US-WAHLEN 2008: OBAMAS SIEG: BEWEIS DER WIRKSAMKEIT DES WANDELS ODER EINE GEWALTIGE ILLUSION ?

5.11.2008

Millionen Menschen in den USA und sogar auf der ganzen Welt freuen sich über den historischen Sieg von Barack Obama. Zunächst einmal ist er der erste schwarze Präsident in einem Land, das auf zwei Jahrhunderte  Sklaverei, hundert Jahre Rassendiskriminierung, einer systematischen Verweigerung von demokratischen Rechten für die ehemaligen Sklaven zurückblickt. Erst vor 40 Jahren unter Druck einer massenhaften Bürgerrechtsbewegung und Erhebungen in Städten begann das Geflecht der rassistischen Unterdrückung zu zerbröckeln, die aber trotz Obamas Sieg noch längst nicht beendet ist.

Die Wahlen

Die Chance für Millionen von nicht wirklich befreiten AfroamerikanerInnen für jemanden zu stimmen, der sie ihrem Gefühl nach vertritt, trug zur größten Wahlniederlage der Republikaner seit dem 2.Weltkrieg bei. Die Demokraten gewannen auch im Kongress hinzu und vergrößerten ihre Mehrheit. Dies ist als Anzeichen zu werten, dass die Menschen nicht nur für Obamas Ausstrahlung und ethnische Herkunft ihre Stimme abgaben, sondern für ein Ende der Parteiherrschaft der Republikaner über die US-Politik während der letzten Generation.

Viele junge Leute waren in die Wahlkampagne eingebunden und übernahmen eifrig die Rhetorik von Wandel und Hoffnung, zweier Güter, deren sich viele US-BürgerInnen während der vergangenen 8 Jahre beraubt sahen.

Ein zweiter wichtiger Grund für die Freudenkundgebungen ist das Ende der verhassten Bush/Cheney-Ära. Die Wahl Obamas war also eine Stimmabgabe gegen alles, was der Bevölkerung an Bush zuwider war: die Politik zu Gunsten der Großverdiener, der ‚Krieg gegen den Terror’, die Folterlager wie Guantanamo Bay, die ökonomische Krise.

Die Hoffnung

Obamas Wahlerfolg wird von vielen Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika in der Hoffnung begrüßt, dass die Kriegsbesessenheit, die ein Kennzeichen dieser US-Politik war, nun aufhört. Noch viel mehr erwarten, dass damit auch der Missbrauch von Amerikas Supermachtstellung, die mit ihrer Vorherrschaft Milliarden Menschen verarmen ließen, ein Ende haben wird. Obama hat es als seine Aufgabe beschrieben, das Ansehen und die Führung der Vereinigten Staaten wieder her zu stellen.  Er will also das Image des US-Imperialismus wieder aufpolieren.

Die USA lotsen die Weltwirtschaft in eine Rezession mit Massenarbeitslosigkeit und größerer Armut nicht nur im eigenen Land, sondern auf der ganzen Erde. Obama wird Präsident am Ende einer 20jährigen Zeit der Globalisierung und des Neoliberalismus. Was an dessen Stelle treten wird, lässt sich nicht vorhersagen, außer dem Umstand, dass die USA  von seinen Feinden und seinen ‚Verbündeten’ stärker herausgefordert werden wird denn je. Gerade sie (die EU, Japan) werden sich nicht mehr mit der unangefochtenen Führerschaft wie noch unter Obamas Vorgängern abfinden.

Im Inland wird es keine übliche Schonfrist kurz nach Amtsantritt mehr geben können. Die Schwierigkeiten bei der Rettung des US-Kapitalismus und der Rückkehr auf den Profitpfad für die Superreichen bringen die neue Regierung vom Fleck weg unter Zugzwang und in unausweichlichen Konflikt mit den ArbeiterInnen und Angehörigen der unteren Kleinbürgerschicht, die Obama gewählt haben.

Während die Welt noch McCains und Bushs Niederlage und die ihrer Partei feiert, blicken Millionen erwartungsvoll Obamas Amtsübernahme im Januar 2009 entgegen. Ihnen sind große Veränderungen, sogar eine Umwandlung Amerikas, in Aussicht gestellt worden. Aber wahrscheinlich können nur wenige sagen, worin genau diese Veränderungen bestehen sollen. Vielmehr spricht alles dafür, dass gerade für seine Anhänger sich eher symbolisch statt wirklich etwas ändern wird.

Der wahre Charakter

Bereits bei den Hauptfragen zur Zeit der Wahlen, der Finanzkrise und dem Bankenrettungsplan des noch amtierenden Finanzministers Paulson, zeigt sich, wie sehr Obamas und MacCains Positionen und die Empfehlung an ihre Parteien in der parlamentarischen Vertretung, dem US-Kongress, einander doch ähneln. Als Führer einer der beiden kapitalistischen Hauptparteien in den USA und Empfänger von Spenden aus der Konzern- und Finanzwelt wird Obama nicht gegen die Interessen des US-Kapitals verstoßen und nicht mit der Logik des Marktes und des Profitsystems brechen, das so viele zu Armut und Elend verdammt.

Mit der Benennung der wichtigsten Ministerposten in seinem Kabinett hat Obama nunmehr der Bourgeoisie zum ersten Mal signalisiert, dass sie sich nach dem populistischen Wahlkampf keine Sorgen zu machen braucht. Der wahre Charakter von Obama wird sich in der Praxis zeigen, fernab seiner euphorischen Reden von „Wandel“ und „neuen Zeiten“. Seine Personalentscheidungen sind ein erstes starkes Signal. Hillary Clinton, die für eine strikte Interessenvertretung der amerikanischen Bourgeoisie steht und Obama im Wahlkampf für seine „liberale“ Außenpolitik scharf kritisiert hat, wird Außenministerin. Der neue Kriegsminister Robert Gates bleibt der Alte, und der frühere General und Nato-Oberbefehlshaber James Jones wird Obamas Nationaler Sicherheitsberater. Letzterer gilt zwar als Kritiker von Bushs Irakkriegsstrategie, jedoch aus rein taktischen Gründen. Als Militär mit langjähriger Führungserfahrung weis er, wie Länder noch effektiver besetzt und terrorisiert und die Interessen des amerikanischen Großkapitals noch unmittelbarer vertreten werden können. Und mitten in der schwersten Finanzkrise des Kapitalismus seit dem zweiten Weltkrieg benennt Obama den New Yorker Notenbankchef Timothey Geithner als Finanzminister. Die FAZ schrieb hierzu: „Als durchsickerte, dass Timothey Geithner Finanzminister werden solle, reagierte die Börse mit Begeisterungsstürmen.“ Mehr müssen wir dazu wohl nicht sagen…

Selbstorganisation statt vergeblicher Hoffnungen!

Aber jene fortschrittlichen Anflüge seiner politischen Versprechen, die Gesundheitsfürsorge für Millionen EinwohnerInnen der USA zu bessern, den Rassismus in Gesetzen und Alltag zu bekämpfen, Ungleichheiten zu beseitigen, Steuern für die Reichen anzuheben, diese Versprechungen müssen erst einmal eingelöst und ausgebaut werden. Die reaktionäre Seite seiner Politik, die an das Bush’sche Erbe anknüpfen, d. h. die Truppenverstärkung in Afghanistan und die Androhung, den Krieg nach Pakistan auszuweiten, muss dagegen aufs Schärfste bekämpft werden.

Gleichgültig, wie der Wandel, für den Obama zu stehen vorgibt, eingeschätzt wird, es führt kein Weg daran vorbei, dass sich ArbeiterInnen, Jugend, Einwanderer in den Vereinigten Staaten von Amerika in Kampforganisationen zusammenfinden und durch Massenmobilisierungen und Protestbewegungen, durch Streiks und Demonstrationen wie zum ‚Tag ohne ImmigrantInnen’ am 1.Mai 2006 tätig werden.

Die Demokratische Partei hat in der Geschichte die Rolle eines Sicherheitsventils gespielt. Wenn die Angelegenheiten des Kapitals nicht so günstig laufen, der Hass auf die Republikaner als Vertreter der Großverdiener anzuschwellen droht, sind die Demokraten zur Stelle und frischen ihr radikales Image wieder etwas auf, betonen Unterschiede, versprechen einen Politikwechsel und heimsen dann Stimmen ein, ehe sie wieder jede/n ihrer Wähler/innen enttäuschen. Acht Jahre später zieht abermals ein republikanischer Präsident ins weiße Haus ein.

Die Arbeiterklasse braucht keine bürgerlichen Demokraten; sie muss ihre eigene Partei gründen, eine Partei der Arbeiter, der Armut, Einwanderer und radikalen Jugend, die für ihre Interessen eintritt, nicht gerade im Parlament, sondern v. a. in Betrieben und auf den Straßen. Diese Partei scheint augenblicklich Lichtjahre entfernt, aber sozialistisch gesonnene Leute in den USA, die Gleichbehandlung und gesellschaftliche Gerechtigkeit anstreben, können für ein solches Vorhaben gewonnen werden. Wir können diesen Prozess in Gang setzen durch den Aufruf an all jene jungen AktivistInnen, alle Schwarzen und GewerkschafterInnen, die sich einen echten Wandel von Obama erhoffen, nicht untätig zu bleiben, sondern statt ihn und die Demokraten weiter zu wählen, das Gesundheitswesen, die gewerkschaftlichen Rechte sowie das Ende der Diskriminierung, all das was er ihnen als umsetzbar glaubhaft machen wollte, selbständig anzupacken und herbei zu führen.

Wenn diese Kräfte sich für sich selbst organisieren, ihre Forderungen klären und präzisieren, und das wird  immer dringlicher je stärker die Rezession voran schreitet, wenn Obama sie im Stich lässt, was nicht lange auf sich warten lässt, werden sie der jetzt noch Minderheit zuhören, die schon immer gesagt hat, sie müssen mit den Demokraten brechen und eine unabhängige Arbeiterpartei aufbauen. Unter solchen Umständen kann die Unterstützung der Gewerkschaften für die Demokratische Partei beendet werden und Kraft für einen Neuanfang, für eine neue Partei, eine mit einem klaren sozialistischen Programm, geschöpft und das bankrotte kapitalistische System in den USA zerstört werden.

Das heißt, sie und wir brauchen eine sozialistische Revolution gegen das US-Kapital und den Imperialismus, um die Macht der Banken und Konzerne zu brechen, mit der rassistischen Polizei und Justiz, die immer noch eine unverhältnismäßig hohe Zahl von Schwarzamerikanern einkerkert und misshandelt, abzurechnen und einfache Arbeiter/innen an die Schalthebel der Gesellschaft oben wie unten zu bringen. Nur ein solcher Kampf vermag den Teufelskreis von Profit oder Pleite, imperialistischer Kriege, sozialer Ungerechtigkeiten zu durchbrechen. Wir als kommunistische Jugendorganisation REVOLUTION sind entschlossen, diesen Kampf in den kommenden Jahren zu führen!

Neugründung von REVO-US! http://revousa.org/




Brief an REVOLUTION Pakistan

VORWÄRTS FÜR EINE REVOLUTIONÄRE JUGENDINTERNATIONALE!

ONE SOLUTION – REVOLUTION!

Liebe Genossinnen und Genossen aus Pakistan,

Ich übersende Euch vom internationalen Rat von REVOLUTION beste Grüße für Eure Intervention in die 1.Mai-Proteste in Pakistan.

Im letzten Jahr habt ihr im Aufbau einer revolutionär-sozialistischen Jugendgruppe in Pakistan wichtige Schritte vorwärts gemacht, einschließlich der Herausgabe einer Zeitung, regelmäßige politische Diskussionen, Interventionen in die vermehrten Proteste gegen das Militär und kürzlich die Wahl euren ersten Leitung.

Ich muss Euch nicht erzählen, dass Pakistan ein Land mit wachsenden sozialen und politischen Unruhen ist. Es ist unsere Überzeugung, dass mit einem revolutionär-marxistischen Programm bewaffnet und mit Mut und Hingabe auch eine kleine Gruppe revolutionärer Jugendlicher in solch einer Situation riesige Sprünge machen kann.

Pakistan ist nicht das einzige Land, in dem sich die Massen radikalisieren und die Klassenwidersprüche zunehmen. Wir leben in einer Zeit, in der Millionen von Menschen das wahre Gesicht des Kapitalismus erkennen – sie erkennen, dass das Profitsystem selbst Kriege, Armut und soziale Verwahrlosung erzeugt.

In den großen sozialen Bewegungen des 21. Jahrhunderts nahmen hunderttausende, im Februar 2003 sogar Millionen den Widerstand gegen Krieg und Neoliberalismus auf. Dieser Widerstand forderte die vorherrschende politisch-ökonomische Ordnung heraus, welche die großen imperialistischen Mächte seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion verfolgen.

Als sich die Vereinigten Staaten selbst als die Führungsmacht einer „unipolaren“ Weltordnung konstituierten, sahen sie eine unvorhergesehene Gelegenheit um ihre Macht zu behaupten und die innere Krise zu lösen, die das kapitalistische System seit den 1970ern betroffen hat.

Die neoliberale Offensive von Angriffen auf ArbeiterInnenrechte, Gesundheitsvorsorge, die Beseitigung von „Hindernissen“ für das Kapital, die Eröffnung neuer Möglichkeiten der Kapitalakkumulation durch Privatisierung, die Ausnutzung von super-ausgebeuteten Arbeitskräften aus dem Süden – all das sind nicht ’schlechte Ideen’, sondern logische Folgen aus den Krisentendenzen des kapitalistischen Systems.

Der „Krieg gegen den Terror“, der sich heute in der Krise befindet, war ein militärischer Ausdruck des großen Verlangens der herrschenden Klasse der USA, ihre Hegemonie aufrecht zu erhalten und dem Versuch, ein „neues amerikanisches Jahrhundert“* durchzusetzen. Die großen Kämpfe, die diese Politik bekämpfen, haben die Möglichkeit eines anderen Jahrhunderts eröffnet- das Jahrhundert der sozialistischen Revolution.

Jedoch sind wir wie die großen Denker der marxistischen Tradition, vor allem Lenin und Trotzki, davon überzeugt, dass der Kapitalismus nicht von selbst aus seinen Widersprüchen heraus zusammenbrechen wird.

Nur die bewusste Aktion der ArbeiterInnenklasse wird das System überwinden und eine „andere Welt“ – eine sozialistische Welt – ermöglichen und den Absturz in die Barbarei aufhalten können.

Das ist der Grund warum wir uns heute in einer historischen Krise befinden. Vielleicht niemals zuvor existierte solch eine Trennung zwischen dem Willen und dem Verlangen der Massen den ganzen Weg bis zum Sieg zu beschreiten – und der Fähigkeit der existierenden Führungen sie in die Niederlage zu führen. Obwohl der Neoliberalismus die Reformen rückgängig gemacht hat, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts der reformistischen Ideologie so viel Macht verliehen hatten, gibt es eine anhaltende Durchdringung reformistischer Ideologie in der Arbeiter- und Massenbewegung.

Reformismus, wie die Revolutionärin Rosa Luxemburg einst feststellte, ist nicht das Vertreten verschiedener Meinungen zum Erreichen ein- und desselben Ziels, sondern führt in der Tat zu einem anderen Ziel. Anstatt die Kämpfe zu einem Kampf um die Macht der ArbeiterInnenklasse voranzutreiben – errichtet auf der Basis von demokratischen Räten an jedem Arbeitsplatz und erreicht durch die Zerschlagung des bürgerlichen Staates – treten Reformisten für Zugeständnisse mit und Unterordnung unter das existierende System, seinen Institutionen und seiner herrschenden Klasse ein.

Der Kampf um die „Krise der Führung der ArbeiterInnenklasse“ zu lösen ist heute für revolutionäre MarxistInnen zentral. In diesem Kampf können junge Menschen eine wichtige Rolle spielen um breitere Schichten für das Banner des revolutionären Trotzkismus zu erreichen. Da junge Menschen zum ersten Mal an Kämpfen teilnehmen, sind sie nicht mit der Müdigkeit und den Erinnerungen an vergangene Niederlagen belastet. Sie können relativ schnell für neue revolutionäre Jugendmassenorganisationen und eine revolutionäre Jugendinternationale gewonnen werden.

Das gute Wachstum von REVOLUTION-Pakistan im letzten Jahr zeugt von einer Situation, die reich an Gelegenheiten für weitere Fortschritte ist. Es beinhaltet auch viele neue Herausforderungen und Gefahren für unsere Organisation. Wir– der internationale Rat von REVOLUTION- wollen Euch dabei helfen, diese großen Gelegenheiten zu nutzen und auf alle Herausforderungen und Hindernisse effektiv zu antworten.

In Eurer Arbeit über das letzte Jahr habt Ihr Euren Willen und Eure Bereitschaft bewiesen, unter dem Banner und Programm von REVOLUTION zu kämpfen. Das ist der Grund warum wir beim letzten Treffen des Internationalen Sekretariats von REVOLUTION einstimmig beschlossen, REVOLUTION-Pakistan formal als Sektion unserer Organisation einzuladen.

Wir möchten euch bitten, bei Eurem nächsten Leitungstreffen auf diese Einladung zu antworten. Das heißt, dass REVO-Pakistan alle „Rechte und Pflichten“ als Mitglied unserer internationalen Strömung hat und wir laden Euch ein, eine Delegation zu der nächsten internationalen Konferenz zu schicken (2008 oder 2009 – muss noch bestätigt werden).

Formal existieren keine Anforderungen, um ein Sektion von REVOLUTION zu werden. Jedoch arbeiten wir auf der Grundlage, dass jede Sektion ihre ernsthafte Verpflichtung für unser Programm zeigen muss, um offiziell unter unserem Banner zu arbeiten – was ihr während der letzten Periode sicherlich getan habt.

Es ist unsere Überzeugung, dass die Gründung einer revolutionären Jugendorganisation in Pakistan in der Zeit solcher politischen Spannungen und Instabilitäten die Gelegenheit bietet, schnell Fortschritte zu erzielen. Ihr könnt sicher sein, dass wir Euch weiterhin in Eurer Arbeit in jeder möglichen Weise unterstützten werden, und dass wir unser Bestes geben, um euch Rat bei der Frage politischer Strategien und taktischer Erwägungen zu geben.

Wir haben Shehzad zu unserem Sommercamp in London diesen August eingeladen und hoffen, dass es eine hervorragende Gelegenheit sein wird, die internationalen Beziehungen zwischen REVO-Pakistan und unserer internationalen Leitung zu vertiefen. Wir würden auch gerne einen Genossen aus Europa schicken, um Euch im Herbst bei Eurer Arbeit zu unterstützen. Wir können nicht genug unsere Absicht betonen, REVOLUTION-Pakistan aufzubauen.

Schließlich, und ich denke ihr seid darüber bereits in Kenntnis, kämpft REVOLUTION in Solidarität mit der Liga für die Fünfte Internationale – einer revolutionären trotzkistischen Kaderorganisation. Langfristig gesehen denken wir, dass es ein realistisches Ziel ist, auf die Gründung einer Sektion der Liga hinzuarbeiten. Wir schätzen dies als eine dringende Notwendigkeit ein, weil wir wissen, dass junge Menschen alleine nicht die Welt verändern können. Dafür brauchen wir die Macht der ArbeiterInnenklasse – angeführt von einer revolutionären trotzkistischen Partei.

Ich überstelle Euch nochmals die besten Solidaritätsgrüße an diesem Tag der ArbeiterInnen.

Luke Cooper

Internationales Sekretariat von REVOLUTION

* „Project for a new amerikan century“: neoliberale Denkfabrik




Politisch-Ökonomische Perspektiven 2008

verabschiedet auf der REVO-Konferenz im Mai 2008

Der imperialistische Krieg

1) Seit dem Jahr 2001 führen die westlichen imperialistischen Staaten den „Krieg gegen den Terrorismus“ gegen die Völker des Nahen -und Mittlerem Ostens und Zentralasien. Unter Führung der USA wurden Afghanistan und der Irak angegriffen und bis heute besetzt. In den besetzten Gebieten Palästinas führt Israel stellvertretend Krieg gegen den Gaza Streifen und den Libanon. Die EU Staaten beteiligen sich an der Besatzung Afghanistans im Rahmen der NATO und im Libanon unter UN Mandat.

2) Allein im Irak starben als Folge der Besatzung bis heute ca. 650 000 IrakerInnen. Die USA und die Verbündeten führen einen brutalen Krieg gegen „Aufständische“ & „Terroristen“ – die Vorgänge um die Folterstätte Abu – Graibh sind ein Beispiel dieser Besatzung. Die soziale Lage in den besetzten Staaten und Gebieten hat sich drastisch verschlechtert, so wird der Gaza Streifen seit mehr als einem halben Jahr von Israel ausgehungert. Die installierten Marionettenregimes werden von der Bevölkerung im Irak und in Afghanistan bekämpft, die Niederlage dieser imperialistischen Aggression ist absehbar.

3) Gleichzeitig verstärken die USA, Israel und die EU die Kriegshetze gegen den Iran. Auch dem Iran wird vorgeworfen, Massenvernichtungswaffen herzustellen und aktuell den Widerstand im Irak zu organisieren. Schon heute gelten Sanktionen gegen den Iran unter denen die Bevölkerung leidet, während die USA große Flottenverbände in den persischen Golf verlegen und Israel „Erstschlagsmanöver“ übt.

4) Alle imperialistischen Staaten haben inzwischen faktisch den „Präventivkrieg“ in ihre Gesetze aufgenommen, von der USA über die EU & Deutschland oder Japan ist der Angriffskrieg legitimes Mittel der „Selbstverteidigung“. Dies kennzeichnet auch die aktuelle imperialistische Epoche, Ziel ist die vollständige Unterwerfung aller Halbkolonien. Dabei nimmt der islamische Raum mit seinen Energieressourcen eine Schlüsselposition ein.

5) Eine wichtige Stütze für den Imperialismus im Nahen und Mittlerem Osten ist Israel. Mit dem Bau der rassistischen Mauer im Westjordanland und der Blockade des Gaza Streifen unterdrückt Israel weiterhin das palästinensische Volk. Die gewählte Hamas Regierung wurde praktisch durch den Präsidenten der Autonomiebehörde Abbas abgesetzt. Ein palästinensischer Bürgerkrieg im Gaza Streifen war die Folge. Aufgrund der Blockade sprengten die Palästinenser die Grenze nach Ägypten, mit der Folge dass ägyptische Sicherheitskräfte auf die Palästinenser einprügelten und nun ihrerseits eine neue Mauer an der Grenze errichten.

6) Dieser imperialistische Krieg trifft auf massiven Widerstand der arabischen Jugend und breiter Schichten der Arbeiter und Bauern. Sie kämpfen gegen die Besatzung, gegen die von den Besatzungsmächten eingesetzten Regierungen. Besonders die palästinensische Jugend kämpft seit Jahrzehnten gegen die israelische Besatzung. Wir sind solidarisch mit dem Widerstand gegen den imperialistischen Krieg, für das Recht auf Selbstbestimmung der besetzten Völker. Natürlich sind wir nicht solidarisch mit der Ideologie der Islamisten und ihrem bürgerlich-klerikalen Klassenhintergrund Gerade durch die Kriege gegen Afghanistan und den Irak ist der islamistische Widerstand führend geworden beim Kampf gegen die westlichen Besatzer. Wir rufen die Jugend, die Arbeiter und Bauern der islamischen Welt auf, ihren Kampf gegen den Imperialismus fortzusetzen und die unterdrückten Klassen in einer sozialistischen revolutionären Bewegung zusammen- zuführen. Nur eine solche Kraft kann die reaktionäre Ideologie der Fundamentalisten wirksam bekämpfen.

Die imperialistische Krise

7) Der Imperialismus, als höchstes Stadium des Kapitalismus, ist Ausdruck der grundlegenden ökonomischen Widersprüche dieser Ordnung, nämlich dem Widerspruch zwischen der Entwicklung der Produktivkräfte (Arbeitskraft, Produktivität) und den Produktionsverhältnissen (Privateigentum).Die Entwicklung globaler Produktions- und Konsumprozesse und die grundlegenden sozialen und ökologischen Fragen drängen nach einer globalen Planung. Das konkurrierende, internationale Kapital verhindert dies.“ Ebenfalls verschärft der tendenzielle Fall der Profitrate die Konkurrenz zwischen den imperialistischen Blöcken.

8) In den letzten 10 Jahren gab es zwei Spekulationsblasen des internationalen Finanzkapitals. Während ab dem Jahr 2000 die Internetblase an den internationalen Börsen platzte, ist es heute die Immobilienblase, welche an den Börsen platzt. Die imperialistische Krise zwingt das Kapital, speziell die Großkonzerne, die aktuellen Profite zu sichern und wenn möglich die Lohnkosten zu senken. Dies führt zur Produktionsverlagerung in Billiglohnländer und zu vermehrter Spekulation, in Form von Fonds, welche global investieren um Konkurrenten auszuschalten oder mögliche Profite zu sichern.

9) Aktuell steigen weltweit die Rohstoffpreise. Hungerproteste in Haiti, Tunesien und Ägypten zeigen die Brisanz dieser Situation. Während die bürgerliche Politik und Presse den „steigenden Wohlstand“ auf der Welt für die Preissteigerung verantwortlich macht, sind es in Wirklichkeit in hohem Maße Spekulationen, welche den Preis nach oben treiben. Milliarden von Dollar, die nach der Immobilienkrise zurückgezogen wurden, suchen nach neuen Anlegemöglichkeiten und werden in die Spekulation auf Lebensmittelund Rohstoffen übergeführt. Diese Spekulation erzeugt eine künstliche Nachfrage und somit eine massive Preissteigerung. Gerade Grundnahrungsmittel haben sich in den letzten Monaten in Asien, Lateinamerika und Afrika stark verteuert – anstelle einer globalen Planung gefährdet diese Börsenspekulation die Ernährung für Milliarden Menschen!

10) Während das Kapital und ihre politisch-militärischen Institutionen den freien Markt predigen und die Integration in den Weltmark notfalls militärisch gegen den Widerstand einer Bevölkerung durchsetzen werden Produkte der westlich-imperialistischen Staaten subventioniert. Dies hat in der aktuellen Nahrungsmittelknappheit besondere Auswirkungen.
Nahrungsmittel aus dem europäischen Wirtschaftsraum werden subventioniert, während gleichzeitig Nahrungsmittel aus armen Agrarländern zum „Schutz“ der einheimischen [imperialistischen] Wirtschaft sanktioniert werden. Das führt dazu, dass arme Länder mit künstlich-verbilligten Produkten aus den Industrieländern überschwemmt und arme Bauern weltweit in die Armut und Arbeitslosigkeit getrieben werden.
Ganze Sektoren der Lebensmittelproduzenten armer Länder werden vernichtet bzw. geschluckt. Dieses führt wieder rum zu teuren Nahrungsmittelpreisen am Weltmarkt und noch mehr Hungertoten.

11) Die kapitalistische Produktionsweise hat massive Zerstörungen im Ökosystem der Erde hinterlassen. Selbst die bürgerliche Politik sieht sich gezwungen, die Klimakatastrophe anzuerkennen, gerade das letzte Jahrzehnt war auch Ausdruck der beginnenden Klimaveränderungen. Die weitere Ausbreitung der globalen Wüsten, das Abschmelzen der Pole, unregelmäßige Regenzeiten und die allgemeine Erwärmung bedrohen die Lebensgrundlage der Menschheit. Diese ökologische Krise wird auch immer deutlicher zu einer sozialen Krise. Es geht um die Kontrolle der Energieressourcen, der Lebensmittelproduktion und -verteilung, dem Zugang zu Trinkwasser. Anstelle einer allgemeinen Planung dieser globalen Probleme sehen wir Privatisierung und Enteignung der natürlichen Ressourcen durch internationale Großkonzerne. Diese Konzerne kontrollieren Anbau und Verkauf lebenswichtiger Güter und verwehren Milliarden den Zugang zu Lebensmitteln, Medizin oder Energie.

12) Die imperialistische Krise ist gekennzeichnet vom Krieg gegen die Halbkolonien, bei gleichzeitigem Angriff auf die sozialen Rechte und Errungenschaften der Jugend und der Arbeiterklasse weltweit. Es ist die Aufgabe der Unterdrückten und Ausgebeuteten weltweit diesem Angriff Widerstand entgegen zusetzen. Vom militärischem Kampf gegen die Besatzung, über die Anti – Globalisierungsbewegungen weltweit bis zu Streiks der ArbeiterInnenklasse und Protesten der Jugend formiert sich ein internationaler Widerstand. Dieser Widerstand formiert sich gegen die herrschenden imperialistischen Blöcke, die USA und die EU.

Die imperialistische Konkurrenz

13) Die ökonomische und militärische Krise der USA schwächt ihre globale Vorherrschaft. Im Schatten dieser Krise formiert sich die EU zur neuen imperialistischen Großmacht. Unter deutsch-französischer Führung hat sich die EU zu einem transnationalen Suprastaat entwickelt. Eine europäische Bürokratie schafft die Rahmenbedingungen des Binnenmarktes, die Verfassungsverträge von Lissabon schaffen die Voraussetzung einer imperialistischen EU. Durch die EU Osterweiterung ist die EU zum größten kapitalistischen Binnenmarkt gewachsen – mehr als 430 Millionen Menschen stehen unter der Herrschaft des formierenden europäischen Kapitals, unter der Führung von Deutschland und Frankreich.

14) Die „Agenda von Lissabon“ aus dem Jahre 2001 will diesen europäischen Binnenmarkt bis 2010 zum stärksten Wirtschaftsraum machen, dies ist die ökonomische Kriegserklärung an die USA. Die EU soll die meisten Investitionen des Finanzkapitals anlocken, soll die meisten Profite abwerfen und die höchste Produktivität erreichen. Dafür werden in den europäischen Staaten eigene 2010 Agenda´s verabschiedet, diese haben massive Steuersenkungen für das Kapital zur Folge, zerstören die Sozialsysteme und privatisieren die ehemaligen öffentlichen Güter. In allen Staaten gab und gibt es Angriffe auf die Erwerbslosen, die Verlängerung der Lebensarbeitszeit und die drastische Senkung aller Sozialleistungen.

15) Gleichzeitig entwickelt die EU eine gemeinsame Außen -und Sicherheitspolitik.
Das europäische Militärbündnis (WEU) baut eine gemeinsame Armee auf, sog. „Battle Groups“ sollen innerhalb von 14 Tagen weltweit operieren können. Die EU schuf den europäischen Rüstungsmulti EADS, welcher unter deutsch-französischer Führung strategische Militärgüter produzieren soll – als Gegengewicht zur Vorherrschaft der US Konzerne. Die EU übernimmt eigene imperialistische Interventionen wie in Mazedonien, Bosnien oder dem Kongo. Die EU will als globaler Militärakteur den Mittelmeerraum kontrollieren und darüber in Asien und Afrika die Vorherrschaft der USA brechen. Innerhalb der EU Bürokratie wird die bisherige Einstimmigkeit im Ministerrat abgeschafft, womit die Interessen der großen Mitgliedsstaaten noch direkter umgesetzt werden können, speziell die Interessen der Führungsmächte Deutschland und Frankreich.

16) Diese Entwicklung zum imperialistischem Suprastaat ist auch von inneren Widersprüchen gekennzeichnet. Zum einen die Rolle von Großbritannien, welches militärisch und ökonomisch an die USA gebunden ist. Dies wurde vor allem während des Irakkrieges deutlich, als sich um Großbritannien eine Koalition der kriegswilligen europäischen Staaten gebildet hatte und damit praktisch eine politische Spaltung der EU stattfand. Zum anderen ist es auch die Konkurrenz zwischen der militärischen Großmacht Frankreich und der ökonomischen Großmacht Deutschland um die Führung der EU, die die Widersprüchlichkeit des europäischen Imperialismus charakterisiert. Die deutsch-französische Führung muss verschiedene nationale Bourgeoisien hinter einem geeinten europäischen Imperialismus zwingen.

17) Die aktuelle Schwäche des US Imperialismus verschafft der EU einen größeren weltpolitischen Spielraum. Bei der Besetzung des UN-Sicherheitsrat strebt die EU (ebenso wie Deutschland) einen ständigen Sitz an, die EU ist in allen Krisenherden präsent. Besonders in den Halbkolonien Afrikas und Asiens tritt die EU in Konkurrenz zur USA um Rohstoffe, Arbeitskräfte und Investitionen. Gleichzeitig binden auch gemeinsame Interessen die USA und die EU aneinander. Die Niederhaltung der aufstrebenden Halbkolonien China und Indien, die militärische Unterwerfung des Nahen -und Mittlerm Osten und die Bekämpfung des globalen Widerstandes sind gemeinsame Ziele.

Internationaler Widerstand

18) Die „neoliberale Globalisierung“ und der „Krieg gegen den Terrorismus“ haben eine neue Welle des Widerstand gegen den Imperialismus ausgelöst. Im Nahen -und Mittleren Osten ist es der militante Kampf gegen die Besatzer, der dem Imperialismus trotzt. In Lateinamerika ist es eine „antineoliberale“ Bewegung der Arbeiterklasse, der Bauern und der Jugend gegen die Globalisierung, die den Kontinent erfasst hat.
Der ehemalige „Hinterhof“ der USA spricht vom „Sozialismus des 21.Jhd.“, die US dominierte Freihandelszone NAFTA ist gescheitert, der IWF verliert die Kontrolle über immer mehr Staaten und verschiedene linkspopulistische Regierungen wurden gewählt.

19) Die Linksbonarpartistischen Regierungen von Chavez (Venezuela) und Morales (Bolivien) sind Ausdruck dieser Anti-Globalisierungsbewegung. Die Bewegung fordert die Verstaatlichung der natürlichen Ressourcen und die Rückführung der privatisierten öff. Güter in öffentlichen Besitz.

20) Die Anti-Globalisierungsbewegung vereint nationale Regierungen in Lateinamerika mit den AktivistInnen gegen die G8, die WTO oder den IWF. Seit den Protesten gegen die WTO Tagung in Seattle 1999 und gerade nach den Unruhen von Genua 2001 gibt es eine weltweite Bewegung gegen den Imperialismus. Auch 2007 sahen wir in Heiligendamm Zehntausende von AktivistInnen, welche eine Woche lang gegen das Regime der G8 protestierten. Während in Europa gerade die Jugend und Teile der Gewerkschaften diese Bewegung repräsentieren, sind es in Asien auch die Arbeiter und Bauernmassen, die gegen die „Globalisierung“ kämpfen. Der Kampf um Arbeitsrechte, der Kampf über die Verfügung des Saatgutes prägt den Widerstand in Asien. Große soziale Spannungen führen immer wieder zu militanten Arbeitskämpfen oder regionalen Unruhen, gerade in China, Indien und Pakistan.

21) Während in Lateinamerika und Asien Massenbewegungen gegen die Globalisierung entstanden, nimmt auch der Widerstand in Europa und den USA zu. Die Jugend stand dabei stets an der Spitze des Protest, sei es gegen G8 etc. oder den Irakkrieg, als Millionen auf der Straße waren. Die europäische Jugend ist betroffen vom massiven Sozialabbau und einer selektiven Bildungspolitik, in fast allen europäischen Staaten war die Jugend aktiv in den letzten Jahren – wie in Frankreich, als der Widerstand der Jugend eine Staatskrise ausslöste. In Italien kämpften große Teile der Jugend gemeinsam mit der ArbeiterInnenbewegung gegen die Politik Berlusconis, genau wie in Griechenland seit Jahren gegen die „griechische Abgenda 2010“. Auch in Deutschland waren SchülerInnen, StudentInnen und Azubis auf der Straße – gegen die Einführung der Studiengebühren, gegen neoliberale Bildungsreformen, gegen den Sozialabbau, „Sicherheits“Gesetze und imperialistischen Krieg.
In den USA waren es die Proteste der MigranntInnen aus der Arbeiterklasse, der Millionen gegen die rassistische Politik der Bush Regierung auf die Straße führte, wie auch die Friedensbewegung während des Irakkrieges größer wurde.

22) Auf allen Kontinenten ist die Anti-Globalisierungsbewegung aktiv und hat sich mit dem WSF (Welt Sozial Forum) quasi eine organisatorische und politische Führung gegeben. Geführt wird dieser Widerstand zumeist von reformistischen Parteien und Gewerkschaften, wie wir in Heilligendamm sehen konnten. Es sind kleinbürgerliche Illusionen a´la Attac und neue reformistische Bestrebungen der vers. „Linksparteien“ und Teile der Gewerkschaftsbürokratie, die diesen Widerstand heute anführen.

Der Kampf für eine revolutionäre Führung, für ein revolutionäres Programm

23) Gerade die Sozialforumsbewegung ist Beispiel alter reformistischer Illusionen in den bürgerlichen kapitalistischen Staat. Linksparteien und Gewerkschaften haben diese Bewegung in dem letzten Jahrzehnt ihren reformistischen Zielen untergeordnet. Sie fordern ein „soziales Europa“, eine gerechte Weltregierung durch die UN, oder eine stärkere Besteuerung des Finanzkapitals – dies alles wollen sie im bürgerlichen Regime durchsetzen. Die Massenbewegung gegen Imperialismus und Globalisierung braucht eine revolutionäre Führung und Programm, um tatsächlich die Vorherrschaft des Kapitals zu beenden.

24) Alle Zukunftsfragen der Menschheit – Klima & Energie, Hunger und Verteilung, Planung und Produktion, können vom kapitalistischen System nicht gelöst werden, der Kapitalismus selbst ist das Hindernis zu einer gerechten Weltordnung. Reformisten und Linkspopulisten wollen nur Teil dieses Staates sein, wollen innerhalb der „Sozialpartnerschaft“ mit dem Kapital Vergünstigungen für ihre Basis durchsetzen, aber nicht die Herrschaft des Kapitals brechen. Der militante Widerstand gegen den Imperialismus, die Arbeitskämpfe und Jugendproteste gegen die Globalisierung müssen auf revolutionärer Grundlage zusammen geführt werden, gemeinsam müssen diese Kräfte eine neue Internationale der ArbeiterInnenklasse und der Jugend aufbauen.

25) In den antiimperialistischen Bündnissen, in den kämpferischen Teilen der Gewerkschaftsbewegung und bei Schul -und Uniprotesten der Jugend müssen wir heute gegen diesen Reformismus kämpfen. Wir tun dies auf Grundlage unseres internationalen Programms „der Weg zur Revolution“ gemeinsam mit unseren Schwestersektionen von REVOLUTION und in politischer Solidarität mit der Liga für die 5.Internationale. Auf Grundlage der Analysen der revolutionären sozialistischen Bewegung, d.h. auf der Analyse der bürgerlichen Produktion und Reproduktion nach Marx & Engels, auf der Partei und Programmkonzeption von Lenin und Trotzki, wollen wir für ein revolutionäres Programm aller ausgebeuteten Klassen eintreten, also für eine proletarische Revolution kämpfen.
In den Tageskämpfen treten wir mit Übergangsforderungen und Aktionsprogrammen auf, vertreten diese in Aktionsbündnissen (Einheitsfront) und agitieren damit wir für ein revolutionäres Programm und eine revolutionäre Lösung.

Kurze Analyse Deutschlands

1) Seit dem Amtsantritt der Großen Koalition unter Kanzlerin Merkel wird die von Rot-Grün beschlossene Agenda 2010 weiter fortgeführt. Das Kapital konnte die bevorzugte schwarz-gelbe Koalition nicht durchsetzten, gerade das Erstarken der „neuen“ Linkspartei zwang zur Großen Koalition. Seitdem wurde die Rente mit 67 eingeführt, die Mehrwertsteuer um 3% erhöht und das Großkapital um weiter Milliarden Steuern entlastet. Gleichzeitig hat Kanzlerin Merkel den „EU Verfassungsvertrag“ durchgesetzt, welcher die gescheiterte Verfassung ersetzen soll und die weitere imperialistische Formierung der EU zum Ziel hat. Unter deutschem Kommando schickte die EU 2006 Soldaten zur Wahlbeobachtung in den Kongo, die Bundeswehr erhöht das Kontingent in Afghanistan und bereitet Einsätze im Sudan und Tschad vor – die Große Koalition forciert die Militarisierung der deutschen/europäischen Außenpolitik.

2) Innerhalb der Regierungskoalition befindet sich die SPD in einen schwere inneren Krise. Die zweite reformistische Kraft, die Linkspartei, zieht nun auch in ehemals westdeutsche Landtage ein und bringt die SPD in eine Grundsatzdiskussion. So versuchen die „Linken“ in der SPD mit Unterstützung der Gewerkschaften diese „linke“ Mehrheit in den meisten Parlamenten regierungsfähig zu machen, so wie in Berlin seit 2001, während die offen wirtschaftsorientierten Flügel (Seeheimer Kreis, Netzwerk) Koalitionen mit der Linkspartei verhindern wollen.

3) Aufgrund dieser Schwäche der SPD befindet sich die Linkspartei seit 2005 im Aufwind. Dies wird zwar nicht in den Mitgliedszahlen deutlich (~70
000), aber in den Wahlergebnissen bei den Landtagswahlen. Während die Linkspartei in Berlin offen die Agenda 2010 Politik der SPD mitträgt, spielt sie auf Bundesebene das linksreformistische Sprachrohr der armen und mittellosen Klassen. Die sog. „Linke“ in der Linkspartei ist marginalisiert. In verschiedenen Netzwerken werden einige Posten der Linkspartei -und Gewerkschaftsbürokratie abgetrotzt, während kein politisch-programmatischer Kampf stattfindet. Einige Gruppen haben sich in der Linkspartei aufgelöst (Linksruck), andere betreiben ambivalente Entrismusmanöver (SAV, DKP) und bilden keine organisierte innerparteiliche Opposition. Die Organisation und das Programm der Linkspartei sind fest im Griff der „ehemaligen“ PDS Bürokratie und den neu dazu gekommenden Gewerkschaftsfunktionären und ehemaligen SPD´lern und Grünen. Das Programm ist klar auf Regierungsbeteiligung ausgerichtet, dies ist das Ziel für 2009.

4) REVOLUTION war nach der bürokratischen und reformistischen Fusion der Linkspartei in der WASG Berlin und im NLO (Netzwerk Linke Opposition) aktiv. Gemeinsam mit anderen Gruppen stellten wir eine revolutionäre Mehrheit im NLO gegen das heutige „Scharf-Links“ Netzwerk, welches jetzt im Umfeld der Linkspartei, der Friedensbewegung und der DKP informiert. Mit den verbliebenden Gruppen im NLO ist die GAM in der Diskussion um das revolutionäre Programm und den Aufbau einer revolutionären Organisation. Dies wollen wir auch weiterhin unterstützen. Der antikapitalistische Widerstand hat im Rahmen des letztjährigen G8 Gipfels an Zulauf und Aktivität gewonnen, allerdings ohne politische programmatische Fortschritte zu machen, besonders das kleinbürgerlich-anarchistische-autonome Milieu ist dabei prägend.

5) Diese Krise des Programms und der Führung kennzeichnet auch die Arbeitskämpfe der letzten Jahre. Während in vielen Streiks (Öff. Dienst 2006, Telekom & GDL 2007) die Beschäftigten hoch motiviert in die Kämpfe gingen, fahren die Gewerkschaftsspitzen einen Schlingerkurs gegenüber der Großen Koalition. So waren die Proteste gegen die Rente mit 67, mit dezentralen Demos im Oktober 2006 vorbei. In den Arbeitskämpfen von Opel Bochum, BSH Berlin u.a. verkaufte die Gewerkschaftführung die kämpfenden Beschäftigten und paktierte beim Personalabbau. Zuletzt verhinderte ver.di einen bundesweiten Streik des öffentlichen Dienstes, die ausgehandelten Lohnerhöhungen stellen zwar nach vielen Jahren Lohnverlusten einen Fortschritt dar, werden aber durch erhöhte Steuern und Inflation wieder aufgefressen. Innerhalb der Gewerkschaften sind die „Linken“ geschwächt, viele betreiben nun für die Linkspartei Gewerkschaftspolitik und es fehlt eine organisierte klassenkämpferische Opposition.

6) Die Reformisten aus Gewerkschaften und Parteien fordern für die Beschäftigten einen „Anteil am Aufschwung“. So gehen die Gewerkschaften seit ca. 2 Jahren mit höheren Lohnforderungen in die Arbeitskämpfe, getoppt wurde diese Entwicklung sicherlich von der GDL und dem Marburger Bund, als mehr als 30% Lohnerhöhung diskutiert wurden. Seit ca. 3 Jahren befindet sich Deutschland in einem konjunkturellen Aufschwung, welcher durch den massiven Sozialabbau der Agenda 2010, der Lohnkürzungen der Beschäftigten, Nullrunden bei den Rentner und der Zunahme des Niedriglohnsektors (>20%) dem deutschen Großkapital höhere Profite sichert. Während durch Finanzkrise und Rohstoffspekulation die nächste Periode der Stagnation/Rezession für Deutschland sichtbar wird, versucht der Reformismus für einige Kernbelegschaften des deutschen Kapitals die Löhne zu erhöhen – dies gilt natürlich nicht für die Jugend, die Arbeitslosen, die Armen und die Rentner.

7) Neben der weiter fortschreitenden sozialen Spaltung nehmen faschistische Aktivitäten zu. Die NPD ist erfolgreich in zwei ostdeutsche Parlamente eingezogen, in vielen Regionen haben faschistische Kameradschaften, lokale „Anti-Antifas“ oder JN Gruppen massiven Einfluss und Zugang zur Jugend. In ihrer Propaganda betreiben die Neofaschisten nationale Globalisierungskritik, geben sich „national-sozialistisch“ und benutzen soziale Phrasen zum Stimmenfang. Der staatliche antiislamische Rassismus, welcher von großen Teilen des Kleinbürgertums mitgetragen wird, erleichtert den Faschisten den Weg in die Parlamente und den politischen Aufstieg. Diese Strukturen können nicht durch bürgerliche Verbote bekämpft werden, dies kann nur eine entschlossene antifaschistische Einheitsfront der Jugend, der MigrantInnen und der ArbeiterInnenklasse. Dazu müssen wir die Gewerkschaften und die linken Massenorganisationen auffordern sich aktiv an der Verteidigung zu beteiligen und neben der Mobilisierung gegen faschsitische Manifestationen vor Ort Vernetzungsgremien, Schutz- und Selbstverteidigungsgruppen aufbauen.

8) Zwar erlebt die antifaschistische-autonome Szene seit Heiligendamm einen leichten Zulauf, durch Erstpolitisierung vieler Jugendlichen, ist aber nicht in der Lage dieses Potenzial zu konsolidieren und zu organisieren. Ihre humanistisch-moralistische Kritik am Faschismus und bürgerlichen Staat ist idealistisch und erfasst nicht annähernd die soziale Wurzel des Faschismus, das Bürgertum und ihr kapitalistisches System.
Ein Programm oder wenigstens Aktionskonzept zur Verbindung des Arbeiterkampfes, des Antifa-Kampfes und dem Problemen der Jugend ist hier nicht möglich. Stattdessen wird einerseits Linkspartei, Friedensbewegung und Gewerkschaften hinterhergelaufen, die den „Aufstand der Anständigen“ beschwören, zu „mehr Toleranz“ mahnen und „die“ Demokratie verteidigen. Adressat hier ist die „Zivilgesellschaft“ oder einfach „der Bürger“.
Oder andererseits szeneelitäre und isolierte Kleincliquen aufrechterhalten, die sich vollständig auf die Bekämpfung der Symptome des Systems ausrichten und isolierte „direkte Aktionen“ durchführen.

9) Die Spaltung innerhalb der „Antifa“ Szene – wobei der proimperialistisch-rassistische Flügel der sog. „Antideutschen/ bzw. „Antinationalen“ inzwischen ganze Regionen unter politischer Kontrolle hat und auch über verschiedene Wege in den Gewerkschaften, linksliberale Medienorgane und der Linkspartei gelandet ist – zeigt die kleinbürgerliche Degeneration auf.
Kritik am rassisistisch-imperialistischen Israel wird als „Antisemitismus“ bezeichnet, Antizionismus mit Antisemitismus gleichgesetzt und jede Kritik an der israelischen und amerikanischen Elite abgetan.




Wahlen in Kenia – Unruhe als Machtinstrument

Wahlen in Kenia

Unruhe als Machtinstrument

REVOLUTION Mai 2008

Seit den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Kenia am 27. Dezember 2007 wird das Land durch Unruhen erschüttert. Der Auslöser dafür sind die wohl offensichtlich gefälschten Wahlergebnisse. Das Wahlergebnis wurde von Oppositionsführer Odinga, wegen Korruptionsverdacht gegenüber dem bisherigem Präsidenten Kibaki, nicht anerkannt. Unruhen bei Wahlen in Kenia sind nichts Ungewöhnliches. Es wird nur von den westlichen Medien so dargestellt. Die Präsidentschaftswahlen wurden seit jeher von Ausschreitungen begleitet. Bei den ersten Mehrparteien – Wahlen 1992 in Kenia gab es über 1.500 Tote und 300.000 Flüchtlinge. Laut Human Rights Watch waren drei Viertel davon Kinder. Viele davon leben heute im größten Slum Afrikas, dem Subsahra Slum am Rande Nairobis.

Die Konflikte in Kenia

Kenia war für die ärmere Bevölkerungsschicht nie ein Hort der Stabilität und Demokratie. Bereits im Januar 2007 wurden im Elgon Distrikt an der Ugandischen Grenze 50 Menschen durch Unruhen getötet. Bis zum September 2007 waren allein von dort 45.000 Menschen geflohen.

Dieser Distrikt in Westkenia war 1992 unter Präsident Daniel Arab Moi wenige Monate vor der Wahl eingerichtet worden. Auf Heimat-Urlaub geschickte Militär – Einheiten halfen damals, die Bukus (eine Luhya-Gruppe) aus dem Gebiet zu vertreiben. Daraufhin brannten Hütten und die Zahl der Todesopfer stieg.

Die politische Strategie der Staatsmacht ging auf. Sie schürten ethnische Unruhe, Moi sicherte sich dadurch ein Mehrheitsverhältnis in dem Neuen Wahldistrikt, das natürlich zu seinen Gunsten war. Der Elgon Distrikt verhalf Moi, ebenso wie die Spaltung der Opposition in zwei Lager, zu seiner Wiederwahl mit nur 36 Prozent. Auch andere Wahlbezirke wie das Rift Valley wurden 1992 von potenziellen Wahlgegnern bereinigt. Militär und Polizei spielten damals wie heute eine gewollte aktive wie inaktive Rolle bei den Konflikten.

Kenia ist einer der reichsten Staaten Afrikas und konnte in den letzten Jahren ein massives Wirtschaftswachstum verzeichnen. Allerdings ist Kenia auch das korrupteste Land Afrikas, welches unter der Herrschaft von Arab Moi dazu gemacht wurde. Von dem großen Wirtschaftswachstum merkte das Proletariat recht wenig. Die meisten Gelder flossen, wie in allen kapitalistischen Staaten, in die Taschen der Bourgeoisie.

In der Geschichte Kenias gab es immer wieder Aufstände der Bevölkerung bei den Präsidentschaftswahlen. Die Spur der Gewalt lässt sich bis zur Unabhängigkeit Kenias zurückverfolgen. Seit dieser Zeit gibt es sogenannte Tribal clashes (Stammeskämpfe). Einer der berühmtesten Stämme ist der Stamm der Massai.

Dieser Stamm hat seit mehreren Jahren immer wieder kleine Auseinandersetzungen mit benachbarten Stämmen. Es gibt verschiedene Versionen über die Entstehung des Konfliktes. Eine davon ist, dass es mit einem Diebstahl angefangen hat. Die Massai glauben in ihrer Kultur, dass jede Kuh auf dieser Welt ihnen gehört. Eines Tages nahmen sie eine Kuh von einem anderen Stamm mit zu sich in ihr Land und wollten sie auch Partout nicht hergeben. Daraufhin fingen die Scharmützel an. Dies ist nur ein Beispiel dafür, dass in Kenia schon lange Unzufriedenheit und Spannungen zwischen den Stämmen herrschen. Seit der Unabhängigkeit gibt es zwei herrschende Stämme. Die einen sind die Kikuyu (der größte Stamm Kenias), die etwa eine Bevölkerungsschicht von acht Millionen Menschen ausmachen, die zweitgrößte Bevölkerungsschicht sind die Luyha mit einem Bevölkerungsanteil von 5,4 Millionen Menschen.

Die Wahlen

Nach den Wahlen gelang es Kandidat Odinga, die kollektive Frustration der Bevölkerung in eine Massenbewegung umzustimmen. Natürlich zu seinen Gunsten. Er begründete seine Niederlage damit, dass nur eine Wahlfälschung seitens Kibaki diese Niederlage hervorrufen könne. So ganz unbegründet ist seine Aussage nicht, denn es gab in mehreren Bezirken eine Wahlquote von 115%. Außerdem machte die Regierung den Wahllokalen Druck, dass sie die Auszählungen schneller vorantreiben solle. Unter anderem waren dies Gründe eines Manipulationsvorwurfs, der bei der Festlegung des Wahltermins anfing und über Neugliederung einiger Wahlbezirke bis hin zur Bestimmung der Mitglieder der Wahlkommission führte. Nachdem Kibaki seinen Wahlsieg ausrief, kam es zu einem Aufschrei der Bevölkerung. Als hätte Kibaki dies geplant, ließ er direkt unter Ausschluss der Öffentlichkeit seine Truppen aufmarschieren und verbot Live-Übertragungen.

Der Wahlkampf zeichnete sich durch Inhaltslehre aus. Es ging primär darum, wer, wo, welche Wahlgeschenke verteilte. Doch gerade das Schweigen sagte mehr zu den Konfliktthemen aus als die Streitdebatten. Eines der Schweige- Themen war die Gewaltwelle in der Mount Elgon Region, welche zufälligerweise in der Woche vor den Wahlen stattfand. Es gab nur eine kurze und knappe Äußerung seitens der Regierung, dabei handle es sich um traditionelle Landkonflikte, mehr wurde zu diesem Thema auch nicht erläutert. Ein anderes sehr interessantes Schweige- Thema war, dass innerhalb von 5 Monaten rund 500 Jugendliche von der Polizei getötet worden sind. (www.knchr.org). Sie seien angeblich Mitglieder der kriminellen Mugiki-Kultur. Die Mungiki sind Nachfahren der MauMau. Die MauMau waren jene Kämpfer, welche die Unabhängigkeit Kenias 1963 erkämpfte. Sie waren also Helden des kenianischen Volkes, welche die Kolonial Herren (Briten) verjagten. Die Mungiki erfüllten bzw. erfüllen eine Wächterfunktion, die außerstaatlich agiert. Ursprünglich sagten sie, sie werden ruhen bis wieder eine Macht das Volk bedroht, erst dann werden sie wieder in den Krieg ziehen. Heute aber sind die Mungiki teilweise eine marodierende Guerrilla, die Autos ausraubt, Straßenzölle erhebt und tötet.

Anfang Juni 2007 sagte der damalige Minister für innere Sicherheit, der Hardliner John Michuki, vor laufenden Kameras: „Wir werden mit ihnen aufräumen und sie ausrotten. Ich kann ihnen nicht sagen wo sich die Verhafteten aufhalten. Was sie aber hören werden, ist dass morgen ein Begräbnis stattfinden wird.“ Es gründete sich auch eine Sondereinheit allein mit dem Ziel die Mungiki auszurotten. Sie nennt sich Kwe Kwe und Rhino-Squard.

Die Perspektive

Die schweren Konflikte in Kenia sind Ausdruck des kolonialen Erbes der imperialistischen Länder, die Staaten am Reißbrett entwarfen und gezielt darauf hinarbeiteten, ethnische Konflikte in ihren Interessen zu schüren. Heute nach ihnen zu rufen, um in Kenia zu „vermitteln“, ist entweder politische Naivität oder Zynismus. Andererseits drücken die Ereignisse aber auch die Unfähigkeit, bzw. den mangelnden Willen der herrschenden Klasse Kenias aus, die sozialen Belange der Kenianer/innen zu befriedigen. Weder Kibaki, noch Odinga stellen für die verarmten Massen eine Alternative dar, da sie beide auf der Seite des Kapitals stehen und weiterhin eine pro-westliche, neoliberale Politik anstreben. In Kenia muss eine Organisation aufgebaut werden, welche die Arbeiter/innen, Bäuer/innen und Jugendlichen über ethnische Grenzen hinweg organisiert und somit endlich Schluss macht mit den verheerenden Spaltungen entlang ethnischer Linien. In Kenia, wie auch sonst auf der Welt, verläuft die echte Spaltung nicht entlang von Ethnien, sondern von Klassen. Nur wenn sich die Kenianer/innen ihr eigenes Instrument schaffen, um sich gegen Übergriffe von Polizei und Militär zu wehren, die Kontrolle über die Wirtschaft zu erlangen und den korrupten kapitalistischen Staat zu zerschlagen, können die Proteste in einer echten Alternative enden. Diese Rolle kann und muss eine revolutionäre Partei übernehmen.




Frankreich 2007: the show must go on!

Widerstand in Frankreich!!

Am 25.11 kamen zwei Jugendliche im nördlichen Pariser Vorort Villiers-le-Bel bei einem Verkehrsunfall mit der Polizei ums Leben. Während der Hergang des Unfalls noch nicht geklärt ist, steht eines jedoch fest – die Polizisten begangen Fahrerflucht. Die Jugendlichen, die noch am Unfallort auf ihren Mofas umkamen wurden von Polizisten schwer verletzt zurück gelassen.

Die Medien berichten seitdem von den Reaktionen der Jugendlichen in den Vororten, die Vergleiche mit den Unruhen aus dem Jahr 2005/2006 machen die Runde – auf das Versagen und das kriminelle Vorgehen der Polizei wird nicht eingegangen.

Schon in der Unfallnacht griffen die Jugendlichen aus den Banlieus Stützpunkte der Polizei und weitere staatliche Einrichtungen an, ihre Wut richtet sich gegen die Repressionsorgane des Staates und jede seiner Institutionen, am Montag war von Unruhen in sechs weiteren Vororten die Rede.

Vor zwei Jahren kamen zwei Jugendliche durch die Verfolgung der Polizei ums Leben, sie flüchteten in einen Starkstromverteiler und starben dort. Damals wie heute wird das Vorgehen der Pariser Polizei nicht in Frage gestellt, nur die „gewaltbereiten“ Jugendlichen gelten als Problem, nicht eine rassistische und aggressive Polizei. Vor zwei Jahren erschütterten Jugendaufstände in ganz Frankreich das Land, die Regierung verhängte den Ausnahmezustand. Der damalige Innenminister und heutige Präsident Sarkozy profilierte sich damals als „Hardliner“, wollte die Banlieus mit einem „Kärcher Reiniger säubern“ und verhaftete Hunderte Jugendliche in den Unruhen.

Der Widerstand wurde damals undf heute als „kriminell, terroristisch“ und ähnliches diskriminiert, die wahren Hintergründe liegen jedoch in der Natur des kapitalistischen und rassistischen Staates Frankreich.

In den Banlieus leben die „sozial schwachen“, in den Banlieus sind viele Migranten und deren Kinder zu Hause. Bei den meisten Jugendlichen gilt bereits die Herkunft aus den Banlieus als soziale Schranke, diese Jugendliche bekommen keine Ausbildungsstelle, schneiden schlechter in der Schule ab und werden aussortiert. Die Vororte sind geprägt von Arbeitslosigkeit und Armut, dazu kommt die rassistische Hetze von Staat und Front National gegen die moslemischen Jugendlichen, welche schon vor zwei Jahren als „potentielle Terroristen“ abgestempelt wurden.

Sicherlich werden brennende Autos und brennende staatliche Einrichtungen noch nichts am Charakter des bürgerlichen rassistischen Staat ändern, politisch helfen den Jugendlichen diese militanten Akte wenig, ihre soziale Situation zu ändern. Trotzdem muß es die Pflicht der Arbeiterbewegung, der Gewerkschaften und der „Linken“ in Frankreich sein, die Jugendlichen gegen die Übergriffe der Polizei zu schützen. Vor zwei Jahren versagte die „Linke“ in Frankreich kläglich und zwar ausnahmslos. Einige kleinbürgerliche Appelle gegen „Gewalt“ waren zu hören, wobei das brennende Auto mehr im Vordergrund stand, als die soziale und polizeiliche Gewalt in den Banlieus.

Gerade die LCR muß jetzt den Versprechungen Taten folgen lassen. Wenn sie eine neue antikapitalistische revolutionäre Partei aufbauen wollen, die die Proteste gegen den CPE 2006 politisch vereinen soll, dann jetzt der Zeitpunkt dies zu beweisen. Während die Gewerkschaftsführungen nach ihren Streiks gegen den geplanten Rentenkahlschlag mit der Aufnahme von Verhandlungen mit der französischen Regierung, die aufkommende Solidarisierung der StudentInnen abgebrochen haben – muß jetzt die Pflicht jeder antikapitalistischen Kraft sein, den Kampf der Banlieus zu unterstützen und zu verallgemeinern.

Der Widerstand war schon 2005 ein sozialer Konflikt, ein Kampf gegen das Ausbeutungsregime von Staat und Kapital und nicht nur das Werk von „militante Jugendlichen“.

Wir von REVOLUTION rufen die französische Jugend auf sich mit den Banlieus zu solidarisieren. Die französische Jugend hat 2005, als sie das CPE Gesetz verhinderten bewiesen das sie eine kämpferische und aktivistische Jugend sind. Ihr Protest wurde von den reformistischen Führungen in Gewerkschaften und Parteien für die anstehenden Wahlen in Frankreich verkauft, jetzt kann die Jugend daraus lernen. Gegen die reformistischen und zentristischen Führungen in den Studenten & SchülerInnengewerkschaften muß die Solidarität mit den Jugendlichen und den staatlichen Beschäftigten aufgebaut werden.

Mit Solidaritäts und Aktionskomitees müssen die Jugendlichen praktisch unterstützt und verteidigt werden. Wenn das, wie 2006 bei den CPE Protesten gelingt, hat die französische Jugend und Arbeiterbewegung einen wichtigen Sieg gegen Sarkozy erreicht. Der selbsternannte „französische Thatcher“ Sarkozy will die Kapitalinteressen in seiner Amtszeit rücksichtslos durchsetzen – wenn nun ein landesweiter Widerstand organisiert werden kann sind diesem „Thatcher“ die ersten Zähne gezogen.

Dann muß es auch das Ziel der revolutionären Aktivisten sein, eine revolutionäre Organisation, eine Partei des Widerstand gegen Sarkozy und Kapital aufzubauen. Nur wenn der Widerstand in einer revolutionären Bewegung von ArbeiterInnen und Jugend mündet kann der Kampf gegen Sarkozy gewonnen werden!

– Für die Solidarität mit den kämpfenden Jugendlichen in den Banlieus!
– Gegen die Kriminalisierung und für eine rücksichtslose Aufklärung des Unfalls unter Kontrolle von Anwohnern und der Jugend!
– Für den Widerstand der Jugend, der StudentInnen und ArbeiterInnen gegen Sarkozy!




Krieg gegen Kurdistan

Freiheit für Kurdistan! Kampf dem türkischen Imperialismus!

November 2007

Am 17. Oktober billigte das türkische Parlament den Militäreinsatz gegen die PKK und sorgte damit für eine erneute Verschärfung der jahrzehntelangen Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung in der Türkei. Die laufenden Militäroperationen sollen auch auf die Kurdengebiete im Nordirak und die dortige kurdische Selbstverwaltung ausgedehnt werden.
Es ist bezeichnend, dass es angesichts dieser Verletzung der Grenzen des Iraks als eines völkerrechtlich souveränen Staates durch das NATO-Mitglied Türkei kaum Protest und schon gar keine Sanktionen durch jene imperialistischen Staaten gibt, die ansonsten recht schnell unbotmäßige Regime als „Schurkenstaaten“ einstufen.
Im Krieg der USA gegen den Irak waren die KurdInnen unter Führung der nationalistischen und halb-feudalen Parteien Verbündete der Besatzer – in der Hoffnung, mithilfe des Imperialismus dem Ziel der Autonomie oder gar eines eigenen Staates näher zu kommen. Ökonomisch gründet sich diese Hoffnung auf den Ölreichtum der kurdischen Gebiete im Nordirak.
Zweifelsohne ist der US-Imperialismus in einer schwierigen Lage. Auf der einen Seite ist die Türkei NATO-Verbündeter mit wichtigen Basen für militärische Interventionen. Auf der anderen Seite waren die kurdischen Gebiete die politisch stabilste Region im vom Bürgerkrieg geprägten Irak. Die kurdischen Lokalinstitutionen unterstützen die irakische Zentralregierung. Würden sich die KurdInnen aktiv am Kampf gegen die Besatzer beteiligen, wäre deren Lage noch weitaus schwieriger, als sie ohnehin schon ist.
Gerade weil sie eine solche Eskalation fürchten, haben die Besatzer den KurdInnen bisher eine gewisse Autonomie zugestanden. Doch einen separaten Kurdenstaat im Nordirak oder gar darüber hinaus, wird der Imperialismus nicht dulden – aus mehreren Gründen. Zum einen würde eine solche Entwicklung den NATO-Partner Türkei gegen mögliche imperialistische Befürworter eines kurdischen Staates aufbringen und diesen extrem destabilisieren.
Zweitens würde ein neuer Kurdenstaat die gesamte Ordnung in der Region durcheinander wirbeln und der Intention des Imperialismus nach größerer Kontrolle der Ressourcen der Region um Kaukasus und Kaspisches Meer diametral entgegenstehen.
Drittens wäre ein eigener Kurdenstaat eine Bestätigung dafür, dass sich der Kampf (auch in bewaffneter Form) gegen nationale und soziale Unterdrückung lohnt und Erfolg haben kann. Das würde ein positives und anspornendes Beispiel auch für andere Staaten und Unterdrückte sein, die mit dem Imperialismus im Clinch liegen wie Iran oder Afghanistan.
Gründe genug also für Washington und Brüssel, allzu großen Ambitionen der KurdInnen eine Absage zu erteilen und der Türkei freie Hand zu geben. Allerdings geht dieses Zugeständnis nur so weit, als es die Lage im Nordirak nicht destabilisiert und die KurdInnen gegen den Imperialismus und dessen Pläne im Irak auf den Plan ruft.
In diesem Sinn bezog nun die US-Regierung Stellung im Konflikt zwischen der Türkei und den KurdInnen bzw. dem Irak. Laut US-Außenministerin Condoleezza Rice stelle die PKK eine „gemeinsame Gefahr“ für Washington und Ankara dar und der „Kampf gegen die PKK (erfordere) Ausdauer und Zusammenwirken“. Das ist ein eindeutig positives Signal für das türkische Militär. Die „Aufforderung“ aus Brüssel die „Integrität des Irak zu respektieren“ ist angesichts der imperialistischen Besatzung blanker Zynismus.

Konflikte

Aber nicht nur im Nahen Osten nimmt die Situation der KurdInnen lebensbedrohliche Züge an. Angestachelt von dieser Situation kam es seit Ende Oktober bundesweit zu nationalistischen Ausschreitungen gegen KurdInnen. Kurdische Menschen, Vereine und Lokale wurden angegriffen und mit Flaschen beworfen.
Am 28. Oktober zogen etwa 2.000 türkischstämmige Jugendliche in Berlin von Neukölln nach Kreuzberg. Die vielen Parteifahnen der faschistischen „Partei der Nationalistischen Bewegung“ (MHP) und die Parole „Kurden auszulöschen“ zeigten die nationalchauvinistische Gesinnung dieses Mobs. Auf ihrem Weg nach Kreuzberg, wo sich kurdische Kulturvereine befinden, wurden KurdInnen unter Applaus mehrfach brutal überfallen.
Die Polizei sorgte wieder einmal für die „öffentliche Sicherheit“, indem sie, wenn sie nicht gerade der Prügelorgie zusah, beim Prügeln auf sich wehrende KurdInnen mitmachte. Am 4. November fand daher eine Protestkundgebung am Hermanplatz in Berlin statt. Leider nur etwa 250 Menschen folgten dem Aufruf linker und kurdischer Gruppen.
Wir werden uns der Hetze gegen die kurdische Bevölkerung als „Terroristen“ nicht anschließen. Im Gegenteil: Die Lieferungen von Kampfhubschraubern und Leopard-Panzern für die Türkei, die rassistische Hetze und die Pogrome gegen KurdInnen verlangen nach unserer Solidarität und unserer praktischen Unterstützung ihres Widerstands.
Der deutsche Staat hat sich schon immer ablehnend gegenüber den völlig berechtigten Interessen der KurdInnen gezeigt. So spielte die BRD jahrelange eine Vorreiterrolle im Kampf gegen die Guerilla mit Verbot der PKK und deren Einstufung als „terroristische Organisation“ seit Anfang der 1990er Jahre.
Die extrem reaktionär-nationalistischen, ja faschistoiden türkischen Organisationen hingegen sind nicht verboten. Die undemokratischen und sehr repressiven Zustände in der Türkei – nicht nur gegenüber KurdInnen, sondern auch gegenüber Linken und GewerkschafterInnen – werden von Deutschland zwar als Verstöße gegen Menschenrechte kritisiert, doch gleichzeitig betreffen die Einschränkungen des Asylrechts auch TürkInnen und KurdInnen, die hier Asyl suchen.

Welche Strategie?

Wir müssen den Kampf der KurdInnen gegen den deutschen und türkischen Imperialismus und für das Recht auf Unabhängigkeit unterstützen!
Dabei verschweigen wir aber nicht, dass die Strategie und Taktik der PKK und anderer kurdischer Organisationen ungeeignet dafür sind, den KurdInnen einen Ausweg aus ihrer Lage zu weisen.
Die Führung der PKK und andere kurdische Organisationen hatten die Situation falsch eingeschätzt. Die Ablehnung des irakischen Widerstands, um eine vermeintliche Zusage für die Autonomie nicht zu gefährden, war und ist fatal. Sie zeigt die falsche Einschätzung von Kapitalismus, Imperialismus und der Strategie des Kampfes für einen unabhängigen und demokratischen Staat, den die KurdInnen fordern.
Die Idee, sich mit dem Imperialismus auszusöhnen und ihn für die eigenen Zwecke nutzen zu können, ist falsch und gefährlich! Der Imperialismus wird nie die Interessen nach sozialer und nationaler Befreiung der Massen unterstützen. Allenfalls wird er aus kurzfristigen taktischen Interessen oder aus einer Notlage heraus zu zeitweiligen Zugeständnissen bereit sein.
RevolutionärInnen haben immer wieder darauf hingewiesen, dass eine antiimperialistische Einheitsfront gegen den Imperialismus im Irak notwendig ist. Anders als in sonst in der Einheitsfrontpolitik, die nur ein Kampfbündnis von proletarischen Organisationen ist, muss in der antiimperialistischen Einheitsfront auch die Einheit im Kampf mit klerikalen oder bürgerlichen Nationalisten gesucht werden, wann und wo diese mit den Imperialismus in Konflikt geraten und einen legitimen Kampf führen.
Vorbedingung für jedes solches zeitweilige Bündnis muss jedoch die politische und organisatorische Unabhängigkeit der Unterdrückten und ArbeiterInnen von den nicht den bürgerlichen und klerikalen „Partnern“ sein. Auch der soziale und nationale Widerstand gegen die eigenen Unterdrücker darf nicht unterbrochen, zurückgestellt oder gar beendet werden, um den Kampf gegen den Imperialismus nicht zu schwächen, wie es z.B die Stalinisten oft propagierten.
Der Kampf gegen den Imperialismus wird die Massen auch lehren, dass die bürgerlich-nationalistischen Bündnispartner den Kampf immer wieder boykottieren, sobald ihre eigenen sozialen Pfründe in Gefahr geraten oder ein Kompromiss mit dem Imperialismus möglich scheint.

Permanente Revolution und Partei

Daher ist der Kampf der ArbeiterInnen, Bauern und der Armut gegen die Imperialisten zugleich auch Ausgangspunkt für die Befreiung der Massen nicht nur von fremden Unterdrückern, sondern auch von den eigenen Kapitalisten und Großagrariern. Den antiimperialistischen Kampf zur sozialen Revolution zuzuspitzen ist die Anwendung der Theorie der „Permanenten Revolution“ in Halbkolonien.
Danach können selbst bürgerlich-demokratische Forderungen wie das nationale Selbstbestimmungsrecht nicht mehr von der Bourgeoisie umgesetzt werden. Dazu ist nur das Proletariat im Bunde mit anderen Ausgebeuteten und Unterdrückten imstande. Insofern muss das Proletariat auch die Führung im Kampf übernehmen und ist dadurch auch in der Lage, eine demokratische Revolution zur sozialistischen weiterzuführen und den Kapitalismus samt Privateigentum zu stürzen.
Demgegenüber sprechen die kurdischen Organisationen – auch die PKK – nur von „Demokratie“ – ohne zu erwähnen, welche sie meinen und welche Klasse sie ausüben soll. Sie reden vom „Volk“ statt von Klassen und sehen das Bürgertum zusammen mit den kleinbürgerlich-demokratischen Parteien als Führungen im Kampf. Sie alle streben letztlich einen kurdischen Staat oder eine Autonomie an, die sich auf Privateigentum, auf bürgerlichen Verhältnissen gründen.
Wirkliche Befreiung und eine grundsätzliche Umgestaltung der Lebensverhältnisse der KurdInnen sind jedoch nur möglich, wenn ein konsequenter Kampf gegen jeden Imperialismus geführt wird, anstatt von Teilen des Imperialismus Unterstützung zu erwarten. Wirkliche Befreiung wäre auch damit verbunden, die eigene kurdische Oberschicht
zu stürzen.
Insofern verbinden RevolutionärInnen die Frage der kulturellen und politischen Befreiung immer mit der Frage der sozialen Befreiung – ohne die eine oder andere zur Vorbedingung zumachen. MarxistInnen treten nie abstrakt für „nationale Selbstständigkeit“ ein. Sie sehen diese Kämpfe immer im Zusammenhang mit der Gesamtdynamik des Klassenkampfes. Insofern verteidigen wir das Recht der KurdInnen auf nationale Selbstständigkeit. Niemals würden aber nur für ein bürgerliches Kurdistan eintreten, sondern immer für einen Arbeiterstaat Kurdistan.
Für die kurdischen Massen ist eine bürgerlich-nationalistische Perspektive, wie sie auch von der PKK – trotz einiger linker Phrasen – vertreten wurde und wird letztlich eine Sackgasse. Nur der Kampf für einen sozialistischen Rätestaat und eine sozialistische Föderation im Nahen und Mittleren Osten kann dem kurdischen Volk eine soziale Perspektive weisen. Dazu kommt, dass nur eine solche, jede Art von Ausbeutung und Unterdrückung attackierende, Orientierung einen gemeinsamen Kampf mit den Unterdrückten und Lohnabhängigen TürkInnen, IrakerInnen usw. ermöglicht. Ohne diesen gemeinsamen Kampf können sich auch die KurdInnen selbst nicht befreien.
Sie müssen für eine proletarische Perpektive kämpfen. Deshalb müssen sich TürkInnen, IrakerInnen und KurdInnen in einer Arbeiterpartei auf Grundlage eines Marxistischen Programms vereinigen, die Arbeiterklasse politisch organisieren und damit sie befähigen die Macht zu erobern. Dabei muss die Bauernschaft hinter das Programm der sozialen Revolution gebracht werden.
Dazu bedarf es nicht nur einer breiten Widerstandstruktur und entsprechenden Abteilungen, sondern vor allem eine revolutionäre Partei, die diesen Kampf anleitet und weiterentwickelt. Diese muss Teil einer internationalen Bewegung sein zur Schaffung einer globalen Partei der sozialen Revolution: der 5. Internationale.
Dazu brauchen wir eine Organisation, die den Interessen der Jugend einen politischen und organisatorischen Ausdruck gibt und den Kampf der Jugend mit dem Kampf des Proletariats verbindet. Deshalb ist der Kampf für eine unabhängige revolutionäre Jugendorganisation in politischer Solidarität zur Arbeiterorganisation absolut notwendig auf dem Weg zur Befreiung der Jugend und dem Kampf für eine globale Jugendorganisation: der Jugendinternationale!

– Stoppt die rassistische Hetze gegen KurdInnen!
– Freilassung Öcalans und aller inhaftierten KurdInnen!
– Weg mit dem Verbot der PKK! Weg mit den „Anti-Terrorlisten“ der EU und BRD!
– Volle Bürgerrechte für alle KurdInnen in Deutschland!
– Für das nationale Selbstbestimmungsrecht aller KurdInnen!
– Vorwärts zur 5. Internationale!
– Vorwärts zur Jugendinternationale!




Wohin geht "Genosse" Hugo?

Die Regierung Chávez und die Massen

Oktober 2007

Kaum ein anderes Land weckt nach wie vor gleichermaßen den Groll der Rechten und die Zuneigung der Linken. 18 Jahre nach dem Fall der Mauer gibt es in Venezuela einen Präsidenten, der von Sozialismus redet und davon, dass sein Land auf dem besten Weg dorthin ist. Hugo Chávez Frías redet offen davon, gegen den Imperialismus zu kämpfen, vor allem den US-amerikanischen, und den Weg zu ebnen zu einer Gesellschaftsordnung frei von Ausbeutung und Unterdrückung. In der Praxis wendet er Maßnahmen an zur (Rück-) Verstaatlichung der Ölindustrie und Investitionen in Bildung, Gesundheits- und Sozialsystem und Infrastruktur. Seine radikale Rhetorik erfreut natürlich viele „Linke“. Doch sie täuscht auch. Als MarxistInnen sollten wir eine Regierung nicht danach beurteilen, was ihr Präsident sagt, sondern wie sie in der Praxis handelt, auf welche Kräfte sie sich stützt, wie die Klassenverhältnisse im Land sind. Dabei versagt der überwiegende Großteil der Linken leider kläglich. Doch aus den neuesten Ereignissen des Klassenkampfes in Venezuela kann man einige aufschlussreiche Erkenntnisse über den Charakter der Regierung Chávez gewinnen. Bleibt die Frage, wohin geht Genosse Hugo? Was können wir von ihm erwarten? Und vor allem: wie sollen sich TrotzkistInnen gegenüber ihm verhalten?

Klassenkampf in Venezuela

Es ist nicht wahr, was viele bürgerliche Medien uns in vielen Gelegenheiten weiß machen wollen: Venezuela sei auf direktem Weg zu einer Diktatur, die Menschen würden unterdrückt, die Pressefreiheit werde in Frage gestellt, die Meinungsfreiheit werde eingeschränkt. In kaum einem Land werden derzeit die politische Zukunft und Richtung so offen und breit diskutiert wie in Venezuela. Es regiert eine linke Regierung, die den freien Zugriff der Oligarchie und der transnationalen Konzerne auf die Öleinnahmen attackiert und beschränkt hat und eine Sozialpolitik betreibt, die Millionen von VenezolanerInnen zu Gute kommt. Darin kann kein Zweifel bestehen. Doch neben dieser Tatsache gibt es auch viele Widersprüche der Regierung Chávez. So gibt es zunehmend Fälle, wo sich ArbeiterInnen für ihre Rechte organisieren und die Regierung sich fragwürdig gegenüber ihnen verhält. Ende 2006 wurde die Fabrik „Sanitarios Maracay“ besetzt, weil sie der Unternehmer dicht machen wollte. Die ArbeiterInnen besetzten die Fabrik, wählten ein Fabrikkomitee und nahmen die Produktion selbst verwaltet wieder auf. Ein beeindruckender, in jedem Falle unterstützenswerter Schritt in Richtung Sozialismus, nicht wahr? Sollte man meinen. Die Regierung war da offenbar anderer Meinung. Sie weigerte sich, der Forderung der ArbeiterInnen nachzukommen, die Fabrik zu enteignen und ihnen zu überlassen. Staatliche Aufträge wurden an andere Firmen vergeben, die unter herkömmlichen kapitalistischen Verhältnissen produzieren. Und im April dieses Jahres antwortete der Gouverneur Didalco Bolívar auf eine Demonstration der Sanitarios-ArbeiterInnen mit der Polizei. 10 Verletzte und 15 Festgenommene waren das Ergebnis. Die Beschäftigten des staatlichen Ölkonzerns PDVSA haben über ein Jahr auf einen neuen Tarifvertrag gewartet. Die Geschäftsleitung von PDVSA ist direkt von Chávez eingesetzt und diesem unterstellt. Sie weigerte sich lange Zeit, überhaupt mit den Gewerkschaften zu verhandeln. Nach etlichen Demonstrationen und Aktionen verhandelte sie, doch das erste Angebot war eine Beleidigung und stand der Verhandlungsstrategie eines „normalen“ kapitalistischen Unternehmens in nichts nach. Am 26.09. riefen alle beteiligten Gewerkschaften zu einer Demonstration in dem Bundesstaat „Anzoátegui“ auf. Diese wurde wiederum von der Polizei angegriffen. Die Polizei verletzte mehrere ArbeiterInnen durch Schläge und setzte sogar Schusswaffen ein, wobei sie einen Arbeiter schwer verletzten. 30 KollegInnen wurden festgenommen. Ein weiteres Beispiel ist der Fall Toyota. Die ArbeiterInnen gingen Anfang August in Streik, weil das Unternehmen sich weigerte, über bessere Arbeitsbedingungen zu verhandeln. Der Arbeitsminister José Rivero schlug sich sofort auf die Seite des Unternehmens und rief die ArbeiterInnen auf, sie sollten sich „an die Regeln halten“.

Eine kleine Geschichte der Revolution

Warum verhält sich die Regierung so? Wenn die Regierung zum Sozialismus gelangen will, sollte sie sich dann nicht auf die organisierten ArbeiterInnen stützen und diese unterstützen? Nun, um den politischen Charakter der Person Chávez und seiner Regierung besser zu verstehen, sollte man sich auf einen kleinen Ausflug in die neuere Geschichte Venezuelas begeben. Es gibt linke Gruppen, die sehen die Geschichte als Politik großer Personen (meistens Männer), die über die Geschicke ihres Volkes herrschen. Solche Interpretationen findet man auch in Bezug auf Chávez, wenn analysiert wird, dass dieser die Massen immer „weiter nach links“ und geradewegs zum Sozialismus führe. Das ist aber ein total unmarxistisches Verständnis. Natürlich ist es keineswegs der Fall, dass große Männer Geschichte machen, sondern es ist genau umgekehrt: die Geschichte macht große Männer (und auch Frauen, man denke z.B. an Rosa Luxemburg). Somit muss auch der Aufstieg und der Erfolg von Hugo Chávez vor dem Hintergrund der geschichtlichen Ereignisse in Venezuela gesehen werden. Die Basis der heutigen Regierung geht zurück auf das Jahr 1989, als der so genannte „El Caracazo“ stattfand. „El Caracazo“ war ein Aufstand der ArbeiterInnen gegen die neoliberale Politik der rechten Regierung, die brav Anweisungen aus den USA und vom IWF ausführte. Innerhalb kürzester Zeit war ganz Venezuela im Ausnahmezustand, just zu einer Zeit als sich in Europa gerade das „Ende der Geschichte“ abspielte. Die Regierung antwortete mit Repression, verhängte eine Ausgangssperre und das Militär lieferte sich 2 Tage lang Straßenschlachten mit den Aufständischen. Das war das wichtigste Klassenkampfereignis in Venezuela, das den Anfang vom Ende für die offen korrupte und oligarchische Politik durch die 2 traditionellen Parteien, AD und COPEI, bedeutete. Von diesem Tag an gab es einen Aufschwung in der Gewerkschafts-, Arbeiter- und in den sozialen Bewegungen, die sich formierten und die Verhältnisse in Venezuela dahin änderten, dass ein stures Weiterregieren wie über die letzten 50 Jahre nicht mehr möglich war. Auch wenn der AD-President Carlos Andres Pérez noch bis 1993 regierte, sprengte „El Caracazo“ das Zwei-Parteien-System und ebnete den Weg für die revolutionäre Welle, die 1998 Chávez an die Macht spülte und bis heute andauert.

Als Chávez 1998 an die Macht kam, redete kein Mensch, auch nicht er, vom Sozialismus. Seine Ideologie war (und ist) eine linksnationalistische kleinbürgerliche. Das bedeutet dass Chávez auf einen Ausgleich zwischen den ArbeiterInnen, BäuerInnen und allen marginalisierten und ausgebeuteten Schichten einerseits und Vertreter der nationalen Bourgeoisie, mittleres und kleineres Kapital, andererseits setzt. Er konfrontiert das ausländische Großkapital und verwehrt ihm das Recht, über die venezolanischen Ressourcen (das Öl) frei zu verfügen. Dafür sucht und findet er Verbündete in der einheimischen Bourgeoisie, dem Staatsapparat, dem Militär. Dieser Prozess war nicht ohne Widersprüche. Natürlich hatten der Imperialismus und die jahrzehntelange Herrschaft von AD und COPEI auch in Venezuela ihre materielle Basis geschaffen. Chávez´ Politik zur „Rückeroberung“ der PDVSA stieß auf die Interessen nicht nur des Imperialismus, sondern auch venezolanischer Unternehmer, des Verwaltungsapparats von PDVSA sowie der Gewerkschaftsbürokratie des alten Verbandes CTV. Mit der Unterstützung aus Washington und der CIA organisierten diese Gruppen den Putschversuch im April 2002, sowie den „Unternehmerstreik“ im Dezember 2002/Januar 2003, als in der PDVSA von den Unternehmern ein „Streik“ organisiert wurde, um der Regierung zu schaden. Beide Versuche wurden durch Massenmobilisierungen der städtischen Armenviertel und der ArbeiterInnen vereitelt. Diese Ereignisse können gewissermaßen als Fortsetzung von „El Caracazo“ gesehen werden. Als die Massen bei dem Putsch 2002 zu Millionen auf die Strasse gingen um die Regierung zu verteidigen, zeigte sich, dass die Regierung in gewissem Maße die Sehnsucht und die Hoffnungen vieler VenezolanerInnen bindet, die 1989 geweckt wurden und sich bis zum heutigen Tage ständig weiterentwickeln.

Eine sozialistische Regierung?

Die Widersprüche der Regierung Chávez zeigen sich stark in dem Umgang mit der organisierten Arbeiterbewegung, aber auch in anderen Bereichen, z.B. wie sie auf die Putschversuche reagierte (auffallend zaghaft) oder bei den Nationalisierungen von PDVSA und des Energieunternehmens EDC sowie des Telekommunikationsriesen CANTV, als großzügige Entschädigungen gezahlt wurden. Das ist bedingt durch den widersprüchlichen Charakter der Regierung, weil sie zwischen den Klassen „balanciert“. Trotzki hat dieses Phänomen als „Bonapartismus sui generis“ bezeichnet, als er die Regierung Cardenas im Mexiko der 30 Jahre analysierte. Diese Theorie ist eine Weiterentwicklung von Karl Marx, der den Begriff „Bonaparte“ benutzte, als er die Regierung von Luis Bonaparte (Napoleon III) im Frankreich um 1850 analysierte. Damit umschreibt er das Phänomen eines „starken Mannes“, der den Anschein erhebt, über den Klassen zu stehen. Zu Mexiko schreibt Trotzki: „Wir sind in einer Periode, in der die nationale Bourgeoisie versucht, etwas mehr Unabhängigkeit von den ausländischen Imperialismen zu erreichen. Die nationale Bourgeoisie ist gezwungen, mit den ArbeiterInnen und BäuerInnen zu kokettieren, daher haben wir heute, wie in Mexiko, starke Männer, die sich nach links orientieren.“ „Die Regierung laviert zwischen dem ausländischen und dem einheimischen Kapital, zwischen der schwachen nationalen Bourgeoisie und dem relativ mächtigen Proletariat. Das gibt der Regierung einen besonderen bonapartistischen Charakter sui generis. Sie erhebt sich sozusagen über die Klassen.“ Über die fortschrittlichen Maßnahmen der Regierung Cardenas, die Verstaatlichung der Eisenbahnen und der Ölindustrie, schreibt Trotzki: „Diese Maßnahmen sind vollständig Teil des Staatskapitalismus. Manchmal befindet sich der Staatskapitalismus in einem halbkolonialen Land unter so heftigem Druck des privaten ausländischen Kapitals und seiner Regierungen, dass er sich ohne die aktive Unterstützung der ArbeiterInnen nicht halten kann.“ 1 Weitere Beispiele solcher „starken Männer“ sind Perón in Argentinien oder Nasser in Ägypten. Diese Analyse erklärt schlüssig den widersprüchlichen Charakter dieser Regierungen. Sie stützen sich einerseits auf die mobilisierte Arbeiterklasse und bestimmte Schichten, sind aber andererseits bestrebt, diese zu kontrollieren. Das bedeutet aber, dass die Regierung Chávez letztendlich nicht über den Kapitalismus hinaus will. Deshalb ist sie bestrebt, die Selbstorganisation der Massen einzuschränken und/oder zu kontrollieren und sie im Rahmen des Kapitalismus zu belassen. Daraus erklärt sich das Verhalten gegenüber den ArbeiterInnen von Sanitarios Maracay oder von Toyota.

Die PSUV (Partido Socialista Unido de Venezuela)

„Links-bonapartistische“ Regierungen müssen die mobilisierten Massen einerseits fördern, aber andererseits auch bremsen und kontrollieren, damit der „Ausgleich“ zwischen Arbeiterklassen und unterdrückten Schichten einerseits und der „fortschrittlichen“ Bourgeoisie andererseits nicht gefährdet wird. So spielte die Regierung Chávez auch entgegen der üblichen Vorstellung bei allen wichtigen Konflikten in Venezuela eine bremsende, und nicht fördernde Rolle 2. Es gibt zwei traditionelle „Instrumente“ um die Massen zu kontrollieren, die die meisten der bonapartistischen Regierungen angewendet haben. Erstens die Kontrolle über die Gewerkschaften, und zweitens der Aufbau einer neuen „Einheitspartei“. Es ist auffällig, dass Chávez momentan beide anwendet. Er hat nach seiner Wiederwahl letztes Jahr angekündigt, eine neue Partei aufzubauen. Und im März dieses Jahres hat er erklärt, mit Aufbau dieser neuen Partei könne die Gewerkschaftsbewegung nicht mehr unabhängig sein. Viele Leute haben große Illusionen in die neue Partei, die PSUV (Partido Socialista Unitaria de Venezuela). Nachdem die Partei angekündigt wurde, schrieben sich 5,7 Millionen Menschen (!) ein. Eine unglaubliche Beteiligung. Wirklich teilgenommen an dem Aufbau der Partei haben bis jetzt etwas über 1 Million Menschen, was natürlich immer noch eine sehr hohe Zahl ist. Die Art und Weise wie die Partei aufgebaut wird ist allerdings besorgniserregend. Chávez, jetzt schon unumstrittener Chef der Partei, hat bereits festgelegt, dass es in der Partei keine Strömungen oder Tendenzen geben darf, sowie dass die Partei keine „marxistisch-leninistische“ Partei sein wird. Bevor jegliche Diskussion in der Partei stattfinden konnte! Die PSUV hat noch keine Strukturen, hatte noch keinen Kongress, viel weniger ein Programm, noch nicht mal Mitglieder (alle Eingeschriebenen sind Kandidaten bis jetzt), aber sie hat schon ein „Disziplinar-Komitee“. Eingesetzt von Chávez höchstpersönlich. Dieses Komitee wurde auch schon gegen einen Funktionär eingesetzt, der in den Augen von Chávez „Unsinn“ geredet hatte, worauf dieser sich öffentlich entschuldigt und versichert hat, dass er immer loyal gegenüber dem „einzig wahren Führer der venezolanischen Revolution, Hugo Chávez“, sein werde 3. Hinzu kommt, dass alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von oben „freundlich“ gefragt wurden, ob sie der Partei beitreten wollen (was nicht heißt dass sie gezwungen wurden, sondern dass Druck auf sie ausgeübt wurde). Viele VenezolanerInnen sind der neuen Partei beigetreten, weil sie sich materielle Vorteile erhoffen, bzw. Nachteile vermeiden wollen 4. Die demokratischen Möglichkeiten in der Partei zu arbeiten sind begrenzt. Auch hat die Partei einen „klassenübergreifenden“ Charakter, sprich auch Elemente der Bourgeoisie (und vor allem der Bürokratie) sind darin enthalten. Das entspricht der Ideologie von Chávez. Demnach ist er bestrebt, die „fortschrittlichen“ Unternehmer nicht nur in seinen Sozialismus des 21.Jahrhunderts, sondern auch in seine Partei zu integrieren. Deswegen ist die Regierung bestrebt, Ängste der Bourgeoisie, das Privateigentum (an Produktionsmitteln!) könnte in Venezuela angetastet werden, zu beschwichtigen. Jorge Giordani, Minister für Planung und Entwicklung, hat versichert: „Das Prinzip des Privatunternehmens kann perfekt in einem sozialistischen System existieren, immer wenn seine Ziele nicht mit dem Wohlergehen der Gesellschaft in Konflikt geraten, in dem dieses Unternehmen ist.“ 5

Strategie und Taktik

Wir haben den Charakter der Regierung Chávez analysiert und gezeigt, dass er bestenfalls eine sehr seltsame Einstellung hat, was Sozialismus bedeutet. Was Chávez letztendlich wirklich will und was er vorhat, ist schwer zu beurteilen, aber auch nebensächlich, wenn man die Analyse betrachtet, dass Chávez selbst nur ein Produkt des revolutionären Prozesses in Venezuela ist und mit diesem steht und fällt. Bei einer genauen Betrachtung kommen wir jedenfalls zu dem Schluss, dass wenig darauf hinweist, dass er in Richtung Sozialismus (was wir uns darunter vorstellen) geht. Er konzentriert enorm viel Macht auf sich (er ist gleichzeitig Regierungschef, Parteichef, Armeechef, Chef der bewaffneten Milizen) und versichert den Kapitalisten, dass sie weiterhin gute Geschäfte in Venezuela machen können und in seinen Sozialismus des 21.Jahrhunderts integriert werden. Doch die Situation von Chávez als „Bonaparte“ ist schwierig. Ein Balanceakt zwischen den Klassen ist unter bestimmten Umständen möglich, aber nie von Dauer. Es ist bemerkenswert, wie lange der revolutionäre Prozess in Venezuela anhält. Die Bourgeoisie hat schon mehrmals versucht, dem ein Ende zu bereiten. Letztendlich muss es auch in Venezuela eine Entscheidung geben, wer die Fäden wirklich in der Hand hält: die Arbeiterklasse oder die Bourgeoisie. Noch ist der Prozess offen, und die AbeiterInnen beginnen vermehrt, die Eigentumsfrage zu stellen. Doch die Reaktion kann auf viele Arten wieder die Oberhand gewinnen. Eine weiterer, dieses Mal erfolgreicher Putschversuch, eine neue bürgerliche Partei, die nach Abebben des revolutionären Prozesses die Wahlen gewinnt, oder dass sich Chávez ganz einfach nach rechts bewegt und es sich mit der Reaktion gemütlich macht. Der Prozess in Venezuela ist entscheidend. Zum ersten Mal seit 1990 wird der Kapitalismus wieder in Frage gestellt. Sollte die Reaktion überhand gewinnen, wäre das ein herber Rückschlag für die Arbeiterklasse auf der ganzen Welt. Aufgrund dessen, und aufgrund des bonapartistischen Charakters der Regierung, ist es die größte Aufgabe von RevolutionärInnen heute in Venezuela die Massen zu einem Bruch mit Chávez zu führen, hin zu einem revolutionären Programm. Dafür bedarf es einer revolutionären Partei, die auf der festen Grundlage eines solchen Programms steht. Deshalb muss eine unabhängige, revolutionäre Partei als Alternative zum „Chavismo“ aufgebaut werden, die in der Lage ist, die Revolution zum Sieg über den Kapitalismus zu führen. In der gegenwärtigen Phase ist es notwendig, in die PSUV zu gehen und dort für Demokratie und ein solches Programm zu kämpfen, um den Massen eine Alternative zu präsentieren. Auf keinen Fall darf man jedoch auf seine Positionen verzichten, um von der Bürokratie nicht angegriffen zu werden! Im Gegenteil! Man muss den Angriff der Bürokratie nutzen, um zu zeigen, dass diese Regierung nicht die Interessen der Arbeiterinnen und Arbeiter, der Bäuerinnen und Bauern, der Ausgebeuteten und Unterdrückten vertritt. Dafür wäre es tödlich, auf seine Positionen zu verzichten. Der Eintritt in die PSUV kann nur von kurzer Dauer sein, um die Massen für eine revolutionäre Position zu gewinnen und den Konflikt mit der Bürokratie zu suchen, nicht diesem auszuweichen! Diese Taktik muss gegenüber der PSUV angewendet werden, um den Grundstein für den Aufbau einer revolutionären Partei zu legen. Nur wenn die Massen über das Programm von Chávez hinausgehen, mit dem Programm den Kapitalismus und dessen Staatsapparat zu zerschlagen und durch einen Arbeiterstaat, auf Grundlage eines Rätesystems zu ersetzen, nur dann kann die Revolution in Venezuela siegreich sein.

1 Leon Trotzki, „Nationale Industrie und Arbeiterselbstverwaltung“ 1938

2 Nach dem Putsch versuch im April 2002 hat er die Massen aufgefordert sich zu beruhigen.

Nach dem „Streik“ 2003 hat er die PDVSA in ein Staatsunternehmen umgewandelt, anstatt

Arbeiterkontrolle zu fördern. Bei den meisten Arbeitskonflikten sagt die Regierung den

ArbeiterInnen, sie sollen sich beruhigen und die Regeln einhalten.

3 http://www.aporrea.org/imprime/n100795.html

4 So befürchten viele VenezolanerInnen, dass sie z.B. bei staatlichen Kreditvergaben den

kürzeren ziehen. Es gibt ein Programm der Regierung, das günstige Kredite an

Privatpersonen vergibt, die umziehen oder eine eigene Wohnung mieten wollen.

5 http://www.aporrealos.org/ideologia/n98430.html




Wohin geht "Genosse" Hugo?

Die Regierung Chávez und die Massen

Oktober 2007

Kaum ein anderes Land weckt nach wie vor gleichermaßen den Groll der Rechten und die Zuneigung der Linken. 18 Jahre nach dem Fall der Mauer gibt es in Venezuela einen Präsidenten, der von Sozialismus redet und davon, dass sein Land auf dem besten Weg dorthin ist. Hugo Chávez Frías redet offen davon, gegen den Imperialismus zu kämpfen, vor allem den US-amerikanischen, und den Weg zu ebnen zu einer Gesellschaftsordnung frei von Ausbeutung und Unterdrückung. In der Praxis wendet er Maßnahmen an zur (Rück-) Verstaatlichung der Ölindustrie und Investitionen in Bildung, Gesundheits- und Sozialsystem und Infrastruktur. Seine radikale Rhetorik erfreut natürlich viele „Linke“. Doch sie täuscht auch. Als MarxistInnen sollten wir eine Regierung nicht danach beurteilen, was ihr Präsident sagt, sondern wie sie in der Praxis handelt, auf welche Kräfte sie sich stützt, wie die Klassenverhältnisse im Land sind. Dabei versagt der überwiegende Großteil der Linken leider kläglich. Doch aus den neuesten Ereignissen des Klassenkampfes in Venezuela kann man einige aufschlussreiche Erkenntnisse über den Charakter der Regierung Chávez gewinnen. Bleibt die Frage, wohin geht Genosse Hugo? Was können wir von ihm erwarten? Und vor allem: wie sollen sich TrotzkistInnen gegenüber ihm verhalten?

Klassenkampf in Venezuela

Es ist nicht wahr, was viele bürgerliche Medien uns in vielen Gelegenheiten weiß machen wollen: Venezuela sei auf direktem Weg zu einer Diktatur, die Menschen würden unterdrückt, die Pressefreiheit werde in Frage gestellt, die Meinungsfreiheit werde eingeschränkt. In kaum einem Land werden derzeit die politische Zukunft und Richtung so offen und breit diskutiert wie in Venezuela. Es regiert eine linke Regierung, die den freien Zugriff der Oligarchie und der transnationalen Konzerne auf die Öleinnahmen attackiert und beschränkt hat und eine Sozialpolitik betreibt, die Millionen von VenezolanerInnen zu Gute kommt. Darin kann kein Zweifel bestehen. Doch neben dieser Tatsache gibt es auch viele Widersprüche der Regierung Chávez. So gibt es zunehmend Fälle, wo sich ArbeiterInnen für ihre Rechte organisieren und die Regierung sich fragwürdig gegenüber ihnen verhält. Ende 2006 wurde die Fabrik „Sanitarios Maracay“ besetzt, weil sie der Unternehmer dicht machen wollte. Die ArbeiterInnen besetzten die Fabrik, wählten ein Fabrikkomitee und nahmen die Produktion selbst verwaltet wieder auf. Ein beeindruckender, in jedem Falle unterstützenswerter Schritt in Richtung Sozialismus, nicht wahr? Sollte man meinen. Die Regierung war da offenbar anderer Meinung. Sie weigerte sich, der Forderung der ArbeiterInnen nachzukommen, die Fabrik zu enteignen und ihnen zu überlassen. Staatliche Aufträge wurden an andere Firmen vergeben, die unter herkömmlichen kapitalistischen Verhältnissen produzieren. Und im April dieses Jahres antwortete der Gouverneur Didalco Bolívar auf eine Demonstration der Sanitarios-ArbeiterInnen mit der Polizei. 10 Verletzte und 15 Festgenommene waren das Ergebnis. Die Beschäftigten des staatlichen Ölkonzerns PDVSA haben über ein Jahr auf einen neuen Tarifvertrag gewartet. Die Geschäftsleitung von PDVSA ist direkt von Chávez eingesetzt und diesem unterstellt. Sie weigerte sich lange Zeit, überhaupt mit den Gewerkschaften zu verhandeln. Nach etlichen Demonstrationen und Aktionen verhandelte sie, doch das erste Angebot war eine Beleidigung und stand der Verhandlungsstrategie eines „normalen“ kapitalistischen Unternehmens in nichts nach. Am 26.09. riefen alle beteiligten Gewerkschaften zu einer Demonstration in dem Bundesstaat „Anzoátegui“ auf. Diese wurde wiederum von der Polizei angegriffen. Die Polizei verletzte mehrere ArbeiterInnen durch Schläge und setzte sogar Schusswaffen ein, wobei sie einen Arbeiter schwer verletzten. 30 KollegInnen wurden festgenommen. Ein weiteres Beispiel ist der Fall Toyota. Die ArbeiterInnen gingen Anfang August in Streik, weil das Unternehmen sich weigerte, über bessere Arbeitsbedingungen zu verhandeln. Der Arbeitsminister José Rivero schlug sich sofort auf die Seite des Unternehmens und rief die ArbeiterInnen auf, sie sollten sich „an die Regeln halten“.

Eine kleine Geschichte der Revolution

Warum verhält sich die Regierung so? Wenn die Regierung zum Sozialismus gelangen will, sollte sie sich dann nicht auf die organisierten ArbeiterInnen stützen und diese unterstützen? Nun, um den politischen Charakter der Person Chávez und seiner Regierung besser zu verstehen, sollte man sich auf einen kleinen Ausflug in die neuere Geschichte Venezuelas begeben. Es gibt linke Gruppen, die sehen die Geschichte als Politik großer Personen (meistens Männer), die über die Geschicke ihres Volkes herrschen. Solche Interpretationen findet man auch in Bezug auf Chávez, wenn analysiert wird, dass dieser die Massen immer „weiter nach links“ und geradewegs zum Sozialismus führe. Das ist aber ein total unmarxistisches Verständnis. Natürlich ist es keineswegs der Fall, dass große Männer Geschichte machen, sondern es ist genau umgekehrt: die Geschichte macht große Männer (und auch Frauen, man denke z.B. an Rosa Luxemburg). Somit muss auch der Aufstieg und der Erfolg von Hugo Chávez vor dem Hintergrund der geschichtlichen Ereignisse in Venezuela gesehen werden. Die Basis der heutigen Regierung geht zurück auf das Jahr 1989, als der so genannte „El Caracazo“ stattfand. „El Caracazo“ war ein Aufstand der ArbeiterInnen gegen die neoliberale Politik der rechten Regierung, die brav Anweisungen aus den USA und vom IWF ausführte. Innerhalb kürzester Zeit war ganz Venezuela im Ausnahmezustand, just zu einer Zeit als sich in Europa gerade das „Ende der Geschichte“ abspielte. Die Regierung antwortete mit Repression, verhängte eine Ausgangssperre und das Militär lieferte sich 2 Tage lang Straßenschlachten mit den Aufständischen. Das war das wichtigste Klassenkampfereignis in Venezuela, das den Anfang vom Ende für die offen korrupte und oligarchische Politik durch die 2 traditionellen Parteien, AD und COPEI, bedeutete. Von diesem Tag an gab es einen Aufschwung in der Gewerkschafts-, Arbeiter- und in den sozialen Bewegungen, die sich formierten und die Verhältnisse in Venezuela dahin änderten, dass ein stures Weiterregieren wie über die letzten 50 Jahre nicht mehr möglich war. Auch wenn der AD-President Carlos Andres Pérez noch bis 1993 regierte, sprengte „El Caracazo“ das Zwei-Parteien-System und ebnete den Weg für die revolutionäre Welle, die 1998 Chávez an die Macht spülte und bis heute andauert.

Als Chávez 1998 an die Macht kam, redete kein Mensch, auch nicht er, vom Sozialismus. Seine Ideologie war (und ist) eine linksnationalistische kleinbürgerliche. Das bedeutet dass Chávez auf einen Ausgleich zwischen den ArbeiterInnen, BäuerInnen und allen marginalisierten und ausgebeuteten Schichten einerseits und Vertreter der nationalen Bourgeoisie, mittleres und kleineres Kapital, andererseits setzt. Er konfrontiert das ausländische Großkapital und verwehrt ihm das Recht, über die venezolanischen Ressourcen (das Öl) frei zu verfügen. Dafür sucht und findet er Verbündete in der einheimischen Bourgeoisie, dem Staatsapparat, dem Militär. Dieser Prozess war nicht ohne Widersprüche. Natürlich hatten der Imperialismus und die jahrzehntelange Herrschaft von AD und COPEI auch in Venezuela ihre materielle Basis geschaffen. Chávez´ Politik zur „Rückeroberung“ der PDVSA stieß auf die Interessen nicht nur des Imperialismus, sondern auch venezolanischer Unternehmer, des Verwaltungsapparats von PDVSA sowie der Gewerkschaftsbürokratie des alten Verbandes CTV. Mit der Unterstützung aus Washington und der CIA organisierten diese Gruppen den Putschversuch im April 2002, sowie den „Unternehmerstreik“ im Dezember 2002/Januar 2003, als in der PDVSA von den Unternehmern ein „Streik“ organisiert wurde, um der Regierung zu schaden. Beide Versuche wurden durch Massenmobilisierungen der städtischen Armenviertel und der ArbeiterInnen vereitelt. Diese Ereignisse können gewissermaßen als Fortsetzung von „El Caracazo“ gesehen werden. Als die Massen bei dem Putsch 2002 zu Millionen auf die Strasse gingen um die Regierung zu verteidigen, zeigte sich, dass die Regierung in gewissem Maße die Sehnsucht und die Hoffnungen vieler VenezolanerInnen bindet, die 1989 geweckt wurden und sich bis zum heutigen Tage ständig weiterentwickeln.

Eine sozialistische Regierung?

Die Widersprüche der Regierung Chávez zeigen sich stark in dem Umgang mit der organisierten Arbeiterbewegung, aber auch in anderen Bereichen, z.B. wie sie auf die Putschversuche reagierte (auffallend zaghaft) oder bei den Nationalisierungen von PDVSA und des Energieunternehmens EDC sowie des Telekommunikationsriesen CANTV, als großzügige Entschädigungen gezahlt wurden. Das ist bedingt durch den widersprüchlichen Charakter der Regierung, weil sie zwischen den Klassen „balanciert“. Trotzki hat dieses Phänomen als „Bonapartismus sui generis“ bezeichnet, als er die Regierung Cardenas im Mexiko der 30 Jahre analysierte. Diese Theorie ist eine Weiterentwicklung von Karl Marx, der den Begriff „Bonaparte“ benutzte, als er die Regierung von Luis Bonaparte (Napoleon III) im Frankreich um 1850 analysierte. Damit umschreibt er das Phänomen eines „starken Mannes“, der den Anschein erhebt, über den Klassen zu stehen. Zu Mexiko schreibt Trotzki: „Wir sind in einer Periode, in der die nationale Bourgeoisie versucht, etwas mehr Unabhängigkeit von den ausländischen Imperialismen zu erreichen. Die nationale Bourgeoisie ist gezwungen, mit den ArbeiterInnen und BäuerInnen zu kokettieren, daher haben wir heute, wie in Mexiko, starke Männer, die sich nach links orientieren.“ „Die Regierung laviert zwischen dem ausländischen
und dem einheimischen Kapital, zwischen der schwachen nationalen Bourgeoisie und dem relativ mächtigen Proletariat. Das gibt der Regierung einen besonderen bonapartistischen Charakter sui generis. Sie erhebt sich sozusagen über die Klassen.“ Über die fortschrittlichen Maßnahmen der Regierung Cardenas, die Verstaatlichung der Eisenbahnen und der Ölindustrie, schreibt Trotzki: „Diese Maßnahmen sind vollständig Teil des Staatskapitalismus. Manchmal befindet sich der Staatskapitalismus in einem halbkolonialen Land unter so heftigem Druck des privaten ausländischen Kapitals und seiner Regierungen, dass er sich ohne die aktive Unterstützung der ArbeiterInnen nicht halten kann.“ 1 Weitere Beispiele solcher „starken Männer“ sind Perón in Argentinien oder Nasser in Ägypten. Diese Analyse erklärt schlüssig den widersprüchlichen Charakter dieser Regierungen. Sie stützen sich einerseits auf die mobilisierte Arbeiterklasse und bestimmte Schichten, sind aber andererseits bestrebt, diese zu kontrollieren. Das bedeutet aber, dass die Regierung Chávez letztendlich nicht über den Kapitalismus hinaus will. Deshalb ist sie bestrebt, die Selbstorganisation der Massen einzuschränken und/oder zu kontrollieren und sie im Rahmen des Kapitalismus zu belassen. Daraus erklärt sich das Verhalten gegenüber den ArbeiterInnen von Sanitarios Maracay oder von Toyota.

Die PSUV (Partido Socialista Unido de Venezuela)

„Links-bonapartistische“ Regierungen müssen die mobilisierten Massen einerseits fördern, aber andererseits auch bremsen und kontrollieren, damit der „Ausgleich“ zwischen Arbeiterklassen und unterdrückten Schichten einerseits und der „fortschrittlichen“ Bourgeoisie andererseits nicht gefährdet wird. So spielte die Regierung Chávez auch entgegen der üblichen Vorstellung bei allen wichtigen Konflikten in Venezuela eine bremsende, und nicht fördernde Rolle 2. Es gibt zwei traditionelle „Instrumente“ um die Massen zu kontrollieren, die die meisten der bonapartistischen Regierungen angewendet haben. Erstens die Kontrolle über die Gewerkschaften, und zweitens der Aufbau einer neuen „Einheitspartei“. Es ist auffällig, dass Chávez momentan beide anwendet. Er hat nach seiner Wiederwahl letztes Jahr angekündigt, eine neue Partei aufzubauen. Und im März dieses Jahres hat er erklärt, mit Aufbau dieser neuen Partei könne die Gewerkschaftsbewegung nicht mehr unabhängig sein. Viele Leute haben große Illusionen in die neue Partei, die PSUV (Partido Socialista Unitaria de Venezuela). Nachdem die Partei angekündigt wurde, schrieben sich 5,7 Millionen Menschen (!) ein. Eine unglaubliche Beteiligung. Wirklich teilgenommen an dem Aufbau der Partei haben bis jetzt etwas über 1 Million Menschen, was natürlich immer noch eine sehr hohe Zahl ist. Die Art und Weise wie die Partei aufgebaut wird ist allerdings besorgniserregend. Chávez, jetzt schon unumstrittener Chef der Partei, hat bereits festgelegt, dass es in der Partei keine Strömungen oder Tendenzen geben darf, sowie dass die Partei keine „marxistisch-leninistische“ Partei sein wird. Bevor jegliche Diskussion in der Partei stattfinden konnte! Die PSUV hat noch keine Strukturen, hatte noch keinen Kongress, viel weniger ein Programm, noch nicht mal Mitglieder (alle Eingeschriebenen sind Kandidaten bis jetzt), aber sie hat schon ein „Disziplinar-Komitee“. Eingesetzt von Chávez höchstpersönlich. Dieses Komitee wurde auch schon gegen einen Funktionär eingesetzt, der in den Augen von Chávez „Unsinn“ geredet hatte, worauf dieser sich öffentlich entschuldigt und versichert hat, dass er immer loyal gegenüber dem „einzig wahren Führer der venezolanischen Revolution, Hugo Chávez“, sein werde 3. Hinzu kommt, dass alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von oben „freundlich“ gefragt wurden, ob sie der Partei beitreten wollen (was nicht heißt dass sie gezwungen wurden, sondern dass Druck auf sie ausgeübt wurde). Viele VenezolanerInnen sind der neuen Partei beigetreten, weil sie sich materielle Vorteile erhoffen, bzw. Nachteile vermeiden wollen 4. Die demokratischen Möglichkeiten in der Partei zu arbeiten sind begrenzt. Auch hat die Partei einen „klassenübergreifenden“ Charakter, sprich auch Elemente der Bourgeoisie (und vor allem der Bürokratie) sind darin enthalten. Das entspricht der Ideologie von Chávez. Demnach ist er bestrebt, die „fortschrittlichen“ Unternehmer nicht nur in seinen Sozialismus des 21.Jahrhunderts, sondern auch in seine Partei zu integrieren. Deswegen ist die Regierung bestrebt, Ängste der Bourgeoisie, das Privateigentum (an Produktionsmitteln!) könnte in Venezuela angetastet werden, zu beschwichtigen. Jorge Giordani, Minister für Planung und Entwicklung, hat versichert: „Das Prinzip des Privatunternehmens kann perfekt in einem sozialistischen System existieren, immer wenn seine Ziele nicht mit dem Wohlergehen der Gesellschaft in Konflikt geraten, in dem dieses Unternehmen ist.“ 5

Strategie und Taktik

Wir haben den Charakter der Regierung Chávez analysiert und gezeigt, dass er bestenfalls eine sehr seltsame Einstellung hat, was Sozialismus bedeutet. Was Chávez letztendlich wirklich will und was er vorhat, ist schwer zu beurteilen, aber auch nebensächlich, wenn man die Analyse betrachtet, dass Chávez selbst nur ein Produkt des revolutionären Prozesses in Venezuela ist und mit diesem steht und fällt. Bei einer genauen Betrachtung kommen wir jedenfalls zu dem Schluss, dass wenig darauf hinweist, dass er in Richtung Sozialismus (was wir uns darunter vorstellen) geht. Er konzentriert enorm viel Macht auf sich (er ist gleichzeitig Regierungschef, Parteichef, Armeechef, Chef der bewaffneten Milizen) und versichert den Kapitalisten, dass sie weiterhin gute Geschäfte in Venezuela machen können und in seinen Sozialismus des 21.Jahrhunderts integriert werden. Doch die Situation von Chávez als „Bonaparte“ ist schwierig. Ein Balanceakt zwischen den Klassen ist unter bestimmten Umständen möglich, aber nie von Dauer. Es ist bemerkenswert, wie lange der revolutionäre Prozess in Venezuela anhält. Die Bourgeoisie hat schon mehrmals versucht, dem ein Ende zu bereiten. Letztendlich muss es auch in Venezuela eine Entscheidung geben, wer die Fäden wirklich in der Hand hält: die Arbeiterklasse oder die Bourgeoisie. Noch ist der Prozess offen, und die AbeiterInnen beginnen vermehrt, die Eigentumsfrage zu stellen. Doch die Reaktion kann auf viele Arten wieder die Oberhand gewinnen. Eine weiterer, dieses Mal erfolgreicher Putschversuch, eine neue bürgerliche Partei, die nach Abebben des revolutionären Prozesses die Wahlen gewinnt, oder dass sich Chávez ganz einfach nach rechts bewegt und es sich mit der Reaktion gemütlich macht. Der Prozess in Venezuela ist entscheidend. Zum ersten Mal seit 1990 wird der Kapitalismus wieder in Frage gestellt. Sollte die Reaktion überhand gewinnen, wäre das ein herber Rückschlag für die Arbeiterklasse auf der ganzen Welt. Aufgrund dessen, und aufgrund des bonapartistischen Charakters der Regierung, ist es die größte Aufgabe von RevolutionärInnen heute in Venezuela die Massen zu einem Bruch mit Chávez zu führen, hin zu einem revolutionären Programm. Dafür bedarf es einer revolutionären Partei, die auf der festen Grundlage eines solchen Programms steht. Deshalb muss eine unabhängige, revolutionäre Partei als Alternative zum „Chavismo“ aufgebaut werden, die in der Lage ist, die Revolution zum Sieg über den Kapitalismus zu führen. In der gegenwärtigen Phase ist es notwendig, in die PSUV zu gehen und dort für Demokratie und ein solches Programm zu kämpfen, um den Massen eine Alternative zu präsentieren. Auf keinen Fall darf man jedoch auf seine Positionen verzichten, um von der Bürokratie nicht angegriffen zu werden! Im Gegenteil! Man muss den Angriff der Bürokratie nutzen, um zu zeigen, dass diese Regierung nicht die Interessen der Arbeiterinnen und Arbeiter, der Bäuerinnen und Bauern, der Ausgebeuteten und Unterdrückten vertritt. Dafür wäre es tödlich, auf seine Positionen zu verzichten. Der Eintritt in die PSUV kann nur von kurzer Dauer sein, um die Massen für eine revolutionäre Position zu gewinnen und den Konflikt mit der Bürokratie zu suchen, nicht diesem auszuweichen! Diese Taktik muss gegenüber der PSUV angewendet werden, um den Grundstein für den Aufbau einer revolutionären Partei zu legen. Nur wenn die Massen über das Programm von Chávez hinausgehen, mit dem Programm den Kapitalismus und dessen Staatsapparat zu zerschlagen und durch einen Arbeiterstaat, auf Grundlage eines Rätesystems zu ersetzen, nur dann kann die Revolution in Venezuela siegreich sein.

1 Leon Trotzki, „Nationale Industrie und Arbeiterselbstverwaltung“ 1938

2 Nach dem Putsch versuch im April 2002 hat er die Massen aufgefordert sich zu beruhigen.

Nach dem „Streik“ 2003 hat er die PDVSA in ein Staatsunternehmen umgewandelt, anstatt

Arbeiterkontrolle zu fördern. Bei den meisten Arbeitskonflikten sagt die Regierung den

ArbeiterInnen, sie sollen sich beruhigen und die Regeln einhalten.

3 http://www.aporrea.org/imprime/n100795.html

4 So befürchten viele VenezolanerInnen, dass sie z.B. bei staatlichen Kreditvergaben den

kürzeren ziehen. Es gibt ein Programm der Regierung, das günstige Kredite an

Privatpersonen vergibt, die umziehen oder eine eigene Wohnung mieten wollen.

5 http://www.aporrealos.org/ideologia/n98430.html




Interview mit venzolanischem Aktivisten

Interview mit Stalin Pérez

06.09.2007

Nationaler Koordinator der UNT (Nationaler Verband der Arbeiter, Gewerkschaftsdachverband) (1) und von C-CURA (Klassenkämpferische, vereinigte, revolutionäre und autonome Strömung) (2)

Wie ist Eure Argumentation, der PSUV (3) (Vereinigte Sozialistische Partei Venezuelas) beizutreten?

In Venezuela herrscht eine relativ offene Situation seit 1989, die sich im Verlauf der Jahre vertieft hat. Die Massen haben sich entschlossen, nicht mehr so regiert zu werden, wie sie von den 2 berühmten Parteien 4 hier regiert worden waren, die sich 37 Jahre lang an der Macht abwechselten. Und eines schönen Tages 1989, aufgrund einer Krise, beendeten das die Massen. Es folgte eine Regierung, die Regierung vor Chávez, die angeblich dem gerecht werden sollte, aber das passierte nicht und die Regierung setzte auch die Pläne des Imperialismus um. Die Massen machten ihre Erfahrungen, und sie machen heute ihre Erfahrungen mit Chávez. Der Imperialismus und die Bourgeoisie, weil sie Chávez nicht kontrollieren konnten, haben in wiederholten Gelegenheiten versucht, gegen ihn zu putschen, ihn mit Gewalt zu stürzen, sogar über den Weg der Wahlen. Und während dieser 9 Jahre haben sie ihn nicht wegbekommen. Und sie konnten es nicht, nicht etwa weil Chávez so ein großer Stratege ist, oder weil die Streitkräfte ihn beschützt haben, oder weil es keine Widersprüche zwischen seinen Mitstreitern gab, sondern weil diese Massen, die 89 in Erscheinung traten, nicht erlaubt haben, dass sich die Pläne des Imperialismus konkretisieren. Es existiert die Möglichkeit, weiter zu gehen, als wir jetzt sind, wir befinden uns immer noch in einem kapitalistischen System, und Chávez hat sich auf verschiedene reformistische Parteien gestützt 5 , die Sitze in der Regierung haben. In der Praxis zeigen diese Parteien ein hohes Maß an Bürokratie und Korruption, in allen Institutionen des Staates. Aber die Massen waren auch damit nie einverstanden. Jetzt kommt Chávez; und nach ihm wird sich der Prozess in Venezuela vertiefen, der Weg zum Sozialismus, er nennt es Sozialismus des 21.Jahrhunderts, obgleich ich wiederhole dass es keinen Sozialismus in Venezuela gibt, es ist eine kapitalistische Regierung an der Macht; und die Massen haben begeistert diesen anfänglichen Vorschlag begleitet (der Aufbau der PSUV, Anm. d. R.). Bei den letzten Wahlen erreichte Chávez fast 7 Millionen Stimmen, und die Intention Kandidaten für die Partei zu sein, unterschrieben 5.700.000, fast 6 Millionen. Deswegen haben wir, da wir, die revolutionäre Linke, keine eigene Arbeiterpartei haben, die immense Möglichkeit gesehen, den Prozess der Massen zu begleiten. Wenn ich von Massen rede, meine ich grundsätzlich die „Volksschichten“ 6, und darüber hinaus die ArbeiterInnen, FacharbeiterInnen, Jugendliche, BäuerInnen, aber im Speziellen war bis jetzt der führende Bereich die „Volksschichten“. Also haben wir entschieden, zu sehen wie es uns ergeht, welche Erfahrung wir aus der Absicht, die Partei aufzubauen, die sich jetzt in diesem Prozess befindet, gewinnen können, um zu sehen was man machen kann. Die Massen in ihrem Bewusstsein voranbringen und bewirken, dass die Partei weiter geht, weiter wie es die Absicht von Chávez und seinen Mitstreitern sein wird, oder einen Dialog ermöglichen, den wir bis heute noch nicht etablieren konnten, mit BäuerInnen, indigenen Bevölkerungsschichten, „Volksschichten“ und der Mittelschicht. Zu sehen, ob, wenn es der Fall ist dass die PSUV nicht konsequent ist, eine andere organisatorische Alternative entsteht, eine soziale Bewegung oder eine neue politische Partei. Uns würde es gefallen wenn die Bedingungen vorhanden wären, die wir nicht sehen, eine eigene Organisation der ArbeiterInnen und des Volkes zu haben. Aber es ist eine Tatsache, dass es immer noch eine große Illusion in den Präsidenten Chávez gibt, und die Massen werden diese Art Erfahrungen machen. Der Fehler wäre, wenn wir erkennen, dass es eine große Gefahr gibt; denn es ist offensichtlich dass die Partei kein klar sozialistisches Projekt ist, sie richtet sich nicht exakt nach dem historischen Programm, welches wir vorgebracht haben; wegen dieser Befürchtung und der Gefahr, dass sie nicht Richtung Sozialismus geht, dass ein bürgerlicher Staat weiterregiert wie in den vergangenen neuen Jahren, wenn wir die revolutionären Teile und die ArbeiterInnen dort ohne eine Gegenstimme alleine lassen. Ich glaube dass es möglich ist, dass wenn wir in der Partei sind und ein kritisches Verhalten gegenüber den vorhandenen Gefahren beibehalten, dass wir dann einen Teil von ihnen gewinnen können. In der Partei, was am wenigsten wahrscheinlich ist, dessen sind wir uns bewusst, oder außerhalb, mit einer anderen Organisation, eine Art soziale Bewegung, oder mit einer neuen politischen Partei. Und ich sage das so, weil ich will dass wir eines verstehen, ich glaube dass die Revolution nicht von Parteien gemacht wird. Die mobilisierten ArbeiterInnen und das Volk machen die Revolution, keine Organisation. Die Partei kann dazu beitragen, und sie trägt dazu bei, die Revolution durchzuführen. Aber wer die Revolution macht, das sind die Massen. Die Ausgebeuteten. Die Revolution ist ein Werk von ihnen selbst. Hier sind wir konsequent mit unseren Überlegungen und das wandelt sich in eine Idee, dass die Massen sich in einer Partei organisieren, und danach kann sich diese Partei durch eine soziale Bewegung verändern. Das kann hier in Lateinamerika passieren oder wo anders auf der Welt. Also, konkret gehen wir in die PSUV, wissend über die Gefahren die existieren, aber um die Massen zu begleiten und in einen Dialog mit ihnen zu treten, um sie zu gewinnen für eine neue Art von Organisation.

Beschreibe mir ein bisschen den Charakter der PSUV. Denn es gibt einige GenossInnen, die sagen dass sie von Anfang an eine bürgerliche Partei ist, dass bereits zu viele schlechte Faktoren beinhaltet sind, dass ihre Struktur und ihr Programm schon ausgemacht sind und es keine Demokratie in dieser Partei gibt.

Okay, ich schließe nicht aus dass es so kommen kann. Aber die Partei, jetzt gerade als man anfängt sie zu organisieren, hat man ihr eine Struktur gegeben, da Chávez der große Ideologe der Partei ist nannte er es „batallones“ 7, wo eine Anzahl von bis zu 300 Personen aktiv sein sollten, um zu diskutieren wie die Partei aussehen wird, was ihr Statut ist, was der Charakter sein soll den sie haben wird, welche ethischen Grundsätze sie haben wird. Also sind wir da dabei. Was die GenossInnen gesagt haben, dass bereits alles ausgemacht ist, dass es eine bürgerliche Partei ist, oder klassenübergreifend, mit einem nicht revolutionären Programm, es kann sein dass sie der Realität vorauseilen. Das soll nicht heißen dass es nicht so kommen kann. Und es gibt Anzeichen, da sogar einige Unternehmer ihre Absicht geäußert haben, auch Teil der Partei zu sein. Trotzdem, diejenigen die heute in die „batallones“ kommen sind dieselben Leute, die den Prozess gegen die Angriffe des Imperialismus verteidigt haben. Man kann nicht ausschließen, dass dort auch Kapitalisten teilnehmen können, aber ich glaube, dass sie in der aktuellen Fase keinen Einfluss haben, nach den Erfahrungen die wir mit den „batallones“ haben. Es existiert ein hohes Bewusstsein, dass es eine Partei der Armen, der „Nicht-Ausbeuter“, sein soll. Sie können aus der Mittelschicht kommen, aber keine Personen, die Ausbeuter sind. Also, das Programm wird definiert. Natürlich glaube ich dass es kein „echtes“ 8 sozialistisch revolutionäres Programm sein wird. Es könnte ein nationalistisches Programm sein, oder ein links-nationalistisch revolutionäres, oder sogar, ich weis es nicht, was sie sagen in dem Sinne wie du deine Frage gestellt hast, sie sagen dass es eine nationalistisch bürgerliche Partei sein wird, wie Chávez selbst ist. Wir müssen abwarten. Ich sage nicht, dass die Partei nicht so enden kann, wie es die GenossInnen sagen. Ich glaube dass es so kommen könnte. Aber wir müssen die Ereignisse abwarten. Ich glaube dass wir auf diese Art eine verfrühte Position einnehmen würden. Ich bevorzuge, wenn wir mit den Ereignissen sehen dass es so ist, gut, dann müssten wir natürlich diskutieren was wir machen, mit einer Partei mit einem bürgerlichen Programm, einer bürgerlichen Ausrichtung, oder nationalistisch bürgerlich. Es ist schwierig, dass wir viel Leben in solch einer Partei haben werden, denn wir wollen eine Partei aufbauen, die die Revolution vertieft, die weiter geht wie bisher, und es ist anzunehmen, dass, wenn sie diese Charakteristika haben wird, sie nicht dazu beitragen wird, die Revolution zu vertiefen. Und nicht nur wir. Ich glaube, dass das ein großes Problem der Partei sein und dass es Spaltungen und viele Krisen geben würde, wenn das auf halbem Weg zum Gründungskongress bereits klar wäre, so wie du sagst dass die GenossInnen sagen wie die Partei sein wird.

Ihr, als Revolutionäre, als revolutionäre Strömung, werdet Ihr eine Art Organisation innerhalb der PSUV aufrechterhalten?

Wir machen keinen Entrismus. Ganz klar ist es kein Entrismus. Wir sind als C-CURA organisiert, und um eine Zeitung, die wir innerhalb der Partei haben, die „MAREA clasista y socialista“ heißt. Wir haben ein internes Bulletin, wir haben regelmäßige Diskussionen, was wir in der Zeitung veröffentlichen diskutieren wir mit vielen GenossInnen, die wir über Internet oder manchmal durch Versammlungen erreichen können, und wir werden diese Art von Organisation, von Einbeziehung beibehalten. Aber, eine Partei in der Partei sind wir nicht. Sondern wir sind eine Bewegung mit einem gewissen Grad an Organisation. Ja das sind wir durch unsere Zeitung, denn wir müssen unsere Vorschläge veröffentlichen, die das
Produkt einer kollektiven Diskussion sind.

Werdet ihr ein revolutionäres Programm als Alternative zum „chavismo“ (9) einbringen?

Natürlich. Wir werden ein revolutionäres Programm einbringen, um zum Sozialismus zu gehen. Im Moment gibt es eine große Verfassungsreform, welche die große Diskussion ist, die beginnt sich über das Land auszuweiten. Chávez und die wichtigsten Führer seines Vertrauens argumentieren, dass die Reform das Ziel hat, zum Sozialismus zu gehen. Wir glauben nicht, dass man über die Verfassung zum Sozialismus gelangt. Man erreicht ihn durch politische und ökonomische Maßnahmen. Und nach der Verfassung kommt bereits das „Nachwort“ 10, der Klassencharakter, der Charakter des Staates, der Regierung. Aber trotzdem, da sie aus dieser Perspektive argumentieren, machen wir unsere Vorschläge aus der gleichen Perspektive. Und wenn die Diskussion in die Partei kommt, in die „batallones“, werden wir dafür argumentieren, was wir unter der Vertiefung der Revolution verstehen, ausgehend von dieser Verfassung, welche Art von Eigentum existieren sollte, das kollektive Eigentum der Produktionsmittel. Wir werden uns auf das konzentrieren. Um die Macht auszuüben, hat diese Verfassungsreform klar einen präsidialen Charakter. Wir wollen dem entgegenstellen, dass die Regierung nicht nur von dem Präsidenten bestimmt werden soll, sondern dass es einen Organismus geben soll. Welcher auch immer. Ein großer Rat, aus den kommunalen Räten zusammengestellt, aus den Arbeiterräten, Räten von BäuerInnen und StudentInnen, oder einer neuen Nationalversammlung wo diese Räte repräsentiert sind, oder diese sozialen Schichten, welche die Ausgebeuteten sind. Also werden wir für das kämpfen. Wir werden dafür kämpfen, weil das auch ein großer Teil der Diskussion sein wird, der demokratische Charakter den die Partei haben soll. Wir werden für ein demokratisches Statut stehen, das die Pluralität erlaubt. Eine der Sachen, die wir immer gesagt haben, ist dass jene die sich auf den „chavismo“ berufen, oder die an der Seite des Präsidenten stehen, ein bisschen intolerant gegenüber den demokratischen Diskussionen sind. Also wird für uns einer der grundlegenden Bestandteile der demokratische Charakter der Organisation sein. Wird man die Dinge diskutieren, wird die Mehrheit entscheiden? Oder wird die Bürokratie die Kontrolle haben? All das ist Bestandteil der Diskussion. Und die andere Sache, was scheinbar immer in der Mehrheit der Parteien ein Thema ist, die ethischen Grundsätze, das wird für uns eine hohe Wichtigkeit haben, weil exakt eine der Dinge die bei der Regierung Sorgen bereiten, ist dass es eine Regierung ist, die nicht nur bürokratisch sondern auch sehr korrupt ist. Sie nutzen die hohen Einnahmen aus, die in den letzten Jahren durch den gestiegenen Ölpreis gemacht wurden, die enorme Menge an Geld, die benutzt werden sollte, um die großen ökonomischen und sozialen Probleme dieses Landes zu lösen. Wie du gesehen hast gibt es weiterhin viel Armut. Um zu einem Schluss deiner Frage zu kommen, im Moment sind wir dabei, die GenossInnen von der Zeitung MAREA, die FührerInnen von C-CURA die wir in die PSUV gehen, ein revolutionäres Programm zu diskutieren. Es ist nicht sicher, was dabei herauskommen wird, aber wenigstens weis ich, dass viele, viele uns bei diesem Vorschlag begleiten werden, sogar die uns heute nicht kennen.

Wie meint Ihr, gegen die reaktionären Strömungen, die Kapitalisten, Bürokraten, Reformisten, „Chavisten“ in der Partei kämpfen zu können?

Wir werden die Zeitung beibehalten. Wir haben nicht nur einen Plan für die Zeitung, wir haben auch sogar einen Plan für ein alternatives Radio. Wir werden frei aussprechen, was wir über die Situation des Landes und der Welt denken. Natürlich ist es unangenehm für die Regierung wenn wir unsere Meinungen aussprechen. Die Meinung, die wir gegen Kirchner haben, gegen Lula, stört die Anhänger der Regierung. Na gut, wir werden weiterhin unsere Meinung haben von diesen bürgerlichen Regierungen, ganz klar bürgerlich. Und jede Position die wir haben werden wir frei aussprechen. Wir werden versuchen das in einer pädagogischen Art und Weise zu tun, oder… ohne Besserwisserei, und dass wir es schaffen an die immense Anzahl von Leuten heranzukommen, die sicherlich dafür sind, dass es in Venezuela einen wirklichen Sozialismus gibt, demokratisch, dass die Kapitalisten enteignet sind, dass es wirklich einen antiimperialistischen Plan gibt, ein konsequentes antiimperialistisches Programm. Das große Problem ist, dass sie heute in ihrer Mehrheit immer noch Chávez vertrauen. Also haben wir eine Zeit lang eine Redensweise, die dazu da ist, dass sie uns Ernst nehmen, dass sie sehen dass wir verantwortungsbewusst sind. Wenn wir konsequent unsere Standpunkte einbringen, können wir Land gewinnen, können wir ihnen helfen, die Realität in der Partei und in dem politischen Leben national und international zu erkennen. Das werden wir öffentlich tun. Im Klassenkampf gibt es immer ein Thermometer, das allen auf den Geist geht. Wenn die Dinge geschehen, die Ereignisse, artikulieren wir uns richtig oder auch nicht. Ich ziele darauf ab, dass wir mit internationaler Hilfe und Beziehungen, die sich aufrechterhalten werden, Diskussionen bereichern können, wenn wir einmal inmitten des Hurrikans sind. Manchmal kann man von außen die Feuer nicht erkennen, und manchmal sieht man sie von außen besser. Also glauben wir, dass wir die Symbiose zwischen uns innen und den Beobachtungen von Freunden erreichen sollten, auch sogar mit kritischen Personen, die wir auch beachten werden. Wir werden nicht zwischen konstruktiven und destruktiven Kritiken unterscheiden. Denn manchmal ist eine Kritik logisch, hat sie Recht. Wir werden sie beachten, um zu versuchen sie bestmöglich zu verstehen. Wir wissen dass das eine Herausforderung ist. Es ist eine sehr schwierige Situation, sie ist nicht einfach. Es gibt wenig positive Erfahrungen in diesem revolutionären Sinn, dass man in einer Organisation aktiv sein kann, die viele reformistische Elemente hat, oder klein-bürgerliche, dass man erfolgreich dabei heraus kommt. Auf was wir am meisten vertrauen sind die Massen und auch die Perspektive, Kontakte mit den RevolutionärInnen der Welt aufrecht zu erhalten, die uns dabei helfen diese Aufgabe zu meistern.

Mit Hinblick auf all das, wie siehst du die Formation der Partei bis jetzt und in den nächsten Monaten? Denn man hat bereits angekündigt, dass man in einem Monat beginnen wird, die Sprecher zu wählen, die Delegierten für den Kongress.

Schau, die Erwartungen waren enorm. Trotzdem war die Diskussion am Anfang mager. Das hat einige dazu gebracht, zu sagen, kann es sein dass sie die Anzahl angeblicher KandidatInnen aufgebauscht haben? Ich weis nicht ob sie das haben oder nicht, aber ich weis dass die Anzahl enorm ist. Wenn es keine 5.7 Mio. waren, lass es 3 Mio. gewesen sein, das ist in Wirklichkeit eine Sache von Spekulation. Heute gibt es auf der Welt ein enormes Misstrauen gegenüber den politischen Parteien. Wenn jetzt in einem Land wie Venezuela 3, 4 oder 5 Mio. von Armen, ArbeiterInnen, BäuerInnen ihren Wunsch ausdrücken, einer Partei anzugehören, ist das enorm. Aber in den ersten Versammlungen der PSUV nehmen 10 bis 20% der 5.7 Mio. teil, die ihren Beitrittswunsch geäußert haben. Die Mehrheit ältere Menschen, aus der Mittelschicht, einige ArbeiterInnen, einige Jugendliche. Wenn man so will, sind die Jugendlichen und die ArbeiterInnen nicht die mehrheitlichen Schichten gewesen. Aber es gibt sie. Es gibt von allem. Und bis jetzt war die Erfahrung, die die meisten von uns, die wir in den „batallones“ sind, gemacht haben, positiv. Positiv in dem Sinne dass es Demokratie gab, die Leute können ihre Meinungen aussprechen. Viele von uns wurden aufgrund der Erfahrung die wir haben zu Diskussionsleitern ernannt, welche die wöchentlichen Versammlungen leiten. Man kann den Sozialismus erklären. Eine der großen Sachen, die man in Venezuela diskutiert wie in keinem anderen Land auf der Welt, ist der Sozialismus. Was ist Sozialismus? Welche Art Sozialismus soll es sein? Wird er demokratisch sein? Wird es eine Öffnung für die mittleren und kleinen Produzenten geben? Welchen demokratischen Charakter wird er haben? All das diskutiert man enorm. Und wo diese Diskussionen am besten geführt werden, ist in den „batallones“, welche der einzige Organismus in der Partei sind, der funktioniert. Es gibt keine andere Struktur. Die Erfahrung war positiv in diesem Sinne, demokratisch. Das soll nicht heißen, dass die Apparate, welche in den alten Parteien wie dem MVR vorhanden waren, oder in den anderen Parteien die heute Teil der neuen Partei sind, und auch in den enormen Apparaten die es in den Institutionen des Staates gibt, Bürgermeisterämter, Landesregierungen, Ministerien, Vizepräsidentschaft, nicht versucht hätten, zu beeinflussen was man diskutiert und was man macht. Natürlich haben sie das. Aber die Antwort der Leute ist, dass es eine Autonomie der AktivistInnen in jedem „batallon“ geben muss. Das ist enorm positiv. Dass sich das mit der Zeit aufrechterhalten wird, das kann man nicht mit Sicherheit sagen. Bis zu diesem Moment ist es eine Tatsache, dass es in diesem Sinne Demokratie gibt. Wenn übermorgen eine Kampagne gegen uns beginnt, die wir die Kritischsten sind, wenn sie sagen, dass wir Instruktoren sind, dass wir einen Plan haben, dass wir Entrismus machen, gut, ich weis nicht. Wir werden sehen. Aber wir hoffen dass wir uns das Vertrauen der Leute gewinnen, dass sie sehen dass wir ernsthafte Personen sind, verantwortungsbewusst, und dass wir konsequente Revolutionäre sind. Dass wir für den revolutionären, demokratischen Sozialismus stehen, den wir als einzige wirkliche Alternative betrachten. Dass wir Leute erreichen werden, die sagen dass es
Sozialismus gibt, die das mit den Kapitalisten messen wollen, die Reformisten sind, die das Überleben des Kapitalismus sichern wollen. Gut, und wir werden eine permanente Debatte gegen diese Sektoren führen, die es gibt. Es ist wahrscheinlich, dass es sie innerhalb den „batallones“ gibt.

Haben die Diskussion in der PRS (11) und die Spaltung die es gab in irgendeiner Weise die PSUV beeinflusst, oder gab es irgendeinen Effekt auf die Formation der Partei? Oder hat das keinen Einfluss?

Unsere Diskussion in der PRS hat uns in allen Bereichen betroffen. Einmal in der Frage, in die PSUV zu gehen oder nicht. Wir teilen nicht, dass man nicht gemeinsam in die PSUV gegangen ist. Wir haben großen Respekt gegenüber den GenossInnen, die heute diese Position beibehalten. Viele von ihnen waren mit uns ihr ganzes Leben lang aktiv. Wir stimmen programmatisch in 80 oder 90% der Sachen überein. Und in 50 oder 60% in der Methodik. Wir haben die C-CURA aufgebaut, die eine große Errungenschaft der ArbeiterInnen, der klassenkämpferischen und revolutionären Sektoren in Venezuela ist. Also hat uns diese politische Spaltung, die sie machen, getroffen. Einige von uns, von C-CURA, nicht alle, sind Teil des Förderkomitees, von dem was die Absicht war, die Partei Revolution und Sozialismus (PRS) aufzubauen. Sie arbeiten jetzt diesen Vorschlag aus und argumentieren für die unabhängige Partei der ArbeiterInnen. In diesem Sinne betrifft es uns sehr, denn es bleiben die Unterschiede, der Kummer den man hat. Manchmal einer mehr als der andere, wegen seiner Art, wegen seinem Charakter, beurteilt er/sie nicht die Übereinstimmungen, die wir haben. Ich werde nicht sagen dass das auf der anderen Seite ist. Es kann sein dass es auf beiden Seite passiert. Nun, wenn jemand bereits mit der Kategorie eines trotzkistischen Kader kommt, aus einer anderen Partei stammend wie die Mehrheit, dass wir kritisch sind, das ist immer ein Problem für jene Personen gewesen, die in anderen Organisationen aktiv und führend waren. Aber für die Basis nicht. Denn mit der Basis stimmen wir „sauber“ 8 überein. Wir sind ArbeiterInnen und haben die gleichen Angewohnheiten wie sie. Also hat es uns betroffen. Und es betrifft ein bisschen das Leben von C-CURA. Aber die PSUV nicht, denn die PSUV ist eine Massenorganisation. Wir waren unbedeutend. Eine kleine Gruppe hat keinen Einfluss auf 5 Mio. von AktivistInnen. Aber wir sind kritisch gewesen. Wir sind immer noch kritisch mit den AktivistInnen, wir stellen Dinge in Frage. Sogar Marx und Lenin, welche die großen historischen Revolutionäre waren auf die wir uns beziehen, wir müssen auch sagen, dass sie sich in ihrem Moment in vielen Dingen irren konnten. Und von jener Epoche bis hier und heute wurden viele ihrer Ideen durch die historischen Wechsel überwunden, die in den Gesellschaften geschehen sind. Aber wenn man eine Art Verhalten aufweist in Richtung Personenkult, da gibt es Probleme. Und es gibt ein großes Problem in dem was sich der „Bolivarismus“ nennt, es gibt einen Personenkult um Chávez. Wir sehen Chávez als einen Führer, der heute eine große Unterstützung in dem Land und auf dem Kontinent genießt, aber bis jetzt regiert er eine bürgerliche Regierung, sein sozialistisches Programm ist unklar, von dem er sagt dass es sozialistisch ist. Er konnte helfen, die Diskussion über Sozialismus hierzulande zu begünstigen, unabhängig der Meinungen, die er von Sozialismus hat. Also sehen wir das Positive und das Negative, und wir sagen die Dinge. Die Personen, die Chávez nur als klein-bürgerlichen sehen, können uns von links kritisieren. Wir glauben dass wir weder Zentristen sind noch dass wir vor Chávez kapitulieren. Wir haben eine revolutionäre Position, ganz klar revolutionär. Das bedeutet nicht dass die RevolutionärInnen nicht auch Fehler begehen. Sicher haben wir Fehler begangen, und begehen immer noch Fehler. Das Verhalten wäre, wenn jemand sich irrt muss man es korrigieren.

Was passiert dann gerade in der C-CURA?

Es gibt gerade viele Sorgen, denn die GenossInnen, welche nicht in die PSUV gehen, da sie eine Charakterisierung haben, dass diese Regierung bürgerlich ist, dass sie die Interessen eines Bereiches der Kapitalisten verteidigt, dass die Reform (der Verfassung, Anm. d. R.) dazu da ist diese Macht welche die Bourgeoisie weiterhin hat aufrecht zu erhalten, dass Chávez ein Demagoge ist, und da weite Teile der ArbeiterInnen die mit uns sind oder auch nicht weiterhin Erwartungen in Chávez haben, das alles führt dazu dass viele KollegInnen meinen, dass uns diese Argumentation nicht dabei hilft, große Teile der ArbeiterInnen zu gewinnen oder die Anzahl an GewerkschaftsführerInnen zu halten, die wir heute haben. Wir waren und sind noch immer die Mehrheitsströmung in der UNT. Wir sind in allen Bereichen präsent. Also bringt uns das dieses Problem. Orlando Chirino ist der beste Führer den wir haben. Der bekannteste Führer unserer Strömung. Also, wenn er jetzt z.B. sagt, dass er nicht für die Reform (der Verfassung, Anm. d. R.) ist, dass er gegen die Reform ist. Er kritisiert z.B. die Wiederwahl von Chávez. Das teilen wir nicht, die in die PSUV eingeschrieben sind. Uns würde gefallen, dass die Wiederwahl nicht existierte, aber es ist eine Tatsache, dass es heute in diesem Land, in dem revolutionären Prozess, keinen Führer über Chávez hinaus gibt, der garantieren würde, weiter zu gehen als das was man mit Chávez erreichen kann. Mit wem man am meisten erreichen könnte, ist Chávez. Es gibt niemand anderes. Deshalb können wir nicht die Dinge erfinden. Der „caudillo“ existiert, und hier gibt es einen enormen Wesenszug des „caudillo“, dass die Massen den „caudillo“ unterstützen. Wir sind dafür, dass Chávez wieder gewählt wird. Im Moment gibt es niemand anders, leider. Die Massen sehen niemand anderes. Wenn sie uns sehen würden, könnten wir geeigneter sein als Chávez, den Prozess anzuleiten, die Revolution anzuleiten, aber so ist es nicht. Also gibt es dieses Problem. Stell dir vor, es gibt GenossInnen in dem zweit wichtigsten Staat in diesem Land, GenossInnen die von einer anderen Strömung sind, die nicht von unserer historischen Strömung kommen, aber die mit uns übereinstimmen in den Fragen des Klassenkampfes, der Demokratie, des Kampfes gegen die Bürokratie und die Korruption, die sehr sauer sind, weil sie meinen dass die Aussagen von Chirino uns dabei nicht behilflich sind. Das sagen sie. Ich teile ihre Meinungen in gewissem Sinne nicht, aber ich weis dass wir Probleme in diesem Sinne haben. Es gibt diese Situation. Ich hoffe dass wir das Verständnis haben, eine hohe Anzahl von FührerInnen, dass diese politischen Meinungsverschiedenheiten, die sich gerade zeigen, nicht eine Spaltung der C-CURA nach sich ziehen. Wir sind in diesen Tagen vorsichtig gewesen, wir haben entschieden unsere Zeitung heraus zu bringen, weil wir ein Organ brauchen um uns auszudrücken, aber wir wollten nicht offensiv sein, nicht in irgend einer Weise dem widersprechen, was einer von ihnen in der Presse sagt. Vor allem um nicht eine größere Krise in der Strömung (C-CURA, Anm. d. R.) zu schaffen. Wir hoffen, dass die Mehrheit der FührerInnen die Geduld hat, C-CURA wegen dieser Differenzen, die uns heute treffen, nicht zu einer Spaltung zu führen. Und hoffentlich löst der Klassenkampf so schnell wie möglich unser Problem. Ob die PSUV wirklich ein Apparat der Bourgeoisie sein wird.

Vielen Dank.

1 Die UNT (Unión Nacional de los Trabajadores) ist der größte Gewerkschaftsdachverband in
Venezuela. Er wurde 2003 gegründet als Reaktion auf die offene Unterstützung des alten
Verbandes, der CTV (Confederación de los Trabajadores de Venezuela), für den
Unternehmerstreik in der Ölindustrie Ende 2002/Anfang 2003.

2 Innerhalb der UNT gibt es mehrere Strömungen. Eine der wichtigsten davon ist die
C-CURA (Corriente Clasista, Unitaria, Revolucionaria, Autónoma). Sie vereint die
kämpferischsten Teile der Gewerkschaftsbewegung. Auf dem Kongress im Jahr 2006
erlangte die C-CURA die Mehrheit in der UNT.

3 Nach seiner Wiederwahl im Dezember 2006 hat Hugo Chávez die Gründung einer neuen
sozialistischen Einheitspartei angekündigt, die PSUV (Partido Socialista Unido de
Venezuela). Diese Partei soll alle linken Kräfte „vereinen“. Bisher war die Regierung auf ein
Parteienbündnis gestützt.

4 AD (Acción Democrática) und Copei (Comité de Organización Política Electoral
Independiente) regierten das Land von 1958 bis 1993 abwechselnd. Sie hatten eine geheime
Übereinkunft getroffen („Pacto Punto Fijo“), sich an der Regierung abzuwechseln.

5 Die Regierungspartei von Chávez ist die MVR (Movimiento para la 5.República, Bewegung
für die 5.Republik). Sie stützte sich in der Nationalversammlung vor allem auf die Stimmen
von PPT (Patria para Todos, Vaterland für alle) und PODEMOS (dt. „wir schaffen das“),
sowie der Kommunistischen Partei.

6 Stalin spricht von „sectores populares“. Gemeint sind die marginalisierten Schichten der
Arbeiterklasse und des Kleinbürgertums, die meist im informellen Sektor versuchen ihren
Lebensunterhalt zu verdienen. Diese Schichten sind die Hauptstütze der Regierung Chávez.

7 Chávez hat die Ortsgruppen, die in den Dörfern oder Stadtteilen bestehen und die
Grundstruktur der PSUV sind, Bataillone „getauft“.

8 Stalin sagt „netamente“.

9 Als „chavismo“ wird die Ideologie von Hugo Chávez bezeichnet. „Chavistas“ sind
Anhänger der Regierung und des Präsidenten.

10 Stalin sagt „palabra posterior“.

11 PRS (Partido Revolucion y Socialismo), wichtigste trotzkistische Partei Venezuelas. Sie ist
teilweise an die UIT-CI (Unidad Internacionál de los Trabajadores – Cuarta Internacionál,

Internationale Vereinigung der ArbeiterInnen -Vierte Internationale) angegliedert, eine
internationale trotzkistische Strömung mit morenistischem Hintergrund. Fast alle führenden
Kader der PRS sind gleichzeitig die FührerInnen der C-CURA. Die PRS hat sich bei der
Frage der PSUV gespalten (ca. 50 zu 50). Ein Teil geht in die PSUV, der andere Teil bleibt
draußen.




100 Jahre Jugendinternationale

Hoch die internationale Solidarität!

Im August 1907 wurde in Stuttgart auf dem Internationalen Sozialisten Kongress die sozialistische Jugendinternationale gegründet. Aus 13 Staaten waren 21 Delegierte anwesend, die den Grundstein für eine internationale Organisation der Jugend legten. Im Jahr 1907 repräsentierten diese Jugendorganisationen mehr als 60 000 Jugendliche.

Seit Ende des 19 Jhd. hatten sich wiederholt starke sozialistische Jugendorganisationen speziell in den skandinavischen Staaten und in Belgien und den Niederlanden gebildet, doch waren diese ersten Erfahrungen und Entwicklungen noch nicht konstant genug um eine internationale Koordinierung aufzubauen.

In vielen europäischen Staaten musste sich die Jugend auch in der sozialistischen Bewegung erst mal behaupten, ihren Anspruch auf eigene Organe und Vertretung erkämpfen. Gerade von Seiten der Gewerkschaftsbürokratie und den reformistischen Rechten der 2.Internationalen gab es Widerstand gegen die Bestrebungen der Jugendverbände. Die Bürokraten und arlamentarier sahen in unabhängigen Jugendverbänden eine politische Konkurrenz, welche sie lieber kontrollieren wollten.

Für die Gründungsmitglieder der Jugendinternationale, um den ersten Sekretär Karl Liebknecht ergab sich die Notwendigkeit einer unabhängigen revolutionären Jugendorganisation aus der Stellung der Jugend im Zeitalter des Imperialismus. Neben dem Kampf gegen den Militarismus, war der Kampf für Bildung und Jugendschutz die Grundlage der sozialistischen Jugendinternationale von 1907.

Das Eröffnungsreferat mit dem Titel „Militarismus und Jugend“ behandelte den sich zuspitzenden Rüstungswettlauf der imperialistischen Staaten und die Auswirkungen auf die internationale Jugend.

Jugend und Krieg

Im Jahr 1907 waren die Vorboten des ersten imperialistischen Weltkrieges zu erkennen, alle Staaten vergrößerten ihre Tötungsmaschenerie, neue Waffen wie Luftwaffe und C-Waffen wurden entwickelt und die stehenden Heere vergrößert. Eine Welle von nationalem Chauvinismus ging durch das Volk, jede Kolonialfrage wurde als Existenzfrage des eigenen Volkes diskutiert – der Rassismus von allen bürgerlichen Elementen als Ideologie verstreut.

Erste Adressaten dieser nationalistischen Ideologie waren die Arbeiterklasse und die Jugend, eben die Klassen welche von den herrschenden Klassen damals Monarchie und Bourgeoisie, mittels der Wehrpflicht in den Krieg geschickt werden sollten.

Liebknecht sah daher den besonderen Stellenwert einer sozialistischen Jugendorganisation, nur sie kann in der Jugend gegen den Militarismus vorgehen, nur sie kann zum revolutionärem Defätismus erziehen. Es war die Aufgabe der Jugendinternationale von 1907 die Jugend für den proletarischen Kampf, für die sozialistische Revolution zu gewinnen, um somit Millionen junger Männer vor dem imperialistischen Massaker zu schützen und diese gemeinsam mit der Arbeiterklasse in den revolutionären Krieg gegen Monarchie und Bourgeoisie zu führen. Die sozialistischen Jugendverbände sollten die Internationale Solidarität nicht als Phrase, sondern als praktische Überzeugung und Handlungsweise den jungen GenosenInnen und Genossen vermitteln.

„Die Erziehung der Jugend in diesem Geiste, ist eine der wichtigsten Aufgaben des kämpfenden Proletariats, und die selbständige proletarische Jugendbewegung ist das wirksamste Mittel zu dieser Erziehung.“ (Liebknecht, Der Militarismus. Zweite Internationale Konferenz der Sozialistischen Jugendinternationale, Gesammelte Reden und Schriften, Band III)

Seit 1908 war es dann im deutschen Kaiserreich Jugendlichen unter 18 untersagt sich politisch zu betätigen, auf Demonstrationen zu gehen oder an Versammlungen teilzuhaben. Der Kampf um die Jugend durch die Jugendorganisationen (in Deutschland FJO- Freie Jugendorg.) fand im Illegalen statt, die bürgerlich-reaktionäre Ordnung wollte keine selbständigen Jugendverbände, so wie sie auch der Jugend jedes Recht absprach und sie als Befehlsempfänger, billige Arbeitskraft und künftiges Kanonenfutter bewertete.

Die unabhängigen sozialistischen Jugendorganisationen sollten der Jugend den Sozialismus vermitteln, ihre Kämpfe um Rechte und Jugendschutz mit den Kämpfen des Proletariats zusammen führen. Dies sollte natürlich auf Grundlage eines revolutionären Programms und mit Hilfe der Avantgarde der Arbeiterklasse geschehen, nur so können die Kämpfe gebündelt und gegen den gemeinsamen Feind, Staat und Bourgeoisie geführt werden.

Mit dem Verrat der führenden Parteien der 2. Internationale 1914, dem Kriegseintritt Millionen Proletarier und Jugendlicher in den imperialistischen Krieg wurden auch die sozialistischen Jugendorganisationen vor die entscheidende Frage der Zeit gestellt: Sozialchauvinismus der Rechten oder revolutionärer Internationalismus der Linken Teile der 2. Internationale.

Während des Krieges erschienen ca. 15 Ausgaben der Zeitung „Jugend-Internationale“, in der die Vertreter des Sekretariats entschieden Stellung nahmen gegen den Verrat der „Vaterlandsverteidiger“ in den Parteien und für einen revolutionären Internationalismus. Die Jugend hatte die „Internationale Solidarität“ anders gelernt und verstanden, große Teile der Aktivisten verließen die 2. Internationale und waren Gründungsmitglieder der Kommunistischen Internationale von 1919. In Deutschland war die Jugend ein großer Teil des Spartakusbundes und der später gegründeten KPD.

Während des imperialistischen Krieges kämpften große Teile der Jugendinternationale gegen den Reformismus und Chauvinismus der kriegsführenden Arbeiterparteien. Die AktivistInnen haben entschlossen für den Internationalismus gekämpft und waren mit entscheidend für den Aufbau der kommunistischen Parteien nach dem 1.WK.

„Bei dieser Sachlage in Europa fällt der Verbindung sozialistischer Jugendorganisationen die gewaltige und dankbare – dafür aber auch schwerere – Aufgabe des Kampfes für den revolutionären Internationalismus, für den wahren Sozialismus, gegen den herrschenden Opportunismus, der sich auf die Seite der imperialistischen Bourgeoisie geschlagen hat, zu.“ (Lenin, „Jugend-Internationale“, LW, 23, S. 163)

Die Jugend ist die soziale Gruppe die mit am schärfsten von Imperialismus und Krieg bedroht wird. Die imperialistischen Staaten ziehen die Jugend zum Militär ein, schicken sie in den Krieg um dort die Lebensgrundlage und Zukunft der dortigen Jugend zu vernichten. Die Jugend ist Opfer des globalen Kapitalismus und Imperialismus – die Armut vernichtet Millionen junger Leben, die soziale Katastrophe in vielen Staaten der Welt gibt der Jugend keine Lebensperspektive. Dies war erst recht 1907, zur Gründung der Jugendinternationalen der Fall – dies bezeichnet aber auch die Situation der globalen Jugend 2007.

Für den Aufbau einer neuen Jugendinternationale!

Im Jahr 2007 befinden wir uns in einer vorrevolutionären Periode – der US Imperialismus und der ausgerufene „Krieg gegen den Terrorismus“ als aktuelle imperialistische Losung führen Krieg gegen die islamische Welt und erleiden täglich die anstehende Niederlage im Irak und Afghanistan. Die EU befindet sich im Aufbau als direkter ökonomischer und politischer Konkurrent zur USA wie auch die ersten eigenen militaristischen Schritte und Missionen zeigen. Das globale Kapital führt einen intensiven Kampf um Märkte und Profite, Angriffe auf Arbeitsrechte und Lohnkürzungen in den kapitalistischen Zentren und Entrechtung und Versklavung in den Halbkolonien sind die Folgen für die Arbeiterklasse und die Jugend.

Diese imperialistische Periode, von manchen „Globalisierung“ oder „Neoliberalismus“ genannt hat einen breiten internationalen Protest und Widerstand hervor gerufen. Dort ist natürlich der direkte antiimperialistische Widerstand von den besetzten Völkern im Irak, in Afghanistan und Palästina, sowie der internationale Protest gegen die Globalisierung und deren Organe wie WTO, IWF oder die G8.

Bei den diesjährigen Protesten in Rostock gegen den G8 Gipfel war die Jugend entscheidend für eine aktivistische Mobilisierung und den militanten Widerstand gegen die Repressionsorgane. Diese Jugend ist in vielen Kämpfen beteiligt, sei es in der Intifada im Gaza Streifen oder im Kampf gegen das CPE Gesetz in Frankreich – sei es in der amerikanischen Friedens –und Menschenrechtsbewegung oder als Student gegen das Militärregime in Pakistan, die Kämpfe der Jugend richten sich international gegen Kapitalismus und Imperialismus.

Wir, von der unabhängigen internationalen Jugendorganisation REVOLUTION wollen die internationalen Kämpfe der Jugend zusammen führen, wollen eine sozialistische antiimperialistische Jugendinternationale aufbauen. Nach dem Vorbild von 1907 wollen wir die Jugend gegen Imperialismus und Krieg führen, wollen gegen die verbreiteten libertären und reformistischen Ideologien unter der Jugend ankämpfen und revolutionäre Organisationen aufbauen. Diese können dann die Kämpfe im Elternhaus, in der Schule, im Betrieb und an der Uni zusammen führen, können die Kämpfe der Jugend mit den Kämpfen der Arbeiterklasse verbinden.

In Rostock hatten wir von REVOLUTION gemeinsam mit anderen antiimperialistischen Jugendorg. eine Veranstaltung mit dem Thema „Vorwärts zu einer neuen Jugendinternationale“ bei der konkrete Fragen der Zusammenarbeit angesprochen wurden. Wir von REVOLUTION, wollen die Aktionseinheit von Rostock unter den antiimperialistischen Bündnissen aufrecht erhalten, wollen weitere Schritte zur Vernetzung und Koordinierung der einzelnen Gruppen gehen, wollen die Kämpfe auf nationaler und internationaler Ebene bündeln, als Voraussetzung für den Aufbau einer sozialistischen Jugendinternationale!

Die Kämpfe in Frankreich, Italien, Griechenland
und Chile haben in den letzten Jahren die Dynamik und Kampfbereitschaft der Jugend gezeigt, dort wo das Bündnis mit Teilen der Arbeiterklasse zu Stande kam, dort konnten auch Teilforderungen durchgesetzt werden. Dort wo allein reformistische Jungkarrieristen die örtliche Mobilisierung für eigene Zwecke nutzen, dort ist der Widerstand auch zusammen gebrochen wie bei den Studentenprotesten in Deutschland.

Dabei müssen wir gemeinsam mit der Avantgarde der Arbeiterklasse den Kampf um die politische Führung der ausgebeuteten und unterdrückten Klassen aufnehmen. Jugend und Arbeiterbewegung müssen auf revolutionärer Grundlage ihre Kämpfe vereinigen um somit eine neue Weltpartei der sozialistischen Revolution aufzubauen.

Jugend und Arbeiterklasse müssen auf der Grundlage des revolutionären Internationalismus neue kommunistische Parteien aufbauen, müssen die Lehren aus Reformismus und Degeneration/Stalinismus ziehen und den antiimperialistischen Kampf koordinieren und organisieren. Die revolutionäre Jugendinternationale ist dabei ein wichtiger Schritt zum Aufbau einer neuen revolutionären Internationale der Arbeiterbewegung – der 5. Internationale!

Keine Zukunft ohne Sozialismus !

Kein Sozialismus ohne Revolution !

Keine Revolution ohne Partei !

100 Jahre Jugendinternationale