Jugend und Corona – Keine Risikogruppe aber trotzdem am Arsch!

Paul Meyer

Bei
der Corona-Krise wird häufig über Risikogruppen und die Gefährdung
dieser geredet. Wir, die Jugend, werden in den Nachrichten häufig
als die dargestellt, die die Corona-Parties feiern und das Virus
verbreiten. Es wird dabei leider außer Acht gelassen, dass auch wir
unter dieser Krise zu leiden haben. Wir haben häufig keine Folgen
durch das Virus an sich, aber sehr wohl aus der daraus folgenden
Quarantäne. Vor allem durch die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen,
die uns quasi zu Hause einsperren. Diese treffen aber besonders
ärmere Menschen, die es sich nicht leisten können, ein Netflix-
oder Spotify-Abo zu haben und kein Rückzugsort besteht, in dem sie
ihre Schulaufgaben in Ruhe machen und sich entspannen können. Dieses
Fehlen des Rückzugsortes beinhaltet häufig auch das Fehlen eines
eigenen PCs oder der Hilfe der Eltern. Wenn die Schule wieder
anfängt, ist das ein großer Nachteil, weil die anderen
Schüler_Innen viel weiter im Lernstoff sind, als die ohne Endgerät
und Ruhe. Wir können auch nicht mehr unsere Rückzugsorte besuchen,
wie zum Beispiel Jugendclubs, in welchen wir Raum für
Selbstbestimmung haben, eigene Erfahrungen sammeln und aus den Augen
unserer Eltern sind. Zu Hause müssen wir dann häufig Hausarbeit
übernehmen, also einkaufen gehen, putzen, kochen und Care-Arbeit,
also uns z.B. um Verwandte kümmern, die krank sind. Der Anstieg an
häuslicher Gewalt trifft nicht nur Frauen, sondern auch Kinder. Das
kommt unter anderem daher, dass wir unseren Familienmitgliedern nicht
mehr aus dem Weg gehen können. Diese sind vielleicht frustriert,
weil sie ihren Job verloren haben durch die Krise oder
durch Kurzarbeit nur noch 60% ihres Gehaltes bekommen. Die
Kinder der Gewaltopfer können sich dann auch häufig nicht bei einer
Stelle melden, die dafür zuständig ist, weil sie unter dauerhafter
Kontrolle ihrer Eltern stehen. Es fallen nicht nur Jugendclubs weg,
wo wir uns mit unseren Freund_Innen treffen, sondern auch der Ort, wo
wir sie tagtäglich sehen würden, die Schule. Es gibt aber auch
einige unter uns, die schon arbeiten oder eine Ausbildung machen.
Dort sind wir die ersten, die entlassen werden, weil wir häufig nur
Zeit- oder Honorarverträge, nur als Minijob angestellt sind, oder
gar keinen offiziellen Arbeitsvertrag haben. Das macht es den
Arbeitgeber_Innen leichter, uns zu kündigen. In anderen Fällen, zum
Beispiel im Supermarkt, Essenslieferanten, Landwirtschaft, sind wir
die, die noch zur Arbeit geschickt werden, weil wir zu jenen gehören,
die nicht in der Risikogruppe sind. Höhere Löhne will uns unser_E
Chef_In trotzdem nicht zahlen. Wir sind aber essentiell wichtig zum
Fortbestand vieler Firmen. Die AfD-Bundestagsfraktion schlägt vor,
dass Schüler_Innen zur Zwangsarbeit in die Landwirtschaft geschickt
werden, um „dem Vaterland unter die Arme zu greifen“ und
„Disziplin zu lernen“. Die AfD benutzt hier Rhetorik, die
an den Faschismus erinnert.

Warum
ist das alles so? Der Grund liegt im Kapitalismus, also der Form
unserer Gesellschaft und des Wirtschaftens. Dieser ist darum
aufgebaut, den Besitz einiger weniger krass zu vergrößern, die
restliche Gesellschaft von diesem Reichtum fernzuhalten und trotzdem
alles stabil laufen zu lassen, indem zum Beispiel gesagt wird, dass
einem Sachen nur zustehen, wenn man sie sich „verdient“ hat und
nicht bloß, weil man sie braucht oder es gerecht wäre. So werden
einige der verschiedenen Unterdrückungsformen erklärt, die der
Kapitalismus braucht, um zu funktionieren. Auch wir Jugendlichen
werden unterdrückt, da uns nicht zugestanden wird, selbstbestimmt zu
sein. So haben wir weder das Recht, frei über unseren eigenen Körper
zu entscheiden noch das Recht auf Eigentum, da jeder Besitz, der
eigentlich uns gehören müsste, im Zweifelsfall gesetzlich noch
unseren Eltern gehört und wir von ihnen abhängig sind, weil wir
eigenes Geld und darauf folgenden Möglichkeiten noch nicht
„verdient“ haben. Falls wir schon arbeiten, werden wir deutlich
schlechter bezahlt, weil wir es vor oder während der Ausbildung noch
nicht „verdient“ haben, genauso viel (oder eher wenig) wie die
anderen Arbeiter_Innen zu verdienen. Und Menschen wählen, die unsere
Interessen vertreten, dürfen wir auch erst viel zu spät, weil wir
es uns vorher noch nicht „verdient“ haben, mitzusprechen. Die
Bevormundung und Prekarisierung wird uns immer wieder eingehämmert,
sodass sich viele von uns schon damit abgegeben haben und keinen
Widerstand leisten wollen. Wir aber schon! Wir bestehen trotzdem auf
unsere Rechte und Freiheiten und fordern deshalb:

  • Für
    das Recht statt bei der Familie in selbstorganisierten Jugendzentren
    in Quarantäne zu gehen. Natürlich müssen auch hier Betreuung und
    alle nötigen Infektionsschutzmaßnahmen gewährleistet werden.
  • Für
    den Ausbau von Schutzhäusern für Betroffene von häuslicher
    Gewalt!
  • Abschaffung
    aller Lizenzen für Streamingplattformen und Musik! Kultur darf kein
    Privileg der Reichen sein!
  • Lernmittel,
    wie Softwarepakete oder auch technische Grundausstattung wie
    Computer und Drucker müssen allen Schüler_Innen kostenlos zur
    Verfügung gestellt werden! Keine Benotung von E-Learning-Aufgaben!
  • Für
    die gleichwertig bezahlte Freistellung von nicht lebensnotwendigen
    Berufen und eine Garantie der Übernahme, wenn es medizinisch wieder
    zu verantworten ist, arbeiten zu gehen!
  • Für
    ein bedingungsloses Mindesteinkommen für Jugendliche, das uns ein
    unabhängigeres Leben ermöglicht. Bezahlt durch die höhere
    Besteuerung der Reichen!



Rezession, Angriffe, Revolutionen: Warum wir eine Jugendinternationale brauchen!

Lars Keller

Wenn wir die aktuellen
Geschehnisse in der Welt betrachten, wird eines sofort klar: nichts
ist sicher, nichts bleibt wie es ist. In Lateinamerika finden
fortschrittlich sowie rückschrittlich geprägte Proteste statt, in
Chile kam es zu einer Revolution, welche das gesamte Volk umfasst. In
den USA leiten die Demokraten ein Amtsenthebungsverfahren gegen
Donald Trump ein.

Die EU befindet sich
weiter in einer schweren Krise: der Brexit ist nach wie vor
Dauerthema, die Allianz Berlin – Paris bröckelt, die Festung
Europa lässt Tausende Menschen im Mittelmeer ertrinken. In
Frankreich findet seit Anfang Dezember ein Generalstreik gegen
Macrons Rentenreform statt. Nicht zu vergessen ist Europa das Zentrum
der globalen Klimabewegung geworden, mehrere Klimastreiks
mobilisierten Millionen von Menschen.

Im Nahen und Mittleren
Osten erheben sich ebenfalls die Volksmassen: der Libanon, der Iran
und der Irak werden von Massenprotesten erschüttert. Auch in Ägypten
gehen wieder Menschen gegen das diktatorische al-Sisi Regime auf die
Straße. Vor einigen Monaten konnten wir eine erfolglose Revolution
im Sudan sehen. Gleichzeitig sind fortschrittliche Errungenschaften
des arabischen Frühlings bedroht: Die Türkei startete vor einigen
Wochen einen militärischen Angriff auf das fortschrittliche Projekt
Rojava.

Reisen wir weiter
Richtung Asien, so kommen wir an vielen Pulverfässern vorbei:
Afghanistan und der Irak befinden sich seit über 15 Jahren im
Kriegszustand. Dem Iran droht weiterhin ein militärischer Überfall
durch die USA. Zwischen Pakistan und Indien gibt es einen
fortwährenden Konflikt um die Region Kashmir und Jammu. Und dann
bleibt noch Hongkong als Ort, wo Menschen seit Monaten auf die Straße
gehen um sich gegen die Unterdrückung durch die chinatreue Regierung
zu wehren.

Krise

Im Hintergrund all
dieser Kämpfe und Krisen steht, dass die globale Wirtschaft in eine
Rezession * rutscht und auf die nächste große Krise zusteuert.
Diese Krise ist eine Verschärfung der tieferen Krise im
Kapitalismus, welche 2008 zuletzt heftig ausbrach und die
Weltwirtschaft an den Rande des Abgrunds brachte. Die
Kapitalist_Innen stehen vor dem Problem, dass sie kaum noch
Möglichkeiten haben, ihr Kapital so zu investieren, dass ein
ausreichend großer Profit erzeugt wird. Daher geht es den
mächtigsten Ländern und Staatsverbünden um eine Neuaufteilung
dieser Welt. Sie streiten sich darum, wer Platz machen muss, damit
die anderen kapitalistischen Mächte weitermachen können, mit der
Jagd nach Profit und ewigem Wachstum. Wir nennen diese starken Mächte
imperialistisch – sie sind in der Lage bei allen möglichen
Weltfragen mitzureden und üben im gesamten Weltgeschehen Einfluss
aus. Zu diesen Ländern zählen wir hauptsächlich die USA, China,
Russland, Japan, Kanada, Australien sowie viele Staaten Europas,
allen voran Deutschland, Frankreich und Großbritannien, aber auch
Länder wie Italien oder Spanien, als schwächere Mächte.

Bei diesem Kampf um
Einflusssphären, Rohstoffe, Produktionsstandorte und Märkte wollen
dann auch Regierungen mit regionalem Einfluss mitspielen, die aber in
globalen Fragen weniger zu melden haben. Für den arabischen Raum
sind das Saudi-Arabien, die Türkei, der Iran und Israel. Sie
lavieren teilweise zwischen Großmächten und sind auf deren
Unterstützung angewiesen, während die Großmächte gleichzeitig um
diese Regionalmächte kämpfen.

Soziale Angriffe und Revolution

Die kapitalistische
Krise ist aber nicht nur mit dem Aufteilungskampf um die Welt
verbunden. Für die Kapitalisten ist klar: die Kosten der Krise
sollen einerseits ihre Konkurrenten, aber vor allem die
Lohnabhängigen, die breite Masse der Bevölkerung tragen. Daher
folgen schwere Angriffe auf soziale und demokratische
Errungenschaften. Sie bereiten einerseits die Grundlage für
Aufstände und Revolutionen, die sich gegen Regierungen und Kapitale
zur Wehr setzen, andererseits kann sich auf der Grundlage von
sozialem Abstieg auch der Rechtspopulismus bis hin zum Faschismus
breit machen.

In der ersten Reihe von
fortschrittlichen politischen Kämpfen stehen oft Jugendliche. Sie
sind weniger demoralisiert von Niederlagen und haben noch einen
längeren Lebenszeitraum vor sich, für den es zu kämpfen gilt.
Außerdem spielt immer auch der Kampf gegen Jugendunterdrückung –
sei es durch Familie oder den Staat – eine Rolle. Die Jugend ist
dabei allerdings keine eigenständige Klasse. Sie kommt aus der
Arbeiter_Innenklasse, Mittelschichten, Kleinbürger_Innentum oder
eben der Kapitalist_Innenklasse, ökonomisch ist sie meist abhängig
vom Elternhaus und zusätzlich oft auf besonders prekäre Jobs
angewiesen.

Ob ein
fortschrittlicher Aufstand oder eine Revolution erfolgreich ist,
misst sich daran, welche Kräfte die Situation zu nutzen wissen, um
dem Großteil der Bevölkerung einen Ausweg aus der Misere zu weisen
– wir würden sagen hin zu einem sozialistischen Umsturz und dem
Aufbau einer Rätedemokratie mit demokratischer Planwirtschaft. Wenn
dieses Ziel erreicht werden soll, braucht es wen des es vorschlägt
und taktische Schwachstellen des Gegners ausnutzen kann. Es braucht
also eine politische Führung für den Kampf. Dafür schlagen wir
allen militanten und fortschrittlichen Jugendlichen den Aufbau einer
Jugendinternationale vor!

Was ist das und wieso
brauchen wir das? Wie oben bereits beschrieben sind wir einem
international agierendem Gegner ausgesetzt. Die Bosse und Herrscher
sind trotz aller Konkurrenz gut gegenüber der Arbeiter_Innenklasse
organisiert und verfügen mit Geheimdiensten, Militär und
Institutionen wie Weltbank oder internationalem Währungsfonds über
mächtige Mittel Volksaufstände zu unterdrücken. Daher müssen auch
wir uns international aufstellen und organisieren. Doch wir als
Jugend können alleine nicht gewinnen. Wir besitzen nicht die Macht
die Produktion zu stoppen oder diese gar selbst zu übernehmen, auch
wenn viele von uns für wenig Geld arbeiten gehen. Daher muss eine
Jugendinternationale die Verbindung zur Arbeiter_Innenklasse suchen.
Diese braucht aus denselben Gründen wie die Jugend eine
internationale Organisation – eine Weltpartei, eine neue, fünfte
Internationale. Diese muss Kämpfe international zusammenführen und
in den jeweiligen Ländern in Aufstände intervenieren um ihnen eine
sozialistische Perspektive zu weisen.

Wir wollen das anhand
des Beispiels der chilenischen Revolution veranschaulichen.

Das Beispiel Chile

Seit Oktober befindet
sich Chile in Aufruhr. Die Proteste entzündeten sich an der
Ticketpreiserhöhung von U-Bahnen und entwickelten sich rapide weiter
bis zu den Forderungen nach einem Sturz der rechten Regierung von
Sebastian Pinera, einer Verfassungsänderung durch eine
konstituierenden Versammlung sowie umfangreichen Reformen in
Sozialversorgungssystem wie Renten und Gesundheitsversorgung.

Teile der Opposition
haben sich durch einen faulen Kompromiss mit der Regierung Mitte
November kaufen lassen: Eine Verfassungsreform soll kommen, aber erst
im April 2020. Die verfassungsgebende Versammlung soll zur Hälfte
aus Delegierten der Bevölkerung und zur anderen Hälfte aus
Parlamentsmitgliedern bestehen und mit einer 2/3 Mehrheit in einem
Volksentscheid angenommen oder abgelehnt werden. Zu Recht kritisiert
der Vorsitzende der Chilenischen Kommunistischen Partei (PC),
Guillermo Teillier, dass dieser Schlüssel den Rechten Kräften ein
Veto über die Verfassung ermöglicht.

Die breite Masse ließ
sich durch den verräterischen Kompromiss nicht blenden und geht nach
wie vor auf die Straße. Zwar haben Gewerkschaften, PC und Frente
Ampilo (linke Sammelbewegung „Breite Front“) dem Kompromiss nicht
zugestimmt – von dessen Verhandlungen sie ohnedies ausgeschlossen
waren – dennoch machen sie politische Fehler und bremsen den Kampf
aus. Sie beschränken sich letztlich auf umfassende politische und
soziale Reformen und richten sich nicht auf eine Revolution der
Arbeiter_Innenklasse aus.

Was sollte stattdessen
eine kommunistische Jugendorganisation und Partei tun? Die Lage in
Chile stellt die Machtfrage: Behalten die chilenischen
Kapitalist_Innen, Militärs und damit verbunden das Finanzkapital
imperialistischer Staaten wie den USA die Macht wie bisher, oder
übernimmt die Arbeiter_Innenklasse die Macht? Dazwischen gibt es
nichts. Solange das Kapital über die ökonomischen Mittel der
Gesellschaft bestimmen kann und den nicht wählbaren Teil des Staates
(Militär, Polizei, Geheimdienst, Justiz) kontrolliert, wird die
Bevölkerung früher oder später niedergeworfen, werden die Reformen
angegriffen. Derzeit versucht sich Pinera noch auf dem Wege fauler
Kompromisse zu halten, doch wenn der Protest seine Energie verlieren
sollte, kann schnell der entscheidende Schlag gegen ihn erfolgen.

Daher müssten sich
Kommunist_Innen auf die Mobilisierung der Arbeiter_Innenklasse
fokussieren und folgendes Programm vorschlagen:

Für
einen unbefristeten Generalstreik, der die Regierung stürzt, durch
eine Arbeiter_Innenregierung ersetzt und sich auf Räte und Milizen
der Arbeiter_Innen, einfachen Soldat_Innen und armen Bäuer_Innen
selbst stützt!

Enteignung
des Großgrundbesitzes, der Schlüsselindustrien, Banken, Bergwerke
und ausländischen Kapitale unter ArbeiterInnenkontrolle!

Für
einen massiven Ausbau von Sozialem und Infrastruktur: Kostenloser
ÖPNV, massive Erhöhung von Löhnen und Renten und der Aufbau einer
staatlichen Gesundheitsversorgung sind nur Teile dessen! – Für einen
demokratischen Plan gesellschaftlich notwendiger Arbeiten!

Für
eine verfassungsgebende Versammlung, die unter Kontrolle der
Arbeiter_Innenklasse steht! Nein zu jedem Kompromiss mit bürgerlichen
Kräften!

Zerschlagung
des bürgerlichen Staatsapparates und Ersetzung durch einen Staat,
der die Macht der Arbeiter_Innen sichert!

Sollten diese
Forderungen von der breiten Masse aufgegriffen und umgesetzt werden,
wären natürlich sofort internationale Angriffe auf die chilenische
Revolution zu erwarten. Hier kommt die Jugendinternationale und eine
kommunistische Internationale der Arbeiter_Innenklasse ins Spiel:
Ihre chilenische Sektion müsste die oben aufgeführten Punkte
aufwerfen, doch letztlich ginge es darum die Perspektive in alle
Länder, insbesondere Lateinamerikas zu tragen und die Angriffe auf
Chile in ihren eigenen Ländern mit Generalstreiks und
Massenprotesten bis hin zu weiteren sozialistischen Revolutionen zu
beantworten. Daher lautet unser Gesamtslogan für Lateinamerika:

Für die vereinigten
sozialistischen Staaten Lateinamerikas!

*Einfach gesagt ist
eine Rezession ein wirtschaftlicher „Abschwung“. Während dieser
Phase stagniert, oder schrumpft die Wirtschaftsleistung eines
Landes/Kontinents o.ä. Damit einher geht der Anstieg der
Arbeitslosenquote. Die Nachfrage (vornehmlich in der Industrie)
sinkt….




FSJ und Bufdi: Freiwilliges Soziales Lohndumping?!

Felix Ruga

Endlich durch die Schule gekämpft und den erhofften Abschluss in der Tasche! Jetzt stellt sich die Frage: Direkt Studium oder Ausbildung oder vielleicht erstmal ein Jahr was anderes als Lernen? Für Viele ist genau hier das Angebot der Freiwilligendienste attraktiv – am prominentesten dabei das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) oder der Bundesfreiwilligendienst (BFD). Man kann etwas Erfahrung im Berufsleben aber auch im Umgang mit anderen Menschen sammeln, zeigt Engagement für Bedürftige, möchte die eigenen Stärken und Schwächen weiter kennenlernen und vor allem muss man sich nicht jetzt schon entscheiden, mit welchem Beruf man für den Rest des Lebens seine Brötchen verdienen muss. Andere werden jedoch auch vom Jobcenter gar nicht so „freiwillig“ zum Dienst gezwungen, um die Arbeitslosenstatistik zu senken. So gibt es jährlich über 100.000 Jugendliche, die einen Freiwilligendienst leisten.

Offiziell sind FSJ und BFD weder Arbeits- noch Ausbildungsverhältnisse, sondern laut Gesetz ein „Bildungsjahr“. Dies zeigt sich unter anderem in den Seminaren (25 Seminartage sind gesetzlich vorgeschrieben), in denen z.B. der Arbeitsalltag reflektiert wird oder politische Bildung stattfindet. Abgesehen von den Seminaren ist man jedoch die ganze Zeit in den Betrieben und Institutionen und leistet dort meistens unersetzliche Arbeit, ohne die der Laden den Bach runtergehen würde. Viele berichten, dass sie Aufgaben erledigen müssen, für die sie eine Ausbildung oder mehr Erfahrung bräuchten, die rein gar nichts mit sozialem Engagement zu tun haben oder sie unter krassen emotionalen Stress setzen. Man wird meistens einfach wie eine billige Arbeitskraft benutzt. Und fast alle Betriebe sind sich einig, dass es ohne all die Freiwilligen niemals gehen würde. Jedoch spiegelt sich dieser Umstand nicht im Lohn wider: Es gibt ein „Taschengeld“ von ca. 300€ und mit etwas Glück noch Geld für Verpflegung. Gleichzeitig ist es jedoch Pflicht, dass die volle Wochenarbeitszeit geleistet wird, wodurch der Stundenlohn bei gerade einmal 2,50€ liegt! Fahrtkosten werden dabei nicht bezahlt, sodass man locker ein Viertel direkt wieder los ist. Kaum ausgeglichen wird das durch kleine Zugeständnisse, wie dass es das Fachabi erleichtert, als Wartesemester beim späteren Studium anerkannt wird oder dort ein Pflichtpraktikum ersetzt.

Wir Jugendliche sollen hier als Notpflaster für den Pflege- und Bildungsnotstand herhalten, indem wir mit einigen staatlichen Zugeständnissen und dem guten Gefühl des sozialen Engagements dazu verleitet werden, für viel zu wenig Geld arbeiten zu gehen. Die Bundesregierung, die die Pflege, Gesundheit und Bildung zunehmend der Konkurrenz des freien Marktes überlässt, hat mit Sparmaßnahmen, Privatisierung und systematischer Unterbezahlung (insbesondere von weiblichen* Angestellten) ein riesiges Loch im sozialen, pädagogischen und medizinischen Bereich aufgerissen. Die Folgen sind sinkende Qualität, Überlastung, Burn-Outs und Personalmangel. Nachdem nun der Zivildienst abgeschafft wurde hat sich der Staat mit den Freiwilligendienstprogrammen eine noch kostengünstigere und langfristigere Möglichkeit einfallen lassen, Jugendliche in dieses Loch zu stopfen. Möglich ist das meist nur dadurch, dass die meisten Jugendlichen noch bei den Eltern wohnen und noch nicht wissen, wie viel sie eigentlich für ihre Arbeitskraft verlangen könnten (Dies bezeichnet man als „Überausbeutung“: Voll zu arbeiten, aber trotzdem davon nicht alleine leben zu können). Dabei sind wir nicht nur billige Arbeitskräfte, sondern drücken auch noch zusätzlich die Löhne der anderen Beschäftigten oder ersetzen sogar die Arbeitsplätze von ausgebildeten Fachkräften. Selbst bei den Ausbildungskosten wird hier gespart, da FSJler_Innen ja häufig dieselben Tätigkeiten wie die Festangestellten ausführen, ohne dass Geld für ihre Ausbildung ausgegeben werden musste.

Die Initiative und das Engagement von Jugendlichen etwas Soziales für die Gesellschaft beisteuern zu wollen sind natürlich trotzdem total cool und richtig. Der Spaß muss nur gerecht bezahlt werden und die anderen Beschäftigten dürfen nicht darunter leiden. REVOLUTION fordert deshalb:

– Senkung der Wochenarbeitszeit auf 30 Stunden! Festlegung der Anzahl und des Inhalts der Seminartage durch FSJler_Innen und BFDler_Innen!

– Tarifliche Bezahlung auch für FSJ und BFD sowie Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro netto! Mietzuschüsse für die, die es brauchen! Terifliche Bezahlung für alle im sozialen Bereich!

– FSJler_Innen sind nicht dafür da, die Lücke im sozialen Sektor zu stopfen! Für ein gesellschaftliches Programm nützlicher Arbeit, welches massiv die Ausbildungs- und Personalzahlen im Sozial- und Pflegebereich erhöht – festgelegt und kontrolliert durch Gewerkschaften und Beschäftigte, finanziert durch erhöhte Besteuerung von Reichen!




Tarif deluxe – wirklich Luxus?

VON CHRISTIAN MAYER

In den aktuellen Tarifrunden fordert die ver.di-Jugend einen „Tarif deluxe“. Doch was hat es damit auf sich und was sind die Perspektiven in diesem Kampf?

„Tarif deluxe“ als bundesweite Kampagne

Die Kampagne bezieht sich auf die Tarifrunden, die in diesem Jahr stattfinden, wie etwa im öffentlichen Dienst, bei der Post oder auch der Telekom. Dabei wurden von den jeweiligen Tarifkommissionen der einzelnen Branchen verschiedene Forderungen aufgestellt, bei der die ver.di-Jugend eigene Forderungen zusätzlich speziell für Azubis, StudentInnen und junge Angestellte einbringen konnte. Diese Forderungen reichen von Erhöhungen der Ausbildungs- bzw. Praktikumsvergütung, über den rechtlich gesicherten Anspruch auf Übernahme nach dem Ende der Ausbildung in Vollzeitstellen hin zu weiteren, für die jeweiligen Fachbereiche geltende Sonderregelungen wie z.B. einem jährlichen Kostenzuschuss für Lehrmittel in Höhe von 50 € oder auch den vollen tarifvertraglich garantierten Urlaubsanspruch von 30 Tagen für alle Azubis und Student_Innen im öffentlichen Dienst (wobei Azubis in der Pflege weiterhin ihren Zusatzurlaub von 12 Tagen behalten sollen).

Zusammengefasst geht es also darum, die grundlegenden Dinge rechtlich bindend festzulegen, wie es in anderen Branchen z.B. in der Metall- und Elektroindustrie üblich ist und die IG Metall dort die Grundlagen im Manteltarifvertrag für Azubis (MTV Azubi) sogar extra in einem Tarifvertrag festgelegt hat.

Bedeutet diese Tarifrunde wirklich Luxus?

Geht man von der aktuellen Situation in den jeweiligen Branchen aus, so kann man doch schon einiges an Unterschieden feststellen. Gerade in der Pflege ist die Ausbildung ein echter Knochenjob. Durch Kürzungen und Streichungen von Arbeitsplätzen wurde die Arbeit immer intensiver und man muss mehr Patient_Innen in weniger Arbeitszeit versorgen. Oft ist die Zeit dabei so knapp, dass man nur wenige Minuten hat, um sich um eine Person zu kümmern. Dabei kommen auf eine Pflegekraft im Durchschnitt zwischen 5 und 10 Patient_Innen je nach Station. Durch den extremen Druck und Stress schaffen es viele Azubis nicht, ihre Ausbildung zu Ende zu bringen und selbst dann, wenn sie es schaffen, sind sie meistens nach wenigen Jahren körperlich und psychisch so angeschlagen, dass sie ihren Beruf aufgeben müssen. Hier wäre eine Verbesserung der Arbeits- und Ausbildungsbedingungen durchaus möglich, allerdings gibt es zu wenig Leute, die diesen Beruf erlernen wollen, was auch an der schlechten Bezahlung und den völlig überfüllten Schichtplänen liegt.

Doch wie sieht es in anderen Branchen bei ver.di aus? Eine rechtlich bindende Übernahme in den erlernten Beruf nach der Ausbildung ist auf jeden Fall das Beste, was man erreichen kann. Doch auch hier gibt es seitens der „Arbeitgeber_Innen“, oder besser gesagt den Kapitalist_Innen, Widerstand, das umzusetzen. Schließlich bedeuten mehr Arbeiter_Innen, die festangestellt sind, mehr Lohnkosten, was wiederum die Gewinnaussichten und damit die zu erzielenden Profite schmälert. Gerade bei börsennotierten Unternehmen, wie etwa der Post oder der Telekom, werden Sparmaßnahmen in Krisenzeiten immer auf dem Rücken der Beschäftigten gelöst, indem diese entlassen werden. Für Azubis bedeutet dies, dass sie nach dem Ende ihrer Ausbildung entweder gar nicht oder nur befristet übernommen werden.

Hier lohnt sich nochmals der Vergleich mit dem MTV Azubi der IG Metall: Auch hier sind grundlegende Dinge wie z.B. die rechtlich verbindende Übernahme nach Ende der Ausbildung geregelt, allerdings bleibt es den einzelnen Unternehmen überlassen, ob sie ihre Azubis komplett oder nur einen Teil unbefristet übernehmen. Je nach Unternehmen kann es auch unterschiedliche Betriebsvereinbarungen geben, in denen z.B. Quoten festgelegt werden, wie viele Azubis und Student_Innen übernommen werden müssen und wie viele davon am Ende tatsächlich unbefristet arbeiten dürfen. Uns ist zwar klar, dass Tarifverträge die grundlegenden Probleme und Bedürfnisse von Azubis und Student_Innen im Kapitalismus nicht endgültig lösen können, trotzdem fordern wir:
Tarifverträge flächendeckend für alle Berufe und Branchen und zwar ohne Ausnahmen wie Quotenregelungen!

Kampfperspektiven

„Tunnelblickgewerkschaften“ wie die IG Metall oder auch die IG BCE (Bergbau, Chemie, Energie) sind seit Jahren (eigentlich seit Jahrzehnten) nur bedingt bereit, für eine bessere Zukunft zu streiken und verfolgen nur ihre eigenen Interessen, um sich nach Abschluss der Verhandlungen für ihre eigenen Tarifergebnisse kritiklos abzufeiern, obwohl gerade die Branchen der IG Metall so wichtig für die herrschende Klasse sind, dass bei einem flächendeckenden Streik Zugeständnisse gemacht werden müssen. Daher ist es wichtig, nicht nur für mehr Streiks der sog. „Tunnelblickgewerkschaften“ einzutreten, sondern auch dafür, dass diese endliche eine Vorreiter_Innenrolle im gewerkschaftlichen Kampf einnehmen. Die unterschiedlichen Gewerkschaften müssen sich vernetzen, gegenseitig unterstützen und sich solidarisch erklären – Für die Legalisierung von Solidaritätsstreiks! Weg mit dem Verbot von politischen Streiks!

Was Arbeiter*Innen, Angestellte und Azubis in anderen Branchen machen interessiert dabei wenig bis gar nicht. Von einem solchen „Luxus“ wie der tarifvertraglich möglichen individuellen Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 28 Stunden/Woche, wie sie es seit diesem Jahr in der Metall-und Elektroindustrie gibt, können Arbeiter_Innen und Angestellte etwa in der Pflege oder im Gaststättengewerbe nur träumen. 45 bis 50 Wochenarbeitsstunden sind hier „Normalzustand“, eher werden es sogar mehr und die angehäuften Überstunden können gar nicht abgebaut werden.

Aber auch ver.di ist in der Hinsicht nicht wirklich besser. Zwar gibt man sich kämpferischer als die beiden genannten Industriegewerkschaften, allerdings lässt man Tarifauseinandersetzungen lieber kontrolliert eskalieren, indem man verschiedene Stufen zündet und bevor es zum Vollstreik kommt, trifft man sich eben doch mit den „Arbeitgeber_Innen“ und kommt zu einem Ergebnis.

Doch es ist möglich, gegen diesen Zustand der Gewerkschaften zu kämpfen, auch wenn dieser Kampf zäh und hart ist. Wichtig ist vor allem, dass sich die Gewerkschaftsjugend, aber auch die Arbeiter_Innen und Angestellten, gewerkschaftsübergreifend vernetzen und ihre Forderungen demokratisch selber aufstellen und diese auch mit allen Kampfmitteln bis hin zum unbefristeten Vollstreik durchsetzen. Ebenfalls ist es notwendig, dass die Verhandlungsführer*Innen demokratisch gewählt werden und der Basis jederzeit rechenschaftspflichtig sind und auch zu jedem Zeitpunkt abgewählt und durch andere ersetzt werden können. Gleichzeitig sollen die Verhandlungsführer_Innen keine Sonderrechte gegenüber den anderen Gewerkschaftsmitliedern haben und den gleichen Lohn verdienen wie ihre Kolleg_Innen.

Wir fordern daher:

• Demokratische Legitimierung der Verhandlungsführer_Innen durch eine Wahl der Basis!
• Jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit von Verhandlungsführer_Innen!
• Keine Sonderrechte und Sonderbehandlung der Verhandlungsführer_Innen – Alle sollen den gleichen Lohn bekommen!
• Erhöhung sowohl von Ausbildungs- und Praktikumsvergütung und Angleichung dieser an den Lohn von
Arbeiter_Innen und Angestellten!
• Erhöhung des Lohnes von Arbeiter_Innen und Angestellten auf 12€/Stunde bei vollem Personalausgleich!
• Für die Verteidigung von Streiks durch Streikposten. Keine Chance den Streikbrecher_Innen! Einbeziehung von
unorganisierten Kolleg_Innen sowie von Leiharbeiter_Innen und allen anderen prekär Beschäftigten!
• Verteidigung der Streiks gegen Angriffe von Bullen und Rechten! Organisierung und Durchführung von Selbstverteidigungskursen in Betriebssportgruppen, wo diese vorhanden sind!




Jugendunterdrückung im Betrieb: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“

VON LARS KELLER


Diesen Spruch haben schon viele Azubis, vor allem im technischen und handwerklichen Bereich, von Gesell_Innen und Ausbilder_Innen gehört und sich gefragt: „Was soll das eigentlich heißen?“ Die Redewendung kann im extremen Fall auch so übersetzt werden: „Ich bin der Ausbilder, weiß wie es läuft und der Azubi hat zu tun, was ich sage!“ Andere Sprüche, die man als Azubi zu hören bekommen kann sind beispielsweise „Saustift“ (Azubi im ersten Lehrjahr) oder „Arsch zum Bier holen“ (A-zu-Bi). Nun wird das sicherlich nicht immer ernst gemeint sein, aber es nervt doch irgendwie – mal davon abgesehen, dass „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ auch ein männlich dominiertes Berufsbild reproduziert. Nun, woher kommen eigentlich solche Sprüche und was bewirken sie?


Meist haben die Ausbilder_Innen diese Sprüche selbst aufgeschnappt und zu hören bekommen, als sie Lehrlinge waren und sie auf der untersten Hierarchiestufe im Betrieb standen und die Drecksarbeit machen mussten oder den Gesell_Innen das Werkzeug nachschleppen mussten. Später dann, als sie ausgelernt hatten und ihnen Azubis unterstellt wurden, hatten diese dann wiederum jemanden, der ihre ätzende Arbeit macht – und so geht der Kreislauf weiter.


Gewiss ist heute vieles besser als noch vor einigen Jahrzehnten, sei es vom Gehalt her oder die Tatsache, dass Azubis heute nicht mehr geschlagen werden, wenn ihnen Fehler unterlaufen. Auch ein Lehrgeld müssen Azubis oder ihre Familie heute für gewöhnlich nicht mehr an den Betrieb entrichten. In großen Konzernen wird zudem einiges für die positive Entwicklung von Jugendlichen getan, sei es durch Seminare für soziale Kompetenz oder die Finanzierung des Führerscheins.


Und dennoch: Sprüche wie die oben aufgezählten, das Abwälzen der notwendigen, einfachen und doch beschwerlichen Arbeit auf den Azubi oder zu sagen, dass die Auszubildenden stets gehorsam zu sein haben – all das reproduziert die Jugendunterdrückung am Arbeitsplatz – vor allem in kleinen Betrieben, wo man als Azubi nicht einfach so die Abteilung wechseln kann.


Dabei spreche eigentlich vieles dafür nach einer gewissen Lehrzeit die Azubis mehr einzubeziehen. In der Berufsschule erlernen sie den aktuellen Stand der Technik, die gültigen Vorschriften und moderne Arbeitsweisen. Bei den Ausbilder_Innen oder Facharbeiter_Innen ist das häufig nicht oder nur teilweise der Fall, je nach dem wie gut sie weitergebildet werden, für Weiterbildung offen sind oder wie weit ihre eigene Ausbildung zurückliegt.


Aber natürlich ist es so, dass man als Azubi da nur selten den Mund auf macht und die Facharbeiter_Innen auf Fehler oder so hinweist. Ganz zu Schweigen davon, den Mut aufzubringen und sich darüber beschweren, dass ständiges Kaffee holen nicht in den Rahmenlehrplan gehört oder dass bloßes Zuschauen nur eine begrenzten Bildungseffekt hat. Und natürlich schaltet man lieber auf Durchzug, wenn der Meister etwas Rassistisches oder Sexistisches von sich gibt, als sich dem entgegenzustellen. Der Grund ist ganz einfach: Wenn wir es uns mit den Facharbeiter_Innen verscherzen, spricht sich das erstens schnell herum und zweitens wird die ohnehin schwierige Aufgabe, in der Arbeitswelt Fuß zu fassen, noch erschwert, weil man die Gunst der Facharbeiter_Innen oder Ausbilder_Innen verloren hat. Und das, obwohl junge Arbeiter_Innen meist ohnehin den meisten sozialen Kontakt am Arbeitsplatz erfahren, eben weil sie dort an die 40 Stunden in der Woche sind und Freund_Innen daher nicht mehr so oft sehen können, wie noch zur Schulzeit.


Und nun stellt sich aber doch die Frage: Gibt’s denn gar keinen Weg, die Jugendunterdrückung im Betrieb zu bekämpfen?


Doch die gibt es. Es gibt zum Beispiel die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV), die Azubis und junge Arbeiter_Innen selbst wählen und die für deren Belange und Rechte bei Betriebsrat und bei den Chefs eintreten sollen. Sie können zum Beispiel die Versetzung in eine andere Abteilung durchsetzten, wenn man als Azubi in seiner aktuellen Abteilung nicht mit den Vorgesetzten oder Meister_Innen klar kommt. Eine andere Möglichkeit ist, sich an seine entsprechende Gewerkschaft, bzw. Gewerkschaftsjugend zu wenden.


Es muss aber gesagt werden, dass sich Gewerkschaftsbosse und -funktionäre den Chefs der Betriebe zumeist näher stehen als ihrer eigenen Mitgliedschaft – selbiges gilt für Betriebsräte. Die JAV hat meist eine gewisse Abhängigkeit vom Betriebsrat, bzw. die Jugendgewerkschaft von der Gewerkschaft. Manche in der JAV streben durchaus eine Karriere im Betriebsrat an und die Betriebsräte suchen auf der anderen Seite Nachfolger_Innen, die ihre Politik des Betriebsfriedens anstelle von Arbeitskämpfen übernehmen. Und so setzt sich eine Form der Jugendunterdrückung auch da fort, wo Jugendlichen eigentlich geholfen werden sollte, die Unterdrückung loszuwerden.


Wir müssen abschließend festhalten, dass ein wirkliches Ende der Jugendunterdrückung im Betrieb wie auch sonst auf der Welt, im Kapitalismus nicht zu machen ist. Die Chefs setzten auf Spaltung der Arbeiter_Innen und das, was sie den Facharbeiter_Innen aufhalsen, kriegen Azubis zu spüren. Dem stellen wir die Perspektive des gemeinsamen Kampfes der Azubis und Facharbeiter_Innen entgegen. Die Lehrpläne sollen von Azubis und Facharbeiter_Innen gemeinsam in dafür gewählten Kommissionen entwickelt werden. Zu guter Letzt müssen die Betriebe von Arbeiter_Innen geführt werden und sich nicht im Privatbesitz eines Kapitalisten befinden. Dann gäb’s nämlich keine Chefs mehr, über die sich junge wie alte Arbeiter_Innen auskotzen.





Warum sollten Jugendliche gegen G20 protestieren?

VON JAQUELINE KATHERINA SINGH

 

Jährlich verhungern 8,8 Millionen Menschen. 1,2 Milliarden Menschen haben nicht mehr als 1€ pro Tag zur Verfügung. Wenn wir die Umwelt weiter wie bisher zerstören, brauchen wir bis 2035 spätestens eine zweite Erde. Und das sind nur einige der Probleme, die wir hier haben.
Doch was hat das Ganze mit dem G20-Gipfel am 7. und 8. Juni in Hamburg zu tun? Ganz einfach: Dieser Gipfel ist die Spitze des Eisbergs. Die mächtigsten Staatsoberhäupter, unzählige Lobbyist_Innen und Institutionen wie der IWF kommen zusammen, reden über die Probleme der Welt und versuchen dabei, ihre eigenen Interessen durchzusetzen.
Unter der Wasseroberfläche ist aber der gigantische Klotz an Problemen, die sie mit ihrer Politik produzieren: Hunger, Umweltzerstörung, Krieg, Armut und Ausbeutung. Aber warum sollten wir Jugendliche gegen den G20 Gipfel protestieren? Weil wir diejenigen sind, die unter der aktuellen Politik und ihren Folgen leiden müssen!

 

Die Situation ist angespannt…

 

Das Bild, was die G20-Teilnehmer_Innen in der Vergangenheit nach Außen getragen haben, ist am bröckeln. Ursprünglich entstand das Treffen aus der Not heraus: Die Weltwirtschaftskrise 2008/09 erforderte, dass vorher schon existierende Treffen der Finanzminister_Innen so umzuformen, dass sich stattdessen alle Staatsoberhäupter treffen.

 

Doch seitdem ist viel passiert: Mit dem Ukraine-Konflikt ist Russland aus den G8 Staaten geflogen, als Zeichen, dass es seine Politik nicht einfach so ohne Folgen umsetzen kann. Trump ist Präsident und droht offen anderen Ländern mit Krieg. Das sind nur einige Beispiele für die zunehmenden internationalen Spannungen, die das schöne Bild der Nationen, die „gemeinsam“ versuchen, die Probleme der Welt zu lösen, ins Wanken geraten lässt.

 

Aber warum ist das eigentlich so?

 

Oben schon mal am Rande erwähnt, müssen wir, wenn wir diese Frage beantworten wollen, uns die Weltwirtschaftskrise 2008/09 ein bisschen genauer anschauen. Während wir hier in Deutschland nicht besonders viel von dieser Krise gemerkt haben und uns höchstens daran erinnern, dass man sich als Reaktion darauf ein neues Auto billiger anschaffen konnte, sieht das in anderen Ländern ganz anders aus.

 

Ein Beispiel, das besonders deutlich macht, dass so eine Krise existiert und zu Lasten der Bevölkerung geht, ist Griechenland. Die angeblichen „Rettungspakte“ sind an Sparmaßnahmen geknüpft, die die Bevölkerung dort in massive Armut gestürzt haben. So sind aktuell immernoch knapp 50% der Jugendlichen arbeitslos und über 300 000 Angestellte verdienen im Monat gerade mal zwischen 100 und 400€. Und das, obwohl viele von ihnen in ihrer Stelle informell zu einer 40-Stunden Woche gezwungen werden!
Auch in anderen Ländern wie Spanien hat die Krise hart zugeschlagen. In Frankreich ein bisschen weniger, aber immernoch genug, um den französischen Imperialismus langfristig zu schwächen. Im Zuge dessen sind gerade im Bereich der Bildung massive Kürzungen gefahren worden. Zudem haben Jugendliche und auch Frauen massiv ihre Jobs verloren oder haben aufgrund der Ausweitung von Leih- und Zeitarbeit eine unsichere, schlecht bezahlte Zukunftperspektive aufgetischt bekommen. Aber mit der Krise sind nicht nur Angriffe auf uns einher gegangen. Sie hat auch dafür gesorgt, dass eine internationale Konkurrenz sich verschärft und daraus einige andere Dinge ins Rollen gekommen sind…

 

Internationaler Rechtsruck

 

Ob Trump, LePen, Erdogan oder May: Überall auf der Welt sehen wir Rassist_Innen und rechte Populist_Innen im Auschwung oder an der Regierung. Nationaler Chauvinismus, sowie dumme Stereotype nehmen zu. Mit ihnen kommt auch der Ruf, die Grenzen zu schließen, massenhaft Menschen abzuschieben und Geflüchtete und Migrant_Innen zu Menschen zweiter Klasse herabzusetzen.

 

Warum? Verkürzt kann man sagen, dass insbesondere kleinere Firmen, also mittelständische Unternehmen, Angst haben, ihre Stellung zu verlieren. Die zunehmende Monopolisierung, aber halt auch die Auswirkungen der Krise befeuern ihre Angst, sozial abzusteigen und selber zu Arbeiter_Innen zu werden. Deswegen fangen sie an, herumzubrüllen: Protektionismus, Nationalchauvinismus, Standortborniertheit, das sind ihre Argumente, um sich zu schützen. Kurz gesagt: Sie wollen das Rad der Zeit aufhalten, um nicht ihren Reichtum zu verlieren; sich gegen die internationale, arbeitsteilige Struktur des Gesellschaftssystems stellen. Weil es zusätzlich im Großteil der Welt keine starke Linke gibt, die eine klare Kante gegen den Rassismus stellt und gleichzeitig Forderungen aufgreift, die die Situation von Arbeiter_Innen und Jugendlichen verbessern würde, rutschen dann auch Teile dieser nach rechts. Dabei hat dieser Rechtsruck für uns Jugendliche ziemlich beschissene Folgen! Für Manche von uns bedeutet das, dass sie selbst oder ihre Freund_Innen in Kriegs- und Krisengebiete abgeschoben werden. Das Schließen der Grenzen bedeutet eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit für uns Alle.

 

Daneben bedeutet das Erstarken der Rechten auch eine physische Bedrohung für Menschen mit Migrationshintergrund, sowie Linke. Dass das nicht aus der Luft gegriffen ist, sehen wir, wenn wir einen Blick nach Polen werfen. Dort werden regelmäßig Linke von Faschist_Innen gejagt. Aber auch hier in Deutschland hat sich in den letzten zwei Jahren etwas verändert. Während die NDP noch in den 90ern für den Slogan „Kriminielle Ausländer abschieben!“ verachtet wurde, ist das Heute gängige Praxis. Auch häufen sich rechte Straftaten und physische Angriffe. Brandanschläge auf Unterkünfte von Geflüchteten haben sich in den letzten 3 Jahren mehr als verdoppelt. Das wollen wir nicht hinnehmen! Bei den Gegenprotesten zu G20 kämpfen wir für offene Grenzen und Staatsbürger_Innenrechte für Alle! Wir kämpfen gegen das Erstarken der Rassist_Innen und Rechtspopulist_Innen und die Politik, die ihr entstehen überhaupt erst ermöglicht!

 

Kampf um die Neuaufteilung der Welt

 

Aber das ist nicht Alles: Gleichzeitig zum Rassismus steigt auch die Militarisierung. Die aktuellen Schlagzeilen lassen bei uns ein mulmiges Gefühl entstehen, wenn wir die Zeitung aufschlagen oder uns die Nachrichten anhören. Ob nun der Krieg in Syrien, die Grabkämpfe zwischen China und den USA im Pazifik oder die Sanktionen gegen Russland. Weltweit scheint der Frieden zu bröckeln. Allein in den Konflikten in Afghanistan, dem Iran, der Ukraine und Syrien sind über 3 050 000 Menschen gestorben und einige dieser Konflikte fordern auch heute noch regelmäßig Tote. In jeder dieser Auseinandersetzungen waren übrigens mehrere G20-Staaten beteiligt und haben versucht, ihr eigenes Interesse durchzusetzen, wie beispielsweise die USA und Russland in Syrien und der Ukraine.

 

Nicht besser wird das Ganze dadurch, dass parallel die weltweiten Rüstungsausgaben steigen, Truppen verschoben werden und die Werbung für’s Militär mehr und mehr in den Alltag rückt. Sei es nun in China, wo die Volksbefreiungsarmee mit Rapvideos für sich wirbt oder in Deutschland, wo die Bundeswehr zu kostenlosen IT-Camps mit Videospielen einlädt. Dies passiert wiederum kurz gesagt deswegen, weil die Möglichkeit, andere Länder auszubeuten, sich mehr und mehr erschöpft und der Verteilungskampf auf direkterer Ebene geführt wird.

 

Für uns bedeutet dass, dass wir zusehen müssen wie immer mehr und mehr Geld in die Waffenindustrie geblasen wird, während es an andere Stelle fehlt. Letztendlich bedeutet es auch, dass wir im Falle eines Krieges unser Leben für eine Politik, die wir nicht zu verantworten haben und Profite, die wir nie zu Gesicht bekommen, geben müssen.

 

Deswegen sagen wir: Krieg dem Krieg! Raus mit allen imperialistischen Truppen, stoppt die Waffenexporte! Kein Mensch, kein Cent dem Militarismus!
All diese Dinge zeigen uns, dass die Tagesordnung der G20 nichts als heiße Luft ist. Klar: Sie sprechen schon über die Umweltzerstörung, Gesundheit und die Frage, wie sie das Wirtschaftswachstum ankurbeln können. Aber dabei sind sie nicht an unserer Zukunft interessiert, sondern an ihren Profiten! Wenn’s nach denen geht, dann sind Krieg, Armut und Ausbeutung eine tolle Sache! Schließlich nützt ihnen das am meisten. Aber wie können wir eigentlich klar machen, was unsere Position ist?

 

Widerstand ja — aber wie?

 

In der Vergangenheit appellierten NGO’s wie Greenpeace, Netzwerke wie Attac, Gewerkschaften und sozialdemokratische Parteien wie die SPD oder die Linkspartei immer wieder an das Gewissen von G8 oder G20. Diese Appelle weckten die Illusion, dass die Welt innerhalb des Kapitalismus, gemeinsam mit den Herrschenden der G-Staaten, grundlegend zu verbessern wäre.

 

Die vergangenen Jahre haben aber gezeigt, dass unsere Rechte und Interessen nur gegen sie mit massivem Widerstand verteidigt werden konnten. Streiks, Demonstrationen und Besetzungen waren erfolgreiche Mittel. Mit netten Bitten, dass die Kapitalist_Innen mal eben auf ihren Gewinn verzichten oder mal einer energischen Rede auf einer Kundgebung, die im Nichts verhallt, haben wir nicht besonders viel Erfolg.

 

Uns muss klar sein: Die Vertreter_Innen der G20 repräsentieren das Interesse der 1% der Weltbevölkerung, die 80% des Reichtums besitzt. Die wollen nicht gemeinsam mit uns die Welt verbessern, die wollen sie und uns gegen unseren Willen ausrauben!

 

Was es braucht, das ist Druck. Druck durch massenhaftes, militantes und organisiertes Auftreten. Druck durch den Großteil der Bevölkerung. Aber das erreichen wir nicht einfach so. Für eine große Mobilisierung bedarf es Basiskomittees, die wir an den Orten aufbauen, an denen wir uns tagtäglich aufhalten müssen. Also der Schule, den Unis und Betrieben. Dort kann es dann Vollversammlungen, Veranstaltungen und Diskussionen über den G20-Gipfel geben, um eine breite Mobilisierung zu gewährleisten. Hierbei ist ebenfalls anzumerken, dass, auch wenn wir die Politik der obengenannten Organisationen nicht teilen, wir die Notwendigkeit im gemeinsamen Widerstand gegen die Folgen der Krise und ihre Verursacher_Innen sehen. Gerade aktuell, wo die Konkurrenz und Streitigkeiten unter den Herrschenden zunehmen, müssen wir gemeinsam mit der Arbeiter_Innenklasse und ihren Organisationen Einigkeit in der Aktion zeigen.

 

Und über die Gegenproteste hinaus?

 

Nach den G20-Gipfel-Protesten wird der Kapitalismus nicht gestürzt sein. Aber was muss man eigentlich dafür tun, dass das klappt? Unserer Meinung nach bedarf es einer Organisation mit einem revolutionären Programm, die bewusst in Bewegungen und aktuelle Kämpfe eingreift und eine Perspektive aufwirft. Dabei ist das Programm zwar in Schrift festgehalten, aber noch lange nicht in Stein gemeißelt! Jeder Mensch mit revolutionären Anspruch muss sich vornehmen, seine Politik in der Praxis zu überprüfen, sich weiterzuentwickeln und seine Fehler einzugestehen. Nur so kann man verhindern, dass man Politik macht, die nicht an der Realität vorbei geht.
Trotzdem ist es wichtig, eine gemeinsame Grundlage für die Arbeit miteinander zu haben und aus den Fehlern, die in der Vergangenheit gemacht wurden, zu lernen. Deswegen erachten wir ein Programm überhaupt als notwendig.

 

Aber das ist noch nicht Alles. Überall auf der Welt gibt es Jugendliche, die ihre Situation nicht einfach so hinnehmen wollen. Beispielsweise die Jugendlichen in Brasilien. Die haben im vergangenen Herbst mehr als 1000 Schulen und 100 Universitäten besetzt als Zeichen des Protests gegen eine geplante Bildungsreform, bei der unter anderem sämtliche gesellschaftswissenschaftliche Fächer gestrichen werden sollten. Die brasilianische Jugend ist aber nicht bei den Besetzungen stehen geblieben. Sie haben ihre Proteste an die „Fora-Temer“-Bewegung angeschlossen (heißt soviel wie „Gegen-Temer“). Temer ist der Präsident, der sich im vergangenen Jahr an die Regierung geputscht hat und versucht, die Sparpakete durchzusetzen. Diese Bewegung hat am 28. April einen Generalstreik gegen die Kürzungen getragen, bei der sich 40 Millionen Menschen beteiligt haben! Auch in anderen Ländern können wir sehen, wie Jugendliche für ihre Rechte kämpfen. Sei es nun in Spanien, Südafrika, Palästina oder Frankreich und der Türkei.

 

Was damit gesagt werden soll, ist Folgendes: Der Kapitalismus ist auf der ganzen Welt zu finden. Wenn wir ihn stürzen wollen, dann müssen wir uns ebenfalls international organisieren und die internationalen Kämpfe der Jugend zusammenführen, sowie gemeinsam Antwort auf die brennensten Fragen der Jugendlichen auf der ganzen Welt geben. Deswegen werfen wir von REVOLUTION die Forderung zur Gründung einer neuen Jugendinternationale auf, die genau das umsetzt.

 

  • Lasst die Reichen für ihre Krise zahlen! Keine Bankenrettungen, Subventionen für Unternehmen etc. auf Kosten der Jugend, der Arbeiter_Innenklasse und der einfachen Bevölkerung!
  • Gegen Lohnkürzungen, Entlassungen und Werksschließungen – Für die Verstaatlichung von Betrieben, die solche Maßnahmen durchsetzen wollen unter Arbeiter_Innenkontrolle!
    Stoppt die Sparpakete, Schluss mit Sozialkahlschlag und Bildungsabbau! Stattdessen: Für ein Programm gesellschaftlich nützlicher Arbeiten, wie dem Ausbau des öffentlichen Nah -und Fernverkehrs und regenerativer Energien, sowie dem Bau neuer Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Freizeit- und Kultureinrichtungen! Bezahlt werden soll das aus dem Reichtum und den Profiten der Kapitalist_Innen!
  • Stoppt die imperialistischen Kriegseinsätze, Schluss mit den Waffenexporten!
  • Kampf dem Rassismus! Für offene Grenzen, Staatsbürger_Innenrechte für alle und Selbstverteidungskomittees von Arbeiter_Innen, Jugendlichen und Gefllüchteten!
  • Schluss mit dem Ringen um Profite über Spekulationen – Verstaatlichung des Bankenwesens zu einer Zentralbank unter Arbeiter_innenkontrolle!
  • Lasst uns für diese Forderungen und gegen die Angriffe des Kapitals und der G20 kämpfen – für Massenmobilisierungen von Gewerkschaften, Arbeiter_Innenparteien und Linken gegen die Krise, international! Für die internationale Koordination von Besetzungen und Generalstreiks!

 

Exklusiv: gute Frage – gute Antwort

Warum ist Deutschland nicht so stark von der Krise betroffen?

 

Zum Einen liegt das daran, dass ein größerer Angriff auf uns Arbeiter_Innen und Jugendliche bereits vor 2008/09 gefahren worden ist: die Agenda 2010. Einige von euch haben den Begriff vielleicht schonmal gehört in Verbindung mit HartzIV. Aber das war nicht das Einzige, was im Rahmen dieser Sparmaßnahme mit eingeführt worden ist. Auch die Zahl an Leih- und Zeitarbeit ist seitdem in die Höhe gestiegen. Zusätzlich wurde auch an sozialen Einrichtungen ordentlich gespart. In großen Städten müssen Jugendzentren und Freiräume Investoren weichen, damit diese mit überteuerten Lofts Geld verdienen können. Auf Döfern sieht’s da nicht besser aus. Daneben sind die Reallöhne gesunken und haben damit die Auswirkungen der Kise für die Kapitalist_Innen abgefedert.

 

Zum Anderen ist aber auch klar zu sagen, dass der deutsche Imperialismus deutlich von der Krise profitiert hat. Während andere Länder in der Krise gesteckt haben und von der EU (unter dem Drängen von Deutschland) Spar- und Rettungspakete auflerlegt bekommen haben, haben sich deutsche Firmen an den Auswirkungen der Krise bereichert. Siehe dazu auch unseren Artikel „Was ist Imperialismus?“ (S. 11)

 




Jugendunterdrückung weltweit: Palästina

Unsere Genossin Clara Sarraz hält sich momentan für längere Zeit in Palästina auf. Während ihres Aufenthaltes berichtet sie regelmäßige in dieser Kolumne von den aktuellen Ereignissen vor Ort, gibt Analysen und Statements ab und führt spannende Gespräche mit interessanten politischen Aktivist_Innen vor Ort.
Letztes Wochenende hat sie sich mit Genoss_Innen der palästinensischen Jugendorganisation Independence Youth Union (IYU) getroffen. Im folgenden Interview spricht sie mit dem Aktivisten Ahmed¹ über die Situation von Jugendlichen in Palästina.

REVO: Wie sieht der typische Alltag eines Palästinensischen Jugendlichen aus?
Ahmed: Unser Alltag ist nicht einfach. Neben der Universität oder der Schule müssen viele von uns arbeiten, um unsere Familie zu unterstützen und die teueren Studiengebühren zu bezahlen. Da es besonders unter Jugendlichen sehr hohe Arbeitslosigkeit gibt, sind die Jobs, die wir machen anstrengend und schlecht bezahlt. Der Druck auf uns, sehr gute Qualifikationen zu haben ist enorm. Doch selbst ein guter Universitätsabschluss ist keine Garantie für eine sichere Zukunft. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist sehr angespannt, und es fehlt an einer Perspektive.

REVO: Welche Auswirkungen hat die Besatzung auf die palästinensischen Jugendlichen?
Ahmed: Die Besatzung spürt man in fast allen Lebensbereichen. Zum Beispiel durch die Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch die Checkpoints, oder dadurch, dass wir nur schwer Visa bekommen wenn wir das Land verlassen wollen. Die Repression von politischer Arbeit und das allgemeine Klima der Angst wirken sich auch schlecht auf die Psyche von palästinensischen Jugendlichen aus. Viele von den 6000 palästinensischen Gefangenen sind Minderjährige. Speziell als Jugendliche sind wir wahrscheinlich von den ökonomischen Folgen der Besatzung am härtesten getroffen. Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit sind besonders bei uns ein großes Problem.

REVO: Versucht die palästinensische Regierung die Situation der Jugendlichen zu verbessern?
Ahmed: Die Palästinensische Autonomiebehörde spricht immer davon, dass sie sich um die Probleme der Jugendlichen kümmert, aber wir sehen kaum Verbesserungen in unserer Situation. Zwar gibt es Ansätze um das neoliberale Bildungssystem zu reformieren. Zum Beispiel gibt es die „Open al Quds University“, eine Universität die nur geringe Studiengebühren erhebt. Ein Abschluss von dieser Universität ist jedoch viel weniger wert, als ein Abschluss von einer der teuren, privaten Universitäten, wie zum Beispiel Bir Zeit in Ramallah. Die Palästinensische „Regierung“, sofern man sie als solche bezeichnen kann, ist sehr korrupt und undemokratisch, und wir als Jugendliche können kaum direkten Einfluss auf die Politik der Regierung ausüben.

REVO: Wie will die IYU diese Verhältnisse verändern?
Ahmed: Zu unseren wichtigsten Anliegen gehört gute und kostenlose Bildung. Um Jugendliche zu unterstützen bieten wir in unseren Räumen kostenlosen Nachhilfeunterricht und Beratungen an. Wir sehen uns als Graswurzelbewegung und als Teil dieser Gesellschaft. Als linke Organisation führen wir definitiv auch einen Imagekampf. Die Linke hat in den letzten Jahrzehnten extrem an Beliebtheit und an Glaubwürdigkeit verloren, und wir wollen linke Ideen wieder relevant machen. Als FIDA [Die Palästinensische Demokratische Union wird auf Arabisch FIDA genannt und ist eine Abspaltung der DFLP. Die IYU versteht sich als Jugendorganisation von FIDA., Anm. d. Verfassenden] sind wir Teil der PLO und nehmen auch an Wahlen teil. Die Forderungen in unserem Wahlkampf sind soziale Reformen, Demokratisierung und die Trennung von Religion und Politik. Natürlich sind wir für Religionsfreiheit, aber die zunehmende Vermischung von Islam und Politik sehen wir als ein großes Problem.

REVO: Was können die Jugendlichen selbst machen, um Rechte zu verteidigen?
Ahmed: Als IYU glauben wir, dass Empowerment eine wichtige Rolle spielt. Wir führen Workshops durch für Frauen, Schulkinder oder Student_Innen. Außerdem machen wir viele Freiwilligenprojekte in unseren Communities. Wir versuchen natürlich so viele Jugendliche wie möglich dazu zu motivieren, selbst politisch aktiv zu werden. Die politische Frustration ist in der gesamten palästinensischen Bevölkerung groß, aber bei jungen Menschen besonders. Trotzdem ist es sehr wichtig, dass fortschrittliche Jugendorganisationen wachsen und wir wieder Relevanz in der palästinensischen Bevölkerung bekommen.

REVO: Was erwartet ihr von der Internationalen Linken? Besonders von der Deutschen Linken, deren Regierung einer der wichtigsten Handelspartner und Waffenlieferanten Israels ist?
Ahmed: Internationale Solidarität bedeutet uns viel. Am wichtigsten ist es natürlich, dass ihr den Kampf in euren Ländern führt, aber wir freuen uns über jede Art von Unterstützung. Wir wollen dass unsere Stimme gehört wird, und dass die europäischen Regierungen damit aufhören, die Menschenrechtsvergehen Israel’s zu tolerieren.

¹Name redaktionell geändert.




Mindestlohn statt Hungerlohn – Für Jugendliche und Flüchtlinge!

VON BALTHASAR LUCHS


Am 1. Januar 2015 wurde der Mindestlohn in Deutschland eingeführt – nach langen Grabenkämpfen zwischen Politik, Gewerkschaft und Industrie. Der Zweck dieses erst mal positiv klingenden Mittels ist das Lohndrücken etwas zu begrenzen. In Zahlen bedeutet dies 8,50 € pro Stunde, bei einer 40h-Woche, ca. 1000 € Netto. Zum Vergleich: Die Armutsgrenze in Deutschland liegt bei 979 € für eine alleinstehende Person. Somit liegt der Lohn vieler Beschäftigter knapp über der Armutsgrenze. Ein trauriger Erfolg!
Dennoch wurde bei dieser Regelung seitens der Industrieverbände und ihrer Vertreter_innen in der Politik schon der „wettbewerbsverzerrende Einfluss“ angeprangert. Der Mindestlohn mache Deutschland nicht mehr konkurrenzfähig, die Lohnkosten würden zu teuer, nicht alle Sparten könnten sich das leisten, die Arbeitslosigkeit würde steigen. Von Anfang an wurden deshalb Ausnahmen eingebaut. Da die Löhne der Leiharbeit, Textilindustrie, Fleischverarbeitung, Friseure sowie Land- und Forstwirtschaft noch weit unterhalb dieser Grenze lagen, wurde erlaubt diese bis 2017 schrittweise anzuheben. Saisonarbeiter_innen, also z.B. Erntehelfer_innen, bekommen dann zwar auch den Mindestlohn, ihre Unterbringung darf aber damit verrechnet werden.


Die andere große Ausnahme sind vor allem junge Arbeitnehmer_innen. Alle Berufstätigen unter 18 Jahren sind ausgenommen, ebenso alle Pflichtpraktika im Zuge der Schul- oder Studienausbildung, alle freiwilligen Praktika bis zu drei Monaten während der Ausbildung, alle Abschlussarbeiten im Zuge des Bachelor- oder Masterstudiums und alle Langzeitarbeitslosen (Langzeitarbeitslos ist wer länger als ein Jahr ohne Arbeit ist).


Unter dem Aspekt der weltweiten Krise und des Flüchtlingszustroms nach Deutschland wird nun gefordert, den Mindestlohn abzuschaffen oder zu reformieren. Eine solche Reform wäre zum Beispiel, Flüchtlinge davon auszunehmen. So wird von Reinhard Göhner – dem Chef der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände BDA – vorgeschlagen, Flüchtlingen über die Dauer eines Praktikums keinen Mindestlohn zu bezahlen. „Wer noch nicht vollwertige Arbeit leistet, zum Beispiel aufgrund fehlender Sprachkenntnisse oder in einer Anlernphase, kann nicht den vollen Lohn erwarten“ sagt Christian Schmidt von der CSU. Aus kapitalistischer Sicht hat man Ausnahmen zu leichteren Integration im Arbeitsmarkt eingeführt, bedeutet übersetzt: Macht man die Arbeitskraft billig genug, wird sie auch genommen.


In der Tat hat auch die deutsche Wirtschaft mit sinkendem Wirtschaftswachstum und Preisdruck zu kämpfen. Im kapitalistischen System wird dieser Preiskampf immer auf das schwächste Glied geschoben, die einfache Arbeitskraft, die Arbeiter_Innenklasse. Bei einer Ausbildung bringt ein Flüchtling seine gesamte Arbeitszeit ein und muss damit unter Umständen den Unterhalt einer Familie bestreiten. Es muss also auch volles Gehalt gezahlt werden. Ausnahmen würden es Firmen ermöglichen, eine ohnehin schon entrechtete Gruppe für geringen Lohn einzustellen und danach wegen Unbrauchbarkeit zu entlassen. Für die deutsche Bourgeoisie ein ersehnter Traum, für Hunderttausende bedeutet dies Ausbeutung und Armut, trotz Vollzeitstelle.


Rassistischen Vorurteilen wird dadurch Auftrieb verliehen, da eine Neidhaltung entsteht: „Ausländer“ würden „Deutschen“ durch Dumpinglöhnen die Arbeitsplätze wegnehmen und die Löhne drücken – das Ergebnis: Rassismus und Spaltung der arbeitenden Bevölkerung! Perfide daran ist, dass der Billiglohn sogar noch als Bewerbungsvorteil angesehen werden würde. Der Mindestlohn kann also nur funktionieren, wenn er für alle gleichermaßen gilt, sonst wäre der nächste Schritt die Forderung seiner Abschaffung. Und wenn von Integration der Flüchtlinge geredet wird, muss auch die Gleichstellung vor dem Gesetz erfolgen. Das heißt auch gleiche Arbeitsbedingungen und -rechte.


Der wohl zentralste Punkt an dieser Stelle ist jedoch die Spaltung der Arbeiter_innenschaft! Einerseits rassistisch in Deutsche und Nichtdeutsche und andererseits in gut und schlecht bezahlte. Dies hätte eine massive Schwächung zur Folge, weil die einzelnen Gruppen von den Kapitalist_innen gegeneinander ausgespielt werden können. Zudem birgt es Konfliktpotential innerhalb der Gewerkschaften, da die Interessen niemals gleichermaßen gewahrt werden können. Kernbelegschaft und Niedriglöhner_innen aller Art stehen sich jetzt schon gegenüber.


Eine solche Spaltungspolitik – welche auch von Gewerkschaftsspitzen teilweise mitgetragen wird – ist also rundweg hinderlich für das gemeinsame Interesse aller Lohnabhängigen nach einem Lohn, welcher für ein angenehmes Leben ohne Zukunftsängste reicht. Unabhängig von Alter, Herkunft und Bildungsstand der Angestellten müssen Unternehmen für deren Vergütung aufkommen und ihren Bildungsbedarf finanzieren. Wollen sie Arbeitskraft, dann müssen sie auch dafür bezahlen!
Deshalb sind unsere kurzfristigen Ziele:


  • Abschaffung aller Ausnahmen egal ob für Jugendliche, Auszubildende und Geflüchtete
  • Gleiches Arbeitsrecht und gleicher Lohn ohne Rücksichtnahme auf die Herkunft oder Nationalität
  • Anhebung des Mindestlohns über die Armutsgrenze! Wir wollen mindestens 12 Euro netto die Stunde, um von unserer Arbeit leben zu können.
  • Errichtung von demokratischen Lohnkontrollkomitees der Arbeiter_innen, um ein Umgehen des Mindestlohns zu verhindern und die Anpassung an Preisentwicklungen zu regeln!


Wir verteidigen den Mindestlohn gegen alle Angriffe der Bourgeoisie! Aber die Debatte darum macht auch deutlich, dass die Löhne der Arbeiter_Innen im Kapitalismus fortlaufend angegriffen werden. Wir gehen deshalb weiter und betonen, dass erst mit der Sturz des Kapitalismus durch die Arbeiter_Innenklasse der fortlaufende Lohnkampf zugunsten der Arbeiter_Innen entschieden werden kann.


Banksy - what next?




Klassenkampf in der Gewerkschaftsjugend? – Richtig!

Wenn wir mit einer Ausbildung beginnen oder ins Berufsleben starten, kann es sein, dass wir ihnen begegnen: Der Gewerkschaft. Es kann auch sein, dass sie im betreffenden Betrieb überhaupt nicht vorhanden ist oder man sie zumindest nicht bemerkt. Gewerkschaften sind durch ihr steifes Image nicht gerade attraktiv für Jugendliche. Sie schwingen geschwollene Reden und liegen mit den Tarifergebnissen fast ausschließlich unter ihren Forderungen. Für uns als Revolutionär_innen geht ihre eigentliche Aufgabe jedoch über Trillerpfeifen-Streiks hinaus!

Gewerkschaften sind in erster Linie aus den Arbeiter_innenvereinen entstanden, die sich in der Illegalität gebildet hatten. Ihr Ziel war und ist es die unorganisierten Arbeitsmassen demokratisch zu vereinen und für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Bezahlung zu kämpfen. Wirksamstes Mittels war und ist die Mobilisierung der Masse zum Streik, also die Weigerung die Arbeitskraft an die UnternehmerInnen zu verkaufen. Streik ist aber immer auch eine Waffe für den politischen Kampf. Schon das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit, das Recht auf Organisierung und Streik mussten und müssen immer durch Druck der Masse erobert und verteidigt werden. Ziel der Gewerkschaften war es auch für den Aufbau des Sozialismus zu kämpfen, also eine Abkehr vom Kapitalismus, welches von Natur aus Ungleichheit und eine zunehmende Spaltung in Arm und Reich fördert. Die Kapitalist_innen wollen keine Einheit der Arbeiterklasse. Für sie stellt dies eine Gefahr da, weswegen sie ihren Konkurrenzkampf auch immer zu unserem machen wollen. Für die Führung hätte dies aber bedeutet, einen politischen Kampf zu führen, weshalb man sich schnell dazu entschieden hat lieber den Kapitalismus zu beeinflussen, sodass er für zumindest für einen Teil der Klasse erträglicher ist, beispielsweise für die Facharbeiter_innen in Deutschland. Im Vorfeld des Ersten Weltkriegs hat die Zustimmung der Gewerkschaften (und der SPD) den Krieg erst ermöglicht, der Millionen von Arbeiter_innen in Europa das Leben gekostet hat. Heute ist die Kapitalismuskritik nur ein Mittel um der Belegschaft in Zeiten der Krise zu vermitteln, „wir treten radikal für eure Interessen ein“.

Die Mitglieder der Gewerkschaften sind nach wie vor die Arbeiter_innenschaft, also die Klasse derer, die gezwungen sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, um überleben zu können. Wenn sie sich nicht organisieren und Tarifverträge durchsetzen können, sind sie sogar gezwungen sich gegenseitig immer weiter zu unterbieten, Thema Leiharbeit oder Werksverträge. Die organisierte Kraft der Arbeiter_innenklasse kann aber auch das Mittel sein, mit dem die Macht der Kapitalist_innen und ihrer Regierungen in Frage gestellt werden kann. Noch jede Regierung der Welt kam ins Wanken, wenn sich die Massen auf den Straßen versammeln – nicht an Sonn- und Feiertagen, sondern im Streik.

Klasse gegen Klasse: Kampf dem Kapitalismus statt Konkurrenzkampf der Nationen

Wollen wir also einen Massenstreik organisieren, welcher z.B. die Bundesrepublik oder ganz Europa lahm legt, brauchen wir die Schlagkraft der Gewerkschaften und ihre Verankerung in der Arbeiter_innenschaft. Wollen wir einen revolutionären Umsturz des Kapitalismus, dann erst recht. Allerdings müssen dazu die Gewerkschaften von der reformistischen Fessel befreit werden. Also davon, sich nur auf Verbesserungen innerhalb des kapitalistischen Systems zu beschränken und sich damit zufrieden zu geben, was Kapitalist_innen, Regierung und Wirtschaftslage gerade noch zur Verfügung stellen können oder wollen. Reformist_innen sind überzeugt, die Probleme des Kapitalismus, Überproduktion, Hunger, Armut, Krieg, Spekulation und Preisanstieg, Arbeitslosigkeit und Entrechtung durch Reformen zu überwinden. Die gute Stellung der Gewerkschaftsführung wäre außerdem in Gefahr, müssten sie die Massen gegen den Staat führen, mit dem sie sich so gut arrangiert haben, Stichwort: Co-Management. Will man die Gewerkschaften zum Kampf gegen den Kapitalismus bewegen, müssen wir in deren Mitgliedschaft einwirken und sie vom verräterischen Kurs der Führung überzeugen: Es gab keine Gegenwehr gegen die Agenda 2010, sondern man begrüßte die dadurch entstandene „Wettbewerbsfähigkeit“. Tarifabschlüsse sind meist knapp über der Inflationsrate, wodurch Löhne seit nunmehr ca. 20 Jahren stagnieren und die Bekämpfung von Leihabreit erfolgt nur mit minimalem Einsatz und Lippenbekenntnissen.

Welche Möglichkeiten bietet die Arbeit im Betrieb?

In der Ausbildung, im Praktikum, im Studium oder als Berufsanfänger stellt man immer als das Schlusslicht dar. Man ist die Anfänger_in und muss sich unter Beweis stellen. Bei wirtschaftlichen Engpässen kann man wegen des jungen Alters umgehend gekündigt werden. Konfrontiert mit vielen neuen Eindrücken und Problemen, muss man sich zusätzlich mit der Frage der politischen Organisierung im Betrieb auseinander setzen. Diese Punkte sind jedoch entscheidend: Sie betreffen alle Auszubildenden und unterscheiden uns gleichzeitig von den Interessen von langjährigen Festangestellten.

Der politische Kampf auf der Straße würde viel Kraft gewinnen, wenn er Unterstützung aus den Fabriken, den Krankenhäusern, den privaten und öffentlichen Betrieben erhält, was leider selten geschieht. Er muss dazu also auch in diesen mit Nachdruck organisiert werden. Geht man gegen die zuvor genannten Missstände, wie ausbildungsferner Arbeitseinsätze, Überstunden, schlechte Bezahlung oder fehlende Mitsprache, vor, kann zweierlei erreicht werden: Man kann direkte Erfolge erzielen und man organisiert sich. Wird ein Arbeitskampf erfolgreich geführt, zieht das Kreise und zeigt, dass gemeinsamer Kampf gegen Kapitalist_innen zielführend ist. Die politische Organisierung auf der Arbeit ist also nicht etwas was in die Zukunft verschoben werden sollte, im Gegenteil: Je früher damit begonnen wird desto besser.

Dabei kann es sinnvoll sein bestehende Strukturen zu nutzen. Als Jugendauszubildendenvertreter_in (JAV) besitzt man Kündigungsschutz, bekommt betriebliche Gelder zu Weiterbildung und wird für das Amt so viel wie nötig frei gestellt – eine gute Ausgangslage. Bei Missständen oder Angriffen des Unternehmens kann auch der Betriebsrat gegen die Geschäftsleitung aufgestachelt werden. In der Gewerkschaft kann man Kontakte machen und findet KampfgenossInnen die die Ansicht teilen, dass der Kapitalismus nicht reformiert werden kann. Der Ortsjugendschuss (OJA), ein Gremium der Gewerkschaftsjugend, deckt meist eine gewisse Zahl der organisierten Unternehmen vor Ort ab und ist für den Austausch der Aktiven gedacht.

Taktisch statt übereilig

Klingt in Summe nach leichtem Spiel, gäbe es nicht gewisse Hürden. Ist man mit einem „gekauften“ Betriebsrat konfrontiert oder in einem Betrieb, der seinen Burgfrieden mit der Geschäftsleitung geschlossen hat, wird das Vorhaben ungemein schwieriger – jedoch nicht unmöglich. Die Gewerkschaftsführung findet es einerseits gut, wenn Bewegung entsteht, zumindest Massenbespaßungen wie der Jugendaktionstag in Köln. Wird es aber zu politisch, wird man schnell isoliert, schlimmstenfalls raus geworfen. Tritt man als Kommunist_in all zu offen auf, wäre man nicht die erste Person, der solches widerfährt. Will man also politische Inhalte rein tragen, müssen die Aktionen mit Bedacht gewählt werden, besonders wenn man als politische Gruppe agiert. Das Umfeld sollte zuvor beurteilt werden: Gibt es Personen die einen Unterstützen, fällt einem der Betriebsrat in den Rücken oder wird er mithelfen? Können Mitstreiter_innen gewonnen werden etc.? Auch das Ziel selbst sollte mit Bedacht gewählt werden. Forderungen sollten keine Personen ausgrenzen oder Angriffsfläche bieten, mit denen Teile der Belegschaft gegen andere ausgespielt werden können.

Die Gewerkschaftsjugend ist meist sehr aktionistisch orientiert. Die Gewerkschaftsbürokratie räumt ihr einen gewissen Spielraum ein und deckt Aktionen mit Rechtsschutz. Es werden rhetorische und juristische Ausbildungen geboten, besonders für die JAV. Plakate, Transparente, Beamer und Räumlichkeiten stehen zur Auswahl. Ergibt sich also die Möglichkeit auf ein JAV-Mandat, sollte diese Chance nicht ohne gute Überlegung vertan werden.

Die Führung behält sich jedoch vor jede offizielle Aktion „abzusegnen“. Zwar kann die Gewerkschaftsjugend eigene Beschlüsse fassen, aber diese bedürfen der Zustimmung der Gewerkschaftsgremien. Die gesamten Großevents der IG Metall in Köln oder Frankfurt, wären ohne Zustimmung der Führung nicht möglich, oder gingen sogar von dieser aus.

Die Jugend ist mit Problemen und Ausbeutung konfrontiert, trägt Zukunftsängste mit sich und ist noch nicht entmutigt durch jahrelanges Stillhalten. Wollen wir ein aktivistisches, selbstverantwortliches Organ ohne Bevormundung. Es bedarf deshalb einer unabhängigen Gewerkschaftsjugend als gleichberechtigten Teil der Gewerkschaftswelt. Volle Mitsprache in allen Belangen, die uns betreffen, eigener demokratischer Strukturierung und Satzung. Wir wollen keine Sozialpartnerschaft mit den Kapitalist_innen! Der Kapitalismus als solches stellt die Krise dar, gegen die es zu kämpfen gilt, nicht durch Reformen, sondern durch den Systemsturz. Hier bedarf es klarer Tagesziele, beispielsweise die Verhinderung von Entlassungen mittels einer Betriebsbesetzung. Und weiter reichender Übergangsziele, wie etwa die Enteignung des Betriebs unter ArbeiterInnenkontrolle. Das bedeutet vollen Einblick in die Geschäftsbücher und die Aneignung des Wissens über den Ablauf des Betriebs. Ziel ist es die Geschäftsleitung zu verjagen und alle Produktionsbelange selbst organisieren zu können. In Südamerika, Griechenland und der Schweiz hat man Betriebe, die geschlossen
werden sollen, in der Vergangenheit bereits unter Belegschaftskontrolle gestellt.

Das Erreichen dieser Ziele und die Macht durch Geschlossenheit, hat eine immense Wirkung auf Menschen, die glauben, man könne eh nichts erreichen. Doch verknüpft man den ökonomischen Kampf nicht mit dem politischen, bewegt man sich immer in den Grenzen des Kapitalismus: Ob die Unternehmer_innen uns ausbeuten oder wir uns unter eigener Führung ausbeuten müssen, bleibt gleich. Wir brauchen also auch ein politisches Programm, welches den kapitalistischen Staat und das System als Ganzes angreift. Rätestrukturen in den Betrieben, Städten und Gemeinden um kontrolliert die Macht des bürgerlichen Staates in die Hände der Werktätigen zu nehmen. Sozialismus ist das Ziel, eine revolutionäre Partei für uns das Mittel und der Kampf für diese unsere Aufgabe. Jeder Arbeitskampf sollte neben einer Verbesserung der direkten Umstände auch dahingehend ein Bewusstsein schaffen.

Auch wir von REVOLUTION haben bereits gewerkschaftliche Kämpfe unterstützt oder organisiert. Wir können diese Erfahrung einbringen und helfen euch gerne bei der Vorbereitung von Aktionen. Wichtig ist nur endlich aktiv zu werden!

Ein Artikel von Baltasar Luchs, REVOLUTION Karlsruhe




Sexismus in der Ausbildung: Ein Bericht

Sexistische Bemerkungen und Übergriffe stellen den Alltag fast aller weiblicher Menschen dar. Ob in der Freizeit, der Schule oder auch im Betrieb, Sexismus ist allgegenwärtig.

Wir haben mal nachgefragt, wie eine Auszubildene die Situation in ihrem Betrieb wahrnimmt.

M. befindet sich in einer Ausbildung zur Elektronikerin im ersten Lehrjahr. Die Ausbildung findet überbetrieblich im Verbund in einem Ausbildungszentrum statt.

Sind Frauen in deinem Beruf üblich? Wie ist das Zahlenverhältnis zwischen Männern und Frauen in deiner Abteilung oder Gruppe und  allgemein in deinem Betrieb? Zeichnet sich über die Jahre ein Trend ab?

Etwa 9% der Auszubildenden im Ausbildungszentrum sind Frauen. In meiner Gruppe sind wir zu zweit. Es werden über die Jahre schleppend mehr.

Gibt es weibliche Ausbilder?

Ja, traurigerweise nur eine von 20. Das sind immerhin 5% ;).

Wie reagieren männliche Kollegen auf weibliche Mitarbeiter?

In meiner Anfangszeit der Ausbildung wurde mir oft hinterhergestarrt, teilweise auch gepfiffen. Es kam sogar vor, dass mir „Püppchen“ hinterhergerufen wurde. Mittlerweile hat es sich gelegt, jedoch werde ich immernoch mit Blicken belästigt.

Unterscheidet sich das Verhalten deiner Ausbilder dir gegenüber von dem der Mitazubis? Werden typische Rollenbilder vertreten?

Einerseits fällt es mir leichter gute Bewertungen zu erhalten, andererseits bekomme ich auch von den Ausbildern sexistische Kommentare zu hören. Ich erinnere mich an eine Situation in der ich beim Fegen zu hören bekam, dass ich nun das richtige Werkzeug in der Hand halte.

Sind gute Bewertungen vom Aussehen abhängig?

Ja, ich wurde besser bewertet als meine Kollegin, die merklich besser war als ich.

Gibt es in deinem Betrieb Projekte oder Anstrebungen gegen Sexismus? Wie wird versucht Frauen besser in von Männern dominierte Berufe zu integrieren?

Es gibt das Projekt „Girls a tec“ in dem ich selbst tätig bin. Hierbei versuchen wir junge Frauen für einen technischen Beruf zu begeistern. Wir veranstalten Projekttage an Schulen um direkt zu informieren und um Klischees und Stereotypen entgegen zu wirken. So wird versucht das abschreckende Bild der „Männerberufe“ abzulegen.

Bedenklicherweise gibt es kein internes Projekt, dass das Verhalten der männlichen Azubis und Mitarbeiter schulen würde. Antisexismus wirkt also nur nach außen.

Was für eine Perspektive braucht man?

So gut bürgerliche Projekte auch zu sein scheinen um “Männerberufe zugänglicher zu machen” -Sexismus werden sie nicht auflösen. Sie fokussieren sich nur darauf mehr Frauen für die Jobs anzuwerben und lassen dabei außen vor, dass Frauen in den gleichen Jobs immernoch 8% weniger als Männer verdienen, im Betrieb unter sexueller Belästigung leiden und thematisieren auch nicht die größte Problematik der Frauenunterdrückung: die Privatisierung der Reproduktion.  Außerdem, wer will schon gerne offen ansprechen, dass der Kollege oder gar der eigene Chef einen belästigt hat? Oder dass man aufgrund seines Aussehens anders bewertet wurde? Um dem Etwas entgegen zu stellen, fordern wir:

  • Strukturen in Betrieben, in denen man Sexismus und andere Diskriminierung konkret thematisieren kann!
  • Für eine proletarische Frauenbewegung, die aktiv gegen jeden Sexismus in Betrieb und Gewerkschaften kämpft!
  • Basisdemokratische gewerkschaftliche Organisierung aller Schüler_innen, Azubis und Student_innen, die gegen Sexismus, Rassismus und für die Interessen aller Jugendlichen kämpft!

Das Interview mit M. Grintelbart führte James Anton, REVOLUTION Berlin