Verteidigungskomitees aus BewohnerInnen und ArbeiterInnen für die Comunidades auf!
  • Zerschlagt die UPP und alle anderen Militärpolizeiapparate und Paramilitärs!
  • Abschaffung des Vereinsrechts in der Schweiz
  • Abschaffung des Sponsorengesetzes in Katar und für demokratische, wähl- und abwählbare Kontrollräte aus ArbeiterInnen, die Baustellen, Arbeitsschutz und Unterkünfte kontrollieren
  • Abschaffung aller Forderungen der FIFA ans gastgebende Land, wie z.B. keine Besteuerung aller Umsätze rund um die WM oder Gewinn-Gewährleistungen (Mindestumsätze, Angebotskontrolle rund um
    die Stadien)
  • Enteignet die FIFA
  • Wir brauchen einen demokratischen Verband, der der Kooperation dient und demokratisch und jederzeit wähl-und abwählbar ist, zusammengesetzt aus Fans, SpielerInnen, TrainerInnen und ArbeiterInnen aus Vereinen, Stadien usw.

Ein Artikel von Carlson von und zu Dach




#LifeUnderTerror

Hohe Mauern ziehen sich durch die Altstadt von Hebron und sollen dem Schutz der ca. 800 illegal dort lebenden Siedler_innen dienen

Hohe Mauern ziehen sich durch die Altstadt von Hebron und sollen dem Schutz der ca. 800 illegal dort lebenden Siedler_innen dienen

Am Freitag wurden 3 israelische Jugendliche auf dem Nachhauseweg von ihrer illegal in der Westbank gelegenen Religionsschule gekidnappt. Die israelische Regierung machte sofort die Hamas für die Entführung verantwortlich, währenddessen diese die Anschuldigungen als „stupid“ bezeichnete. Die israelische Armee startete daraufhin eine Großoffensive und riegelte die nahe dem Entführungsort gelegene Stadt Hebron als auch umliegende Dörfer komplett ab, bombadierte in der Nacht zum Montag den Gazastreifen und nahm mindestens 150 Palästinenser_innen, die meisten von ihnen Hamasmitglieder, auf unbestimmte Zeit fest. Ferner kam es zu einigen Attacken von gewalttätigen Siedler_innen auf Palästinenser_innen, sowie deren Häuser und Autos. Die Armee und die Regierung erklärten die Entführung als „Nationale Tragödie“ und starteten zusätzlich eine Twitterkampagne mit den Hashtags #BringBackOurBoys und #LifeUnderTerror.

Natürlich würden wir den entführten Jugendlichen wünschen gut und wohlbehalten nach Hause zu kommen, genauso wünschen wir uns aber auch, dass palästinensische Schüler_innen sicher von der Schule nach Hause gehen können. Duzende palästinensische Mütter und Väter könnten sich an die israelische Armee ebenfalls mit der Bitte „Bring Back OUR Boys and Girls!“ richten. Nämlich die Kinder und Jugendlichen, die durch die israelischen Luftoffensiven auf den Gazastreifen zu Tode gekommen sind, die bei Protesten erschossen wurden (zuletzt 2 Jugendliche bei Protesten in Beitunia am Nakba-Tag) oder die momentan in Administrativhaft (ohne Anklage und Prozess) in israelischen Gefängnissen sitzen. #LifeUnderTerror wäre ebenso eine Unterschrift, die viele Palästinenser_innen der Westbank und aus Gaza unter ihren Alltag setzen könnten. Ein Alltag von Besatzung, militärischer Willkür und Gewalt, Entrechtung und Demoralisierung. Aus Protest gegen die Administrativhaft traten beispielsweise im April 120 palästinensische Häftlinge in den Hungerstreik und befinden sich momentan im 54. Tag. All das ist die „Nationale Tragödie“ der Palästinenser_innen und diese hält bereits seit 65 Jahren mit dem israelischen Unabhängigkeitskrieg und der Vertreibung von 700000 Palästinenser_innen an.

Soldaten kontrollieren jeden Palästesinenser, der Hebron verlässt oder betritt

Soldaten kontrollieren jeden Palästesinenser, der Hebron verlässt oder betritt

Während Netanjahus Anschuldigungen an die Hamas keinesfalls bewiesen sind, konnte die israelische Regierung die Entführung der 3 Siedler bereits politisch in Bezug auf die offiziell bereits gescheiterten „Friedensgespräche“ instrumentalisieren: Nachdem nämlich Netanjahu selbst von Israels bestem Freund den USA, erheblich für den kompromisslosen Verlauf und den vorschnellen Abbruch der Verhandlungen mit der Palästinensischen Autonomiebehörde (PLO) kritisiert wurde, kann der ultra-rechte Politiker seine blockierende Position nun als gerechtfertigt darstellen. Israels offizieller Grund für den Abbruch der Verhandlungen waren die Gespräche zwischen den beiden Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah über eine Einheitsregierung.
Da Gespräche mit der Hamas sowieso kategorisch abgelehnt werden, kann nun auch Druck auf die international anerkannte palästinensische Regierungsfraktion Fatah ausgeübt werden, da diese nun gezwungen ist sich für eine Fahndungskooperation mit Israel oder weitere Zusammenarbeit mit der Hamas zu entscheiden. Zukünftige Manöver Israels werden also vermutlich als alternativlos und als Sicherheitsmaßnahmen gegen die allgegenwärtige Bedrohung der friedensunwilligen Palästinenser_innen dargestellt werden können.

Die palästinensische Bevölkerung selbst ist mal wieder nur Spielball des Machtkampfes zwischen den beiden Regierungsfraktionen Fatah und Hamas, sowie der aggressiven israelischen Expansionspolitik. Jedoch kann sich ihr Schicksal weder durch die Entführung unschuldiger Jugendlicher, noch am Verhandlungstisch zum Besseren wenden. Die Befreiung von Besatzung, Krieg und Verdrängung kann weder die islamistische, rückwärtsgewandte Hamas, noch die korrupte und bürokratische Fatah erreichen. Es braucht eine revolutionäre Partei der palästinensischen Arbeiter_innen und der Jugend, die zusammen mit revolutionären Israelis und im Schulterschluss mit allen anderen revolutionären Bewegungen der Region für die Vereinigten Sozialistischen Staaten im Nahen Osten kämpft!

#onesolutionrevolution !!!




Solidarität mit den AntifaschistInnen in der Ukraine: Gegen Faschismus, Imperialismus und Krieg

Das Massaker von Odessa, dem mindestens 46 Menschen zum Opfer fielen, verdeutlicht, mit welcher Regierung wir es heute in der Ukraine zu tun haben. Die Koalition aus Neo-Liberalen, Oligarchen und Faschisten führt einen Krieg gegen die Linke, gegen AntifaschistInnen, gegen jeden Widerstand aus der eigenen Bevölkerung.

Flugblatt UkraineSeit Wochen führt sie einen „Antiterroreinsatz“ gegen alle Kräfte im Osten und Süden des Landes, welche die neue Regierung nicht anerkennen wollen. Sie alle werden umstandslos als „Separatisten“ und „Agenten Moskaus“ diffamiert, um das Vordringen der ukrainischen Armee, der aus „zuverlässigen“, nationalistischen und faschistischen Kräften bestehenden „Nationalgarde“ und der Privatarmeen der Oligarchen zu rechtfertigen.

Die Nazi-Banden des “Rechten Sektors” verbreiten Terror. In den von der Regierung kontrollierten Gebieten sind alle Linken, die sich klar gegen die neuen Machthaber stellen, praktisch in die Illegalität gezwungen. Die Büros der sozialistischen Organisation „Borotba“ (Kampf) und der „Kommunistischen Partei“ wurden verwüstet, Versammlungen werden von Schlägertrupps gesprengt, auf die Mitglieder wird öffentlich Jagd gemacht. Es wird wird nichts anderes als eine Pogromstimmung verbreitet.

Konterrevolutionärer Vorstoß

Die ‚Revolution’ vom Maidan führte zu einer konterrevolutionären Machtverschiebung. Sie hat eine Koalition von rechten Nationalisten (neoliberale Agenten des Westens), eine faschistische Frontpartei (Swoboda) und eine Koalition von faschistischen Banden (Rechter Sektor), die als Ordnungstruppe der neuen Regierung fungiert, an die Regierung gebracht.

Sie soll nun vollenden, was die „Orangene Revolution“ früher nicht vermochte – die gesamte Ukraine dem westeuropäischen und US-Kapitals zu unterstellen und das Land zu einem Anhängsel des westlichen Imperialismus zu machen.

Natürlich standen auch die Vorgängerregierungen des aktuellen Regimes unter imperialistischen Einfluss. Auch die Regierung Janukowitsch war eine der „Oligarchen“. Aber sie spiegelten eine Balance zwischen dem Einfluss der EU, der USA und Russlands wider, die sich politisch in einem Zick-Zack-Kurs zwischen den konkurrierenden Mächten ausdrückte.

Damit soll jetzt Schluss sein, geht es nach de Kiewer Regierung, v.a. aber nach dem Willen der USA und ihrer Verbündeten. Zweifellos gibt es auch im westlichen Lager Widersprüche. Während es den USA v.a. darum geht, Russland zurückzudrängen und zugleich auch die Festigung des europäischen imperialen Rivalen zu behindern, drängen die deutsche Regierung u.a. EU-Regime auf eine möglichst rasche Anbindung an die EU, um den ukrainischen Markt zu erschließen und zugleich den Schaden für das Russland-Geschäft gering zu halten. Dazu sind sie auch eher als die USA zu Verhandlungen und zur Berücksichtigung der Interessen der „östlichen Oligarchen“ und Russlands bereit – wenn auch als untergeordneter Faktor unter der Dominanz der EU.
Für diese Zwecke greifen die westlichen Imperialisten auch auf die faschistischen Banden zurück, welche die Kiewer Regierung stützen. Dazu wurden auch alle reaktionären Gesetze und Vorhaben der Kiewer Regierung gedeckt, die sich gegen die russischsprachige Bevölkerung richten. Dazu wird die „Demokratie“ in Kiew über den grünen Klee gelobt und der Mainstream der Medien spielt munter mit. Die wirklichen wirtschaftlichen und politischen Pläne der Kiewer Regierung und der westlichen Imperialisten werden dabei praktisch ausgeblendet:

  • sozialer Kahlschlag, Streichung von Subventionen für Lebensmittel und Energie für die Bevölkerung infolge der Auflagen für IWF-Kredite;
  • Ausverkauf des Landes an westliches Kapital;
  • drohender Ruin der Industrie im Osten nach Öffnung des Marktes, damit verbundene Massenarbeitslosigkeit und weitere Verelendung;
  • weiteres Vordringen der NATO an die russische Grenze.

Dazu nehmen die westlichen Regierung, einschließlich der Bundesregierung einen Bürgerkrieg in der Ukraine billigend in Kauf. Allenfalls heuchelt Außenminister Steinmeier Mitgefühl mit den Opfern von Odessa – und schüttelt davor und danach Faschisten die Hand.

Um den russischen Imperialismus und seine Machtansprüche zurückzudrängen, investierten die USA und Deutschland nicht nur in Unternehmen, sondern auch Milliarden in die „Zivilgesellschaft“. Die USA haben sich die „Demokratiebewegungen“ in den letzten beiden Jahrzehnten rund 5 Mrd. Dollar kosten lassen. Mit Klitschkos UDAR hält sich die CDU-nahe Adenauer-Stiftung gar eine eigene Partei im Land – und jammert zugleich über zu viel „russische Einmischung“.
Die Wahlen am 25. Mai sind eine einzige Inszenierung, um der Machtergreifung von pro-westlichen Oligarchen einen demokratischen Anstrich geben. Dabei hat die neue Regierung mit undemokratischen Mitteln die Rada, das ukrainische Parlament, gesäubert, der Kommunistischen Partei droht das Verbot. Ein Wahlkampf für Oppositionelle ist praktisch nicht möglich. Das Wahlgesetz wurde – entgegen den ach so heiligen demokratischen Gepflogenheit der EU – kurzfristig geändert, so dass der neue Präsident auch dann rechtmäßig im Amt wäre, wenn in ganzen Landesteilen wie Donezk und Lugansk gar nicht gewählt wird.

Widerstand

Der Widerstand gegen dieses Regime, der sich im Süden und Osten des Landes entwickelt hat, ist daher vollkommen legitim. Gegen die faschistischen Schläger des „Rechten Sektors“, gegen die „Anti-Terrorkampagne“ der Nationalgarde sind Selbstverteidigung und bewaffneter Widerstand nicht nur gerechtfertigt, sondern unerlässlich – allein schon, weil sonst weitere Massaker wie in Odessa nicht zu verhindern sind. Als Revolutionäre und Anti-FaschistInnen haben wir immer militanten antifaschistischen Widerstand verteidigt. Wenn das hier gegen NPD und Kameradschaften richtig ist, dann gegen die viel gefährlicheren Mörderbanden in der Ukraine erst recht!

Zweifellos verfolgt auch der russische Imperialismus seine eigenen Interessen, wenn er sich als „Unterstützer“ des Widerstands darstellt. Er ist jedoch ein falscher Freund und verräterischer Bundesgenosse.
Das Genfer Abkommen mit den westlichen Imperialisten, die Unterstützung für den Parlamentswahltermin am 25. Mai, die Opposition gegen die Volksabstimmung am 11. Mai zeigen: Putins Ziel ist eine Annäherung v.a. an die EU und den deutschen Imperialismus, mit denen er eine Aufteilung der Ukraine vereinbaren möchte. Sein Problem ist jedoch, dass die USA und ihre engsten Verbündeten in der EU Britannien und Polen jede Art von Kompromiss blockieren wollen.

Der politischen Ausrichtung der Führungen der „Volksrepubliken“ von Donezk und Lugansk stehen wir kritisch gegenüber. Etliche von ihnen stehen unter dem politischen Einfluss der russischen Regierung, andere unter dem von lokalen Großkapitalisten. Viele sind eher zufällige Größen. Aber es ist schlichtweg eine Verleumdung durch die Kriegshetzer im Westen, die Bewegung im Osten und Süden des Landes als eine von „russischen Agenten“ hinzustellen.

Anders als beim Maidan gibt es jedoch keine fest gefügte Führung aus Parteien der Oligarchie und der Faschisten, die von Beginn an einen dominierenden Einfluss auf die dortige Bewegung hatten. Die „Partei der Regionen“ des Ex-Präsidenten Janukowitsch ist zerfallen. Faschistische Organisationen, die hinsichtlich Größe, Kampfkraft und Einfluss mit Swoboda oder dem „Rechten Sektor“ vergleichbar wären, gibt es im Osten oder Süden des Landes nicht.
Ursprünglich waren die Besetzungen von Rathäusern im Osten des Landes wahrscheinlich auch nur von einer Minderheit getragen. Die Brutalität der Reaktion, der „Anti-Terrorkampf“ und die Angriffe des „Rechten Sektors“ z.B. in Mariupol, wo ein zweites Odessa verhindert werden konnte, haben ihr jedoch Massenzulauf oder jedenfalls deren Unterstützung gebracht. Armee- und Polizeieinheiten weigerten sich, gegen die eigene Bevölkerung vorzugehen, zogen sich zurück, desertierten oder wechselten gleich die Seiten. Daher wurde auch das Referendum am 11. Mai zu einer Massendemonstration gegen die Kiewer Regierung.

Mit ihrem Ruf nach Abtrennung und einem Anschluss an die russische Föderation steuern die Führer der Donezk-Republik allerdings einen gefährlich-abenteuerlichen Kurs und entfremden sich großer Teile der Bevölkerung, deren nationale Identität und Sprache ukrainisch ist. Außerdem erschwert es zusätzlich, den Widerstand im östlichen Teil mit dem möglichen Aufbegehren gegen die Kürzungspläne von EU und IWF in der gesamten Ukraine zu verbinden.

Solidarität mit der ukrainischen Linken!

In dieser Situation stehen die ukrainischen Linken vor einer extrem schweren Aufgabe.
Einerseits müssen die den Kampf gegen die Kiewer Regierung, gegen faschistische Angriffe, gegen die Unterordnung des Landes unter USA, EU und NATO führen.

Andererseits geht es darum, unter den Widerständischen für eine internationalistische, klassenkämpferische und revolutionären Perspektive einzutreten, den Einfluss russisch-nationalistischer Kräfte oder von Anhängern einzelner Oligarchenfraktionen zurückzudrängen.

Heute ist in der Ukraine die Verteidigung der Städte im Osten und Süden gegen die Angriffe der Faschisten und der Regierung eine Vorbedingung, um überhaupt eine Massenbewegung gegen die Regierung aufbauen und darin für eine revolutionäre Ausrichtung kämpfen zu können. Ein Sieg der Regierung über den Osten würde zu Pogromen wie in Odessa
führen und jede Opposition den faschistischen Schlächtern preisgeben.

In den „Volksrepubliken“ des Ostens werden auch soziale Forderungen erhoben wie die nach der Enteignung der Oligarchen. Das gleiche gilt für vom Imperialismus kontrollierte Unternehmen wie der größten Bergbaugesellschaft Burisma, in deren Vorstand Hunter Biden, der Sohn des US-Vizepräsidenten, seit Mitte Mai sein Unwesen treibt. Wir unterstützen diese Forderungen. Werden sie mit dem Aufbau von demokratischen Strukturen der Bevölkerung und v.a. der ArbeiterInnen verbunden, so können sie zu einem Hebel werden für die Umgestaltung der gesamten Wirtschaft und Gesellschaft im Interesse der Lohnabhängigen.

Im Osten ist der staatliche Zwangsapparat praktisch zerfallen. Es fragt sich, wer und was an seine Stelle tritt. Solange die „Regierungen“ in Donezk oder Lugansk unter keiner demokratischen Kontrolle der Bevölkerung stehen, können sie selbst leicht zum Spielball äußerer Mächte, von Oligarchen oder Abenteurern werden. In einer solchen Situation unterstützen wir den Aufbau von demokratischen Organen der Selbstverwaltung und Verteidigung. Wo sie bestehen, sollte die Macht in ihren Hände konzentriert sein. Die bewaffnete Milizen, Soldaten u.a. bewaffnete Einheiten, die die Bevölkerung gegen die Kiewer Regierung verteidigen wollen, sollten ihnen unterstellt sein.

So kann ein Kurs gewahrt werden, der sich einerseits gegen die Regierung wendet und zugleich gegen jede Unterordnung unter den russischen Imperialismus. Die sozialistische Organisation „Borotba“ wendet sich gegen eine russische Annexion der Ostukraine (und Illusionen, die in Teilen der Bevölkerung bestehen), fordert die Enteignung der Oligarchie und der westlichen Kapitale und tritt für eine sozialistische Umwälzung ein.

Unsere Solidarität gilt daher besonders „Borotba“. Sicher haben auch wir in einzelnen Punkten Differenzen – auch deshalb, weil „Borotba“ selbst eine Organisation mit verschiedenen politischen Strömungen ist. Sie stellt unserer Meinung nach aber den einzigen realistischen Ansatzpunkt für den Aufbau einer revolutionären Organisation in der Ukraine dar.

Internationalismus

Auf sich allein gestellt bzw. in Isolation werden die ukrainische Arbeiterklasse und die Linke nicht in der Lage sein, den Klassenkampf gegen die eigene Oligarchie erfolgreich zu Ende zu führen und sich der imperialistischen Unterwerfung unter das Diktat von USA, EU oder Russland zu widersetzen. Sie braucht und verdient daher starken internationalen Rückhalt!
Besonders für Menschen in den imperialistischen Staaten, die gerade dabei sind, die Ukraine zu unterwerfen, besteht die Verpflichtung, den Kampf gegen ihre eigene herrschende Klasse zu führen, deren Pläne auf die Unterwerfung der ganzen Ukraine über EU und NATO oder eine Teilung in Interessensphären entlang ethno-linguistischer Linien hinauslaufen. Die Rolle von Obama, Merkel und Co. als „Verteidiger von Demokratie und Menschenrechten“ bzw. Putins Rolle als „Schützer der russischen Bevölkerung in der Ukraine“ müssen als Schmierentheater entlarvt werden.
SozialistInnen und AntikriegsaktivistInnen in den imperialistischen Ländern können am besten Solidarität üben durch Bildung einer internationalen Bewegung der Kriegsgegner gegen die Kriegstreiberei aller imperialistischen Mächte und in Solidarität mit dem antifaschistischen Widerstand.

Die Grundlage dafür sollte sein:

  • Rückzug aller westlichen bewaffneten Truppen und Militärbasen aus Osteuropa! Keine NATO-Manöver in der Ukraine! Nein zu allen Boykotten durch USA und EU!
  • Nieder mit allen imperialistischen Interventionen, westlichen und russischen! Keine fremden Truppen und Geheimdienste in der Ukraine!
  • Keine neuen Kriege, weder kalte noch mit Waffen geführte! Auflösung der NATO!
  • Stopp der Unterstützung durch die Bundesregierung u.a. westlicher Regierungen für die Regierung in Kiew! Weg mit dem EU-Kürzungsprogramm für die Ukraine!
  • Solidarität mit dem antifaschistischen Widerstand! Verteidigt linke Organisationen wie die KP der Ukraine und „Borotba“, die unter der Repression leiden!

Gemeinsamer Aufruf von ARAB und der NaO-Berlin zur Demonstration am 31. Mai




Europawahl 2014 – Rechte Kräfte auf dem Vormarsch?

Auch wenn das Europäische Parlament selbst, verglichen mit anderen bürgerlichen Parlamenten, kaum mehr als eine lächerliche Hülle ist, haben die EU-Wahlen als Abbild der Stimmung unter den Wähler*innen eine gewisse Bedeutung.

Europas Rechtsruck – der Sieg der Populisten

 

Es ist erschreckend zu sehen, wie stark die rechtspopulistischen, nationalistischen oder auch faschistischen Parteien in vielen Ländern sind und wie viele Stimmen sie zu holen vermochten.

In Dänemark wurde die Dansk Folkeparti mit 26.6 % der  Stimmen sogar stärkste Kraft. Auch in Großbritannien und Frankreich konnten die Rechtspopulist*innen sich durchsetzen, die UKIP (United Kingdom Independence) gewann die britische Wahl in und in Frankreich gelang es der Front National,  auf ganze 26% zu kommen. Die FPÖ erreichte in Österreich, wie auch bei den nationalen Wahlen 2013, ca. 20% und ist damit die drittstärkste Kraft.

In Griechenland erlangte die faschistische Partei „Goldene Morgenröte“ 9,3%, während die faschistische Jobbik, welche unter anderem an Pogromen gegen Roma in Ungarn beteiligt ist, auf mehr als 14% kam.

Wahlerfolge der (radikalen) Linken

 

Das antikapitalistische Bündnis Podemos erreichte in Spanien aus dem Stand heraus 8% – und das nur wenige Monate nach der Gründung. Die reformistische SYRIZA konnte in Griechenland das mit 26,5% beste Ergebnis der linken Parteien in Europa erreichen. Auch im krisengebeutelten Portugal erreichte der Linksblock ca. 11%. Deutlich zu erkennen ist, dass antikapitalistische linke Parteien dort Erfolge erzielen wo die kapitalistische Krise ihre Auswirkungen am deutlichsten zeigt.

Perspektive für Europa

 

Weder  die rechtspopulistischen, noch die faschistischen Parteien bieten eine Alternative zu etablierten Politik, die soziale Lage der Arbeiter*innen darf nicht von Rechten ausgenutzt werden!

Statt uns dem Wahn des vollen Bootes hinzugeben und damit einer Spaltung im Sinne der Kapitalist*innen zu unterliegen, müssen wir uns gegen die wirklichen Ursachen sozialer Missstände wie Arbeitslosigkeit oder Verarmung wehren und uns klassenkämpferisch, revolutionär und kommunistisch organisieren!

Die Erfolge der Linken zeigen, dass besonders in den Ländern der europäischen Krise in den Massen bereits Ansätze zu dieser Form von Organisierung vorhanden sind. Für den Aufbau einer internationalen revolutionären Arbeiter*innenpartei!

Ein Artikel von Flo Wasser, REVOLUTION Zülpich




Friedensprozess gescheitert? Revolution beginnt!

Die Weltöffentlichkeit ist empört! Die nationalen Bourgeoisien schreien auf! Niemand hat mit dieser überraschenden Wendung gerechnet. Aber die bittere Wahrheit ist mit dem Überschreiten der Deadline vom 29.4. ans Tageslicht getreten: DER FRIEDENSPROZESS IM NAHEN OSTEN IST GESCHEITERT! Wer hätte das gedacht? Wer hätte jemals in Erwägung gezogen, dass sich die geplanten 14 000 neuen israelischen Wohneinheiten in der Westbank als Hindernis für den Frieden herausstellen würden? Wie konnte es dazu kommen, dass die Palästinenser_innen nicht auf Ost-Jerusalem verzichten wollen? Und warum um Himmelswillen können sich die 5 Millionen palästinensischen Flüchtlinge nicht einfach mal mit ihrem Schicksal abfinden, nicht mehr in ihre Häuser zurückkehren zu können und ihr Leben nicht einfach weiter in irgendwelchen Flüchtlingslagern außerhalb der Grenzen Israels verstreichen lassen?

Ein Artikel von Marvin Schutt, REVOLUTION

die sogenannte „Apartheitsmauer“

die sogenannte „Apartheitsmauer“

Fragen über Fragen, die sich die imperialistische Friedenstaube Kerry (US-Außenminister) jetzt wohl stellt. So toll hätte er als Vermittler des Friedens im ewigen Krisengebiet Nah-Ost dastehen können. Die schöne westliche Idee von einer einfachen Ländergrenze zwischen 2 Völkern hatte doch schon in der Kolonialzeit so gut funktioniert. Sein toller Plan „Wir fragen mal den ultra-rechten israelischen Regierungschef Netanjahu, wie er sich den Frieden vorstellt und machen das dann auch so“ ging wohl nach hinten los: Der Beginn der erneuten Friedensverhandlungen jährt sich bald, Netanjahu baut seine völkerrechtswidrigen Siedlungen in der Westbank fröhlich und völlig unbeeindruckt weiter (und verbietet dabei gleich noch den Palästinenser_innen, selber eigene Häuser zu bauen), die Hamas ballert aus dem Gazastreifen mit Raketen um sich, Israel bombardiert Gaza per Luftangriff, die PLO unterzeichnet wild eine Konvention nach der anderen, Netanjahu schmeißt hunderte Beduinen aus ihren dürftigen Behausungen im Süden Israels, um die Wüste dort „zum Blühen zu bringen“.

Der internationale Druck auf Israel, die Besatzung zu beenden, steigt. Eine äußerst bittere Bilanz, lieber US-Imperialismus. Übersieht man die ganze Gewalt und deren Opfer jedoch einmal für einen kurzen Moment, hat diese „Friedens-Farce“ durchaus auch Gewinner_innen hervorgebracht, schließlich konnte sich die herrschende Klasse Israels im vergangenen Jahr wunderbar als friedenswillig und kompromissbereit präsentieren. Die ständigen Misserfolge der Friedensgespräche mit den Palästinenser_innen dienten als perfekte Ablenkung von inneren Problemen. Löhne und Entlassungen explodieren, während die Preise wuchern, tausende afrikanische Flüchtlinge protestieren gegen geplanten Internierungslager im Süden Israels und sogar Ultra-Orthodoxe Jüd_innen, auf die sich der israelische Staat politisch massiv stützt, gehen auf die Straße, da sie in Zukunft auch zum Wehrdienst verpflichtet werden sollen. Währenddessen konnten illegale Siedlungen weiter ausgebaut, Pläne zur Annektion des Jordantales geschmiedet und zunehmend mehr Palästinenser_innen aus Ostjerusalem vertrieben werden. Die israelische Wirtschaft zieht ihre Profite aus der Besatzung. Für die herrschende Klasse in Israel waren die „Friedensgespräche“ also ein voller Erfolg. Warum sollten die Israelis auch Unterbezahlung und kontinuierliche Aufrüstung hinnehmen, wenn das Feindbild der ständigen Bedrohung nicht täglich neu geschaffen werden würde? Das alles legitimierende Zauberwort lautet „Bitachon“(hebräisch: Sicherheit).
Aber auch die palästinensischen Unterhändler wie Abbas und Co. verlassen die Friedensarena des Weißen Hauses als Sieger. Die weltweit als eine der korruptesten Regierungen geltende PLO hat mal wieder ihre Friedensbereitschaft signalisiert und international dafür heftig abkassiert. Millionen von Spendengeldern versickern jährlich im Bürokratieapparat der PLO und kommen als neue Villen und Audis in Ramallah wieder zum Vorschein. Ebenso sind die Amtszeiten der Audi-fahrenden Befreier seit Ewigkeiten überschritten, Neuwahlen liegen in weiter Ferne. Auch die geplanten Verhandlungen mit der Hamas (Israels offizieller Grund zum Abbruch der „Friedensgespräche“) werden der herrschenden Klasse Palästinas kaum mehr demokratische Legitimität verleihen. Allein die Aufrechterhaltung des Status Quo garantiert Hamas und PLO die Oberhand. Der frühere palästinensische Premierminister Ahmed Kurei selbst lieferte mit seiner Zementfabrik das Material zum Bau der 8 Meter hohen Mauer, die nun die Westbank abriegelt. Das Schicksal der Millionen Palästinenser_innen interessiert Abbas genauso wenig wie Netanjahu, ebenso wenig interessieren sich die anderen arabischen Staaten für ihre unterdrückten „Glaubensbrüder“. Hinter der hochgepriesenen Solidarität zu den Palästinenser_innen verbergen sich in Wahrheit läppische symbolische Spenden der Saudis oder, gar im Fall von Ägyptens neuem Übergangsregime, Lustbombardements auf Gaza. Wenn die Golfstaaten wollten, bräuchten sie nur kurz den Ölhahn zuzudrehen und die USA würden ganz schnell dafür sorgen, dass 5 Palästinas aus der Erde sprießen. Ganz im Sinne des Führungsstils der meisten arabischen Staaten interessieren unter dem Deckmantel der Religion oder der Solidarität nur die Stabilität der eigenen Herrschaft und wirtschaftliche Profite.

israelische Siedlung in der besetzten Westbank

israelische Siedlung in der besetzten Westbank

Echte Solidarität können die Palästinenser_innen nur von Revolutionär_innen erfahren. Nur im gemeinsamen Kampf aller Arbeiter_innen, Frauen und der Jugend kann die Region von Unterdrückung, Krieg und Imperialismus befreit werden. Israelis und Palästinenser_innen müssen erkennen, dass dieser Konflikt nur fortbesteht, weil ihre jeweiligen herrschenden Klassen diesen tagtäglich reproduzieren. Israelis und Palästinenser_innen können sich nur zusammen von Unterdrückung, Mauern, Checkpoints und Rassismus im Schulterschluss mit allen revolutionären Bewegungen der Region befreien. So wird es möglich sein, einen multiethischen Arbeiter_innenstaat in Israel/Palästina und die Vereinigten Sozialistischen Staaten des Nahen Ostens zu schaffen, was wahren Frieden in die Region bringt.

Dieser Prozess ist kein Gespräch über Frieden zwischen den Regierenden, sondern ein Kampf für Frieden gegen die Regierenden!




Das war kein Unfall, sondern Mord!

Mord an Arbeitern in der Türkei – Organisiert den landesweiten Generalstreik!

Am 13. Mai ereignete sich im Kohlebergwerk Soma, in der Provinz Manisa, ca, 40 km von Izmir entfernt, der schwerste Grubenunfall der Türkei seit 20 Jahren. Bisher konnten rund 250 Todesopfer und 360 Überlebende geborgen werden, jedoch waren zum Zeitpunkt der Explosion insgesamt 787 Kumpel unter Tage. Ganz heuchlerisch ließ der Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und seine regierende „Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung“ (AKP) die Fahnen im Land auf Halbmast setzen und die dreitägige Staatstrauer ausrufen.10299075_10204027477992103_5329549226406405041_n
Als er am Mittwoch Nachmittag nach Soma fuhr, um den Betroffenen sein Mitleid auszusprechen, empfingen ihn dort die wütenden und traurigen Angehörigen der Verstorbenen und Vermissten, denn für sie ist klar, wer die Schuld an dem „Unfall“ trägt. Zu Recht kritisieren sie und die großen Gewerkschaften, dass es eben kein Unglück war, sondern Mord. Die unsicheren Arbeitsbedingungen auf türkischen Baustellen sind kein Geheimnis, und nach diesem Unfall steht die Türkei an der Spitze der Länder mit den meisten toten Bergarbeitern weltweit, sogar noch vor China. Der Durchschnittslohn eines Bergarbeiters liegt übrigens bei 360€ pro Monat.

Erdogan sagte schon 2010, nachdem 30 Bergarbeiter gestorben waren, dass man in dem Beruf eben mit diesem Schicksal zu rechnen habe. Zynischer kann man es wohl kaum formulieren. Interessanterweise stellten Oppositionsparteien vor zwei Wochen einen Antrag im Parlament, genau in diesem Bergwerk die Sicherheitsstandards zu überprüfen, wurden jedoch von der AKP überstimmt. Seit Anfang der 2000er werden die Bergwerke in der Türkei privatisiert, was zu extremen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und zu großen Sicherheitsmängeln führte. Es ist auch kein Zufall, dass die Chefetage der Mine von Soma enge Verbindungen zur AKP hat. Während des letzten Wahlkampfes stellte das Soma-Coal-Unternehmen die sogenannten „Charity Coal Bags“ für die Partei zu Verfügung, die an die Bewohner_innen verteilt wurden, um Stimmen zu sammeln.

Doch wie heuchlerisch und verlogen diese Partei ist, zeigt sich auch daran, dass Erdogan diesen Massenmord an Arbeitern damit rechtfertigt, dass es immer wieder Unfälle in Gruben gegeben hätte und beruft sich dabei auf Zahlen aus dem 19.Jahrhundert.
Genau das beschreibt die Politik dieser Regierung, die das Land nicht nach vorne, sondern immer weiter in die Vergangenheit, am liebsten ins Mittelalter, führen will.

Doch die Explosion im Bergwerk hat eine Explosion im ganzen Land zur Folge. Seit Mittwochabend versammeln sich die Menschen in den großen Städten wie Izmir, Ankara, Istanbul und sogar dem kurdischen Diyarbakir, um den endgültigen Rücktritt der Regierung zu fordern. Schüler und Studierende bestreiken die Schule und die Uni, um ihre Solidarität zu zeigen. Der staatliche Gewerkschaftsverband Türk-Is rief für Donnerstag zu einem Tag der Trauer und der Arbeitsniederlegung auf, auch der linke Gewerkschaftsverband DISK forderte seine Mitglieder zu einem eintägigen Arbeitsstopp auf. Doch auf den Straßen greift die Polizei wieder hart durch, es gibt viele verletzte Demonstrant_innen, denn die Regierung duldet keine Kritik. Erdogans Regierungssprecher Yusuf Yerkel wurde fotografiert, wie er ganz persönlich einen Demonstranten in Soma verprügelt, der vermutlich ein Angehöriger eines Opfers gewesen sein soll.

Wir bekunden ebenfalls unsere tiefe Trauer gegenüber den verstorbenen Arbeitern und ihren Angehörigen. Wir verurteilen die Politik der Regierung, die mordet, um den Profit der Bourgeoisie zu garantieren. Wir stehen Seite an Seite mit den Demonstrant_innen, die auf die Straße gehen und sich gegen diese menschenverachtende Politik zur Wehr setzen!

Doch es darf nicht bei der Forderung nach dem Regierungsrücktritt bleiben! Spätestens diese tragischen Ereignisse in Soma zeigen, dass die Kapitalist_innen vor nichts zurück schrecken, dass ihnen die Leben der Arbeiter_innen nichts wert sind! Deshalb müssen die Bergwerke, die Fabriken, die gesamten Produktionsmittel unter die Kontrolle der Arbeiterklasse gebracht werden! Die Streiks müssen ausgeweitet, große antikapitalistische Bündnisse und landesweite Protestaktionen müssen organisiert werden!

 
Schluss mit der erbarmungslosen Ausbeutung der Arbeiter_innen – für ein Wirtschaftssystem ohne Profitgier und Unterdrückung!

 
Hoch die Internationale Solidarität – Her Yer Soma – Überall ist Soma – Her yer Direnis Überall ist Widerstand!

Artikel von Svenja Spunck




Lage der EU – Ein Kontinent in der Krise

ein Artikel von Tobi Hansen, Arbeitermacht, erschienen in der Neue Internationale 189, Mai 2014

Mit der Einführung des Euro und der „Agenda von Lissabon“ trat die EU 2001 an, die USA als attraktivsten Investitionsstandort abzulösen. Der EU-Binnenmarkt mit seinen ca. 430 Millionen TeilnehmerInnen sollte die ökonomische Vormachtstellung der USA brechen, der Euro und die Verträge von Lissabon sollten das Gewicht der EU in der imperialistischen Welt stärken.

Vorangetrieben wurde und wird dieses Projekt v.a. vom deutschen und französischen Imperialismus. Diese stärksten Kapitalfraktionen innerhalb der EU profitieren am meisten vom Binnenmarkt und der gemeinsamen Währung, deren Großkonzerne bestimmen die Marktbedingungen, verdrängen die Konkurrenz und bestimmen den Rahmen der EU-Politik.

EU

Doch die EU wurde von der Krise 2008 heftig getroffen. Die daraus folgenden Probleme dauern bis heute an und haben die Stellung der EU in der Welt geschwächt. Heute gilt die EU als der „kranke Mann der Weltwirtschaft“ oder es wird von der „japanischen Krankheit“ gesprochen, was auf einen längeren Zeitraum von Stagnation und Rezession verweist. Die EU konnte ihre Ziele von 2001 n bisher nicht umsetzen, die USA und China sind die attraktivsten Standorte für das Kapital und haben sich zudem auch schneller von der Krise erholt.

Die EU konnte selbst die schwachen Wachstumsraten der Industrieländer (1-1,5%) der letzten Jahre nicht erreichen und verlor den Anschluss an die USA. Außerdem sieht sie sich stärkerer Konkurrenz der „BRIC-Staaten“ (Brasilien, Russland, Indien, China) ausgesetzt.

Die Ursache dafür liegt v.a. darin, dass die tiefe Weltwirtschaftskrise seit 2008 dieökonomischen Widersprüche der EU verschärft und deutlich sichtbar gemacht hat. Die EU verfügt über staatliche Rahmenbedingungen, einen gemeinsamen Binnenmarkt mit einer einheitlichen Währung, aber nicht über ein EU-„Gesamtkapital“. Nach wie vor existieren divergierende nationale und Kapitalinteressen, die immer wieder offen aufbrechen. Die Krise sorgte für noch schärfere Konkurrenz und die Großkonzerne haben ihre Marktanteile ausgebaut, Konkurrenten aufgekauft und Millionen entlassen. All das wurde noch gestützt durch die Sparpakete der EU-Bürokratie und der Troika u.a. mit Massenentlassungen im Öffentlichen Dienst und einem drastischen Abbau sozialer Leistungen.

Die einheitliche Euro-Währung für Länder mit sehr unterschiedlichem ökonomischen Niveau hat ihnen die Möglichkeit, entsprechend zu reagieren (z.B. mit Abwertung der eigenen Währung), genommen, und sie immer stärker hinter die stärkeren Nationen, besonders Deutschland, zurückfallen lassen.

So profitiert derzeit v.a. der deutsche Imperialismus, dessen Export und Produktionskapazitäten rasch wieder Vor-Krisenniveau erreicht haben. Im Jahr 2013 gelang sogar ein neuer Rekord bei der Handelsbilanz, der Überschuss stieg auf 198 Mrd. Euro gegenüber 195 Mrd. 2007. Das deutsche Kapital hat seine dominante Stellung in Europa – allerdings nicht global – ausbauen können.

Auswirkungen auf die Klasse

Krise und Spardiktate gehen weiter, so dass sich die soziale Lage der Arbeiterklasse in Europa weiter verschlechtert. Von 2000-2009 war in der EU noch ein durchschnittlicher Reallohnzuwachs vom 8,1 Prozent erreicht worden, dieser Trend hat sich inzwischen umgekehrt. Von 2010-12 gab es das nur noch in einem Drittel der EU-Staaten, aktuell sind Schweden mit 2,2% und Deutschland mit 1,8% hier Spitzenreiter. Die größten Einbußen haben die Beschäftigten in Griechenland (-20.3%), in Portugal (-10.2%), in Irland (-6.6%) und in Spanien (-6%) hinnehmen müssen. Selbst der EU-Kommissar für Soziales, Laszlo Andor, beschreibt die soziale Lage als „marode“ und stellte bei der Vorstellung des EU-Sozialberichts 2012 fest: „Nach einigen Jahren der Dauerkrise sind die meisten nationalen Sozialsysteme kaum noch in der Lage, die Einkünfte der Haushalte gegen die Folgen der Krise zu schützen“ (press releases, 8.1.13)

EU3

Dies liegt auch an der massiv gestiegenen Massenarbeitslosigkeit, speziell in Südeuropa, und anden Sparmaßnahmen im Sozialsystem, zu denen die Krisenländer per Troika und EU-Bürokratie gezwungen wurden. Gleichzeitig wurden in diesen Saaten auch die Massensteuern erhöht, speziell die Gebühren für den Öffentlichen Dienst, die Energieversorgung und den Gesundheitsbereich sind gestiegen.

In Griechenland findet in dieser Kategorie derzeit ein „sozialer Feldversuch“ statt: mit wie wenig Einkommen kann Kapitalismus „funktionieren“. So wurde dort der Mindestlohn von 751 auf 585 Euro gesenkt, das Arbeitslosengeld von 462 auf 322 Euro, zudem wurde dessen Bezugsdauer auf ein halbes Jahr befristet. Auch die Renten wurden um mindestens ein Fünftel gekürzt. In Griechenland gibt es eine wachsende Zahl von Haushalten, die über gar kein Einkommen mehr verfügen und von Strom, Wasser und Gasversorgung abgeschnitten sind – in Thessaloniki betraf  das 2012 ca. 20% aller Haushalte. Während des Winters 2013/14 wurde Holz wieder bevorzugtes Heizmittel in vielen Städten Griechenlands.

2011 waren in der gesamten EU 120 Millionen Menschen – also etwa ein Viertel der Bevölkerung (!) – von Armut betroffen oder bedroht. Seit Ausbruch der Krise steigt die Ziffer in Süd- und Osteuropa weiter an. Es gibt in der EU eine immer stärkere Spaltung der Einkommen und der sozialen Lage. In Südeuropa sind 25-30% von Armut betroffen, in Osteuropa liegen die Ziffern zwischen 30 und 50%, z.B. in Bulgarien (49%) oder Lettland (40%). Die EU hat bislang nur die Daten bis 2011 erfasst, das Jahr 2012 hat diese Tendenz eher noch verstärkt. Besonders betroffen ist die junge Generation, für die dann meistens weniger vom Haushaltseinkommen verwendet wird, hier liegen die Armutsraten insgesamt noch höher (EU 27%), eine Generation wächst in Armut auf.

Während bei den Beschäftigten, den RentnerInnen und der Jugend gespart wird, die alle ganz konkret die Kosten der Krise tragen müssen, steigt in Deutschland die Zahl der Einkommensmillionäre massiv an: zwischen 2007 und 2012 um 22,9% auf über eine Million. Das gleichzeitig auch in Deutschland das Armutsrisiko – auch mit Beschäftigung – wächst, zeigt, dass die Krise auch hier wütet, über 16 Millionen Menschen die arm und von Armut bedroht sind, zählt die EU in Deutschland.

Von der Armut in die Arbeitslosigkeit

Mit der tiefen ökonomischen Krise seit 2008 ging ein Sozialkahlschlag durch die EU, wie es dieser Kontinent davor Jahrzehntelang noch nicht erlebt hat. Im Vergleich zu 2008 stieg die offiziell ausgewiesene Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2013 in der gesamten EU um 66%, von 16,2 auf 27 Millionen. Eine noch höhere Steigerungsrate gab es in der Eurozone, hier stieg die Arbeitslosigkeit um 71%, von 11,4 auf 19,5 Millionen.

Wie jede kapitalistische Krise könnte auch diese im Rahmen des Systems nur durch Zerschlagung und Schließung von Produktionskapazitäten der in der Konkurrenz unterlegenen Kapitalfraktionen „gelöst“ werden. Fast unnötig zu erwähnen, in welchen Staaten die Arbeitslosigkeit quasi explodierte: in Griechenland und Spanien liegt die offizielle Arbeitslosenquote bei knapp 30%, auch die anderen süd- und osteuropäischen Staaten (Italien, Portugal, Kroatien, Bulgarien und die Slowakei) haben mit gestiegener und weiter steigender Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Zum einen hat  die Deindustrialisierung einen enormen Anteil an der Arbeitsplatzvernichtung, in Spanien z.B. haben seit 2007 mehr als 200.000 Unternehmen geschlossen, v.a. kleinere und mittelständische Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten, sie stellten 97% aller Schließungen in Spanien (Quelle FAZ 11.9.12). Zum anderen haben die Sparangriffe auf den Öffentlichen Dienst in Südeuropa den anderen großen Arbeitssektor unterhöhlt, dort wird nur noch entlassen und eingespart – Neueinstellungen sind rar gesät.

Die Krise hat in Südeuropa eine ganze Generation aussortiert. Vor 2007, in den Boomjahren der „Globalisierung“, wurde der nachwachsenden Generation eingebläut, dass sie mit entsprechender Qualifikation (meist Hochschulabschluss) keine Armut mehr zu fürchten hätte, jetzt stehen Millionen unter 25jährige auf der Straße: in Griechenland 58%, in Spanien 56%, in Portugal 37%, in Italien 40%, in Irland 28% und auch in Frankreich 26%. Stattdessen wirbt das deutsche Kapital wieder vermehrt Arbeitskräfte aus Südeuropa an, da können sich die heutigen ArbeitsmigrantInnen Tipps bei den Großeltern holen, die damals als „Gastarbeiter“ schon Erfahrungen sammeln konnten. Ende 2012 arbeiteten schon ca. eine halbe Million jüngere SüdeuropäerInnen in Deutschland, speziell im Gesundheitsbereich werden gezielt Kräfte angeworben. Das deutsche Kapital ist auch hier Nutznießer der Krise, die Fachkräfte werden angeworben, ohne zuvor einen Cent in deren  Ausbildung gesteckt zu haben. Gleichzeitig dienen die oft niedrigeren Löhne für die MigrantInnen als Druckmittel gegenüber den einheimischen Arbeitskräften.

Schuldenkrise

Die Schuldenkrise, die viele Staaten enorm belastet, ist eine direkte Folge der Finanzkrise von 2007/08. Die Verluste der
Finanzmärkte, der Banken und der Fonds wurden zum Teil direkt übernommen oder in staatliche „Bad Banks“ überführt, oder vom ESM/ESFS (Rettungsschirm und -fond) teilfinanziert. Die Folge war ein erheblicher Zuwachs der Staatsverschuldung. In der EU stiegen die Staatsschulden so von 2007-12 um genau 50%, von 7,3 auf 11 Billionen Euro; in der Eurozone um 43%, von 5,9 auf 8,6 Billionen Euro, diese Schulden sind zugleich zu einem neuen Spekulationsobjekt auf den Börsen geworden und stellen ein enormes Druckmittel gegenüber den Staaten Süd- und Osteuropas dar, das ihre Abhängigkeit von den führenden Mächten noch steigert.

Im Verlauf der Krise sind bis 2012 mindestens 1,6 Billionen Euro per Rettungsschirm u.a. Maßnahmen in Banken und Finanzmärkte geflossen. Aktuelle Staatsanleihen haben meist eine zeitliche Befristung von 5-6 Jahren, was bedeutet, dass die Mitgliedsstaaten der EU jährlich 2 Billionen zur Refinanzierung dieser Kredite brauchen. Diese Ausgangslage brachte Berlusconi in Italien zu Fall und birgt weiterhin große fiskalische Risiken.

Natürlich stiegen mit den Schulden auch die jährlichen Zinszahlungen, die EU-Staaten insgesamt zahlten 2012 380 Mrd. Euro an Zinsen an die Großbanken und die Finanzindustrie. Das diese trotzdem weiter in der Krise ist, liegt an den anderen Dimensionen dieser Branche. Als der Rettungsschirm ESM 2012 in Höhe von 750 Mrd. Euro aufgespannt wurde, gab es eine Schätzung der EZB über die Schuldenmenge der Großbanken in der EU, diese Schätzung belief sich auf ca. 10 Billionen Euro, also vergleichbar mit der Schuldenmenge aller EU-Staaten.

Bei diesen Dimensionen übersteigt dann auch mal die Bilanzsumme der „nationalen“ Finanzindustrie das BIP des dazugehörigen Staates. Der IWF stellte dies 2011 z.B. für Großbritannien fest (8,6 Bill. Dollar Bilanzsumme gegenüber 2,3 Bill. BIP), für Frankreich (7,6 zu 2,6), für Deutschland (3,6 zu 3,3) und die Niederlande (1,7 zu 0,8).

Für die verschuldeten Staaten vervielfachten sich die Zinszahlungen während der Krise massiv, dies ging einher mit schlechteren Ratings der herrschenden Agenturen. Für die Eurozone stiegen die Zinsraten zwischen 2009-12 um 16%, in der der gesamten EU um 23% – für die „Krisenländer“ gibt es Zuwächse von 85% (Irland), von 68% (Spanien), 52% (Portugal) und 23% (Italien). Für diese u.a. Staaten werden die Höchststände aber noch kommen, schließlich wurden viele aktuelle Schuldpapiere 2008 zu relativ niedrigen Zinsen abgeschlossen, deren Refinanzierung steht erst noch an.

Die Krisenstaaten, einige Zeit „PIIGS-Staaten“ (Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien)  genannt, stecken dadurch in einer Schuldenspirale fest. Wenn bei rezessiver volkswirtschaftlicher Entwicklung die Schulden inklusive Zinszahlungen steigen, bleibt den öffentlichen Haushalten immer weniger Spielraum für Investitionen, gleichzeitig wird durch die Sparpakete ein Abbau des öffentlichen Sektors betrieben – aus rein kapitalistisch-volkswirtschaftlicher Sicht gibt es wenig Hoffnung auf einen Aufschwung bei dieser Ausgangslage.

Bei diesem europäischen Schuldenkreislauf bekommen die Schuldenstaaten neue Kredite, um die alten Kredite bei der Finanzindustrie der führenden Kapitalfraktionen zu bedienen, hier wirkt imperialistische Konkurrenz, welche durch die EU-Bürokratie und der EZB reguliert bzw. institutionalisiert wird.

Auswirkungen und Perspektive der Krise

Die EU ist in einer tiefen sozialen, politischen und ideologischen Krise. Die EU-Bürokratie hat gleichzeitig einen Machtzuwachs erlebt, sie bricht nicht nur nationales Recht in ökonomischen Fragen, diese Bürokratie „transformiert“ jetzt auch Regierungen nach Gutdünken. Die Absetzung des griechischen Ministerpräsidenten Papandreou durch die eigene Partei PASOK, die Einsetzung einer Übergangsregierung unter dem Ex-EZB-Vize Papademos inkl. der konservativen ND und der rechtspopulistischen LAOS, war ein parlamentarischer Putsch, dirigiert und unterstützt durch Brüssel, Berlin und Paris. In Italien wurde in ähnlicher Weise die Regierung Berlusconi abgelöst. In seiner Regierungspartei und der oppositionellen PD fanden sich genügend Kräfte, um die dortige Übergangsregierung unter Ex-EU-Kommissar Monti zu installieren – wie in Griechenland ohne vorherige Wahl.

Als Resultat der „Regierungsumbildung“ setzen die Regierungen in Griechenland und Italien alle Spardiktate der EU strikt um. Diese tiefe politische und ideologische Krise – die Massen „erwarten“ nichts mehr von der EU, ganz im Unterschied zum Anfang der „Europäischen Einigung“.

Das drückt sich auch im Aufstieg von rechtspopulistischen und neofaschistischen Parteien aus. Neofaschisten wie „Jobbik“ in Ungarn oder die „Goldene Morgenröte“ in Griechenland konnten Wahlerfolge feiern und verfügen über einen beträchtlichen Massenanhang. Rechtspopulistische Formationen wie die FN in Frankreich schicken sich an, das etablierte parlamentarische Parteiensystem zu verändern, ebenso die „Freiheitspartei“ in den Niederlanden, die „Wahren Finnen“ oder auch die ansteigenden Wahlergebnisse der FPÖ in Österreich. Dabei setzen die Rechten zum einen auf Hetze gegen die EU-Bürokratie, aber auch auf „klassische“ rechte Themen wie Nationalismus und Rassismus.

Im Zuge der Schuldenkrise wurde v.a. der Rassismus gegenüber Flüchtlingen, ArbeitsmigrantInnen oder Südeuropa im allgemeinen wieder salonfähig, viele Elemente dieser rechten Ideologien übernahmen auch die etablierten bürgerlichen Parteien. Große Teile des Kleinbürgertums in Europa stehen seit Ausbruch der Krise in einer verschärften Konkurrenz gegenüber dem Großkapital, viele Berufe des Kleinbürgertums wurden sozial abgewertet – das ist ein guter Nährboden für den Aufstieg rechter Parteien.

Am Scheideweg

Dabei profitieren die rechten Parteien von der offensichtlichen Schwäche der organisierten Arbeiterbewegung und der radikalen Linken. Seit Ausbruch der Krise kam es in Europa gerade zu zwei europäisch koordinierten Aktionen der Gewerkschaften und der Linken: im September 2010 und am 14. November (14N) 2012. Ansonsten gleicht der „Widerstand“ der etablierten Organisationen ihrer sonstigen Politik – dieser ist auf den „Standort“ focussiert. In Griechenland gab es zwar dutzende Generalstreiks, auch in Spanien, Portugal und Italien fanden Massenaktionen der Arbeiterbewegung statt, aber diese blieben national isoliert und waren meist nur symbolische, begrenzte Aktionen und konnten somit gegen die europäisch koordinierten Angriffe des Kapitals keine Gegenmacht aufbauen.

In Spanien fand am 22.3. ein „Marsch der Würde“ gegen die Sparangriffe der Regierung Rajoy statt – aber mit mangelnder Unterstützung durch die Gewerkschaftsverbände (CCOO & UGT). Auch in Abgrenzung zu deren Politik gingen ca. 2 Millionen auf die Straße.

Die radikale Linke, wie auch die etablierten Organisationen der Arbeiterbewegung sind am Scheideweg. Entweder wir kämpfen mit einer anti-kapitalistischen und sozialistischen Perspektive gegen dieses Europa des Kapitals oder wir wärmen den alten Traum der Sozialpartnerschaft wieder auf. Entweder es beliebt bei symbolischen und isolierten Aktionen und lauwarmen Resolutionen der offiziellen VertreterInnen der Massen oder aber es gelingt, eine Alternative dazu zu schaffen: europaweit koordinierte Widerstandsstrukturen, die gemeinsam mobilisieren und ein Aktionsprogramm erarbeiten, das eine klassenkämpferische, internationalistische Stoßrichtung hat.

In eine solche Dynamik kann und muss eine antikapitalistische Perspektive getragen werden, die   auch zum Aufbau einer neuen revolutionären Linken in Europa führt, welche der kapitalistischen „Einigung“ Europas, die in Wirklichkeit nur Elend, Hass und Spaltung für den Kontinent bedeutet,  die Losung der „Vereinigten sozialistischen Staaten Europas“ entgegen hält.