Südeuropa: Lage der Jugend nach 7 Jahren Krise

Zunächst einmal: Jugend beinhaltet Verschiedenes: sowohl verschiedene Klassenabstammungen, Schüler_innen, Migrant_innen… all dies und die jeweilige Situation könnten wir in gewisser Weise mit in diesen Text einfließen lassen – aber das würde den Rahmen des Textes sprengen. Daher konzentrieren wir uns auf die schlechtesten ökonomischen und sozialen Situationen der europäischen Jugend.

Die jungen Arbeiter_innen Europas, aber auch Schüler_innen und Student_innen, sind eine der am härtesten von der Krise betroffenen Gruppen. Sie werden arbeitslos, verlieren ihre Perspektive, erfahren kaum noch soziale Hilfe und werden als „Druckmittel“ gegen andere Teile der Arbeiter_innenklasse eingesetzt, z.B. als billige Arbeitskraft.

Sie sind jedoch auch ein wichtiger Bestandteil der Klasse mit steigendem Einfluss. Da sie zum treibenden Motor möglicher Veränderungen werden können, wird versucht sie in der Passivität halten.

Sie sind es, die Protestbewegungen hervorbrachten und anführten. Sie setzten sich gegen den Ausverkauf ihrer Heimat in Südeuropa zur Wehr und nur mit ihnen können nachhaltige Veränderungen in Europa herbeigeführt werden.

Von Spardiktat und Perspektivlosigkeit

Wie das Spardiktat vor allem den jungen, oftmals prekärer beschäftigten Teil der Klasse in Südeuropa trifft, lässt sich an der der Bezeichnung „Generation Null“ für die spanische Jugend erkennen. Null Einnahmen. Null Arbeitschancen. Null Hoffnung.

In Griechenland liegt die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen laut Eurostat bei 57% und in Spanien bei 54% – das ist eine Verdopplung seit Ausbruch der Krise. Im gesamtem Europa ist die Jugendarbeitslosigkeit von 15% (vor der Krise) auf 23% angestiegen. In Deutschland dagegen lag die Jugendarbeitslosigkeit zwischen 2008 und 2014 immer unter 12%. Die Angriffe der Troika haben die Sozialsysteme weitgehend zerstört. Dies wälzt die Kosten für Massenarbeitslosigkeit vom Staat auf das direkte Umfeld, also Familie und Freunde, und trägt so zur weiteren Spaltung und Prekarisierung bei. So verarmen auch die Erwerbstätigen noch weiter. Die Löhne sinken und der Druck, ihre Nächsten mit ernähren zu müssen bleibt.

Denn auch die ausgezahlten Löhne sind in drastischer Weise zurückgegangen. Dies gilt für Beschäftigte aller Altersgruppen, besonders in Griechenland. Bei Arbeiter_innen im Alter zwischen 16 und 24 ist der Durchschnittslohn um 35% gesunken.

Der ökonomischer Druck sorgt dafür, dass immer mehr Jugendliche bereit sind ihre Arbeitskraft für noch weniger Geld zu verkaufen – was wiederum dazu führt, das sich auch der Druck auf alle anderen Arbeiter_innen erhöht.

Auch die wachsende Arbeitsmigration innerhalb der Europäischen Union, besonders der jungen Arbeiter_innen, lässt sich dadurch erklären. Dies erhöht damit auch den Konkurrenzdruck zwischen den Arbeiter_innen, auch in den europäischen Kernländern, auch wenn diese Auswirkungen mit Verzögerung und ihr ganzes Ausmaß erst in den nächsten Jahren spürbar werden – einen Vorgeschmack gibt es aber schon: So bezahlte Amazon in Bad Hersfeld 2012 spanischen Saisonarbeiter_innen – viele davon junge Menschen – weit weniger als anderen Zeitarbeiter_innen, die ohnehin schon wenig bekommen. Die Krise hat vor allem für das deutsche und französische Kapital eine europaweit anwachsende industrielle Reservearmee – sprich Arbeitslose – geschaffen, welche Lohndruck und Konkurrenzkampf verschärft.

In diesen Statistiken nicht eingerechnet sind die Menschen, die als Schüler_innen, Auszubildende und Studierende nicht als Teil der Arbeiter_innenklasse gezählt werden. Ohne diese statistische Verschleierung sähen die Zahlen wohl noch viel schlimmer aus. Dieser beachtliche Teil der Jugend ist zumeist noch von den Eltern abhängig, die selbst um ihren Job bangen müssen oder ihn bereits verloren haben.

Dies alles zeigt nicht nur, dass die Politik von Troika, EZB und Co. vor allem den jungen, oftmals prekär beschäftigten Teil der Klasse trifft. Es zeigt auch, dass die Errungenschaften der älteren Beschäftigten Stück für Stück mit diesen in Rente gehen und junge Arbeiter_innen als perspektivarme und prekäre Beschäftigte in den Arbeitsmarkt eingeführt werden. Somit werden neue Trennlinien zwischen verschiedenen Generationen der Arbeiter_innenklasse durch schon erkämpfte Rechte geschaffen. Auch wichtige rechtliche Grundlagen für eine kämpferische Klasse werden immer kleineren Teilen der Klasse zugänglich.

Die Krise und die darauf folgende Unterwerfung ganzer Länder unter das Spardiktat der Europäischen Union dient dem Kapital, ob bewusst so inszeniert oder nicht, als Knüppel um die Jugend ins Prekariat zu prügeln und brutale Angriffe gegen die Arbeiter_innenklasse einzuleiten. Diese Aussage sollte mit Blick auf die brutale Niederschlagung der Proteste an vielen Orten wörtlich genommen werden.

Wir stellen diesem Europa der Perspektivlosigkeit die Losung der „Vereinten sozialistischen Staaten von Europa“ entgegen.

Dieses Ziel können wir Jugendlichen nur erreichen, wenn wir gemeinsam mit unseren Kolleg_innen der Arbeiter_innenklasse kämpfen und uns international gegen die weltweiten Angriffe des Kapitals organisieren: Wir wollen eine neue Jugendinternationale und eine neue revolutionär-kommunistische Internationale mit einem revolutionären Programm, das als Wegweiser aus der Perspektivlosigkeit zum Sozialismus dient.

Lasst uns in der aktuellen Situation Bündnisse der organisierten Arbeiter_innenklasse, Gewerkschaften, Arbeiter_innenparteien und Jugendorganisationen der Klasse aufbauen und europaweit koordinierte Aktionen und Demos gegen die Angiffe der Troika organisieren!

Kommt am 20.6 zur Griechenland-Solidaritätsdemo (Europa. anders. machen) nach Berlin / 13:00 Uhr / Oranienplatz / Antikapitalistischer Block

Ein Artikel der REVOLUTION Redaktion




Kompromissloser Widerstand gegen die Troika-Erpresser!

Schluss mit der Erfüllungspolitik durch Tsipras!

Trotz aller verzweifelten Strampelei von Tsipras und Varoufakis: Die über Leichen gehende Troika (IWF, EBZ, EU-Kommission) – und allen voran der gierig-grimmige Schäuble als Repräsentant des deutschen Kapitals – lassen nicht locker. Nach Renten“reform“, Lohn- und „Arbeitsmarktreform“ in Griechenland schreien sie. Im Klartext: Die ArbeiterInnen und die Mittelschichten, die Bevölkerung soll die Zeche zahlen, die ihnen über Jahrzehnte Nea Demokratika und Pasok eingebrockt haben.

Vor allem die deutsche Regierung hält an ihrer Politik des Drucks und der Erpressung fest, auch um Signale an die von Schulden geschüttelten anderen (süd-)europäischen Länder zu senden. Noch die Enkel und Urenkel sollen zahlen! Konkret für Griechenland heißt das allein für 2015: mindestens 5,3 Milliarden Euro bis Juni, insgesamt über 17 Milliarden bis Dezember! Wenn es nach den Herrschenden ginge, dann muss Syriza mit seinen Wahlversprechen in die Knie, damit der neue, dann gewährte Kredit …. direkt wieder zurück in die Taschen der Troika fließt!

Sollte jedoch dieses Manöver scheitern, Staatsbankrott und/oder „Grexit“ unvermeidlich werden, dann haben Schäuble, Merkel, Gabriel und Co. schon vorgesorgt und rechtzeitig die Schulden Griechenlands an die Deutsche Bank und andere als öffentliche Schulden gesichert, womit dann v.a. die deutschen Lohnabhängigen wieder zur Kasse gebeten würden (und der nationalistische Hass auf die „faulen Griechen“ weiter geschürt wird). Die internationale Solidaritätsbewegung muss den Vorhang dieses hinterhältigen Spiels zerreißen. Statt eines lauwarmen „Schuldenschnitts“ muss die ersatzlose Streichung der griechischen Schulden durchgesetzt werden. Die Profiteure der Vergangenheit, insbesondere die deutschen Banken und die deutschen Unternehmen sollen jetzt auch bezahlen! Für uns in Deutschland sollte deshalb internationale Solidarität heißen: Der Hauptfeind steht im eigenen Land!

Mit der Hereinnahme der rassistischen, rechtsextremen Anel in die Regierung zeigte Tsipras gleich zu Beginn den internationalen Regierungen und Kapital an, den Rahmen des Privateigentums zu respektieren. Tsipras, Varoufakis und seine Mehrheit in Regierung und Syriza-ZK haben dann mit ihrer Erklärung vom 24. Februar darüber hinaus ihre prinzipielle Bereitschaft erklärt, die Troika-Forderungen zu erfüllen. Nach dieser Kapitulation besteht der schlichte Sinn ihrer weiteren Politik darin, größere Konzessionen und bessere Konditionen von den internationalen Geldgebern zu erhalten. Sie wollten Zeit gewinnen, die Schulden (etwa bis 2035 (!?)) sollen gestreckt werden. Sie wollten Luft holen, doch trotz ihres Flügelschlagens und aller Mätzchen wird nichts draus. Griechenland blutet durch eine exorbitante Kapitalflucht weiterhin aus. Um die bis Juni fälligen Kredite zu begleichen, wurden die staatlichen Institutionen, Staatsunternehmen und Rentenfonds geplündert. Die am 23./24. Mai erfolgte Ablehnung des Antrags der Syriza-ZK-Minderheit auf Aussetzen der Schuldenzahlung und Enteignung der Banken zeigt nun in aller öffentlichen Hässlichkeit den eingetretenen Funktionswandel dieser Regierung. Tsipras, Varoufakis und Co. werden jetzt immer deutlicher zum Erfüllungsgehilfen des internationalen Kapitals und damit gezwungen, in eigenem Namen die griechische Bevölkerung anzugreifen.

Mit dieser Kompromiss-Politik der Syriza-Mehrheit muss jetzt konsequent gebrochen und der Widerstand in Griechenland verbreitert werden: Betriebsbesetzungen, ArbeiterInnenkontrolle gerade auch über den Außenhandel, entschädigungslose Enteignung der Banken, Schluss mit den Schuldenzahlungen – der Phantasie der Lohnabhängigen sollten keine Grenzen gesetzt sein. Der immer stärker werdende Widerstand innerhalb Syrizas muss sich der Politik und der Regierung Tsipras konsequent widersetzen, den Rauswurf von Anel einfordern, im Parlament gegen alle Austeritätsprogramme stimmen und sich auf der Straße und in den Betrieben mit den revolutionären Kräften außerhalb Syrizas in einer konsequenten, antikapitalistischen Organisation vereinigen. Eine solche revolutionäre Zuspitzung der Lage würde unserer Ansicht nach die Notwendigkeit einer sozialistischen Regierung auf die Tagesordnung setzen, die die Wirtschaft auf Basis eines demokratischen Plans reorganisiert, den bürgerlichen Staatsapparat zerschlägt und durch Arbeiter, Bauern- und Soldatenräte ersetzt.

Die Entwicklung in Griechenland zeigt, dass der Spielraum für reformistische Zwischenlösungen immer enger wird; die Herrschenden sind immer weniger bereit und in der Lage, substantielle Zugeständnisse zu machen. Ob in oder außerhalb der EU: Geht es nach dem Willen der Kapitalistenklasse und ihrer Regierungen, soll vor allem die ArbeiterInnenklasse zahlen. Gegen diese Angriffe braucht es europaweite aktive Solidarität! Außer vereinzelten Demonstrationen und hilflosen Syriza-Sympathie-Erklärungen war davon aber auch in der BRD bisher wenig zu sehen. Machen wir deshalb die Demonstration am 20.06. – nach dem G7-Gipfel – zu einem Auftakt einer mächtigen, europaweiten Solidaritätsbewegung mit der griechischen Bevölkerung, die nicht bei symbolischen Aktionen stehen bleibt. Europaweite, militante Aktionen der Lohnabhängigen, der Gewerkschaften und ArbeiterInnenorganisationen bis hin zu Solidaritätsstreiks sind bitter nötig!

Demonstration „Europa.anders.machen.“ / Berlin / 20.6 / 13:00 Uhr / Oranienplatz / Antikapitalistischer Block

Ein Aufruf der NaO Berlin




Griechenland: An einem Wendepunkt

Viele Hoffnungen waren mit den Wahlen vom 25. Januar in Griechenland verknüpft. Die gesamte klassenbewusste ArbeiterInnenschaft und Jugend Europas blickte auf dieses Ereignis. Die Niederlagen der ökonomischen Abwehrkämpfe der vergangenen fünf Jahre mit über 30 Generalstreiks in Griechenland verlagerten den Klassenkampf zunehmend auf die politische Ebene. Hunderttausende GriechInnen hofften mit der Wahl SYRIZAs einen politischen Sieg erringen zu können. Doch die ersten Illusionen wurden bereits in der Wahlnacht zerstreut, in der Tspiras, heutiger Ministerpräsident und Vorsitzender der linksreformistischen SYRIZA, erklärte, mit der rechtsnationalen ANEL eine Regierungskoalition einzugehen.

„Bescheidener Vorschlag“ oder fauler „Kompromiss“?

Natürlich war es im schon im Vorhinein abzusehen, dass SYRIZA und insbesondere ihre bürokratische Führung einen politischen Verrat begehen würde. Alle, die sich Pamphlete wie ein „Bescheidener Vorschlag“ von Yanis Varoufakis (Finanzminister, SYRIZA), „Revolution für Europa“ in dem auch Alexis Tsipras schrieb, sowie Erklärungen von Synaspismos (1), der aktuell führenden rechten Strömung in SYRIZA ansah, wusste, dass sie einen Kompromiss mit der Troika, dem griechischen Kapital und dem internationalen Imperialismus anstrebten.

Alle Organisationen, die dies verleugneten, haben den ArbeiterInnen und der Jugend Europas Sand in die Augen gestreut. Aber auch alle Organisationen, die während der Wahlen am Rande standen, SYRIZA zwar kritisierten, aber kein taktisches Verhältnis zu ihr bezogen, haben die ArbeiterInnen in der politischen Auseinandersetzung allein gelassen.

Der Umstand, dass wir als MarxistInnen den Verrat von SYRIZA voraussehen konnten, bedeutet aber noch lange nicht, dass die Massen dies auch so sehen. Jetzt, wo dieser Verrat in die Praxis umgesetzt wird, in dem Sinne, dass die Regierung seit dem 20. Februar, an dem das europäische Finanzministertreffen in Brüssel stattfand, alle ihre Versprechen wieder zurückgenommen hat; während sie beginnt, die Sozial-und Rentenversicherungen zu plündern, um die kapitalistischen Gläubiger zu bezahlen, bis der letzte Cent ausgepresst ist, verlieren sicher Viele ihre Hoffnungen in die jetzige Regierung und in SYRIZA.

Damit haben sie jedoch noch längst nicht alle Illusionen in den Reformismus, die bürgerliche Demokratie und die kapitalistische Herrschaft verloren. Es gibt keinen Automatismus, nach dem sich die Massen nun den „RevolutionärInnen“ anschließen werden, die während dieses Verrats isoliert am Rande standen. Stathis Kouvelakis, einer der FührerInnen der „Linken Plattform“ in SYRIZA stellte dazu Ende Mai fest (1), dass „der Stand der öffentlichen Meinung Unsicherheit widerspiegelt. Der Enthusiasmus und der Kampfgeist der ersten drei Wochen haben nun einem gemischten Bild platz gemacht: die Unterstützung für die Regierungsstrategie ist nach wie vor hoch, aber bedeutend unter dem Niveau der vorherigen Monate. Es ist still in den Straßen.“

Während Vielen klarer wird, dass sich hinter dem „Bescheidenen Vorschlag“, der durch eine „Linksregierung“ umgesetzt werden sollte, ein als Niederlage getarnter „fauler Kompromiss“, der durch eine Volksfrontregierung (2) durchgesetzt wird, steht, ist die Frage nach der Alternative nur eine, die im praktischen Kampf um eine alternative Führung im Klassenkampf beantwortet werden kann. (3)

Der bedeutendste Kampf um die Frage der Führung wird aktuell wohl in aller Schärfe in SYRIZA zwischen dem linksreformistischen Flügel um die „Linke Plattform“ und dem rechten Flügel um Synaspismos unter Tsipras geführt. Wie er entschieden wird, hat einen enormen Einfluss auf die kommenden Klassenkämpfe der gesamten Nation.

Konflikte in SYRIZA

Wir sollten keine Illusionen haben: Die „Linke Plattform“, die in etwa die Hälfte der aktuellen Minister und der 129 SYRIZA-Abgeordneten stellt, und die ZentristInnen (4) um die „Werktätige Linke“ (DEA) waren bisher nicht dazu bereit, gegen eine Regierungskoalition mit ANEL zu stimmen, votierten im Parlament für die Wahl des rechtskonservativen Prokopis Pavlopoulos zum Staatspräsidenten und akzeptierten bis jetzt die Dominanz des rechten Flügels der Partei.

Der wachsende Unmut an der Basis der rund 40.000 Mitglieder starken Partei und in der ArbeiterInnenklasse über den Ausverkauf der Wahlversprechen in den „Verhandlungen“ mit Schäuble und der Troika, zwingt diesen Flügel aktuell aber dazu, eine Auseinandersetzung mit Tsipras und Co. zu suchen. Auf dem Treffen des Zentralkomitees von SYRIZA vom 23./24. Mai kam es zu einer Kampfabstimmung, in der 75 der 171 Delegierten gegen den aktuellen Kurs der Führung stimmten. Sie stellten dem u.a. den sofortigen Stopp weiterer Kürzungen bei Gehältern und Renten, die Restrukturierung der Schulden, massive Investitionen in Infrastruktur und neue Technologien entgegen. Darüber hinaus erklärten sie, dass der Mindestlohn vor 2009 von 751 Euro unmittelbar wieder hergestellt werden solle, die gewerkschaftlichen Rechte wiederhergestellt, die Banken verstaatlicht und eine massive Besteuerung der Reichen umgesetzt werden müssten.

Uns sollte klar sein, dass diese Maßnahmen – die Forderung nach „Restrukturierung der Schulden“ zeigt dies eindeutig – nicht auf den Sturz des Kapitalismus, sondern auf einen für die ArbeiterInnenklasse günstigeren Kompromiss hinauslaufen sollen. Ein reformistisches Programm also, das selbst utopisch ist. Utopisch insofern, da die herrschende Klasse Griechenlands und das imperialistische Kapital der EU zu keinen dauerhaften Kompromissen bereit, ja aufgrund der Krise nicht in der Lage sind.

Selbst wenn der Kapitalismus international nicht in einer scharfen, historischen Krise wäre, würden solche Maßnahmen sofort die geballte Reaktion auf den Plan rufen. In diesem Sinne sind die strategischen Überlegungen der „Linken Plattform“ nicht nur utopisch, sondern würden auch in Niederlagen enden, wenn sie die Führung in den kommenden Kämpfen behalten würde.

Gleichzeitig würde ein Sieg der „Linken Plattform“ über die aktuelle Führung auch notwendigerweise neue Klassenkämpfe herauf beschwören. Die Verstaatlichung der Banken, ein Bruch mit der Troika und eine Kampfansage an die griechischen KapitalistInnen könnten nur mit Mobilisierungen der gesamten Klasse Bestand haben.

Obwohl wir keine Illusionen in die „Linke Plattform“ haben dürfen, ist es aber unsere Aufgabe, im Kampf gegen Tsipras und Synaspismos auf ihrer Seite zu stehen, sie aufzufordern, ihren Forderungen durch eigene Mobilisierungen in der Partei und auf der Straße Nachdruck zu verleihen, während wir ein revolutionäres Programm als Alternative zu ihren überholten reformistischen Konzepten vorschlagen.

Brecht mit Tsipras Politik!

Ein solcher Kampf kann und muss, will er konsequent geführt werden, auch mit dem politischen Bruch mit dem rechten Flügel der Partei und der Bürokratie verbunden werden. Die Parteidisziplin und die „formale Demokratie“ der Partei müssen den realen Interessen und Bedürfnissen der ArbeiterInnen Griechenlands untergeordnet werden.

Natürlich gilt es, SYRIZA und die Regierung gegen Angriffe der Imperialisten oder Umsturzversuche der Reaktion zu unterstützen. Aber das darf nicht mit einem Blankoscheck für die Politik der rechten Führung verwechselt werden.

Das würde auch bedeuten, in Parlamentsabstimmungen gegen Tsipras und die Regierung zu stimmen, wenn sie Gesetze und Maßnahmen durchsetzen, die die Kampfkraft der Bewegung schwächen oder einen Verrat an den bereits reformistischen und seit 2012 zurechtgestutzten, Wahlversprechen der Partei bedeuten. Es muss auch bedeuten, konkrete Forderungen an die Führung von SYRIZA, ja an die gesamte Regierung zu richten – Forderungen, die an die Versprechen vor der Wahl und an die aktuellen Abwehrkämpfe in den Betrieben, Universitäten, Schulen und auf der Straße anknüpfen. Es geht nicht nur darum, eine korrekte Politik vorzuschlagen, sondern aufzuzeigen, dass Tsipras und die Regierung nicht dazu bereit sind, für diese einzutreten. Auch sind das Parlament und die Auseinandersetzung in SYRIZA der größte Resonanzkörper für eine alternative Politik, den die ArbeiterInnenklasse aktuell in Griechenland besitzt.

Raus mit den kapitalistischen Ministern!

Eine solche Konfrontation wäre auch mit der Regierungsfrage überhaupt verbunden. Das Versprechen, eine „linke Regierung“ zu bilden, wurde durch die Koalition mit ANEL und die Einbindung parteiloser kapitalistischer Minister gebrochen. Diese Koalition ist nicht nur ein Moment der Demobilisierung der Kämpfe der ArbeiterInnen und Jugend, sie ist auch ein Zeichen an die Herrschenden, dass SYRIZA keine Bestrebungen hat, den Kapitalismus als solchen anzutasten.

Diese Regierung ist der Versuch, einen politischen Kompromiss, eine Versöhnung zwischen den Klassen herzustellen. Während sich die KapitalistInnen zum Zeitpunkt der Wahl nicht dazu in der Lage sahen, eine offene, im Zweifel auch gewaltsame, Konfrontation mit den griechischen ArbeiterInnen zu suchen, ist eines vollkommen klar: die Zeit, die sie durch diese Regierung gewinnen, die Demoralisierung, die diese Regierung unter den ArbeiterInnen schafft, werden sie nutzen, um kommende Auseinandersetzungen vorzubereiten. Es ist also nicht als Zufall anzusehen, dass der einzige Posten, den ANEL bekleidet, die Kontrolle über das Heer bedeutet und der Minister, der über die Polizei entscheidet, ein parteiloser Bürgerlicher ist.

Unser Slogan, der Slogan der griechischen ArbeiterInnen muss also, wie bereits in der Februarrevolution 1917 in Russland „Raus mit den kapitalistischen Ministern“ sein. Eine Syriza-Alleinregierung ohne die Beteiligung von ANEL
könnte sich nicht auf eine parlamentarische Mehrheit stützen. Das ist vollkommen korrekt. Sie würde zwangsläufig an den Rahmen der bürgerlichen Demokratie stoßen. Doch das tut bereits die aktuelle Regierung, wenn sei praktisch gemäß den Diktaten des internationalen Imperialismus, von IWF, Europäischer Zentralbank, der EU und nicht zuletzt der deutschen Regierung handelt.

„An diesem Regime fallen am deutlichsten seine bonapartistischen Züge auf: Unabhängigkeit der Macht von Parteien und Programmen, Liquidierung der parlamentarischen Gesetzgebung mittels außerordentlicher Vollmachten, eine Regierung, die sich über die kämpfenden Lager, d.h. faktisch über die Nation erhebt als ihr ‚Schiedsrichter’“. (5)

Solche Momente, die Trotzki bei seinem Studium der französischen Volksfront ausmacht, finden sich – wenn auch oft in Form imperialistischen Einflusses – auch in Griechenland.

Der Schiedsspruch kann nur zu Ungunsten der Massen in Griechenland ausgehen. Die Syriza-Regierung erkauft nicht ihnen, sondern den Herrschenden die Zeit, die sie brauchen, um einen reaktionären Sieg davonzutragen.

Nicht alternativlos

Aber es ist nicht so, dass die aktuelle Regierung alternativlos wäre. Eine Regierung, die sich auf die Mobilisierung der Klasse, die in 36 Generalstreiks und etlichen Fabrikbesetzungen gezeigt hat, dass sie fähig ist zu kämpfen, in der SYRIZA sich an die KKE und ANTARSYA (6) wenden würde, um gemeinsame Aktionen vorzubereiten, würde mehr praktische Sprengkraft entwickeln, als die kümmerlichen Verhandlungsversuche an den Schreibtischen deutscher Minister oder Brüsseler Bürokraten.

Keine Frage: eine solche Regierung unter der aktuellen Führung, wäre immer noch eine bürgerliche Arbeiter-Regierung. Sie wäre aber eine Regierung, die sich auf Mobilisierungen um Forderungen stützen würde, die unmittelbar das kapitalistische System in Frage stellen würden. Ob sie tatsächlich zu Stande kommen würde oder nicht, ist eine andere Frage. Sie wäre zwangsläufig ein „Zwischenschritt“, eine „Übergangsforderung“, die früher oder später auf die Frage Revolution oder Konterrevolution hinauslaufen müsste.

Aber die Forderung nach einer ArbeiterInnenregierung an SYRIZA, als auch an KKE und ANTARSYA, gestützt durch die Gewerkschaften und stattfindenden Kämpfe, vor den Augen der griechischen Massen, hätte unglaublichen „pädagogischen“ Wert, weil sie aufzeigen würde, dass die revolutionäre Linke eine alternative Machtperspektive anzubieten hat.

Die Troika, aber auch die griechischen KapitalistInnen haben gezeigt, dass sie zu keinerlei Kompromissen bereit sind. Noch ist die Situation so, dass die Vorbereitung von Offensiven seitens der ArbeiterInnen und der Jugend möglich ist. Was sie sich im Grunde erhoffen – und alle Umfragen bestätigen dies – ist eine solche Offensive von SYRIZA. Auch der dramatische Anstieg der Umfragen, die in den Wochen nach der Wahl SYRIZA bei über 45% Prozentpunkten sahen, können als solche gedeutet werden. Sie können darüber hinaus aber auch als eine Aufforderung gedeutet werden, sich der kapitalistischen Minister zu entledigen und allein zu regieren.

RevolutionärInnen müssen eine kompromisslose Politik einfordern, die die KapitalistInnen ihrerseits bereits betreiben; nicht zuletzt, weil sich das Kleinbürgertum, die BäuerInnen und „kleinen Leute“, die nicht Teil der ArbeiterInnenklasse sind, früher oder später nach Alternativen umsehen werden, die sie für kampffähiger halten. Sollte diese Alternative nicht innerhalb der ArbeiterInnenbewegung zu finden sein, wird die Karte des Faschismus in Form von Chrysi Avgi (7) oder einer Militärdiktatur gespielt werden – als „starke Hand“, die die Probleme im Namen „der Nation“ löst.

„Keine Opfer für den Euro“

Der Slogan „Keine Opfer für den Euro“, war einer der Gründe für die Wahlerfolge von SYRIZA 2012 und 2015. Mit Sicherheit stellte er den Versuch der Führung dar, die griechischen Massen zu gewinnen und gleichzeitig ein Zeichen der Entwarnung an Brüssel zu senden. Doch er kann auch eine kompromisslose, mutige Deutung haben. Es ist wichtig, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen, weil sie eine der zentralen Fragen ist, die griechische Bevölkerung und die Linke umtreiben.

Die Massen in Griechenland spüren, dass ein Austritt aus dem Euro eine ökonomische Katastrophe für das Land bedeuten würde. Dieses Szenario ist keine rein bürgerlich-mediale Hetze. Die Rückkehr zur Drachme, die mit einer riesigen Entwertung der Währung verbunden wäre, würde die Schulden, die in Euro und Dollar gehalten werden, schnell massiv vergrößern. Auch ein Schuldenschnitt würde nur dann erfolgreich sein, wenn er mit der Enteignung der kapitalistischen Wirtschaft, unter demokratischem Plan und mit einem Außenhandelsmonopol verbunden würde. Doch selbst dies würde eine sozialistische Wirtschaft nicht vor einem Handelskrieg, Investitionsstopps und möglicherweise auch gewaltsamen Interventionen schützen.

Die Perspektive des griechischen Widerstandes müsste deshalb viel enger mit der Frage der europäischen Revolution verbunden werden. Eine solche Perspektive würde auch die Frage nach einer gemeinsamen, europaweiten sozialistischen Ökonomie, mit einer gemeinsamen Währung aufwerfen. Es ist keine Frage, dass in diesem Zusammenhang der imperialistische Block der EU und ihre antidemokratischen, bürokratischen Strukturen zerschlagen werden müssten. Doch eine Revolution in Griechenland würde auch die Frage aufwerfen, welche gesellschaftliche Kraft in Europa den Euro kontrollieren sollte: die arbeitenden Massen oder die bisherigen Krisenprofiteure, die großen Monopole, Banken und KapitalistInnen.

Ob diese Frage unmittelbar mit einem europaweiten Sieg der ArbeiterInnenklasse einhergehen würde, ist in der aktuellen Situation sicher zu bezweifeln. Man darf der griechischen ArbeiterInnenklasse nicht das Versprechen machen, den Euro in jedem Falle beibehalten zu können.

Es ist aber durchaus korrekt, die Euro-Problematik mit der Notwendigkeit eines europaweiten Widerstands zu verbinden. Es ist wichtig, die Frage in einen europäischen Kontext zu stellen. Es gilt, Aktionskonferenzen aller europäischen Gewerkschaften, ArbeiterInnenparteien und linken Organisationen gegen die Maßnahmen der aktuellen kapitalistischen VerteidigerInnen des Euros einzufordern und durchzuführen, die gemeinsame Massenstreiks gegen die stattfindenden Angriffe und Solidarität mit besonders betroffenen Ländern organisieren. Hier müssten KommunistInnen die Strategie der europaweiten Revolution für die Vereinigten sozialistischen Staaten von Europa darlegen. Der Slogan „Keine Opfer für den Euro“ könnte die Ablehnung der Kürzungen in Verbund mit der Ablehnung des Rückfalls in „nationale Lösungen“ in sehr populärer Form aufgreifen.

Aktionskomitees im Kampf „Klasse gegen Klasse“

Soll es tatsächlich zu einem derartigen Widerstand kommen, braucht es aber nicht nur gute Ideen, sondern auch Organe, die sie durchführen können. Dass die aktuelle SYRIZA-ANEL Regierung ein Hindernis dafür ist, haben wir bereits ausgeführt.

Eine Möglichkeit, diese Regierung zu sprengen wäre aber, eben SYRIZA dazu aufzufordern, Aktionskomitees in jedem Dorf, jedem Stadtteil, jedem Betrieb und auch in den Kasernen einzuberufen, die die Umsetzung der versprochenen Maßnahmen verteidigen und umsetzen könnten. Diese lokalen Aktionskomitees sollten sich VertreterInnen wählen, um sie auf höherer Ebene zu repräsentieren. Alle TeilnehmerInnen des Kampfes sollten sich darauf verpflichten, die Disziplin der Komitees anzuerkennen.

„Auf diese Weise entsprechen die Aktionskomitees vortrefflich den Aufgaben des Kampfes des Proletariats, um den Einfluss auf das Kleinbürgertum. Dafür aber erschweren sie ungemein die Zusammenarbeit der Arbeiterbürokratie mit der Bourgeoisie. […] Wirkliche Massenwahlen zu den Aktionskomitees werden automatisch die bürgerlichen Schieber aus den Reihen der Volksfront verdrängen.“ (8)

Der Kampf „Klasse gegen Klasse“, also die Notwendigkeit einer gemeinsamen Front, die die Gewerkschaften, die KKE, ANTARSYA und SYRIZA umfassen müsste, sollte sich aber „nicht um die formell-demokratische Vertretung aller und jeder Massen, sondern um die revolutionäre Vertretung der kämpfenden Massen“ (9) handeln.

Die Revolution vorbereiten!

In Griechenland stellt sich heute wie in kaum einem anderen Land Europas die Frage nach Revolution oder Konterrevolution. Die Ausgangsbedingungen sind, verglichen mit den „subjektiven“ Voraussetzungen, das heißt der Kraft der politischen Organisationen der ArbeiterInnenbewegung und dem Bewusstseinsstand der gesamten ArbeiterInnenklasse in Griechenland, vieler anderer europäischer Länder (noch) vergleichsweise günstig.

Wenn es aktuell ein Land in Europa gibt, in dem revolutionäre Politik nicht nur angebracht, sondern unerlässlich ist, so ist es Griechenland. JedeR, der etwas Anderes behauptet, hat nicht nur die Hoffnung auf eine reale Alternative zum kapitalistischen Würgegriff der heutigen Zeit verloren, sondern hilft mit seiner Passivität oder unkritischen „Solidarität“ gegenüber der reformistischen Führung SYRIZAs kommende Niederlagen für die ArbeiterInnenklasse Griechenlands und ganz Europas vorzubereiten.

Niemand kann versprechen, dass eine korrekte Politik auch unmittelbar zu Erfolgen führt, insbesondere mit den bescheidenen Mitteln, die RevolutionärInnen heute zur Verfügung stehen. Aber es geht darum, diese Mittel auszubauen. Das ist nur möglich, in dem gesagt wird „was ist“, aber auch, was notwendig ist und was Veränderungen im Wege steht. Die Politik der aktuellen SYRIZA-Führung und der reformistischen Bürokratie, die mit letzter Kraft auf den Regierungsbänken der bürgerlichen Demokratie thront, deren
Beine die Kapitalisten mit aller Kraft abzusägen versuchen.

Die Revolution vorzubereiten heißt also auch, den Kampf für eine ArbeiterInnenregierung zu führen, die nicht nur die ökonomische Grundlage der Gesellschaft verändert, sondern auch den Staat zerschlägt, der insbesondere in Griechenland, durch seine Bereitschaft für Militärdiktaturen, monarchistische und faschistische Regime bekannt ist, eben diese ökonomische Grundlage zu verteidigen.

Die Umsetzung selbst kleinster Reformen, die sich gegen das griechische und internationale Kapital richten, dürfen also nicht nur von Aktionskomitees und einer ArbeiterInneneinheitsfront organisiert werden, sie müssen auch mit der Agitation dafür in der Armee und dem Aufbau von Kampforganisationen der ArbeiterInnenbewegung (Milizen) verbunden werden, die diese Maßnahmen gegen die Angriffe der Polizei und der Faschisten verteidigen können.

Eine kommunistische Partei aufbauen

Diese Aufgabe kann nicht von SYRIZA, als Partei wie sie heute besteht, getragen werden. Doch zweifellos bieten die momentanen Auseinandersetzungen ein wichtiges Feld, in das RevolutionärInnen eingreifen müssten, um die kämpferischen ArbeiterInnen, die heute in SYRIZA organisiert sind, für eine alternative Führung zu gewinnen.

Die Mitglieder der KKE, die viele industrielle ArbeiterInnen organisiert, werden ihrerseits nur für eine alternative Politik zu gewinnen sein, wenn sie unter dem Druck einer breiteren Bewegung von ihrer sektiererischen und stalinistischen Führung, die ihrerseits auf eine nationale, letztlich kapitalistische, Lösung abzielt, gebrochen wird.

Die AktivistInnen von ANTARSYA, die mehr als 3.000 Mitglieder in Griechenland zählen und heute den fortschrittlichsten Flügel der ArbeiterInnenklasse und Jugend repräsentieren, könnten eine bedeutende Rolle in dieser Auseinandersetzung spielen. Doch dafür sind zwei Voraussetzungen unabdingbar: Erstens der Kurs auf ein gemeinsames revolutionäres Übergangsprogramm, das von den, sich selbst als TrotzkistInnen verstehenden, AktivistInnen von SEK (Sozialistische Arbeiterpartei, Schwesterorganisation von Marx21) und OKDE Spartacos (Sektion der Vierten Internationale) eingebracht werden müsste. ANTARSYA müsste zu einer wirklichen Organisation werden und nicht nur ein Block aus Organisationen sein. Zweitens: ein aktives Eingreifen nicht nur in die ökonomischen und gewerkschaftlichen Kämpfe, sondern auch in die politischen Auseinandersetzungen, die die Regierung, SYRIZA und die Organisierung von europaweitem Widerstand betreffen.

Ein rein gradueller, durch rein individuelle Gewinne gekennzeichneter Aufbau einer kommunistischen Partei, ist nicht nur generell eine Utopie, sondern insbesondere in Griechenland eine grobe Fahrlässigkeit, die außer acht lässt, dass breite Massen auch heute noch von der KKE und SYRIZA organisiert und beeinflusst sind.

Es gilt also, taktisch flexibel gegenüber diesen Parteien zu sein, ihnen klare Angebote für gemeinsame Aktionen zu machen und sie vor den Augen aller an ihren selbst gestellten Forderungen zu messen. Gleichzeitig muss eine alternative Führung aufgebaut werden, die die bestehenden Führungen einer schonungslosen Kritik unterzieht und ihre Aktivitäten nach den Bedürfnissen der griechischen ArbeiterInnen und nicht nach „den Möglichkeiten“ der kapitalistischen Verwertung ausrichtet.

Kommt am 20.6 zur bundesweiten Griechenland-Solidaritätsdemo nach Berlin / 13:00 Uhr / Oranienplatz / antikapitalistischer Block

Ein Artikel von Georg Ismael, REVOLUTION Berlin, zuerst erschienen in der „Neuen Internationalen Nr. 200, Zeitung der Gruppe Arbeitermacht“

www.arbeitermacht.de

Endnoten

(1) Synaspismos, Abspaltung der stalinistischen KKE, der traditionellen ArbeiterInnenpartei Griechenlands, 1992, die der Strömung der „EurokommunistInnen“ (d.h. dem Flügel, der stalinistischen Parteien, der eine „Sozialdemokratisierung“ und Abkehr von dem traditionellen Stalinismus aus Moskau befürwortete) zuzurechnen ist.

(2) https://www.jacobinmag.com/2015/04/ syriza-eurozone-default-exit-stathis/

(3) Unter Volksfrontregierung verstehen wir eine Koalition von ArbeiterInnenparteien mit bürgerlichen Parteien im Rahmen einer zugespitzten Krise, die in einer vorrevolutionären Situation gebildet wird. Sie charakterisiert in der Regel den Versuch der reformistischen Führung der ArbeiterInnenklasse, einen Kompromiss mit dem Kapital zur Rettung der bürgerlichen Demokratie herzustellen, während der Raum für Kompromisse schwindet und die Frage von Revolution oder Konterrevolution immer offensichtlicher wird. Zuerst trat der Begriff im Bezug auf das Bündnis und die spätere Regierung von kommunistischer Partei, sozialistischer Partei und den bürgerlichen Radikalen Mitte der 1930er in Frankreich auf.

(4) Zentrismus ist eine politische Strömung, die zwischen Revolution und Reform schwankt. DEA ist eine Abspaltung von SEK zu Beginn des 21. Jahrhunderts.

(5) Trotzki, Frankreich an der Wende, in: Wohin geht Frankreich?, S. 77

(6) KKE (siehe 1); ANTARSYA (antikapitalistische Linke für den Umsturz) ist ein Block von aktuell neun sich als revolutionär verstehenden Organisationen mit maoistischer und trotzkistischer Tradition, das 2008 kurz nach den „Riots“ im Zusammenhang mit der Ermordung des Jugendlichen Alexandros Grigoropoulos zuerst vornehmlich als Wahlbündnis gegründet wurde.

(7) Chrysi Avgi, zu deutsch Goldene Morgenröte ist eine faschistische Partei in Griechenland, sie erhielt 6,3% der Stimmen in den Wahlen 2015.

(8) Trotzki, „Wohin geht Frankreich?“, Die Volksfront und die Aktionskomitees, S. 86

(9) Ebenda




Klassenkampf in der Gewerkschaftsjugend? – Richtig!

Wenn wir mit einer Ausbildung beginnen oder ins Berufsleben starten, kann es sein, dass wir ihnen begegnen: Der Gewerkschaft. Es kann auch sein, dass sie im betreffenden Betrieb überhaupt nicht vorhanden ist oder man sie zumindest nicht bemerkt. Gewerkschaften sind durch ihr steifes Image nicht gerade attraktiv für Jugendliche. Sie schwingen geschwollene Reden und liegen mit den Tarifergebnissen fast ausschließlich unter ihren Forderungen. Für uns als Revolutionär_innen geht ihre eigentliche Aufgabe jedoch über Trillerpfeifen-Streiks hinaus!

Gewerkschaften sind in erster Linie aus den Arbeiter_innenvereinen entstanden, die sich in der Illegalität gebildet hatten. Ihr Ziel war und ist es die unorganisierten Arbeitsmassen demokratisch zu vereinen und für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Bezahlung zu kämpfen. Wirksamstes Mittels war und ist die Mobilisierung der Masse zum Streik, also die Weigerung die Arbeitskraft an die UnternehmerInnen zu verkaufen. Streik ist aber immer auch eine Waffe für den politischen Kampf. Schon das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit, das Recht auf Organisierung und Streik mussten und müssen immer durch Druck der Masse erobert und verteidigt werden. Ziel der Gewerkschaften war es auch für den Aufbau des Sozialismus zu kämpfen, also eine Abkehr vom Kapitalismus, welches von Natur aus Ungleichheit und eine zunehmende Spaltung in Arm und Reich fördert. Die Kapitalist_innen wollen keine Einheit der Arbeiterklasse. Für sie stellt dies eine Gefahr da, weswegen sie ihren Konkurrenzkampf auch immer zu unserem machen wollen. Für die Führung hätte dies aber bedeutet, einen politischen Kampf zu führen, weshalb man sich schnell dazu entschieden hat lieber den Kapitalismus zu beeinflussen, sodass er für zumindest für einen Teil der Klasse erträglicher ist, beispielsweise für die Facharbeiter_innen in Deutschland. Im Vorfeld des Ersten Weltkriegs hat die Zustimmung der Gewerkschaften (und der SPD) den Krieg erst ermöglicht, der Millionen von Arbeiter_innen in Europa das Leben gekostet hat. Heute ist die Kapitalismuskritik nur ein Mittel um der Belegschaft in Zeiten der Krise zu vermitteln, „wir treten radikal für eure Interessen ein“.

Die Mitglieder der Gewerkschaften sind nach wie vor die Arbeiter_innenschaft, also die Klasse derer, die gezwungen sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, um überleben zu können. Wenn sie sich nicht organisieren und Tarifverträge durchsetzen können, sind sie sogar gezwungen sich gegenseitig immer weiter zu unterbieten, Thema Leiharbeit oder Werksverträge. Die organisierte Kraft der Arbeiter_innenklasse kann aber auch das Mittel sein, mit dem die Macht der Kapitalist_innen und ihrer Regierungen in Frage gestellt werden kann. Noch jede Regierung der Welt kam ins Wanken, wenn sich die Massen auf den Straßen versammeln – nicht an Sonn- und Feiertagen, sondern im Streik.

Klasse gegen Klasse: Kampf dem Kapitalismus statt Konkurrenzkampf der Nationen

Wollen wir also einen Massenstreik organisieren, welcher z.B. die Bundesrepublik oder ganz Europa lahm legt, brauchen wir die Schlagkraft der Gewerkschaften und ihre Verankerung in der Arbeiter_innenschaft. Wollen wir einen revolutionären Umsturz des Kapitalismus, dann erst recht. Allerdings müssen dazu die Gewerkschaften von der reformistischen Fessel befreit werden. Also davon, sich nur auf Verbesserungen innerhalb des kapitalistischen Systems zu beschränken und sich damit zufrieden zu geben, was Kapitalist_innen, Regierung und Wirtschaftslage gerade noch zur Verfügung stellen können oder wollen. Reformist_innen sind überzeugt, die Probleme des Kapitalismus, Überproduktion, Hunger, Armut, Krieg, Spekulation und Preisanstieg, Arbeitslosigkeit und Entrechtung durch Reformen zu überwinden. Die gute Stellung der Gewerkschaftsführung wäre außerdem in Gefahr, müssten sie die Massen gegen den Staat führen, mit dem sie sich so gut arrangiert haben, Stichwort: Co-Management. Will man die Gewerkschaften zum Kampf gegen den Kapitalismus bewegen, müssen wir in deren Mitgliedschaft einwirken und sie vom verräterischen Kurs der Führung überzeugen: Es gab keine Gegenwehr gegen die Agenda 2010, sondern man begrüßte die dadurch entstandene „Wettbewerbsfähigkeit“. Tarifabschlüsse sind meist knapp über der Inflationsrate, wodurch Löhne seit nunmehr ca. 20 Jahren stagnieren und die Bekämpfung von Leihabreit erfolgt nur mit minimalem Einsatz und Lippenbekenntnissen.

Welche Möglichkeiten bietet die Arbeit im Betrieb?

In der Ausbildung, im Praktikum, im Studium oder als Berufsanfänger stellt man immer als das Schlusslicht dar. Man ist die Anfänger_in und muss sich unter Beweis stellen. Bei wirtschaftlichen Engpässen kann man wegen des jungen Alters umgehend gekündigt werden. Konfrontiert mit vielen neuen Eindrücken und Problemen, muss man sich zusätzlich mit der Frage der politischen Organisierung im Betrieb auseinander setzen. Diese Punkte sind jedoch entscheidend: Sie betreffen alle Auszubildenden und unterscheiden uns gleichzeitig von den Interessen von langjährigen Festangestellten.

Der politische Kampf auf der Straße würde viel Kraft gewinnen, wenn er Unterstützung aus den Fabriken, den Krankenhäusern, den privaten und öffentlichen Betrieben erhält, was leider selten geschieht. Er muss dazu also auch in diesen mit Nachdruck organisiert werden. Geht man gegen die zuvor genannten Missstände, wie ausbildungsferner Arbeitseinsätze, Überstunden, schlechte Bezahlung oder fehlende Mitsprache, vor, kann zweierlei erreicht werden: Man kann direkte Erfolge erzielen und man organisiert sich. Wird ein Arbeitskampf erfolgreich geführt, zieht das Kreise und zeigt, dass gemeinsamer Kampf gegen Kapitalist_innen zielführend ist. Die politische Organisierung auf der Arbeit ist also nicht etwas was in die Zukunft verschoben werden sollte, im Gegenteil: Je früher damit begonnen wird desto besser.

Dabei kann es sinnvoll sein bestehende Strukturen zu nutzen. Als Jugendauszubildendenvertreter_in (JAV) besitzt man Kündigungsschutz, bekommt betriebliche Gelder zu Weiterbildung und wird für das Amt so viel wie nötig frei gestellt – eine gute Ausgangslage. Bei Missständen oder Angriffen des Unternehmens kann auch der Betriebsrat gegen die Geschäftsleitung aufgestachelt werden. In der Gewerkschaft kann man Kontakte machen und findet KampfgenossInnen die die Ansicht teilen, dass der Kapitalismus nicht reformiert werden kann. Der Ortsjugendschuss (OJA), ein Gremium der Gewerkschaftsjugend, deckt meist eine gewisse Zahl der organisierten Unternehmen vor Ort ab und ist für den Austausch der Aktiven gedacht.

Taktisch statt übereilig

Klingt in Summe nach leichtem Spiel, gäbe es nicht gewisse Hürden. Ist man mit einem „gekauften“ Betriebsrat konfrontiert oder in einem Betrieb, der seinen Burgfrieden mit der Geschäftsleitung geschlossen hat, wird das Vorhaben ungemein schwieriger – jedoch nicht unmöglich. Die Gewerkschaftsführung findet es einerseits gut, wenn Bewegung entsteht, zumindest Massenbespaßungen wie der Jugendaktionstag in Köln. Wird es aber zu politisch, wird man schnell isoliert, schlimmstenfalls raus geworfen. Tritt man als Kommunist_in all zu offen auf, wäre man nicht die erste Person, der solches widerfährt. Will man also politische Inhalte rein tragen, müssen die Aktionen mit Bedacht gewählt werden, besonders wenn man als politische Gruppe agiert. Das Umfeld sollte zuvor beurteilt werden: Gibt es Personen die einen Unterstützen, fällt einem der Betriebsrat in den Rücken oder wird er mithelfen? Können Mitstreiter_innen gewonnen werden etc.? Auch das Ziel selbst sollte mit Bedacht gewählt werden. Forderungen sollten keine Personen ausgrenzen oder Angriffsfläche bieten, mit denen Teile der Belegschaft gegen andere ausgespielt werden können.

Die Gewerkschaftsjugend ist meist sehr aktionistisch orientiert. Die Gewerkschaftsbürokratie räumt ihr einen gewissen Spielraum ein und deckt Aktionen mit Rechtsschutz. Es werden rhetorische und juristische Ausbildungen geboten, besonders für die JAV. Plakate, Transparente, Beamer und Räumlichkeiten stehen zur Auswahl. Ergibt sich also die Möglichkeit auf ein JAV-Mandat, sollte diese Chance nicht ohne gute Überlegung vertan werden.

Die Führung behält sich jedoch vor jede offizielle Aktion „abzusegnen“. Zwar kann die Gewerkschaftsjugend eigene Beschlüsse fassen, aber diese bedürfen der Zustimmung der Gewerkschaftsgremien. Die gesamten Großevents der IG Metall in Köln oder Frankfurt, wären ohne Zustimmung der Führung nicht möglich, oder gingen sogar von dieser aus.

Die Jugend ist mit Problemen und Ausbeutung konfrontiert, trägt Zukunftsängste mit sich und ist noch nicht entmutigt durch jahrelanges Stillhalten. Wollen wir ein aktivistisches, selbstverantwortliches Organ ohne Bevormundung. Es bedarf deshalb einer unabhängigen Gewerkschaftsjugend als gleichberechtigten Teil der Gewerkschaftswelt. Volle Mitsprache in allen Belangen, die uns betreffen, eigener demokratischer Strukturierung und Satzung. Wir wollen keine Sozialpartnerschaft mit den Kapitalist_innen! Der Kapitalismus als solches stellt die Krise dar, gegen die es zu kämpfen gilt, nicht durch Reformen, sondern durch den Systemsturz. Hier bedarf es klarer Tagesziele, beispielsweise die Verhinderung von Entlassungen mittels einer Betriebsbesetzung. Und weiter reichender Übergangsziele, wie etwa die Enteignung des Betriebs unter ArbeiterInnenkontrolle. Das bedeutet vollen Einblick in die Geschäftsbücher und die Aneignung des Wissens über den Ablauf des Betriebs. Ziel ist es die Geschäftsleitung zu verjagen und alle Produktionsbelange selbst organisieren zu können. In Südamerika, Griechenland und der Schweiz hat man Betriebe, die geschlossen
werden sollen, in der Vergangenheit bereits unter Belegschaftskontrolle gestellt.

Das Erreichen dieser Ziele und die Macht durch Geschlossenheit, hat eine immense Wirkung auf Menschen, die glauben, man könne eh nichts erreichen. Doch verknüpft man den ökonomischen Kampf nicht mit dem politischen, bewegt man sich immer in den Grenzen des Kapitalismus: Ob die Unternehmer_innen uns ausbeuten oder wir uns unter eigener Führung ausbeuten müssen, bleibt gleich. Wir brauchen also auch ein politisches Programm, welches den kapitalistischen Staat und das System als Ganzes angreift. Rätestrukturen in den Betrieben, Städten und Gemeinden um kontrolliert die Macht des bürgerlichen Staates in die Hände der Werktätigen zu nehmen. Sozialismus ist das Ziel, eine revolutionäre Partei für uns das Mittel und der Kampf für diese unsere Aufgabe. Jeder Arbeitskampf sollte neben einer Verbesserung der direkten Umstände auch dahingehend ein Bewusstsein schaffen.

Auch wir von REVOLUTION haben bereits gewerkschaftliche Kämpfe unterstützt oder organisiert. Wir können diese Erfahrung einbringen und helfen euch gerne bei der Vorbereitung von Aktionen. Wichtig ist nur endlich aktiv zu werden!

Ein Artikel von Baltasar Luchs, REVOLUTION Karlsruhe




Der G7-Gipfel in Elmau 2015

Nach Heiligendamm 2007 kommt der G7-Gipfel Anfang Juni zurück nach Deutschland. Der Gipfel hat sich als Ziel gesetzt die drängendsten Fragen für die Interessen des Kapitals zu behandeln: Weltwirtschaft und Handel, Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungspolitik und Ernährungssicherung, Klima und Energie sind die dauerhaften Themen. Dieses Jahr steht nun auch die Flüchtlingsbewegung auf der Tagesordnung. Hauptziel des Gipfels ist eine gemeinsame Koordinierung der Politik zur Wahrung der jeweiligen Interessen des Kapitals – Dies bedeutet, wenn die Lösung darin besteht, das Millionen Menschen zunehmend verarmen, wird dies in Kauf genommen!

Doch schon seine Zusammensetzung zeigt, warum die G8/G7-Gipfel in der Vergangenheit solch großen Massenprotesten gegenüberstanden. Mit Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Japan, den USA und Kanada sind eigentlich alle Größen des westlichen Imperialismus vertreten. Die achte Kraft Russland, ist nach der Aneignung der Krim „bis auf weiteres“ von den Treffen ausgeschlossen worden. Die USA und EU haben ein Bedrohungsszenario aufgebaut welches Russland als den Aggressor darstellt. Dieser Konflikt ist Ausdruck des Wettkampfes der Machtblöcke Russland, China, USA und EU um die wirtschaftliche Stellung, Ressourcen und Einfluss. Ganz nach dem Prinzip „Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ wird das militärische Potenzial präsentiert: Der amerikanische „Dragoon Ride“, ein Konvoi mit 70 Radpanzern 1800 Kilometer durch Osteuropa endete Anfang April. Russland vollzieht Luft- und Marine Manöver beispielsweise in der Ostsee oder Truppenübungen an der ukrainischen Grenze. Weltweit sind die Rüstungsausgaben nach oben geschossen, vor allem in Osteuropa.

Die Krise des Imperialismus bedeckt die Welt mit Krieg

Tatsächlich gibt es diesem Kampf kein Böse und kein Gut. Die imperialistischen Staaten führen diesen Kampf mit allen Mitteln. Lüge, Propaganda, Einschüchterung politischer Gegner und sogar Mord. Fünf Milliarden Dollar haben die vereinigten Staaten laut der Vizeaußenministerin in die pro-westliche Opposition in der Ukraine investiert, zum Sturz der pro-russischen Regierung und der Etablierung eines „Europa offenen“ Systems. Beide Machtblöcke heizen in ihren Einflussgebieten nationalistische Strömungen an, um sich den Rückhalt der Bevölkerung in der Ukraine zu sichern.

Auch Deutschland unterstützte das Wahlbündnis für Poroschenko, welches auch von den Milizen des „Rechten Sektors“ getragen wurde. Diese begingen zu maßgeblichem Anteil das Massaker am 2.5.2014 im Gewerkschaftshaus in Odessa, bei dem 81 Menschen ums Leben gekommen sind. Die Armee, Polizei und Justiz in der Westukraine sind teils von offenen Faschisten durchsetzt, weshalb Mord oder Folter an politischen Gegnern meist unter den Teppich gekehrt wird. So wurde der Anführer des rechtsradikalen Asow-Bataillons Wadim Trojan sogar kürzlich zum Polizeichef von Kiew ernannt.

Natürlich sorgt solch eine doppelzüngige Außenpolitik immer wieder für Widerstand, wenn die imperialistischen Blöcke auf ihren Gipfeln zusammen kommen. Die Treffen in Prag und Seattle konnten von den Blockierenden erfolgreich abgebrochen werden. Die Reaktion der Gipfelorganisatoren auf die meist jugendlichen Massenproteste: Mittlerweil finden sie in dünn oder unbesiedelten Gebieten statt, um die Außenwirkung des Treffens nicht gänzlich von Gegenprotesten dominiert zu sehen.

Die Tagesordnung des Gipfels zeigt auf, wie weit sich Realität und Lippenbekenntnisse der Herrschenden inzwischen auseinanderbewegt haben. Sie tragen die Verantwortung für eine Politik, die in Südeuropa Millionen Menschen fast ohne soziale Sicherungssysteme und über die Hälfte der Jugend arbeitslos hinter sich lässt. Ganz zu schweigen von der Festung Europa. Zäune, Überwachungstechnik und Frontex lassen Zehntausende an den Außengrenzen sterben, während in der Öffentlichkeit heuchlerisch berichtet wird, man solle den kriminellen Schleußer-Banden das Handwerk legen. Wenn sie also von der Bekämpfung dieser Probleme sprechen, geht es zu aller erst darum, die eigene Positionen und den Wirtschaftsapparat zu sichern. Hierfür werden Schulden, bankrotte Unternehmen und Banken durch öffentliche Gelder gestützt – Gewinne und Besitz bleiben selbstverständlich Privat. Es findet unter den Augen der gesamten Weltöffentlichkeit ein Geldtransfer von Arm zu Reich statt. Der wohl größte „legale“ Raubzug der Geschichte wird uns noch als die einzig sinnvolle Politik verkauft, obwohl seit der Krise die globale Verschuldung weiter zugenommen hat. Und während man Tarifrechte zerschlägt und Sozialsystem zerstört, wird massiv Geld in den Aufbau des europäischen Sicherheitsapparates gesteckt – Die eigene Bevölkerung als eines der potenziellen Ziele. Nichts fürchten die Herrschenden mehr als der Aufstand der perspektivlosen Jugend in ihren eigenen Ländern.

Wenn wir den Blick in den Nahen Osten wenden, ist die Lage noch verheerender. Ägypten, der Irak, Libyen und Syrien sind von Massenarbeitslosigkeit, Hunger und Armut zerrissen. Die jahrelange Inszenierung eines religiösen Konflikts zwischen Schiiten und Sunniten, hat das Land zerrissen und einen Bürgerkrieg gestürzt. Die andauernden Kämpfe und der Sturz der Saddam-Regierung hinterließen ein Machtvakuum, welches von islamistischen Organisationen wie Al Qaida oder dem IS gefüllt wurden. Die weltweite Krise des Kapitalismus brachten auch die lokalen „verbündeten Regime“ in Libyen und Ägypten ins Wanken und ließ sie letztendlich einstürzen. Auch in Syrien herrscht nun offener Bürgerkrieg zwischen dem Diktator Assad, den reaktionär-fundamentalistischen Banden des Islamischen Staates (IS) und den Rebellen. Der Imperialismus hat dieses Feuer geschürt und heizt es mit den Waffenlieferungen an seine verbündeten Staaten weiter an. Perfider Weise liefert das NATO-Mitglied Türkei Waffen und Logistik an die Einheiten des IS, um die kurdische Autonomie-Bewegungen durch ihren zu ersticken. Diese humanitäre Katastrophe zu lösen bedeutet für den Imperialismus jedoch erst einmal: Die Flüchtlingsströme zu stoppen, stabile Vasallenstaaten zu etablieren und die Erdgas- und Öllieferung für den eigenen Markt sicherzustellen.

Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht

Äußern sich die Jugendlichen dieses Kontinents und tragen ihre Unzufriedenheit, ihre Meinung auf die Straße und vor die Türen der Herrschenden ist es schnell vorbei mit Grundrechten und körperlicher Unversehrtheit. Die, die Widerstand aufbauen, die für eine neue solidarische Gesellschaft kämpfen, werden durch mediale Hetze, wie etwa gegen Blockupy, als terroristisch eingestuft. Leo Trotzki schrieb zu seiner Zeit: „Gern würden sie alle Aktivitäten des Proletariats, die gegen die Interessen des Klassenfeindes gerichtet sind, als Terrorismus abstempeln.“
Und genau diese Taktik verwenden sie auch heute im Vorfeld des G7-Gipfels. Zum einen um eine allgemeine Abneigung und Distanzierung der Massen, den Protesten gegenüber,  herzustellen bzw. weiter zu festigen. Und zum anderen ’notwendige Maßnahmen für die „Sicherheit des Volkes“ zu legitimieren, wie die CDU/CSU besonders gern betont. Diese ‚Maßnahmen‘ sind nichts weiter als Repressionen des Staates, unter denen wir zusammen mit Jugendlichen auf der ganzen Welt zu leiden haben. Neben der Schaffung einer Anti-Terror Einheit in Deutschland, will die EU bündnisweite Polizei- und Armeeeinheiten aufstellen und nahezu alle Länder verschärfen ihre Gesetze gegen Demonstrationen.

Das aus den G8 die G7 geworden sind, hat ihren Einfluss nicht geschmälert, sondern ist eine Ausrichtung der Blöcke. Die internationale Koordinierung ihrer Politik ist gleichzeitig eine Kriegerklärung an uns. Denn der Kapitalismus beutet uns immer rücksichtsloser aus und verfeinert seinen Repressions- und Überwachungsapparat. Die Weltlage macht uns mit aller Schonungslosigkeit deutlich, dass die Überwindung der internationalen Krise, Hunger und Armut nur mit der Zerschlagung des kapitalistischen Systems und der damit verknüpften bürgerlichen Staaten einhergehen kann. Wir kämpfen deshalb als kommunistische Jugendbewegung für den Aufbau einer revolutionären Partei der ArbeiterInnen, für den Sturz des Kapitalismus und der Errichtung der Sozialistischen Revolution.

Unsere Ziele sind:

  • Für Massenmobilisierungen gegen die imperialistischen Absprachetreffen müssen die Gewerkschaften, Arbeiterparteien, linken Organisationen und Befreiungsbewegungen halbkolonialer Länder internationale Absprachen treffen, die verbindlich sind. Wir brauchen eine neue Arbeitereinheitsfront, die gegen die zunehmende Kriegsgefahr und die Auswirkungen der Krise politische Massenstreiks und unbefristete Generalstreiks organisiert.
  •  Die G7: nicht nur blockieren sondern zerschlagen. Wir fordern außerdem die unmittelbare Offenlegung aller Gehemiverträge und Absprachen, die auf diesen Treffen im verborgenen gemacht werden und Komissionen der Arbeiterinnenbewegung und der Gewerkschaften, die diese untersuchen.
  • Die Militärbündnisse von NATO, OVKS oder arabischer Liga gehören zerschlagen. Sie werden aber nicht durch Appelle an die Kriegstreiber aufgelöst werden, sondern nur durch eine antiimperialistische Arbeiter_innen und Jugendbewegung. Eine solche Bewegung muss sich auch an die proletarischen und bäuerlichen Soldat_innen richten, um sie gegen Krieg und Militarismus zu gewinnen, in Komitees und Räten für ihre demokratischen Rechte zu organisieren und sie im Kriegsfall gegen ihre eigene Regierung aufzubringen mit dem Ziel einer sozialistischen Revolution.
  • Dem System Imperialismus stellen wir die internationale Revolution entgegen, die die
    Unterdrückung der halbkolonialen Welt beendet und die Arbeiter_innen der imperialistischen Nationen befreit. Dieses Ziel kann aber nur durch den Aufbau einer neuen kommunistischen 5. Internationale und dem Aufbau einer revolutionären Jugendinternationale erreicht werden.

Ein Artikel von Mahir Gezmis und Carlson von und zu Dach, REVOLUTION Berlin




Verstärkte Repression: Spaltung und Unterdrückung

Zunächst mal: Repression, was ist das überhaupt? Wir könnten auch Unterdrückung dazu sagen. In diesem Fall die Unterdrückung, die die herrschende Klasse mittels des Staates ausübt. Den Repressionen eines kapitalistischen Staates liegt das Interesse zugrunde, die bestehende Ordnung aufrecht zu erhalten und die Interessen der Kapitalist_innen zu verteidigen und zu vertreten. Das gilt für eine bürgerliche Demokratie genauso wie für den Faschismus. Um dieses Ziel zu erreichen, wird repressiv gegen Widerstand vorgegangen und die Arbeiter_innenklasse – bewusst oder unbewusst – gespalten, z.B. entlang rassistischer Trennungslinien. Die rassistischen Polizeimorde an schwarzen Jugendlichen oder die Räumung von Flüchtlingscamps im letzten Jahr sind Beispiele dafür.

Einige dieser Repressionen laufen schon seit Jahrzehnten – z.B. jene Israels gegen die Palästinenser_innen. Andere treten erst auf, wenn sich etwa im Zuge einer Krise Widerstand gegen die bestehende Ordnung bildet. Vor allem seit dem Krisenausbruch 2008 haben soziale Bewegungen als Folge einer Verelendung breiter Teile der Bevölkerungen weltweit zugenommen.

Wir wollen hier einige exemplarische Beispiele für aktuell verschärfte Repressionsmaßnahmen geben.

Türkei: Ein weiterer Schritt Richtung Polizeistaat

Immer wieder gerät die türkische AKP-Regierung aufgrund von Repressionen ins Schussfeld, selbst von bürgerlichen Politkern. In der Türkei kommt es bei größeren Protesten immer wieder zu Toten durch die Polizei, so z.B. bei der Gezi-Bewegung 2013, den Protesten gegen die Arbeitsbedingungen in Bergwerken nach dem Grubenunglück von Soma 2014 oder vor allem bei verschiedenen kurdischen Demos.

Auch soziale Medien wie Twitter und Co. geraten immer wieder ins Visier des Staates und werden eingeschränkt und zensiert, was nun auch ohne Gerichtsbeschluss für 3 Tage legal ist.

Mit den neusten „Sicherheitsgesetzen“ der Regierung Erdogan ist aber eine neue Dimension, der Schritt zum Polizeistaat getan worden. Demos können ohne richterliche Instanz verboten werden. Wer einen Molotow-Cocktail mit sich führt darf erschossen werden, lange Haftstrafen stehen auf die Teilnahme an verbotenen Demos, in öffentlichen Gebäuden dürfen Polizeistationen eingerichtet werden und 48 Stunden unbegründete Isolationshaft sind auch kein Problem.

Von all diesen Maßnahmen werden die türkische Linke, Gewerkschaften, streikende Arbeiter_innen und vor allem der kurdische Befreiungskampf hart getroffen. Leider gibt es von deren Anführer_innen keinen nennenswerten Widerstand gegen die Gesetze.

Griechenland und Ukraine: Faschisten im Staat

An manchen Stellen bedienen sich die Herrschenden, aber nicht nur der eigenen, offiziell-staatlichen Kräfte, sondern spannen sich Faschist_innen vor den Karren.

Wie das gehen kann zeigen die Beispiele der Ukraine und Griechenlands, wobei die Lage in der Ukraine momentan zweifelsfrei die gefährlichere ist.

So paktierte und unterstützte der pro-westliche Teil der ukrainischen Oligarchie früh mit militanten, nationalistisch-faschistischen Kräften wie Swoboda und dem rechten Sektor um das Janukowitsch-Regime zu stürzen, ein eigenes zu errichten und um dann den Widerstand dagegen zu brechen. Beim Massaker von Odessa am 2. Mai letzten Jahres wurde das offen gezeigt.

Die faschistischen Kräfte stellen mittlerweile eigene Bataillone – darunter das berüchtigte Asow-Bataillon – beim Krieg gegen die Aufständischen und Zivilist_innen der Ostukraine. Zudem dienen sie auch im Polizei- und Geheimdienstapparat zur Unterstützung der neuen Regierung. Mittlerweile wird „die Verbreitung kommunistischer Propaganda“ mit harten Strafen geahndet, gegen Wehrdienstverweigerer wird ebenfalls vorgegangen.

Auch in Griechenland finden wir diesen Pakt in abgeschwächter Form. So konnten die Faschist_innen der „Chrysi Avgi“ linke Demos, LGBTIA und Migrant_innen in der Vergangenheit offenbar ungestraft angreifen. Auch findet eine polizeiliche Ausbildung der faschistischen Kräfte statt.

Zur Zeit finden in Griechenland zwar Prozesse gegen Mitglieder der Chrysi Avgi statt, jedoch wäre es eine gefährliche Illusion hier auf den Staat zu vetrauen. Wie die Ukraine bereits zeigte, ist ein Putsch schneller durchgeführt, als viele denken.

Das sollten vor allem die Anhänger Syrizas im Gedächtnis haben – auch wenn ihre Partei zur Zeit alles andere als eine ernsthafte Gefahr für das Kapital darstellt. Doch wenn Syriza irgendwann doch eine zu hinderliche Kraft für die (europäischen) Kapitalist_innen wird, ist es nicht ausgeschlossen, dass diese sich Faschist_innen vor den Karren spannen um die Abwälzung der Krise auf die arbeitende Bevölkerung zu sichern.

Spanien & Frankreich: Demonstrieren verboten?

Nicht nur in Griechenland, sondern auch in Spanien kam es zu großen Protesten gegen die EU-Sparpolitik. Immer wieder wurden in diesem Zusammenhang Demonstrationen verboten. Hierbei hat es sich die konservativ-neoliberale Rajoy-Regierung im letzten Dezember nun leichter gemacht.

Auf die Teilnahme an verbotenen Demos stehen 1000 € Strafe, verboten ist die Verbreitung von Videomaterial, welches Polizeigewalt zeigt. Weiter entscheidet künftig die Polizei – kein Gericht – was auf Demos gesetzeswidrig war und was nicht und kann Strafen von bis zu 600.000 € verhängen.

Da dieses Gesetz Tür und Tor für staatliche Willkür öffnet, ist das Gesetz vor allem eines: Die weitgehende Abschaffung des Demonstrationsrechts mit dem Ziel den Widerstand einzuschüchtern.

Aber nicht nur in Spanien, sondern auch in Frankreich scheint das Demonstrationsrecht in Frage zu stehen: Der Jugendliche Gaëtan wurde für die Teilnahme an einer Demo gegen den Polizeimord an einem Umweltaktivisten zu zwei Monaten Knast, 4 Monate Bewährung und 1.100 € Bußgeld verdonnert. Neben ihm wurde auch Andere eingesperrt.

Der Fall Gaëtan ist nur ein Teil der den Anschlägen auf Charlie Hebdo folgenden Repressionswelle. Die Ursachen von Terror sind Rassismus und Imperialismus – und genau das verstärkt die französische Regierung jetzt.

Deutschland und der G7-Gipfel: Repression in der Vorbereitung

Auch in Deutschland wird aufgerüstet – schließlich darf man die Ausschreitungen bei Blockupy nicht ungestraft lassen, da wurde das System in Frage gestellt. Wenn Flüchtlingsheime brennen, ist das natürlich nicht der Fall – da reagiert man lieber mit einer Asylrechtsverschärfung.

Außerdem steht im Juni ja der G7-Gipfel in Bayern an – darauf und auf den Protest will man sich gut vorbereiten. Also wurde nach Blockupy der Aufbau einer neuen „Antiterroreinheit“ angekündigt. Diese soll der Polizei unterstellt sein und wird wohl vor allem dazu genutzt werden, ungemütliche Linke zurechtzuprügeln.

Am Beispiel Blockupy und den G7 lässt sich übrigens ein für Repressionen sehr typischer Bestandteil erkennen – die Hetze zur Rechtfertigung. Da das Handeln von Staat und Polizei von der breiten Öffentlichkeit als gerechtfertigt wahrgenommen werden soll, werden auch schon mal Details weggelassen oder stumpf gelogen. In Frankfurt wurden über 80 Polizist_innen vom eigenen Tränengas verletzt, aber das das ein Eigenbeschuss war, erzählte die Polizeisprecherin nicht.

Auch die Proteste gegen den G7-Gipfel werden, ähnlich wie 2007 in Heiligendamm, bereits im Vorfeld kriminalisiert: In den letzten Wochen fand eine breite „Aufklärungskampagne“ in und um Garmisch statt, um zu verhindern, dass Landwirte den DemonstrantInnen Wiesen für die Errichtung eines Protestcamps zur Verfügung stellen. So wird bei der Bevölkerung eine Ablehnung gegen die Demonstrierenden erzeugt, noch bevor sich diese mit den Inhalten der Bewegung auseinander gesetzt hat.

Widerstand organisieren – aber wie?

Es bleibt die Frage, wie wir und die Arbeiter_innenklasse künftig Repressionen begegnen soll – denn wenn es zu Massenbewegungen, politischen Streiks und Betriebsbesetzungen kommt, wird das von der herrschenden Klasse stets bekämpft.

Militanz ist nichts, mit dem die eigene „Radikalität“ demonstriert wird, sondern sollte konkrete Ziele verfolgen und möglichst massenhaft und organisiert stattfinden, um diese zu erreichen.

Elementar ist hierfür einerseits die geeinte Aktion der organisierten Arbeiter_innenklasse um die größtmögliche Kampfstärke des Proletariats herzustellen – Revolutionär_innen müssen also stets Einheitsfrontangebote an Gewerkschaften und reformistische Organisationen machen. Die Ziele und Aktionen müssen hierbei von der Basis selbst beschlossen werden.

Andererseits sollten in den Kämpfen klare Strukturen etabliert werden. Das heißt: Demonstrationen brauchen zentrale Einsatzleitungen, die jederzeit wähl– und abwählbar sowie der Basis rechenschaftspflichtig sind, was auch ebenso für Streikleitungen gilt.

Unsere Bewaffnung und Kampftaktiken sollten den Gegebenheiten entsprechen – in Deutschland mögen Demoketten und Knüppelfahnen noch ausreichend sein, in Bürgerkriegen sind sie es freilich nicht mehr. Während in Spanien der Sparpolitik mit Streik begegnet werden kann, wären Streiks in den verbliebenen Betrieben der Ostukraine eine Schwächung des eigenen Widerstandes.

  • Freiheit für alle politischen Gefangenen! Sofortige Niederschlagung aller Verfahren!
  • Für die volle Meinungs- und Versammlungsfreiheit überall und jederzeit!
  • Für den Aufbau einer neuen Internationalen und einer Jugendinternationalen, um den Kämpfen eine revolutionär – sozialistische Richtung vorzuschlagen!
  • Lasst uns Arbeiter_innen- und Jugendkomitees aufbauen, lasst uns aus Komitees Räte machen! Lasst uns Milizen der Bewegung aufbauen, die gegen die Entdemokratisierung
    kämpfen und demokratische Errungenschaften schützen!
  • Für den Aufbau einer proletarischen Doppelmacht um die bürgerlich – repressiven Staaten zu bekämpfen und zu stürzen!

Ein Artikel von Lars Filder, REVOLUTION Fulda




Prekariat und Jugend

Ein schöneres Wort für Unterschicht?

Prekariat -wieder mal ein kompliziertes Wort, dass sich ziemlich klug anhört und man irgendwo schon mal aufgeschnappt hat. Aber was versteht man eigentlich unter dem Begriff Prekariat? Was heißt es prekär, beschäftigt zu sein?

In erster Linie beschreibt prekär ein Arbeitsverhältnis. Nämlich: schlecht bezahlt, keine Sozialversicherung, befristet, kein Tarifvertrag, ungewisse Zukunftsaussichten. Die ständige Angst vor sozialem Abstieg, Unsicherheit aufgrund der Zeitarbeit gibt es aber dafür kostenlos dazu. Also könnte man sagen: Ja. Der Begriff der Prekariat beschönigt ein ungeschütztes Arbeitsverhältnis. Allgemein wird in der Soziologie auch so getan, dass es sich hierbei um eine neuere Form einer sozialen Gruppierung handelt. Dass das eine Lüge ist, scheint klar zu sein.

Zahlen, Zahlen und noch mehr Zahlen

In den letzten 10 Jahren nahm die Prekarisierung von Arbeitsstellen beständig zu. Jugendliche sind besonders betroffen. Als billige Arbeitskraft in Minijobs, Praktika oder als Leiharbeiter_in wird man gerne genutzt. Nebenbei drückt man so die Reallöhne der Beschäftigten, während man selber ausgebeutet wird. Laut des DGB Index für Gute Arbeit für junge Beschäftigte hat Jeder 5. hat eine unbefristete Arbeitsstelle.

Zum Einen hat man mit so genannten Strukturreformen die Jugendarbeitslosigkeit verringert und sie dafür in prekäre Arbeitsverhältnisse getrieben. Rund 14% der Jugendlichen verdienen weniger als 800€ im Monat. Mit der Agenda 2010 wurde der Arbeitsmarkt flexibler und es wurden mehr Anreize geschaffen.

Das heißt genauer: Wenn die Leistungen des Hartz4 Satzes nicht gekürzt werden sollen, darf man nur noch eine begrenzte Zahl an Jobs ablehnen. Schöner Anreiz, nicht? Die breite Auswahl an Zeit- und Leiharbeitsfirmen, sowie die Umwandlung von normalen Beschäftigungsverhältnissen zu schlecht bezahlten, befristeten Mini- oder Teilzeitjobs sorgen dann auch für ausreichend Flexibilität.

Zudem wird einem suggeriert, dass Praktika für den Lebenslauf notwendig sind und die Aufstiegschancen fördern. Bevor man eine Ausbildung anfangen will oder als Pflichtmodul in einem Studium stellen schlecht bis gar nicht entlohnte Praktika mittlerweile eine Pflicht dar. Teilweise können von 3 Monate bis sogar zu einem Jahr andauern. Hinzu kommen dann noch die Praktika in der Schulzeit -besonders bei Berufsschulen- und die, die man freiwillig in Sommer- und Semesterferien macht.

Einen besonderen Aspekt nehmen Migrant_innen ein. Der vorherrschende Rassismus wirkt sich so aus, dass sie den größten Teil der prekären Beschäftigten stellen. In der Schule, im Betrieb und an der Uni haben Migrant_innen die schlechtesten Bildungschancen -und werden zum Einen so vermehrt in prekäre Jobs gedrängt. Zum Anderen muss man in vielen Betrieben nur den falschen Namen haben um nicht für den Job oder Ausbildung angenommen zu werden, sondern für den Mini- oder Teilzeitjob für den man “eh nicht so gute Qualifikation” braucht. Ähnlich läuft es bei Frauen. Neben sexistischen Kommentaren und Belästigungen, denen man im Alltag ausgesetzt ist, sprechen die Zahlen für sich. Doppelt so viele weibliche wie männliche Jugendliche, sprich rund 40%, arbeiten prekär beschäftigt. Gut ein Fünftel aller weiblichen Angestellten unter 30 müssen laut des DGB Index für gute Arbeit auch in ihrer Freizeit unbezahlt für den Job arbeiten -bei den Männern sind es 9%.Die Quote an Frauen, die einen Gymnasial- oder Universitätsabschluss haben ist zwar höher als die der männlichen Absolventen. Dennoch arbeitet der Großteil der Frauen prekär in Teilzeit- oder Minijobs. Warum? Die Privatisierung der Hausarbeit sie zwingt zu Hause zu bleiben und was zum Familieneinkommen “dazuverdienen”. Dass sie oft nicht die Hauptverdienerinnen sein können ist klar -denn schließlich verdienen Frauen im Schnitt 23% und in gleichen Jobs bis zu 8% weniger als ihre männlichen Kollegen.

Was für eine Perspektive brauchen wir?

Die unten genannten Rechte sind gut und schön, aber reichen beiweitem nicht aus. Besonders in Krisenzeiten werden die Rechte der Arbeiter_innen immer beschnitten um die Profite der Kapitalist_innen zu wahren. Errungenschaften wie Mindestlohn etc. werden angegriffen, wie wir gerade in Spanien oder Griechenland sehen. Deswegen dürfen wir uns keine Illusionen in die Forderungen der Reformist_innen machen, sondern kämpfen für die Verbindung von Tageskämpfen mit einer revolutionären Perspektive. Die Kapitalist_innen nett darauf hinzuweisen, dass man für gute Arbeit gute Arbeitsbedingungen braucht, wird nicht dafür sorgen, dass es keine befristeten Arbeits- und Tarifverträge und einen Mindestlohn gibt!

Dabei ist gerade für prekär Beschäftigte die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn mit dem man seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, ein zentraler Punkt. Zum Einen um den Druck und die Angst vor sozialem Abstieg zu verhindern, zum Anderen um die Grunddversorgung aller Menschen zu gewährleisten.

Auch die gewerkschaftliche Organisierung und der Kampf gegen die Auslagerung von ganzen Abteilungen und Spaltungen in verschiedene Tarifeinheiten, ist zentral.

Unsicheres Arbeitsverhältnis, kaum Ansprüche auf Bezüge vom Staat, keine eigene Wohnung, Rassismus, Sexismus oder unbezahlte Praktika für Jugendliche und junge Arbeitende. Das sind keine Probleme die nur hier im Herzen des Imperialismus, in Deutschland, vorzufinden ist. Auf der ganzen Welt werden Jugendliche stärker vom herrschenden System ausgebeutet! Daran können wir allein nichts ändern. Wir brauchen eine Internationale Organisation, um diese Probleme überall lösen zu können. Neben der revolutionären Partei ist es deshalb  unabdinglich eine internationale Organisierung aller Jugendlichen aufzubauen. Deshalb treten wir für eine revolutiobäre Jugendinternationale ein, denn all diese Probleme haben einen gemeinsamen Nenner, den Kapitalismus!

EXKURS: Du bist Minijober_in? – Das sind deine Rechte!

Erstmal: Minijober_in bist du, wenn du im Monat maximal 450 Euro („geringfügig entlohnt“) verdienst oder du kurzzeitig beschäftig bist – maximal 50 Arbeitstage im Kalenderjahr.

Dass du die gleichen Rechte wie Vollzeitbeschätigte hast, werden dir die wenigsten Arbeitgeber_innen sagen. Dein Boss muss dich gleich behandeln – aber er kann dies mit Begründungen wie „ungleiche Qualifikation“  umgehen.

Trotzdem Gleichbehandlung? Was heißt das für mich?

-> Dir steht ein schriftlicher Arbeitsvertrag zu, spätestens nach zwei Monaten muss schriftlich vorliegen, wie das Arbeitsverhältnis (Dauer / Beginn, Ort, dein Name und der des Bosses, Tätigkeit, Lohn, Hinweis auf Tarifverträge, Arbeitszeit, Urlaubstage, Kündigungsfrist) aussieht.

-> Urlaub! Dieser berechnet sich so: Arbeitstage p. Woche x 24 / 6 = Urlaubstage. Auch hier gilt Gleichbehandlung!Lohn für gesetzliche Feiertage! Dein Boss darf dich den Feiertag auch nicht nach- oder vorarbeiten lassen!

-> Lohnzahlung für 6 Wochen bei Krankheit oder Schwangerschaft und Beschätigungsverbot! Zuschuss zum Mutterschaftsgeld!

->  Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld), wenn diese deinen VollzeitkollegInnen zustehen!

-> Schutz vor sofortiger Kündigung! Auch hier gilt die Gleichbehandlung! Es sind zur Kündigung unterschiedliche Fristen, je nach Beschäftigungsdauer, einzuhalten. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.

-Minderjährig?

-> maximal 8h Arbeit pro Tag –

-> mehr Urlaub: mit 16 30 Tage, mit 17 27 Tage, mit 18 25 Tage

Quelle und weitere Infos auf www.minijob-zentrale.de

Ein Artikel von Katherina Singh, REVOLUTION Berlin




Grundlagen des Marxismus: Der Staat – Teil 1: Der bürgerliche Staat

Für die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft durch eine soziale Revolution und eine Übergangsphase, die wir als Sozialismus bezeichnen, ist die Frage des Staates von zentraler Bedeutung. Sich mit ihr intensiv auseinanderzusetzen, ist für jede revolutionäre Organisation unerlässlich. Wir widmen dieser Thematik innerhalb unserer Rubrik „Grundlagen des Marxismus“ eine dreiteilige Serie. Sie soll einen Überblick über die Staatsfrage geben – warum entstand er, welche Interessen vertritt er und wie kann er für immer überwunden werden?

Marx und Engels haben ihre Staatstheorie nie in einem einheitlichen Buch niedergeschrieben. Sie berühren diese Frage in verschiedenen Texten, die zu unterschiedlichen Zeiten und Sachverhalten verfasst wurden, vor allem in „Der Bürgerkrieg in Frankreich“, Marx und Engels Kritiken an den Programmen der SPD, aber auch im „Manifest der kommunistischen Partei“. Später, kurz vor der russischen Oktoberrevolution 1917, veröffentlichte Lenin sein berühmtes Buch „Staat und Revolution“. In diesem legt er das marxistische Verständnis vom Staat anschaulich dar und untermauert es mit verschiedenen Zitaten von Marx und Engels.

Bürgerlicher Staat und Klassengesellschaft

Der bürgerliche Staat ist für Marx und Engels ein Produkt der Gesellschaft auf einer bestimmten Entwicklungsstufe der Produktivkräfte. Im Gegensatz zu den Gentilorganisationen, also den Urgemeinschaften, zeichnet er sich durch die Einteilung der Staatsangehörigen nach Gebiet aus. Er entsteht aus der Gesellschaft selbst heraus, stellt sich aber als Macht über sie. Er ist Ausdruck der Unversöhnlichkeit der Klassengegensätze innerhalb der kapitalistischen Gesellschaftsordnung und daher umgekehrt ein Beweis, dass der Kapitalismus selber nicht fähig ist, die Klassengegensätze zu versöhnen. Er versucht die Klassenkämpfe zu mildern, damit das System nicht zerbricht, versucht also die Unterdrückung der Arbeiter_innen durch die Kapitalist_innen zu festigen und zu verschleiern. Der Staat ist somit ein Organ der Klassenherrschaft, da es den Konflikt der Klassen dämpft und Widerstand sanktioniert. Dieses scheint zwar über der Gesellschaft zu existieren, ist aber durch unzählige Fäden mit der Bourgeoisie verstrickt.

Engels schreibt dazu in seinem Werk „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“ 1894:

„Der Staat ist also keineswegs eine der Gesellschaft von außen aufgezwungene Macht; ebenso wenig ist er „die Wirklichkeit der sittlichen Idee“, wie Hegel behauptet. Er ist vielmehr ein Produkt der Gesellschaft auf bestimmter Entwicklungsstufe; er ist das Eingeständnis, dass diese Gesellschaft sich in einen unlösbaren Widerspruch mit sich selbst verwickelt, sich in unversöhnliche Gegensätze gespalten hat, die zu bannen sie ohnmächtig ist. Damit aber diese Gegensätze, Klassen mit widerstreitenden ökonomischen Interessen, nicht sich und die Gesellschaft in fruchtlosem Kampf verzehren, ist eine scheinbar über der Gesellschaft stehende Macht nötig geworden, die den Konflikt dämpfen, innerhalb der Schranken der Ordnung halten soll; und diese, aus der Gesellschaft hervorgegangene, aber sich über sie stellende, sich ihr mehr und mehr entfremdende Macht ist der Staat“1

Der bürgerliche Staat ist die monopolisierte, öffentliche Gewalt und muss die Gewalt unbedingt in seiner Hand monopolisieren. Denn ein bewaffnetes Volk würde auch einen bewaffneten Kampf, der sich feindlich gegenüberstehenden Klassen bedeuten und somit in einen Zustand verharren in der die Entwicklung nicht voran schreiten und in dem es keine festen Verhältnisse zur Unterjochung einer Klasse geben kann.

Dieser monopolisierten Gewalt bemächtigt sich die herrschende Klasse und macht sich so auch zur politisch herrschenden Klasse. Der Rest der Bevölkerung hat keinerlei demokratische Kontrolle über diese.

„Da der Staat entstanden ist aus dem Bedürfnis, Klassengegensätze im Zaum zu halten, da er aber gleichzeitig mitten im Konflikt dieser Klassen entstanden ist, so ist er in der Regel Staat der mächtigsten, ökonomisch herrschenden Klasse , die vermittelst seiner auch politisch herrschende Klasse wird und so neue Mittel erwirbt zur Niederhaltung und Ausbeutung der unterdrückten Klassen.“2

Um seine Funktionen auszuführen benötigt er außerdem ein Heer von verbeamteten Bürokrat_innen, die durch höhere Gehälter und allerlei Privilegien von den Interessen der restlichen Arbeiterschaft getrennt werden. Der Staat besticht also einen kleinen Teil der Menschen, damit dieser auch zuverlässig für ihn arbeitet, nur seine Interessen vertritt und sich nicht als Teil der unterdrückten arbeitenden Massen sieht. Ähnlich sieht es bei den Politiker_innen aus, welche auch Gehälter beziehen, die den Lohn der Arbeiter_innen deutlich übersteigen. Darüber hinaus kommen die meisten Politiker_innen aus der herrschenden Klasse selber, (Ex)Unternehmer_innen, aber auch Jurist_innen. Einfache Arbeiter_innen, die den ganzen Tag für ihre Kapitalist_innen schuften müssen, haben meist weder die Zeit, noch die Energie über ihre Arbeit hinaus in einer Partei aktiv zu werden und Politik zu machen. Zu Beginn einer Karriere in einer Partei ist es unmöglich ohne nebenher zu arbeiten, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Nur wer Andere für sich arbeiten lässt, hat Geld und Zeit Einfluss auf die Politik zu nehmen. Die enge Verflochtenheit von Politik und Wirtschaft zeigt sich auch im tagespolitischem Geschehen. Beispielsweise wenn Politiker_innen in Wirtschaftsvorstände wechseln oder von Unternehmen Hunderttausende kassieren für die Arbeit, die sie als Politiker_innen im Interesse der Unternehmen gemacht haben.

Auch das allgemeine Wahlrecht ist für Marx und Engels nichts als eine Farce, um die materielle Ungleichheit zu verschleiern, welche keine tatsächlichen gesellschaftlichen Veränderungen herbeiführt. Die wenigsten Lohnabhängigen sind in einer Gewerkschaft, noch deutlich weniger in einer Partei organisiert. Die Demokratie ist eine Demokratie für die Minderheit, für die Reichen, während das eigentlich Volk vom öffentlichen und politischen Leben ausgeschlossen ist.

Über den Charakter des Staates lassen Marx und Engels letztlich keinen Zweifel. In Marx Texten zur französischen Revolution bezeichnet er diesen als „öffentliche Gewalt zur Unterdrückung der Klassenherrschaft“, als „Maschine der Klassenherrschaft“, als „nationale[s] Kriegswerkzeug des Kapitals gegen die Arbeit“.3 Deshalb muss die Arbeiterklasse ihn zerschlagen, zerbrechen und anstatt seiner den proletarischen Staat errichten.

Teil 2: Proletarischer Staat und sozialistische Umwälzung

Ein Artikel von Lukas Müller, REVOLUTION Kassel

1Marx, Engels, MEW 21 S. 165
2Marx, Engels, MEW 21 S. 166/167
3Marx, Engels, MEW 17 S. 336




1 Mai 2015: Zwischen Gewerkschaftsritual und kämpferischen Demos

Die mit Abstand größte Demonstration am Ersten Mai fand auch 2015 wieder in Berlin statt. Es war – auch das ist längst keine Überraschung mehr – nicht jene des DGB, sondern mit rund 30.000 TeilnehmerInnen die Revolutionäre-Erste-Mai-Demonstration.

In etlichen Großstädten gab es ebenfalls Demos verschiedener Teile der „radikalen Linken“, die fast so groß, wenn nicht größer als die DGB-Aktionen waren.

Sozialpartnerschaft as usual

Allein das ist ein vernichtendes Urteil über die offiziellen „Mai-Feiern“ der Gewerkschaften. Auch wenn die Bierfeste und Bratwurstbuden mittlerweile mit allerlei anderen Fressständen kulinarisch aufgerüstet haben und neben der eigentlichen Manifestation die TeilnehmerInnen mit „Kulturprogrammen“ geködert werden sollen, so ändert das nichts daran, dass der DGB sein ganzes Programm bewusst unter das Banner politischer Harmlosigkeit gestellt hat. „Die Arbeit der Zukunft gestalten wir“, ist als Parole vor allem an die „Sozialpartner“ gerichtet, an die deutschen Kapitalisten wie auch an den Koalitionspartner der SPD. Den „Arbeitgebern“ und Teilen der CDU warf DGB-Chef Reiner Hoffmann auf der zentralen Gewerkschaftskundgebung in Berlin vor, sie würden die Arbeit nicht wirklich „gemeinsam“ gestalten wollen, sondern ins 19. Jahrhundert zurückkehren.

Bei solchen Betrachtungen ist es kein Wunder, dass die Stimmung nicht allzu kämpferisch wird. Hoffmann und Co. werden nicht müde, dem Kapital seine „Kompromisslosigkeit“ vorzuwerfen; die kann den deutschen GewerkschaftsführerInnen sicher gänzlich abgesprochen werden.

Oppositionelle Regungen

Nichtsdestotrotz gab es bei den DGB-Demos auch einzelne, oppositionelle Regungen. So wurden in einigen Städten Transparente gegen den Angriff auf das Streikrecht im Namen der Tarifeinheit v.a. bei ver.di mitgeführt. In Kassel gab es nach der Demonstration eine kleine Kundgebung gegen dieses Gesetzesvorhaben.

In einigen Städten zeigte sich eine regere Beteiligung von KollegInnen, die aktuell in Auseinandersetzungen stehen –  v.a. der ErzieherInnen.

In Berlin wurde die Abschlusskundgebung glücklicherweise nicht nur von sozialpartnerschaftlichem Schmus geprägt. Die Gewerkschaftsjugend hat hier ihre Rede zu einem politischen Protest gegen die Räumung der Refugees im Berliner DGB-Haus genutzt und außerdem die Aufnahme von Geflüchteten in die DGB-Gewerkschaften gefordert.

Eine Warnung

Doch das war eine Ausnahme im Meer politischer Tristesse, umrahmt vom Abfeiern vermeintlicher Erfolge, dem Einfordern von Klassenkompromiss inklusive eines so genannten „sozialen Europas“ unter Junckers Regie. Die DGB-Demos sind 2015 – von wenigen Ausnahmen abgesehen – wahrlich zeitlose Veranstaltungen. Sie hätten ebenso gut vor einem, vor 10 oder 20 Jahren stattfinden können. Die globale Zuspitzung, die verschärfte inner-imperialistische Konkurrenz kommen allenfalls vor, um am Ende denselben reformistischen Plunder als „Alternativprogramm“ zu den allzu forschen Forderungen der herrschenden Klasse zu verkaufen, der auch schon vor 20 Jahren dargeboten wurde.

Kein Wunder, dass auch die Zahl der TeilnehmerInnen immer mehr oder weniger gleich bleibt. Diesmal sollen es bundesweit 402.000 gewesen sein. Und, ändert sich nichts groß, werden es nächstes Jahr wohl wieder ebenso viele sein.

Für die ArbeiterInnenklasse in Deutschland ist dieser bürokratische Routinismus ein Fallstrick. Er vertröstet auf Kompromisse, für die der Spielraum immer enger wird und die ihrerseits auf der Spaltung der Klasse und dem Erfolg des deutschen Exportkapitals beruhen. Kein Wunder, dass Chauvinismus, Standortdenken und die politische Unterordnung unter die Imperative des Großkapitals zum Standardrepertoire der Gewerkschaftsführungen gehören.

Diese Politik desorientiert nicht nur. Sie wird sich in zukünftigen Klassenkämpfen und bei weiterer politischer Polarisierung als noch fataler erweisen. Die Stürmung  der DGB-Kundgebung in Weimar durch 40 Neonazis, bei der 4 GewerkschafterInnen verletzt wurden, zeigt, wie hilflos der DGB letztlich unter der biederen Fassade ist. Es ist eine Warnung an die ArbeiterInnenbewegung, die von keiner/m Linken, von keiner/m GewerkschafterIn ignoriert werden darf.

Die andere Seite des Ersten Mai?

Viele der „revolutionären Demonstrationen“ am Ersten Mai sind auch in diesem Jahr größer geworden. Allein in Berlin beteiligten sich wohl mehr als 30.000 Menschen, ein Vielfaches der DGB-Demonstration, die offiziell 5.000 zählte.

Freilich zeigte sich bei diesen Demonstrationen auch, dass wir es hier keineswegs mit einer einheitlichen Bewegung zu tun haben, sondern mit unterschiedlichen, ja gegensätzlichen politischen Orientierungen.

In Hamburg gab es daher zwei Demonstrationen, eine, die vom anti-deutschen, eine die vom neo-stalinistischen Spektrum dominiert wurde.

Auch in Berlin zeigte sich diese Differenz auf andere Weise. Entgegen der letzten Jahre bildet in diesem Jahr nicht der „Internationalistische Block“ die Spitze der Demonstration, sondern der eher traditionsautonome „Wir sind überall“-Block. Der erstere war von Gruppen wie der RLB Berlin geprägt.

Den zweiten Block bildete diesmal der „Internationalistische Block“, den Arbeitermacht, REVOLUTION und die „Neue antikapitalistische Organisation“ (NaO) Berlin maßgeblich mit vorbereitet hatten.

Der internationalistische Block

Wir betrachten den diesjährigen Internationalistischen Block, an dem sich rund 6.000 Menschen beteiligten, als politischen Erfolg. Er war stark internationalistisch geprägt, indem neben GenossInnen von Arbeitermacht, REVOLUTION und NaO Berlin sich kurdische Organisationen wie HDP, Destan und die kurdische Jugend, die palästinensische Gemeinde, Antarsya, das Griechenland-Solidaritätsbündnis und das Refugee Schul- und Unistreikbündnis beteiligten. Außerdem schlossen sich verschiedene Gruppierungen wie „Revolutionary Proletariat“ oder die SAV und Solid dem Block an.

Eine Genossin der NaO hielt die Rede auf der Auftaktkundgebung. Während der Demonstration kamen SprecherInnen von Destan, der Palästinensischen Gemeinde, Antarsya, der „Antikapitalistischen nicht-weißen/migrantischen/POC-Gruppe im Aufbau“, „Trotz Alledem“, dem „Refugee Schul- und Uni-Streikbündnis“, REVOLUTION und der Gruppe Arbeitermacht zu Wort.

Die Beiträge deckten ein weites Spektrum politischer Fragen, von Kämpfen und der politischen Perspektive ab. In der Tat geht es uns darum, die Gesamtheit der politischen Lage, der Krise des Kapitalismus in ihren verschiedenen Ausprägungen zum Gegenstand zu machen – gerade weil für uns die Organisierung eines solchen Blocks nicht Selbstzweck, sondern ein Schritt ist, dem Aufbau einer bundesweiten und internationalen anti-kapitalistischen und revolutionären Organisation näher zu kommen, die handlungsfähig ist und auf politischer und programmatischer Klarheit fußt.

Der „Wir sind überall“-Block

Hier zeigt sich der grundlegende Unterschied zum Ersten Block der Demonstration, dem „Wir sind überall“-Block. Dieser prägte 2015 die Spitze der Berliner Ersten Mai-Demonstration. In einer ersten Bilanz betrachtet es die RLB Berlin (wohl stellvertretend für diesen Block) als politischen Erfolg, dass ein großer Teil des ersten Blocks vermummt lief und dass es zum Versuch einer Hausbesetzung gekommen sei.

In der Vermummung als solcher können wir beim besten Willen kein Zeichen politischen Erfolgs per se erblicken. Im Gegenteil: wenn es (wie auch von der RLB und anderen immer wieder proklamiert) ein Ziel sein soll, sich in den so genannten „Alltagskämpfen“ zu verankern und sich auf Menschen außerhalb der Szene zu orientieren, so ist die Vermummung sicher kein geeignetes Mittel zur „Öffnung“ für ebendiese. Es ist nichts weiter als pseudo-revolutionäre Symbolpolitik, ein Gestus statt eines Inhalts.

Nicht anders die Fetischisierung des „Kampfes um ein soziales Zentrum“. Angesichts der großen weltpolitischen Entwicklungen (Neuer Kalter Krieg, Neuordnung des Nahen und Mittleren Ostens, imperialistische Formierung der EU), angesichts von wachsendem Rassismus, von Angriffen auf das Streikrecht, der Auseinandersetzung bei der Bahn usw. usf. ist es einfach nur borniert und provinziell, ein „soziales Zentrum“ zum Hauptziel „revolutionärer“ Arbeit zu machen.

Dahinter steht letztlich eine Rückkehr zur autonomen Politik, für die „revolutionäre Politik“ letztlich immer subjektivistisch gefasst war. Klassenanalyse, theoretische Begründung von Strategie und Taktik, wissenschaftliche Fundierung des eigenen Programms (ja überhaupt die Erarbeitung eines solchen) – also Essentials marxistischer, kommunistischer Politik – hatten dort nie eine besondere Rolle gespielt.

Eine Rückkehr zu den vermeintlich glorreichen Tagen dieser „autonomen“ Politik, die mit einigen Öffnungsfloskeln garniert wird, braucht niemand – schon gar nicht die ArbeiterInnenklasse.

Entgegengesetzte Vorstellungen

Am revolutionären Ersten Mai sind daher gerade in Berlin nicht nur zwei sehr verschiedene Blöcke am Beginn der Demonstration marschiert. Es sind letztlich auch zwei grundlegend verschiedene politische Konzeptionen, Ausrichtungen aufgetreten.

Nur die auf dem Aufbau einer politischen Alternative, auf einem klaren Klassenstandpunkt und Internationalismus basierende revolutionäre Organisation weist eine reale Alternative zum Routinismus des DGB. Der „Schwarze Block“ ist letztlich nur sein pseudo-radikales Alter Ego. Wir werden auch auf den nächsten Ersten-Mai-Demos einen „Internationalistischen Block“ ähnlich dem auf der diesjährigen Demonstration organisieren wollen
– und zugleich die „restlichen“ 364 Tage im Jahr nutzen, um den Aufbau einer neuen, anti-kapitalistischen Organisation voranzutreiben.

Ein Gastartikel von Martin Suchanek, Gruppe Arbeitermacht

www.arbeitermacht.de




REVOLUTION und die Nationale Frage

April 2015

„Kommunist_innen scheißen auf Nationalismus“, das weiß doch Jede_r. Als eine revolutionäre kommunistische Jugendorganisation werden wir deshalb häufig mit der Frage konfrontiert, warum wir trotzdem einige nationale Kämpfe unterstützen.

1. Was haben also Kommunist_innen heute mit Nationalismus am Hut?

Nichts! Das heißt, fast nichts. Denn genauso wie wir gegen Nationalismus als eine rückschrittliche Ideologie kämpfen, kämpfen wir vor allem auch gegen jede Form der Unterdrückung! In vielen Teilen der Welt werden nationale Minderheiten (und in einigen Ländern sogar auch nationale Mehrheiten) von den Herrschenden brutal unterdrückt. Vielen wird es verwehrt ihre Sprache zu sprechen, ihre Kultur auszuleben und sich am politischen Prozess zu beteiligen. Zudem besitzen sie meistens keinen Anteil am Grund- und Produktionsbesitz und werden oft als Billigarbeitskräfte missbraucht. Es kam zu rassistischen Massakern und Völkermorden. Die kollektive Unterdrückung hat ein starkes nationales Bewusstsein in vielen Minoritäten entstehen lassen, welches eng in ihrem Kampf um Befreiung verwurzelt ist.

Viele kämpfende unterdrückte Nationalitäten sind den führenden imperialistischen Staaten ein Dorn im Auge, da ihr Widerstand Profite und Investments gefährdet und die imperialistische Vorherrschaft ernsthaft in Frage stellt. Antiimperialismus bedeutet also den ökonomischen und militärischen Machenschaften wie etwa deutscher, französischer, britischer, russischer, US-amerikanischer und chinesischer Kapitalist_innen hier wie dort den Mittelfinger zu zeigen.

Wir unterstützen deshalb bindungslos das Recht aller Völker auf nationale Selbstbestimmung, insofern dies den demokratisch bestimmten Wunsch der Mehrheit darstellt und die Gleichstellung aller Bevölkerungsgruppen im neu zu gründenden Staat gewährleistet werden kann. Wir erkennen damit die Notwendigkeit, dass der Widerstand gegen jeglichen äußeren Einfluss, Gewalt und Unterdrückung geleistet werden muss, auch wenn er das Banner des Nationalismus vor sich trägt.

2. Sollten Revolutionär_innen deshalb also jede nationale Unabhängigkeitsbewegung unterstützen?

Nein! Ganz so einfach ist die Nationale Frage dann doch nicht zu beantworten. Nicht jede Bewegung, die für ihre nationale Unabhängigkeit kämpft hält zwangsläufig eine rote Fahne hoch. Ebenso geht nicht jeder Autonomiebestrebung voraus, dass eine nationale Minderheit reell unterdrückt wurde und eine kulturelle und politische Selbstbestimmung deshalb erkämpft werden müsste.

Folgende Fragen müssen bei der Betrachtung einer nationalen Unabhängigkeitsbewegung beantwortet werden: Wie setzt sich die Bewegung zusammen? Welche Kräfte spielen die tragende Rolle? Aus welchen sozialen Klassen setzen sie sich zusammen? Was sind ihre Ziele? Wie ist die soziale Ausgangssituation? Also gibt es eine ökonomische Krise, rassistische Repression oder faschistische Angriffe und welche Autonomierechte existieren bereits?

Als Revolutionär_innen schicken wir jedoch keine Fragebögen an jegliche Befreiungsbewegungen und machen unsere Unterstützung von einer schriftlichen Antwort per Post abhängig. Wer ernsthafte revolutionäre Politik betreibt, bewertet Bewegungen an Hand ihrer politischen Praxis und nichts weiter! Deshalb, sollen im Folgenden einige aktuelle Unabhängigkeitsbewegungen auf der Basis ihrer politischen und militärischen Praxis genauer betrachtet werden. Wir wollen überprüfen, welche nationalen Kämpfe momentan unsere Unterstützung verlangen und welche wir wiederum ablehnen:

Schottland:

Mit gespannter Aufmerksamkeit wurde in Europa das gescheiterte Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands vom Vereinigten Königreich im September 2014 betrachtet. Unsere Genoss_innen von Workers Power (siehe: http://www.workerspower.co.uk/) aus Großbritannien plädierten an die schottischen Arbeiter_innen mit „No“ zu stimmen. Die Nationale Frage in Schottland begründete sich nämlich nicht auf einer Unterdrückung der schottischen Sprache und Kultur oder mangelnden politischen Partizipationsrechten. Vielmehr steckt die schottische Linke in einer tiefen Krise. Die vielen sozialen Kürzungsmaßnahmen und die steuerliche Abwälzung der Krisenlast auf die arbeitende Bevölkerung ließ viele Arbeiter_innen das Vertrauen in die Sozialdemokratie verlieren. Die pro-kapitalistische und nationalistische Scottish National Party konnte sich so mit Unterstützung der schottischen Superreichen als starke Oppositionskraft darstellen und das Referendum initiieren. Revolutionär_innen haben keine Illusionen in die Schaffung eines neuen kapitalistischen Staates unter Führung schottischer Geldsäcke und Nationalist_innen. Überdies würden 2 Staaten an dieser Stelle auch eine Spaltung der Arbeiter_innenklasse in 2 proletarische Bewegungen bedeuten und eine Hürde im gemeinsamen Kampf darstellen. Stattdessen werden wir gemeinsam Schulter an Schulter mit dem britischen und schottischen Proletariat für Sozialismus auf den britischen Inseln kämpfen und das House of Lords zum House of Workers machen!

Dennoch wäre die Abspaltung Ausdruck eines demokratischen Prozesses und des Wunsches der Mehrheit gewesen. Als Revolutionär_innen treten wir in vollem Maße und bedingungslos für das Selbstbestimmungsrecht der Völker ein. Das heißt, wenn sich ein Volk auf demokratischem Wege für die Abspaltung ausspricht müssen wir das unterstützen und auch (wenn nötig) gegen Angriffe verteidigen.

Israel/Palästina

Einige vermeintlich linke Organisationen unterstützen den Staat Israel in seiner systematischen und kriegerischen Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung. Sie argumentieren dabei, dass der zionistische Staat die Verkörperung der nationalen Befreiung aller Juden und Jüdinnen, die Jahrhunderte lang in Europa verfolgt und massenhaft hingerichtet wurden, sei. Ein nationaler Befreiungskampf (wobei Juden und Jüdinnen eine Religionsgemeinschaft und kein Volk und keine Nation darstellen)darf jedoch nicht in die Unterdrückung einer anderen Nation münden. Für uns ist Zionismus nichts weiter als eine rassistische Ideologie, die Juden und Jüdinnen als „Fremdkörper“ in Europa betrachtet und deshalb mit Hilfe des Imperialismus einen jüdischen Staat auf dem Gebiet des historischen Palästinas gründete. Revolutionär_innen lehnen jeden Antisemitismus aber auch jede Waffenbrüderschaft mit dem Imperialismus strikt ab! Erst recht, wenn das Resultat dessen die Unterdrückung der Palästinenser_innen, welche der Zionismus aus ihren Häusern vertrieben, durch einer Mauer abgeriegelt und bombardiert hat, ist. Wir unterstützen deshalb den nationalen Befreiungskampf der Palästinenser_innen gegen die Angriffe Israels. So sehr wir uns jedoch auch mit dem Kampf der Palästinenser_innen solidarisieren, so dürfen wir auch keine Illusionen in deren reaktionäre Führung aus Fatah und Hamas haben. Im gemeinsamen antiimperialistischen Kampf für nationale Selbstbestimmung, darf keine Minute auf die Unabhängigkeit der Revolutioär_innen verzichtet und die Forderung nach Sozialismus zurückgehalten werden. Wir wissen, dass ein Volk, das andere unterdrückt, sich selber nicht befreien kann und suchen deshalb auch den Schulterschluss mit allen Arbeiter_innen, Jugendlichen und afrikanischen Refugees auf der israelischen Seite, um zusammen für einen multi-ethischen säkularen Staat für alle Völker auf dem Gebiet des historischen Palästinas zu kämpfen.

Katalonien

Diese wirtschaftlich stärkste Region des krisengeschüttelten spanischen Staates führte im siebten Jahr der erbitterten Kürzungspolitik ein Referendum über die Abtrennung zur Errichtung eines unabhängigen Kataloniens durch. Trotz des Verbotes durch die staatlichen Repressionsorgane nahmen 2,3 Millionen Katalan_innen am Referendum teil und stimmten mit ca. 80% für ein unabhängiges Katalonien. Obwohl REVOLUTION keine Illusionen in ein unabhängiges kapitalistisches Katalonien hat, stellen wir uns gegen die anti-katalonische und kleinbürgerliche Haltung der spanischen Linken und unterstützen das Selbstbestimmungsrecht der Katalan_innen, welche insbesondere während der faschistischen Diktatur Francos brutal unterdrückt wurden. Wie in Schottland ist jedoch von der Abspaltung keine Verbesserung für die Arbeiter_innenschaft zu erwarten, stattdessen treibt sie einen Keil zwischen die spanischen Werktätigen.

3. Also führen nationale Befreiungsbewegungen ohne Umwege zum Kommunismus?

Jein! Nationale Befreiungsbewegungen können gerade in den ehemaligen Kolonien in ihrem Kampf gegen die seit jeher bestehende Abhängigkeit von den imperialistischen Staaten ein emanzipatorisches Potential gewinnen. Für uns ist es deshalb unerlässlich in diese Kämpfe zu intervenieren und die vorhandenen progressiven Kräfte zu stärken. Der Weg zum Kommunismus kann jedoch nicht isoliert in einem Land, sondern nur durch den gemeinsamen Kampf einer vereinten internationalistischen Arbeiter_innenklasse beschritten werden.

Deshalb stellen wir uns hinter jedes Bevölkerung dessen Mehrheit sich auf demokratischem Weg für die nationale Unabhängigkeit ausspricht, auch wenn dies bedeutet, zeitweise mit der unterdrückten nationalen Bourgeoisie bei schärfster Kritik zusammen kämpfen zu müssen. Auf der anderen Seite kann das auch eine Chance sein, die Arbeiter_innen von dieser wegzubrechen und eine Alternative zu Kapitalismus und anderen reaktionären Ideologien anzubieten.

Mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen, können wir nicht jeden nationalen Befreiungskampf unterstützen, sondern müssen uns strategisch für gezielte Interventionen entscheiden und unsere gesamten Kräfte und Möglichkeiten mobilisieren
(wie wir es beispielsweise mit gesammelten Spenden in Höhe von 90 000€ als Teil der Nao-Kampagne „Waffen für Rojava“ getan haben- siehe: nao-prozess.de). Bei jeder Unterstützung treten wir für die Autonomie von Revolutionär_innen ein und lehnen Taktiken wie Guerillakampf oder Terroranschläge gegen die Zivilbevölkerung entschieden ab. Stattdessen treten wir für den Aufbau einer proletarischen Massenbewegung ein, deren bewaffneter Arm im Notfall in der Lage ist, die Bewegung gegen Angriffe zu verteidigen.

Für revolutionäre Kommunist_innen steht jedoch fest, dass die Klasse der Arbeiter_innen, der Jugend und der Unterdrückten kein „Vaterland“ kennt. Nationalismus ist eine Ideologie der herrschende Klasse, welche vom eigentlichen großen Widerspruch, nämlich dem von Arbeit und Kapital, ablenken soll. Dem Proletariat soll weiß gemacht werden, dass sie dieselben „nationalen Interessen“ wie die Bourgeoisie hätten und so an ihre kapitalistischen Ausbeuter_innen gebunden werden.

REVOLUTION vertritt dagegen einen proletarischen Internationalismus, der keine Staaten und Völker, sondern nur Herrschende und Unterdrückte kennt und unter der Fahne der permanenten Revolution jeglichen Chauvinismus, Repression und Unterdrückung hinwegfegt! Obwohl Revolutionär_innen das Selbstbestimmungsrecht unterdrückter Nationen bedingungslos verteidigen, haben wir trotzdem keine Illusionen in die Schaffung neuer bürgerlicher Staaten. Insbesondere die Befreiungsbewegungen in den ehemaligen Kolonien werden sich unter der Führung einer neuen nationalen Bourgeoisie nicht von den Fesseln des Imperialismus lösen können. Der imperialistischen Strategie, Nationen aufzuspalten, um die entstehenden schwachen und instabilen Gebilde leichter beherrschen zu können, setzten wir die Alternative von Föderationen sozialistischer Staaten entgegen! Nur die Enteignung der Kapitalist_innen und eine internationalistische Ausweitung der demokratischen Planung kann eine dauerhafte Befreiung möglich machen.

Ein Artikel von Mahir Gezmis und Marvin Schutt, REVOLUTION Berlin

PS: Du fragst dich, welche Positionen zu den Kämpfen in der Ostukraine und Kurdistan haben? Dann wirst du hier fündig:

www.onesolutionrevolution.de/allgemein/im-noch-in-vollem-gang-ukrainekrise-buergerkrieg-ein-kurzupdate/

http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/das-pkk-verbot-zwischen-kommunist_innenverfolgung-und-nato-aufstandsbekaempfung/