Der Kampf um ein freies Kurdistan – Unterstützung und Widerstand außerhalb Kobanês

Vor rund einem Monat veröffentlichten wir einen Text mit dem Titel „Der Kampf in Kurdistan – Entwicklungen und Perspektive“ (http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/der-kampf-in-kurdistan-entwicklungen-und-perspektiven/), der auch in unserer neusten Zeitung abgedruckt ist. Zum Zeitpunkt des Schreibens war Kobanê erfolgreich gegen den IS gehalten worden, dieser wurde immer wieder zurückgedrängt. Mittlerweile steht der IS in Kobanê und die kurdische Selbstverwaltung in Nordsyrien ist so bedroht wie noch nie – ein weiteres Massaker droht, bzw. findet statt. Aber neben der Bedrohung wurde gleichzeitig auch außerhalb von Rojava der Widerstand größer – um diesen soll es hier gehen.

Um diesen jedoch zu verstehen, werfen wir auch nochmal einen Blick auf die Rolle und Mitschuld anderer Staaten und schauen gegen was wir dort kämpfen müssen.

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Die türkische Polizei setzt Tränengas gegen protestierende Kurd_Innen ein. Quelle: http://bilder1.n-tv.de/img/incoming/origs13741796/8492732695-w1000-h960/49223952.jpg

Aufstände in der Türkei

Die türkische Armee steht gleich hinter Kobanê an der syrischen Grenze, die AKP-Regierung Erdogans brachte vor kurzem eine Erklärung zum militärischen Eingreifen in Syrien heraus, dass Interesse ist hier aber eine Beseitigung des vormaligen Verbündeten, nur seit dem Bürgerkrieg nicht mehr haltbaren, Baschar al-Assad, sowie eine „Niederwerfung der PKK“. Dazu unterstützt der türkische Staat auch den IS: Offenhalten der Grenzen für IS-Kämpfer und der Ankauf von Öl aus dem vom IS kontrollierten Raffinerien, Behandlung der Terroristen in türkischen Krankenhäusern. Gleichzeitig hält man die Grenzen für kurdische Kämpf_Innen dicht und wenn diese die Zäune einreißen wird mit Tränengas und scharfer Munition seitens des türkischen Militärs geantwortet. Am Wochenende wurden außerdem 3 deutsche Journalisten verhaftet.
Die rechtskonservativ-islamistische AKP-Regierung strebt eine „Pufferzone“ an der Syriengrenze an – diese entstünde also genau dort, wo Rojava ist. Genau das muss den Kurd_Innen bewusst gemacht werden. Die Meisten wissen das sicherlich auch, doch andere fordern aus reiner Verzweiflung ein militärisches Eingreifen mit Bodentruppen in Kobanê – doch bevor die Türkei gegen IS kämpft und zerschlägt wird sie viel wahrscheinlicher die kurdischen Strukturen zerstören.

Die Kurd_Innen haben von diesem türkischen Staat nichts zu erwarten. Überall in der Türkei brachen Proteste und Aufstände los. Die Türkei antwortet auch hier mit der schärfsten Repression: Ausgangssperren in einigen Städten, massives Polizei – und Militäraufgebot, scharfe Munition und Tränengas – es wird von über 30 Toten gesprochen. Zum 14.10. bombardierte die Türkei gar mit F-16 Kampfjets die kurdische Region Hakkari in der Nähe zum Irak – die ersten Angriffe aus der Luft seit eineinhalb Jahren.

Daneben attackieren bewaffnete faschistische und islamistische Mobs der „Grauen Wölfe“ oder „Hizbullah“(nein, nicht die im Libanon), ohne daran gehindert zu werden, Kurd_Innen und linke Türk_Innen. Aber diese wissen sich militant und ebenfalls mit Waffen wie Molotow-Cocktails zur Wehr zu setzten, z.B. wurden Parteizentralen der AKP und Sitze islamistischer Organisationen angegriffen. Keine Frage: Ohne die Unterstützung der kurdischen Gemeinde der Türkei, wäre Kobanê längst gefallen, schaffen sie es doch immer wieder irgendwie Waffen und Lebensmittel nach Kobanê zu bringen.

Ihre zentralen, von uns klar unterstützen Forderungen sind:

– Stopp des türkischen Staatsterror gegen die kurdische Bewegung
– ein Waffenkorridor nach Kobanê, Aufhebung des Embargos
– schwere Waffen, vor allem Panzerabwehr, für die Selbstverteidigungskräfte von Rojava, der YPG / YPJ – sie haben bewiesen, dass sie die effektivsten Kämpfer_Innen gegen den IS sind
– Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge und kurdische Kämpfer_Innen
– massive humanitäre Unterstützung Kobanê
– Aufhebung des PKK – Verbotes, Freilassung aller politischen Gefangenen
– Einstellung jeglicher Unterstützung des IS seitens des türkischen Staates

Solidarität erfahren die Kurd_Innen dabei seitens der türkischen Gewerkschaft KESK und von der türkischen Linken, welche den Protest auch in Städte mit wenigen Kurd_Innen tragen. Diese Zusammenarbeit gab es in der Vergangenheit weniger, Kämpfe führte man eher getrennt. Genau hier liegt die Perspektive für den kurdischen und türkischen Widerstand gegen die Unterdrückung. Momentan ist macht diese Bewegung nur einen kleineren Teil der türkischen Bevölkerung aus – über 60 % der Bevölkerung steht hinter AKP und anderen, reaktionären Parteien. Gerade weil die soziale Schieflage auch in der Türkei immer größer wird, muss gemeinsam eine Alternative der türkischen Linken und der Befreiungskämpfe Kurdistans aufgezeigt werden, die der sozialistischen Organisierung einer Gesellschaft mit der Arbeiter_Innenklasse als Basis.

Die bürgerliche PKK und ihr syrischer Ableger PYD vertreten diesen Standpunkt nicht, stellen nicht die Eigentumsfrage. Dennoch: Sie sind zur Zeit die progressivsten Kräfte im gesamten Nahen Osten und wir lehnen sie nicht ab – im Gegenteil: Wie groß unsere Unterstützung für diese Kräfte ist, wird der Artikel noch zeigen! Das heißt aber nicht, dass wir sie nicht auch kritisieren, wie im oben erwähnten Artikel bereits ausführlicher geschehen. Eine wesentliche Schwäche der Gezi-Bewegung im letzten Jahr war das Fehlen einer Kraft, die ein klares Programm, eine klare Alternative vertritt. In unseren Augen stellt nur eine revolutionäre-internationalistische Partei mit klar sozialistischer Ausrichtung, und Bezug zur Arbeiter_Innenklasse eine solche Alternative. Die Lage in Kurdistan und der Türkei machen den Aufbau einer solchen Kraft genau jetzt notwendig.

Widerstand in Nahost

In den anderen Teilen Kurdistans, die im Irak, Syrien und dem Iran liegen ist der Kampf um Rojava ebenfalls ein zentrales Thema.

Syriens Diktator Assad überließ bei Ausbruch des Bürgerkrieges die Kantone der Rojava den Kurd_Innen, welche seitdem von YPG / YPJ verteidigt werden. Das Land ist im Bürgerkrieg versunken, zu großen Teilen unter der Kontrolle des IS, die Widerstandsgruppen sind stark zersplittert und Assad mordet weiter gegen das syrische Volk, 40 % von diesem sind auf der Flucht. Teile der FSA, deren Führungen sich teilweise auch dem Imperialismus als Handlanger anbietet, lehnen die Unterstützung der Kurd_Innen ab, andere Teile kämpfen mit ihnen zusammen.  In diesem taktischen (nicht politischen), gemeinsamen Kampf liegt die einzige Hoffnung, um den IS in Syrien zu zerschlagen und die Revolution neu zu entfachen.

Im Irak nahm diesen Sommer die Offensive des IS ihren Anfang. Inzwischen gab es enormen Zulauf aus den sunnitischen Teilen der Bevölkerung, vor allem von Arbeitslosen und ehemaligen Militärs unter Hussein, denen sich der IS als allgemeiner Vertreter anbietet. Diese soziale Basis – Kleinbürgertum und deklassiertes Proletariat (Arbeitslose, prekär Beschäftigte) – macht den IS zu einer religös – fundamentalistschen, faschistischen Kraft. Er kontrolliert große Teile des Landes, die von der USA aufgebaute irakische Armee konnte ihm nichts entgegensetzten.

Auch hier stützen sich die Kurd_Innen aufeinander – die HPG (der militärische Arm der PKK), YPG / YPJ und die Peschmerga der PUK und KDP Barzanis (zu einer Charakterisierung dieser ebenfalls den Link oben anklicken) konnten jüngst beispielsweise die strategisch wichtige Grenzstadt Rabia an der syrischen Grenze vom IS befreien. Unterstützung gibt es dabei von der „Koalition der Willigen“ – aber auch nur für die ihm wohlgesonnenen Peschmerga.

Der Iran hat mit dem kurdischen Kampf noch am wenigsten zu tun. Doch auch der Iran trug dazu bei, den IS zu stärken – war er doch an der Niederschlagung sunnitischer Aufstände im Irak beteiligt und schürte so deren Wut. Die Kurd_Innen selbst werden freilich auch hier unterdrückt, es gibt Gefechte zwischen HPG und iranischer Armee, die Bevölkerung protestiert auch gegen die Untätigkeit dem IS gegenüber.
Im gesamten Nahen Osten scheinen die Herrscher, bzw. die Statthalter des Westens den Fall Kobanês hinzunehmen – würde der kurdische Erfolg doch ihren Einfluss schmälern.

Doch genauso solidarisieren sich einige Menschen trotz der Hegemonie von reaktionärer Ideologie im Nahen Osten von Afghanistan bis zum Mittelmeer mit Kobanê, sehen sie doch in ihm eine Hoffnung abseits von Islamisten und Imperialisten.
Für den Erfolg dieses Kampfes stellt sich genau die gleiche Frage, wie oben bei der Türkei: Die Frage einer sozialistischen Partei mit revolutionärem Programm, welches fähig ist den aktuellen Kampf zum Kampf der Lohnabhängigen und Ausgebeuteten zu machen, nicht zu einem der Eliten, Clans und Imperialisten. Denn darunter haben die Menschen genug gelitten.

Solidarität aus aller Welt?

Aus der USA, dem Hauptverantwortlichen für die Situation im Nahen Osten, gibt es bislang kaum Solidarität mit den Kurd_Innen. Dabei müsste doch aus dem Irak und Afghanistan bekannt sein, wozu eine militärische Intervention im Nahen Osten führt. Hier sei erneut auf den Link oben verwiesen.

Aktuell „unterstützen“ die USA und ihre Koalition mit Luftschlägen den kurdischen Kampf. Blöd nur, dass Kobanê selbst sagt, dass
sie davon bisher wenig sahen – erst seit der IS in der Stadt steht, wird gebombt… und die Stadt zerstört. Vorher war es anscheinend wichtiger, Raffinerien und Ölförderanlagen zu bombardieren – aus Sicht der USA sind diese natürlich viel wichtiger. Das ist also ein „humanitärer Einsatz“. Wenn die YPG / YPJ die Luftschläge ausnutzen können, sollen sie das freilich tun. Wir lehnen diese jedoch entschieden ab – sind sie doch nur der Versuch, den Nahen Osten nach den imperialen Interessen neu zu ordnen – wie gut das funktioniert ist bekannt. Die beste Waffe gegen den IS sind nach wie vor die YPG / YPJ – doch Ausrüstung gibt es nur für wohlgesonnene Helfer des Imperialismus – z.B. die Peschmerga. Mit den Bomben spielt der Westen zudem dem IS zu und treibt nur noch mehr Menschen, die vom Imperialismus genug haben in seine Hände des IS – und das mittlerweile aus aller Welt – allein aus Europa und der ehemaligen Sowjetunion 4.300 Kämpfer (ZEIT ONLINE, 4.9.2014).

Wir unterstützen deshalb den Aufruf der Genoss_Innen der Workers Power aus den USA, die Antikriegsbewegung neu zu entfachen und dem Imperialismus in den Rücken zu fallen.

Europa trägt ebenfalls eine Mitschuld an der Krise in Nahost. Vor allem die Duldung der Politik Erdogans und der AKP ist da zu erwähnen (schließlich soll der NATO-Partner und Handelspartner der EU nicht vergrault werden). Die Heuchelei der Politiker_Innen kennt keine Grenze: Man helfe ja, liefere Waffen – natürlich nicht an die YPG / YPJ, da ja sonst wieder einem Erdogan und den eigenen imperialen Interessen ans Bein gepinkelt würden.

Doch hier in Europa leben auch die meisten Kurd_Innen außerhalb der kurdischen Gebiete. Überall gehen Menschen auf die Straße: in Großbritannien, in Frankreich, in Österreich. In Wien gingen am Wochenende bis zu 7000 Menschen auf die Straße, auch REVOLUTION Austria war dabei. Es gibt Spendenkampagnen zur Unterstützung von Rojava. Der wesentliche Erfolg ist aber, dass der kurdische Kampf sichtbarer wurde, auch wenn die bürgerlichen Medien wie üblich gern Tatsachen auslassen oder verdrehen, wie z.B. die Aufstände in der Türkei, über die wenig berichtet wurde. Nichtsdestotrotz wissen mittlerweile die meisten Menschen, dass es ein Kobanê gibt und wer dort gegen wen kämpft, dass war seit Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien nicht der Fall – auch wenn der Grund für diese Sichtbarkeit ein mörderischer Krieg ist.

Unterstützung in Deutschland?

Zur Rolle des deutschen Staates sei auf die Zeilen unter Europa verwiesen. Wir wollen nur kurz ein paar Fakten liefern: die Türkei ist der größte Abnehmer deutscher Waffenexporte, jüngst beschloss die Bundesregierung Waffenexporte in die Arabische Emirate (sehr wahrscheinlich finanzielle Unterstützer des IS), Verfolgung kurdischer Aktivist_Innen in der BRD, Lieferung von chemischen Kampfstoffen, die auch gegen Kurd_Innen eingesetzt wurden. Damit sollte die Verantwortung des deutschen Staates klar sein.

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Auch hier wird es Workshops zum kurdischen Kampf geben…

Auf die Rolle der SPD und CDU / CSU als Teil der Bundesregierung brauchen wir auch nicht eingehen – interessanter wird’s bei den GRÜNEN: Am Wochenende wurde doch tatsächlich aus ihren Reihen gefordert, die Bundeswehr zur nach Kobanê zu schicken. Die GRÜNEN stehen damit auch als Opposition weiterhin nach Kosovo und Afghanistan zuverlässig und konsequent auf der Seite des deutschen Imperialismus.
Bei der LINKEN reichen die Losungen von Waffenbefürwortung im Sinne einer Regierungsfähigkeit (Gysi), bis hin pazifistischen Positionen („Die sollen das mal friedlich lösen!“).

Zusammenfassend kann man hier sagen: Solidarität mit den Kurd_Innen aussprechen, auch mal auf eine Demo gehen, aber wirklich praktisch wird diese Solidarität nicht. Sogar Linkspartei-Abgeordneter Stefan Liebich taucht hin und wieder auf den kurdischen Solidaritätsdemos in Berlin auf und lässt sich mit den Aktivist_innen ablichten. Vor einigen Wochen stand er noch auf der pro-imperialistischen Seite der Proteste, nämlich als der Gaza-Streifen bombardiert wurde und er die blau-weiße Fahne Israels schwenkte. Wir begrüßen die breite Solidarität mit den Kurd_Innen, aber wir wollen an dieser Stelle betonen, dass wir den Kampf gegen den IS als einen antifaschistischen, antiimperialistischen bezeichnen. Es ist kein Kampf gegen den Islam als Religion, so wie es so manche Antideutschen bezeichnen würden. Wir treten nach wie vor für säkulare Staaten und Religionsfreiheit ein, im Nahen Osten und überall sonst.

Auch  in der radikalen Linken ist das sichtbar: Oftmals bleibt eine Positionierung zu dem Konflikt aus („Das ist so unübersichtlich, da versteht man eh nichts!“), praktische Solidarität mit der YPG / YPJ bleibt aus. Das alles lässt Teile der deutschen Linken doch recht unfähig wirken.

Dabei ist der kurdische Widerstand in Deutschland der größte in Europa. Welche Kraft schaffte es zuletzt bis zu 100.000 Menschen in Deutschland auf die Straße zu bringen, wie am vergangenen Samstag in Düsseldorf? Auch wir von REVOLUTION waren zusammen u.a. mit der ARAB und der Bonner Jugendbewegung am internationalistischen Block beteiligt. An anderen Orten werden Parteizentralen und Gewerkschaftshäuser von Kurd_Innen und Linken besetzt, um diese Organisationen auf ihrer Untätigkeit und fehlende Solidarität mit Rojava hinzuweisen und sie zur Unterstützung aufzufordern. Auch das unterstützen wir: REVOLUTION-Kassel besetzte letzte Woche zusammen mit dem Studierendenverband der Kurd_Innen YXK über mehrere Stunden das Parteibüro der SPD. Auch werden schon mal Bahnhöfe und Straßen besetzt, um auf Kobanê aufmerksam zu machen.

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REVOLUTION auf der kurdischen Großdemo in Düsseldorf. Im Hintergrund die Abschlusskundgebung auf dem völlig überfüllten Platz vor dem Landtag.

Das der Widerstand und die Unterstützung der Kurd_Innen auch hier in Deutschland dringend notwendig ist, zeigte sich als in Hamburg und Celle IS-Anhänger protestierende Kurd_Innen mit Messern angriffen und verletzten. Daneben gibt esaußerdem noch Salafis wie Pierre Vogel, der sich vom IS nicht distanziert und die Scharia bewirbt.

Da die Bundesregierung und anderen Herrschenden offenbar still beschlossen haben, Kobanê fallen zu lassen, haben wir uns als Teil der NaO (Neue antikapitalistische Organisation) zusammen mit der ARAB (Antifaschistische Revolutionäre Aktion Berlin) dazu entschlossen, Spenden für die PYD und ihren militärischen Arm der YPG / YPJ zu sammeln – die Kampagne ist schon jetzt ein großer Erfolg, die ersten 30.000 Euro wurden bereits übergeben, es gibt bereits Unterstützung aus anderen Ländern, zahlreiche Organisationen schlossen sich bereits an. Die Kampagne hat das Potenzial, das Fehlen von Solidarität zu überwinden. Wir rufen weiter zur Unterstützung der Spendenkampagne auf, hier geht es zu unserem Aufruf: (http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/solidaritaet-mit-rojava-widerstand-braucht-waffen-sieg-der-ypgypj/).

Nach dem die Postbank das erste Spendenkonto politisch motiviert blockiert hat, hier das neue Spendenkonto:

Empfänger: MD

IBAN: DE98 5005 0201 1243 1674 49

BIC: HELADEF1822

Über den Charakter der PYD berichteten wir bereits, doch das ist kein Grund zur Solidaritätsverweigerung, das Ganze ist letztlich eine Frage zwischen einem Kobanê unter IS und einem Kobanê, was den demokratischsten Hort des gesamten Nahen Osten darstellt.
Wir müssen den gerade erst begonnen Kampf intensivieren und weiter führen, dazu laden wir alle Organisationen und speziell die kurdischen zur gemeinsamen Aktion ein!

Wir fordern ergänzend zu den oben erwähnten Punkten:

– Internationale Anerkennung von Rojava

– Abzug aller imperialistsicher Streitkräfte aus der Region
– den weiteren Aufbau von Solidaritätsbündnissen zur Unterstützung des kurdischen Widerstandes
– Stopp aller Waffenexporte in die Türkei, die arabische Emirate und an sonstige imperiale Handlanger und Despoten
– strukturelle, humanitäre Hilfe und Waffenlieferungen an die YPG / YPJ ohne irgendwelche imperialen Bedingungen
– eine taktische – nicht politische – Einheitsfront aller kurdischen, syrischen & irakischen Milizen, die sich IS entschlossen entgegenstellen
– Aufbau von proletarischen Rätestrukturen – Zerschlagung der korrupten Clanstrukuren, Einparteienherrschaften und Diktaturen in Kurdistan und dem gesamten Nahen Osten
– den Aufbau einer revolutionär sozialistischen Massenpartei in Kurdistan und den anderen Ländern in Nahost
– Kampf dem IS, Kampf dem Imperialismus– nicht nur in Kobanê, sondern überall
– Unterstützung
der Spendenkampagne „Waffen für Rojava – Solidarität mit der YPG & YPJ“

Bijî Berxwedana Kobanê – Freiheit und Sozialismus für Kurdistan!

Ein Artikel von Lars Filder, REVOLUTION Fulda




Solidarität mit Rojava: Widerstand braucht Waffen, Sieg der YPG/YPJ

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Der mutige Widerstand des kurdischen Befreiungskampfes im Kanton Kobanê an der türkisch-syrischen Grenze hält seit rund einem Monat die internationale Linke im Bann. In den letzten zwei Wochen, mit der beginnenden Belagerung des Hauptortes Kobanê, ist dieser Kampf auch zu einer Frage geworden, mit der sich die gesamte Weltgemeinschaft beschäftigt.

Wir, die internationale kommunistische Jugendorganisation REVOLUTION, sprechen unsere Bewunderung und unsere uneingeschränkte Solidarität mit dem bewaffneten Kampf der Kurden und KurdInnen, sowie der YPG/YPJ, den Selbstverteidigungskräften Rojavas, gegen die Terroristen des „Islamischen Staates“ aus.

Obwohl sie schlechter ausgerüstet sind und zahlenmäßig unterlegen, halten sie bisher Stellungen, die die Imperialisten aus USA und Deutschland schon für verloren erklärt hatten, bevor der Kampf überhaupt erst begonnen hatte.

Doch der Widerstand in Kobanê und in Rojava braucht dringend unsere Solidarität, unsere praktische Unterstützung. Wir wissen, dass Solidaritätsbekundungen Mut im Kampf spenden können. Wir wissen, dass Massenproteste in Europa politische Unterstützung sein können. Und beides ist unerhört wichtig. Aber in einem militärischen Konflikt braucht man moderne Waffen, um sich verteidigen zu können. An diesen mangelt es den KämpferInnen der YPG/YPJ.

Deshalb haben wir uns gemeinsam mit der Neuen antikapitalistischen Organisation (NAO) und der antifaschistischen revolutionären Aktion Berlin (ARAB) dazu entschlossen, die Kampagne „Waffen für Rojava – Solidarität mit der YPG/YPJ“ zu beginnen, die Spenden für Waffen für die YPG/YPJ sammeln wird. Die Gruppe Perspektive Kurdistan hat sich fast unmittelbar angeschlossen, weitere Anfragen sind bereits eingegangen. Heute wird die Kampagne nun formell mit einer Pressekonferenz gestartet, nachdem wir in den vergangenen sieben Tagen bereits über FB und Mundpropaganda rund 26´000 Euro sammeln konnten.

Allerdings wollen wir nicht nur Geld sammeln. Wir wollen die politische Ratlosigkeit unter großen Teilen der Linken überwinden, die sich bisher nicht entschlossen genug zum kurdischen Widerstand geäußert haben.

Ein Teil mag denken, dass ihr Beitrag Bedeutungslos wäre. Andere mögen die Politik der PKK oder der PYD nicht unterstützen. Doch beides ist falsch.

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Mehr Infos zu Kobanê und den Widerstand? – Dann komm‘ zu den Internationalismustagen der NaO nach Berlin!

Unser Beitrag hat eine Bedeutung. Wir können nicht sagen, dass unsere bisherige Aktivität das Blatt im Bürgerkrieg gewendet hätte. Aber sie hat bisher solche Strahlkraft entwickelt, dass sie zu einer internationalen Kampagne zu werden scheint – Schweden, Norwegen, Österreicher und Briten haben bereits gefragt, wie sie sich der Kampagne anschließen können. Und sie hat auch ein wichtiges politisches Moment, denn wir sagen klar, dass wir jegliche militärische Intervention der Imperialisten, der NATO-Staaten und ihrer Verbündeten ablehnen. Das wir aber gleichzeitig den Kampf praktisch unterstützen wollen und das Recht der KurdInnen anerkennen für ihre Selbstbestimmung auch mit der Waffe in der Hand zu kämpfen!

Auch wir teilen die strategische Politik der PKK und der PYD nicht. Aber wir müssen Seite an Seite mit ihnen im Kampf gegen die Schergen des IS, die Repression des türkischen Staates und ihre Verfolgung in den europäischen Staaten stehen. Wer den Widerstand aus sektiererischen Gründen nicht unterstützen will, weil er die Politik ihrer aktuellen Führung nicht zu hundert Prozent unterstützen kann, der sollte sich fragen, ob er die Politik eines vom IS besetzten Kobanê mehr unterstützen könnte. Wir hingegen wollen die erkämpften demokratischen Rechte in Rojava verteidigen mit dem Ziel sie zu einem Kampf für ein freies, sozialistisches Kurdistan auszuweiten, der auch die Türkei, Syrien, den Irak und den Iran erfassen könnte. Wollen wir, dass das eine realistische Perspektive ist, dann müssen wir im Hier und Jetzt etwas dafür tun. Wir müssen jetzt die KämpferInnen in Kobanê unterstützen.

Wir rufen daher alle Individuen und Organisationen dazu auf: Unterstützt die Kampagne „Waffen für Rojava – Solidarität mit der YPG/YPJ“. Spendet, verbreitet die Kampagne, schließt euch öffentlich an!

Bijî Berxwedana Kobanê – Freiheit und Sozialismus für Kurdistan!

Spendenkonto:

Empfänger: MD

IBAN: DE98 5005 0201 1243 1674 49

BIC: HELADEF1822

 

Informationen findet ihr auch unter:
kontakt@nao-prozeß.de
arab@riseup.de




Hintergrund des Ukraine-Konfliktes: Eine Klassenanalyse

Die hier von uns veröffentlichte und zur Diskussion stehende Analyse stammt von der sozialistischen Organisation Borotba (zu deutsch „Kampf“), welche für eine vom russischen und westlichen Imperialismus unabhängige Ukraine kämpft. Wir von REVOLUTION unterstützen sie dabei und arbeiten mit ihnen zusammen – so sind zum Beispiel in einigen deutschen Städten gemeinsame Veranstaltungen zum dortigen Konflikt geplant, denn was dort wirklich passiert wissen leider nur wenige.

Dieser Text soll genau hier ansetzten und unabhängig von westlichen und russischen Medienlügen aufklären, wobei der Schwerpunkt auf der Entwicklung des ukrainischen Kapitalismus seit dem Zerfall der Sowjetunion und einer Charakterisierung des Maidan liegt.

Ukraine-Sticker von REVOLUTION – auf Anfrage erhältlich

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Die Wurzeln der sozialen und klassenkämpferischen Krise in der Ukraine wurden bisher noch nicht ausreichend untersucht. Die Aufmerksamkeit galt hauptsächlich dem politischen Charakter der Ereignisse, die sozio-ökonomische Basis verlor man aus den Augen. Was sind die sozialen Kräfte hinter dem Sturz des Janukowitsch – Regime, dem Aufbau eines neuen Regimes in Kiew, dem Aufkommen der Anti-Maidan-Bewegung und der Bewegung im Süd-Osten?

Die Kapitalismus-Krise in der Ukraine

Die Krise in der Ukraine ist nicht allein ein nationales Phänomen. Aus mehreren Gründen wurde die Ukraine zu einem Schwachpunkt im System, welches auf dem Dollar als Weltwährung basiert. Sie wurde Opfer eines Systemzusammenbruchs und eines auf Pump finanzierten Aufschwungs. Die ukrainische Wirtschaft wurde im Zusammenhang mit der globalen Krise instabil, was zu einer Spaltung der herrschenden Klasse führte und den seit Monaten sichtbaren politischen Kampf hervorrief.

Die Wirtschaft des ukrainischen Kapitalismus nahm ihre Form im Zuge des Zusammenbruchs der Sowjet-Wirtschaft, der Privatisierung des gesellschaftlichen Eigentums und der Integration in den Weltmarkt an. Diese Prozesse hatten einen herabsetzenden Einfluss auf die Wirtschaft der „Ukrainischen Sowjet Republik“, welche weltweit am zehnt-schnellsten wuchs. In Zeiten der Sowjetunion hatte die Ukraine eine komplexe und entwickelte Wirtschaft, wobei vor allem der Maschinenbau und die hochwertige Warenproduktion die größte Rolle spielten.

Die Integration in den Weltmarkt führte zum Zusammenbruch des Hochtechnologie-Sektors. Während sich die Wirtschaft der UdSSR nach den Bedürfnissen der Produktion und der Menschen richtete und sich mehr oder weniger in einer komplexen und abgerundeten Art und Weise entwickelte, richtete sich die kapitalistische Wirtschaft der Ukraine nach den Ansprüchen des weltweiten Marktes. Die größten Opfer dieses Prozesses waren der Maschinenbau und dessen Zulieferer, die Leichtindustrie, die Elektroindustrie und die Turbinen-, Flugzeug- und Autoproduktion.

Als diese komplexe Produktion zerstört war, nahm der Export von Rohmaterial die Hauptrolle ein und die Arbeit mit geringer Wertsteigerung bekam eine katastrophale Wichtigkeit. Die Eigentümer dieser Unternehmen erschufen eine Schicht innerhalb der Oligarchie, welche während der ganzen Epoche der „Unabhängigkeit“ ein Großteil der Wirtschaft kontrollierte.

Diese Schicht, orientiert an der Produktion von Rohmaterialien für den Export, beutete das von der UdSSR geerbte produktive Potenzial rücksichtslos aus. Als Folge ihrer ökonomischen Position war die ukrainische Oligarchie nicht uninteressiert, den Binnenmarkt des Landes weiterzuentwickeln, jedoch hat sie in vielen Fällen eine sehr ausbeuterische Einstellung zu ihren eigenen, ertragreichen Besitztümern – beispielsweise bevorzugen sie es ihr Kapital ins Ausland zu bringen, statt es für die Weiterentwicklung der Produktion zu nutzen. Eine Summe von mehr als 165 Billionen Dollar wurde aus der Ukraine abgezogen und im Ausland investiert.

Das Modell der dezentralen Exportwirtschaft hatte einen „kannibalischen“ Charakter und basierte auf dem von der Sowjetunion geerbten Konsum. Selbst vor dem Beginn der globalen ökonomischen Krise zeigte die Eisenverhüttung – die „Lokomotive“ der dezentralen ukrainischen Wirtschaft, die 40-50 Prozent des Exports darstellte – offensichtliche strukturelle Schwäche: altmodische Technologien, Ineffizienz (Die Produktion einer Tonne Stahl benötigt in der Ukraine 52,8 Arbeitsstunden, 38,1 in Russland und 16,8 in Deutschland), hoher Energieverbrauch und Abhängigkeit von ausländischen (hauptsächlich russischen) Energiequellen. So lange die Preise hoch waren, waren diese Schwächen nicht von entscheidender Wichtigkeit, aber jede Verschlechterung der Konjunktur machte sie zu einer ernsthaften Bedrohung.

Die anderen Sektoren der ukrainischen Wirtschaft – die landwirtschaftliche Produktion (teilweise Pflanzen für industrielle Zwecke), die chemische Industrie (hauptsächlich die Produktion von Mineraldünger) und die Rohstoffindustrie (Erz und Kohle) sind ebenfalls hauptsächlich auf die Rohmaterialproduktion angewiesen und am Export orientiert. Wegen der Begrenztheit des Binnenmarktes entwickelten sich die übrigen Produktionssektoren (mit Ausnahme der Lebensmittelproduktion) nur in dem Ausmaß, in welchem sie dem exportorientierten Sektor dienten. In der Regel waren diese Bereiche der Wirtschaft von niedrigen Löhnen und Gewinnraten geprägt.

Mit dem Rückgang der nationalen Produktion in Gebieten außerhalb des exportorientierten Sektors steigerte sich die Abhängigkeit von Importen. Der Anteil der ukrainischen Güter innerhalb der gewerblichen Umsätze sank kontinuierlich, während der Anteil an Importen wuchs. Ab Mitte der 2000er überstiegen die Importe immer wieder die Exporte. Aus diesem Gegensatz wurde ein Anstieg der Schulden im Ausland gefördert, wovon sowohl die staatlichen als auch die privaten Schulden betroffen waren.

Mit der globalen Krise 2008 sank die Nachfrage an ukrainischen Exporten, während die Preise für Importe anstiegen und die Abhängigkeit von Importen wuchs. Das Modell des ukrainischen Kapitalismus war eindeutig zum Scheitern verurteilt.

Krise und Spaltung in der herrschenden Klasse

Innerhalb der herrschenden Klasse löste die wachsende Krise einen erheblichen internen Kampf aus. Zu dieser Zeit war die Spitze innerhalb dieser Klasse – ca. ein Dutzend Milliardäre – schon darauf vorbereitet, sich in der Elite der Welt zu integrieren und suchte nach einem Weg, ihr Kapital im Westen unterzubringen. Die Milliardäre hatte genug Kapital angesammelt, um es effizient in finanzielles und industrielles Vermögen im Westen umzuwandeln, während unser Land durch die sich entwickelnde Systemkrise nicht länger attraktiv für große ukrainische Betriebe war.

Die Bezeichnung für die Legalisierung dieser Veränderung war die sogenannte „Eurointegration“, durch welche die ukrainischen Milliardäre, im Austausch für die Beendung des Schutzes des Binnenmarktes und das Versprechen ihn effizient den anderen internationalen Monopolen auszuliefern, die Anerkennung Europas gewannen.

Der Fakt, dass der Preis dafür die Zerstörung diverser Sektoren der Industrie und eine neue Spirale der Deindustrialisierung mit einem unausweichlichen Wachstum der Arbeitslosigkeit und anderen sozialen Missständen wäre, beunruhigte die Spitze der herrschenden Klasse nicht im Geringsten.

Die Oligarchen, die eine mittlere bis niedrige Stellung innehatten, sahen die Ukraine hingegen immer noch als Schauplatz für das leitende Geschäft an, denn sie besaßen kein ausreichendes Kapital, um sich in die Elite der Welt zu integrieren. Sie errichteten einen halbherzigen Widerstand gegen diesen Prozess.

Es waren Menschen, die bisher noch nicht jede Gelegenheit ausgenutzt haben, die ihnen der „unabhängige“ ukrainische Staat bot, um in die große Liga der Milliardäre aufzusteigen. Infolgedessen wollten sie eine komplette Auslieferung des Binnenmarktes an die europäischen „Partner“ nicht mitanzusehen.

Für einen erweiterten Zeitraum wankte die Herrschaft des Landes, personifiziert als Janukowitsch, zwischen der „Partei der Milliardäre“ und der „Partei der Millionäre“ hin und her, auf der Suche nach einem Verfahren der „Eurointegration“, das beiden Seiten gerecht würde.

Das Ergebnis war, dass Janokowitsch gezwungen wurde, die geplante Unterschrift in Vilnius im Dezember 2013 für einen Vertrag über eine freie Handelszone abzusagen, da diese Einigung die ökonomischen Interessen eines wichtigen Sektors der Bourgeoisie bedrohte hätte und sie voller katastrophaler sozialer Konsequenzen war.

Hinter der Notwendigkeit der „Integrationsprozesse“ stand ein akuter Bedarf an Krediten, die nur von internationalen finanzwirtschaftlichen Unternehmen (dem IWF) oder von der Russischen Föderation kommen konnten.

Im Gegensatz zum IWF bestand Russland nicht auf unsoziale Reformen als zur Kreditbewilligung, was Janukowitsch dazu brachte die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der europäischen Union und des Freihandelsabkommens zurückzustellen. Die Antwort der „Partei der Milliardäre“, die alles auf die Integration in Europa setzte zeigte sich in
Form des Euromaidans.

Euromaidan: Seine Anstifter, sein Kern und seine soziale Basis

Während der Anfangsphase des Euromaidans war die Teilnahme der breiten Masse sehr gering. Die, die während der ersten Tage anwesend waren, waren hauptsächlich Angestellte und Aktivisten der Pro-Westen Nichtregierungsorganisationen und Mitglieder von Neonazi-Gruppierungen (die Organisation Svoboda und andere Gremien, die anschließend den rechten Sektor bildeten.) Der Euromaidan nahm erst einen echten Massencharakter an, nachdem die Demonstranten erstmals vom Maidanplatz getrieben wurden.

Der Angriff wurde live auf den von den Oligarchen kontrollierten Fernsehsendern gezeigt. Danach wurden auf ihren Programmen endlos Videos mit Menschen gezeigt, die geschlagen wurden und deren Köpfe bluteten. Die Gesellschaft war einer Propagandaflut ausgesetzt, welche darauf abzielte, die Bürger zur Teilnahme an den Protesten zu bewegen. Ein Beispiel ist ein Report, welcher aussagt, dass ein Student bei der Räumung des Maidan am 30. November 2013 vom Militär ermordet worden sei. Später kam heraus, dass der Student lediglich ein paar Tage im Kreise seiner nationalistischen Freunde verbracht hat und seine Familie schlicht nichts davon wusste. Provokante Fehlinformierungen wie diese wurden öfters wiederholt und durchweg von den Medien der Oligarchie aufgebauscht.

Aber es waren nicht nur die Fernsehsender der Oligarchie, die benutzt wurden um die Masse der Kiewer Bewohner_innen zu den sonntäglichen „Mahnwachen“ auf dem Maidan zu bewegen. Es wurde eine breit angelegte, gut organisierte Kampagne der Hetze durchgeführt; das Verteilen von Protestaufrufen an alle 4 Millionen Kiewer Briefkästen mit inbegriffen.

Die Spitzenkräfte des Maidan, welche dauerhaft präsent waren und an Kämpfen mit dem Militär und der Polizei teilnahmen, bestanden aus militanten Neonazis (hauptsächlich aus Fußballhooligans) und aus arbeitslosen Menschen aus dem Westen und der Mitte des Landes. Diese Menschen lebten einige Monate auf dem Maidan und wurden dabei mit Geldern und Essen unterstützt. Diese durchorganisierte Finanzierung des Maidan zeugt von einer Beteiligung durch die ukrainische Oligarchie. Die Gelder wurden von den drei Oppositionsparteien und von NRO’s verwaltet und direkt an paramilitärische Neonazi-Gruppen weitergeleitet.

Anfang Dezember wurde die nationalistische Richtung der Maidan-Bewegung offensichtlich. Borotba dazu in einer Mitteilung:
Der zweifellose Erfolg der Nationalisten ist maßgeblich ihrem hohen Aktivismus geschuldet; sie haben es geschafft die ideologische Herrschaft im Euromaidan zu übernehmen. Hinweise dafür finden sich in den Slogans der auf dem Platz versammelten Massen. Darunter sind Rufe wie „Ehre der Ukraine – Ehre den Helden!“ und das Ausstrecken des rechten Armes – der Gruß der ukrainischen Nationalisten vom April 1941. Andere Parolen sind „Ehre der Nation – Tod ihren Feinden!“ und „Ukraine über alles!“ (eine Übernahme des deutschen „Deutschland über alles“). Bei andern Oppositionsparteien fehlen klare ideologische Linien oder Parolen – als Resultat akzeptierten die Oppositionsliberalen die nationalistische Agenda. Alle verzweifelten Versuche des liberalen Flügels die Bewegung, z. B. durch das Skandieren politisch korrekterer Phrasen, von der nationalistischen Ideologie wegzulenken, scheiterten kläglich. Das liegt aber nicht nur an dem geeinten, ideologischen Auftreten der Nationalisten, sondern auch am Fehlen eines klaren Aktionsprogramms seitens der liberalen Mehrheit. Durch diese Situation konnten die Nationalisten, als aktivstes und radikalstes Element, die Avantgarde der Bewegung übernehmen.

Ein weiteres Zeichen für eine ultrarechte Dominanz war die Zerstörung der Lenin-Statue auf dem Bessarabien-Platz durch Euromaidan-Aktivisten. Dieser barbarische Akt wurde seitens des liberalen Flügels des Maidan nicht verurteilt. Bruchstücke des Monuments wurden unter Zustimmungsrufen der Masse auf dem Maidan präsentiert.

Die anti-linke und anti-kommunistische Richtung der Maidan-Bewegung zeigte sich auch als die Levin-Brüder – zwei Aktivisten von Borotba – in der Nähe des Maidan bei einer Gewerkschaftskundgebung zusammengeschlagen wurden. Den Brüdern wurde vorgeworfen unter einer roten Fahne gestanden zu haben. Rufe forderten sie lautstark zum Verlassen des Podiums auf. Die „Vergeltungsmaßnahme“ ging von Miroschnitschenko aus, einem Parlamentarier von Swoboda. Bis Januar waren die ideologischen und politischen Inhalte des Maidan für jede*n unvoreingenommene*n BeobachterIn offensichtlich. Zu diesem Zeitpunkt charakterisierten wir das Ganze als „einen liberal-nationalistischen Aufstand mit zunehmend bemerkbarer Beteiligung der offen nationalsozialistischen Elemente des rechten Sektors“.

Der Kern des Maidan setzte sich somit aus militanten Neonazis und AktivistenInnen der Oppositionsparteien zusammen. Wer war also das „Fleisch“ des Euromaidan? Wer waren die Tausenden, die die Bewegung unterstützten?

Von den DemonstrantInnen war ungefähr die Hälfte der AktivistInnen aus anderen Regionen. Von den Befragten einer Umfrage, die am Maidan durchgeführt wurde, lebten 50% in Kiew und 50% kamen aus anderen Regionen. Von den Letztgenannten waren 52% aus der Westukraine, 31% aus den zentralen Provinzen und nur 17 % aus dem Süd-Osten. Von denen, die ständig auf dem Platz waren, waren mit 17% überproportional viele UnternehmerInnen dabei. Russisch sprechende Menschen waren mit 16% unverhältnismäßig wenige, wenn man die Zahl mit der der Gesamtbevölkerung vergleicht. Dort sprechen 40-50% russisch. Eine eindeutige Vorstellung von der sozialen Physiognomie des Maidan kann man aus der Tatsache folgern, dass unter den „himmlischen hundert“, den Menschen die auf dem Maidan umkamen, nicht eine*n einzige*r ArbeiterIn war.

Der Euromaidan ist somit von den größten Oligarchen initiiert und kontrolliert. Seine politische Basis bestand aus radikalen Nationalisten und zu einem kleinen Teil aus pro-westlich Liberalen. Seine soziale Basis bestand aus kleinbürgerlichen und deklassierten Elementen.

Im Gegensatz dazu ist die Widerstandsbewegung im Süd-Osten in seiner Gesamtheit mehr proletarisch und unabhängiger als die unabhängigen Beobachter feststellten. Ebenso wenig ist es ein Zufall, dass der Widerstand gegen die Junta von Oligarchen und Nazis, die durch den Maidan an die Macht kamen, vor allem in den industriell entwickelten Regionen, in denen es ein Übergewicht der Arbeiterklasse in der Bevölkerung gibt, wächst.

aus dem Englischen übersetzt von [’solid] / Revolution Fulda

Link zum Originaltext mit Quellenverweisen: http://borotba.org/a_class_analysis_of_the_ukrainian_crisis.html




Blockupy 2014, Widerstand im Herzen der Krise

Wie in den vergangenen beiden Jahren wird es 2014 wieder bundesweiten und internationalen Widerstand im Zentrum des deutschen Finanzkapitals geben. Auf den vergangenen Blockupy-Konferenzen, an denen sich u.a. soziale Initiativen, Teile der Gewerkschaften, Linkspartei, Autonome, Attac und auch die Gruppe Arbeitermacht und REVOLUTION beteiligten, wurden zwei Mobilisierungen beschlossen. Vom 15. bis 25. Mai, um die Europawahlen, soll es eine Aktionswoche, und am 17.5. vier Demonstrationen in Deutschland geben: in Hamburg, Berlin, Düsseldorf und Stuttgart. Im Herbst dann die zentralen Blockadeaktionen gegen die Eröffnung der neuen Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Das genaue Datum steht noch nicht fest.blockupy-vor-eurozeichen-in-frankfurt

Sowohl im Mai, als auch im Herbst werden, so wie in den vergangenen Jahren, verschiedene Aktionen und Veranstaltungen zur kapitalistischen Krise, zur Flüchtlingssituation, und gegen Rechte Kräfte stattfinden. In Frankfurt wird es abschließend eine große internationale Demonstration geben, welche die Positionen der Unterdrückten und Ausgebeuteten auf die Straße tragen soll. Themenübergreifend wird in der Aktionswoche das Ziel auf der Agenda stehen, das Bankenviertel bzw. die Frankfurter Innenstadt zu blockieren und lahmzulegen.

Blockupy ist eine Allianz, die von Teilen der Gewerkschaften über Attac und die Linkspartei bis ins autonome Spektrum reicht. Für uns ist es wichtig, dass in diesem Bündnis auch der revolutionäre Standpunkt vertreten ist! Deshalb laden wir alle Einzelpersonen, Organisationen und Bündnisse dazu ein, mit uns für eine revolutionäre Perspektive in Blockupy einzutreten.

Wir revolutionäre Jugendliche werden uns an den bundesweiten Mobilisierungen beteiligen und für die Rechte und Forderungen der Jugendlichen, Arbeiter*innen, Migrant*innen, Frauen und Flüchtlinge lautstark auf die Straße gehen.

Unsere Forderungen sind u.a.:

  • Für die volle Mobilisierung der europäischen Arbeiterklasse und Jugend gegen die Angriffe der Kapitalisten! Zwingt die Führer von reformistischen Parteien und Gewerkschaften, durch den Kampf mit und um deren Basis, zu Aktionen zu mobilisieren!
  • Ersatzlose Streichung aller Schulden von Ländern wie Griechenland, Spanien und Italien! Auflösung der Troika aus EU, IWF und EZB. ! Verstaatlichung und Vereinheitlichung der Banken unter demokratischer Kontrolle der Arbeiterklasse!
  • Für einen Mindestlohn der von den Organisationen und Räten der Arbeiterklasse festgelegt wird! Unser Vorschlag sind 11 Euro/Stunde!
  • Gegen jede Entlassung! Besetzung und Enteignung von Betrieben, die Massenentlassungen durchführen, unter Kontrolle der Beschäftigten und Benutzer_innen!
  • Für die Kosten unserer Forderungen sollen die Verursacher der Krise bezahlen, die Konzerne und Banken! Für die massive Besteuerung von Profite und Reichtum!
  • Gegen die Entrechtung der Jugend und der Arbeiterklasse, für das Recht auf Protest! Jeder Angriff muss mit dem Aufbau von Selbstverteidigungsstrukturen in Betrieb, Schule und Bezirk beantwortet werden!
  • Kein Vertrauen in die Parlamente, organisiert die Gegenmacht!
  • In Ländern wo es bereits besetze Betriebe und Infrastrukturunter Eigenkontrolle gibt, muss der Kampf in Rätestrukturen zentralisiert und verallgemeinert werden!
  • Keine Beteiligung von Arbeiterparteien an bürgerlichen Koalitionen – für eine Arbeiterregierung in Griechenland!
  • Um dem Kapital wirklichen Schaden zuzufügen brauchen wir einen politischen europäischen Generalstreik! Kämpft in den Gewerkschaften für eine europaweite Vernetzung der Basis, sowie für unabhängige Streikkomitees, um dies vorzubereiten!

Ein Artikel von David Pfeifer, REVOLUTIONpaintbombsunited_DE_PRINT-page-001




Lage der EU – Ein Kontinent in der Krise

ein Artikel von Tobi Hansen, Arbeitermacht, erschienen in der Neue Internationale 189, Mai 2014

Mit der Einführung des Euro und der „Agenda von Lissabon“ trat die EU 2001 an, die USA als attraktivsten Investitionsstandort abzulösen. Der EU-Binnenmarkt mit seinen ca. 430 Millionen TeilnehmerInnen sollte die ökonomische Vormachtstellung der USA brechen, der Euro und die Verträge von Lissabon sollten das Gewicht der EU in der imperialistischen Welt stärken.

Vorangetrieben wurde und wird dieses Projekt v.a. vom deutschen und französischen Imperialismus. Diese stärksten Kapitalfraktionen innerhalb der EU profitieren am meisten vom Binnenmarkt und der gemeinsamen Währung, deren Großkonzerne bestimmen die Marktbedingungen, verdrängen die Konkurrenz und bestimmen den Rahmen der EU-Politik.

EU

Doch die EU wurde von der Krise 2008 heftig getroffen. Die daraus folgenden Probleme dauern bis heute an und haben die Stellung der EU in der Welt geschwächt. Heute gilt die EU als der „kranke Mann der Weltwirtschaft“ oder es wird von der „japanischen Krankheit“ gesprochen, was auf einen längeren Zeitraum von Stagnation und Rezession verweist. Die EU konnte ihre Ziele von 2001 n bisher nicht umsetzen, die USA und China sind die attraktivsten Standorte für das Kapital und haben sich zudem auch schneller von der Krise erholt.

Die EU konnte selbst die schwachen Wachstumsraten der Industrieländer (1-1,5%) der letzten Jahre nicht erreichen und verlor den Anschluss an die USA. Außerdem sieht sie sich stärkerer Konkurrenz der „BRIC-Staaten“ (Brasilien, Russland, Indien, China) ausgesetzt.

Die Ursache dafür liegt v.a. darin, dass die tiefe Weltwirtschaftskrise seit 2008 dieökonomischen Widersprüche der EU verschärft und deutlich sichtbar gemacht hat. Die EU verfügt über staatliche Rahmenbedingungen, einen gemeinsamen Binnenmarkt mit einer einheitlichen Währung, aber nicht über ein EU-„Gesamtkapital“. Nach wie vor existieren divergierende nationale und Kapitalinteressen, die immer wieder offen aufbrechen. Die Krise sorgte für noch schärfere Konkurrenz und die Großkonzerne haben ihre Marktanteile ausgebaut, Konkurrenten aufgekauft und Millionen entlassen. All das wurde noch gestützt durch die Sparpakete der EU-Bürokratie und der Troika u.a. mit Massenentlassungen im Öffentlichen Dienst und einem drastischen Abbau sozialer Leistungen.

Die einheitliche Euro-Währung für Länder mit sehr unterschiedlichem ökonomischen Niveau hat ihnen die Möglichkeit, entsprechend zu reagieren (z.B. mit Abwertung der eigenen Währung), genommen, und sie immer stärker hinter die stärkeren Nationen, besonders Deutschland, zurückfallen lassen.

So profitiert derzeit v.a. der deutsche Imperialismus, dessen Export und Produktionskapazitäten rasch wieder Vor-Krisenniveau erreicht haben. Im Jahr 2013 gelang sogar ein neuer Rekord bei der Handelsbilanz, der Überschuss stieg auf 198 Mrd. Euro gegenüber 195 Mrd. 2007. Das deutsche Kapital hat seine dominante Stellung in Europa – allerdings nicht global – ausbauen können.

Auswirkungen auf die Klasse

Krise und Spardiktate gehen weiter, so dass sich die soziale Lage der Arbeiterklasse in Europa weiter verschlechtert. Von 2000-2009 war in der EU noch ein durchschnittlicher Reallohnzuwachs vom 8,1 Prozent erreicht worden, dieser Trend hat sich inzwischen umgekehrt. Von 2010-12 gab es das nur noch in einem Drittel der EU-Staaten, aktuell sind Schweden mit 2,2% und Deutschland mit 1,8% hier Spitzenreiter. Die größten Einbußen haben die Beschäftigten in Griechenland (-20.3%), in Portugal (-10.2%), in Irland (-6.6%) und in Spanien (-6%) hinnehmen müssen. Selbst der EU-Kommissar für Soziales, Laszlo Andor, beschreibt die soziale Lage als „marode“ und stellte bei der Vorstellung des EU-Sozialberichts 2012 fest: „Nach einigen Jahren der Dauerkrise sind die meisten nationalen Sozialsysteme kaum noch in der Lage, die Einkünfte der Haushalte gegen die Folgen der Krise zu schützen“ (press releases, 8.1.13)

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Dies liegt auch an der massiv gestiegenen Massenarbeitslosigkeit, speziell in Südeuropa, und anden Sparmaßnahmen im Sozialsystem, zu denen die Krisenländer per Troika und EU-Bürokratie gezwungen wurden. Gleichzeitig wurden in diesen Saaten auch die Massensteuern erhöht, speziell die Gebühren für den Öffentlichen Dienst, die Energieversorgung und den Gesundheitsbereich sind gestiegen.

In Griechenland findet in dieser Kategorie derzeit ein „sozialer Feldversuch“ statt: mit wie wenig Einkommen kann Kapitalismus „funktionieren“. So wurde dort der Mindestlohn von 751 auf 585 Euro gesenkt, das Arbeitslosengeld von 462 auf 322 Euro, zudem wurde dessen Bezugsdauer auf ein halbes Jahr befristet. Auch die Renten wurden um mindestens ein Fünftel gekürzt. In Griechenland gibt es eine wachsende Zahl von Haushalten, die über gar kein Einkommen mehr verfügen und von Strom, Wasser und Gasversorgung abgeschnitten sind – in Thessaloniki betraf  das 2012 ca. 20% aller Haushalte. Während des Winters 2013/14 wurde Holz wieder bevorzugtes Heizmittel in vielen Städten Griechenlands.

2011 waren in der gesamten EU 120 Millionen Menschen – also etwa ein Viertel der Bevölkerung (!) – von Armut betroffen oder bedroht. Seit Ausbruch der Krise steigt die Ziffer in Süd- und Osteuropa weiter an. Es gibt in der EU eine immer stärkere Spaltung der Einkommen und der sozialen Lage. In Südeuropa sind 25-30% von Armut betroffen, in Osteuropa liegen die Ziffern zwischen 30 und 50%, z.B. in Bulgarien (49%) oder Lettland (40%). Die EU hat bislang nur die Daten bis 2011 erfasst, das Jahr 2012 hat diese Tendenz eher noch verstärkt. Besonders betroffen ist die junge Generation, für die dann meistens weniger vom Haushaltseinkommen verwendet wird, hier liegen die Armutsraten insgesamt noch höher (EU 27%), eine Generation wächst in Armut auf.

Während bei den Beschäftigten, den RentnerInnen und der Jugend gespart wird, die alle ganz konkret die Kosten der Krise tragen müssen, steigt in Deutschland die Zahl der Einkommensmillionäre massiv an: zwischen 2007 und 2012 um 22,9% auf über eine Million. Das gleichzeitig auch in Deutschland das Armutsrisiko – auch mit Beschäftigung – wächst, zeigt, dass die Krise auch hier wütet, über 16 Millionen Menschen die arm und von Armut bedroht sind, zählt die EU in Deutschland.

Von der Armut in die Arbeitslosigkeit

Mit der tiefen ökonomischen Krise seit 2008 ging ein Sozialkahlschlag durch die EU, wie es dieser Kontinent davor Jahrzehntelang noch nicht erlebt hat. Im Vergleich zu 2008 stieg die offiziell ausgewiesene Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2013 in der gesamten EU um 66%, von 16,2 auf 27 Millionen. Eine noch höhere Steigerungsrate gab es in der Eurozone, hier stieg die Arbeitslosigkeit um 71%, von 11,4 auf 19,5 Millionen.

Wie jede kapitalistische Krise könnte auch diese im Rahmen des Systems nur durch Zerschlagung und Schließung von Produktionskapazitäten der in der Konkurrenz unterlegenen Kapitalfraktionen „gelöst“ werden. Fast unnötig zu erwähnen, in welchen Staaten die Arbeitslosigkeit quasi explodierte: in Griechenland und Spanien liegt die offizielle Arbeitslosenquote bei knapp 30%, auch die anderen süd- und osteuropäischen Staaten (Italien, Portugal, Kroatien, Bulgarien und die Slowakei) haben mit gestiegener und weiter steigender Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Zum einen hat  die Deindustrialisierung einen enormen Anteil an der Arbeitsplatzvernichtung, in Spanien z.B. haben seit 2007 mehr als 200.000 Unternehmen geschlossen, v.a. kleinere und mittelständische Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten, sie stellten 97% aller Schließungen in Spanien (Quelle FAZ 11.9.12). Zum anderen haben die Sparangriffe auf den Öffentlichen Dienst in Südeuropa den anderen großen Arbeitssektor unterhöhlt, dort wird nur noch entlassen und eingespart – Neueinstellungen sind rar gesät.

Die Krise hat in Südeuropa eine ganze Generation aussortiert. Vor 2007, in den Boomjahren der „Globalisierung“, wurde der nachwachsenden Generation eingebläut, dass sie mit entsprechender Qualifikation (meist Hochschulabschluss) keine Armut mehr zu fürchten hätte, jetzt stehen Millionen unter 25jährige auf der Straße: in Griechenland 58%, in Spanien 56%, in Portugal 37%, in Italien 40%, in Irland 28% und auch in Frankreich 26%. Stattdessen wirbt das deutsche Kapital wieder vermehrt Arbeitskräfte aus Südeuropa an, da können sich die heutigen ArbeitsmigrantInnen Tipps bei den Großeltern holen, die damals als „Gastarbeiter“ schon Erfahrungen sammeln konnten. Ende 2012 arbeiteten schon ca. eine halbe Million jüngere SüdeuropäerInnen in Deutschland, speziell im Gesundheitsbereich werden gezielt Kräfte angeworben. Das deutsche Kapital ist auch hier Nutznießer der Krise, die Fachkräfte werden angeworben, ohne zuvor einen Cent in deren  Ausbildung gesteckt zu haben. Gleichzeitig dienen die oft niedrigeren Löhne für die MigrantInnen als Druckmittel gegenüber den einheimischen Arbeitskräften.

Schuldenkrise

Die Schuldenkrise, die viele Staaten enorm belastet, ist eine direkte Folge der Finanzkrise von 2007/08. Die Verluste der
Finanzmärkte, der Banken und der Fonds wurden zum Teil direkt übernommen oder in staatliche „Bad Banks“ überführt, oder vom ESM/ESFS (Rettungsschirm und -fond) teilfinanziert. Die Folge war ein erheblicher Zuwachs der Staatsverschuldung. In der EU stiegen die Staatsschulden so von 2007-12 um genau 50%, von 7,3 auf 11 Billionen Euro; in der Eurozone um 43%, von 5,9 auf 8,6 Billionen Euro, diese Schulden sind zugleich zu einem neuen Spekulationsobjekt auf den Börsen geworden und stellen ein enormes Druckmittel gegenüber den Staaten Süd- und Osteuropas dar, das ihre Abhängigkeit von den führenden Mächten noch steigert.

Im Verlauf der Krise sind bis 2012 mindestens 1,6 Billionen Euro per Rettungsschirm u.a. Maßnahmen in Banken und Finanzmärkte geflossen. Aktuelle Staatsanleihen haben meist eine zeitliche Befristung von 5-6 Jahren, was bedeutet, dass die Mitgliedsstaaten der EU jährlich 2 Billionen zur Refinanzierung dieser Kredite brauchen. Diese Ausgangslage brachte Berlusconi in Italien zu Fall und birgt weiterhin große fiskalische Risiken.

Natürlich stiegen mit den Schulden auch die jährlichen Zinszahlungen, die EU-Staaten insgesamt zahlten 2012 380 Mrd. Euro an Zinsen an die Großbanken und die Finanzindustrie. Das diese trotzdem weiter in der Krise ist, liegt an den anderen Dimensionen dieser Branche. Als der Rettungsschirm ESM 2012 in Höhe von 750 Mrd. Euro aufgespannt wurde, gab es eine Schätzung der EZB über die Schuldenmenge der Großbanken in der EU, diese Schätzung belief sich auf ca. 10 Billionen Euro, also vergleichbar mit der Schuldenmenge aller EU-Staaten.

Bei diesen Dimensionen übersteigt dann auch mal die Bilanzsumme der „nationalen“ Finanzindustrie das BIP des dazugehörigen Staates. Der IWF stellte dies 2011 z.B. für Großbritannien fest (8,6 Bill. Dollar Bilanzsumme gegenüber 2,3 Bill. BIP), für Frankreich (7,6 zu 2,6), für Deutschland (3,6 zu 3,3) und die Niederlande (1,7 zu 0,8).

Für die verschuldeten Staaten vervielfachten sich die Zinszahlungen während der Krise massiv, dies ging einher mit schlechteren Ratings der herrschenden Agenturen. Für die Eurozone stiegen die Zinsraten zwischen 2009-12 um 16%, in der der gesamten EU um 23% – für die „Krisenländer“ gibt es Zuwächse von 85% (Irland), von 68% (Spanien), 52% (Portugal) und 23% (Italien). Für diese u.a. Staaten werden die Höchststände aber noch kommen, schließlich wurden viele aktuelle Schuldpapiere 2008 zu relativ niedrigen Zinsen abgeschlossen, deren Refinanzierung steht erst noch an.

Die Krisenstaaten, einige Zeit „PIIGS-Staaten“ (Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien)  genannt, stecken dadurch in einer Schuldenspirale fest. Wenn bei rezessiver volkswirtschaftlicher Entwicklung die Schulden inklusive Zinszahlungen steigen, bleibt den öffentlichen Haushalten immer weniger Spielraum für Investitionen, gleichzeitig wird durch die Sparpakete ein Abbau des öffentlichen Sektors betrieben – aus rein kapitalistisch-volkswirtschaftlicher Sicht gibt es wenig Hoffnung auf einen Aufschwung bei dieser Ausgangslage.

Bei diesem europäischen Schuldenkreislauf bekommen die Schuldenstaaten neue Kredite, um die alten Kredite bei der Finanzindustrie der führenden Kapitalfraktionen zu bedienen, hier wirkt imperialistische Konkurrenz, welche durch die EU-Bürokratie und der EZB reguliert bzw. institutionalisiert wird.

Auswirkungen und Perspektive der Krise

Die EU ist in einer tiefen sozialen, politischen und ideologischen Krise. Die EU-Bürokratie hat gleichzeitig einen Machtzuwachs erlebt, sie bricht nicht nur nationales Recht in ökonomischen Fragen, diese Bürokratie „transformiert“ jetzt auch Regierungen nach Gutdünken. Die Absetzung des griechischen Ministerpräsidenten Papandreou durch die eigene Partei PASOK, die Einsetzung einer Übergangsregierung unter dem Ex-EZB-Vize Papademos inkl. der konservativen ND und der rechtspopulistischen LAOS, war ein parlamentarischer Putsch, dirigiert und unterstützt durch Brüssel, Berlin und Paris. In Italien wurde in ähnlicher Weise die Regierung Berlusconi abgelöst. In seiner Regierungspartei und der oppositionellen PD fanden sich genügend Kräfte, um die dortige Übergangsregierung unter Ex-EU-Kommissar Monti zu installieren – wie in Griechenland ohne vorherige Wahl.

Als Resultat der „Regierungsumbildung“ setzen die Regierungen in Griechenland und Italien alle Spardiktate der EU strikt um. Diese tiefe politische und ideologische Krise – die Massen „erwarten“ nichts mehr von der EU, ganz im Unterschied zum Anfang der „Europäischen Einigung“.

Das drückt sich auch im Aufstieg von rechtspopulistischen und neofaschistischen Parteien aus. Neofaschisten wie „Jobbik“ in Ungarn oder die „Goldene Morgenröte“ in Griechenland konnten Wahlerfolge feiern und verfügen über einen beträchtlichen Massenanhang. Rechtspopulistische Formationen wie die FN in Frankreich schicken sich an, das etablierte parlamentarische Parteiensystem zu verändern, ebenso die „Freiheitspartei“ in den Niederlanden, die „Wahren Finnen“ oder auch die ansteigenden Wahlergebnisse der FPÖ in Österreich. Dabei setzen die Rechten zum einen auf Hetze gegen die EU-Bürokratie, aber auch auf „klassische“ rechte Themen wie Nationalismus und Rassismus.

Im Zuge der Schuldenkrise wurde v.a. der Rassismus gegenüber Flüchtlingen, ArbeitsmigrantInnen oder Südeuropa im allgemeinen wieder salonfähig, viele Elemente dieser rechten Ideologien übernahmen auch die etablierten bürgerlichen Parteien. Große Teile des Kleinbürgertums in Europa stehen seit Ausbruch der Krise in einer verschärften Konkurrenz gegenüber dem Großkapital, viele Berufe des Kleinbürgertums wurden sozial abgewertet – das ist ein guter Nährboden für den Aufstieg rechter Parteien.

Am Scheideweg

Dabei profitieren die rechten Parteien von der offensichtlichen Schwäche der organisierten Arbeiterbewegung und der radikalen Linken. Seit Ausbruch der Krise kam es in Europa gerade zu zwei europäisch koordinierten Aktionen der Gewerkschaften und der Linken: im September 2010 und am 14. November (14N) 2012. Ansonsten gleicht der „Widerstand“ der etablierten Organisationen ihrer sonstigen Politik – dieser ist auf den „Standort“ focussiert. In Griechenland gab es zwar dutzende Generalstreiks, auch in Spanien, Portugal und Italien fanden Massenaktionen der Arbeiterbewegung statt, aber diese blieben national isoliert und waren meist nur symbolische, begrenzte Aktionen und konnten somit gegen die europäisch koordinierten Angriffe des Kapitals keine Gegenmacht aufbauen.

In Spanien fand am 22.3. ein „Marsch der Würde“ gegen die Sparangriffe der Regierung Rajoy statt – aber mit mangelnder Unterstützung durch die Gewerkschaftsverbände (CCOO & UGT). Auch in Abgrenzung zu deren Politik gingen ca. 2 Millionen auf die Straße.

Die radikale Linke, wie auch die etablierten Organisationen der Arbeiterbewegung sind am Scheideweg. Entweder wir kämpfen mit einer anti-kapitalistischen und sozialistischen Perspektive gegen dieses Europa des Kapitals oder wir wärmen den alten Traum der Sozialpartnerschaft wieder auf. Entweder es beliebt bei symbolischen und isolierten Aktionen und lauwarmen Resolutionen der offiziellen VertreterInnen der Massen oder aber es gelingt, eine Alternative dazu zu schaffen: europaweit koordinierte Widerstandsstrukturen, die gemeinsam mobilisieren und ein Aktionsprogramm erarbeiten, das eine klassenkämpferische, internationalistische Stoßrichtung hat.

In eine solche Dynamik kann und muss eine antikapitalistische Perspektive getragen werden, die   auch zum Aufbau einer neuen revolutionären Linken in Europa führt, welche der kapitalistischen „Einigung“ Europas, die in Wirklichkeit nur Elend, Hass und Spaltung für den Kontinent bedeutet,  die Losung der „Vereinigten sozialistischen Staaten Europas“ entgegen hält.




Die EU: undemokratisch, militaristisch

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Von der Demokratie zur Diktatur – Die EU

In den Schulen, Universitäten und Medien bekommen wir Tag für Tag zu hören, dass die Europäische Union für ein geeinigtes, demokratisches Europa steht und wir dieser Institution das Wegfallen von Grenzen und die Vermeidung von Kriegen in Europa zu verdanken haben. Doch was ist an diesem Märchen dran?

Vielen von uns ist bereits bewusst, wie undemokratisch die Troika über Länder wie Griechenland verfügt, oder wie brutal und menschenverachtend die EU Außengrenzen durch die Menschenjäger von FRONTEX „geschützt“ werden. Allerdings gibt es noch viel mehr Dinge, in denen sich die neoliberale, militaristische Haltung der EU zeigt.

Der EU-Reformvertrag

Das wohl wichtigste Vertragswerk Europas ist der 2007 in Lissabon beschlossene EU-Reformvertrag – auch bekannt als die EU-Verfassung. Den meisten ist allerdings überhaupt nicht klar, was dieser für Inhalte hat.

Einer dieser Inhalte ist zB. Die Todesstrafe, die nun im Kriegsfall, bei Kriegsgefahr oder bei Aufständen wieder legal ist.

Die „Solidaritätsklausel“ verpflichtet die Mitgliedsstaaten bei innerer oder äußerer Gefährdung dazu, sich gegenseitig (militärische) Hilfe zu leisten, verstärkt wird die von diesem Artikel ausgehende Bedrohung für den Frieden noch dadurch, dass alle EU-Staaten permanent zur militärischen Aufrüstung verpflichtet sind.

Auch das Recht auf nationale Souveränität wird durch den Reformvertrag ausgehebelt, denn gemäß EU-Richtlinien stehen Beschlüsse der Union über denen der einzelnen Regierungen.

Euro-Gend-Force

Die European Gendamerie Force (Euro-Gend-Force) ist der erste Schritt einer paramilitärischen Polizeitruppe für die EU. Ihr Ziel ist die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in EU-Staaten – also gegebenenfalls die Niederschlagung von Aufständen und Revolutionen.

Diese kasernierte Polizeieinheit steht über nationalem Recht (siehe EU-Reformvertrag) und jedes ihrer Mitglieder genießt im Dienst volle Immunität. Derzeit ist die Europäische Gendarmerie aus italienischen, französischen, rumänischen, spanischen, portugiesischen und niederländischen Truppen zusammengesetzt – auch die Türkei liebäugelt mit einem Beitritt ihres JANDARMA Korps. Überall, wo Gendamerie Einheiten Polizeiaktionen durchführen sind sie für ihre Brutalität berüchtigt, ein aktuelles Besipiel ist das Massaker an schwimmenden Flüchtlingen an der EU-Außengrenze durch die GUARDIA CIVIL (spanische Gendamerie). Die Euro-Gend-Force wurde bereits während der NATO-Kriege in Afghanistan und Bosnien eingesetzt, doch wo mögen in Zukunft ihre Einsätze stattfinden? Bei der Niederschlagung von Blockupy und Anti-Troika Demos in Frankfurt, Athen, Madrid oder Rom?

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Das Transatlantische Freihandelsabkommen – Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP)

Derzeit planen die EU und die USA ein Abkommen, zwecks Schaffung einer „Transatlantischen Freihandelszone“. Ziel dieses Abkommens ist es, das Wirtschaftswachstum beider Vertragspartner zu stärken.

Aber mit welchen Mitteln soll dieses Ziel erreicht werden?

a) Aushebelung von Verbaucherschutz und Tierschutz

In den USA sind die Hürden des Verbraucher- und Tierschutzes wesentlich niedriger angelegt als zB. in Deutschland. Damit es zu keiner „Wettbewerbsverzerrung“ kommt müssen US-Importe nicht mehr den geltenden Regelungen entsprechen. Konkret bedeutet das, dass beispielsweise Tierprodukte aus noch exzessiverer Massentierhaltung als hierzulande plötzlich auch in unseren Märkten stehen.

b) Fracking

Die für Mensch und Umwelt extrem gefährliche Methode, Gas mithilfe von Chemikalien aus dem Boden zu befördern, ist in der EU noch nicht zum Einsatz gekommen – in den USA schon. TTIP ermöglicht es, diese Praktik einzusetzen, da Unternehmen nun jetzt auch offensteht, Staaten, von deren Marktregulierungen sie behindert werden, zu verklagen

c) Angriffe auf Arbeiter*innenrechte

Tarifverhandlungen, Betriebsräte und Mindestlohn, all das gibt es in den USA nicht. (Nicht nur) US-Unternehmen fühlen sich von diesen Schutzmaßnahmen der Arbeiterklasse massiv gestört. Nach TTIP werden diese Unternehmen die Möglichkeit haben, auch gegen solche Maßnahmen zu klagen – und Staaten so zur Rücknahme des Schutzes führen.

In der medialen Öffentlichkeit Deutschlands wird kaum etwas über die Inhalte des Abkommens verbreitet. Vielmehr wird sich darauf konzentriert zu betonen, dass ein Freihandelsabkommen für Arbeitsplätze und Wachstum sorgt. Dass dem nicht so ist beweist die Situation in Nordamerika, wo das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) schon Millionen von Arbeitsplätzen vernichtet, und die Armut in Mexico vervielfacht hat.

Auch die Tatsache, dass TTIP gar nicht von gewählten Vertreter*innnen der Europäer*innen, sondern von Lobbyisten verhandelt wird zeigt, wie neoliberal und undemokratisch die dahinter steckenden Absichten sind.

Wir von REVOLUTION fallen nicht auf den scheindemokratischen Schwindel der Europäischen Union herein und treten ein für:

Revolution, Rätedemokratie und Arbeitermacht!

Ein Artikel von Flo Wasser, REVOLUTION Zülpich




Ukraine: Der Kalte Krieg des Kapitals

In der Ukraine spielt sich die letzten Monate ein Szenario imperialistischer Politik ab, wie es an Offenheit seinesgleichen sucht – Es geht um den Ausbau der Einflusssphären der Machtblöcke, Erschließung neuer Absatzmärkte und die Erweiterung/ den Erhalt des militärischen Wirkungsradius. Die Ukraine, zerrissen von den Interessen des Finanzkapitals und der Industrie, sowie des bürokratischen Verwaltungsapparates, ausgebeutet durch Korruption und Machtkämpfe, bietet einen günstigen Nährboden für die Ränkespiele der EU, den USA und Russland. Die Folge ist ein Land am Rande eines Bürgerkriegs, gebeutelt von immens wachsendem Rassismus und Nationalismus sowie einer Wirtschaft auf Talfahrt.

Das unterdrückerische Regime Janukowitschs, wie auch das seiner Vorgänger, hatte das Vertrauen der Bevölkerung verspielt. Bereits stark geschädigt und verschuldet von der Wirtschaftskrise 2008, lockte die EU, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationaler Währungsfond (IWF) mit billigen Krediten und staatlichen Hilfsgeldern zur Rettung der ukrainischen Wirtschaft. Doch diese Unterstützung war verbunden mit harten Austeritätsprogrammen, welche die Zerschlagung des Sozialsystems, den Abbau staatlicher Subventionen im öffentlichen und wirtschaftlichen Bereich, sowie eine Privatisierungswelle von staatlichen Betrieben beinhaltet. Kurz: ein neoliberaler Rundumschlag. Die Programme bedeuten ein radikales Absenken der Staatsausgaben und die Verdrängung des Staates als sozial-regulierenden Faktor. Der Neoliberalismus verlangt nach freiem Walten der kapitalistischen Wirtschaft, die Verarmung der ArbeiterInnen ist dabei bewusstes Ziel, denn wer auf jede Arbeit angewiesen ist, ist für sie leichter auszubeuten.

Teile des Programms wurden bereits umgesetzt,  wie die Privatisierungen, die über das Land fegten und zu einer Steigerung der Arbeitslosigkeit führten, andere Punkte stehen noch aus. Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise haben das Lohnniveau bereits drastisch sinken lassen, heute sind es umgerechnet durchschnittlich 200-300 € pro Monat. Die Folgen waren Verarmung weiter Teile der Bevölkerung, die verbliebenen sozialen Sicherungssysteme waren zu schwach, dem entgegen zu wirken. Ein gefundenes Fressen also für die nationalistischen und neoliberalen Kräfte, welche sich als Opposition gegen Janukowitsch etablierten. Das von der EU geforderte Assoziierungsabkommen hätte diese Spirale noch weiter vorangetrieben. Die Schuldensituation ist momentan fatal. Zur Deckung des Staatshaushaltes für dieses Jahr sind 35 Mrd. Dollar von Nöten, die Verschuldung bei europäischen Einrichtungen beläuft sich auf 23 Mrd. Dollar. Das Rating lässt mittlerweile keinen Spielraum mehr: Die Ukraine ist „Nicht als Investment geeignet.“  Wird keine Hilfe geleistet, droht dem Land ein erneuter Staatsbankrott. Russland bot Janukowitsch im Dezember knapp 11 Mrd. Euro, brach das Vorhaben nach dem Umsturz jedoch ab. Diese Zahlungen waren mit keinen Auflagen verbunden. Die EU lockt ebenfalls mit 11 Mrd. Euro. Eine Anbiederung an die EU hätte außerdem eine Distanzierung von Russland zur Folge, was besonders für die starken Industriellengebiete im Osten des Landes das Aus bedeuten würden. Der Stahl- und Maschinenbau der Ukraine ist an den russischen Markt gebunden und überhaupt nicht dazu fähig, mit den europäischen Preis- und Qualitätsvorgaben zu konkurrieren, geschweigen denn, erst einmal die Produktionsstandards des EU-Regelwerks zu erreichen. Die Anbindung an die EU hätte in kürzester Zeit den Ruin und den Ausverkauf der ukrainischen Industrie zur Folge. Selbiges gilt auch für den nicht zu verachtenden Landwirtschaftlichen Sektor der, wie in Griechenland geschehen, zusammenbrechen würde. Dass die illegitime Übergangsregierung in Kiev dieses Abkommen nun unterzeichnet hat, ist ein Verstoß gegen jedes Rechtsverständnis: Europa will Fakten schaffen und spielt sich als Retter auf!

Rechte Kräfte kontrollieren den Maidan

Die Proteste gegen die Ablehnung des Assoziierungsabkommens durch Janukowitsch wurden von Anfang an von den bürgerlichen und nationalistischen Kräften der West-Ukraine, mit der Konzentration in Kiew, getragen. Von Anfang an hatte der Widerstand auch eine soziale Komponente, es ging gegen Korruption, Polizeigewalt, Arbeitslosigkeit und Armut. Doch die Ausrichtung und Ziele waren klar konterrevolutionär, da jede Form linker Perspektive unterdrückt wurde, Nationalismus statt internationaler Solidarität der ArbeiterInnen. Der Nährboden des Protests, gepaart mit dem streng militärischen und gewaltbereiten Auftreten der rechtsradikalen Kräfte, verhalf ihnen zu Ansehen und ließ sie schnell zum Sympathieträger wachsen. Für sie war es ein leichtes, die Kritik gegen das bestehende System mit Rassismus und nationalsozialistischer Rhetorik zu verbinden und besonders gegen Juden, Russen und Kommunisten zu hetzen. Jede Form von linkem Einfluss auf die Proteste wurde gezielt niedergeschrien, verjagt oder brutal zusammengeschlagen, seien es nun GewerkschafterInnen, FeminstInnen, AnarchistInnen oder KommunstInnen. Besonders die der NPD nahestehende Partei Svoboda (Freiheit) lief den bürgerlichen Parteien wie der UDAR um Vitali Klitschko und auch der Partei Vaterland, um Julia Timoschenko, den Rang ab und könnte bis zu den Regierungswahlen im Mai ein führender Faktor in der ukrainischen Politik werden.

Für die Jugend stellen sie einen attraktiven Anlaufpunkt dar: Jahrelang unterdrückte Wut und der Anschein einer radikalen Perspektive. Die Orangene Revolution 2004 durch Wiktor Juschtschenko trieb bewusst das Nationalbewusstsein der Ukraine voran, stilisierte in den neuen Unterrichtsmaterialien den Faschisten Stepan Banderas als Nationalhelden und Freiheitskämpfer und verwischten seine Kriegsverbrechen. Auch stieg die Jugendarbeitslosigkeit von 14,9% auf 18,6% an. Die Städte erfuhren einen starken Zuwachs, ohne jedoch ausreichende Perspektiven zu bieten, so arbeiten 40% der Hochschulabsolventen in Positionen weit unter ihrer Anforderung. Die Frustration ist dementsprechend groß und so sind es vor allem die desillusionierten jungen Menschen, die in die rechten Milizen strömen. Für uns als Jugendliche ist es in einer solchen Situation umso wichtiger, den Drang zur Veränderung auf ein Programm zu lenken, welches eine wirkliche Perspektive bietet. Wir stehen für ein Programm der sozialen Revolution, anstatt einer Bewegung, die einzig und allein auf  die Machtverschiebung hin zu einer neuen Gruppe der Besitzenden Klasse abzielt, nichts anderes stellen die Bewegungen in Richtung EU oder Russland dar.

Svoboda und die rechtsradikalen Milizen,wie der Rechte Sektor, die faschistische Bratstvo (Bruderschaft), C14 oder die Anhänger der Ukrainischen Aufständischen Armee üben politischen Terror aus und prägen mit Nazisymbolik wie der schwarzen Sonne, dem Keltenkreuz, SS-Runen und auch Hakenkreuzen das Bild des Maidan. Allgegenwärtig sind auch Bilder des Nazikollaborateurs und Massenmörders Stepan Banderas, und die Fahne der Ukrainischen Aufständischen Armee, schwarz-rot.

Westliche Medien, aber auch Parteien wie CDU/ CSU, die Grünen oder die Heinrich Böll Stiftung betonen immer wieder die friedlichen Absichten der Proteste, schoben jede Form der Gewalt dem Regime Janukowitschs in die Schuhe und leugneten die Präsenz der faschistischen Kräfte oder spielten ihren Einfluss herunter. Man sprach sogar von den Lügen Moskaus, welche die Proteste verunglimpfen sollte – klassische Propaganda der Machtblöcke.

Im Gegenteil, die Rechtsradikalen waren federführend in den Straßenkämpfen beteiligt, was sie, im Vergleich mit Klitschko, als die treibende Kraft wirken ließ. Viele Menschen des Maidan haben das Vertrauen in die Politik verloren und erhoffen sich durch die Präsenz der rechten Milizen ausreichend Druck für Veränderungen. Der Zulauf zu diesen Gruppen im Westen des Landes ist immens. Die faschistische Svoboda sicherte sich in der Übergangsregierung mehrere Ministerposten, den Vizepremier und den Generalstaatsanwalt. Den Nationalen Sicherheitsrat leitete der Kommandant des Maidan, Andrij Parubi, sein Stellvertreter ist der Anführer des Rechten Sektors,  Dmitrij Jarosch. Auf den Straßen wird offener Terror betrieben, linke Zeitungsredaktionen verwüstet, die Büros der KPU gestürmt, die Mitgliederlisten gestohlen und Todeslisten politischer Gegner erstellt. Jede Form des Widerstands wird bekämpft, Aktivisten gejagt und eingeschüchtert. Aus dem Ausland erfahren die Milizen Zulauf, beispielsweise aus Polen, Tschechien, Ungarn und Schweden. Ähnlich wie in Griechenland findet eine Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitskräften und den rechten Milizen statt, teilweise kam es sogar zum Überlaufen von Polizei-Einheiten. Auch der Kern der Neugegründeten Nationalgardebesteht vorwiegend aus den rechten Kämpfern des Maidan.

Ein Riss geht durch die Ukraine

Die Situation im Osten des Landes ist eine gänzlich andere. Hier liegen die Hochburgen Janukowitschs und die Bevölkerung ist vorwiegend russisch geprägt. Dieser Umstand deklassifiziert den Umsturz in Kiew als Putsch, statt einer Revolution getragen von den Massen. Doch auch hier geben wieder die Nationalisten den Ton an, setzen jedoch auf die Unterstützung Russlands. Unter dem Vorwand, den Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte auf der Krim und die russische Bevölkerung zu schützen, marschierten russische Truppen in die Ukraine ein, besetzen die strategisch wichtigen Punkte und setzten ukrainische Armee- und Polizeikasernen fest. Auf der Krim bildete sich zeitgleich eine Parallelregierung gegen die Regierung in Kiew und führende Militärs und Polizeikommandeure liefen über.

Doch für die Bewohner der Ukraine ist von Russland keine Hilfe zu erwarten. Auch hier werden
lediglich die ökonomischen und militärischen Interessen einer imperialistischen Großmacht vertreten. Stattdessen droht nun das Land in einen Bürgerkrieg gerissen zu werden- die ukrainischen Truppen wurden ebenfalls mobil gemacht. Die Ukraine ist zu einem Spielball zwischen den bereits aus dem Kalten Krieg bekannten imperialistischen Kräften der NATO-Staaten und Russland verkommen. Es ist eine Wahl zwischen Pest und Cholera, denn beide Perspektiven bieten der Bevölkerung nur den Ausverkauf. Weder Brüssel noch Moskau – Ukraine unter Kontrolle der ArbeiterInnen!

Für den Widerstand der Ukraine ist es nun wichtig, die Erkenntnis aus der Lage zu ziehen. Will man sich aus diesem Würgegriff befreien, muss eine Bewegung der Arbeiterschaft geschaffen werden, eine Bewegung, die die Interessen des Proletariats vertritt und den nationalistischen Kräften beider Lager die Stirn bietet. Die stärkste Waffe in diesem Kampf stellt dabei die ökonomische Macht der Arbeiterklasse dar: Die Waffe des Generalstreiks. Die kommunistische Partei der Ukraine bietet allerdings keine Perspektive: sie hat sich nicht nur an Janukowitsch und die Gunst der Oligarchen verkauft, sondern ist zudem überaltert und besitzt zu wenig Schlagkraft, um wirklich Widerstand leisten zu können – trotz der angeblichen 150.000  Mitglieder. Das Vertrauen in sie ist unter der Bevölkerung längst vergangen.

Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht – Den Selbstschutz aufbauen!

Die Gruppe Borotba (Kampf) stellt sich gegen die Politik aus Brüssel und Moskau gleichermaßen und ruft in ihren Kampagnen und Aktionen die Bevölkerung auf, sich nicht durch Rassismus und Nationalismus spalten zu lassen. Die Gruppe hatte bereits auf dem Maidan versucht, Fuß zu fassen, und ihre Ansichten zu vertreten, ihr Zelt wurde jedoch eingerissen und die Aktivisten krankenhausreif geschlagen. Aus Kiew musste man sich aus Angst um das Leben der Mitglieder zurückziehen, man operiert aber weiterhin vor Ort im Untergrund. Ihr Hauptagitationsfeld liegt im Osten des Landes, hier besteht noch Propagandafreiheit für linke Gruppen und man kann ohne Gefahr Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Dennoch stellen die nationalistischen, prorussischen Kräfte, wie auch die Russische Armee selbst, eine ständige Bedrohung dar, welche mit ebenso harter Hand zuschlagen werden, wenn ihr Machtanspruch in Frage gestellt wird. Die Gruppe baut gezielt antifaschistische Gegenwehr auf, versucht alle Kräfte, die Widerstand leisten wollen, zu vereinen und organisiert antifaschistische Selbstverteidigungsorgane. Diese Taktik ist unumgänglich Anbetracht der Vorstöße von rechten Milizen in weiteren Städten und Dörfern des Landes. Auch wurde bereits von versuchten Betriebsbestzungen der Faschisten berichtet, die jedoch von den Belegschaften zurückgeschlagen werden konnten.

Die antifaschistischen Schutzorgane sind die Grundlage einer jeden sicheren Arbeit, nur sie können den Schutz der AktivistInnen, ArbeiterInnen und ihrer Einrichtungen gewähren. Ein wichtiger Schritt hierzu ist der Vorstoß in die instabilen Kräfte von Polizei und Militär, um direkte Soldatenräte zu gründen oder so viel wie möglich an MitkämpferInnen aus den Strukturen herauszubrechen. Die Schwächung des Sicherheitsapparates erleichtert die Arbeit der RevolutionärInnen. Auch muss Zugriff zu den staatlichen Waffenarsenalen verschafft werden, will man gegen die schwerbewaffneten und gut trainierten Kämpfer der rechten Milizen ernsthaft Bestand haben.

Zur Koordinierung der politischen Arbeit und des antifaschistischen Widerstandes müssen regionale und überregionale Räte gebildet werden: Die demokratisch gewählten und abwählbaren Regierungen der Arbeiterklasse. Sie allein können diese Aufgabe bewerkstelligen und den kämpfenden Gruppen ein politisches Programm geben. Wichtig ist auch die Organisierung von Lebensmitteln, Medikamenten, Treibstoff, Waffen und Munition. Innerhalb der industriellen Betriebe, den Kraftwerken und der Wasserversorgung, Einrichtungen wie Verkehrsbetrieben Krankenhäusern und Schulen muss versucht werden, ebenfalls Rätestrukturen zu bilden. Diesen obliegt die Weiterführung der Arbeit dieser Einrichtungen, als auch ihre Verteidigung gegen die Angriffe von Kapital, Regierung und/ oder Faschisten. Neben der Regierung in Kiew ist der erklärte Hauptfeind auch im Osten des Landes die pro-russische Parallel-Regierung und die nationalistischen Kräfte. Auch das russische Militär wird dem Entstehen dieser Strukturen keinesfalls tatenlos zusehen, beanspruchen sie doch den „Widerstand gegen die Faschisten“ für sich. Alle Bestrebungen in diese Richtung sind mit ständiger Verhaftung bedroht und müssen mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen betrieben werden.

Die Entstehung der Übergangsregierung und die Intervention Russlands haben klar und deutlich gezeigt, dass die einzige treibende Kraft, die eine soziale Veränderung schaffen kann, die Arbeiterklasse der Ukraine ist. Jeder der jeweiligen Blöcke handelt im Interesse seiner Bourgeoisie und versucht die ukrainischen Oligarchen auf seiner Seite zu haben. Die Agenda der europäischen Union und die Politik der neuen Regierung ließen den Übergangspräsidenten Jazenjuk von einem „Kabinett von politischen Selbstmördern“ sprechen, das dazu bereit ist, auch die härtesten Einschnitte im Staatshaushalt umzusetzen – kostet es auch die Verarmung einer ganzen Bevölkerung. Schon jetzt geht man von einem Sechstel der Staatsausgaben aus. Derweil rüsten NATO und Russland hoch und treiben ihre „Schützlinge“ in einen Bürgerkrieg, in dem es keine Gewinner geben wird.

Der Hauptfeind steht im eigenen Land!

Die Bundesregierung, als federführende Kraft der EU, treibt ihren Einfluss in der Ukraine ohne Rücksicht voran. Unterstützungsgelder der Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU) für den Putsch der Opposition, Händeschütteln von Frank-Walter Steinmeier (SPD) mit den überzeugten Faschisten von Svoboda, die Propaganda-Maschinerie von Presse und Politik, welche vehement die Krise zu ihren Gunsten auslegen. Unser Rückschluss muss daher sein, in Solidarität zu den ArbeiterInnen der Ukraine zu stehen. Die Politik der Bundesregierung muss offengelegt werden. Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise müssen mit dem Machtausbau des deutschen Kapitals in Verbindung gebracht werden, wie auch die aller anderen Angriffe der Kapitalisten auf die Errungenschaften der Arbeiterklasse weltweit: Aussetzung demokratisch gewählter Regierungen, Sozialabbau und Ausverkauf von öffentlichem Eigentum.

Unsere Aufgabe ist es, der deutschen Bourgeoisie in den Rücken zu fallen, den Kampf gegen Regierung und Kapital fortzusetzen. Finanzielle und ideologische Unterstützung der kämpfenden GenossInnen in der Ukraine. Aufbau einer revolutionären Bewegung der Arbeiterklasse in Deutschland und Durchführung des Generalstreiks europaweit: Unser historisches Ziel bleibt die Revolution!

Die Dividenden steigen und die Proletarier fallen.

(Rosa Luxemburg)

 

 




Ukraine: Jugend gegen Imperialismus und Unterdrückung! Nein zur Regierung aus neoliberalen und Faschist*innen!

Die Bewegung des „Euromaidan“ hat im Februar 2014 die korrupte und unterdrückerische Regierung Janukowitsch in der Ukraine gestürzt. Diese hatte die Protestbewegung seit November 2013 brutal unterdrückt und am 20./21. Februar sogar auf sie schießen lassen. Doch die Übergangsregierung, die jetzt an der Macht ist, ist eine Koalition aus Neoliberalen, alten Eliten der Timoschenko-Herrschaft und offenen Faschist*innen. Das Ziel dieser rechten Regierung ist es, die Ukraine einem Spardiktat der EU unterzuordnen, um die Interessen eines Teils der Herrschenden zu befriedigen, in dem ein anderer Teil entmachtet wird. Aber weder die Verteidigung der Verbrecher*innenregierung Janukowitschs noch die Unterstützung derer, die ihn gestürzt haben birgt irgendeine Perspektive für die Arbeiter*innen und die Jugendlichen.

Die Entwicklung der „Euromaidan“-Bewegung war geprägt von einem massiven Rechtsruck, der bis zur Formierung faschistischer Hundertschaften ging, die heute das öffentliche Leben in Städten wie Kiev oder Lviv kontrollieren. Revolutionär*innen, liberale und anarchistische Strömungen der Bewegung wurden, oftmals gewalttätig, aus ihr heraus gedrängt oder ordneten sich den Faschist*innen und ihrer nationalen Ideologie unter. So wurden während der Bewegung vor allem die Kampfhandlungen durch die Faschist*innen von Svoboda und „Pravni Sektor“ angeführt, die dadurch weiter an Prestige in der Bewegung gewinnen konnten.

Dieses Prestige nutzen sie nun, um das Land von ihren erklärten „Feind*innen“ zu säubern – Antifaschist*innen, Stalinist*innen, Kommunist*innen, „Russ*innen“ und Jüd*innen. Im Großteil der Westukraine mussten antifaschistische Organisationen wie Borot´ba abtauchen, ihre Büros wurden zerstört und ihre Mitglieder mit Morddrohungen konfrontiert. Diese Tatsache sollte ein Warnsignal an all jene sein, die noch bis dahin glaubten, es handele sich um eine „demokratische Bewegung“, die schlicht das Pech hatte eine falsche Führung zu haben. Sicher sind nicht alle Teilnehmer*innen der Maidanbewegung Faschist*innen oder Rechte, einige haben sicher demokratische Illusionen oder Hoffnungen in die Bewegung gehabt. Real hat diese Bewegung allerdings eine reaktionäre Regierung an die Macht gebracht, die nun ein Assoziierungsabkommen mit der EU unterschrieben hat. Ebenfalls wurde ihr Chauvinismus offensichtlich als nur wenige Tage nach Formierung einer Übergangsregierung ein Gesetz erlassen wurde, dass die Verwendung der eigenen Sprache für die russischsprachige Minderheit massiv einschränkt.

Neben den Faschist*innen, die sich bei den kommenden Wahlen wahrscheinlich stärken werden können, wird die Opposition vor allem von der Klitschko-Partei „UDAR“ und der Timoschenko-Partei „Vaterland“ geprägt. Während Klitscho eine massive Nähe zum deutschen Imperialismus unterstellt werden kann war Timoschenko an nachteiligen Gaspreis-Deals mit Russland beteiligt und wurde in einem politischen Prozess wegen Korruption angeklagt. Keine von diesen Kräften birgt Hoffnung für die verarmte Arbeiter*innenklasse, sondern suchen in der Annäherung an die EU ihr eigenes Heil.

Es handelt sich beim Umsturz in der Ukraine also nicht um eine demokratische Revolution, sondern um einen Machtwechsel zwischen verschiedenen Fraktionen der Oligarch*innen, die jetzt statt auf Russland auf die EU setzen wollen. Das wird angesichts der hohen Staatsschulden – die Ukraine benötigt mindestens 35 Milliarden Euro – zu einem Spardiktat der Troika (IWF, EU-Kommission, EZB) auf Kosten der Arbeiter*innen und Jugendlichen führen.

Der russische Imperialismus hat währenddessen die Gelegenheit genutzt und vorgeblich zum Schutz der russischsprachigen Minderheit die Halbinsel der Krim unter Kontrolle gebracht. Die rasch neu gebildete Regierung der Krim führte innerhalb kürzester Zeit eine Volksabstimmung – unter dem Eindruck bewaffneter russischer Truppen – über die Unabhängigkeit der Krim (von der Ukraine) durch. Mittlerweile ist das Referendum durchgekommen und ein Anschluss an Russland in vollem Gange. Auch wenn viele aus der pro-russischen Bevölkerung den Anschluss aus Abneigung gegenüber den faschistischen Banden im Westen und dem Aufflammen des ukrainischen Chauvinismus getan haben, ist nichts trügerischer als das Vertrauen in Putins Russland, das Außenregionen und vor allem muslimische Minderheiten in Russland ebenso rassistisch unterdrückt.

Der Anschluss an Russland ist also keine Lösung für die Arbeiter*innen und Jugendlichen auf der Krim. Die militärische Intervention des imperialistischen Russlands, um den gewünschten Ausgang der Abstimmung abzusichern, muss von Linken und RevolutionärInnen scharf kritisiert werden. Dennoch muss die Bevölkerung der Krim entscheiden können, welchem Land sie sich anschließen möchte. Wirtschaftssanktionen und ein drohender Stellvertreterkrieg der imperialistischen Mächte müssen von Aktivist*innen in den „Mutterländern“ der Interventionen verhindert und bekämpft werden.

Das Ziel der Arbeiter*innen und Jugendlichen der Ukraine muss eine unabhängige Ukraine, ohne Oligarch*innen und ohne imperialistische Ausbeuter*innen sein. Das Gebot der Stunde muss eine gemeinsame Einheitsfront aller Linken und Arbeiterorganisationen gegen die Faschist*innen, die Rechte Regierung, das Assoziierungsabkommen mit der EU und einen weiteren Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine sein. Allen linken Organisationen, die sich gegen die Intervention sowohl des westlichen, als auch des russischen Imperialismus stellen, sprechen wir unsere Solidarität aus. Organisationen wie Borot´ba, die den aktuellen antifaschistischen Widerstand organisieren, fordern wir auf, sich mit uns in Verbindung zu setzen, um praktische Hilfe für die Arbeiterbewegung in der Ukraine und eine gemeinsame europaweite politische Kampagne gegen Krieg, Faschismus und Imperialismus zu planen.

  • Der Widerstand gegen die rechts-neoliberale Regierung muss von unabhängigen Selbstverteidigungskomitees der Arbeiter*innen und Jugendlichen geführt werden, die sich gegen die Schlägerbanden der Faschist*innen und die neuen „Sicherheitskräfte“ des Staates verteidigen und durchsetzen können!
  • Dazu muss die Gewerkschaftsbewegung sich von den Banden mit den Janukowitsch-Verbündeten der stalinistischen KPU befreien! Für eine unabhängige, klassenkämpferische Basisgewerkschaft! Die Basis der Arbeiter*innenklasse und alle Vertreter*innen der Gewerkschaften müssen für die Idee eines unbefristeten Generalstreiks gewonnen werden, der die jetzige Regierung stürzen und eine konstituierende Versammlung einberufen kann, die sich auf die Aktionskomitees der Bewegung stützt.
  • Nein zu chauvinistischer Unterdrückung, nein zu imperialistischen Angriffen!
  • Für eine klassenkämpferische Partei der Arbeiter*innen, Jugendlichen und Unterdrückten!

Wie auch immer sich die Lage in der Ukraine weiterentwickeln wird. Die aktuellen Ereignisse zeigen, dass sich die imperialistischen Konflikte seit Ausbruch der Krise 2007 weiter verschärfen. Auch die Kriegsgefahr innerhalb Europas wird 100 Jahre nach Ausbruch des ersten Weltkrieges wieder zu einer realen Bedrohung. Heute wie damals muss unsere Antwort, die Antwort aller sich als antikapitalistisch und revolutionär verstehenden Jugendorganisationen und individuellen Aktivist*nnen, die Schaffung einer revolutionären Jugendinternationale sein, die gegen Krieg und Imperialismus kämpfen kann – die gegen den Chauvinismus und die Kriegslust kämpft, die viele Jugendliche in der Ukraine ergreift, die unter den politischen Einfluss der Faschist*innen geraten sind. Alle die dieses Ziel teilen, fordern wir auf, sich mit uns in Verbindung zu setzen, um über gemeinsame Schritte zur Erreichung dieses Ziels zudiskutieren.

Resolution des Revolutionären Internationalen Rates, internationale Leitung von REVOLUTION




Frauen in Ägypten – Eine halbe Revolution bringt keine Befreiung

Eine Umfrage der Thomson Reuters Foundation vom November 2013 setzte Ägypten in einem Ranking zu den Lebensbedingungen von Frauen in der arabischen Welt auf den letzten Platz. Die Gewalt, der sie ausgesetzt sind, drückt sich auf verschiedene Weise aus: 91% aller Frauen wurden einer Genitalverstümmelung unterzogen, 99,3% erlebten in ihrem Leben sexuelle Belästigung und 37% sind Analphabetinnen und dadurch auf dem Arbeitsmarkt extrem benachteiligt.

Diese Zahlen stammen von der Zeit nach der Revolution und haben sich seit dem Frühjahr 2011 zunehmend verschlechtert. Obwohl die Frauen damals in der ersten Reihe standen und gegen den Diktator kämpften, fürchten sie heute den Tahrir-Platz, auf dem es immer wieder zu Massenvergewaltigungen kommt.

Die ägyptische Kolumnistin Mona Eltahawy sagte, man habe zwar den Mubarak aus dem Präsidentenpalast verjagt, aber gegen den Mubarak in den Köpfen und im Schlafzimmer müsse man noch kämpfen.

Die „tahrirbodyguards“ ist eine Selbstverteidigungsgruppe, die sich mit dem Ziel gegründet hat, Frauen vor sexuellen Übergriffen zu schützen. Das ist ein guter Anfang, die Gesetzeslage begünstigt aber nach wie vor die Täter. Sie müssen nämlich keine Bestrafung befürchten und die Polizei und das Militär wenden ganz ähnliche Methoden an, um Frauen aus der politischen Aktivität zu vertreiben. DemonstrantInnen werden beispielsweise nach der Festnahme einem „Jungfräulichkeitstest“ unterzogen, das heißt ausgezogen und nackt gefilmt.

Was bedeutet das für die ägyptische Revolution und für den arabischen Frühling?

Die Frauenbefreiung ist offensichtlich nicht voran geschritten. Trotzdem sollte man auch davor warnen, die Rechte, die Frauen zu Mubaraks Zeiten hatten, zu loben, denn sie entstanden nicht aus einer proletarischen Frauenbewegung, sondern waren Privilegien, die den reichen, bürgerlichen Frauen durch Suzanne Mubarak, Husni Mubaraks Frau, zugesprochen wurden, wobei sie dies eher als ein Hobby betrachtete.

Für die Masse der Frauen – z.B. die ArbeiterInnen in der Textilindustrie – gab es auch damals keine Gleichberechtigung, keine Möglichkeit zur legalen Teilnahme am politischen Leben und ihre Organisationen, wie z.B. die unabhängigen Gewerkschaften, wurden brutal unterdrückt.

Permanente Revolution

Die Monate der Revolution versetzten das ganze Land in einen Ausnahmezustand und ließen die Einigkeit der Mubarak-Gegner an erste Stelle rücken. Damals war es egal, ob man als Mann oder als Frau kämpfte, Hauptsache man war dabei. Die streikenden TextilarbeiterInnen von Mahalla waren 2008 VorbotInnen und treibende Kräfte der Revolution, doch unter dem Islamisten Mursi bekamen die Frauen keine Möglichkeiten der politischen Organisation und auch ihre soziale Stellung verbesserte sich nicht.

Dass der Übergangspräsident Adli Mahmud Mansur, der schon zu Mubaraks Zeiten stellvertretender Vorsitzender des Gerichts war, an dieser Lage nichts ändert, steht außer Frage.

Die Revolution in Ägypten hat die Frage der Frauenbefreiung auf die Tagesordnung gesetzt. Millionen haben sich politisch beteiligt und wurden aktiv. Wie auf allen anderen Gebieten blieb die Revolution jedoch auf halbem Weg stecken, weil sie im Rahmen bürgerlicher Eigentumsverhältnisse verblieb. Der alte Staatsapparat und die reaktionären Institutionen blieben intakt.

Eine „halbe“ Revolution droht aber in einer ganzen Konterrevolution zu enden und Frauen sind unter den ersten Opfern ihres Fortschreitens.

Nur wenn es gelingt, den Vormarsch der Reaktion auf allen Ebenen zu begegnen und die halbe, „demokratische“ Revolution zu einer sozialistischen zu machen, werden auch die Forderungen nach der Gleichberechtigung von Mann und Frau erfüllt werden.

Linke und revolutionäre Organisationen sowie die Gewerkschaften müssen daher den Kampf für die Gleichberechtigung der Frauen, für Alphabetisierung, gleiche Bildung und Bezahlung und für die Vergesellschaftung der Hausarbeit zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit machen. Der Kampf gegen Sexismus und Benachteiligung der Frauen muss dabei auch in den eigenen Reihen geführt werden, denn nur so kann eine wirkliche Einheit von Männern und Frauen im Kampf für ihre Befreiung erzielt werden. Dazu ist auch ein politisches Instrument notwendig: eine proletarische Frauenbewegung.

Ein Artikel von Svenja Spunck, zuerst veröffentlich in der Frauenzeitung von Arbeitermacht und REVOLUTION, März 2014




Refugee Schulstreik Rede am 13.02./Berlin: "Die Ausbeutung der EU kennt keine Grenzen"

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Schülerinnen und Schüler!

Mein Name ist Mo, ich bin von der unabhängigen Jugendorganisation REVOLUTION und ich bin gestern aus Wien hierher geflogen, um bei eurem Schulstreik dabei sein zu können. Warum? Dafür gibt es drei Gründe.

Erstens, weil es eine großartige Aktion ist, die ihr hier auf die Beine gestellt habt und ich die gesehen haben musste.

Zweitens, weil wir von REVOLUTION auch in Wien mit der Flüchtlingsbewegung gekämpft haben und auf die Straße gegangen sind.

Drittens und am Wichtigsten, weil der Rassismus gegen Flüchtlinge kein deutsches, österreichisches oder schweizer Problem ist. Die Ausgrenzung und Unterdrückung von Migrant*innen ist ein Problem aller imperialistischen Länder, und insbesondere ein gemeinsames Problem von Aktivist*innen in der EU. Diese Festung Europa, die ihre Grenzen mit Stacheldraht, Marineschiffen und scharfer Munition verteidigt und ihre herrschende Klasse, sie kennen keine Grenzen. Keine Grenzen für ihre Ausbeutung, für ihre Profite, für ihre Unterdrückung. Grenzen verwenden sie nur, um uns zu spalten, auszugrenzen, unten zu halten. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns gemeinsam wehren – ob wir eine EU-Staatsbürgerschaft haben oder nicht, ob wir in Deutschland leben oder woanders.

Diese EU ist kein Europa der Jugendlichen, kein Europa der Arbeiter*innen, kein Europa der unterdrückten Migrant*innen. Es ist ein gemeinsames Unterdrückungsprojekt des Kapitals gegen uns. Wir wollen und brauchen nämlich keine Festung, an deren Mauern Menschenleben zerschellen. Keinen Machtblock, dessen Armeen in Afghanistan und Mali die Zivilbevölkerung terrorisieren um geostrategische Vorteile oder Ölvorkommen zu sichern. Wir brauchen es nicht, dieses Europa der Kriege und Konzerne!

Wir wollen ein Europa, das ohneGrenzen und Grenzkontrollen auskommt, ein Europa ohne Unterdrückung, Rassismus und Ausbeutung. Wir stellen der grenzübergreifenden Herrschaft des Kapitals die grenzenlose Freiheit eines sozialistischen Europas entgegen.

Ich würde, zum Schluss, so gerne sagen: Wir werden es schaffen! Der Kampf geht weiter! Aber für uns hat der Kampf eben erst begonnen. Um so wichtiger nach diesem starken Zeichen des Kampfes weitere Aktionen folgen zu lassen! Weitere Aktionskomitees an Schulen und Unis aufzubauen und gemeinsam den Rassismus gegen Flüchtlinge zu beenden!

Hoch die internationale Solidarität!

Rede von Mo auf der Berliner Schulstreikdemonstration, REVOLUTION-Wien