Nieder mit Assad – Sieg der Free Syrian Army!

Für den Sieg der „Free Syrien Army“ und den Aufbau einer unabhängigen revolutionären Arbeiterpartei!

In diesen Tagen und Wochen wird in Damaskus, Aleppo, Idlib und anderen Städten Syriens über die Zukunft des Landes entschieden. Ohne zunächst einzugehen auf die politischen Pokerzüge verschiedener regionaler oder imperialistischer Mächte und deren Ringen, sich im Syrien nach Assad schon mal einzukaufen und beliebt zu machen, muss eines betont werden: Der Ausgang der Kämpfe in Aleppo und Damaskus wird darüber entscheiden, ob die unterdrückte Bevölkerung Syriens voranschreiten und gegen Diktatur, Unterdrückung und Imperialismus siegen kann – oder ob sie für weitere Jahrzehnte unter der Gewaltherrschaft von al-Assad schmoren, hungern und leiden wird.

Die Freie Syrische Armee (FSA) muss in ihrem gerechten Kampf gegen die Regierung siegen – anderenfalls würden in Syrien bald keine Revolutionäre mehr am Leben sein, das Schlachten der al-Assad-Regierung an der syrischen Bevölkerung würde erst beginnen. Wir stehen daher in diesem Bürgerkrieg ohne wenn und aber auf der Seite der Unterdrückten und der FSA, die für ihre Rechte kämpft – und wollen alle Internationalist_innen auffordern, sich mit unseren Schwestern und Brüdern in Syrien zu solidarisieren. Sie haben jedes Recht, diese Regierung zu stürzen, und wir dürfen in dieser Frage nicht neutral sein.

Wir wollen uns noch mit den Argumenten der al-Assad-Freunde auseinandersetzen, und wir wollen keine undifferenzierte politische Unterstützung für bürgerliche und reaktionäre politische Strömungen üben – doch wir unterstützen jeden Kampf, jede Aktion, wenn sie die verbrecherische Syrische Armee schwächt und den Sturz der Regierung al-Assad näherbringt. Dies ist nicht nur im Interesse der syrischen Jugend, der Arbeiter_innen und der Armen. Es ist auch Vorraussetzung für die Befreiung der 500.000 Palästinenser_innen in Syrien. Entgegen den Behauptungen der Regierung muss der Großteil von ihnen staatsbürgerliche Rechte entbehren und seit 60 Jahren als „Flüchtlinge“ in Lagern vegetieren.

Panzerkollone des Regimes – Syrien unterhält eine der größten Armeen der Region.

Seit Beginn des Ramadan am 20. Juli haben beide Seiten – die FSA ebenso wie die Regierungsarmee – ihren Einsatz und ihre Anstrengungen nochmals erhöht. Sie kämpfen mit höchst ungleichen Mitteln: in Stärke und Ausrüstung ist die Regierung der FSA weit überlegen. Letztere verfügt kaum über schwere Waffen, ihre Strukturen sind weit weniger gefestigt und die Versorgung mit Munition und lebensnotwendigen Gütern ist nicht gewährleistet. Die Behandlung von Verwundeten – Kämpfern wie Bewohner_innen – muss in notdürftig eingerichteten Feldlazaretten stattfinden, da die Krankenhäuser regelmäßig von Assad-Milizen „gesäubert“ werden.

Umso bewundernswerter ist ihre Ausdauer und ihre Opferbereitschaft, mit der die FSA Viertel und Städte unter andauerndem Artilleriebeschuss wochen- und monatelang gegen die Armee verteidigt. Vorraussetzung dafür ist zum einen die Selbstlosigkeit und der Todesmut ihrer Kämpfer, zum anderen die Unterstützung durch die städtische und ländliche Bevölkerung. Sie kämpft seit einem Jahr mit gewaltigen Opfern, aber dennoch ungebrochen gegen einen vielfach größeren, stärkeren und professionelleren Feind. Diese Opfer, bislang beinahe 25.000 tote Kämpfer und Bewohner_innen, sind jedoch nicht umsonst: immer mehr Soldaten der Syrischen Armee wechseln die Seite, viele tausend Jugendliche schließen sich spontan der Freien Armee an.

Selbst die Assad-Führungsclique begann in den letzten Wochen zu bröckeln. Im Angesicht der drohenden Niederlage verlassen die Ratten das sinkende Schiff. Zwar hat die FSA auch empfindliche Niederlagen hinnehmen müssen – doch es ist zu beachten, dass in einem Guerilla-Kampf andere Regeln gelten als in herkömmlichen Kriegen. Ein taktischer Rückzug, wie zuletzt aus dem Viertel Al-Saladin in Aleppo, ist nicht gleichbedeutend mit einer Niederlage – Guerilla-Kämpfer sind in der Lage, unterzutauchen und an anderer Stelle oder zu anderer Zeit den Kampf fortzusetzen. Die FSA kann daher nicht besiegt werden, solange sie die Unterstützung der Bevölkerung genießt.

Aufnahme eines Massengrabes nach einem Massaker des Assad Regimes an Zivilisten.

Das ist auch der Grund für die unglaubliche Brutalität der Syrischen Armee gegen „Zivilisten“. Stets folgt auf den taktischen Rückzug der FSA ein wahlloses Massaker an Bewohner_innen. Wohnviertel in Aleppo, Homs, Idlib und vielen anderen Städten werden täglich schwer bombardiert. Bereits dies sollte allen ernsthaften Linken klarmachen, wer hier für wen kämpft. Doch was ist mit den Argumenten der Unterstützer Assads? Teile der Linken, auch in Deutschland, stellen sich auf die Seite Assads oder leugnen zumindest die Legitimität des Aufstandes. Sie behaupten, die FSA sei in Wirklichkeit ein imperialistischer Agent, wohingegen die Assad-Regierung die Interessen der syrischen Bevölkerung gegen den Imperialismus verteidige.

Selbstverständlich werden ernsthafte Revolutionäre nicht in Abrede stellen, dass die USA, die BRD und andere ihre Agenten in Syrien haben – alles andere wäre nur verwunderlich. Deren Ziel ist allerdings nicht, den Aufstand zum Sieg zu führen – vielmehr wollen sie schonmal klarmachen, wer nach Assad in Syrien mitreden darf. Sie wollen – und hier trennt sie nicht viel von den Stalinist_innen wie der DKP – einen „geordneten Übergang“ anstatt der revolutionären Machtergreifung. Sie wollen, mit einem Wort, eine bürokratische Neuordnung Syriens zu ihrem Vorteil, statt dem Sieg der Revolution im Interesse der Unterdrückten.

Dass nun Imperialisten wie die USA taktische Unterstützung für die FSA üben, delegitimiert jedoch selbstverständlich nicht die Revolution als solche. Wer so denkt, muss jede Revolution verdammen, denn nie werden Imperialisten und Reaktionäre tatenlos zusehen, wo eine Revolution sich erhebt. Mögen die Imperialisten die FSA mit Geld oder Waffen unterstützen – diese Unterstützung anzunehmen ist nicht falsch, sondern obligatorisch, solange keine Bedingungen daran geknüpft sind. Die Stalinist_innen schließen jedoch von einer Übereinstimmung in taktischen Zielen auf eine politische Übereinstimmung oder Abhängigkeit – tatsächlich tragen sie selbst die Verantwortung, sollte die Revolution von den Imperialisten okkupiert werden und in die imperialistische Konterrevolution übergehen.

Zwar stellen sich Kommunisten gegen jede Intervention der UNO/NATO. Aus dem Veto Russlands und Chinas allerdings zu schließen diese seien „Antiimperialisten“ ist nicht nur unsachlich, sondern reaktionär.

Dies kann nur verhindert werden durch volle brüderliche Unterstützung der Revolution, Kampf gegen imperialistische Einmischung, Kampf gegen Illusionen in die UNO und andere imperialistische Organe! Offensichtlich absurd wird die Politik der Stalinist_innen dann, wenn sie eine „anti-imperialistische“ Schutzallianz Russland-China behaupten – diese sind selbst imperialistische Mächte, gehören also zu den Herrschern der Welt und verteidigen nichts als ihre eigenen imperialistischen Ziele, die sie durch die Revolution gefährdet sehen.

Sich in diesem Krieg „neutral“ zu verhalten, ist nicht nur ein unverzeihlicher Verrat an der syrischen Bevölkerung, die derzeit in jeder Minute gefoltert und geschlachtet wird – es bedeutet auch, Syrien nach Assad den „Reformern“, den Islamisten und den Imperialisten zu überlassen, anstatt die Revolution voranzutreiben zur Machtergreifung der Arbeiter_innen und Unterdrückten. Dies zeigt die Entwicklung in Tunesien, Libyen und Ägypten, wo die Revolution zum Stillstand gekommen ist, nachdem Tausende ihr Blut vergossen haben für den Sturz der Diktatur.

Illusionen in die UNO, in imperialistische „Unterstützer“ oder in einen „friedlichen Übergang“ müssen bekämpft werden, indem ihnen die tatsächlichen Möglichkeiten der syrischen Jugend und Arbeiter_innen gegenübergestellt werden:

  • Demokratische Gegenmacht der Unterdrückten statt Gemauschel zwischen „Exil-Syrern“ und Imperialisten!
  • Räte in Stadtteilen, in der Freien Armee, in den Fabriken müssen gebildet werden, um die Übernahme der Macht vorzubereiten!
  • Unterstützung durch die Kämpfer der Tunesischen,
    Ägyptischen und Tunesischen Revolution!
  • In der Freien Armee selbst muss für proletarische Ziele gekämpft werden und für die demokratische Wahl der Komandeure!
  • Die Revolution beschränkt sich nicht auf demokratische Ziele – Selbstbestimmung kann nur erreicht werden, wenn Industrie, Außenhandel und Grundbesitz unter Kontrolle der Unterdrückten gestellt wird!
  • Kein Vertrauen in bürgerliche Führer_innen oder Islamist_innen! Nicht der „Syrische Nationalrat“, nicht die UNO und nicht die Regierung der Türkei dürfen über Syrien entscheiden – dies steht nur der unterdrückten syrischen Bevölkerung selbst zu und den Kämpfern, die derzeit ihr Blut vergießen für die Zukunft Syriens!
  • Für den Aufbau einer revolutionäre Arbeiterpartei, die für die permanente Revolution kämpft!

Ein Artikel von Bruno Lahrius, REVOLUTION Stuttgart




Pussy Riot fucks Putin

Die feministische Punkband Pussy Riot ist – gemäß den überaus harten russischen Anti-Blashphemie Gesetzen – mit zwei Jahren Arbeitslager bestraft wurden. Das Urteil, das am 17. August nach einer provokanten Performance auf dem Altar einer Moskauer Kathedrale verhängt wurde, ist ein Ausdruck des verschärften Vorgehens der Putin-Clique gegen die Pro-Demokratie-Demonstranten seit Beginn dieses Jahres.

Drakonisches Urteil

Die Performance fand statt, um die Aufmerksamkeit auf die Politik der orthodoxen Kirche zu richten, deren oberster Vertreter, der Patriarch, bei den Wahlen im März dem autoritären Präsidenten Wladimir Putin den Rücken gestärkt hatte.

Die Anklage wurde unter dem Vorwurf des „Hooliganismus“ und „religiös geprägten Hasses“ geführt. Die Staatsanwaltschaft unter Alexei Nikiforov behauptete gar, „die Aktionen der Komplizen zeigen deutlich religiösen Hass und Feindschaft“. Daher wurde gefordert, dass sie „von der Gesellschaft isoliert werden“ müssen.

Entgegen der Behauptungen, der Protest wäre nicht politisch motiviert gewesen, argumentierte die Verteidigung, dass die Performance der drei Frauen ein offensichtlicher Akt der Opposition gegen Putin war – wie auch der Titel des Liedes „Virgin Mary, Chase Putin Out“. Dabei ging es keineswegs um anti-religiösen Hass.

Der Fall hat die Wut auf die Regierung erneut geweckt, die entstand, als Putin im letzten Herbst angekündigt hatte, erneut als Präsident anzutreten. Bereits damals waren die riesigen Proteste von brutaler polizeilicher Repression begleitet. Jetzt ist die Regierung entschlossen, wieder die Initiative zu ergreifen.

Einer der Anwälte der Frauen sagte, sie würden schrecklich behandelt und gefoltert – Essen und Schlaf würden ihnen verweigert. Daher riefen Aktivisten der Opposition am 19. August zu Protesten gegen die Behandlung der Frauen und für ihre Freilassung auf, der sich in Russland und international Tausende und Abertausende anschlossen.

Das drakonische Urteil von zwei Jahren Lagerhaft offenbart freilich nicht die Brutalität des russischen Regimes und das Zusammenspiel verschiedener Komponenten des „Systems Putin“ – der reaktionären orthodoxen Kirche, des Präsidenten, der gleichgeschalteten Medien wie der „unabhängigen Justiz“. Es offenbart unfreiwillig auch seine Verlogenheit und innere Schwächen. Die Fassade der scheinbaren Unabhängigkeit dieser Systemkomponenten bröckelt gerade da, wo sich die einzelnen Komponenten in einer zynisch-lächerlichen „Eigenständigkeit“ präsentieren, wenn Putin und die Kirche für „Milde“ plädieren und zu hoffen vorgeben, dass ihre Freunde von der „unabhängigen Gerichtsbarkeit“ nicht allzu streng wären.

System Putin und seine Schwächen

Pussy Riot bei der Verkündung des Urteils am 17. August.

Seine Schwächen offenbart das System freilich auch gerade durch seine Brutalität, die „Unverhältnismäßigkeit“ des Urteils. Es ist Teil einer immer umfassenderen Einschränkung demokratischer Freiheiten wie die jüngste Verschärfung des Demonstrationsrechts zeigt; es ist Teil reaktionärer Hetze gegen Homosexuelle, nationale und politische Minderheiten.

Im Prozess gegen Pussy Riot macht sich die ganze Scheinheilig der Vertreter und Parteigänger des Systems bemerkbar. Einerseits sollte jeder politische Charakter der Aktion von Pussy Riot dementiert, der Auftritt in der Kathedrale auf einen Akt unzüchtigen und gotteslästerlichen Verhaltens reduziert werden; zum anderen wurde natürlich ein politischer Prozess mit symbolischen Strafen aufgezogen, der dank der Unterstützung für Pussy Riot zum Selbstläufer, zu einem weiteren Sammelpunkt für den Protest

gegen das Regime wurde.

Der Prozess gegen Pussy Riot offenbart aber auch die politische Feigheit und Schwäche der Führung der Opposition und Pseudo-Opposition zu Putin. Drei Punk-MusikerInnen haben mehr Courage und Direktheit im Kampf gegen den Kreml-Chef und seine Handlanger in Kirche, Justiz, Medien bewiesen, als die FührerInnen der (neo)liberalen und stalinistischen Opposition, die Kasparows, Sjuganows und wie sie sonst heißen, zusammen. Sie sind allesamt Leute, die eher hoffen, so reaktionäre und „ehrwürdige“ Institutionen wie die Repräsentanten der orthodoxen Kirche als Verbündete zu gewinnen, statt deren reaktionäre Rolle zu entlarven, Leute, die allesamt wenig am russischen Staat auszusetzen haben – außer, dass sie darin nicht die Rolle spielen, die ihnen ihre Meinung nach gebührt.

Pussy Riot hat also auch gezeigt, dass die Bewegung gegen das Regime selbst eine andere, entschlossenere Ausrichtung braucht – eine, die nicht nur Putin an den Pranger stellt, sondern sein ganzes System; eine, die nicht nur die Entrechtung durch Putin anprangert, sondern auch die kapitalistischen und imperialistischen Wurzeln dieses Systems. Nur so wird der Widerstand letztlich die Kraft entfalten können, um den Kampf gegen Autoritarismus, Sexismus, Chauvinismus, Homophobie und Nationalismus mit dem Kampf der Arbeiterklasse zu verbinden.

  • Solidarität mit Pussy Riot – Freilassung jetzt!
  • Weg mit den reaktionären Blasphemie-Gesetzen!
  • Nieder mit Putin und seiner Bande!

Ein Artikel von Sally Turner, überarbeitet nach dem Urteil vom 17. August




Krise und Klassenkampf in Griechenland – Augenzeugenberichte aus Athen

Krise und Klassenkampf in Griechenland. Sozialismus oder Barbarei! 


Im Juli und August besuchten GenossInnen der Gruppe Arbeitermacht und REVOLUTION Griechenland im Zuge einer Solidaritätsdelegation. Sie berichten im Rahmen einer Rundreise von ihren Erfahrungen, von den Kämpfen vor Ort und von den Perspektiven des griechischen Widerstandes – vom Abwehrkampf zur sozialistischen Revolution.

Nach Jahren von Krise und Niedergang ist ein großer Teil der griechischen Bevölkerung verarmt. Mehr als 20 Prozent sind arbeitslos. Und EU, die EZB, der IWF – allen voran die Regierung Merkel – wollen noch mehr. Während die griechischen wie europäischen Banken gerettet werden, gibt es ein Kürzungsprogramm nach dem anderen, das die Bevölkerung weit ins Elend treibt. Die Regierung Samaras ist willfähriger Erfüllungsgehilfe dieser Politik.

Doch es gibt auch:

• Besetzte Betriebe

• Streikende ArbeiterInnen

• MigrantInnen, die sich gegen Rassismus wehren

• Nachbarschaftskomitees

• Eine stärker werdende Linke

Die Veranstaltungstermine:

Hamburg: Montag, 3. September 2012 I 19.00 Uhr I MTZ
Magda Thürey-Zentrum I Lindenallee 72 I 20259 Hamburg.


Kassel: Mittwoch, 5. September 2012 I 19.00 Uhr
Café Buch-Oase I Germaniastraße 14 I 34119 Kassel.


Berlin: Mittwoch, 12. September 2012 I 19.00 Uhr
Omayra I Engeldamm 68 I 10179 Berlin.


Stuttgart: Donnerstag, 13. September 2012 I 19.00 Uhr
DGB Haus (Kellerschenke) I Theodor-Heuss-Straße 2 a
70174 Stuttgart (Nähe S-Bahn Stadtmitte).


Freiburg: Mittwoch, 24. Oktober 2012 I 19.00 Uhr
Linkes Zentrum ¡Adelante! I Glümerstrasse 2 I 79102 Freiburg




Aufstand in Syrien: Nieder mit dem Assad-Clan! Solidarität mit der Revolution!

Am 18. Juli hat die Freie Syrische Armee (FSA) mit einem gezielten Schlag gegen die Armee- und Regierungsspitze eine Offensive gegen die syrische Armee begonnen. In allen Städten des Landes kämpft sie nun für die Übernahme der Macht und den Sturz der Assad-Regierung. In Damaskus drang sie zeitweise bis dicht vor den Regierungssitz vor. Alleine in den letzten Tagen sollen viele Tausend Soldaten der Assad-Armee desertiert sein, auch hohe Befehlshaber haben sich dem Aufstand angeschlossen oder in Nachbarländer abgesetzt, um sich vor der drohenden Niederlage zu retten.

Damit ist der Sturz der Assad-Diktatur so nahe wie nie. Als internationale kommunistische Jugendorganisation stehen wir voll an der Seite der Kämpferinnen und Kämpfer, die in dieser Lage unvorstellbaren Mut und gewaltige Opfer aufbringen, um für eine bessere Zukunft der Syrer_innen zu kämpfen. Die syrische Opposition zählte bislang annähernd 20.000 getötete Kämpfer_innen und Bewohner_innen. Die Inkaufnahme solch massenhafter Opfer beweist zum einen die Ausweglosigkeit, in der sich die mörderische Assad-Regierung befindet – zum anderen die unfassbare Überzeugung der Aktivist_innen und der sie unterstützenden Bevölkerung.

Die Getöteten sind Märtyrer_innen nicht nur für die unterdrückte syrische Bevölkerung, sondern für die Unterdrückten des gesamten Nahen Ostens, die ausnahmslos unter der Gewaltherrschaft von Polizei- und Folterstaaten leben – nicht zu sprechen von der israelischen Apartheid in Palästina.

Der Sturz der Assad-Regierung wäre ein Sieg für all diese Unterdrückten. Syrien nach Assad – demokratisch geführt von den Kämpfer_innen der FSA, den Aktivist_innen in den Städten und den Arbeiter_innen – könnte zur Spitze der revolutionären Bewegung im Nahen Osten werden und beispielsweise die Palästinenser_innen in ihrem Kampf um Selbstbestimmung konkret unterstützen. Es könnte auch die Stagnation der Revolution in Ägypten durchbrechen, wo derzeit immernoch Mubaraks Militärrat regiert.

Und ein Sieg der syrischen Revolution wäre auch eine Niederlage für die Imperialisten in Deutschland oder den USA. Die Stalinist_innen und andere nationalbornierte „Revolutionäre“ mögen dies bestreiten – doch wenn die Imperialisten Assad zum Rücktritt oder zumindest zu „Reformen“ zu bewegen versuchen, sollten wir hierrauf keinesfalls mit der Verteidigung Assads reagieren. Auch die Tatsache, dass möglicherweise die Imperialisten selbst, Islamisten oder Agenten anderer Mächte (Saudi-Arabien, Iran oder andere) geheime Operationen in Syrien durchführen, ist kein Grund, der Revolution ihre Legitimität abzusprechen – dies wäre eine Verhöhnung des Massenaufstands, der sich zuallererst auf die berechtigte Empörung der Massen über ihre Verarmung durch eine selbstherrliche und korrupte Gewaltregierung stützt. Wie sollte die syrische Bevölkerung überhaupt einen Aufstand gegen die Regierung führen, ohne sich dem Versuch der Vereinnahmung durch Imperialisten oder andere Feinde auszusetzen?

Die Antwort, die Revolutionäre auf diese Einmischung geben sollten, ist vielmehr das Eintreten für völlige nationale Unabhängigkeit Syriens und der Kampf gegen alle Kräfte, die in diesem Volksaufstand für ein Bündnis mit den Imperialisten (durch UN-Resolutionen oder Kriegsbeteiligung) eintreten. Solange jedoch keine reaktionären Zugeständnisse an die Imperialisten gemacht werden, müssen wir alle nur möglichen Hebel in Bewegung setzen, den Aufstand zu unterstützen und zum Sieg zu führen. Imperialistische Spione oder Agenten müssen, sollten sie enttarnt werden, ebenso wie Assad-Treue als Kriegsverbrecher bestraft werden.

Die „Unterstützung“ durch Imperialisten ist das letzte, was die syrische Revolution braucht – sehr wohl benötigt sie jedoch die uneingeschränkte Unterstützung durch die Arbeiter_innen und Jugendlichen aller Länder. Denn ein befreites Syrien nach Assad wäre den Angriffen Israels, Irans, imperialistischer Armeen ebenso wie der Korruption und dem Ausverkauf durch „westlich-orientierte“ Führer_innen schutzlos ausgeliefert. Es könnte nur bestehen, wenn die Arbeiter_innenklasse Syriens mit der vollen Solidarität der Weltarbeiterklasse sich an die Spitze der Revolution setzt mit dem Ziel, diese auf die gesamte Region auszuweiten – und zugleich unterstützt wird von Ländern wie Ägypten oder Libyen, wo sowohl erfahrene Kämpfer_innen als auch eine weitentwickelte Industrie und Rohstoffe vorhanden sind.

Die Frage des Sieges oder der Niederlage der syrischen Revolution entscheidet sich in diesen Stunden und Tagen. Die Offensive der Aufständischen könnte Assad rasch vertreiben und durch eine demokratisch-revolutionäre Übergangsregierung ersetzen, welche die dringendsten Probleme der syrischen Bevölkerung löst: die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Behandlung der Verwundeten, Herstellung von demokratischen Rechten und die Freilassung aller vom Regime gefangenen Aktivist_innen. Es würde sich jedoch rasch die Frage stellen, welche Kraft in der Lage ist, auf Dauer der Einflussnahme und den Angriffen von Imperialisten zu widerstehen – dies kann nur die Arbeiterklasse sein. Daher zählt auch der Aufbau von unabhängigen Arbeiter_innenorganisationen, Gewerkschaften, Fabrikkomitees usw. zu den wichtigsten Aufgaben für Revolutionäre. Die Linke muss Antworten auf die Herausforderungen der Revolution finden und bspw. die verheerende Politik der „Kommunistischen Partei Syriens“, die fest in Assads Machtapparat eingebunden ist, aufs Schärfste bekämpfen. All jene „Linken“, die – beispielsweise in Deutschland – den berechtigten Aufstand gegen Assad denunzieren und damit der Konterrevolution (durch Assad, Islamisten oder den Imperialismus) das Wort reden, begehen einen unvergleichlichen Verrat an der syrischen Bevölkerung. Sie tragen täglich Verantwortung für das Morden an den syrischen Revolutionären.

  • Sieg der Syrischen Revolution – Solidarität und Unterstützung für die Freie Syrische Armee und ihre mutigen Kämpfer_innen!
  • Die Syrer brauchen keine imperialistische Hilfe – Kein NATO-Einsatz, kein Einsatz einer „Allianz der Willigen“! Stattdessen für organisierte Arbeitersolidarität – Gewerkschaften und Arbeiterparteien sollten Nahrungsmittel-, Geld- und sonstige Spenden für die Unterstützung der Rebellen sammeln!
  • Nieder mit Assad – für die permanente Revolution! Keine „Übergangsregierung“ mit Beteiligung von Assad-Nahen, so wie es manche proimerpialistische Führer der Rebellen anbieten!



Verteidigt den Streik der griechischen Stahlarbeiter_innen!

Das Stahlwerk von Chalevourgia aus der Entfernung. Im Vordergrund links sieht man ein Spruchband von PAME, einer der KKE nahen Gewerkschaft.

Am Freitag. den 20. Juli  wurde das Stahlwerk in Chalivourgia, das seit über neun Monaten von den 380 Beschäftigten bestreikt und besetzt wurde, von der Polizei mit Tränengas und Knüppeln geräumt. Der Streik, der für viele Arbeiter_innen in- und außerhalb Griechenlands ein Vorbild war, sollte durch die Polizeikräfte zerschlagen werden. Der Streikposten wurde gewaltsam aufgelöst und 9 Arbeiter_innen verhaftet!

Dieser Anschlag auf die Arbeiterklasse geht auf das Konto der Regierung Samaras, die sich auf die konservative Nea Demokratia, die nationalistische PASOK und die „sozialdemokratische“ DIMAR stützt.

Ein angeblicher Gesetzesverstoß bei einer Streikabstimmung vor zwei Monaten – eine Entscheidung wurde damals per Handzeichen und nicht per Urnenwahl gefällt – diente als Anlass, die Aktion für „illegal“ zu erklären und als Vorwand, ein wichtiges Symbol des Widerstandes zu räumen. Die Beschäftigen hatten das Werk besetzt, um die Entlassung von 120 Arbeiter_innen und weitere Sparmaßnahmen, wie die Streichung des fünften Arbeitstages der Woche zu verhindern. Der Angriff der Polizei auf den Streik, war nicht nur ein Angriff auf die Stahlarbeiter_innen sondern auf die gesamte Widerstandsbewegung. So sollen nicht nur die Streikenden, sondern die gesamte Arbeiterklasse und Jugend des Landes entmutigt werden.

Es waren 50 mal mehr Arbeiter und Jugendliche als Polizisten gekommen, um den Stahlarbeitern ihre Solidarität auszusprechen!

Doch bereits am Abend fand eine Demonstration mit mehr als 5.000 Demonstrant_innen vor dem Werk statt – viele von ihnen KKE- und PAME-Anhänger_innen. Die Stimmung war kämpferisch und militant, die Polizei in einer klaren Unterzahl. Doch die Führung der Streikenden und der Demonstration – die KKE (Kommunistische Partei) und PAME (ihr nahe stehende Gewerkschaft) – unterließen es, das Werk wieder zu besetzen.

Am folgenden Tag fand, wenn auch außerhalb der Fabrik, eine Streikversammlung statt, an der sich fast 200 Arbeiter_innen beteiligten (momentan sind viele Griechen aufgrund des Sommers außerhalb Athens), die mit großer Mehrheit die Fortsetzung des Streiks beschloss.

Dieser kann allerdings nicht gewonnen werden, wenn er vor allem auf die Hoffnung setzt, dass der Kapitalist durch den Druck des Staates (welcher die Polizei ins Werk schickte!) mit den Streikenden verhandeln würde.

Diese Hoffnungen oder besser die Illusionen, mit denen Führer_innen von PAME und KKE die Arbeiter_innen blenden, ist ein Hindernis für dieses Ziel. Noch mehr ist es die Untätigkeit, die Passivität und ihr sektiererisches Verhalten gegenüber der „restlichen“ organisierten Jugend und Arbeiterklasse. Das haben sie in der Vergangenheit oft genug bewiesen.

Unsere volle Solidarität gilt den streikenden Arbeiter_innen in Chalivourgia, den Militanten von PAME und KKE, die sich gegen die Angriffe von Polizei und Staat verteidigen wollen. Nichts desto trotz werden wir uns nicht davor scheuen unsere Kritik an den Führer_innen von KKE oder PAME zu artikulieren, denn letztlich kann die griechische – nein die internationale Krise – nur auf Grundlage eines revolutionären Programms gelöst werden!

Am Montag soll eine weitere Demonstration im Zentrum Athens stattfinden, an der sich auch Genoss_innen der Solidaritätsdelegation von REVOLUTION und der L5I (Gruppe Arbeitermacht) beteiligen werden.

Dort, wo es unserer Organisation möglich ist, werden wir Solidarität mit allen Streikenden, Arbeiter_innen und Jugendlichen, die den Kampf der Stahlarbeiter_innen unterstützen, aufbauen und für folgende Forderungen eintreten:

  • Rücknahme aller 120 Kündigungen, für eine 35-Stunden Woche bei altem Lohn!
  • Raus mit der Polizei – für organisierte Verteidigungsstrukturen, die die Polizei wenn nötig vertreiben können und den Bezirk vor den dortigen Faschisten schützen!
  • Für die Besetzung des Betriebes unter Arbeiterkontrolle. Wenn der Kapitalist nicht produzieren will, dann sollen es die Arbeiter_innen unter eigener Regie tun!
  •  Wenn der Kapitalist den Forderungen der Streikenden nicht nachkommt, soll das Werk unter Arbeiterkontrolle verstaatlicht werden!

Nach der Räumung braucht der Kampf die Unterstützung der gesamten Arbeiterklasse und Jugend. KKE, Syriza und Antarsya müssen gemeinsam für eine landesweite Unterstützungskampagne durch Solidaritätsaktionen und Streiks mobilisieren. Das gilt auch für die großen Gewerkschaften ADEDY, GSEE und PAME sowie kleinere oder lokale Gewerkschaften. Dazu müssen revolutionäre und kämpferische ArbeiterInnen, wenn nötig, auch gegen bürokratische Führer_innen – egal ob sie nun der PASOK, der KKE oder Syriza nahe stehen – kämpfen.

Die Verteidigung des Streiks in Chalivourgia sollte auch mit der Verbreitung des Slogans der Besetzung und Arbeiterkontrolle verbunden werden, der bereits durch Antarsya getragen wird. Die Besetzung ist alles andere als ein Einfall, sondern eines der bekanntesten und wichtigsten Beispiele, wo die Beschäftigten gegen die Schließung oder Nicht-Bezahlung ihre Löhne zur Besetzung griffen, ja greifen mussten.

Zugleich zeigen die Räumung durch die Polizei und die fortgesetzte Kahlschlagpolitik der Regierung Samaras, hinter der die imperialistischen Mächte, wie Deutschland und ihre Institutionen wie die TROIKA stehen, dass der Kampf um Chalivourgia und die anderen Betriebe letztlich nur politisch gelöst werden kann. Daher treten wir für einen politischen Generalstreik gegen die Angriffe und zum Sturz der Regierung ein, um so die Bedingungen zu schaffen für eine Arbeiterregierung, die sich auf Räte und Milizen, auf die Selbstorganisation der Masse der Lohnabhängigen stützt.

Erklärung der Solidaritätsdelegation von REVOLUTION und der Liga für die Fünfte Internationale in Griechenland




Kampf im "Herzen der Bestie" – Vor welchen Chancen und Gefahren steht die revolutionäre Jugend?

Wir veröffentlichen hier ein Dokument, das von der REVOLUTION-Jahreskonferenz im Juni 2012 beschlossen wurde und eine umfassende Zusammenstellung der politischen und ökonomischen Entwicklung und der Perspektiven für Klassen- und Jugendkämpfe weltweit enthält.

1. Der Rahmen: globale Krise

2011 und 2012 waren weltweit von der historischen Krise des Kapitalismus geprägt, die in allen Ländern sowohl Kapitalisten als auch Unterdrückte vor gleichsam historische Herausforderungen stellt. Innerimperialistische Konflikte haben sich in Europa wie international zugespitzt, ebenso wie sich in vielen Halbkolonien imperialistische Konflikte, Klassenkämpfe, Unabhängigkeitsbewegungen und Aufstände verschärft haben. Die politische und wirtschaftliche Entwicklung war dabei in verschiedenen Ländern in höchstem Maße unterschiedlich, widersprüchlich und zugleich eng verbunden.

Während der US-Imperialismus sich im Niedergang befindet, weite Teile Europas stagnieren oder vor dem Kollaps stehen, hat besonders Deutschland die Krise zur vergrößerung seines Einfluss genutzt. Während sich in Griechenland oder im Nahen Osten revolutionäre Bewegungen formieren, herrscht in wichtigen imperialistischen Ländern weitgehende Friedhofsruhe zwischen Unterdrückten und Unterdrückern. China erhöht seine Ansprüche auf Iran oder Syrien und fordert gar Zugeständnisse von Europa und den USA, letztere sind dagegen weitgehend erfolglos in der Unterordnung Afghanistans und der Region.

In Europa hat der deutsche Imperialismus seine Offensive zur Unterordnung Süd- und Osteuropas sowie zur Hegemonialmacht der EU ausgeweitet. Frankreich ist hierbei Rivale ebenso wie zeitweise taktischer Verbündeter in gemeinsamen Interessen. Als politisches Führungsduo der EU unangefochten, haben Merkel und Sarkozy der EU und insbesondere Griechenland, Spanien, Italien zahlreiche Maßnahmen aufgezwungen, die der Entschärfung der Krise zugunsten des deutschen und französischen Imperialismus dienen sollen. Verlierer in diesem Kampf sind neben den jeweiligen nationalen Bourgeoisien natürlich stets in erster Linie die Unterdrückten, die Arbeiterklasse und in hohem Maß die Jugend, die von enormer Verarmung, Massenarbeitslosigkeit und Entrechtung in allen wichtigen Fragen – soziale Sicherung, Bildung, Gesundheit usw. – betroffen ist. Die Jugendlichen beantworten diese Entwicklung mit Massenaktionen – Millionen waren aktiv in Platzbesetzungen, Streiks bis hin zur Belagerung des griechischen Parlaments und Straßenkampf gegen die Macht des Staates.

2. Der deutsche Imperialismus als Krisenprofiteur

In Deutschland hat sich der leichte Aufschwung von 2011 nicht fortgesetzt. Vorhersagen, dass dieser in einen weiteren tiefen Einbruch vergleichbar 2009 mündet, haben sich jedoch nicht bestätigt. Vielmehr befindet sich die deutsche Wirtschaft wieder nahe der Stagnation, die Bourgeoisie selbst geht von einem schwachen Wachstum von knapp 1% für 2012 aus. Dies steht in starkem Ungleichgewicht zu der Entwicklung der meisten europäischen Länder. Insgesamt wird eine Stagnation oder sogar Rezession im Euroraum erwartet. Griechenland, Italien, Spanien und Portugal befinden sich in der Rezession. Dieses Ungleichgewicht ist derzeit kennzeichnend für die Krise.

Der deutsche Imperialismus hat insgesamt während der Krise seine Position verteidigen und auf Kosten imperialistischer Rivalen ausbauen können.

Grundlage hierfür war zum einen seine ökonomische Basis in Form der exportierenden Industrie. Diese war zwar mit am schärfsten vom Einbruch 2009 betroffen, konnte jedoch mit massiven Subventionen (Konjunkturpakete, Kurzarbeit) auf Bereitschaft gehalten werden, so dass sie widerum zu den ersten Gewinnern in 2010-2011 zählte. Wichtig waren hierfür auch die Niedrigzinspolitik der EZB. Weiterhin haben die forgesetzten Konjunkturprogramme der USA dazu beigetragen, den deutschen Export aufrecht zu erhalten.

Nicht minder wichtig war jedoch die reaktionäre Mitarbeit der Gewerkschaften an der Krisenpolitik, welche die gewerkschaftlichen Kämpfe weitgehend lähmte und stets in Niederlagen führte. Der Verzicht auf ernsthafte Abwehrkämpfe gegen Kurzarbeit, Leiharbeit, die Nichtdurchsetzung von Lohnforderungen und weitgehende politische Unterstützung des schwarz-gelben Krisenprogramms macht die reformistischen Gewerkschaftsführungen verantwortlich nicht nur für Prekarisierung der unteren ArbeiterInnenschichten in Deutschland – insbesondere Jugendliche und Frauen – sondern auch für die imperialistische Offensive der deutschen Bourgeoisie mit weltweit historischen Auswirkungen. Nicht nur für die Arbeiterklasse in Deutschland, sondern auch für die Unterdrückten Griechenlands, Portugals oder Spaniens ist die Erledigung dieser reformistischen Führung daher eine Aufgabe ersten Ranges.

Darüber hinaus haben die expansive Geldpolitik der EZB und die staatlichen Kredite und Kreditgarantien (EFSM, EFSF, ESM) auch die Staatsschuldenkrise im Euroraum kurzfristig entschärft, indem die Kreditklemme verhindert wurde und „Schrottpapiere“ unmittelbar durch Garantien abgesichert wurden. Langfristig sind die Folgen dieser Politik für den Imperialismus jedoch kaum absehbar – In jedem Fall führt grundsätzlich die Ausweitung des Kredits zu weiterem Wertverfall der kritischen Staatsanleihen und damit zu höheren Zinsen für diese. Ein Crash an den Anleihemärkten mit gewaltigen und weltweiten Auswirkungen ist also durchaus möglich.

3. Die Euro-Krise

Die historische Krise des Kapitalismus drückt sich derzeit am deutlichsten in der EU-Schuldenkrise aus. Die massive Ausweitung von Zentralbankkrediten und Staatsanleihen setzt die schwächer industrialisierten Euro-Länder massiv unter Druck, da die Renditen ihrer Papiere bei vergleichsweise schwachen Profitraten steigen. Dies macht deren Refinanzierung schwerer oder gar unmöglich.

Im Rahmen bürgerlicher Politik ist der einzige Ausweg die Unterwerfung unter eine imperialistische „Schutzmacht“, die sich für die Anleihen verbürgt und damit den Fortbestand des Staatshaushaltes ermöglicht – hierfür jedoch nicht nur massive Angriffe auf die Unterdrückten fordert, sondern auch die Bourgeoisie selbst ihrer bisherigen Souveränität beraubt.

Vom Standpunkt der Arbeiterklasse ist jedoch die einzige Lösung die Annulierung der Schulden – also die Enteignung der Gläubiger. Linke Reformisten, die einen Schuldenschnitt durch Verhandlung mit den Imperialisten und Fortbestand des bürgerlichen Eigentums anstreben – wie beispielsweise die SYRIZA – stehen vor dem Dilemma, dass dies selbstverständlich die sofortige Kapitalflucht und ökonomischen Zusammenbruch bedeuten würde. Die Annulierung der Schulden kann nur durch eine Regierung der Arbeiterklasse, bei gleichzeitiger Enteignung des nationalen Bankwesens, der Industrie etc. erfolgreich sein.

Dies macht die Krise zu einer tatsächlich revolutionären Krise. Für die herrschende Klasse ist sie nur unter unzumutbaren Zugeständnissen zu entschärfen – für die Unterdrückten nur durch Umwälzung der Eigentumsverhältnisse, also den Sturz der Kapitalistenklasse.

Das ökonomische Ungleichgewicht innerhalb eines gemeinsamen Währungsraumes war die Grundlage für den Plan der Unterordnung Europas unter deutsch-französische Führung – ist jedoch derzeit eine gewaltige Bedrohung des imperialistischen Projektes EU. Die Frage, wie mit dieser existentiellen Krise umgegangen werden soll, spaltet naturgemäß die Imperialisten untereinander, aber auch die bürgerlichen Parteien Deutschlands und anderer Länder sind im innern geteilter Meinung. Die Hauptkonfliktlinie zieht sich durch die Frage, ob eine gewaltige Kapitalvernichtung in Ländern wie Griechenland als Beitrag zur Entschärfung der Krise erzielt werden soll – was diese Länder um Jahrzehnte zurückwerfen würde und z.B. Absatzmärkte auf lange Zeit zerstören würde – oder aber ein „moderates“ Sparprogramm, das selbstverständlich die Arbeiterklasse enteignen und prekarisieren, nicht aber die griechische Wirtschaft in den Abgrund stoßen soll.

4. Griechenland: im Kreuzfeuer imperialistischer Angriffe

In Griechenland wurde eine imperialistische Diktatur errichtet. Die EU-Troika hat eine durch nichts demokratisch legitimierte Regierung eingesetzt, um die brutalen Angriffe gegenüber Griechenland und insb. der Arbeiterklasse durchzusetzen.

Die brutalen Angriffe des EU-Imperialismus gegenüber Griechenland haben mehreres gezeigt:

  1. Die deutsch-französische Führungsmacht ist entschlossen, ihre imperialistischen Ziele mit aller Gewalt und Härte durchzusetzen und nimmt dabei auch revolutionäre Krisen in Kauf.
  2. Wir befinden uns in einer revolutionären Periode, d.h. die herrschenden Klassen sind aufgrund der historischen Krise des Kapitalismus – die im Kern eine Krise der Produktionsverhältnisse ist – zur Umwälzung dieser Produktionsverhältnisse in ihrem Sinne gezwungen. Die Unterdrückten werden in den Abwehrkampf gegen diese Angriffe gezwungen, was – zeitweilig auch spontan – das Ausmaß von Aufständen und Revolutionen annimmt.
  3. Die imperialistische Umordnung Europas ist eine grundlegende Notwendigkeit für die imperialistischen Mächte, deren Ausgang wird die Kräfteverhältnisse auf lange Zeit bestimmen.
  4. Ebenso ist für die Arbeiterklasse der Kampf gegen die imperialistischen Angriffe existentiell. Eine tiefe historische Niederlage ist in erster Linie wegen des Versagens ihrer Führungen – möglich. Ebenso möglich sind jedoch rasche Wendungen im Klassenkampf mit massenhafter Umorientierung und Radikalisierung.
  5. Die Aufgabe von Revolutionären in dieser Situation ist es selbstverständlich, in allen legitimen Kämpfen mit einem proletarischen, sozialistischen Programm den entschlossensten militanten Weg zur Zerschlagung der Klassenmacht der Bourgeoisie zu propagieren und nach Kräften zu führen.
  6. Die Stagnation der griechischen Revolution ist zu großen Teilen auch dem Versagen, dem offenen Verrat der Arbeiterbewegung in den imperialistischen Ländern – allen voran der deutschen Gewerkschaftsbürokratie – geschuldet. Allein durch die Vereinigung der Arbeiter- und Jugendbewegungen auf europäischer Ebene mit einem radikalen Aktionsprogramm gegen „Rettungspakete“, Arbeitslosigkeit und Massenverarmung könnte die Krise zum Fortschritt der Unterdrückten gelöst werden.

Es ist zu erwarten, dass sich die Euro-Krise weiter verschärfen wird. Neben der Frage der ökonomischen Entwicklung ist der Fortgang der Kämpfe in Griechenland und in anderen Krisenländern von größter Bedeutung.

In Griechenland findet vor dem Hintergrund der seit 2 Jahren anhaltenden Massenproteste eine politische Polarisierung und Radikalisierung von AktivistInnen statt. Dies wurde durch die aggressive Politik und chauvinistische Hetze der EU, BRD, Frankreich und des IWF noch verstärkt. Die Parlamentswahl im Mai hat einen Linksruck gezeigt, besonders die linksreformistische SYRIZA hat stark gewonnen. Die Neuwahlen am 17. Juni haben diese Entwicklung fortgesetzt, wenn auch die SYRIZA keine Regierung bilden konnte und knapp nur zweitstärkste Kraft wurde. Die Stärke von SYRIZA ist offenkundig von großer Bedeutung für die Kämpfe in Griechenland. Es ist jedoch offenkundig, dass selbst eine linke Regierungsmehrheit unter SYRIZA zu schwach wäre, um die Angriffe der EU zu stoppen und schnell zwischen EU-Imperialisten und griechischer Bourgoisie und Bürokratie zerrieben wäre. Die KKE dagegen betreibt eine verräterische Politik, leugnet die Möglichkeit des revolutionären Umsturz und verhält sich sektiererisch gegenüber allen anderen Organisationen der Linken und der Arbeiterbewegung, wärend sie sich rechten, bürgerlichen Kräften anbiedert. Ihre tiefe Niederlage am 17. Juni ist insofern eine berechtigte Strafe und könnte angesichts der historischen Tiefe der griechischen Revolution den ebenso berechtigten historischen Niedergang der KKE einleiten, da ihr Versagen ein historisches Verbrechen gegenüber der Arbeiterklasse und den Unterdrückten ist.

Für Revolutionäre ist es von größter Bedeutung, in dieser Situation:

  1. Für eine Regierung der Arbeiterklasse auf Grundlage eines Aktionsprogramms gegen die Krise einzutreten und die reformistischen, illusorischen Vorstellungen bspw. der SYRIZA zu kritisieren bei gleichzeitiger Unterstützung in Wahlen.
  2. Das Sektierertum von KKE, aber auch Teilen der SYRIZA zu attackieren, nicht zuletzt um die kämpfende Basis dieser Organisationen für ein solches Aktionsprogramm zu gewinnen.
  3. Die Organisierung und Zentralisierung der überwiegend vereinzelten gewerkschaftlichen Kämpfe voranzutreiben und in diesen eine Einheitsfront der Linken herzustellen. Die gewerkschaftlichen Kämpfe, die auch Besetzungen einschließen, sind derzeit meist voneinander isoliert und zudem nicht mit den politischen Massenmobilisierungen verbunden.
  4. Die rechte und chauvinistische Hetze gegen Griechenland und bspw. die SYRIZA aufs schärfste zu bekämpfen.
  5. Die Gewinnung von Verbündeten und GenossInnen aus der Bewegung nach allen Kräften zu versuchen und wenn möglich eine Gruppe aufzubauen. Hierfür wird REVOLUTION nach den Parlamentswahlen eine Delegation nach Griechenland entsenden.

5. Ist eine Lösung in Sicht?

Die bisherigen Maßnahmen zur „Eindämmung“ der Krise haben diese grundsätzlich nicht im geringsten entschärft. Für die Kapitalisten ist die einzig mögliche „Lösung“ der Krise die massive Vernichtung von überschüssigem Kapital, um auf Grundlage dann höherer relativer Profitschöpfung (Profitrate) einen neuen Aufschwung zu ermöglichen. Trotz des vorübergehenden schweren Einbruchs hat dies in den imperialistischen Ländern nicht in großem Umfang stattgefunden. Keine Imperialistische Macht war bislang in der Lage und entschlossen, den jeweiligen Rivalen diese Kapitalvernichtung aufzuzwingen. Die bisherige Krisenpolitik hat dagegen in verschieden großem Ausmaß die Verringerung der Lohnkosten erreicht, die Ausweitung der Zentralbankkredite und die „Absicherung“ gewaltiger Kreditsummen durch die jeweiligen Staaten. Vor allem Letzteres hat im Wesentlichen die empfindlichen Kreisläufe von Kapital- und Warenzirkulation aufrechterhalten und chaotische, unberechenbare Zusammenbrüche verhindert. Gleichzeitig hat dies jedoch bestehende Anleihen teils massiv entwertet – mit dem Resultat, dass in Ländern wie Griechenland die Krise der kapitalistischen Produktion in vollem Umfang dorthin zurückkehrt – und zur Stilllegung von Betrieben in großem Umfang und einer historisch einzigartigen Entlassungswelle führt.

Die „Rettung“ von zentralen Banken und Industrien durch drastische Erhöhung der Staatsschulden in allen wichtigen Ländern und vor allem die Abwertung der Schuldverschreibungen in den schwächeren Ökonomien stößt natürlich früher oder später an eine Grenze. Weitere schwere Konjunktureinbrüche können dann nicht mehr wie bisher vom Staat aufgefangen werden.

Die inner-imperialistischen Widersprüche sind überdeutlich zu Tage getreten. Angesichts des Niedergangs des US-Imperialismus beansprucht China einen größer werdenden Einfluss in wichtigen Regionen wie dem nahen und mittleren Osten. China profitiert von der Schwäche der US-Industrie, hat seinen Export ausgebaut und scheint auf den ersten Blick von den weltweiten Erschütterungen unberührt. Gleichzeitig hängen jedoch US- und chinesische Wirtschaft durch chinesischen Waren- und Kapitalexport zusammen und sind auf Kooperation angewiesen. Die US-Chinesische Rivalität drückte sich u.a. in dem Streit um den Yuan-Dollar-Kurs aus. Die offene Herausforderung der USA durch China ist eine Frage der Zeit.

6. Die Kämpfe der Unterdrückten

Weltweit haben die Entwicklungen die Linke in Bewegung versetzt und auch millionenfach junge Menschen politisiert. Die bürgerliche Demokratie wird durch Intervention von kapitalistischen Institutionen, imperialistischen Regierungen oder direkten Zwang der Finanzmärkte oftmals zur Farce und ist in den Augen vieler delegitimiert. In den meisten Ländern haben sich reformistische Kräfte gestärkt, die zudem nach links gerückt sind – nicht jedoch in Deutschland. Andererseits entstehen kleinbürgerliche Strömungen – wie die sog. „Piraten“ – gerade dort, wo die Reformisten in den Augen der Unterdrückten keine Antwort auf ihre Probleme haben. Bislang hat sich jedoch nirgendwo eine revolutionäre, kommunistische Kraft an die Spitze von Massenkämpfen stellen können und sie mit einer tatsächlichen politischen Perspektive zur Erringung der Macht ausstatten können.

Die kapitalistische Krise hat in vielen Ländern der Welt zu heftigen Klassenkämpfen geführt, die direkt oder indirekt von den Verwerfungen auf den Weltmärkten oder imperialistischen Agressionen ausgelöst wurden. Auch nationale und demokratische Befreiungsbewegungen haben in vielen Ländern einen Aufschwung erfahren, was nicht nur für die Länder des Arabischen Frühlings gilt.

In Russland findet eine Kampagne gegen die Putin-Regierung statt. Diese geht zwar gänzlich von bürgerlichen oppositionellen Kräften aus und spiegelt den Kampf verschiedener Kapitalfraktionen wider. Sie bezieht ihre Stärke jedoch auch durch die Mobilisierung von Unterdrückten, ArbeiterInnen und StudentInnen – und erfährt aus diesem Grund brutale Repression durch Geheimpolizei, Paramilitär und auch Faschisten.

In China befinden sich täglich tausende ArbeiterInnen im Streik. Die größte Arbeiterklasse der Welt wird dabei automatisch vor die Aufgabe gestellt, ihre eigenen Streikkomittees, Gewerkschaften und politische Organisationen aufzubauen. Aufgrund der äußerst repressiven Bedingungen muss dies meist zwangsläufig in der Illegalität stattfinden, was die überregionale Organisierung – von der internationalen nicht zu sprechen – enorm erschwert. Der Aufbau von Gewerkschaften und proletarischen Kampforganisationen in China wird angesichts der Bedeutung des chinesischen Imperialismus eine der wichtigsten Aufgaben der Arbeiterbewegung und für revolutionäre InternationalistInnen.

In Indien hat im April 2012 ein landesweiter Generalstreik von 10 Millionen ArbeiterInnen stattgefunden, was angesichts der Rückständigkeit des Landes ein beeindruckender Ausdruck zunehmender Organisierung der Arbeiterklasse ist. Die Kashmir Intifadah, die sich seit 2010 verstärkt hat, hält an und erreicht am 11. Juni 2012 einen neuen Höhepunkt.

In der pakistanischen Provinz Belutschistan ist die Unabhängigkeitsbewegung erstarkt. Sie kämpft für einen eigenen Staat und genießt hierfür unsere volle Unterstützung und Solidarität, was auch für unsere GenossInnen vom „Revolutionary Socialist Movement“ gilt.

7. Der Arabische Frühling

Die Aufstände des Arabischen Frühlings haben Länder und Kontinente erschüttert. Das revolutionäre Lauffeuer, entfacht durch die massenhafte Erhebung der Jugend, hat Despoten hinweggefegt, deren Macht als unzerbrechlich galt und hat zweifellos zu einem neuen Selbstbewusstsein der Unterdrückten in der gesamten arabischen Welt geführt. In Ländern, die jahrzehntelang keine legale politische Opposition kannten, entwickelten sich binnen Monaten Massenbewegungen, die sich bewaffneten, um ihre Unterdrückerregime zu stürzen. Dies hat der gesamten Welt offenbart, dass unter der steinernen Fassade der von den Imperialisten gestützten Unterdrückerstaaten oftmals ein morsches Skelett steckt, das seine steinerne Hülle zu tragen nicht mehr imstande ist.

In Libyen ebenso wie in Syrien haben innerhalb kurzer Zeit Teile der Armee die Seite gewechselt und sich mit der kämpfenden Bevölkerung verbunden. In Libyen wurde der verbleibende Kern mit Unterstützung der Imperialisten militärisch besiegt. Die Rebellenverbände installierten eine Übergangsregierung, die mit den Imperialisten paktiert. Stammesführer haben ebenso wie Gaddafi-Anhänger führende Positionen inne.

Lediglich in Ägypten verstand es die Armeeführung, rechtzeitig Zugeständnisse zu machen, um die weitere Zuspitzung zu vermeiden. Als Mubarak vom Generalstab fallengelassen wurde, behielt dieser die Kontrolle über das Land. Derzeit ist die einzige Kraft, von der die Armeeführung herausgefordert wird, die reaktionäre Muslimbruderschaft. Syrien befindet sich derzeit in einem blutigen Bürgerkrieg gegen die Assad-Regierung.

In den Revolutionen treten eine Reihe von Widersprüchen offen zu Tage:

  1. Die Verrottetheit der ganzen Region als Teil des verrotteten imperialistischen Weltsystems, die keine Hegemonialmacht mehr kennt, welche die jahrzehntelang gestützten Regime zu verteidigen bereit ist. Die anfängliche Hilflosigkeit der Imperialisten angesichts der unkontrollierbaren Erhebungen, die freilich rasch einer ebenso zynischen wie zweckmäßigen „Unterstützung“ der Revolution wich mit dem Ziel ihrer Liquidation.
  2. Die objektive Notwendigkeit und Möglichkeit des Sieges einer demokratischen Revolution und gleichzeitige Paralyse durch Reaktionäre wie Stammesführer, „Reformer“, Islamisten, imperialistische Agenten etc.
  3. Die Schärfe und Entschlossenheit der Revolutionen, deren rasche technische Entwicklung (Waffen, Training, Kommandostrukturen etc.) bei gleichzeitigem Fehlen einer bewussten politischen Führung und eines Programms, das bspw. die Einheitsfront der Arbeiterklasse, Jugend und der Armen gemeinsam mit desertierten Kämpfern für die Durchsetzung der sozialen und demokratischen Forderungen herstellt.

Revolutionäre haben in den entscheidenden Stunden stets und ohne jede Bedingung an der Seite der revolutionären Erhebungen zu stehen. Wir tun dies, um die wichtigste objektive Grundlage für die Aufstände – die Ausbeutung und Unterdrückung der Arbeiterklasse durch nationale wie imperialistische Kapitalisten – bewusst zu machen, d.h. für eine proletarische, sozialistische Führung der Revolution einzutreten. Der Kampf für demokratische oder soziale Rechte ist in jedem Fall und in jeder Form legitim – und drängt doch objektiv auf die Machtergreifung der Arbeiterklasse, der einzigen Klasse, die diese Ziele gegenüber jenen der Bourgeoisie durchsetzen kann. KommunistInnen sollten stets das „Gesamtinteresse“ einer fortschrittlichen Bewegung vertreten, denn nur so können ArbeiterInnen und proletarische Schichten von der Richtigkeit des jeweiligen proletarischen, d.h. kommunistischen Programms überzeugt werden. Das beinhaltet, dass auch der revolutionäre Kampf von kleinbürgerlichen, feudalen oder anderen reaktionären Kräften legitim ist, solange er den konkreten Zielen der Revolution dient.

Mit entschiedener Ablehnung müssen wir jedoch jenen begegnen, die mit Imperialisten paktieren, d.h. ihnen Zugeständnisse machen, damit sie die Revolution unterstützen mögen. Dies ist immer ein Verrat an der Revolution und die Imperialisten werden grundsätzlich immer eine konterrevolutionäre Rolle spielen, selbst wenn sie in bestimmten Situationen die Revolution gutheißen, um die ihnen am „nützlichsten“ erscheinende Kraft zur Macht zu bringen, oder imperialistische Rivalen zu schwächen.

In Deutschland sollten wir Solidaritätskampagnen für die arabischen Revolutionen unterstützen oder initiieren, nach Möglichkeit Veranstaltungen mit entsprechenden Gruppen machen, und wo immer möglich entstehende Kontakte – insbesondere arabische MigrantInnen – als GenossInnen gewinnen. Die Möglichkeit, über das Internet Kontakte zu machen und AktivistInnen in den arabischen Ländern zu gewinnen, ist sehr wichtig und muss bewusst genutzt werden.

8. Klassenkampf in der BRD

Gleichzeitig bilden die wichtigen imperialistischen Zentren Europas und die USA – allen voran Deutschland – in Bezug auf die Kämpfe der Unterdrückten das „Auge inmitten des Hurrikans“.

Der politische Kampf gegen die Politik der Bundesregierung blieb im Wesentlichen auf einzelne Protestaktionen beschränkt. Einige bundesweite und sogar international koordinierte Aktionen wie zuletzt 15.-19. Mai hatten zwar starke Mobilisierungswirkung und waren für militante und radikale AktivistInnen wichtig. In keinem Fall ist es jedoch gelungen, eine größere Verbindung zwischen organisierten AktivistInnen und der Arbeiterklasse bzw. der unterdrückten Jugend herzustellen. Vor allem führten sie bislang nicht zur Formierung einer Einheitsfront der Linken mit klarem Ziel, die Angriffe der Kapitalisten durch Methoden des Klassenkampfes zu stoppen. Insoweit sie überhaupt zu einer Vernetzung oder Kampfeinheit geführt haben, waren diese entweder vollständig von reformistischen Apparaten gelähmt, oder aber von kleinbürgerlichen, organisationsfeindlichen oder gar reaktionär (bspw. antideutsch) beeinflussten Kräften. Besonders hervorgehoben werden muss die reaktionäre Politik der Gewerkschaftsführungen, die teilweise die bürgerliche Krisenpolitik unterstützten, sie gar „von rechts“ kritisierten, in jedem Falle den tatsächlichen Kampf und die Mobilisierungen blockierte und nur vereinzelt in Worten fortschrittliche Ansätze für den gewerkschaftlichen und politischen Kampf formulierte.

Die Tarifrunden im öffentlichen Dienst und in der Metallindustrie endeten mit Lohnsteigerungen oberhalb der Inflationsrate. Die Gewerkschaftsbürokratie verstand es in beiden Fällen, im Gegenzug die betriebliche Mobilisierung auf Sparflamme zu halten und sich auf Warnstreiks zu beschränken. Ein Streik im öffentlichen Dienst hätte die Möglichkeit beinhaltet, die Organisierung von bspw. ErzieherInnen weiter voranzutreiben. Die Organisierung von LeiharbeiterInnen, anderen Prekären und insbesondere Jugendlichen wäre eine ungemein wichtige Aufgabe gewesen, die auf diese Weise unerfüllt blieb. In den Metallbetrieben herrscht nach dem kampflosen Abschluss oft Enttäuschung über die Gewerkschaft. In allen Fällen sollten wir jede Möglichkeit nutzen, in Betrieben für klassenkämpferische Gewerkschaften, gegen Gewerkschaftsverdrossenheit und für den Kampf gegen die Apparate und deren falsche Politik der kampflosen Klassenzusammenarbeit einzutreten. Die Gewinnung von GenossInnen und die Propaganda sollte in allen Betrieben, wo wir Mitglieder oder Kontakte haben, zentral sein.

9. Soziale Lage der Jugend in der BRD

Eine enorme Masse von Jugendlichen in Deutschland, insbesondere die Mehrheit der migrantischen Jugendlichen, ist in Bezug auf ihre sozialen und demokratischen Rechte (wozu auch das Recht auf Bildung gehört) prekarisiert und hat Grund genug zu radikalem Protest. Dies hat sich sicher seit 2008 noch verschärft durch starke Ausweitung der prekären Beschäftigung in diesen Schichten. Für Millionen gibt es derzeit keinerlei Perspektive außer Leiharbeit, Billigjobs oder Hartz 4.

Gleichzeitig sind für Millionen von Jugendlichen weltweit die Auswirkungen und Zusammenhänge der kapitalistischen Krise greifbar und ebenso die Formierung von Protestbewegungen wie bspw. in Spanien, Chile oder Griechenland.

Dass dennoch keine großen Proteste von diesen Teilen der unterdrückten Jugend ausgingen und auch die Bildungsstreikbewegung einen Niedergang erlitten hat, liegt zum einen am „Fettpolster“ der deutschen Imperialisten, welches scharfe, offene Angriffe nicht erfordert – hauptsächlich jedoch am schädlichen Einfluss der reformistischen Apparate und der bspw. in der Bildungsstreikbewegung vorherrschenden kleinbürgerlichen Strömungen:

  1. Organisierung prekärer Schichten (LeiharbeiterInnen, Azubis, Praktikanten, Frauen) wird von Reformisten nicht betrieben
  2. dadurch sind insb. prekäre Jugendliche aus solchen Schichten unorganisiert und politisch schwer ansprechbar (Lumpenproletariat)
  3. sicherlich trägt auch ein elitäres Bewusstsein unter „bessergestellten“ Schülern und StudentInnen dazu bei, die zudem meist tragender Bestandteil der Bildungsproteste waren.
  4. berechtigte Ablehnung der ref. Apparate, aus der jedoch falsche libertäre Schlussfolgerungen gezogen werden (Konsens, Lokalborniertheit, Organisationsfeindlichkeit)

10. Die Occupy-Proteste

Die „Occupy“-Proteste sind ein wichtiger Ausdruck der Kämpfe der Jugend. Obwohl keinerlei großräumige Organisierung stattfand, noch eine selbst kleine Übereinstimmung über die politische Zielrichtung besteht, ist eines hervorzuheben: Die Identifizierung mit dem Symbol „Occupy“ nimmt für Millionen positiven Bezug auf die politischen Kämpfe von Kairo, Bengasi, Tel Aviv, Athen, Madrid, Frankfurt, New York, Boston, Washington und ungezählter anderer Orte, wo Unterdrückte ihre berechtigten Forderungen – so unterschiedlich sie im einzelnen sind – durch Inbesitznahme öffentlicher Plätze zum Ausdruck bringen. Implizit wurde so eine wichtige Brücke geschlagen – zwischen den Unterdrückten im „reichen Westen“ und in den Halbkolonien, zwischen Jugendlichen in Unterdrücker- und unterdrückten Staaten, zwischen linken Weltverbesserern, Hippies und Träumern auf der einen und den Militanten des Nahen Ostens auf der anderen Seite, die ihr Blut für ihre Zukunft und die ihrer Brüder und Schwestern vergießen. Die Platzbesetzungen in Israel setzten dort eine Diskussion in Gang, wo Linke offen für den Palästinensischen Widerstand Position beziehen konnten und inmitten einer Massenbewegung die zionistischen Verbrecher im eigenen Land attackieren konnten.

Die Occupy-Bewegung beinhaltet also die Idee des Internationalismus, der Solidarität der Unterdrückten aller Länder. Die Bedeutung dieser Tatsache kann nicht hoch genug geschätzt werden für eine Bewegung, die Millionen von Jugendlichen weltweit politisiert hat – selbst wenn freilich diese Idee noch nicht zur Tat geworden ist. Revolutionäre müssen unbedingt stets dieses – wenn auch phrasenhafte und unmanifeste – Bewusstsein hervorheben, dass unser Kampf in den imperialistischen Zentren – gegen die Herrscher der Welt – Hand in Hand geht und identisch ist mit dem Kampf unserer Schwestern und Brüder aller Länder, denen „unsere“ Imperialisten nicht bloß Herrscher und Ausbeuter, sondern Henker und Mörder sind.

Leider traten verschiedene Schwächen deutlich zu Tage, die bislang verhinderten, den Protest auf eine ideologisch und organisatorisch höhere Ebene zu heben. Dies ist in Deutschland zum einen eine falsche Antwort auf ein richtig erkanntes Problem:

Aus der Unbrauchbarkeit der reformistischen Apparate haben viele AktivistInnen eine generelle Ablehnung von Parteien und Organisationen gefolgert. Nicht nötig zu erklären, dass auf solcher Grundlage jede Bewegung zum Scheitern verurteilt ist. Es überwiegt die Vorstellung von autonomen, nicht zentral geführten Aktionen. So findet auch keine systematische Diskussion über politische Taktiken und Ziele statt, darüber, welche Schlüsse aus der gesammelten Erfahrung der früheren sozialen, antikapitalistischen oder demokratischen Bewegungen gezogen werden müssen, und welches Aktionsprogramm die weltweiten Bewegungen gegen Krise, Arbeitslosigkeit, Krieg und Diktatur vereinen kann.

Die generelle Ablehnung, sich mit politischer Organisierung und mit bestehenden Organisationen, Gewerkschaften und Parteien auseinanderzusetzen macht es gerade für diese besonders leicht, eine Bewegung zu vereinnahmen und zu instrumentalisieren. So erlebt ATTAC nach Jahren des Dahindümpelns einen gewissen Wiederaufschwung, indem sie in den Mobilisierungen der letzten Monate eine zentrale Rolle gespielt haben.

Letztlich finden auch Reaktionäre in den „Occupy“-Protesten ihren Platz. Dies gilt weniger für die weitgehend ausgebluteten „Antideutschen“, die derartige Massenmobilisierungen ebenso verabscheuen wie alle spontanen Erhebungen und Aufstände. Jedoch haben diverse verkappte Rechtspopulisten versucht, insbesondere in der Diskussion um die „Euro-Rettung“ ihre reaktionäre und nationalistische Rhetorik zu verbreiten.

11. Analyse und Theorie der Krise und die Debatten innerhalb der Linken

Die verschiedenen Strömungen in der deutschen Linken haben verschiedene Beiträge zur Analyse der Krise gebracht. In den Folgenden Abschnitten 12-16 wollen wir uns mit den Positionen einiger Gruppen und mit ihrer Intervention in den Protesten beschäftigen und ihnen einige unserer zentralen Postionen gegenüberstellen. Wir werden uns beschränken auf jene Gruppen, die von besonderer Bedeutung sind oder exemplarisch für bestimmte politische Strömungen stehen.

Zu den Fragen, die innerhalb der Linken diskutiert werden gehören:

  1. die Ursachen der Krise und ihre Einordnung in die marxistische Krisentheorie sowie in verschiedene andere Theorien, die von linken und sich marxistisch verstehenden Autoren entwickelt wurden.
  2. die Frage, für welche Ziele linke AktivistInnen, Jugend- oder Arbeiterorganisationen in der Krise eintreten sollen
  3. die historische Bewertung der Krise und Vorraussagen für die weitere Entwicklung
  4. Die Führungskrise der Arbeiterbewegung und Schlussfolgerungen wie Umorganisation von linken Gruppen bzw. Diskussion über den Aufbau einer neuen “vereinigten” antikapitalistischen linken Organisation.

Hierzu einige zentrale Positionen von REVOLUTION in aller Kürze:

Wir betrachten die Krise seit 2007 als eine Krise der kapitalistischen Produktionsweise, die den Gesetzen der kapitalistischen Produktion entspringt. Es handelt sich jedoch nicht einfach um eine zyklische Konjunkturkrise, die einen darauffolgenden Boom vorbereitet, sondern um den Beginn einer historischen Krisenperiode, die sich weltweit in zunehmenden Verwertungsproblemen des Kapitals, imperialistischen Spannungen, chaotischen Entwicklungen an Finanzmärkten und Börsen, Arbeitslosigkeit und massiven sozialen und politischen Angriffen auf die Unterdrückten auszeichnet. Der tiefe Wirtschaftseinbruch 2009 ist nicht in einen allgemeinen Aufschwung übergegangen, wie es die allgemeine Erfahrung erwarten ließe. Wenn auch überall zyklische Konjunkturbewegungen stattfinden und in einzelnen Ländern durch besondere Umstände hohe Wachstumsraten erreicht werden, ist die Entwicklung weltweit beherrscht von einer allgemeinen Tendenz zum Niedergang. Dies verweist auf tiefliegende Probleme des kapitalistischen Systems.

Der wichtigste Begriff ist dabei das Gesetz des „tendenziellen Falls der Profitraten“, das von Marx beschrieben wurde. Demnach führt die technische Entwicklung der Produktivkräfte – also die Einführung neuer Technologie, die Nutzbarmachung von wissenschaftlichen Entdeckungen und die Entwicklung fortschrittlicher Produktionsverfahren – im Kapitalismus zu einem widersprüchlichen Resultat: dem Sinken der Profitrate (also dem relativen Schrumpfen der Profite im Vergleich zum investierten Kapital). Die Begründung lautet in einem Wort: die technische Verbesserung von Produktionsverfahren durch Einsatz neuer Mittel erfolgt für den Kapitalisten mit dem Ziel, die Kosten für die verausgabte Arbeitskraft zu senken und damit den individuellen Profit oder die individuelle Profitrate zu erhöhen. In der historischen Tendenz jedoch wird die allgemeine (gesellschaftliche) Profitrate aus genau demselben Grund fallen: das Verhältnis von Mehrwert-schaffendem Kapital (in Arbeitskraft investiert) zum nicht-Mehrwehrt-schaffenden Kapital (in Maschinen, Rohprodukte, Transportmittel etc. investiert) wird bei fortschreitender technischer Entwicklung stets geringer. Wenn man zusätzlich annimmt, dass die Ausbeutungsrate (das Verhältnis von unbezahlter zu bezahlter Arbeitszeit) nicht beliebig hohe Werte annehmen kann, muss die durchschnittliche Profitrate in der Tendenz fallen. In der Folge wird es regelmäßig zu Situationen kommen, in denen bestehendes, angehäuftes Kapital nur noch unterdurchschnittliche Profite erzielt und entweder neue Anlagemöglichkeiten benötigt werden oder aber die Entwertung dieses Kapitals hingenommen werden muss.

Dieser Sachverhalt, der für Marx das “wichtigste historische Gesetz” darstellt, wird vielfach diskutiert und mit verschiedensten Argumenten abgeändert oder in Frage gestellt. So richtig diese erste Erkenntnis unserer Einschätzung nach ist, erklärt sie jedoch noch nicht konkret das Zustandekommen der weltweiten Krise seit 2007.

Wichtig für das Verständnis der Entwicklungen ist:

  1. das Hinausschieben der Krise durch massive Vergrößerung von fiktivem Kapital, wodurch es möglich war, den Fall der tatsächlichen Profitraten zu verschleiern und durch spekulative Profite scheinbar aufzuhalten
  2. das unvermeidliche “Platzen” der Spekulationsblasen mit der Folge plötzlich auftretender großer Verluste, Preisschwankungen, Kreditknappheit u.a.
  3. internationale Ungleichgewichte wie die großen Handelsbilanzüberschüsse bzw. -defizite (die bspw. den USA jahrelang überhöhte Profitraten ermöglichte)
  4. den Einfluss diverser Kämpfe auf das Kräfteverhältnis der Klassen sowohl national als auch international
  5. der Zusammenbruch des Stalinismus und damit zusammenhängend Expansion des Imperialismus (“Globalisierung”), die an ihre Grenzen gekommen ist.
  6. der Niedergang der USA als Hegemon und deren Unfähigkeit, einen “planmäßigen” Verlauf der Krise in ihrem Sinne durchzusetzen.

Die Wichtigkeit der marxistischen Analyse der Krise liegt darin begründet, dass sie uns zu den notwendigen Schlussfolgerungen für die stattfindenden Klassenkämpfe führt. Vom Standpunkt der Arbeiterklasse und anderer Unterdrückter ist die einzig historisch relevante Frage die, ob es gelingt, die Krise zu ihren Gunsten zu lösen – also ob es gelingt:

  1. das Kräfteverhältnis im Klassenkampf für die ArbeiterInnen zu verbessern,
  2. die Abwälzung der kapitalistischen Verluste auf die Unterdrückten abzuwehren,
  3. der Kapitalistenklasse selbst die Kosten der Krise aufzubürden,
  4. dabei eine klassenkämpferische, internationale revolutionäre Führung der Arbeiterklasse zu erreichen
  5. und das System der Lohnarbeit und das kapitalistische Privateigentum zu zerschlagen.

12. DIE LINKE/SOLID/SDS

Die Partei „DIE LINKE“ befindet sich im Niedergang und ist in zwei Lager gespalten. Der Hauptgrund für die Krise der PDL ist deren Abwesenheit in allen wichtigen Bewegungen der letzten Zeit: in Krisen-Protesten, Tarifkämpfen, Occupy oder S21 hat die PDL keine relevante Mobilisierungsaktivität gezeigt, noch hat sie versucht, diese politisch voranzutreiben und als kämpfende Basis für eine linke Partei zu gewinnen – und hat sich damit innerhalb von fünf Jahren mehr denn je von ihrem Anspruch entfernt, parlamentarischer Ausdruck der ArbeiterInnen und sozial schwachen zu sein. Dies könnte natürlich nur durch die tatsächliche Verankerung in den Kämpfen dieser Schichten erreicht werden. Sie hat es nicht verstanden, die rechte Politik der SPD vor Millionen von ArbeiterInnen zu entblößen und dadurch an Stärke zu gewinnen.

Der Parteitag im Juni 2012 hat zur Stärkung des linken Flügels geführt. Jedoch hat auch dieser (Marx21, KPF, AKL …) keine grundsätzliche politische Alternative zum sozialdemokratischen Programm von Gysi/Bartsch. Sie bilden eine Verbindung zu linken Gewerkschaftsströmungen (Riexinger usw.), haben jedoch im Kern ein ähnliches keynesianisches Programm. Das gilt besonders für die sog. „Kommunistische Plattform“ (KPF) um Wagenknecht. Deren Kritik an der Politik der Bundesregierung erschöpft sich völlig darin, dass Sparprogramme zur Bewältigung von Krisen sich „nicht bewährt“ haben und dies „dumm und töricht“ sei. Sie gibt stattdessen der EU den Ratschlag, eine „öffentliche europäische Bank“ zur Finanzierung der Staatshaushalte einzurichten. Auf derartige Ratschläge legt diese jedoch sicherlich keinen Wert.

Die Hetze des rechten Flügels um Gysi gegen die diversen linken Strömungen in der Partei („Kaderkommissionen“) ist natürlich falsch und zu verurteilen – jedoch zu großen Teilen von diesen selbst verschuldet aufgrund ihrer Passivität in sozialen Kämpfen und ihres Opportunismus gegenüber den „Reformern“ in der Partei. In diesem Zustand sind sie in der Tat im Ganzen überflüssig. Dass die Parteilinken für den rechten Flügel ein Hindernis darstellen, ist klar – solange sie jedoch keine reale Kraft in kämpfenden Bewegungen darstellen, sind sie aber keinesfalls eine Herausforderung oder Bedrohung für diese, sondern lediglich politischer Ballast und Angriffsfläche für Hetze der bürgerlichen Medien.

Die Führung der Partei „DIE LINKE“ vertritt in Zusammenhang mit der Krise ein klassisch keynesianistisches Programm, was auch für SOLID und „DIE LINKE/SDS“ gilt. Sie kritisieren die Politik der Bundesregierung und fordern die Rückkehr zu sozialer Sicherung und Einführung von „Reichensteuer“ etc. Während einige ihrer Forderungen trotz ihres reformistischen Charakters zu unterstützen sind, ist vor allem eines falsch: Der Versuch, die verschiedenen reformistischen Losungen als „vernünftige“ und „nachhaltige“ Alternative zu Sozialabbau und Sparpolitik der Bourgeoisie und den bürgerlichen Parteien anzubieten. Sie schlagen politische Rezepte zur Genesung des krank gewordenen Kapitalismus vor, die eine Stärkung der Binnennachfrage, staatliche Konjunkturprogramme und illusorische Vorschläge wie „Entkoppelung der Staatsfinanzen von den Finanzmärkten“ beinhalten. Soziale Forderungen werden nicht als Kampfforderungen gegen die Kapitalisten erhoben, sondern als gutgemeinte Ratschläge an ebendiese. Folglich krankt dieses Programm vor allem darin, dass es – sofern es richtige Vorschläge enthält – utopisch ist, solange es nicht zur Mobilisierung der betroffenen ArbeiterInnen und Jugendlichen eingesetzt wird. In den tatsächlichen Kämpfen (bspw. die Aktionstage in Frankfurt) spielte „DIE LINKE“ – gemessen an ihrer Stärke – eine untergeordnete Rolle. Zwar stellte sie größere Blöcke auf Demonstrationen, jedoch hat sie nicht im Ansatz versucht, eine Verbindung zu schaffen zwischen ihrem politischen Programm und neuen, kämpferischen AktivistInnen, der Jugend und der Arbeiterklasse.

Von den bürgerlichen Reform-Vorschlägen unterscheidet sich das Programm von „DIE LINKE“ also vor allem dadurch, dass es eine Randnotiz in den bürgerlichen Debatten bleiben wird, denn die Bourgeoisie lehnt ihre gutgemeinten Ratschläge zu Recht ab. Solange „DIE LINKE“ ein parlamentarischer Debattierverein bleibt, der sich an „linkere“ bürgerliche Kräfte anbiedert (z.B. Unterstützung des DIW-“Expertenpapiers“), wird sich auch ihr Niedergang fortsetzen – denn die herrschende Klasse legt keinen Wert auf linke Parteien. Wir fordern „DIE LINKE“ dagegen auf, aktiv den Kampf gegen die Krisenpolitik der Bundesregierung zu führen – also ihre Basis zu mobilisieren für eine Massenbewegung gegen Sparpolitik und Krisenabwälzung. Dies tun wir, um ebendiese Basis von der Nutzlosigkeit des Reformismus zu überzeugen und in den stattfindenden Kämpfen für ein Aktionsprogramm gegen die Krise zu gewinnen.

13. ARAB

Die autonome Gruppe ARAB hat in ihrem Heft „PERSPEKTIVE Nr. 1”1 eine Zusammenfassung ihrer Positionen zur Krise veröffentlicht, die gegenüber anderen Analysen einige Stärken aufweist. So wird auf Grundlage der allgemeinen marxistischen Theorie korrekt die bürgerliche Version der „Krisenanalyse“ kritisiert, ebenso wie deren linker Ableger, der von Reformisten wie „DIE LINKE“ vertreten wird. Die grundlegenden Bewegungsgesetze der kapitalistischen Krise werden marxistisch beschrieben. Die Flucht des Kapitals in die Spekulation wird als Ausdruck, nicht als Ursache der Krise erkannt und auf den tendenziellen Fall der Profitrate zurückgeführt. Korrekt erkannt wird auch der Niedergang der US-Ökonomie, die aufgebauten internationalen Ungleichgewichte bspw. in Bezug auf die EU-Ökonomie und die Ambitionen des deutschen Imperialismus. Ebenso richtige Schlussfolgerungen für die Politik proletarischer InternationalistInnen.

Eine Schwäche des Papiers liegt im unausgegorenen Verständnis der historischen Einordnung der Krise sowie der historischen Perspektive. So wird bspw. – unserer Einschätzung nach unzutreffend – auf die „Kondratiev-Wellen“ zurückgegriffen, ohne hier eine abschließende Position zu beziehen.

14. SAV

Die Krisenanalyse der SAV ist auf theoretischer Ebene oftmals durchaus richtig und ausgereift. Kritik üben wir jedoch an ihrem zentristischen, nicht-revolutionären Agieren in Kämpfen und Bewegungen. Anstatt auf Grundlage einer richtigen materialistischen Analyse die Aufgaben für Revolutionär_Innen zu entwickeln und anzugehen – was in Deutschland bspw. den politischen Kampf gegen die reformistischen Führungen und für klassenkämpferische Basisbewegung beinhalten würde – führen sie ein „Schläferdasein“ und warten auf eine Art „Bewusstseinssprung“ in der Arbeiterklasse, der spontan durch die objektiven Bedingungen revolutionäre Erhebungen auslösen könne: „Wenn das Bewusstsein der ArbeiterInnen zu den objektiven Gegebenheiten aufschließt, dann kann sich die Lage urplötzlich verändern.”2 Dabei erkennen sie zwar die Notwendigkeit revolutionärer leninistischer Organisierung formal an, praktizieren jedoch weiterhin ihren falschverstandenen „Entrismus“ in der PDL und lehnen den politischen Kampf gegen die Gewerkschaftsführungen ab. Politisches Bewusstsein entsteht im Kampf. Das vorherrschende bürgerliche Bewusstsein ist dabei Ausdruck der Schwäche und der unzähligen Niederlagen der Arbeiterbewegung und zugleich das größte Hindernis für die kommendene Kämpfe. Es kann jedoch nur überwunden werden durch den politischen Kampf gegen die bürgerlichen (reformistischen) Führungen der Arbeiterklasse.

Die SAV verhält sich in der Regel opportunistisch, indem sie ihre Positionen anpasst, entschärft oder zurückstellt zugunsten des „Friedens“ mit reformistischen oder bürgerlichen Kräften. Beispielsweise stellt sie nicht die Forderung nach Enteignung der Konzerne unter Arbeiterkontrolle – denn anderenfalls müssten sie auch zu den Mitteln des Kampfes, die hierzu nötig sind, Stellung beziehen: Gegenmachtorgane, Besetzungen, Selbstschutzorganisationen etc.

Stattdessen versteckt sie sich hinter Floskeln wie „Vergesellschaftung unter demokratischer Kontrolle“. Hier wird bewusst die Frage vermieden, wer (welche Klasse) die „vergesellschafteten“ Einrichtungen kontrollieren und besitzen soll.

15. SDAJ

Die Positionen der SDAJ stehen – wenn auch eigentständige Aktivität in einigen Bereichen – im Schatten der Mutterorganisation DKP. Sie vertritt einen degenerierten Stalinismus und verhält sich sowohl sektiererisch gegenüber anderen linken Kräften, als auch opportunistisch gegenüber bürgerlichen Feinden. Eine eigene Analyse der Krise hat sie nicht veröffentlicht.

Obgleich sie sich mit gewerkschaftlichen und politischen Kämpfen in Deutschland ebenso wie in Griechenland oder Spanien im allgemeinen solidarisiert, vertritt sie nicht die notwendigen, unmittelbaren Ziele dieser Bewegungen und hat keine Vorstellung, wie diese Bewegungen zum Sieg geführt werden können (Agitation für Arbeiter_Innenregierung, Einheitsfront, Gegenmachtorgane etc.)

Ihre politische Kritik an anderen Strömungen ist oft destruktiv und sektiererisch (bspw. in Bezug auf Occupy oder SYRIZA3). Ihre „revolutionären“ Positionen sind phrasenhaft und erfüllen ihren Anspruch nicht, meist reduzieren sie sich darauf, von anderen „sozialistisches Bewusstsein“ einzufordern, ohne dieses jedoch zu entwickeln und seinen Nutzen für die Unterdrückten darzulegen. Selbst wenn sie abstrakt richtige Prinzipien aufstellt (bspw. internationale Solidarität, Verbindung von Tageskämpfen mit dauerhaften pol. Kampagnen), bleibt sie hinter diesen zurück. Ihre Positionen gegenüber den griechischen Kämpfen verleugnen diese sogar (z.B. Sektierertum gegenüber SYRIZA).

Als politische Kraft ist die SDAJ daher für uns von keinem besonderen Interesse, jedoch sollten wir im Rahmen von Einheitsfronten mit der SDAJ auch die Flügelkämpfe innerhalb der DKP beachten, die auch Auswirkungen und Linksbewegungen innerhalb der SDAJ auslösen könnten.

16. Gruppe Soziale Kämpfe

Die Vorstellungen der rechts-autonomen Gruppe gehen nicht von der materialistischen Analyse der Wirklichkeit aus. Vielmehr stellen sie ein idealistisches Programm zur Weltverbesserung auf, und hoffen auf die selbstverschuldete „Delegitimierung“ des Krisen-Kapitalismus, die Proteste auslösen könnte. Die Kritik an Krise und Kapitalismus bleibt in moralischen Floskeln („Menschen vor Profite! Zukunft statt Kapitalismus!“). Eine marxistische Analyse der Krise bieten sie nicht und die „Klassenfragen“ werden in ihren Texten grundsätzlich stark gemieden. Im Rahmen ihrer sog. „Revolutionären Realpolitik“ stellen sie umfangreiche Forderungslisten auf, die zwar vielfach richtig sind, jedoch teilweise unkonkret bleiben (bsp. „Sozialer und ökologischer Umbau der Wirtschaft durch Überführung zentraler Wirtschaftsbereiche in öffentliches Eigentum unter demokratischer Gestaltung der Beschäftigten und der BürgerInnen!”4) und denen in jedem Fall eine Perspektive zur tatsächlichen Erreichung dieser Ziele fehlt: Einheitsfront gegen soziale Angriffe, Kampf gegen reformistische Führungen, Methoden des Klassenkampfes wie pol. Streiks etc. Diese Fehler sind bei vielen autonomen Gruppen zu beobachten, wenn auch die GSK den rechtesten Flügel der Autonomen darstellt.

In Bezug auf die Organisationsdebatte vertreten sie ein Konzept der “pluralistischen Linken”, also der kritik- und perspektivlosen “freundlichen Zusammenarbeit” aller Linken ohne Konzept und Ziel, wie folgende Darstellung zeigt: “Statt Revolution und Reform gegeneinander auszuspielen, setzen wir auf eine revolutionäre Realpolitik (Rosa Luxemburg), die an den Widersprüchen des Bestehenden ansetzt”5 Positiv hervorheben wollen wir jedoch den Aktivismus der GSK gegen Rassismus.

17. Die “Piratenpartei”

Eine für viele bemerkenswerte Entwicklung der letzten Jahre war das Wachstum der sogenannten “Piratenpartei” als politische Strömung, das in Deutschland und einigen anderen Ländern zu beobachten war. Die deutsche “Piratenpartei” hat seit 2006 (nach eigenen Aussagen) etwa 30.000 Mitglieder gewonnen und stellt sich dar als eine fortschrittliche “Bürgerpartei”, die allen Menschen gleich welchen sozialen Ursprungs offensteht und für “vernünftige” Politik im Interesse aller einsteht. Ihre politischen Forderungen – sofern überhaupt verbindlich niedergeschrieben – sind zutiefst widersprüchlich und sind ein wildes Durcheinander sowohl fortschrittlicher als auch illusorischer, reformistischer oder gar reaktionärer Positionen. Aus marxistischer Sicht ist die sog. “Piratenpartei” keinesfalls eine linke, sondern eine kleinbürgerliche Strömung. Dem widerspricht nicht, dass auch linke AktivistInnen, ArbeiterInnen oder unterdrückte Jugendliche sich ihnen anschließen – vielmehr ist es gerade typisch für kleinbürgerliche Strömungen, dass sie mal in den Reihen der Bourgeoisie, mal in der Arbeiterklasse oder unterdrückten Jugend nach Unterstützern suchen und entsprechende politische Rezepte für “Alle”, also – marxistisch gesprochen – für alle Klassen anbieten. Die Interessen der Bourgeoisie mit jenen der Arbeiterklasse zu verbinden, ist natürlich immer ein Betrug – es entspricht jedoch dem Charakter des Kleinbürgertums, sich von Zeit zu Zeit von den originär bürgerlichen Parteien zu entfernen und selbst für ihre Interessen zu kämpfen. Hierfür sind sie jedoch auf Unterstützung von den “wichtigen” Klassen – also der Bourgeoisie oder der Arbeiterklasse – angewiesen.

Neben enttäuschten und verwirrten Linken tummeln sich in der sog. “Piratenpartei” auch Nazis, ehemalige Mitglieder von CDU, FDP, GRÜNEN u.a. Daher kann es für uns eine Zusammenarbeit mit “Piraten” nur im Rahmen konkreter Kämpfe für legitime Ziele geben mit der Vorraussetzung, dass Reaktionäre aus der Bewegung ausgeschlossen werden.

Zu den wirren Positionen der sog. “Piratenpartei” gehören beispielsweise folgende originär kleinbürgerliche Parolen (Grundsatzprogramm Piratenpartei6):

  • Förderung des freien Marktes
  • Bekämpfung von “Monopolen”
  • Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in der IHK

Die vielbeschworene radikale Verteidigung der “Grundrechte” entpuppt sich als vollkommene Nullnummer, wie folgende Forderungen zeigen (Wahlprogramm NRW7):

  • Erhöhung der “Transparenz” des Verfassungsschutzes, “soweit dies im Rahmen der Handlungsfähigkeit des Verfassungsschutzes möglich ist”
  • Online-Überwachung “nur durch richterliche Anordnung”
  • “Einsatz neuer Technologien bei der öffentlichen Überwachung sind kritisch zu hinterfragen”
  • “Statt technischer Mittel wollen wir eine höhere Präsenz von Polizei- und Ordnungskräften an potenziellen Kriminalitätsbrennpunkten.”
  • “Die Entscheidung für den Einsatz von Überwachungsmaßnahmen während einer Demonstration ist von den verantwortlichen Einsatzkräften nach pflichtgemäßem Ermessen unter gleichzeitiger Beurteilung der Gefahren- und Aggressionslage zu treffen.”

Auch die “sozialen” Forderungen sind keinesfalls radikal, sondern bleiben selbst hinter den schlechtesten reformistischen Losungen zurück:

  • Der “fahrscheinlose ÖPNV” (Berlin) soll durch Zwangsabgabe i.H.v. 24EUR/Monat finanziert werden
  • Es findet sich keine einzige konkrete Forderung in Bezug auf Abschaffung von Hartz 4, Leiharbeit, Niedriglohn, Kampf gegen Entlassungen o.ä. Stattdessen eine Lobhudelei auf die “Soziale Marktwirtschaft”
  • das sog. “Bedingungslose Grundeinkommen” wäre tatsächlich eine massive Enteignung von prekären ArbeiterInnen und Arbeitslosen und wird aus diesem Grund von einem (kleinen) Teil der Bourgeoisie unterstützt
  • Sehr skurril ist die Forderung nach staatlicher Bezuschussung von “Arbeitslosen-Selbsthilfegruppen”

Aufgrund ihrer größtenteils reaktionären Ziele betrachten wir die sog. “Piratenpartei” als politischen Gegner. Sie stellt eine Gefahr für die gesamte Linke dar, weil sie auch in linken Bewegungen rekrutiert und ihre reaktionären Ziele dort hineinträgt. Wenn Linke sich bei den “Piraten” organisieren sollten, werden sie früher oder später entnervt und demoralisiert aufgrund der Nutzlosigkeit der “Piraten” das Handtuch werfen. Um die vielen linksgerichteten Mitglieder der “Piraten” sollten wir daher politisch werben, wir fordern sie zum Bruch mit allen bürgerlichen Elementen auf, zum gemeinsamen Kampf für gemeinsame Ziele und zur Abkehr von den sog. “Piraten”.

18. Stuttgart 21

Die Bewegung gegen S21 ist aufgrund ihrer Schwächen vollständig gescheitert, besteht jedoch fort als versteinerte Erscheinung der gesammelten Fehler ihrer Führung, der Arbeiterbewegung und der Linken. Die Politisierung von tausenden Menschen, denen auch ein Kern von Militanten angehört, hat überwiegend nicht zu deren Radikalisierung und politischen Entwicklung durch die Schule des Kampfes geführt, sondern meist entweder zur Resignation in der Niederlage oder zur Verfestigung von kleinbürgerlichen und zum Teil reaktionären Vorstellungen. Dies drückt sich auch gerade im völligen Versagen aus, unterdrückte Jugendliche in größerer Zahl zu mobilisieren. Sie ist zu einer Stillstands-Bewegung geworden: die offenkundige Niederlage wird verkannt und geleugnet, die notwendigen Konsequenzen (die Verallgemeinerung des Kampfes und die Vereinigung mit anderen fortschrittlichen Bewegungen) nicht vollzogen, jedoch der Aktivismus in Form von Demonstrationen und Blockaden unverändert beibehalten.

19. Nazis

Die Aktivität von Faschisten hat weiterhin eine gewisse Bedeutung. In Deutschland kann man jedoch sagen, dass diese nicht an Kraft gewonnen und die antifaschistischen Mobilisierungen trotz ihrer verhältnismäßigen Schwäche den Nazis die Stirn geboten haben. In Dresden wurde der Naziaufmarsch im Februar im Angesicht der geplanten Gegendemonstration nicht durchgeführt. Auch alle anderen Versuche von Faschisten, große Aufmärsche durchzuführen, konnten erfolgreich gestört oder verhindert werden. In Deutschland ist eine Stärkung der Faschisten nicht zu erwarten, auch weil sie von der Bourgeoisie derzeit mehr als Gefahr, denn als mögliches Werkzeug für ihre Politik betrachtet werden. Chauvinistische und rassistische Hetze von bürgerlichen Kräften selbst hat sich jedoch verstärkt, bspw. im Zusammenhang mit der Euro-Krise oder dem angeblichen Erstarken von sog. „Salafisten“

In einigen Ländern Osteuropas, insbesondere Ungarn und Griechenland, sind Nazis eine ernste Gefahr für die Linke und greifen regelmäßig MigrantInnen, andere Minderheiten und Linke an. Nicht zuletzt aus diesem Grund sollten wir weiterhin schwerpunktmäßig antifaschistische Einheitsfronten unterstützen und auf wichtigen Demonstrationen möglichst stark und militant eingreifen.

20. Jugendinternationale

In unserem internationalen Manifest haben wir die wichtigsten politischen Grundsätze, die wir in unseren Kämpfen aus der eigenen und der Erfahrung anderer AktivistInnen gewonnen haben, dargelegt. Ein besonderes Ziel, das wir in den Jugendkämpfen aller Länder, aber auch und besonders im eigenen Land einbringen, ist die Losung der Jugend-Internationale. Wir treten ein für die Schaffung einer internationalen Kampforganisation der Jugend, die ausschließlich ihren jugendlichen Mitgliedern verantwortlich ist und von diesen kontrolliert wird. Die Wichtigkeit einer solchen Organisation wird augenscheinlich, wenn wir die Kämpfe letzten Jahre betrachten: In Europa, in Nordafrika und im Nahen Osten, in den vom Imperialismus besetzten Ländern und überhaupt in allen großen Kämpfen spielte die Jugend eine herausragende, wenn nicht tragende Rolle. Doch nirgendwo kämpfte sie unter ihrer eigenen, selbstgewählten Führung – stattdessen war sie auf die traditionellen Führungen der reformistischen Parteien oder sogar religiöser, reaktionärer Bewegungen angewiesen. Doch bereits die reformistischen ArbeiterführerInnen verhalten sich überall stets nationalborniert, anpasslerisch und schwankend und vertreten niemals die gemeinsamen Interessen der Jugend, wenn sie bereits die Arbeiterklasse – die Basis ihrer Organisationen – verraten. Für proletarische oder andere unterdrückte Jugendliche kann es keine Option sein, sich von diesen bremsenden FührerInnen benutzen zu lassen, ohne überhaupt Anteil an deren Entscheidungen zu haben. Vielmehr haben wir, die jugendlichen AktivistInnen heutiger Kämpfe, die Aufgabe, uns endlich eine eigene, unabhängige Führung für alle unterdrückten Jugendlichen zu geben, um an der Seite der Arbeiter_Innenklasse – jedoch politisch selbstbestimmt – die Kämpfe für unsere Rechte zu führen und zu gewinnen. Doch nicht nur das, wir haben auch die weit größere Aufgabe, die künftige Speerspitze im Kampf der Arbeiterklasse zu werden und die falschen, ungeeigneten FührerInnen – Reformist_Innen, Stalinist_Innen und andere – zu ersetzen.

Aber wir würden einen Fehler begehen, würden wir dabei nicht von Anfang auf die engst mögliche Vereinigung der unterdrückten Jugend aller Länder setzen. Wie können wir trotz unserer fehlenden Erfahrung die richtigen Entscheidungen treffen, ohne uns auf andere Organisationen zu verlassen? Wenn schon die Arbeiterklasse nur weltweit vereint das Bewusstsein und die Kraft entwickeln kann, den Kapitalisten die Stirn zu bieten, so gilt das für die Jugend umso mehr, sind wir doch der unwichtigste Teil der kapitalistischen Maschine. Eine Jugendinternationale sollte all jene umfassen, die im Kampf für ihre Rechte die Kapitalist_Innen als Gegner und die Arbeiterklasse als Verbündeten betrachten. Dies setzt keine politische Übereinstimmung in allen Fragen voraus. Die Jugendinternationale ist eine objektive Notwendigkeit für jede Jugendbewegung. Sie würde die Kampfbedingungen für alle unterdrückten Jugendlichen verbessern und die Kraft der Kapitalisten schwächen. Wenn heute die Jugend vereinzelt, unorganisiert und schwach ist gegenüber den gezielten Angriffen des bürgerlichen Staates, so müssten in Zukunft die Kapitalisten davor zittern, an verschiedenen Fronten auf allen Kontinenten angegriffen zu werden von einer grenzenlosen Bewegung der Jugend.

Als revolutionäre internationale Jugendorganisation haben wir derzeit die dringlichste Aufgabe, die stattfindenden Umwälzungen weltweit durch Intervention auf Grundlage unserer programmatischen Dokumente zur Radikalisierung und Ausweitung der legitimen Proteste und Kämpfe zu nutzen. Wir haben jeden Grund, selbstbewusst und entschlossen unser revolutionäres Manifest als notwendigen Beitrag in alle Bewegungen einzubringen, in denen Jugendliche legitimerweise für demokratische Freiheit oder gegen Arbeitslosigkeit, Armut, imperialistische Diktatur oder Besatzung und Fremdherrschaft kämpfen.

Das größte Augenmerk sollten wir dabei auf all jene Bewegungen legen, wo junge AktivistInnen hinzuströmen, im Kampf für ihre Rechte sich radikalisieren und politische Antworten auf die dringenden Fragen suchen:

Wie können die konkreten Angriffe auf unsere sozialen und demokratischen Rechte gestoppt werden? Wie können die verrotteten Organe der bürgerlichen Demokratie entsorgt werden und durch was werden sie ersetzt? Wie können Diktatur, Besatzung und Krieg beendet werden, wer sind hierbei die Verbündeten und gegen wen richtet sich der Kampf? Wie kann letztendlich das kapitalistische System zerschlagen werden, welche Organisation und welche politischen Grundsätze sind hierfür und zur Erringung der Macht notwendig?

Auf diese Fragen haben wir Antworten, die darauf warten, verbreitet und umgesetzt zu werden. Die rasche Intervention auch in Ländern, in denen wir bislang nicht verankert sind, ist hierbei eine große Verantwortung und Chance, GenossInnen zu gewinnen und die Organisation durch die Erfahrungen anderer Unterdrückter zu bereichern und zu festigen.

REVOLUTION-Konferenz, Juni 2012




Kampf im "Herzen der Bestie" – Vor welchen Chancen und Gefahren steht die revolutionäre Jugend?

Wir veröffentlichen hier ein Dokument, das von der REVOLUTION-Jahreskonferenz im Juni 2012 beschlossen wurde und eine umfassende Zusammenstellung der politischen und ökonomischen Entwicklung und der Perspektiven für Klassen- und Jugendkämpfe weltweit enthält.

1. Der Rahmen: globale Krise

2011 und 2012 waren weltweit von der historischen Krise des Kapitalismus geprägt, die in allen Ländern sowohl Kapitalisten als auch Unterdrückte vor gleichsam historische Herausforderungen stellt. Innerimperialistische Konflikte haben sich in Europa wie international zugespitzt, ebenso wie sich in vielen Halbkolonien imperialistische Konflikte, Klassenkämpfe, Unabhängigkeitsbewegungen und Aufstände verschärft haben. Die politische und wirtschaftliche Entwicklung war dabei in verschiedenen Ländern in höchstem Maße unterschiedlich, widersprüchlich und zugleich eng verbunden.

Während der US-Imperialismus sich im Niedergang befindet, weite Teile Europas stagnieren oder vor dem Kollaps stehen, hat besonders Deutschland die Krise zur vergrößerung seines Einfluss genutzt. Während sich in Griechenland oder im Nahen Osten revolutionäre Bewegungen formieren, herrscht in wichtigen imperialistischen Ländern weitgehende Friedhofsruhe zwischen Unterdrückten und Unterdrückern. China erhöht seine Ansprüche auf Iran oder Syrien und fordert gar Zugeständnisse von Europa und den USA, letztere sind dagegen weitgehend erfolglos in der Unterordnung Afghanistans und der Region.

In Europa hat der deutsche Imperialismus seine Offensive zur Unterordnung Süd- und Osteuropas sowie zur Hegemonialmacht der EU ausgeweitet. Frankreich ist hierbei Rivale ebenso wie zeitweise taktischer Verbündeter in gemeinsamen Interessen. Als politisches Führungsduo der EU unangefochten, haben Merkel und Sarkozy der EU und insbesondere Griechenland, Spanien, Italien zahlreiche Maßnahmen aufgezwungen, die der Entschärfung der Krise zugunsten des deutschen und französischen Imperialismus dienen sollen. Verlierer in diesem Kampf sind neben den jeweiligen nationalen Bourgeoisien natürlich stets in erster Linie die Unterdrückten, die Arbeiterklasse und in hohem Maß die Jugend, die von enormer Verarmung, Massenarbeitslosigkeit und Entrechtung in allen wichtigen Fragen – soziale Sicherung, Bildung, Gesundheit usw. – betroffen ist. Die Jugendlichen beantworten diese Entwicklung mit Massenaktionen – Millionen waren aktiv in Platzbesetzungen, Streiks bis hin zur Belagerung des griechischen Parlaments und Straßenkampf gegen die Macht des Staates.

2. Der deutsche Imperialismus als Krisenprofiteur

In Deutschland hat sich der leichte Aufschwung von 2011 nicht fortgesetzt. Vorhersagen, dass dieser in einen weiteren tiefen Einbruch vergleichbar 2009 mündet, haben sich jedoch nicht bestätigt. Vielmehr befindet sich die deutsche Wirtschaft wieder nahe der Stagnation, die Bourgeoisie selbst geht von einem schwachen Wachstum von knapp 1% für 2012 aus. Dies steht in starkem Ungleichgewicht zu der Entwicklung der meisten europäischen Länder. Insgesamt wird eine Stagnation oder sogar Rezession im Euroraum erwartet. Griechenland, Italien, Spanien und Portugal befinden sich in der Rezession. Dieses Ungleichgewicht ist derzeit kennzeichnend für die Krise.

Der deutsche Imperialismus hat insgesamt während der Krise seine Position verteidigen und auf Kosten imperialistischer Rivalen ausbauen können.

Grundlage hierfür war zum einen seine ökonomische Basis in Form der exportierenden Industrie. Diese war zwar mit am schärfsten vom Einbruch 2009 betroffen, konnte jedoch mit massiven Subventionen (Konjunkturpakete, Kurzarbeit) auf Bereitschaft gehalten werden, so dass sie widerum zu den ersten Gewinnern in 2010-2011 zählte. Wichtig waren hierfür auch die Niedrigzinspolitik der EZB. Weiterhin haben die forgesetzten Konjunkturprogramme der USA dazu beigetragen, den deutschen Export aufrecht zu erhalten.

Nicht minder wichtig war jedoch die reaktionäre Mitarbeit der Gewerkschaften an der Krisenpolitik, welche die gewerkschaftlichen Kämpfe weitgehend lähmte und stets in Niederlagen führte. Der Verzicht auf ernsthafte Abwehrkämpfe gegen Kurzarbeit, Leiharbeit, die Nichtdurchsetzung von Lohnforderungen und weitgehende politische Unterstützung des schwarz-gelben Krisenprogramms macht die reformistischen Gewerkschaftsführungen verantwortlich nicht nur für Prekarisierung der unteren ArbeiterInnenschichten in Deutschland – insbesondere Jugendliche und Frauen – sondern auch für die imperialistische Offensive der deutschen Bourgeoisie mit weltweit historischen Auswirkungen. Nicht nur für die Arbeiterklasse in Deutschland, sondern auch für die Unterdrückten Griechenlands, Portugals oder Spaniens ist die Erledigung dieser reformistischen Führung daher eine Aufgabe ersten Ranges.

Darüber hinaus haben die expansive Geldpolitik der EZB und die staatlichen Kredite und Kreditgarantien (EFSM, EFSF, ESM) auch die Staatsschuldenkrise im Euroraum kurzfristig entschärft, indem die Kreditklemme verhindert wurde und „Schrottpapiere“ unmittelbar durch Garantien abgesichert wurden. Langfristig sind die Folgen dieser Politik für den Imperialismus jedoch kaum absehbar – In jedem Fall führt grundsätzlich die Ausweitung des Kredits zu weiterem Wertverfall der kritischen Staatsanleihen und damit zu höheren Zinsen für diese. Ein Crash an den Anleihemärkten mit gewaltigen und weltweiten Auswirkungen ist also durchaus möglich.

3. Die Euro-Krise

Die historische Krise des Kapitalismus drückt sich derzeit am deutlichsten in der EU-Schuldenkrise aus. Die massive Ausweitung von Zentralbankkrediten und Staatsanleihen setzt die schwächer industrialisierten Euro-Länder massiv unter Druck, da die Renditen ihrer Papiere bei vergleichsweise schwachen Profitraten steigen. Dies macht deren Refinanzierung schwerer oder gar unmöglich.

Im Rahmen bürgerlicher Politik ist der einzige Ausweg die Unterwerfung unter eine imperialistische „Schutzmacht“, die sich für die Anleihen verbürgt und damit den Fortbestand des Staatshaushaltes ermöglicht – hierfür jedoch nicht nur massive Angriffe auf die Unterdrückten fordert, sondern auch die Bourgeoisie selbst ihrer bisherigen Souveränität beraubt.

Vom Standpunkt der Arbeiterklasse ist jedoch die einzige Lösung die Annulierung der Schulden – also die Enteignung der Gläubiger. Linke Reformisten, die einen Schuldenschnitt durch Verhandlung mit den Imperialisten und Fortbestand des bürgerlichen Eigentums anstreben – wie beispielsweise die SYRIZA – stehen vor dem Dilemma, dass dies selbstverständlich die sofortige Kapitalflucht und ökonomischen Zusammenbruch bedeuten würde. Die Annulierung der Schulden kann nur durch eine Regierung der Arbeiterklasse, bei gleichzeitiger Enteignung des nationalen Bankwesens, der Industrie etc. erfolgreich sein.

Dies macht die Krise zu einer tatsächlich revolutionären Krise. Für die herrschende Klasse ist sie nur unter unzumutbaren Zugeständnissen zu entschärfen – für die Unterdrückten nur durch Umwälzung der Eigentumsverhältnisse, also den Sturz der Kapitalistenklasse.

Das ökonomische Ungleichgewicht innerhalb eines gemeinsamen Währungsraumes war die Grundlage für den Plan der Unterordnung Europas unter deutsch-französische Führung – ist jedoch derzeit eine gewaltige Bedrohung des imperialistischen Projektes EU. Die Frage, wie mit dieser existentiellen Krise umgegangen werden soll, spaltet naturgemäß die Imperialisten untereinander, aber auch die bürgerlichen Parteien Deutschlands und anderer Länder sind im innern geteilter Meinung. Die Hauptkonfliktlinie zieht sich durch die Frage, ob eine gewaltige Kapitalvernichtung in Ländern wie Griechenland als Beitrag zur Entschärfung der Krise erzielt werden soll – was diese Länder um Jahrzehnte zurückwerfen würde und z.B. Absatzmärkte auf lange Zeit zerstören würde – oder aber ein „moderates“ Sparprogramm, das selbstverständlich die Arbeiterklasse enteignen und prekarisieren, nicht aber die griechische Wirtschaft in den Abgrund stoßen soll.

4. Griechenland: im Kreuzfeuer imperialistischer Angriffe

In Griechenland wurde eine imperialistische Diktatur errichtet. Die EU-Troika hat eine durch nichts demokratisch legitimierte Regierung eingesetzt, um die brutalen Angriffe gegenüber Griechenland und insb. der Arbeiterklasse durchzusetzen.

Die brutalen Angriffe des EU-Imperialismus gegenüber Griechenland haben mehreres gezeigt:

  1. Die deutsch-französische Führungsmacht ist entschlossen, ihre imperialistischen Ziele mit aller Gewalt und Härte durchzusetzen und nimmt dabei auch revolutionäre Krisen in Kauf.
  2. Wir befinden uns in einer revolutionären Periode, d.h. die herrschenden Klassen sind aufgrund der historischen Krise des Kapitalismus – die im Kern eine Krise der Produktionsverhältnisse ist – zur Umwälzung dieser Produktionsverhältnisse in ihrem Sinne gezwungen. Die Unterdrückten werden in den Abwehrkampf gegen diese Angriffe gezwungen, was – zeitweilig auch spontan – das Ausmaß von Aufständen und Revolutionen annimmt.
  3. Die imperialistische Umordnung Europas ist eine grundlegende Notwendigkeit für die imperialistischen Mächte, deren Ausgang wird die Kräfteverhältnisse auf lange Zeit bestimmen.
  4. Ebenso ist für die Arbeiterklasse der Kampf gegen die imperialistischen Angriffe existentiell. Eine tiefe historische Niederlage ist in erster Linie wegen des Versagens ihrer Führungen – möglich. Ebenso möglich sind jedoch rasche Wendungen im Klassenkampf mit massenhafter Umorientierung und Radikalisierung.
  5. Die Aufgabe von Revolutionären in dieser Situation ist es selbstverständlich, in allen legitimen Kämpfen mit einem proletarischen,
    sozialistischen Programm den entschlossensten militanten Weg zur Zerschlagung der Klassenmacht der Bourgeoisie zu propagieren und nach Kräften zu führen.
  6. Die Stagnation der griechischen Revolution ist zu großen Teilen auch dem Versagen, dem offenen Verrat der Arbeiterbewegung in den imperialistischen Ländern – allen voran der deutschen Gewerkschaftsbürokratie – geschuldet. Allein durch die Vereinigung der Arbeiter- und Jugendbewegungen auf europäischer Ebene mit einem radikalen Aktionsprogramm gegen „Rettungspakete“, Arbeitslosigkeit und Massenverarmung könnte die Krise zum Fortschritt der Unterdrückten gelöst werden.

Es ist zu erwarten, dass sich die Euro-Krise weiter verschärfen wird. Neben der Frage der ökonomischen Entwicklung ist der Fortgang der Kämpfe in Griechenland und in anderen Krisenländern von größter Bedeutung.

In Griechenland findet vor dem Hintergrund der seit 2 Jahren anhaltenden Massenproteste eine politische Polarisierung und Radikalisierung von AktivistInnen statt. Dies wurde durch die aggressive Politik und chauvinistische Hetze der EU, BRD, Frankreich und des IWF noch verstärkt. Die Parlamentswahl im Mai hat einen Linksruck gezeigt, besonders die linksreformistische SYRIZA hat stark gewonnen. Die Neuwahlen am 17. Juni haben diese Entwicklung fortgesetzt, wenn auch die SYRIZA keine Regierung bilden konnte und knapp nur zweitstärkste Kraft wurde. Die Stärke von SYRIZA ist offenkundig von großer Bedeutung für die Kämpfe in Griechenland. Es ist jedoch offenkundig, dass selbst eine linke Regierungsmehrheit unter SYRIZA zu schwach wäre, um die Angriffe der EU zu stoppen und schnell zwischen EU-Imperialisten und griechischer Bourgoisie und Bürokratie zerrieben wäre. Die KKE dagegen betreibt eine verräterische Politik, leugnet die Möglichkeit des revolutionären Umsturz und verhält sich sektiererisch gegenüber allen anderen Organisationen der Linken und der Arbeiterbewegung, wärend sie sich rechten, bürgerlichen Kräften anbiedert. Ihre tiefe Niederlage am 17. Juni ist insofern eine berechtigte Strafe und könnte angesichts der historischen Tiefe der griechischen Revolution den ebenso berechtigten historischen Niedergang der KKE einleiten, da ihr Versagen ein historisches Verbrechen gegenüber der Arbeiterklasse und den Unterdrückten ist.

Für Revolutionäre ist es von größter Bedeutung, in dieser Situation:

  1. Für eine Regierung der Arbeiterklasse auf Grundlage eines Aktionsprogramms gegen die Krise einzutreten und die reformistischen, illusorischen Vorstellungen bspw. der SYRIZA zu kritisieren bei gleichzeitiger Unterstützung in Wahlen.
  2. Das Sektierertum von KKE, aber auch Teilen der SYRIZA zu attackieren, nicht zuletzt um die kämpfende Basis dieser Organisationen für ein solches Aktionsprogramm zu gewinnen.
  3. Die Organisierung und Zentralisierung der überwiegend vereinzelten gewerkschaftlichen Kämpfe voranzutreiben und in diesen eine Einheitsfront der Linken herzustellen. Die gewerkschaftlichen Kämpfe, die auch Besetzungen einschließen, sind derzeit meist voneinander isoliert und zudem nicht mit den politischen Massenmobilisierungen verbunden.
  4. Die rechte und chauvinistische Hetze gegen Griechenland und bspw. die SYRIZA aufs schärfste zu bekämpfen.
  5. Die Gewinnung von Verbündeten und GenossInnen aus der Bewegung nach allen Kräften zu versuchen und wenn möglich eine Gruppe aufzubauen. Hierfür wird REVOLUTION nach den Parlamentswahlen eine Delegation nach Griechenland entsenden.

5. Ist eine Lösung in Sicht?

Die bisherigen Maßnahmen zur „Eindämmung“ der Krise haben diese grundsätzlich nicht im geringsten entschärft. Für die Kapitalisten ist die einzig mögliche „Lösung“ der Krise die massive Vernichtung von überschüssigem Kapital, um auf Grundlage dann höherer relativer Profitschöpfung (Profitrate) einen neuen Aufschwung zu ermöglichen. Trotz des vorübergehenden schweren Einbruchs hat dies in den imperialistischen Ländern nicht in großem Umfang stattgefunden. Keine Imperialistische Macht war bislang in der Lage und entschlossen, den jeweiligen Rivalen diese Kapitalvernichtung aufzuzwingen. Die bisherige Krisenpolitik hat dagegen in verschieden großem Ausmaß die Verringerung der Lohnkosten erreicht, die Ausweitung der Zentralbankkredite und die „Absicherung“ gewaltiger Kreditsummen durch die jeweiligen Staaten. Vor allem Letzteres hat im Wesentlichen die empfindlichen Kreisläufe von Kapital- und Warenzirkulation aufrechterhalten und chaotische, unberechenbare Zusammenbrüche verhindert. Gleichzeitig hat dies jedoch bestehende Anleihen teils massiv entwertet – mit dem Resultat, dass in Ländern wie Griechenland die Krise der kapitalistischen Produktion in vollem Umfang dorthin zurückkehrt – und zur Stilllegung von Betrieben in großem Umfang und einer historisch einzigartigen Entlassungswelle führt.

Die „Rettung“ von zentralen Banken und Industrien durch drastische Erhöhung der Staatsschulden in allen wichtigen Ländern und vor allem die Abwertung der Schuldverschreibungen in den schwächeren Ökonomien stößt natürlich früher oder später an eine Grenze. Weitere schwere Konjunktureinbrüche können dann nicht mehr wie bisher vom Staat aufgefangen werden.

Die inner-imperialistischen Widersprüche sind überdeutlich zu Tage getreten. Angesichts des Niedergangs des US-Imperialismus beansprucht China einen größer werdenden Einfluss in wichtigen Regionen wie dem nahen und mittleren Osten. China profitiert von der Schwäche der US-Industrie, hat seinen Export ausgebaut und scheint auf den ersten Blick von den weltweiten Erschütterungen unberührt. Gleichzeitig hängen jedoch US- und chinesische Wirtschaft durch chinesischen Waren- und Kapitalexport zusammen und sind auf Kooperation angewiesen. Die US-Chinesische Rivalität drückte sich u.a. in dem Streit um den Yuan-Dollar-Kurs aus. Die offene Herausforderung der USA durch China ist eine Frage der Zeit.

6. Die Kämpfe der Unterdrückten

Weltweit haben die Entwicklungen die Linke in Bewegung versetzt und auch millionenfach junge Menschen politisiert. Die bürgerliche Demokratie wird durch Intervention von kapitalistischen Institutionen, imperialistischen Regierungen oder direkten Zwang der Finanzmärkte oftmals zur Farce und ist in den Augen vieler delegitimiert. In den meisten Ländern haben sich reformistische Kräfte gestärkt, die zudem nach links gerückt sind – nicht jedoch in Deutschland. Andererseits entstehen kleinbürgerliche Strömungen – wie die sog. „Piraten“ – gerade dort, wo die Reformisten in den Augen der Unterdrückten keine Antwort auf ihre Probleme haben. Bislang hat sich jedoch nirgendwo eine revolutionäre, kommunistische Kraft an die Spitze von Massenkämpfen stellen können und sie mit einer tatsächlichen politischen Perspektive zur Erringung der Macht ausstatten können.

Die kapitalistische Krise hat in vielen Ländern der Welt zu heftigen Klassenkämpfen geführt, die direkt oder indirekt von den Verwerfungen auf den Weltmärkten oder imperialistischen Agressionen ausgelöst wurden. Auch nationale und demokratische Befreiungsbewegungen haben in vielen Ländern einen Aufschwung erfahren, was nicht nur für die Länder des Arabischen Frühlings gilt.

In Russland findet eine Kampagne gegen die Putin-Regierung statt. Diese geht zwar gänzlich von bürgerlichen oppositionellen Kräften aus und spiegelt den Kampf verschiedener Kapitalfraktionen wider. Sie bezieht ihre Stärke jedoch auch durch die Mobilisierung von Unterdrückten, ArbeiterInnen und StudentInnen – und erfährt aus diesem Grund brutale Repression durch Geheimpolizei, Paramilitär und auch Faschisten.

In China befinden sich täglich tausende ArbeiterInnen im Streik. Die größte Arbeiterklasse der Welt wird dabei automatisch vor die Aufgabe gestellt, ihre eigenen Streikkomittees, Gewerkschaften und politische Organisationen aufzubauen. Aufgrund der äußerst repressiven Bedingungen muss dies meist zwangsläufig in der Illegalität stattfinden, was die überregionale Organisierung – von der internationalen nicht zu sprechen – enorm erschwert. Der Aufbau von Gewerkschaften und proletarischen Kampforganisationen in China wird angesichts der Bedeutung des chinesischen Imperialismus eine der wichtigsten Aufgaben der Arbeiterbewegung und für revolutionäre InternationalistInnen.

In Indien hat im April 2012 ein landesweiter Generalstreik von 10 Millionen ArbeiterInnen stattgefunden, was angesichts der Rückständigkeit des Landes ein beeindruckender Ausdruck zunehmender Organisierung der Arbeiterklasse ist. Die Kashmir Intifadah, die sich seit 2010 verstärkt hat, hält an und erreicht am 11. Juni 2012 einen neuen Höhepunkt.

In der pakistanischen Provinz Belutschistan ist die Unabhängigkeitsbewegung erstarkt. Sie kämpft für einen eigenen Staat und genießt hierfür unsere volle Unterstützung und Solidarität, was auch für unsere GenossInnen vom „Revolutionary Socialist Movement“ gilt.

7. Der Arabische Frühling

Die Aufstände des Arabischen Frühlings haben Länder und Kontinente erschüttert. Das revolutionäre Lauffeuer, entfacht durch die massenhafte Erhebung der Jugend, hat Despoten hinweggefegt, deren Macht als unzerbrechlich galt und hat zweifellos zu einem neuen Selbstbewusstsein der Unterdrückten in der gesamten arabischen Welt geführt. In Ländern, die jahrzehntelang keine legale politische Opposition kannten, entwickelten sich binnen Monaten Massenbewegungen, die sich bewaffneten, um ihre Unterdrückerregime zu stürzen. Dies hat der gesamten Welt offenbart, dass unter der steinernen Fassade der von den Imperialisten gestützten Unterdrückerstaaten oftmals ein morsches Skelett steckt, das seine steinerne Hülle zu tragen nicht mehr imstande ist.

In Libyen ebenso wie in Syrien haben innerhalb
kurzer Zeit Teile der Armee die Seite gewechselt und sich mit der kämpfenden Bevölkerung verbunden. In Libyen wurde der verbleibende Kern mit Unterstützung der Imperialisten militärisch besiegt. Die Rebellenverbände installierten eine Übergangsregierung, die mit den Imperialisten paktiert. Stammesführer haben ebenso wie Gaddafi-Anhänger führende Positionen inne.

Lediglich in Ägypten verstand es die Armeeführung, rechtzeitig Zugeständnisse zu machen, um die weitere Zuspitzung zu vermeiden. Als Mubarak vom Generalstab fallengelassen wurde, behielt dieser die Kontrolle über das Land. Derzeit ist die einzige Kraft, von der die Armeeführung herausgefordert wird, die reaktionäre Muslimbruderschaft. Syrien befindet sich derzeit in einem blutigen Bürgerkrieg gegen die Assad-Regierung.

In den Revolutionen treten eine Reihe von Widersprüchen offen zu Tage:

  1. Die Verrottetheit der ganzen Region als Teil des verrotteten imperialistischen Weltsystems, die keine Hegemonialmacht mehr kennt, welche die jahrzehntelang gestützten Regime zu verteidigen bereit ist. Die anfängliche Hilflosigkeit der Imperialisten angesichts der unkontrollierbaren Erhebungen, die freilich rasch einer ebenso zynischen wie zweckmäßigen „Unterstützung“ der Revolution wich mit dem Ziel ihrer Liquidation.
  2. Die objektive Notwendigkeit und Möglichkeit des Sieges einer demokratischen Revolution und gleichzeitige Paralyse durch Reaktionäre wie Stammesführer, „Reformer“, Islamisten, imperialistische Agenten etc.
  3. Die Schärfe und Entschlossenheit der Revolutionen, deren rasche technische Entwicklung (Waffen, Training, Kommandostrukturen etc.) bei gleichzeitigem Fehlen einer bewussten politischen Führung und eines Programms, das bspw. die Einheitsfront der Arbeiterklasse, Jugend und der Armen gemeinsam mit desertierten Kämpfern für die Durchsetzung der sozialen und demokratischen Forderungen herstellt.

Revolutionäre haben in den entscheidenden Stunden stets und ohne jede Bedingung an der Seite der revolutionären Erhebungen zu stehen. Wir tun dies, um die wichtigste objektive Grundlage für die Aufstände – die Ausbeutung und Unterdrückung der Arbeiterklasse durch nationale wie imperialistische Kapitalisten – bewusst zu machen, d.h. für eine proletarische, sozialistische Führung der Revolution einzutreten. Der Kampf für demokratische oder soziale Rechte ist in jedem Fall und in jeder Form legitim – und drängt doch objektiv auf die Machtergreifung der Arbeiterklasse, der einzigen Klasse, die diese Ziele gegenüber jenen der Bourgeoisie durchsetzen kann. KommunistInnen sollten stets das „Gesamtinteresse“ einer fortschrittlichen Bewegung vertreten, denn nur so können ArbeiterInnen und proletarische Schichten von der Richtigkeit des jeweiligen proletarischen, d.h. kommunistischen Programms überzeugt werden. Das beinhaltet, dass auch der revolutionäre Kampf von kleinbürgerlichen, feudalen oder anderen reaktionären Kräften legitim ist, solange er den konkreten Zielen der Revolution dient.

Mit entschiedener Ablehnung müssen wir jedoch jenen begegnen, die mit Imperialisten paktieren, d.h. ihnen Zugeständnisse machen, damit sie die Revolution unterstützen mögen. Dies ist immer ein Verrat an der Revolution und die Imperialisten werden grundsätzlich immer eine konterrevolutionäre Rolle spielen, selbst wenn sie in bestimmten Situationen die Revolution gutheißen, um die ihnen am „nützlichsten“ erscheinende Kraft zur Macht zu bringen, oder imperialistische Rivalen zu schwächen.

In Deutschland sollten wir Solidaritätskampagnen für die arabischen Revolutionen unterstützen oder initiieren, nach Möglichkeit Veranstaltungen mit entsprechenden Gruppen machen, und wo immer möglich entstehende Kontakte – insbesondere arabische MigrantInnen – als GenossInnen gewinnen. Die Möglichkeit, über das Internet Kontakte zu machen und AktivistInnen in den arabischen Ländern zu gewinnen, ist sehr wichtig und muss bewusst genutzt werden.

8. Klassenkampf in der BRD

Gleichzeitig bilden die wichtigen imperialistischen Zentren Europas und die USA – allen voran Deutschland – in Bezug auf die Kämpfe der Unterdrückten das „Auge inmitten des Hurrikans“.

Der politische Kampf gegen die Politik der Bundesregierung blieb im Wesentlichen auf einzelne Protestaktionen beschränkt. Einige bundesweite und sogar international koordinierte Aktionen wie zuletzt 15.-19. Mai hatten zwar starke Mobilisierungswirkung und waren für militante und radikale AktivistInnen wichtig. In keinem Fall ist es jedoch gelungen, eine größere Verbindung zwischen organisierten AktivistInnen und der Arbeiterklasse bzw. der unterdrückten Jugend herzustellen. Vor allem führten sie bislang nicht zur Formierung einer Einheitsfront der Linken mit klarem Ziel, die Angriffe der Kapitalisten durch Methoden des Klassenkampfes zu stoppen. Insoweit sie überhaupt zu einer Vernetzung oder Kampfeinheit geführt haben, waren diese entweder vollständig von reformistischen Apparaten gelähmt, oder aber von kleinbürgerlichen, organisationsfeindlichen oder gar reaktionär (bspw. antideutsch) beeinflussten Kräften. Besonders hervorgehoben werden muss die reaktionäre Politik der Gewerkschaftsführungen, die teilweise die bürgerliche Krisenpolitik unterstützten, sie gar „von rechts“ kritisierten, in jedem Falle den tatsächlichen Kampf und die Mobilisierungen blockierte und nur vereinzelt in Worten fortschrittliche Ansätze für den gewerkschaftlichen und politischen Kampf formulierte.

Die Tarifrunden im öffentlichen Dienst und in der Metallindustrie endeten mit Lohnsteigerungen oberhalb der Inflationsrate. Die Gewerkschaftsbürokratie verstand es in beiden Fällen, im Gegenzug die betriebliche Mobilisierung auf Sparflamme zu halten und sich auf Warnstreiks zu beschränken. Ein Streik im öffentlichen Dienst hätte die Möglichkeit beinhaltet, die Organisierung von bspw. ErzieherInnen weiter voranzutreiben. Die Organisierung von LeiharbeiterInnen, anderen Prekären und insbesondere Jugendlichen wäre eine ungemein wichtige Aufgabe gewesen, die auf diese Weise unerfüllt blieb. In den Metallbetrieben herrscht nach dem kampflosen Abschluss oft Enttäuschung über die Gewerkschaft. In allen Fällen sollten wir jede Möglichkeit nutzen, in Betrieben für klassenkämpferische Gewerkschaften, gegen Gewerkschaftsverdrossenheit und für den Kampf gegen die Apparate und deren falsche Politik der kampflosen Klassenzusammenarbeit einzutreten. Die Gewinnung von GenossInnen und die Propaganda sollte in allen Betrieben, wo wir Mitglieder oder Kontakte haben, zentral sein.

9. Soziale Lage der Jugend in der BRD

Eine enorme Masse von Jugendlichen in Deutschland, insbesondere die Mehrheit der migrantischen Jugendlichen, ist in Bezug auf ihre sozialen und demokratischen Rechte (wozu auch das Recht auf Bildung gehört) prekarisiert und hat Grund genug zu radikalem Protest. Dies hat sich sicher seit 2008 noch verschärft durch starke Ausweitung der prekären Beschäftigung in diesen Schichten. Für Millionen gibt es derzeit keinerlei Perspektive außer Leiharbeit, Billigjobs oder Hartz 4.

Gleichzeitig sind für Millionen von Jugendlichen weltweit die Auswirkungen und Zusammenhänge der kapitalistischen Krise greifbar und ebenso die Formierung von Protestbewegungen wie bspw. in Spanien, Chile oder Griechenland.

Dass dennoch keine großen Proteste von diesen Teilen der unterdrückten Jugend ausgingen und auch die Bildungsstreikbewegung einen Niedergang erlitten hat, liegt zum einen am „Fettpolster“ der deutschen Imperialisten, welches scharfe, offene Angriffe nicht erfordert – hauptsächlich jedoch am schädlichen Einfluss der reformistischen Apparate und der bspw. in der Bildungsstreikbewegung vorherrschenden kleinbürgerlichen Strömungen:

  1. Organisierung prekärer Schichten (LeiharbeiterInnen, Azubis, Praktikanten, Frauen) wird von Reformisten nicht betrieben
  2. dadurch sind insb. prekäre Jugendliche aus solchen Schichten unorganisiert und politisch schwer ansprechbar (Lumpenproletariat)
  3. sicherlich trägt auch ein elitäres Bewusstsein unter „bessergestellten“ Schülern und StudentInnen dazu bei, die zudem meist tragender Bestandteil der Bildungsproteste waren.
  4. berechtigte Ablehnung der ref. Apparate, aus der jedoch falsche libertäre Schlussfolgerungen gezogen werden (Konsens, Lokalborniertheit, Organisationsfeindlichkeit)

10. Die Occupy-Proteste

Die „Occupy“-Proteste sind ein wichtiger Ausdruck der Kämpfe der Jugend. Obwohl keinerlei großräumige Organisierung stattfand, noch eine selbst kleine Übereinstimmung über die politische Zielrichtung besteht, ist eines hervorzuheben: Die Identifizierung mit dem Symbol „Occupy“ nimmt für Millionen positiven Bezug auf die politischen Kämpfe von Kairo, Bengasi, Tel Aviv, Athen, Madrid, Frankfurt, New York, Boston, Washington und ungezählter anderer Orte, wo Unterdrückte ihre berechtigten Forderungen – so unterschiedlich sie im einzelnen sind – durch Inbesitznahme öffentlicher Plätze zum Ausdruck bringen. Implizit wurde so eine wichtige Brücke geschlagen – zwischen den Unterdrückten im „reichen Westen“ und in den Halbkolonien, zwischen Jugendlichen in Unterdrücker- und unterdrückten Staaten, zwischen linken Weltverbesserern, Hippies und Träumern auf der einen und den Militanten des Nahen Ostens auf der anderen Seite, die ihr Blut für ihre Zukunft und die ihrer Brüder und Schwestern vergießen. Die Platzbesetzungen in Israel setzten dort eine Diskussion in Gang, wo Linke offen für den Palästinensischen Widerstand Position beziehen konnten und inmitten einer Massenbewegung die zionistischen Verbrecher im eigenen Land attackieren konnten.

Die Occupy-Bewegung beinhaltet also die Idee des Internationalismus, der Solidarität der Unterdrückten
aller Länder. Die Bedeutung dieser Tatsache kann nicht hoch genug geschätzt werden für eine Bewegung, die Millionen von Jugendlichen weltweit politisiert hat – selbst wenn freilich diese Idee noch nicht zur Tat geworden ist. Revolutionäre müssen unbedingt stets dieses – wenn auch phrasenhafte und unmanifeste – Bewusstsein hervorheben, dass unser Kampf in den imperialistischen Zentren – gegen die Herrscher der Welt – Hand in Hand geht und identisch ist mit dem Kampf unserer Schwestern und Brüder aller Länder, denen „unsere“ Imperialisten nicht bloß Herrscher und Ausbeuter, sondern Henker und Mörder sind.

Leider traten verschiedene Schwächen deutlich zu Tage, die bislang verhinderten, den Protest auf eine ideologisch und organisatorisch höhere Ebene zu heben. Dies ist in Deutschland zum einen eine falsche Antwort auf ein richtig erkanntes Problem:

Aus der Unbrauchbarkeit der reformistischen Apparate haben viele AktivistInnen eine generelle Ablehnung von Parteien und Organisationen gefolgert. Nicht nötig zu erklären, dass auf solcher Grundlage jede Bewegung zum Scheitern verurteilt ist. Es überwiegt die Vorstellung von autonomen, nicht zentral geführten Aktionen. So findet auch keine systematische Diskussion über politische Taktiken und Ziele statt, darüber, welche Schlüsse aus der gesammelten Erfahrung der früheren sozialen, antikapitalistischen oder demokratischen Bewegungen gezogen werden müssen, und welches Aktionsprogramm die weltweiten Bewegungen gegen Krise, Arbeitslosigkeit, Krieg und Diktatur vereinen kann.

Die generelle Ablehnung, sich mit politischer Organisierung und mit bestehenden Organisationen, Gewerkschaften und Parteien auseinanderzusetzen macht es gerade für diese besonders leicht, eine Bewegung zu vereinnahmen und zu instrumentalisieren. So erlebt ATTAC nach Jahren des Dahindümpelns einen gewissen Wiederaufschwung, indem sie in den Mobilisierungen der letzten Monate eine zentrale Rolle gespielt haben.

Letztlich finden auch Reaktionäre in den „Occupy“-Protesten ihren Platz. Dies gilt weniger für die weitgehend ausgebluteten „Antideutschen“, die derartige Massenmobilisierungen ebenso verabscheuen wie alle spontanen Erhebungen und Aufstände. Jedoch haben diverse verkappte Rechtspopulisten versucht, insbesondere in der Diskussion um die „Euro-Rettung“ ihre reaktionäre und nationalistische Rhetorik zu verbreiten.

11. Analyse und Theorie der Krise und die Debatten innerhalb der Linken

Die verschiedenen Strömungen in der deutschen Linken haben verschiedene Beiträge zur Analyse der Krise gebracht. In den Folgenden Abschnitten 12-16 wollen wir uns mit den Positionen einiger Gruppen und mit ihrer Intervention in den Protesten beschäftigen und ihnen einige unserer zentralen Postionen gegenüberstellen. Wir werden uns beschränken auf jene Gruppen, die von besonderer Bedeutung sind oder exemplarisch für bestimmte politische Strömungen stehen.

Zu den Fragen, die innerhalb der Linken diskutiert werden gehören:

  1. die Ursachen der Krise und ihre Einordnung in die marxistische Krisentheorie sowie in verschiedene andere Theorien, die von linken und sich marxistisch verstehenden Autoren entwickelt wurden.
  2. die Frage, für welche Ziele linke AktivistInnen, Jugend- oder Arbeiterorganisationen in der Krise eintreten sollen
  3. die historische Bewertung der Krise und Vorraussagen für die weitere Entwicklung
  4. Die Führungskrise der Arbeiterbewegung und Schlussfolgerungen wie Umorganisation von linken Gruppen bzw. Diskussion über den Aufbau einer neuen “vereinigten” antikapitalistischen linken Organisation.

Hierzu einige zentrale Positionen von REVOLUTION in aller Kürze:

Wir betrachten die Krise seit 2007 als eine Krise der kapitalistischen Produktionsweise, die den Gesetzen der kapitalistischen Produktion entspringt. Es handelt sich jedoch nicht einfach um eine zyklische Konjunkturkrise, die einen darauffolgenden Boom vorbereitet, sondern um den Beginn einer historischen Krisenperiode, die sich weltweit in zunehmenden Verwertungsproblemen des Kapitals, imperialistischen Spannungen, chaotischen Entwicklungen an Finanzmärkten und Börsen, Arbeitslosigkeit und massiven sozialen und politischen Angriffen auf die Unterdrückten auszeichnet. Der tiefe Wirtschaftseinbruch 2009 ist nicht in einen allgemeinen Aufschwung übergegangen, wie es die allgemeine Erfahrung erwarten ließe. Wenn auch überall zyklische Konjunkturbewegungen stattfinden und in einzelnen Ländern durch besondere Umstände hohe Wachstumsraten erreicht werden, ist die Entwicklung weltweit beherrscht von einer allgemeinen Tendenz zum Niedergang. Dies verweist auf tiefliegende Probleme des kapitalistischen Systems.

Der wichtigste Begriff ist dabei das Gesetz des „tendenziellen Falls der Profitraten“, das von Marx beschrieben wurde. Demnach führt die technische Entwicklung der Produktivkräfte – also die Einführung neuer Technologie, die Nutzbarmachung von wissenschaftlichen Entdeckungen und die Entwicklung fortschrittlicher Produktionsverfahren – im Kapitalismus zu einem widersprüchlichen Resultat: dem Sinken der Profitrate (also dem relativen Schrumpfen der Profite im Vergleich zum investierten Kapital). Die Begründung lautet in einem Wort: die technische Verbesserung von Produktionsverfahren durch Einsatz neuer Mittel erfolgt für den Kapitalisten mit dem Ziel, die Kosten für die verausgabte Arbeitskraft zu senken und damit den individuellen Profit oder die individuelle Profitrate zu erhöhen. In der historischen Tendenz jedoch wird die allgemeine (gesellschaftliche) Profitrate aus genau demselben Grund fallen: das Verhältnis von Mehrwert-schaffendem Kapital (in Arbeitskraft investiert) zum nicht-Mehrwehrt-schaffenden Kapital (in Maschinen, Rohprodukte, Transportmittel etc. investiert) wird bei fortschreitender technischer Entwicklung stets geringer. Wenn man zusätzlich annimmt, dass die Ausbeutungsrate (das Verhältnis von unbezahlter zu bezahlter Arbeitszeit) nicht beliebig hohe Werte annehmen kann, muss die durchschnittliche Profitrate in der Tendenz fallen. In der Folge wird es regelmäßig zu Situationen kommen, in denen bestehendes, angehäuftes Kapital nur noch unterdurchschnittliche Profite erzielt und entweder neue Anlagemöglichkeiten benötigt werden oder aber die Entwertung dieses Kapitals hingenommen werden muss.

Dieser Sachverhalt, der für Marx das “wichtigste historische Gesetz” darstellt, wird vielfach diskutiert und mit verschiedensten Argumenten abgeändert oder in Frage gestellt. So richtig diese erste Erkenntnis unserer Einschätzung nach ist, erklärt sie jedoch noch nicht konkret das Zustandekommen der weltweiten Krise seit 2007.

Wichtig für das Verständnis der Entwicklungen ist:

  1. das Hinausschieben der Krise durch massive Vergrößerung von fiktivem Kapital, wodurch es möglich war, den Fall der tatsächlichen Profitraten zu verschleiern und durch spekulative Profite scheinbar aufzuhalten
  2. das unvermeidliche “Platzen” der Spekulationsblasen mit der Folge plötzlich auftretender großer Verluste, Preisschwankungen, Kreditknappheit u.a.
  3. internationale Ungleichgewichte wie die großen Handelsbilanzüberschüsse bzw. -defizite (die bspw. den USA jahrelang überhöhte Profitraten ermöglichte)
  4. den Einfluss diverser Kämpfe auf das Kräfteverhältnis der Klassen sowohl national als auch international
  5. der Zusammenbruch des Stalinismus und damit zusammenhängend Expansion des Imperialismus (“Globalisierung”), die an ihre Grenzen gekommen ist.
  6. der Niedergang der USA als Hegemon und deren Unfähigkeit, einen “planmäßigen” Verlauf der Krise in ihrem Sinne durchzusetzen.

Die Wichtigkeit der marxistischen Analyse der Krise liegt darin begründet, dass sie uns zu den notwendigen Schlussfolgerungen für die stattfindenden Klassenkämpfe führt. Vom Standpunkt der Arbeiterklasse und anderer Unterdrückter ist die einzig historisch relevante Frage die, ob es gelingt, die Krise zu ihren Gunsten zu lösen – also ob es gelingt:

  1. das Kräfteverhältnis im Klassenkampf für die ArbeiterInnen zu verbessern,
  2. die Abwälzung der kapitalistischen Verluste auf die Unterdrückten abzuwehren,
  3. der Kapitalistenklasse selbst die Kosten der Krise aufzubürden,
  4. dabei eine klassenkämpferische, internationale revolutionäre Führung der Arbeiterklasse zu erreichen
  5. und das System der Lohnarbeit und das kapitalistische Privateigentum zu zerschlagen.

12. DIE LINKE/SOLID/SDS

Die Partei „DIE LINKE“ befindet sich im Niedergang und ist in zwei Lager gespalten. Der Hauptgrund für die Krise der PDL ist deren Abwesenheit in allen wichtigen Bewegungen der letzten Zeit: in Krisen-Protesten, Tarifkämpfen, Occupy oder S21 hat die PDL keine relevante Mobilisierungsaktivität gezeigt, noch hat sie versucht, diese politisch voranzutreiben und als kämpfende Basis für eine linke Partei zu gewinnen – und hat sich damit innerhalb von fünf Jahren mehr denn je von ihrem Anspruch entfernt, parlamentarischer Ausdruck der ArbeiterInnen und sozial schwachen zu sein. Dies könnte natürlich nur durch die tatsächliche Verankerung in den Kämpfen dieser Schichten erreicht werden. Sie hat es nicht verstanden, die rechte Politik der SPD vor Millionen von ArbeiterInnen zu entblößen und dadurch an Stärke zu gewinnen.

Der Parteitag im Juni 2012 hat zur Stärkung des linken Flügels geführt. Jedoch hat auch dieser (Marx21, KPF, AKL …) keine grundsätzliche politische Alternative zum sozialdemokratischen Programm von Gysi/Bartsch. Sie bilden eine Verbindung zu linken Gewerkschaftsströmungen (Riexinger usw.), haben jedoch im Kern ein ähnliches keynesianisches Programm. Das gilt besonders für die sog.
„Kommunistische Plattform“ (KPF) um Wagenknecht. Deren Kritik an der Politik der Bundesregierung erschöpft sich völlig darin, dass Sparprogramme zur Bewältigung von Krisen sich „nicht bewährt“ haben und dies „dumm und töricht“ sei. Sie gibt stattdessen der EU den Ratschlag, eine „öffentliche europäische Bank“ zur Finanzierung der Staatshaushalte einzurichten. Auf derartige Ratschläge legt diese jedoch sicherlich keinen Wert.

Die Hetze des rechten Flügels um Gysi gegen die diversen linken Strömungen in der Partei („Kaderkommissionen“) ist natürlich falsch und zu verurteilen – jedoch zu großen Teilen von diesen selbst verschuldet aufgrund ihrer Passivität in sozialen Kämpfen und ihres Opportunismus gegenüber den „Reformern“ in der Partei. In diesem Zustand sind sie in der Tat im Ganzen überflüssig. Dass die Parteilinken für den rechten Flügel ein Hindernis darstellen, ist klar – solange sie jedoch keine reale Kraft in kämpfenden Bewegungen darstellen, sind sie aber keinesfalls eine Herausforderung oder Bedrohung für diese, sondern lediglich politischer Ballast und Angriffsfläche für Hetze der bürgerlichen Medien.

Die Führung der Partei „DIE LINKE“ vertritt in Zusammenhang mit der Krise ein klassisch keynesianistisches Programm, was auch für SOLID und „DIE LINKE/SDS“ gilt. Sie kritisieren die Politik der Bundesregierung und fordern die Rückkehr zu sozialer Sicherung und Einführung von „Reichensteuer“ etc. Während einige ihrer Forderungen trotz ihres reformistischen Charakters zu unterstützen sind, ist vor allem eines falsch: Der Versuch, die verschiedenen reformistischen Losungen als „vernünftige“ und „nachhaltige“ Alternative zu Sozialabbau und Sparpolitik der Bourgeoisie und den bürgerlichen Parteien anzubieten. Sie schlagen politische Rezepte zur Genesung des krank gewordenen Kapitalismus vor, die eine Stärkung der Binnennachfrage, staatliche Konjunkturprogramme und illusorische Vorschläge wie „Entkoppelung der Staatsfinanzen von den Finanzmärkten“ beinhalten. Soziale Forderungen werden nicht als Kampfforderungen gegen die Kapitalisten erhoben, sondern als gutgemeinte Ratschläge an ebendiese. Folglich krankt dieses Programm vor allem darin, dass es – sofern es richtige Vorschläge enthält – utopisch ist, solange es nicht zur Mobilisierung der betroffenen ArbeiterInnen und Jugendlichen eingesetzt wird. In den tatsächlichen Kämpfen (bspw. die Aktionstage in Frankfurt) spielte „DIE LINKE“ – gemessen an ihrer Stärke – eine untergeordnete Rolle. Zwar stellte sie größere Blöcke auf Demonstrationen, jedoch hat sie nicht im Ansatz versucht, eine Verbindung zu schaffen zwischen ihrem politischen Programm und neuen, kämpferischen AktivistInnen, der Jugend und der Arbeiterklasse.

Von den bürgerlichen Reform-Vorschlägen unterscheidet sich das Programm von „DIE LINKE“ also vor allem dadurch, dass es eine Randnotiz in den bürgerlichen Debatten bleiben wird, denn die Bourgeoisie lehnt ihre gutgemeinten Ratschläge zu Recht ab. Solange „DIE LINKE“ ein parlamentarischer Debattierverein bleibt, der sich an „linkere“ bürgerliche Kräfte anbiedert (z.B. Unterstützung des DIW-“Expertenpapiers“), wird sich auch ihr Niedergang fortsetzen – denn die herrschende Klasse legt keinen Wert auf linke Parteien. Wir fordern „DIE LINKE“ dagegen auf, aktiv den Kampf gegen die Krisenpolitik der Bundesregierung zu führen – also ihre Basis zu mobilisieren für eine Massenbewegung gegen Sparpolitik und Krisenabwälzung. Dies tun wir, um ebendiese Basis von der Nutzlosigkeit des Reformismus zu überzeugen und in den stattfindenden Kämpfen für ein Aktionsprogramm gegen die Krise zu gewinnen.

13. ARAB

Die autonome Gruppe ARAB hat in ihrem Heft „PERSPEKTIVE Nr. 1”1 eine Zusammenfassung ihrer Positionen zur Krise veröffentlicht, die gegenüber anderen Analysen einige Stärken aufweist. So wird auf Grundlage der allgemeinen marxistischen Theorie korrekt die bürgerliche Version der „Krisenanalyse“ kritisiert, ebenso wie deren linker Ableger, der von Reformisten wie „DIE LINKE“ vertreten wird. Die grundlegenden Bewegungsgesetze der kapitalistischen Krise werden marxistisch beschrieben. Die Flucht des Kapitals in die Spekulation wird als Ausdruck, nicht als Ursache der Krise erkannt und auf den tendenziellen Fall der Profitrate zurückgeführt. Korrekt erkannt wird auch der Niedergang der US-Ökonomie, die aufgebauten internationalen Ungleichgewichte bspw. in Bezug auf die EU-Ökonomie und die Ambitionen des deutschen Imperialismus. Ebenso richtige Schlussfolgerungen für die Politik proletarischer InternationalistInnen.

Eine Schwäche des Papiers liegt im unausgegorenen Verständnis der historischen Einordnung der Krise sowie der historischen Perspektive. So wird bspw. – unserer Einschätzung nach unzutreffend – auf die „Kondratiev-Wellen“ zurückgegriffen, ohne hier eine abschließende Position zu beziehen.

14. SAV

Die Krisenanalyse der SAV ist auf theoretischer Ebene oftmals durchaus richtig und ausgereift. Kritik üben wir jedoch an ihrem zentristischen, nicht-revolutionären Agieren in Kämpfen und Bewegungen. Anstatt auf Grundlage einer richtigen materialistischen Analyse die Aufgaben für Revolutionär_Innen zu entwickeln und anzugehen – was in Deutschland bspw. den politischen Kampf gegen die reformistischen Führungen und für klassenkämpferische Basisbewegung beinhalten würde – führen sie ein „Schläferdasein“ und warten auf eine Art „Bewusstseinssprung“ in der Arbeiterklasse, der spontan durch die objektiven Bedingungen revolutionäre Erhebungen auslösen könne: „Wenn das Bewusstsein der ArbeiterInnen zu den objektiven Gegebenheiten aufschließt, dann kann sich die Lage urplötzlich verändern.”2 Dabei erkennen sie zwar die Notwendigkeit revolutionärer leninistischer Organisierung formal an, praktizieren jedoch weiterhin ihren falschverstandenen „Entrismus“ in der PDL und lehnen den politischen Kampf gegen die Gewerkschaftsführungen ab. Politisches Bewusstsein entsteht im Kampf. Das vorherrschende bürgerliche Bewusstsein ist dabei Ausdruck der Schwäche und der unzähligen Niederlagen der Arbeiterbewegung und zugleich das größte Hindernis für die kommendene Kämpfe. Es kann jedoch nur überwunden werden durch den politischen Kampf gegen die bürgerlichen (reformistischen) Führungen der Arbeiterklasse.

Die SAV verhält sich in der Regel opportunistisch, indem sie ihre Positionen anpasst, entschärft oder zurückstellt zugunsten des „Friedens“ mit reformistischen oder bürgerlichen Kräften. Beispielsweise stellt sie nicht die Forderung nach Enteignung der Konzerne unter Arbeiterkontrolle – denn anderenfalls müssten sie auch zu den Mitteln des Kampfes, die hierzu nötig sind, Stellung beziehen: Gegenmachtorgane, Besetzungen, Selbstschutzorganisationen etc.

Stattdessen versteckt sie sich hinter Floskeln wie „Vergesellschaftung unter demokratischer Kontrolle“. Hier wird bewusst die Frage vermieden, wer (welche Klasse) die „vergesellschafteten“ Einrichtungen kontrollieren und besitzen soll.

15. SDAJ

Die Positionen der SDAJ stehen – wenn auch eigentständige Aktivität in einigen Bereichen – im Schatten der Mutterorganisation DKP. Sie vertritt einen degenerierten Stalinismus und verhält sich sowohl sektiererisch gegenüber anderen linken Kräften, als auch opportunistisch gegenüber bürgerlichen Feinden. Eine eigene Analyse der Krise hat sie nicht veröffentlicht.

Obgleich sie sich mit gewerkschaftlichen und politischen Kämpfen in Deutschland ebenso wie in Griechenland oder Spanien im allgemeinen solidarisiert, vertritt sie nicht die notwendigen, unmittelbaren Ziele dieser Bewegungen und hat keine Vorstellung, wie diese Bewegungen zum Sieg geführt werden können (Agitation für Arbeiter_Innenregierung, Einheitsfront, Gegenmachtorgane etc.)

Ihre politische Kritik an anderen Strömungen ist oft destruktiv und sektiererisch (bspw. in Bezug auf Occupy oder SYRIZA3). Ihre „revolutionären“ Positionen sind phrasenhaft und erfüllen ihren Anspruch nicht, meist reduzieren sie sich darauf, von anderen „sozialistisches Bewusstsein“ einzufordern, ohne dieses jedoch zu entwickeln und seinen Nutzen für die Unterdrückten darzulegen. Selbst wenn sie abstrakt richtige Prinzipien aufstellt (bspw. internationale Solidarität, Verbindung von Tageskämpfen mit dauerhaften pol. Kampagnen), bleibt sie hinter diesen zurück. Ihre Positionen gegenüber den griechischen Kämpfen verleugnen diese sogar (z.B. Sektierertum gegenüber SYRIZA).

Als politische Kraft ist die SDAJ daher für uns von keinem besonderen Interesse, jedoch sollten wir im Rahmen von Einheitsfronten mit der SDAJ auch die Flügelkämpfe innerhalb der DKP beachten, die auch Auswirkungen und Linksbewegungen innerhalb der SDAJ auslösen könnten.

16. Gruppe Soziale Kämpfe

Die Vorstellungen der rechts-autonomen Gruppe gehen nicht von der materialistischen Analyse der Wirklichkeit aus. Vielmehr stellen sie ein idealistisches Programm zur Weltverbesserung auf, und hoffen auf die selbstverschuldete „Delegitimierung“ des Krisen-Kapitalismus, die Proteste auslösen könnte. Die Kritik an Krise und Kapitalismus bleibt in moralischen Floskeln („Menschen vor Profite! Zukunft statt Kapitalismus!“). Eine marxistische Analyse der Krise bieten sie nicht und die „Klassenfragen“ werden in ihren Texten grundsätzlich stark gemieden. Im Rahmen ihrer sog. „Revolutionären Realpolitik“ stellen sie umfangreiche Forderungslisten auf, die zwar vielfach richtig sind, jedoch teilweise unkonkret bleiben (bsp. „Sozialer und ökologischer Umbau der Wirtschaft durch Überführung zentraler Wirtschaftsbereiche
in öffentliches Eigentum unter demokratischer Gestaltung der Beschäftigten und der BürgerInnen!”4) und denen in jedem Fall eine Perspektive zur tatsächlichen Erreichung dieser Ziele fehlt: Einheitsfront gegen soziale Angriffe, Kampf gegen reformistische Führungen, Methoden des Klassenkampfes wie pol. Streiks etc. Diese Fehler sind bei vielen autonomen Gruppen zu beobachten, wenn auch die GSK den rechtesten Flügel der Autonomen darstellt.

In Bezug auf die Organisationsdebatte vertreten sie ein Konzept der “pluralistischen Linken”, also der kritik- und perspektivlosen “freundlichen Zusammenarbeit” aller Linken ohne Konzept und Ziel, wie folgende Darstellung zeigt: “Statt Revolution und Reform gegeneinander auszuspielen, setzen wir auf eine revolutionäre Realpolitik (Rosa Luxemburg), die an den Widersprüchen des Bestehenden ansetzt”5 Positiv hervorheben wollen wir jedoch den Aktivismus der GSK gegen Rassismus.

17. Die “Piratenpartei”

Eine für viele bemerkenswerte Entwicklung der letzten Jahre war das Wachstum der sogenannten “Piratenpartei” als politische Strömung, das in Deutschland und einigen anderen Ländern zu beobachten war. Die deutsche “Piratenpartei” hat seit 2006 (nach eigenen Aussagen) etwa 30.000 Mitglieder gewonnen und stellt sich dar als eine fortschrittliche “Bürgerpartei”, die allen Menschen gleich welchen sozialen Ursprungs offensteht und für “vernünftige” Politik im Interesse aller einsteht. Ihre politischen Forderungen – sofern überhaupt verbindlich niedergeschrieben – sind zutiefst widersprüchlich und sind ein wildes Durcheinander sowohl fortschrittlicher als auch illusorischer, reformistischer oder gar reaktionärer Positionen. Aus marxistischer Sicht ist die sog. “Piratenpartei” keinesfalls eine linke, sondern eine kleinbürgerliche Strömung. Dem widerspricht nicht, dass auch linke AktivistInnen, ArbeiterInnen oder unterdrückte Jugendliche sich ihnen anschließen – vielmehr ist es gerade typisch für kleinbürgerliche Strömungen, dass sie mal in den Reihen der Bourgeoisie, mal in der Arbeiterklasse oder unterdrückten Jugend nach Unterstützern suchen und entsprechende politische Rezepte für “Alle”, also – marxistisch gesprochen – für alle Klassen anbieten. Die Interessen der Bourgeoisie mit jenen der Arbeiterklasse zu verbinden, ist natürlich immer ein Betrug – es entspricht jedoch dem Charakter des Kleinbürgertums, sich von Zeit zu Zeit von den originär bürgerlichen Parteien zu entfernen und selbst für ihre Interessen zu kämpfen. Hierfür sind sie jedoch auf Unterstützung von den “wichtigen” Klassen – also der Bourgeoisie oder der Arbeiterklasse – angewiesen.

Neben enttäuschten und verwirrten Linken tummeln sich in der sog. “Piratenpartei” auch Nazis, ehemalige Mitglieder von CDU, FDP, GRÜNEN u.a. Daher kann es für uns eine Zusammenarbeit mit “Piraten” nur im Rahmen konkreter Kämpfe für legitime Ziele geben mit der Vorraussetzung, dass Reaktionäre aus der Bewegung ausgeschlossen werden.

Zu den wirren Positionen der sog. “Piratenpartei” gehören beispielsweise folgende originär kleinbürgerliche Parolen (Grundsatzprogramm Piratenpartei6):

  • Förderung des freien Marktes
  • Bekämpfung von “Monopolen”
  • Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in der IHK

Die vielbeschworene radikale Verteidigung der “Grundrechte” entpuppt sich als vollkommene Nullnummer, wie folgende Forderungen zeigen (Wahlprogramm NRW7):

  • Erhöhung der “Transparenz” des Verfassungsschutzes, “soweit dies im Rahmen der Handlungsfähigkeit des Verfassungsschutzes möglich ist”
  • Online-Überwachung “nur durch richterliche Anordnung”
  • “Einsatz neuer Technologien bei der öffentlichen Überwachung sind kritisch zu hinterfragen”
  • “Statt technischer Mittel wollen wir eine höhere Präsenz von Polizei- und Ordnungskräften an potenziellen Kriminalitätsbrennpunkten.”
  • “Die Entscheidung für den Einsatz von Überwachungsmaßnahmen während einer Demonstration ist von den verantwortlichen Einsatzkräften nach pflichtgemäßem Ermessen unter gleichzeitiger Beurteilung der Gefahren- und Aggressionslage zu treffen.”

Auch die “sozialen” Forderungen sind keinesfalls radikal, sondern bleiben selbst hinter den schlechtesten reformistischen Losungen zurück:

  • Der “fahrscheinlose ÖPNV” (Berlin) soll durch Zwangsabgabe i.H.v. 24EUR/Monat finanziert werden
  • Es findet sich keine einzige konkrete Forderung in Bezug auf Abschaffung von Hartz 4, Leiharbeit, Niedriglohn, Kampf gegen Entlassungen o.ä. Stattdessen eine Lobhudelei auf die “Soziale Marktwirtschaft”
  • das sog. “Bedingungslose Grundeinkommen” wäre tatsächlich eine massive Enteignung von prekären ArbeiterInnen und Arbeitslosen und wird aus diesem Grund von einem (kleinen) Teil der Bourgeoisie unterstützt
  • Sehr skurril ist die Forderung nach staatlicher Bezuschussung von “Arbeitslosen-Selbsthilfegruppen”

Aufgrund ihrer größtenteils reaktionären Ziele betrachten wir die sog. “Piratenpartei” als politischen Gegner. Sie stellt eine Gefahr für die gesamte Linke dar, weil sie auch in linken Bewegungen rekrutiert und ihre reaktionären Ziele dort hineinträgt. Wenn Linke sich bei den “Piraten” organisieren sollten, werden sie früher oder später entnervt und demoralisiert aufgrund der Nutzlosigkeit der “Piraten” das Handtuch werfen. Um die vielen linksgerichteten Mitglieder der “Piraten” sollten wir daher politisch werben, wir fordern sie zum Bruch mit allen bürgerlichen Elementen auf, zum gemeinsamen Kampf für gemeinsame Ziele und zur Abkehr von den sog. “Piraten”.

18. Stuttgart 21

Die Bewegung gegen S21 ist aufgrund ihrer Schwächen vollständig gescheitert, besteht jedoch fort als versteinerte Erscheinung der gesammelten Fehler ihrer Führung, der Arbeiterbewegung und der Linken. Die Politisierung von tausenden Menschen, denen auch ein Kern von Militanten angehört, hat überwiegend nicht zu deren Radikalisierung und politischen Entwicklung durch die Schule des Kampfes geführt, sondern meist entweder zur Resignation in der Niederlage oder zur Verfestigung von kleinbürgerlichen und zum Teil reaktionären Vorstellungen. Dies drückt sich auch gerade im völligen Versagen aus, unterdrückte Jugendliche in größerer Zahl zu mobilisieren. Sie ist zu einer Stillstands-Bewegung geworden: die offenkundige Niederlage wird verkannt und geleugnet, die notwendigen Konsequenzen (die Verallgemeinerung des Kampfes und die Vereinigung mit anderen fortschrittlichen Bewegungen) nicht vollzogen, jedoch der Aktivismus in Form von Demonstrationen und Blockaden unverändert beibehalten.

19. Nazis

Die Aktivität von Faschisten hat weiterhin eine gewisse Bedeutung. In Deutschland kann man jedoch sagen, dass diese nicht an Kraft gewonnen und die antifaschistischen Mobilisierungen trotz ihrer verhältnismäßigen Schwäche den Nazis die Stirn geboten haben. In Dresden wurde der Naziaufmarsch im Februar im Angesicht der geplanten Gegendemonstration nicht durchgeführt. Auch alle anderen Versuche von Faschisten, große Aufmärsche durchzuführen, konnten erfolgreich gestört oder verhindert werden. In Deutschland ist eine Stärkung der Faschisten nicht zu erwarten, auch weil sie von der Bourgeoisie derzeit mehr als Gefahr, denn als mögliches Werkzeug für ihre Politik betrachtet werden. Chauvinistische und rassistische Hetze von bürgerlichen Kräften selbst hat sich jedoch verstärkt, bspw. im Zusammenhang mit der Euro-Krise oder dem angeblichen Erstarken von sog. „Salafisten“

In einigen Ländern Osteuropas, insbesondere Ungarn und Griechenland, sind Nazis eine ernste Gefahr für die Linke und greifen regelmäßig MigrantInnen, andere Minderheiten und Linke an. Nicht zuletzt aus diesem Grund sollten wir weiterhin schwerpunktmäßig antifaschistische Einheitsfronten unterstützen und auf wichtigen Demonstrationen möglichst stark und militant eingreifen.

20. Jugendinternationale

In unserem internationalen Manifest haben wir die wichtigsten politischen Grundsätze, die wir in unseren Kämpfen aus der eigenen und der Erfahrung anderer AktivistInnen gewonnen haben, dargelegt. Ein besonderes Ziel, das wir in den Jugendkämpfen aller Länder, aber auch und besonders im eigenen Land einbringen, ist die Losung der Jugend-Internationale. Wir treten ein für die Schaffung einer internationalen Kampforganisation der Jugend, die ausschließlich ihren jugendlichen Mitgliedern verantwortlich ist und von diesen kontrolliert wird. Die Wichtigkeit einer solchen Organisation wird augenscheinlich, wenn wir die Kämpfe letzten Jahre betrachten: In Europa, in Nordafrika und im Nahen Osten, in den vom Imperialismus besetzten Ländern und überhaupt in allen großen Kämpfen spielte die Jugend eine herausragende, wenn nicht tragende Rolle. Doch nirgendwo kämpfte sie unter ihrer eigenen, selbstgewählten Führung – stattdessen war sie auf die traditionellen Führungen der reformistischen Parteien oder sogar religiöser, reaktionärer Bewegungen angewiesen. Doch bereits die reformistischen ArbeiterführerInnen verhalten sich überall stets nationalborniert, anpasslerisch und schwankend und vertreten niemals die gemeinsamen Interessen der Jugend, wenn sie bereits die Arbeiterklasse – die Basis ihrer Organisationen – verraten. Für proletarische oder andere unterdrückte Jugendliche kann es keine Option sein, sich von diesen bremsenden FührerInnen benutzen zu lassen, ohne überhaupt Anteil an deren Entscheidungen zu haben. Vielmehr haben wir,
die jugendlichen AktivistInnen heutiger Kämpfe, die Aufgabe, uns endlich eine eigene, unabhängige Führung für alle unterdrückten Jugendlichen zu geben, um an der Seite der Arbeiter_Innenklasse – jedoch politisch selbstbestimmt – die Kämpfe für unsere Rechte zu führen und zu gewinnen. Doch nicht nur das, wir haben auch die weit größere Aufgabe, die künftige Speerspitze im Kampf der Arbeiterklasse zu werden und die falschen, ungeeigneten FührerInnen – Reformist_Innen, Stalinist_Innen und andere – zu ersetzen.

Aber wir würden einen Fehler begehen, würden wir dabei nicht von Anfang auf die engst mögliche Vereinigung der unterdrückten Jugend aller Länder setzen. Wie können wir trotz unserer fehlenden Erfahrung die richtigen Entscheidungen treffen, ohne uns auf andere Organisationen zu verlassen? Wenn schon die Arbeiterklasse nur weltweit vereint das Bewusstsein und die Kraft entwickeln kann, den Kapitalisten die Stirn zu bieten, so gilt das für die Jugend umso mehr, sind wir doch der unwichtigste Teil der kapitalistischen Maschine. Eine Jugendinternationale sollte all jene umfassen, die im Kampf für ihre Rechte die Kapitalist_Innen als Gegner und die Arbeiterklasse als Verbündeten betrachten. Dies setzt keine politische Übereinstimmung in allen Fragen voraus. Die Jugendinternationale ist eine objektive Notwendigkeit für jede Jugendbewegung. Sie würde die Kampfbedingungen für alle unterdrückten Jugendlichen verbessern und die Kraft der Kapitalisten schwächen. Wenn heute die Jugend vereinzelt, unorganisiert und schwach ist gegenüber den gezielten Angriffen des bürgerlichen Staates, so müssten in Zukunft die Kapitalisten davor zittern, an verschiedenen Fronten auf allen Kontinenten angegriffen zu werden von einer grenzenlosen Bewegung der Jugend.

Als revolutionäre internationale Jugendorganisation haben wir derzeit die dringlichste Aufgabe, die stattfindenden Umwälzungen weltweit durch Intervention auf Grundlage unserer programmatischen Dokumente zur Radikalisierung und Ausweitung der legitimen Proteste und Kämpfe zu nutzen. Wir haben jeden Grund, selbstbewusst und entschlossen unser revolutionäres Manifest als notwendigen Beitrag in alle Bewegungen einzubringen, in denen Jugendliche legitimerweise für demokratische Freiheit oder gegen Arbeitslosigkeit, Armut, imperialistische Diktatur oder Besatzung und Fremdherrschaft kämpfen.

Das größte Augenmerk sollten wir dabei auf all jene Bewegungen legen, wo junge AktivistInnen hinzuströmen, im Kampf für ihre Rechte sich radikalisieren und politische Antworten auf die dringenden Fragen suchen:

Wie können die konkreten Angriffe auf unsere sozialen und demokratischen Rechte gestoppt werden? Wie können die verrotteten Organe der bürgerlichen Demokratie entsorgt werden und durch was werden sie ersetzt? Wie können Diktatur, Besatzung und Krieg beendet werden, wer sind hierbei die Verbündeten und gegen wen richtet sich der Kampf? Wie kann letztendlich das kapitalistische System zerschlagen werden, welche Organisation und welche politischen Grundsätze sind hierfür und zur Erringung der Macht notwendig?

Auf diese Fragen haben wir Antworten, die darauf warten, verbreitet und umgesetzt zu werden. Die rasche Intervention auch in Ländern, in denen wir bislang nicht verankert sind, ist hierbei eine große Verantwortung und Chance, GenossInnen zu gewinnen und die Organisation durch die Erfahrungen anderer Unterdrückter zu bereichern und zu festigen.

REVOLUTION-Konferenz, Juni 2012




Brasilien – neoliberales Wunderland?

Brasilien gehört heute zu den aufstrebenden Schwellenländern, den sogenannten BRIC-Staaten. Als dieser Begriff 2001 von der Rating-Agentur Goldman Sachs geprägt wurde, machten die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) zusammen 12 % am Welt-BIP aus. Heute liegt dieser Anteil bei satten 25 % – die Rolle dieser Länder in der Weltwirtschaft hat also enorm zugenommen. In welche Richtung die ENtwicklung Brasiliens geht erläutert Rico Rodriguez.

Das trifft auch auf Brasilien zu, das heute vor allem Rohstoffe (Metalle, Erze etc.) und Agrarprodukte (Soja, Fleisch, Kaffee etc.) in die ganze Welt exportiert, aber auch die größte Industrie in Lateinamerika besitzt. Brasilianische Konzerne wie Petrobras (Öl und Gas), Vale (Bergbau) und Embraer (drittgrößter Flugzeughersteller der Welt) und Banken wie Bradesco und Itau spielen vor allem in Lateinamerika, aber auch zunehmend darüber hinaus eine große Rolle.

Auf einem guten Weg?

Im Gegensatz zu China wird Brasilien heute von vielen auch eine positive politische Entwicklung unterstellt. Nach zwei Jahrzehnten Militärdiktatur (1964 – 1985) gilt das Land heute als vorbildliche Demokratie für Südamerika. In den letzten 10 Jahren hatte das Land fast ein konstantes Wirtschaftswachstum zu verzeichnen, im Schnitt von ca. 5 %. 2010 nach der Finanzkrise konnte sogar ein Rekordwachstum von 7,5 % erreicht werden, was aber 2011 wieder recht harsch auf 4 % zurück fiel.

Die Finanzkrise konnte das Land bisher gut verkraften. Einerseits ist das Land weniger stark vom Export abhängig als andere Schwellenländer (der Export macht 13 % des BIP aus), andererseits hat das brasilianische Kapital auch von den hohen Weltmarkt-Preisen für Rohstoffe profitiert (in scharfem Gegensatz zu vielen Entwicklungsländern). Darüber hinaus haben viele Anleger aus den imperialistischen Ländern nach profitablen Anlegemöglichkeiten gesucht – und da ist gerade Brasilien hoch im Kurs. Als weiterer Grund spielt schließlich der relativ regulierte Bankensektor eine Rolle. Brasilianische Banken hatten ihre Finger relativ wenig bei globalen Finanzspekulationen im Spiel.

So konnte die Regierung auf ein solides Wachstum in den vergangenen 10 Jahren setzen und damit ein Ansteigen an Beschäftigung und des Binnenmarktes bei satten Gewinnen für die brasilianische Bourgeoisie verzeichnen.

Das Wachstumsmodell basiert auf einer stetigen Ausweitung des Konsums und einer Liberalisierung des Arbeitsmarktes und aller anderen Bereiche, also auf einem zügellosen Kapitalismus. Und das hat natürlich auch seine Schattenseiten, doch darauf kommen wir später.

Die PT-Regierung, sozial für die Arbeiter?

Dilma und Lula verstehen sich gut – untereinander und mit der Bourgeoisie

Seit 2001 regiert in Brasilien die Arbeiterpartei „Partido dos Trabalhadores“ (PT) mit einer Koalition aus anderen „linken“ Parteien. Als der Führer der PT Lula da Silva 2001 im vierten Anlauf die Wahlen gewann, war das eine Sensation in Brasilien, die gleichzeitig die Armen jubeln und die Reichen zittern ließ. Kein Wunder, Lula war Gewerkschaftsführer aus Sao Paulo. Die PT wurde 1983 im Zuge massiver Arbeitskämpfe gegründet, die auch einen politischen Charakter gegen die Militärdiktatur annahmen. Lula war Gewerkschafter in Sao Paulo und führte viele der damaligen Streiks an. Deswegen war er enorm beliebt unter den Arbeiter_innen im ganzen Land.

Außerdem war die PT schließlich eine Partei, die den Sozialismus zum Ziel hatte. Doch Lula hatte die Kapitalisten schon vor seiner Wahl beruhigt – die ganz großen Änderungen würden unter seiner Regentschaft nicht zu erwarten sein. Er machte ein Abkommen mit dem IWF, dass die Auslandsschulden weiter bediente und die Auflagen nicht brach. Nach seiner Wahl setzte er gleich Henrique Meirelles von der rechten Partei PSDB und Chef der „Bank Boston“ als Zentralbank-Chef ein. Ein „klares Signal“ an die einheimische und internationale Bourgeoisie.

So führte der „Arbeiterführer“ im Wesentlichen auch den neoliberalen Kurs seines Vorgängers Fernando Henrique Cardoso (FHC) fort. Er musste allerdings nicht mehr so viel privatisieren, das hatte sein Vorgänger schon erledigt. Die großen Versprechen hat er allesamt gebrochen. Er machte keine der Privatisierungen aus den 90ern rückgängig, eine konsequente Landreform wurde nie durchgeführt, die Mindestlöhne verbleiben auf einem niedrigen Niveau, der Raubbau an Mensch und Natur geht ungehindert weiter. Die Renten wurden unter seiner Regierung sogar weiter privatisiert: während FHC „lediglich“ die Renten für die Beschäftigten im privaten Sektor privatisiert hatte, dehnte Lula das auf die öffentlich Beschäftigten aus.

Auch seine Nachfolgerin Dilma, seit Ende 2010 Präsidentin, ebenfalls von der PT, setzt diesen Kurs fort. Gerade hat sie ein Konjunkturpaket für brasilianische Firmen aufgelegt. Insgesamt 26,3 Milliarden Euro werden der brasilianischen Bourgeoisie geschenkt, demgegenüber stehen Kürzungen im Haushalt 2011 von 20 und 2012 von 24 Milliarden Euro. Geld das natürlich vor allem im sozialen Bereich gespart wird. Gleichzeitig wurde ein neues Waldgesetz verabschiedet (Código Florestal), dass es den Agrarmultis erleichtert, weiter Wald für ihre Monokulturen zu roden.

Die Kehrseite der Medaille…

Das Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre basiert auf der extrem neoliberalen Politik unter FHC in den 90ern. Damals wurden alle großen Staatsbetriebe privatisiert und der Arbeitsmarkt liberalisiert. So haben prekäre Beschäftigungsverhältnisse überall in Brasilien zugenommen. Jugendliche finden fast nur noch über Leiharbeit eine Anstellung, werden schlecht bezahlt und können jederzeit entlassen werden (das kommt uns irgend woher bekannt vor…).

Die Bewohner_innen des „Pinheirinho“ rüsten sich gegen die Räumung ihres Viertels, das dem Erdboden gleichgemacht werden soll…

Zwar können sich heute viele Arbeiter_innen Handys und Fernseher kaufen. Doch was nützt das, wenn man in ständiger Unsicherheit lebt, das Bildungs- und Gesundheitssystem immer mehr ausgedünnt werden und die Rentenversicherung privatisiert wird? Ein großes Problem in Brasilien ist auch der Verkehr. Immer mehr Leute können sich Autos kaufen, was auch extrem propagiert wird. Ein Auto ist gleichbedeutend mit Entwicklung und Wohlstand. Doch der Verkehr in den Großstädten wird immer schlimmer. Es gibt praktisch keine Stadt- und Verkehrsplanung, und die Straßen sind hoffnungslos überfüllt. Stundenlange Staus stehen für Stadtbewohner_innen an der Tagesordnung. Der öffentliche Nahverkehr wurde natürlich auch privatisiert. Seitdem ist er teuer, wird immer schlechter und

ausgedünnt.

… doch gegen die Militärpolizei, die das Viertel mit massiver Brutalität – Tränengas, Schlagstöcken und Gummigeschossen – räumt, haben sie letztlich keine Chance, vorerst.

So ist auch die Wohnsituation in den Großstädten bei gleichzeitiger Landflucht ein großes Problem in Brasilien. Die Mieten sind unglaublich hoch, heute bereits auf europäischem Niveau. Ein Apartment in Rio de Janeiro für eine Person kostet locker 300 Euro. Ein Lehrer an einer staatlichen Schule verdient dem gegenüber gerade mal 500 Euro! In diesem Zusammenhang wurde Anfang dieses Jahres eine illegale Siedlung in Sao Paulo geräumt. Die Siedlung „Pineirinho“ wurde auf einem verlassenen Gelände errichtet, das einem Kapitalisten gehört. Die Bewohner haben es 2004 aus Wohnungsmangel besetzt und seitdem haben sich dort 6000 Menschen angesiedelt, darunter viele Familien mit Kinder. Der Kapitalist wollte sein Land jetzt wieder haben. Die Siedlung wurde Ende Januar von 2000 Militärpolizisten geräumt, die Bewohner_innen vertrieben – mit Tränengas, Schlagstöcken und Gummigeschossen. Und das ist keineswegs ein Einzelfall, sondern Programm in Brasilien.

Die Fußball-Weltmeisterschaft

Gerade sind die Menschen in Europa wieder im nationalistischen EM-Fieber. 2014 wird die WM in Brasilien stattfinden. Glaubt man der Regierung und der FIFA – ein Segen für das Land. Doch wie immer werden hier knallharte Geschäfte gemacht, die tatsächlichen Gewinner sind große Konzerne. Milliarden werden in Stadien investiert, gleichzeitig weigert sich die PT-Regierung seit Jahren, den Mindestlohn der Lehrer_innen zu heben (siehe dazu auch unseren Artikel zur WM in Südafrika).

Die Wohnungsnot wird durch die WM massiv verschärft. In den Großstädten steigen die Mieten weiter, internationale Investoren wüten auf dem Wohnungsmarkt, die lokale Bevölkerung wird verdrängt. Und der Staat hilft kräftig nach. Unliebsame Siedlungen werden von der Regierung zerstört. In der Nähe der Stadien
liegen oft Favelas. Doch die Regierung will Brasilien der Welt als Land des Fußball und des Samba präsentieren: ärmliche Wohngegenden stören da nur. So wird den Bewohner_innen eine Ersatzwohnung im Randgebiet der Städte angeboten. Wenn sie dem Angebot nicht nachkommen, werden sie geräumt und die Wohnungen zerstört.

Dieses Schicksal erlitt z.B. die Favela „Metro“ in der Nähe des weltberühmten Stadions Maracana in Rio. Heute sind nur noch Reste der Häuser übrig.

Einige Arbeiter_innen der Stadienbaustellen dachten sich, sie wollen mehr von dem Kuchen abhaben. Also streikten sie für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Prompt wurde eine Gesetzesinitiative vorgebracht, die den Arbeiter_innen das Streiken verbieten soll – von einem Senator der PT! Begründung: die Weltmeisterschaft sei nationales Interesse und die Arbeiter_innen würden das zum persönlichen Vorteil ausnutzen. Bei allem Verrat der PT ein Satz, der einem die Sprache verschlägt.

Welche Aufgaben für die revolutionäre Linke?

Die Liste von Schweinereien und Problemen könnte noch weiter fortgesetzt werden. Bei all diesen Dingen wird klar: der Kapitalismus bietet auch für die brasilianische Arbeiterklasse und die Bauernschaft keine Perspektive. Er zerstört die Umwelt in rasantem Ausmaß und beutet die Menschen immer schärfer aus. Dass dabei bei hohem Wirtschaftswachstum ein paar Krümel vom Tisch fallen, darf darüber nicht hinweg täuschen!

Die PT hat mehr als bewiesen, dass von ihnen keine ernsthaften Änderungen zu erwarten sind. Sie sind heute treue Handlanger des Kapitals. Es ist zu erwarten, dass bei sinkendem Wirtschaftswachstum weitere Angriffe auf die Arbeiterklasse unter ihrer Regierung zu erwarten sind. Auch die 2004 gegründete Linkspartei PSOL stellt keine Alternative für die Arbeiterklasse dar. Sie hat zwar ein weit linkeres Programm als die PT, hat es aber nie über den Reformismus hinaus geschafft.

Was in Brasilien notwendig ist, ist der Aufbau einer revolutionären Partei der Arbeiterklasse, der Bauernschaft und der Jugend. Eine Partei, die den Sturz des Kapitalismus auf die Tagesordnung setzt und dafür ein Programm entwickelt. Eine sozialistische Revolution in dem wirtschaftlich starken und politisch bedeutsamen Brasilien würde eine unglaubliche Ausstrahlung auf ganz Lateinamerika haben, allen voran die Länder mit links populistischen Regierungen wie in Venezuela, Bolivien und Ecuador, deren Präsidenten der Bevölkerung seit Jahren „einen neuen Sozialismus“ versprechen.

Dafür muss vor allem eine Einheitsfront-Politik entwickelt werden. Ob wir es wollen oder nicht – die PT hat immer noch die Führung über die Arbeiterklasse inne. Deshalb muss die PT aufgefordert werden, ihre Versprechungen einzuhalten und umzusetzen. In der Praxis müssen die Arbeiter_innen erkennen, dass von dieser Regierung nichts mehr zu erwarten ist.

Gleichzeitig muss jedoch ohne Schonung der Kampf gegen die Angriffe der brasilianischen und internationalen Kapitalist_innen geführt werden – auch dort, wo die PT den Kampf verweigert. Das muss und kann der Ausgangspunkt für den Aufbau einer neuen, revolutionären Partei in Brasilien werden. REVOLUTION unterstützt und begrüßt daher die Gründung der neuen Sektion der „Liga für die fünfte Internationale“ in Brasilien und wird gemeinsam mit ihr für die Interessen der Jugend und der Arbeiterklasse in Brasilien eintreten.

Ein Artikel von Rico Rodriguez, REVOLUTION-Hamburg




Wahlen in Griechenland – Troika-Diktat oder Arbeiterregierung?

Sririzy Kandidat Tsipras hofft auf einen Sieg bei den Wahlen, der Sieg der Arbeiterklasse kann aber nur durch den Kampf auf der Straße entschieden werden.

Die Wahl in Griechenland wird zu einem Referendum über die Fortsetzung des EU-Kurses mit seinen Spardiktaten – oder für eine linke Regierung gegen das Spardiktat, wie es SYRIZA verspricht. Die Radikalisierung der Arbeiterklasse und die gesellschaftliche Polarisierung, die den massiven Zuwachs von SYRIZA auf 16,7% im Mai erklären, werden sich weiter zuspitzen.

Der massive Zulauf für SYRIZA bei den Wahlen, wo sie ihren Stimmanteil fast vervierfachen konnte, drückt eine Radikalisierung und Polarisierung aus. Alle Umfragen sehen eine Zunahme von SYRIZA einerseits voraus, andererseits auch eine Zunahme der rechts-konservativen Nea Demokratia.

Der Zulauf für SYRIZA, die selbst eine Allianz von reformistischen Parteien wie Synaspismos, die Teil der europäischen Linkspartei ist, und kleineren, radikaleren Parteien und Gruppierungen (z.B. die maoistische KOE) ist, ist daher leicht zu erklären. SYRIZA und Tsipras haben den Massen eine Machtalternative versprochen, die ihnen in dieser Situation unbedingt notwendig und auch realistisch erscheint. Die anderen linken Kräfte sind zu wankelmütig-opportunistisch wie DIMAR, eine Rechtsabspaltung von SYRIZA von 2010. Die KKE wiederum lehnt eine „linke Regierung“ ab – und vertröstet die Massen damit, dass eine „echte Volksregierung“ nur unter ihrer Führung zu Stande kommen könne. Da diese in weiter Ferne ist, ziehen die Massen die Wahl einer Partei vor, die heute eine „andere Politik“ verspricht. Antarsya, eine Koalition kleinerer Gruppierungen mit revolutionärem Anspruch, ist zu klein und isoliert, um eine unmittelbare Alternative für die Massen bieten zu können.

Die griechische Jugend und Arbeiterklasse sind zum revolutionären Kampf, der über eine historische Niederlage oder einen historischen Sieg entscheiden wird, gezwungen,...

Der Aufstieg von SYRIZA ist jedoch keineswegs das Resultat des besonderen politischen Geschicks von Tsipras – und erst recht nicht seiner „hemmungslosen Demagogie, welche die FAZ als „gemeingefährlich“ ansieht.

Er ist Resultat einer revolutionären Krise, der politischen Zuspitzung des Klassenkampfes. Seit Jahren haben die griechische Arbeiterklasse und die Jugend, ja auch große Teile der städtischen Mittelschichten und des Kleinbürgertums versucht, die Angriffe der Regierungen zu stoppen: durch eine Reihe befristeter Generalstreiks, durch die Besetzungen des Syntagma-Platzes (des zentralen Platzes von Athen), durch eine wachsende Zahl von längeren Streiks und Betriebsbesetzungen inklusive der Fortführung einzelner Unternehmen unter Arbeiterkontrolle.

Das Programm von SYRIZA

Im Wahlkampf nimmt der Zulauf zu SYRIZA weiter massiv zu – und nicht nur zur Partei. Die „Volksversammlungen“, die als eine Mischung aus Wahlveranstaltung, Stadtteilversammlung und Ortsgruppentreffen von SYRIZA stattfinden, ziehen regelmäßig hunderte, wenn nicht tausende Menschen an.

In dieser Situation stellt SYRIZA einen „Sofortplan“ von fünf Punkten ins Zentrum der Wahlagitation:

  1. Beseitigung der „Memoranden“, aller Sparmaßnahmen und der Gegenreformen im Arbeitsrecht, die das Land zerstören
  2. Nationalisierung der Banken, an die mit den öffentlichen Hilfeleistungen viel gezahlt worden ist
  3. Moratorium der Schuldenzahlung und ein Audit, das es ermöglichen wird, die illegitimen Schulden anzuprangern und zu streichen
  4. Abschaffung der Immunität der MinisterInnen
  5. Abänderung des Wahlrechts, durch das es Pasok und Nea Dimokratia möglich war, zum Schaden der griechischen Bevölkerung zu regieren und das Land in die Krise zu stürzen.

Dieser „Sofortplan“ – und auch das längere und radikalere 40-Punkte Programm für die Wahlen – ist ein reformistisches Programm. Es bleibt auf dem Boden der bürgerlichen Eigentumsverhältnisse, es stellt weder diese noch den bürgerlichen Staat in Frage.

...auf den sich die griechische Polizei...

Für die griechische und europäische Bourgeoisie ist es jedoch eine Kriegserklärung. Denn selbst die Umsetzung dieser Forderungen ist nur möglich, wenn SYRIZA an der Regierung weiter ginge, als ihrer Führung lieb ist. Die Vorstellung von Tsipras, dass sich die EU, der IWF, die EBZ, die deutsche Regierung durch die Drohung katastrophischer Auswirkungen eines griechischen Bankrotts zu „Neuverhandlungen“ und weiteren Finanzspritzen für das Land dauerhaft zwingen ließen, ist eine Illusion.

Im Gegenteil: Die Imperialisten würden offen oder verdeckt an der Destabilisierung und dem Sturz einer solchen Regierung arbeiten – bis hin zum Mittel, eine offen autoritäre Regierung zu schaffen, die sich auf Militär, Ausnahmezustand und faschistische Banden stützt.

...die Faschisten...

Revolutionäre KommunistInnen müssen daher vor den Illusionen warnen, die SYRIZA und Tsipras verbreiten und die Arbeiterklasse, ihre Avantgarde, die Masse der Bevölkerung darauf vorbereiten, weiter zu gehen, als ihre aktuellen, reformistischen FührerInnen es wollen.

Wir rufen zur kritischen Unterstützung von SYRIZA auf. Im Falle eines Wahlsieges – sei es eines absoluten wie auch einer relativen Mehrheit – fordern wir von SYRIZA, von DIMAR, KKE und den Gewerkschaften: Brecht mit der Bourgeoisie! Kämpft für die Bildung einer Arbeiterregierung!

...und die internationale Bourgeoisie mit Institutionen wie der Troika, vorbereiten.

Die Bewegung kann und muss diese – im Grunde bürgerliche Arbeiterregierung – bei allen fortschrittlichen Maßnahmen, gegen die unvermeidlichen Sabotageakte des Imperialismus und der Reaktion verteidigen. Dazu müssen umgekehrt von einer solchen Regierung die Entwaffnung der Konterrevolution und die Legalisierung von Arbeiterkontrolle, Enteignung und die Bewaffnung von Selbstverteidigungsorganen der Klasse gefordert werden.

Dieser Kurs muss mit der Propaganda und Agitation für ein Programm von Übergangsforderungen verbunden werden, das zum Sturz der Herrschaft der Bourgeoisie führt, zur Errichtung der Macht der Arbeiterklasse, zur Diktatur des Proletariats, wie es Marx nannte.

Ein unerlässlicher Teil dabei ist die Schaffung von proletarischen Kampf- und potentiellen Machtorganen, auf die sich eine solche revolutionäre Übernahme der Macht stützen könnten: von Räten und Milizen.

Forderungen

Die Stadtteilversammlungen, die Versammlungen in besetzten Betrieben können zu Räten, zu Organen einer zukünftigen Staatsmacht werden. Diese sollten auf regionaler und landesweiter Ebene in Form eines Rätekongresses zentralisiert werden, der von den Arbeiterparteien die Umsetzung eines Aktionsprogramms gegen die Krise fordert:

  • Streichung der Schulden, Stopp des IWF/EU-Diktats! Entschuldung der Kommunen! Einführung eines Außenhandelsmonopols!
  • Aufhebung aller arbeiterfeindlichen Gesetze wie der Abschaffung des Tarifrechts, der Absenkung des Mindestlohns, der Erhöhung von Massensteuern und von Entlassungen!
  • Öffnung der Geschäftsbücher, Verträge und Transaktionen der Banken und des Staates! Progressive Besteuerung der Reichen und Vermögensbesitzer, Abschaffung der Massensteuern!
  • Preiskontrollkomitees für Nahrungsmittel, Wohnungen usw., um der Preissteigerung zu begegnen sowie eine gleitende Skala der Löhne und Sozialeinkommen (Arbeitslosengeld, Renten …)!
  • Mindestlohn, Mindestrenten, freier Zugang zu Bildung, Schulen, Unis und das Gesundheitswesen!
  • Maßnahmen, um Kleinbürgertum, Bauern und Fischer vor dem Ruin zu bewahren – einschließlich günstiger Kredite bei gleichzeitiger
    Sicherung der Arbeiterrechte in allen privaten und öffentlichen Unternehmen!
  • Entschädigungslose Enteignung der Banken, imperialistischen Investoren, der Großindustrie und Großgrundbesitzer! Verstaatlichung aller geschlossenen Betriebe und Wiedereinstellung der Entlassenen unter Arbeiterkontrolle!
  • Zentralbank unter Arbeiterkontrolle! Demokratische Planung der Großindustrie und ein öffentliches Beschäftigungsprogramm unter Arbeiterkontrolle, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen sowie Aufteilung der Arbeit auf alle Hände, um die Arbeitslosigkeit abzuschaffen!

Eine wirkliche Arbeiterregierung müsste sich auf ein solches Programm, auf Räte und Milizen stützen. Sie müsste die Kontrolle des Oberkommandos über die Armee durch Soldatenräte brechen und die Arbeiterklasse und die Massen durch Bildung einer Arbeiter- und Volksmiliz bewaffnen.

Dem kann nur eine Arbeiterregierung etwas entgegensetzen. Syriza, KKE, Dima und Antarsya müssen aufgerufen werden für eine solche unter oben genannten Forderungen zu kämpfen. Letztlich kann die Revolution jedoch nur durch eine revolutionäre geführte Arbeiterregierung - die Diktatur des Proletariats - wirklich erfolgreich sein. Dafür bedarf es dringend einer revolutionären internationalistischen Partei!

Es wäre aber eine Utopie, von SYRIZA, KKE oder anderen Massenparteien in Griechenland eine konsequente Umsetzung eines solchen Programms zu erwarten. Das kann nur eine genuin revolutionäre Arbeiterpartei leisten. Doch eine solche wird nur geschaffen werden können, wenn es die fortgeschrittensten Kräfte der Arbeiterbewegung, jene radikalen Linken und AktivistInnen, die heute v.a. in SYRIZA und wahrscheinlich zu einem geringeren Teil in Antarsya wirken, vermögen, die Avantgarde und diese die Masse der Arbeiterklasse zu gewinnen, die sich heute SYRIZA zuwendet.

Der gemeinsame Kampf mit den reformistischen ArbeiterInnen, die Schaffung einer Einheitsfront der Arbeiterklasse ist dafür eine Grundvoraussetzung. Nur so – in der praktischen Erfahrung werden sie lernen können, dass wie weiter gehen müssen, als es ihren reformistischen oder auch zentristischen Führungen lieb ist.

Der Kampf für eine Arbeiterregierung ist daher heute eine, wenn nicht die aktuellste, Schlüsselfrage der griechischen Revolution.

Martin Suchanek, übernommen aus der Arbeitermacht Publikation „Neue Internationale“ 170, Juni 2012




Studentenproteste in Quebec – Keine Kompromisse, Generalstreik Jetzt!

Am 13. Februar traten in Québec (Kanada) zehntausende von Student_innen in den Streik, der nach wie vor andauert und bereits mehrere 100´000. erfasst hat. Der Anlass waren die von der Regierung geplanten Kürzungen und den damit verbundenen Erhöhungen der Studiengebühren. Diese würden die Studien- und Lebensbedingungen für Jugendliche – besonders aus Arbeiterfamilien – drastisch verschlechtern und für viele ein Studium verunmöglichen.  Wie die Aktivist_innen in Quebec kämpfen, warum es nicht nur um Bildung geht und wie der Widerstand ausgeweitet werden und erfolgreich sein kann, erklärt Felix Borscht.

Allein die Tatsache, dass die Regierung per Gesetz das Recht auf Protest weitgehend ausgehebelt hat, zeigt das es um mehr geht als nur die Studiengebühren. Es ist ein Agriff auf die gesamte Arbeiterklassem, der mit dem Widerstand der gesamten kanadischen Arbeiterklasse beantwortet werden muss!

Aktuell zahlt ein_e Student_in in Québec $2168 Studiengebühr pro Jahr, diese Gebühr soll nun auf $3793 erhöht werden. Der Finanzminister von Québec, Raymond Bachand, nannte diese Angriffe der Herrschenden aus Wirtschaft und Politik eine „Kulturelle Revolution“. Die Bewegung sieht darin einen enormen Einschnitt in ihre Rechte und ihre Lebenssituation. Wie so oft sind erhöhte Studiengebühren nur die Vorboten für Kürzungen und Privatisierungen in anderen sozialen öffentlichen Einrichtungen wie z.B. dem Gesundheitswesen, welche dann nicht nur die Student_innen sondern die gesamte lohnabhängige Bevölkerung hart treffen werden.

Die Regierung tut alles um die Bewegung zu kriminalisieren, zu spalten und niederzuhalten. Die Student_innen spüren die Repression auf der Straße durch Verhaftungen, Knüppel, Tränengas und Gummigeschosse. Am 18. April wurde der Campus der Université du Québec en Outaouais (UQO), welcher bis dahin unter der Eigenkontrolle der Aktivist_innen gestanden hatte, von der Polizei brutal gestürmt und geräumt, Demonstrationsverbote wurden verhängt.

Doch die Studentenbewegung in Québec kann mit insgesamt 8 „Generalstreiks“ auf eine lange Geschichte des Protests zurück schauen. So gab es bereits 1968 Widerstand gegen Kürzungen im Bildungsbereich, der letzte Streik fand im Jahre 2005 statt. Er dauerte acht Wochen und wurde von über 230.000 Student_innen unterstützt. Obwohl er damit den größten und wichtigsten Studentenstreik in der Geschichte Québecs darstellte, endete er nur mit einem Teilerfolg für die Protestierenden. Angebote der Regierung, wie z.B. die Gebührenerhöhung innerhalb von nur 5 anstatt 7 Jahren zu vollenden wurden abgelehnt: zurecht!

Auf dem Bild sieht man ein Banner der radikaleren Studierendengewerkschaft CLASSE.

So ist auch das neueste „Entgegenkommen“ – die Erhöhung für sechs Monate einzufrieren,ein Versuch der unter Druck geratenen Regierung die Bewegung zu demoralisieren und den Widerstand zu brechen. Dann wäre der weg frei, auch den Rest des Sozialsystems zu „reformieren“.

Organisiert wird der Streik vor Allem von den Student Unions, welche sich in überregionalen Verbünden wie der FEUQ (Fédération étudiante universitaire du Québec) und der radikaleren CLASSE (Coalition Large de l’Association pour une Solidarité Syndicale Étudiante) zusammengeschlossen haben; zusammen repräsentieren sie über 200.000 Student_innen. Von CLASSE kam auch der Aufruf zu einem „sozialen Generalstreik“. Dies ist ein Versuch den Protest und seine politische Wirkung zu verstärken und ihn auf andere, breitere Schichten der Jugend und Arbeiterklasse auszuweiten

Vollkommen zurecht, denn die Kürzungen der Regierung, die im Zusammenhang mit der Krise stehen, werden nicht nach der weiteren Zerschlagung des Bildungssystems aufhören. Kapital und Regierung würden eine Niederlage der jetzigen Bewegung nutzen, um weitere und schärfere soziale Sparmaßnahmen gegen die breite Masse der Lohnabhängigen zu beschließen.

Studierende und breitere Schichten der Jugend können gemeinsam mit der Arbeiterklasse nicht nur die Sparprogramm stoppen, sondern auch in die Offensive gehen und ein internationales Zeichen gegen die Angriffe der Kapitalisten setzen. Der 16. Mai, an dem über 200´000 in der Innenstadt Quebecs demonstrierten, zeigt das deutlich!

Gerade deshalb ist es so wichtig die Gewerkschaften und vor allem deren Basis für die gemeinsame Aktion der Student_innen und Arbeiter_innen zu gewinnen. Damit würde der Protest eine neue Ebene erreichen und einen ernsthaften Konflikt zwischen den Vertretern der herrschenden Klasse und den unterdrückten Massen provozieren, dessen Ziel es sein sollte die Regierung Raymond Bachands zu stürzen. So kann und muss der Kampf gegen die Sparmaßnahmen zum gesellschaftlichen Kampf gegen den Kapitalismus ausgeweitet werden.

Ein erstes Anzeichen der praktischen Unterstützung war eine 200.000 Teilnehmer_innen starke Demonstration vom 26. März, organisiert von Gewerkschaften quer durch die Innenstadt Québecs.

Jetzt kommt es darauf an, unabhängige Streikkomitees der Studenten_innen und Arbeiter_innen in und über Quebec in ganz Kanada aufzubauen, in denen nächste Aktionen vorbereitet werden und ein Aktionsprogramm gegen die Kürzungen und die Regierung diskutiert und beschlossen werden können.

Momentan ist die Bewegung am stärksten – jetzt ist nicht die Zeit für Kompromisse, die einige der Führer der Bewegung bereits anbahnen. Sollten diese die Bewegung verraten, müssen sie abgewählt und durch Aktivisten ersetzt werden die eng mit der Basis verbunden sind, entschlossen gegen die Kürzungen und für ein revolutionäres Programm kämpfen wollen!

Ein Artikel von Felix Borscht, REVOLUTION-Stuttgart